Stenographisches Protokoll

179. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 13., und Mittwoch, 14. Juli 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

179. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Dienstag, 13., und Mittwoch, 14. Juli 1999

Dauer der Sitzung

Dienstag, 13. Juli 1999: 9.00 – 24.00 Uhr

Mittwoch, 14. Juli 1999: 0.00 – 2.08 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes für ein atomfreies Österreich

2. Punkt: Datenschutzgesetz 2000 – DSG

3. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird

4. Punkt: Bundesstatistikgesetz 2000

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1163/A der Abgeordneten Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1162/A der Abgeordneten Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1021/A der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 503/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/1999, geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1173/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden

10. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1065/A (E) der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend die Beseitigung von Diskriminierungen für blinde Personen in Personenstandsangelegenheiten

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1159/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird

12. Punkt: Bericht zur Entschließung des Nationalrates E 151-NR/XX.GP vom 16. Dezember 1998 über Maßnahmen zugunsten der Gehörlosen und Schwerhörenden

13. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 554/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Überprüfung der Verfassungskonfor-mität der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin

14. Punkt: Bundesarchivgesetz

15. Punkt: Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 1. BRBG

16. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1087/A (E) der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Karl Donabauer und Genossen betreffend Verbesserungen für Mitglieder von Wahlbehörden und Vertrauenspersonen bei bundesweiten Wahlen

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden

18. Punkt: 14. Sportbericht 1997

19. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Überprüfung arbeitsmarktrelevanter An-gelegenheiten im Rahmen der Bundesgebarung (zum Beispiel Gebarung des AMS, Abwicklung der Lehrlingsoffensive, Verwaltung von arbeitsmarktrelevanten EU-Förderungen)

20. Punkt: Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997

21. Punkt: Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997

22. Punkt: Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen 1996/1997 gemäß Artikel 1 § 8 Abs. 4 Bezügebegrenzungsgesetz

23. Punkt: Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1995 und 1996

24. Punkt: Bericht gemäß § 46a Wehrgesetz 1990 betreffend Dienstleistungen der Frauen im Bundesheer im Jahr 1998

25. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 397/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Soldaten des österreichischen Bundesheeres

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderung 17

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 252/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 14. Juli 1999 zu setzen 39

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 der GOG 39

Redner:

Dr. Martin Graf 154

Marianne Hagenhofer 157

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 157

Mag. Reinhard Firlinger 158

Mag. Helmut Peter 159

Dr. Alexander Van der Bellen 160

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 161

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 39

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen zu Artikel 2 § 9 Ziffer 11 und § 37 77

Ersuchen der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, die Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidialsitzung abzuhalten, sowie Antrag betreffend Verlangen im Sinne des §18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers – Ablehnung des Antrages 115, 115, 117

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zum Ersuchen und zum Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic 115, 116, 116

Weitere Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Herbert Scheibner 115

Mag. Dr. Heide Schmidt 116

Unterbrechung der Sitzung 116

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgenden Gegenstandes:

"die politische Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermutete rechtswidrige Einflußnahme durch politische Funktionsträger in Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden am 13.7.1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigten, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten,"

gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 270

Bekanntgabe 128

Ablehnung 270

Antrag des Abgeordneten Herbert Scheibner betreffend Verlangen im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers – Ablehnung 209, 209

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend Tonbandaufnahmen durch hausfremde Personen auf der Zuhörergalerie und § 14 Abs. 6 der Geschäftsordnung sowie Beeinträchtigung der Freiheit der Abgeordneten 217

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend die Immunität von Abgeordneten 217

Wortmeldungen des Abgeordneten Herbert Scheibner betreffend Tonbandaufnahmen durch hausfremde Personen sowie Ersuchen um Aufklärung darüber, ob seitens des Präsidiums diesbezüglich Handlungen gesetzt werden, oder um Unterbrechung der Sitzung und Einberufung einer Präsidialsitzung 218, 219

Wortmeldung des Abgeordneten Karl Öllinger betreffend Tonbandaufnahmen und -abschriften sowie Bedeutung des Stenographischen Protokolls 218

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zu den Wortmeldungen der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka, Herbert Scheibner und Karl Öllinger 218, 219, 219, 221

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend das Ersuchen des Abgeordneten Herbert Scheibner sowie Bitte um Untersuchung der Vorgänge und entsprechendes Handeln 219

Aktuelle Stunde (41.)

Thema: "Professionelle Landesverteidigung für ein sicheres Österreich"

Redner:

Herbert Scheibner 17

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 20, 35

Wolfgang Jung 22

Anton Gaál 23

Dr. Karl Maitz 25

Hans Helmut Moser 26

Andreas Wabl 27

Dr. Harald Ofner 29

Ing. Gerald Tychtl 30

Werner Amon 32

Mag. Thomas Barmüller 33

Theresia Haidlmayr 37

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 17

Ausschüsse

Zuweisungen 38

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Euroteam" (6564/J) 106

Begründung: Karl Öllinger 110

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 117

Debatte:

Dr. Alexander Van der Bellen 121

Bundesministerin Eleonora Hostasch 122

Otmar Brix 127

Mag. Franz Steindl 129

Reinhard Gaugg 131

Dr. Volker Kier 133

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 135

Erhard Koppler 138

Dr. Gottfried Feurstein 139

Sigisbert Dolinschek 141

Mag. Thomas Barmüller 142

Annemarie Reitsamer 144

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 146

Mag. Karl Schweitzer 148

Heidrun Silhavy 149

Mag. Herbert Haupt 150

Karl Öllinger 152

Otmar Brix (tatsächliche Berichtigung) 153

Mag. Dr. Udo Grollitsch 154

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes für ein atomfreies Österreich (2026 d. B.) 39

Redner:

Dr. Peter Kostelka 40

Dr. Andreas Khol 41

Mag. Karl Schweitzer 42

Mag. Thomas Barmüller 44

Mag. Doris Kammerlander 46

Georg Oberhaidinger 48

Maria Rauch-Kallat 49

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 50

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 51

Dr. Gabriela Moser 53

Matthias Ellmauer 55

Annahme des Gesetzentwurfes in 2026 d. B. 57

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Konkretisierung des Anti-Atom-Aktionsplans der Bundes-regierung – Ablehnung 53, 57

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Verringerung von Atomstromimporten – Ablehnung 55, 57

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Georg Ober-haidinger, Mag. Karl Schweitzer, Dr. Gabriela Moser, Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend Umsetzung des Aktionsplans für die weitere österreichische Anti-Atom-Politik im europäischen Zusammenhang – Annahme (E 197) 56, 57

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1613 d. B.): Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG) (2028 d. B.) 57

3. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird (2029 d. B.) 57

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1830 d. B.): Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundesstatistikgesetz 2000) (2027 d. B.) 58

Redner:

Dr. Michael Krüger 58

Dr. Irmtraut Karlsson 59

Dr. Volker Kier 61

Dr. Gottfried Feurstein 64

Mag. Terezija Stoisits 66

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 68

Walter Murauer 70

Dr. Martin Graf 71

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 73

Mag. Thomas Barmüller 74

Karl Öllinger 75

Annahme der Gesetzentwürfe in 2028, 2029 und 2027 d. B. 76

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1163/A der Abgeordneten Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden (2039 d. B.) 78

6. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1162/A der Abgeordneten Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (2040 d. B.) 78

7. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1021/A der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 503/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/1999, geändert wird (2041 d. B.) 78

Redner:

Dr. Michael Krüger 78

Peter Schieder 81

Mag. Thomas Barmüller 82

Franz Morak 84

Mag. Terezija Stoisits 85

Karl Smolle 88

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 90

Annahme der Gesetzentwürfe in 2039 und 2040 d. B. 105

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 2039 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Schaffung des rechtlichen Rahmens für geeignete Strukturen von privatem terrestrischem Fernsehen in Österreich (E 198) 105

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2041 d. B. 106

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses betreffend den Bericht (III-178 d. B.) der Bundesregierung über den Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen (2033 d. B.) 91

9. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1173/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (2034 d. B.) 91

10. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 1065/A (E) der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend die Beseitigung von Diskriminierungen für blinde Personen in Personenstandsangelegenheiten (2035 d. B.) 91

11. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1159/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (2036 d. B.) 91

12. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Bericht (III-195 d. B.) der Bundesregierung zur Entschließung des Nationalrates E 151-NR/XX. GP vom 16. Dezember 1998 über Maßnahmen zugunsten der Gehörlosen und Schwerhörenden (2037 d. B.) 91

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 554/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Überprüfung der Verfassungskonformität der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (2038 d. B.) 92

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 92

Günter Kiermaier (tatsächliche Berichtigung) 93

Heidrun Silhavy 94

Dr. Volker Kier 95

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 96

Maria Rauch-Kallat 97

Mag. Herbert Haupt 99

Theresia Haidlmayr 100

Kenntnisnahme der Berichte III-178 und III-195 d. B. 103

Annahme des Gesetzentwurfes in 2034 d. B. 104

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 2034 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Kenntlichmachung behördlicher Schriftstücke für sehbehinderte und blinde Personen durch erhabene Schriftzüge (E 199) 104

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 2035 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Beseitigung von Diskriminierungen für blinde Personen in Personenstandsangelegenheiten (E 201) 104

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2036 d. B. 104

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 2038 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Überprüfung der Verfassungskonformität der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (E 202) 105

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Maria Rauch-Kallat, Dr. Helene Partik-Pablé, Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Zuleitung von Regierungsvorlagen über weitere Maßnahmen, die die Gleichstellung von Behinderten ermöglichen – Annahme (E 200) 94, 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Änderung des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) – Ablehnung 101, 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes – Ablehnung 102, 104

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1897 d. B.): Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz) (2030 d. B.) 161

Redner:

Karl Smolle 161

Dr. Elisabeth Hlavac 165

Mag. Terezija Stoisits 166, 168

Franz Morak 167

Dr. Gerhard Kurzmann 168

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 169

Annahme des Gesetzentwurfes in 2030 d. B. 170

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1811 d. B.): Bundesgesetz zur Bereinigung der vor 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 1. BRBG) (2031 d. B.) 171

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 171

Mag. Cordula Frieser 172

Dr. Michael Krüger 173

Mag. Thomas Barmüller 174

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 174

Annahme des Gesetzentwufes in 2031 d. B. 175

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 1087/A (E) der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Karl Donabauer und Genossen betreffend Verbesserungen für Mitglieder von Wahlbehörden und Vertrauenspersonen bei bundesweiten Wahlen (2032 d. B.) 175

Redner:

Herbert Scheibner 175

Karl Gerfried Müller 176

Karl Donabauer 177

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 2032 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verbesserungen für Beisitzer von Wahlbehörden und Vertrauenspersonen bei bundesweiten Wahlen (E 203) 178

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1854 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden (2052 d. B.) 178

18. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den 14. Sportbericht (III-173 d. B.) 1997 des Bundeskanzlers (2042 d. B.) 178

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 178

Arnold Grabner 179

Mag. Helmut Peter 181

Karlheinz Kopf 182

Mag. Dr. Udo Grollitsch 183

Theresia Haidlmayr 185

Harald Fischl 186

Dr. Franz Löschnak 188

Mag. Karin Praxmarer 189

Mag. Dr. Josef Höchtl 190

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 191

Brunhilde Fuchs 193

Ernst Fink 194

Dr. Günther Kräuter 195

Günther Platter 196

Hannelore Buder 197

Annahme des Gesetzentwurfes in 2052 d. B. 198

Kenntnisnahme des Berichtes III-173 d. B. 199

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch, Arnold Grabner, Karlheinz Kopf und Genossen betreffend umfassende Sportpolitik – Annahme (E 204) 184, 199

19. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Überprüfung arbeitsmarktrelevanter Angelegenheiten im Rahmen der Bundesgebarung (zum Beispiel Gebarung des AMS, Abwicklung der Lehrlingsoffensive, Verwaltung von arbeitsmarktrelevanten EU-Förderungen) (2044 d. B.) 199

Redner:

Reinhart Gaugg 199

Otmar Brix 201

Dr. Volker Kier 202, 226

Mag. Franz Steindl 204

Karl Öllinger 206

Bundesministerin Eleonora Hostasch 209, 224

Franz Riepl 211

Mag. Herbert Haupt 213

Josef Edler 214

Sigisbert Dolinschek 216

Dr. Gottfried Feurstein 219

Herbert Scheibner 221

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 223

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) 224

Dr. Peter Kostelka 225, 228

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 227

Ute Apfelbeck (tatsächliche Berichtigung) 228

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 228

Mag. Thomas Barmüller 229

Kenntnisnahme des Berichts des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses in 2044 d. B. 229

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2044 d. B. 230

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht (III-157 d. B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997 (2070 d. B.) 230

21. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht (Zu III-157 d. B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997 (2071 d. B.) 230

22. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-170 d. B.) des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen 1996/1997 gemäß Artikel 1 § 8 Abs. 4 Bezügebegrenzungsgesetz (2072 d. B.) 230

23. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-109 d. B.) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1995 und 1996 (2073 d. B.) 230

Redner:

Ute Apfelbeck 230

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 232

Karl Smolle 234

Otmar Brix 236

Andreas Wabl 237

Franz Stampler 239

Mag. Herbert Haupt 240

Gabriele Binder 242

Hans Helmut Moser 242

Willi Sauer 245

Josef Edler 245

Wolfgang Jung 246

Dkfm. Dietrich Teller 248

Herbert Scheibner 249

Anton Leikam 251

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 252

Dr. Sonja Moser-Starrach 254

Kurt Wallner 255

Erhard Koppler 256

Kenntnisnahme der Berichte III-157, Zu III-157, III-170 und III-109 d. B. 257

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl, Hans Helmut Moser und Genossen betreffend Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen hinsichtlich der Freistellung von Bediensteten des Außenministeriums zur Unterstützung in den Wahlkämpfen 1986, 1992 und 1998 um das Amt des Bundespräsidenten – Ablehnung 243, 258

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Parteienfinanzierung durch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung – Ablehnung 246, 257

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend unverzügliche Maßnahmen gegen Schlepperei und zur verstärkten Grenzsicherung – Ablehnung 247, 257

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend Maßnahmen zur Umwandlung des österreichischen Bundesheeres in ein "Freiwilligenheer" – Ablehnung 250, 258

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht (III-188 d. B.) des Bundesministers für Landesverteidigung gemäß § 46a Wehrgesetz 1990 betreffend Dienstleistungen der Frauen im Bundesheer im Jahr 1998 (2024 d. B.) 258

25. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Entschließungsantrag 397/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Soldaten des österreichischen Bundesheeres (1583 d. B.) 258

Redner:

Herbert Scheibner 259

Dr. Karl Maitz 260

Hans Helmut Moser 260

Anton Gaál 261

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 262

Marianne Hagenhofer 263

Wolfgang Jung 264

Walter Murauer 265

Dr. Martina Gredler 266

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 267

Dr. Harald Ofner 268

Arnold Grabner 268

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 268

Dr. Dieter Antoni 269

Kenntnisnahme des Berichtes III-188 d. B. 269

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1583 d. B. 270

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend Maßnahmen zur Erweiterung des Ausbildungsdienstes für Frauen (Milizdienst) – Ablehnung 259, 269

Eingebracht wurden

Petition 38

Petition betreffend "Alkoholisierte Lenker gefährden uns alle" (Ordnungsnummer 58) (überreicht vom Abgeordneten Johann Kurzbauer)

Bürgerinitiative 38

Bürgerinitiative betreffend Entwurf eines Betriebsanlagengesetzes (Ordnungsnummer 25)

Bericht 38

III-199: Bericht zur Entschließung des Nationalrates E 177-NR/XX. GP vom 10. Mai 1999 betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O.; BM f. Inneres

Anträge der Abgeordneten

Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Novellierung des Punzierungsgesetzes (1178/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Änderung des Mietrechtsgesetzes (1179/A) (E)

Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Umweltanlagengesetz (1180/A) (E)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung geändert wird (1181/A)

Anfragen der Abgeordneten

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Euroteam" (6564/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Alternativen und Ergänzungen zur Lawinenverbauung für effizienten Einsatz der Mittel (6565/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Handwurzelknochenröntgen zur Altersbestimmung jugendlicher AsylwerberInnen (6566/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Aktion "Frauen gegen den Krieg" (6567/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Aktion "Frauen gegen den Krieg" (6568/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend angekündigte Evaluierung der Tätigkeit der Frauenberatungsstellen in Österreich sowie Schlußfolgerungen daraus; Streichungen von Finanzierungen durch das Familienministerium (6569/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend ausständige Aufklärung der Dioxin-Vergiftung von ArbeitnehmerInnen in Wien im Jahr 1998 (6570/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend ausständige Aufklärung der Dioxin-Vergiftung von ArbeitnehmerInnen in Wien im Jahr 1998 (6571/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Dr. Heinrich Gross (6572/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend ausständige Aufklärung der Dioxin-Vergiftung von ArbeitnehmerInnen in Wien im Jahr 1998 (6573/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend ausständige Aufklärung der Dioxin-Vergiftung von ArbeitnehmerInnen in Wien im Jahr 1998 (6574/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Stromimporte (6575/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Veröffentlichung eines NS-verharmlosenden und holocaustleugnenden Artikels in der Wochenzeitung "Zur Zeit" (6576/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Anhalten des desaströsen Zustands des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums im "Narrenturm" (6577/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Anhalten des desaströsen Zustands des Pathologisch-Anatomischen Bundesmuseums im "Narrenturm" (6578/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Nichtberüksichtigung von Frauen bei der Nachbesetzung österreichischer Botschaften und Generalkonsulate (6579/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend den sicherheitspolitischen Status Österreichs (6580/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aufhebung des Verkaufsmonopols für Tabakwaren (6581/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betrefend zunehmende Schleppertätigkeit (6582/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Straflosigkeit von Schleppern in den EU-beitrittswilligen Kandidatenländern (6583/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ferienreiseverordnung (6584/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Versagen der Vereinspolizei bei der Kontrolle von Euroteam (6585/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerschuld ausländischer Unternehmen (6586/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) (6587/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) (6588/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend B 66 (Umfahrung Riegersburg) (6589/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Naturschutz (6590/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Bodennutzung, Landwirtschaft (6591/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Waldschäden (6592/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Abfallaufkommen in Österreich (6593/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Warnung der Kurden (6594/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Maßnahmen gegen das Verkleben des Mundes (6595/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Maßnahmen gegen das Verkleben des Mundes durch den ehemaligen Innenminister Einem (6596/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend dienstrechliche Bestimmungen bei der Durchführung von Abschiebungen (6597/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung der Förderung für die Aids-Informationszentrale Austria (6557/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (5916/AB zu 6208/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (5917/AB zu 6185/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5918/AB zu 6228/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (5919/AB zu 6345/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5920/AB zu 6231/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5921/AB zu 6224/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5922/AB zu 6323/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5923/AB zu 6227/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5924/AB zu 6229/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5925/AB zu 6230/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (5926/AB zu 6240/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5927/AB zu 6220/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (5928/AB zu 6268/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5929/AB zu 6316/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (5930/AB zu 6336/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (5931/AB zu 6242/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5932/AB zu 6249/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (5933/AB zu 6243/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5934/AB zu 6223/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (5935/AB zu 6234/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5936/AB zu 6255/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5937/AB zu 6251/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5938/AB zu 6260/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen (5939/AB zu 6300/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5940/AB zu 6330/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5941/AB zu 6252/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5942/AB zu 6239/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5943/AB zu 6216/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5944/AB zu 6222/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5945/AB zu 6246/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5946/AB zu 6281/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5947/AB zu 6271/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5948/AB zu 6247/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (5949/AB zu 6253/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (Zu 5929/AB zu 6316/J)

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich eröffne – zur anberaumten Stunde – die 179. Sitzung des Nationalrates.

Das Amtliche Protokoll der 178. Sitzung vom 8. Juli ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeeinsprucht geblieben; es gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet ist heute nur Herr Abgeordneter Wenitsch. Ich bitte um Kenntnisnahme.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung wie folgt Mitteilung gemacht:

Herr Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Bartenstein wird von Herrn Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Fasslabend vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

"Professionelle Landesverteidigung für ein sicheres Österreich"

Der Erstredner in der Aktuellen Stunde hat, wie Sie wissen, eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung.

Als Erstredner gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

9.02

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Sicherheitspolitik ist in den letzten Wochen und Monaten in Österreich sehr oft in Diskussion gewesen. Der SPÖ war es vorbehalten, im EU-Wahlkampf die Neutralität ins Spiel zu bringen – anscheinend hat man keine anderen Themen gehabt –, und Bundeskanzler Klima hat eine Neutralität verteidigt, die er selbst mit der Zustimmung zum EU-Beitritt Österreichs abgeschafft hat. Aber anscheinend war es für eine Partei in Österreich nur recht und billig, die Angst der Bevölkerung vor Krieg und Unsicherheit für das Gewinnen von Wählerstimmen zu mißbrauchen.

Vor einiger Zeit hat es das Gerücht gegeben, daß die ÖVP für den Nationalratswahlkampf eine Berufsheer-Diskussion entfachen möchte. Um dem zuvorzukommen, ist Abgeordneter Gaál mit einer Aussendung in die Öffentlichkeit gegangen und hat plötzlich selbst die Einführung eines Berufsheeres verlangt, obwohl gerade die SPÖ diese Einrichtung und diese Idee immer abgelehnt hat. Es ist ganz interessant, welche Forderungen in Vorwahlzeiten gestellt werden.

Gleich danach hat es aber einen Rückzieher gegeben, man wollte nicht mehr darüber diskutieren, weil man anscheinend gemerkt hatte ... (Zwischenruf des Abg. Wabl.– Kollege Wabl! Ich weiß schon, daß du damit insgesamt ein Problem hast. Ihr wollt das Bundesheer abschaffen, ihr wollt keine Sicherheit in diesem Land – deshalb ist es besser, wenn ihr euch in dieser Debatte gar nicht zu Wort meldet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jedenfalls gab es wieder einen Rückzieher. In den letzten Tagen kam es wieder zu gegenseitigen Schuldzuweisungen dahin gehend, wer denn für den katastrophalen Zustand der österreichischen Landesverteidigung, vor allem des österreichischen Bundesheeres verantwortlich ist. (Abg. Wabl: Wie ist das jetzt mit der NATO, Herr Scheibner?) Herr Bundeskanzler Klima meint, der Verteidigungsminister sei schuld, der Verteidigungsminister sagt, die SPÖ sei schuld, weil sie nicht das erforderliche Geld zur Verfügung stellt.

Meine Damen und Herren! Tatsache ist, daß diese Bundesregierung, und zwar die gesamte Bundesregierung, für den Zustand der österreichischen Landesverteidigung verantwortlich ist. Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, haben die Sicherheitspolitik Österreichs in den letzten zehn Jahren sträflich vernachlässigt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben es verabsäumt, eine klare Entscheidung in der Sicherheitspolitik zu treffen, und Sie haben es auch verabsäumt, klare Aufträge an das österreichische Bundesheer zu formulieren. Sie haben es letztlich auch verabsäumt, dem österreichischen Bundesheer jene Mittel zur Verfügung zu stellen, die notwendig wären, um diese Aufträge auch erfüllen zu können.

Herr Verteidigungsminister! Sie rühmen sich immer, daß Sie der längstgediente Verteidigungsminister in Europa sind. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Fasslabend.) Wie aber sieht Ihre Bilanz aus? – Unter Ihrer Verantwortung wurde das österreichische Bundesheer "kaputtgespart". 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden in Österreich für die Sicherheit, für die Landesverteidigung ausgegeben. Damit sind wir europaweit das absolute Schlußlicht – noch hinter Luxemburg.

Die SPÖ bringt immer neutrale oder bündnisfreie Staaten als Beispiel für eine aktive Sicherheitspolitik. Schauen wir, wie das in der Schweiz ausschaut: 1,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden für die Sicherheit ausgegeben.

Schauen wir, wie es diesbezüglich in Schweden aussieht: Über 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden für die Sicherheitspolitik, für das Heer ausgegeben. Auch die Finnen geben mehr als 2 Prozent des BIP für ihre Landesverteidigung aus. Das wären die Gradmesser, mit denen Sie sich messen sollten; diese Länder wären für Vergleiche heranzuziehen, wenn man eine eigenständige Landesverteidigung ernst nimmt, diese wären gute Vorbilder. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das österreichische Bundesheer ist aufgrund Ihrer Politik in der Bundesregierung leider weder personell noch materiell und auch nicht finanziell in der Lage, die Aufträge, die in der Bundesverfassung festgehalten sind – auch darauf muß man hinweisen –, zu erfüllen. Die Hauptwaffensysteme sind veraltet oder fehlen überhaupt. Es gibt nicht einmal mehr genügend LKW, um unsere Soldaten zu den Übungen zu bringen. Privatbusse werden dafür angemietet – also: mit dem Autobus ins Gefecht!, das ist das Motto unseres Bundesheeres, Herr Bundesminister.

Wir haben bei der Katastrophe in Galtür gesehen, daß zu wenige Hubschrauber vorhanden sind. Bei den Flugzeugen sollten Sie längst über den Draken-Nachfolger entschieden haben. Die Piloten, die man mühseligst ausgebildet hat, werden von zivilen Fluggesellschaften abgeworben.

Auf der anderen Seite haben Sie, Herr Bundesminister, in den letzten Jahren eine Unzahl von zusätzlichen Aufgaben für das Bundesheer übernommen, ohne aber gleichzeitig zusätzliche Budgetmittel zu verlangen oder außerdem entsprechende Ausrüstung zur Verfügung zu stellen.

Ich denke etwa an den Assistenzeinsatz – eine wichtige Maßnahme, da das Innenministerium nicht in der Lage ist, die Grenze gegen Osten entsprechend zu sichern. Aber – wir haben darüber im Rechnungshofausschuß diskutiert – vor allem durch die Ausweitung des Assistenzeinsatzes ist die Ausbildung unserer Grundwehrdiener gefährdet. Bis zu drei Monate müssen unsere Grundwehrdiener im Assistenzeinsatz verbringen. Da bleiben nur noch vier Monate für die Ausbildung übrig, obwohl Sie genau wissen – das haben uns auch Ihre Experten gesagt –, daß zumindest acht Monate notwendig sind, um eine entsprechende Ausbildung gewährleisten zu können. Der Assistenzeinsatz ist eine wichtige Maßnahme, es ergeben sich aber diesbezüglich durch die mangelnde Infrastruktur Probleme.

Oder auch die Auslandseinsätze: Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Bei jedem Einsatz, der an Österreich herangetragen wird, sind wir dabei. Ob es Albanien ist, ob es jetzt der Kosovo ist, ob es UNO-Einsätze sind, ob es Bosnien ist, überall sind Sie mit dabei. Wo und wie die Vorbereitung durchgeführt wird, woher das Gerät kommt, wird dann so husch-pfusch überlegt.

Man überlegt jetzt, woher man die für den KFOR-Einsatz notwendigen Zelte bekommt, woher man das Personal bekommt. Europaweit ist es üblich, daß wirklich nur professionell ausgebildete und ausgerüstete Soldaten an solch gefährlichen Einsätzen teilnehmen. In Deutschland gibt es keinen Soldaten, der nicht zumindest ein Jahr auf einen derartigen Auslandseinsatz vorbereitet wird (Abg. Wabl: Wie ist das jetzt mit der NATO, Herr Scheibner?), bevor er in solch ein Abenteuer geschickt wird, Kollege Wabl. In Österreich wird das Personal per Inserat gesucht. Nach sechswöchigen Schnellsiedekursen werden die Leute in derartige Einsätze geschickt. Herr Bundesminister! Das ist unverantwortlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir tragen die Verantwortung für die Sicherheit unserer Soldaten. Nehmen Sie nicht nur aus Prestigegründen an solchen Einsätzen teil!

Herr Bundesminister! Außerdem entwickelt sich das Bundesheer immer mehr zu einer Zweiklassenarmee. Für den Auslandseinsatz wird das letzte Gerät zur Verfügung gestellt, für Einsätze im Inland ist nichts mehr vorhanden.

Ich habe hier ein kleines Beispiel mitgebracht, nur ein kleines Beispiel, Herr Verteidigungsminister. (Der Redner zeigt einen Kampfhelm des Bundesheeres.) Sie wissen ganz genau, daß es zehn Jahre lang gedauert hat, bis man einen neuen Kampfhelm für das österreichische Bundesheer angeschafft hat. Zehn Jahre lang hat man gebraucht, aber das ist ein ausgezeichnetes Produkt! (Abg. Dr. Khol: Aufsetzen! – Abg. Schwarzenberger: Aufsetzen, ob er paßt!) – Meine Damen und Herren! Das ist nicht die Gelegenheit für irgendwelche Späße. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Im Ausland verwenden wir gutes Gerät, aber schauen wir einmal, womit unsere Grundwehrdiener ausgebildet werden – mit diesem Gerät! (Der Redner zeigt einen anderen Kampfhelm.) Wer sich an Weltkriegsfilme mit John Wayne oder Gregory Peck erinnert, wird diesen Helm dort gesehen haben. Weltkriegserfahrung, meine Damen und Herren! Diesen Helm kann man auseinandernehmen, er ist vielleicht nicht schlecht, ihn als Waschschüssel zu verwenden, was auch passiert. Er gibt aber keine Sicherheit, bietet keinen Schutz für unsere Grundwehrdiener. (Abg. Haigermoser – in Richtung der anderen Fraktionen –: Das findet ihr lustig!)

Herr Bundesminister! Das ist unverantwortlich! Für den Auslandseinsatz werden wenige Helme angeschafft, aber für unsere Grundwehrdiener im Inland werden diese alten Modelle verwendet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Verteidigungsminister! Wir verlangen von Ihnen, wir verlangen von der österreichischen Bundesregierung, daß in der Sicherheitspolitik endlich die Grundsatzentscheidung getroffen wird, daß Österreich am Aufbau der gemeinsamen europäischen Sicherheitsstruktur teilnimmt, daß dann aufgrund der neuen Ausgangslage das österreichische Bundesheer in eine professionelle Armee umgewandelt wird, und zwar mit Berufssoldaten und einer ernstgenommenen Freiwilligenmiliz!

Meine Damen und Herren! Wir wollen kein Berufsheer à la Cap mit 14 000 Mann, die irgendwo schlecht dotiert herumlaufen und darauf warten, ob sie in einen Einsatz geschickt werden oder nicht, sondern eine wirklich ernstgenommene Landesverteidigung, 30 000 bis 40 000 Berufssoldaten – nicht so wie jetzt 21 000 Heeresbedienstete, davon nur 4 000 bei der Truppe –, und eine ernstgenommene Freiwilligenmiliz. In Wirklichkeit haben wir ja die Wehrpflicht nicht mehr. Jeder kann sich frei entscheiden, ob er Zivildienst oder den Dienst mit der Waffe macht. Aber angesichts der Budgetzahlen ist das natürlich auch problematisch.

Ein professionelles Freiwilligenheer bedeutet Berufssoldaten und eine Miliz, die ernst genommen wird, die gut ausgebildet ist und der auch ein entsprechendes Budget zur Verfügung gestellt wird.

Meine Damen und Herren! Sicherheitspolitik darf nicht zum Spielball innerhalb der Koalition werden, die Sicherheit sollte ein nationales Interesse hier in Österreich sein. Entscheiden Sie endlich in diese Richtung! Darin werden wir mit Ihnen übereinstimmen, aber Sie werden uns als absoluten Gegner sehen, wenn es darum geht – so wie Sie das machen –, die Sicherheitsinteressen Österreichs zu verkaufen (Beifall bei den Freiheitlichen) und österreichische Soldaten, österreichische Grundwehrdiener schlecht ausgebildet in Einsätze zu schicken, schlecht ausgerüstet, sodaß das Leben und die Gesundheit dieser Soldaten gefährdet sind. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf den Herrn Bundesminister um eine Stellungnahme zum Thema der Aktuellen Stunde bitten. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Khol: Ein FPÖ-Klubobmann braucht viele Stahlhelme!)

9.12

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Scheibner, Sie haben jetzt die Rede eines Oppositionspolitikers nicht einmal mehr drei volle Monate vor dem nächsten Nationalratswahltermin gehalten. Ich glaube, so ist sie auch zu werten, auch der Großteil Ihrer Aussagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte Sie, um ein klares Bild abzugeben, nicht mit meiner eigenen Beurteilung konfrontieren, sondern ich möchte Ihnen jene Beurteilung bringen, die Fachleute über die Qualität des österreichischen Bundesheeres abgeben und abgegeben haben. (Abg. Böhacker: Sind Sie kein Fachmann?) Ich lese das daher auch wortwörtlich vor.

Es heißt zum Beispiel: "I want to thank you for what Austrian soldiers are doing in Bosnia. With their professionalism, dedication and hard work they are surely the best ambassadors of Austria to the world." (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich übersetze es: Ich möchte Ihnen dafür danken, was österreichische Soldaten in Bosnien tun. Mit ihrem Professionalismus, mit ihrem Engagement und ihrer harten Arbeit zählen sie sicherlich zu den besten Botschaftern Österreichs in der Welt. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Das ist nicht das Urteil von irgend jemandem, sondern das ist das Urteil des NATO-Oberkommandierenden (Abg. Dr. Krüger: Das ist eine Höflichkeitsgeste!), damit eines Mannes, dessen Fachkenntnisse man sicher nicht bestreiten kann, Herr Abgeordneter! (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.)

Ich bin aber gerne dazu bereit, Ihnen auch andere Papiere vorzulegen, etwa das, was der amerikanische Verteidigungsminister dazu sagt. Er lobt unsere Soldaten wegen ihrer hervorragenden Arbeit und Leistung. Ich kann Ihnen sagen, was der Oberkommandierende des amerikanischen Marinekorps dazu sagt. (Abg. Scheibner: Das interessiert uns nicht, was der sagt! Im Gegensatz zu Ihnen wissen wir das aus der Praxis!) Er sagt ebenso: talent, hard work and genuine know-how – das heißt: und echtes Know-how –; das attestiert er unseren Soldaten! (Abg. Dr. Kostelka: Ist das eine Lesestunde?) – Das sollten Sie mit einbeziehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre sicher nicht richtig, nur das zu nennen, was es an positiven Errungenschaften gibt – und da haben wir einiges vorzuweisen. Vor zehn Jahren waren wir eine Armee – wahrscheinlich die einzige Armee der Welt –, die über keine Raketenwaffen verfügt hat, jetzt aber sind wir eine Armee, die sowohl Boden-Boden-, Boden-Luft- als auch Luft-Luft-Lenkwaffen besitzt und auch verstünde, diese einzusetzen, falls dies notwendig sein sollte. (Zwischenruf des Abg. Jung.) In den Hauptwaffensystemen haben wir durchaus nicht nur modernes, sondern bestes Gerät. Ich denke etwa an die Artillerie – Sie waren ja selbst dabei, sehr geehrter Herr Abgeordneter – oder an die neuen Panzerbeschaffungen, wodurch wir mit dem Leopard über den weltbesten Kampfpanzer überhaupt verfügen, und vieles andere mehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Selbstverständlich ist das nur ein Teil. Wir können aber auch stolz darauf sein, daß wir die Ausbildung für Offiziere, Unteroffiziere und auch für Grundwehrdiener hervorragend verbessert haben, auf ganz neue Beine gestellt haben. Wir können sagen, daß wir eine einsatzfähige Organisation besitzen, die in der Lage ist, ihr gestellte Aufgaben entsprechend durchzuführen, wie sie das bei allen Übungen und Einsätzen bisher bewiesen hat und auch in Zukunft beweisen wird. Wir müssen aber selbstverständlich auch alles daransetzen, die zukünftigen Aufgabenstellungen entsprechend durchführen zu können. Dazu benötigt das Bundesheer jedoch mehr Geld (Abg. Scheibner: Wer ist denn verantwortlich? – Abg. Mag. Haupt: Leere Versprechen, Herr Minister!), nämlich dann, wenn es darum geht, große Investitionen durchzuführen, und diese stehen vor uns. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns dazu, daß Österreich in seiner geographischen Situation ein starkes Bundesheer braucht: für den Katastropheneinsatz, für den Assistenzeinsatz und natürlich auch für jede Sicherheitsbedrohung, die auf unser Land zukommen kann. (Abg. Jung: Da kommen Sie jetzt am Ende Ihrer Laufbahn drauf?!) Dazu gehört sicher auch, daß wir nicht nur professionell ausbilden, sondern zweifellos auch die Grundsatzentscheidungen treffen.

Spätestens seit 1. Mai dieses Jahres, spätestens seit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages ist die Situation entstanden, in der eine isolierte Vorgangsweise in Europa keine Zukunft mehr hat. Zweifellos ist es auf der Grundlage des Amsterdamer Vertrages, in dem sich die europäischen Staaten zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik verpflichtet haben, in dem sie sich gleichzeitig das Ziel gesetzt haben, eine gemeinsame Verteidigungspolitik zu entwickeln, auch für uns hoch an der Zeit, diese Grundsatzentscheidung zu treffen (Beifall bei der ÖVP) und darauf aufbauend dann auch damit zusammenhängende Entscheidungen, etwa jene des Wehrsystems, zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu treffen.

Dazu muß man aber auch sagen, daß am wichtigsten ohne Frage die vorhergehende Schaffung von Rahmenbedingungen ist. Es geht einfach darum, in ein Sicherheitssystem eingebunden zu sein, um entsprechende Sicherheitsreserven zu haben, wenn es einen Krisenfall gibt.

Selbstverständlich müssen wir bedenken, daß Neutralität heutzutage eigentlich auch heißt, daß wir ein Verbot dahin gehend haben, unsere eigene Verteidigung dann, wenn sie gemeinsam mit anderen Staaten erfolgen sollte, auch nur vorzubereiten. Das ist die Wahrheit, und das müssen wir der Bevölkerung auch sagen. Die Wahrheit ist, daß Krisenbewältigung heute nur noch gemeinsam erfolgen kann, daß sie nur dann Sinn macht, wenn sie gemeinsam erfolgt. Die Wahrheit ist auch, daß diese Gemeinsamkeit die Voraussetzung dafür ist, daß wir sagen können: Wir haben die Wahl zwischen unterschiedlichen Wehrsystemen, und wir können dann die Wahl treffen, welches System auf lange Sicht für Österreich am besten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte angesichts der Tatsache, daß in weniger als drei Monaten Nationalratswahlen stattfinden und daß ein großer Teil von Ihnen in der nächsten Gesetzgebungsperiode dem Nationalrat angehören wird, hier auch einen Appell an Sie richten: Österreich ist reich an Lippenbekenntnissen für seine Sicherheit und reich an Lippenbekenntnissen für sein Eintreten für die Landesverteidigung. In Wirklichkeit geht es aber nicht nur darum, die entsprechenden Voraussetzungen schaffen zu wollen, sondern auch darum, bei harten Entscheidungen dafür einzustehen, auch dann, wenn es vielleicht unpopulär ist – die Landesverteidigung ist nicht immer das Populärste, das ist uns allen bewußt –, dafür einzutreten, wenn die Entscheidung gefallen ist, daß man eben neues Gerät ankaufen muß, das etwas kostet, daß man Geld braucht, um die Soldaten entsprechend bezahlen zu können, daß man entsprechend viel Geld haben muß, um an Einsätzen teilzunehmen. (Abg. Scheibner: Aber das muß man einmal fordern, Herr Minister!)

Wir haben es jetzt einmal geschafft, daß wir die neuen Einsätze, zu denen unsere Soldaten entsandt werden, bezahlt bekommen. Ich bedanke mich auch bei Ihnen für diese Unterstützung. Es wird jedoch noch mehr Unterstützung in der nächsten Gesetzgebungsperiode notwendig sein. Ich bitte Sie, das auch entsprechend bei Ihren Überlegungen und bei Ihren Intentionen zu berücksichtigen, denn Österreich braucht ein starkes Heer für seine eigene Sicherheit. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

9.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister, für die Stellungnahme.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeit beträgt jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

9.21

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Sie, Herr Minister, haben von der Polemik eines Oppositionspolitikers gesprochen. (Abg. Dr. Stummvoll: Na geh!) Ich möchte zu Ihnen, meine Damen und Herren, von den Unwahrheiten eines Bundesministers sprechen (Widerspruch bei der ÖVP), der zwar der längstdienende Verteidigungsminister dieses Landes ist, der sich in dieser Zeit aber zum unfreiwilligen Abrüstungsminister degradiert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Zweites möchte ich Ihnen sagen, Herr Bundesminister: Sie verwenden immer den gleichen – auf gut wienerisch – "Schmäh". Es ist überaus unfair, die Leistung der ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Wir können doch diese Diskussion auch in einer Weise führen ... (Abg. Scheibner: Was ist an "Schmäh" ...?) – Nein, wenn in einem Satz gleich zwei Worte verwendet werden, bei denen man zusammenzuckt, dann erlaube ich mir, darum zu bitten, so zu sprechen, wie es diesem Hause zur Ehre gereicht. Das lasse ich mir von niemandem streitig machen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter. – Bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (fortsetzend): Da ist man empfindlich, aber die Opposition soll sich alles anhören.

Es geht darum, Herr Bundesminister – und das ist unfair –, daß Sie die Leistungen der österreichischen Soldaten im Ausland, die niemand bestritten hat, hier als Hitzeschild für Ihre eigene Unfähigkeit verwenden. Das geht so nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Hallo! Hallo!)

Herr Präsident! Ich bin durchaus bereit dazu, diese Unwahrheiten beziehungsweise diese Lücken und Unfähigkeiten zu beweisen. Ich begebe mich jetzt in den Bereich des Geräts und des Materials. (Abg. Schwarzenberger: ... Das ist eine Unwahrheit!) Diesbezüglich ist dieses Bundesheer am Ende. Das, was noch funktioniert, schickt der Herr Minister ins Ausland, um sich dort Beifall zu holen; das, was übrigbleibt, also der Rest, bleibt in Österreich. Das sieht dann so aus, daß die Soldaten mit Autobussen ins Gefecht geschickt werden. 2 900 Autobusanmietungen gab es, weil keine LKW mehr zur Verfügung stehen, die fahrtauglich sind. Das heißt, für je zehn Grundwehrdiener wurde einmal pro Jahr ein Autobus angemietet. Es läuft auf diesem Gebiet nichts mehr in Österreich. (Abg. Dr. Kostelka: Die fahren eh lieber mit dem Autobus!)

Der Herr Bundesminister hat die S-LKW ins Ausland geschickt. Für den dortigen Einsatz waren sie aber nicht geeignet, da nicht gepanzert; daher wurden sie gepanzert. Jetzt rühmt er sich, wie viele Versorgungsfahrten damit in Bosnien durchgeführt werden. Das passiert aber nur deswegen, weil sie zu schwer sind und um ein Drittel weniger zuladen können. So schauen Ihre Wahrheiten aus, Herr Bundesminister, die Sie uns servieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben uns die Lösung des Panzerproblems mit dem LEOPARD verkündet. Sie haben zu wenige Panzer gekauft, um die Bataillone wirklich vollständig damit ausrüsten zu können. Erst nach – und jetzt komme ich zu den Unwahrheiten – vier Anfragen unsererseits konnten Sie die Wahrheit sagen und Auskunft darüber geben, wieviel Munition dafür verfügbar ist. Dann hat sich herausgestellt, daß Sie, wenn der erste Richtschützen-Turnus ausgebildet sein wird, nicht einmal mehr alle Panzer in Österreich aufmunitionieren können. Das ist Ihre Lösung des Panzerproblems, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie lassen in Wels ein Panzerbataillon, ein Vollkontingent, ausbilden, das elf Panzer zur Verfügung hat, die man dort erst kurz vorher im Kader selbst erhalten hat, wo man keinen Turmtrainer hat und wo in der Werkstatt kein Ausrüstungssatz, kein Instandsetzungssatz da ist, was heißt, daß die Panzer nicht fachgemäß mit dem richtigen Werkzeug repariert werden können. Es gibt auch keine geeigneten Bergemittel, denn Ihr Bergepanzer für den LEOPARD schaut so aus, daß er nur halb so viel PS hat wie der Panzer, den er abschleppen soll. Der Puch 500 schleppt in Ihrem System, Herr Minister, sozusagen den Mercedes ab.

Es gibt kein Ausbildungsgerät dafür und vieles mehr – und all das nur aus dem Grund, weil Sie ein Geschäft, ein Gegengeschäft mit der SPÖ gemacht haben: Sie dürfen sich Ihre Panzer kaufen, dafür müssen Sie den PANDUR kaufen. Aber damit haben Sie dem österreichischen Bundesheer den schlechtesten Dienst überhaupt erwiesen. Sie schicken diesen PANDUR in einen Auslandseinsatz, in den gefährlichsten Auslandseinsatz, meine Damen und Herren, den österreichische Soldaten bisher zu absolvierten hatten – mit einem untauglichen Gerät, das nur mit gezurrtem Turm und gezurrter Waffe fahren darf und das Beschränkungen hinsichtlich der Geschwindigkeit hat, weil es einen schweren Unfall mit einem Toten und sechs Verletzten gegeben hat und die Untersuchungskommission deshalb diese Beschränkungen verfügt hat.

Dieser Minister schickt jedoch österreichische Soldaten mit einem Gerät, das nicht gefechtstauglich ist, ins Ausland, in ein Gebiet, in dem Kämpfe stattfinden. Es wurde bereits in Albanien auf Österreicher geschossen. Wer weiß, was erst im Kosovo sein wird. Das, Herr Minister, haben Sie zu verantworten, und diese Verantwortung haben Sie zu tragen. Das ist unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt haben Sie das nächste Debakel am Hals, Herr Minister. Sie taumeln ja von einem in das nächste. Da gibt es noch die Problematik bezüglich des ULAN. 4 Milliarden Schilling Schulden, und keiner weiß, wie das zu bezahlen sein wird. Können Sie das überhaupt noch guten Gewissens verantworten? – Sie könnten sich ja denken: Hinter mir die Sintflut! Man hört auch schon Gerüchte, daß Sie amtsmüde sind. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Unter diesen Voraussetzungen ist dies zu verstehen.

Sie haben die letzten Reserven des Bundesheeres aufgebraucht, diese ins Ausland geschickt. Das Heer zehrt seit Jahren von seiner Substanz. Es kann nichts nachgekauft werden, weil das Geld in die vielen Auslandseinsätze oder in nicht zurückfinanzierte Grenzsicherungseinsätze fließt. Der Herr Verteidigungsminister ist nicht in der Lage, die nötigen Mittel für sein Heer, das die Grenzsicherungseinsätze durchführt, zu bekommen, denn die SPÖ schanzt diese dem Innenminister zu. Das ist die Wahrheit, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind der Konkursverwalter dieses Bundesheeres, Herr Minister – wenn nicht noch schlimmer, der Verursacher einer fahrlässigen Krida. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Gleiche Redezeit. (Abg. Scheibner: Wie ist das mit dem Berufsheer? – Abg. Gaál – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich komme jetzt mit einem Gewehr!)

9.26

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gibt bezüglich des Bundesheeres sehr wohl viel zu kritisieren, aber das negative Bild, daß Sie, Kollege Scheibner und vor allem auch Herr Abgeordneter Jung, hier gemalt haben, ist natürlich sehr, sehr stark übertrieben. Wir verfügen über bestqualifizierte Offiziere, Unteroffiziere und über sehr gut ausgebildete Grundwehrdiener. (Abg. Scheibner: Das bestreitet niemand!) Daher ist das Bundesheer sehr wohl in der Lage, die ihm per Gesetz übertragenen Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit zu erfüllen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ist das seine Abschiedsrede?) Ob es die Grenzsicherung, die rasche Hilfe bei Katastrophen oder bei sonstigen humanitären Aktionen und internationale Einsätze betrifft, diesbezüglich gibt es zu Recht sehr, sehr viel Lob. Unsere Soldaten sind für ein sicheres Österreich im umfassenden Sinne und auch im Dienste des Friedens in der Welt höchst professionell, Kollege Scheibner, und erfolgreich unterwegs. Das möchte ich wirklich einmal betonen.

Meine Damen und Herren! Daher ist es auch völlig absurd, Kollege Scheibner, uns zu unterstellen, daß wir die Diskussion über die Einrichtung eines Berufsheeres begonnen haben. (Abg. Scheibner: Das warst doch du, der angefangen hat!) Ich darf daran erinnern, daß sich führende Repräsentanten der ÖVP in den letzten Wochen und Monaten sehr deutlich für ein Berufsheer ausgesprochen haben und auch der Herr Bundesminister seine Sympathie und seine positive Einstellung für ein Berufsheer gezeigt hat. (Abg. Scheibner: Ihr wart es doch, die angefangen haben! Cap, Häupl in den Zeitungen!) Sie, ÖVP und FPÖ, gemeinsam sprechen heute von einem Freiwilligenheer, meinen aber ein Berufsheer. Dazu gab es auch entsprechende Wortmeldungen. Wir von der SPÖ haben gesagt – und das hat Sie alle überrascht –, daß wir gesprächsbereit sind; wir sind gesprächsbereit, wenn es darum geht, die Sicherheit Österreichs zu gewährleisten – sekundär mit welchem Wehrsystem.

Daran halten wir fest. Wir sind bereit dazu, mit jedem in diesem Haus zu diskutieren, wenn es darum geht, die Effizienz des österreichischen Bundesheeres zu steigern. Da suchen wir im umfassenden Sinne das Gespräch und sind ohne jegliche Scheuklappen dazu bereit, hier darüber zu diskutieren. Es muß ganz einfach sichergestellt sein, daß wir die Sicherheit Österreichs garantieren. Wir treten für ein sicheres, für ein glaubwürdiges, effizientes und funktionsfähiges Bundesheer ein – sekundär mit welchem Wehrsystem. Wir haben diesbezüglich keine Probleme, dieses Gespräch mit Ihnen gemeinsam hier zu führen.

Wir sagen jedoch ja zu diesem Bundesheer, und daher treten wir dafür ein, daß alles unternommen wird, damit das österreichische Bundesheer weiter funktionsfähig und leistungsfähig bleibt, sodaß das österreichische Bundesheer weiterhin imstande ist, die Aufgaben, die ihm per Gesetz übertragen worden sind, auch tatsächlich zu erfüllen. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Es spricht sicher einiges für ein System von Freiwilligen, meine Damen und Herren, mit einer verstärkten Berufskomponente unter Aufrechterhaltung der Miliz. Wir haben uns immer wieder für die Miliz ausgesprochen, meine Damen und Herren. (Abg. Scheibner: Aber kaputtgemacht! Dafür gesprochen, dagegen entschieden!)

Es spricht vieles für ein Festhalten an der allgemeinen Wehrpflicht, da überwiegen die Vorteile. Bei allem Für und Wider ist die Frage der Finanzierung von zentraler Bedeutung, meine Damen und Herren. Für welches System auch immer man sich entscheidet, es muß die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems sichergestellt werden. Das muß finanzierbar sein, meine Damen und Herren. All die Vorschläge, die diesbezüglich kommen, insbesondere auch von Ihnen, von der FPÖ, bedürfen eines Mehrs an Milliarden, die wir für die Landesverteidigung zur Verfügung stellen müssen.

Ich bin auch dafür, daß wir uns mittelfristig darum bemühen, in Richtung Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets um 1 Prozent zu gehen, aber das geht nicht von heute auf morgen. (Abg. Scheibner: Was haben Sie die letzten zehn Jahre gemacht?) Wir müssen derzeit mit 22 Milliarden Schilling auskommen. Wenn man damit sparsam, wirtschaftlich, zweckmäßig und sinnvoll umgeht, dann ist es möglich, daß man mit diesem Budget auch die Sicherheit Österreichs und eine glaubwürdige Landesverteidigung sicherstellt.

Herr Bundesminister! Ich darf Sie ersuchen, daß Sie unsere Anregungen und Vorschläge ernst nehmen, in Ihre Überlegungen mit einbeziehen, damit wir gemeinsam eine glaubwürdige Landesverteidigung sicherstellen. Wir sind auf gutem Wege, meine Damen und Herren, erfolgreich unterwegs, und diesen Weg werden wir auch gemeinsam weitergehen. (Beifall bei der SPÖ.)

9.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte.

9.32

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die neunziger Jahre waren für das österreichische Bundesheer eine besonders bewegte Zeit. Unter der Verantwortung von Bundesminister Werner Fasslabend wurden viele Professionalisierungsschritte im Heer durchgeführt.

Nur einige Beispiele dazu: Es gab wesentliche Qualitätsverbesserungen bei der Ausbildung der Grundwehrdiener, der Unteroffiziere in der Heeresunteroffiziersakademie (Zwischenruf des Abg. Wabl) und in der Militärakademie als der Fachhochschule für Offiziere. Weiters zu nennen ist die Internationalisierung. Der Eintritt in die NATO-"Partnerschaft für den Frieden", die Schaffung eines Kommandos "Internationale Einsätze", mehr Professionalität durch die Einführung der Militärpersonen auf Zeit anstelle des seinerzeitigen Systems der unterprivilegierten Zeitsoldaten – übrigens eine Erfindung des Herrn Ministers Frischenschlager –, die Ausbildung von Offizieren früherer Oststaaten in der Landesverteidigungsakademie, die bald universitären Status erlangen wird, sowie die neue Heeresgliederung, die mehr Qualität und weniger Quantität gebracht hat, sind erwähnenswert.

Außerdem wurden dem Regierungspartner tatsächlich viele Beschaffungen abgerungen. Ich nenne nur die Lenkwaffen, mobile Radaranlagen, das Mech-Paket, Splitterschutzwesten, Kampfhelme, Ausbildungssimulatoren und EDV-Systeme für alle Führungskommanden. Nochmals, meine Damen und Herren: Vieles ist gelungen, aber eine Reihe von dringenden Anschaffungen liegt noch vor uns, wie zum Beispiel der Truppenfunk als einheitliches Kommunikationssystem für alle Waffengattungen, die Erneuerung der LKW-Flotte, moderne Pionierbrücken, Transportflugzeuge für militärische Einsätze und für Katastrophenhilfe im In- und im Ausland sowie neue Luftraumüberwachungsflugzeuge, die dem Stand der Technik entsprechen. (Abg. Haupt: Das haben wir vor zehn Jahren schon gehört! Bis heute ist nichts geschehen!) Damit, meine Damen und Herren, ergibt sich zwingend, daß in den nächsten vier Jahren wesentlich mehr Geld für das Bundesheer ausgegeben werden muß. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Was habt ihr denn die letzten Jahre gemacht?)

1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wäre das Minimum; das muß für alle – für alle! –, die Landesverteidigung und Friedensvorsorge ernst nehmen, ein großes Anliegen sein. (Abg. Scheibner: 13 Jahre Reduktionen beim Heer! 13 Jahre reduzieren, 13 Jahre kaputtmachen!)

Zur aktuellen Diskussion, Kollege Scheibner: Wehrpflicht oder Berufsheer? – Jeder, der das österreichische Mischsystem zwischen Berufssoldaten, Grundwehrdienern und Milizsoldaten in Richtung eines Berufsheeres mit einer Freiwilligenmiliz verändern will, muß eines sehen – das wurde auch in der TV-Diskussion "Zur Sache" sehr klar festgestellt –: Alle bisher diskutierten Modelle – mit einer realistischen Truppenstärke – kämen die österreichischen Steuerzahler doppelt so teuer wie das derzeitige System der allgemeinen Wehrpflicht. (Abg. Wabl: Naturalsteuer!) Das ist die Realität, und das gilt auch für das Modell der FPÖ. (Abg. Wabl: ... mit ihrem Leben! Wir nehmen den 18jährigen die Lebenszeit weg!)

Für eine ernsthafte Diskussion über ein anderes Wehrsystem sind meiner Meinung nach zwei Voraussetzungen unabdingbar. Erstens: die Einbindung Österreichs in einen europäischen Sicherheitsverbund, selbstverständlich im Rahmen von WEU und NATO. Zweitens: die Finanzierungsgarantie für einen größeren Anteil an Berufssoldaten sowie für ein Anreiz- und Entlohnungssystem für Milizsoldaten, welches diesen Namen tatsächlich verdient.

Das Modell mit 15 000 Berufssoldaten, das vom Sprecher der SPÖ, Josef Cap, vorgeschlagen wurde – nachzulesen in der Ausgabe des "profil" vom 5. Juli 1999 –, oder der vom Sprecher der Grünen vorgeschlagene Stand von 13 000 Mann oder Frau als Berufsheer – da geht es ja anscheinend nur darum: Wer bietet weniger? (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser) – sind Vorschläge, die nicht nur naiv sind, sondern die an Fahrlässigkeit grenzen.

Meine Damen und Herren! Wahlkampf auf dem Rücken von Soldaten ist Wahlkampf gegen die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. Dagegen werden wir uns wehren! (Beifall bei der ÖVP.)

9.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

9.37

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist klar, daß der Verteidigungsminister und der Wehrsprecher der Österreichischen Volkspartei hier über die Wehrpolitik der vergangenen Jahre einen positiven Befund abgeben.

Herr Bundesminister! Es ist auch klar, daß Generäle der NATO oder Generäle der Vereinten Nationen, die unsere Soldaten im Ausland kennengelernt haben, die unsere Soldaten im Ausland zu führen haben, einen positiven Befund, eine positive Beurteilung abgeben, weil die Leistung der österreichischen Soldaten im Ausland unbestritten ist. Diese Leistung unserer Soldaten im Lande, im Bereich der Ausbildung, in der Katastrophenhilfe und im Assistenzeinsatz oder – wenn Sie es so haben wollen – im täglichen Dienstbetrieb ist auch unbestritten und ausgezeichnet. Es ist, glaube ich, notwendig, daß auch hier in diesem Hohem Haus anerkannt werden soll und anerkannt werden muß, daß das Kaderpersonal des österreichischen Bundesheeres seine Aufgaben willig und mit viel Engagement erfüllt, aber bedauerlicherweise muß es dies mit unzulänglichen Mitteln durchführen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Eine Kritik am Bundesheer ist keine Kritik an den Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten, sondern ist eine Kritik an der politischen Führung unseres Heeres. Da Sie den Befund der ausländischen Generäle über den Zustand des Bundesheeres erwähnt haben, nehme ich den Befund Ihres ranghöchsten Generals her, des Generaltruppeninspektors, der diese Woche in der Zeitschrift "FORMAT" ein Interview gegeben hat.

Ich zitiere daraus: Wir leben von der Substanz. Wir überleben mit dem, was wir haben, aber wir betreiben einen Substanzverzehr, der uns wirklich an die Grenze bringt. Es ist nichts mehr da, was wir aufessen können. – Zitatende.

Das ist der Befund, Herr Bundesminister, Ihres ranghöchsten Generals, des Generaltruppeninspektors, und dieser kennt die Situation des Bundesheeres wirklich.

Der Generaltruppeninspektor führt weiters an: Wir leiden unter einem erheblichen Investitionsstau. – Das sagt er zum inneren Zustand des Bundesheeres. – Ich sehe da schon eine Gefahr, daß das Heer und das Kaderpersonal irgendwann einmal sagen: Jetzt reicht es uns, wir lassen uns nicht mehr am Schmäh herumführen. Die Stimmung ist immer noch positiv, aber ich bin besorgt, daß sie irgendwann einmal in einen Fatalismus umkippt. – Zitatende.

Diese Gefahr sehe ich auch, Herr Bundesminister, und es wird daher notwendig sein, daß umgehend entsprechende Reformschritte beim Bundesheer in die Wege geleitet werden, daß die Bundesregierung umgehend ihre Position zur Sicherheitspolitik und zur Wehrpolitik überdenkt, denn die Wehr- und Verteidigungspolitik der letzten Jahre war kein Ruhmesblatt dieser Bundesregierung. Die Sicherheit unseres Landes ist vernachlässigt worden – zum Schaden unseres Landes!

Ich möchte jetzt nur drei Beispiele anführen, anhand derer klar nachvollziehbar ist, daß die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Beitritt zur Europäischen Union in den letzten Jahren versagt hat.

Österreich hat da keinerlei Nutzen aus dem Beitritt zur Europäischen Union gezogen, denn wir hätten die Möglichkeit gehabt, der Westeuropäischen Union beizutreten, wir hätten die Möglichkeit gehabt, die Chancen einer Mitgliedschaft bei der Europäischen Union wahrzunehmen und uns dieser politischen Union auch in sicherheitspolitischer Hinsicht anzunehmen. – Das ist jedoch nicht geschehen!

Die Bundesregierung war auch nicht in der Lage, dem Parlament einen Optionenbericht vorzulegen. Den Sozialdemokraten ist nichts Besseres eingefallen, als an der Neutralität um jeden Preis festzuhalten (Abg. Wabl: Das ist das Beste!) – und Ihrer Partei, Herr Bundesminister Fasslabend, nichts anderes, als einen Parteibeschluß um jeden Preis um- beziehungsweise durchzusetzen. – Wichtig wäre es aber gewesen, diesbezüglich eine breite politische Diskussion zu führen, einen politischen Konsens herbeizuführen, um über die Frage der Sicherheitspolitik und der damit zusammenhängenden Perspektiven klar und rechtzeitig entscheiden zu können.

Weiters: Wir haben ein Scheitern zweier Heeresreformen erlebt. Mängel, die seit Jahren bekannt sind, sind nicht behoben und rüstungspolitischen Ziele nicht erreicht worden! Und dabei geht es bitte um die rüstungspolitischen Ziele zweier Heeresreformen! Es gibt weiterhin Probleme im Bereich der Mannesausrüstung, im Bereich der Luftstreitkräfte und im Bereich der Heeres-Motorisierung.

Das, Herr Bundesminister, waren beziehungsweise sind die Versäumnisse der letzten Jahre! Ich meine daher, daß eine absolute Neuorientierung der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ein Gebot der Stunde wäre.

Meine Damen und Herren! Was wir brauchen und wofür wir Liberalen auch stehen, ist die Integration Österreichs in eine europäische Sicherheitsstruktur (Beifall beim Liberalen Forum), in jene Sicherheitsstrukturen, die jetzt entstehen und aufgebaut werden, damit die Europäische Union in der Lage ist, ihre sicherheitspolitischen Aufgaben und ihre Verantwortung auf diesem Kontinent tatsächlich wahrzunehmen. (Abg. Scheibner: Ihr wollt doch auch das Heer abschaffen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

In der Europäischen Union bedarf es im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik einer Emanzipation von den Vereinigten Staaten und damit auch eines entsprechenden Instrumentes zur Durch- und Umsetzung unserer sicherheitspolitischen Ziele. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Was wir brauchen, ist auch ein neues Wehrsystem, ein Wehrsystem, das modern ist, das den Anforderungen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Hans Helmut Moser (fortsetzend): ... gerecht wird. Das, Herr Bundesminister, hätte schon längst in die Wege geleitet werden sollen, und das wäre bitte eine Aufgabe, die bereits in der Vergangenheit gemacht gehört hätte! – Ich jedenfalls bin nicht so optimistisch, anzunehmen, daß Ihnen etwas, was bereits in der Vergangenheit hätte erledigt werden sollen, in nächster Zeit gelingen wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

9.42

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Minister Fasslabend, ich bin ja froh darüber, daß Sie auch Zeit gefunden haben, einmal zum Thema Bundesheer Stellung zu nehmen, da Sie ja immer mit dem Waffenhandel so beschäftigt sind. (Abg. Dr. Maitz: Eine miese Unterstellung ist das! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister, jetzt nur eine Randbemerkung: Sie sollten sich Ihre Zwischenhändler besser anschauen, denn jener Kärntner Händler, der die Nazi-Waffen in die USA "verscherbeln" soll, hat meinen Informationen nach von der Handelskammer Kärnten keine Lizenz dafür bekommen. Ich ersuche jedenfalls, das zu klären.

Meine Damen und Herren! Ich habe in der heutigen Ausgabe des "Standard" einen wunderschönen Titel gefunden, der genau auf diese Debatte paßt. Es geht in diesem Artikel zwar um die Diskussion über die Universitäten, aber da steht folgendes: mit der Lebenszeit der jungen Menschen behutsam umgehen ...

Meine Damen und Herren! Wenn man Herrn Maitz zuhört, hat man das Gefühl, er will im wesentlichen pragmatisierte Beamte, die mit mehr oder weniger Panzern hinter der NATO herrollen. – Beim Kollegen Scheibner weiß man jetzt nicht mehr genau, was er will, denn ein NATO-Beitritt ist aufgrund der Ergebnisse der EU-Wahl etwas ins Wanken geraten. (Abg. Scheibner: Du verstehst das nicht! Das ist es!) Da wird es wahrscheinlich nach dem 3. Oktober, wenn es zu einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ kommen sollte, bei Ihnen einer Neuorientierung bedürfen. Ich glaube, da werden wir dann eine neue "Kärntner Bärental-Orientierung" haben und da wird Herr Scheibner dann möglicherweise wieder eine neue Taktik aushecken, wie man denn das alles unter Dach und Fach bringen könnte. (Abg. Dr. Maitz: Wabl spricht für die SPÖ! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es gibt in diesen Zusammenhang im wesentlichen zwei Optionen in Österreich: Die eine – Minister Fasslabend hat das, wenn man das einmal positiv sehen will, so formuliert – ist ein starkes österreichisches Heer in der NATO. In der NATO gibt es ja bekanntlich viel zu wenige Panzer, viel zu wenige Bomber, viel zu wenige Flugzeuge, viel zu wenige Raketen und vor allem viel zu wenige Soldaten. – Ein starkes österreichisches Heer in der NATO – das möchte also Minister Fasslabend.

Auf der anderen Seite aber – da erwähne ich vor allem die Grünen, aber auch große Teile der SPÖ – vertritt man die Auffassung: Wir sollten die Rolle Österreichs als neutrales Land positiv weiterentwickeln (Abg. Dr. Maitz: Der SPÖ-Sprecher Wabl!), und das heißt, Herr Maitz: Das, was österreichische Soldaten bisher bestens solidarisch gemeinsam – nicht isoliert, sondern gemeinsam! – bei Friedenseinsätzen der UNO weltweit geleistet haben, muß weiter ausgebaut, verstärkt und verbessert werden. Und das, was in Österreich an Restfunktionen bleibt, sind im Grunde genommen Katastropheneinsätze und die gute Ausbildung von Menschen, die sich freiwillig dazu entscheiden, diesen Beruf zu ergreifen.

Ich sage Ihnen das deshalb, denn die Frage der Wehrpflicht und der Freiwilligen-Armee ist doch ganz entscheidend. Denken wir doch einmal darüber nach, in welcher Gesellschaft wir uns befinden: Ist das noch eine alte, autoritäre Gesellschaft, in der junge Menschen einfach per Dekret gezwungen werden können, bestimmte Dienste zu leisten? – Das mag historisch berechtigt gewesen sein, ist aber meines Erachtens an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend unzulässig, denn wie kommen bitte junge Menschen dazu – nur, weil sich Herr Maitz einbildet, er braucht ein starkes Heer, pragmatisierte Mitarbeiter noch dazu –, wie kommen bitte deshalb 18jährige dazu, automatisch sechs, acht Monate oder noch länger einen Zwangsdienst verrichten zu müssen?! – Ein solcher Dienst mag hervorragend, schlecht oder eben gut sein, je nachdem, welchen Bundesminister für Landesverteidigung es gibt oder welchen Ausbilder man hat – ich hoffe jedenfalls, Herr Jung hat selten damit zu tun. Dennoch muß bitte die Frage gestellt werden: Warum soll heute, im Jahre 1999, ein Mensch dazu gezwungen werden, einen Dienst zu machen, der von anderen Menschen, die das gerne tun, gerne verrichtet werden würde? (Ruf bei der ÖVP: Sie haben ja überhaupt keine Vorurteile!)

Meine Damen und Herren! Wir haben im Augenblick die Situation, daß FPÖ und ÖVP viel Geld in das Bundesheer hineinstecken wollen: in teure Abfangjäger, in Panzerpakete; 13 Milliarden Schilling bitte! Das geht uns doch bitte wieder ab im Bereich des sozialen und ökologischen Friedens! (Abg. Scheibner: Es geht um den Schutz für unsere Soldaten! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Scheibner, zu Ihrer Demonstration heute hier mit diesen beiden Helmen: Wenn dieses Haus Ihrer Wehrpolitik folgen würde, hätten wir relativ rasch "den Scherben auf". (Abg. Scheibner: Den Scherben hast du auf! – Abg. Jung: Nein, bei der Frisur des Wabl nicht!)

Meine Damen und Herren! Die Grünen treten für die Abschaffung der Wehrpflicht und für den Aufbau einer Freiwilligen-Armee ein. Das heißt, es gibt den einen Teil, nämlich die Zeitsoldaten – das war übrigens eine gute Idee des damaligen Ministers Frischenschlager –, und es gibt den anderen Teil, nämlich die Freiwilligenmiliz und natürlich auch Berufssoldaten, die es bereits jetzt im Bundesheer gibt. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Das wäre eine Lösung. Das würde die Position Österreichs als neutraler Staat stärken ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): ... und würde – ich wollte gerade den letzten Halbsatz sagen, Herr Präsident – die internationale Unglaubwürdigkeit, insbesondere jene des Herrn Ministers Fasslabend und auch anderer ÖVP-Vertreter, noch verschärfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Was soll das bitte?! – Abg. Schwarzenberger: Der Wabl ist auf einmal für ein Berufsheer! Das ist ja etwas ganz Neues!)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.48

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Einer meiner Vorredner hat das Datum 3. Oktober erwähnt – ein in mehrfacher Hinsicht wahrhaft interessantes Datum: Es ist nämlich für den 4. Oktober etwas vorgesehen, so hört man bereits aus zuverlässiger Quelle, was ursprünglich für Mitte September angegeben gewesen ist, nämlich der Beginn des Einsatzes österreichischer Truppen im Kosovo. Bis jetzt hat es immer geheißen: Mitte September. – Jetzt hört man auf einmal: 4. Oktober, genau am Tag nach der Wahl! – Also plumper kann man das ja wirklich nicht mehr gestalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man wartet also genau auf den Tag nach der Wahl, denn man kann ja nicht wirklich glaubhaft über die Rampe bringen, daß man für die Neutralität und dagegen ist, daß sich österreichische Truppen in den Schoß der NATO begeben, wenn man gleichzeitig in Medien lesen beziehungsweise via Fernsehen beobachten kann, wie sich die österreichischen Soldaten im Kosovo bereits im Schoße eben dieser NATO bewegen.

4. Oktober! Man hält bitte die Österreicherinnen und Österreicher bitte für so dumm, die Zusammenhänge nicht zu erkennen und nicht zu durchschauen! – Man kann sich ja jetzt schon vorstellen, in welche Richtung der Wahlkampf gehen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber weil wir schon beim Kosovo sind: Man hat zu einem Zeitpunkt, zu dem jeder, der sich mit diesen Dingen beschäftigt, gewußt hat, daß wir eigentlich schon zu wenige Soldaten für Einsätze haben – Burgenland gleichzeitig mit Zypern, mit Syrien und mit Bosnien und so weiter –, erklärt – aus dem Mund des Bundeskanzlers war das zu hören! –: Es werden noch 450 österreichische Soldaten im Ausland in den Einsatz gelangen, nämlich im Kosovo – und das, obwohl doch jeder gewußt hat, daß sie einfach nicht aufzutreiben sind! Jetzt bemüht man sich, sie über Annoncen und auf ähnlichen "originellen" Wegen stellig zu machen. – Die Ergebnisse sind bescheiden.

Man hört, daß es hiefür bisher nur einen ganz geringen Prozentsatz geben soll – und jetzt überlegt man, Verlegungen vorzunehmen: aus Syrien, aus Zypern, Teile der dort stationierten österreichischen Truppen in den Kosovo zu verlegen, was natürlich wieder für die Sicherheitsposition der in Syrien und auch auf Zypern verbleibenden Soldaten kritisch, ja gefährlich werden kann.

Das alles geschieht bitte vor dem Hintergrund der Bezeichnung "ausgehungertes Heer". Der Ausdruck stammt nicht von mir, er stammt auch von keinem anderen Freiheitlichen, überhaupt von keinem Oppositionellen, sondern er stammt hier von jemandem auf der Regierungsbank, vor ganz kurzem ausgesprochen, und zwar von Außenminister und Vizekanzler Schüssel, der vom "ausgehungerten Heer" gesprochen hat. (Zwischenruf beim Liberalen Forum.) Und er muß ja wissen, wovon er redet, denn er wird wohl innerhalb der Regierung und innerhalb der Regierungsfraktion, der er angehört, die entsprechenden Informationen aus den Urquellen sozusagen haben.

Da wir von diesem "ausgehungerten Heer" reden, wenn es darüber eine Spiegelfechterei gibt, ob man jetzt eher für eine stärkere Professionalisierung eben des Heeres sein soll oder nicht, darf ich hier einmal mehr in Erinnerung rufen, daß wir ja schon längst eine Art Freiwilligenheer haben. Jeder, der es heute darauf anlegt, nicht dienen zu müssen, der dient auch nicht. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, da durchzurutschen, auch auf wirtschaftlicher Ebene. Da gibt es geradezu ganze Berufsstände – ich möchte diese jetzt gar nicht erwähnen, um da nicht auf einem Nebengleis sozusagen in ein Gefecht zu geraten –, bei denen es üblich ist, daß deren Vertreter nicht einrücken.

Dann gibt es die Problematik der Zivildiener. Und es sind nicht so viele, wie man eigentlich glauben sollte; die meisten auch nicht aus irgendwelchen Gewissensgründen, sondern weil ihnen einfach aus Organisationen, in denen sie ohnehin tätig sind, nahegelegt wird: Geh zum Zivildienst, dann kannst du bei uns gleich weitermachen!

Immerhin brauchen wir – auch nach der Heeresgliederung-Neu/neu – 34 000 Grundwehrdiener im Jahr, um die Aufgaben erfüllen zu können, bekommen aber bitte "heiße" 29 000.

Wer heute beim Heer ist, ist eigentlich schon freiwillig beim Heer! Das müssen wir erkennen, und wir müssen auch den Mut haben, das auszusprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Miliz, meine Damen und Herren, die eine wirklich großartige Einrichtung darstellt, zu der wir uns alle, in der einen oder anderen Form, bekennen, ist in den letzten Monaten beziehungsweise Jahren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden. Es gibt sie nahezu nicht mehr!

Da haben Milizoffiziere, Unteroffiziere und Chargen, die ein Leben lang damit zugebracht haben, sich der Aufgabe der Verteidigung Österreichs zu widmen, die Wochenenden, Urlaube in ihrem möglichen Einsatzgebiet verbracht haben, hektographierte Briefe bekommen, in denen steht: Sie haben sich ab sofort zu verabschieden, und Sie haben bis zu einen bestimmten Tag Ihre Ausrüstungsgegenstände abzugeben, widrigenfalls sie nach irgendeiner verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmung mit einer Bestrafung zu rechnen haben! – Kein Wort des Dankes bitte, sondern die Drohung mit einer Verwaltungsstrafe.

Wenn der Betreffende dann für irgendeinen Pullover, der ihm fehlt, 800 S an Ersatz bezahlt hat, bekommt er einen anderen hektographierten Brief – wie alle anderen auch –, und zwar Wochen oder Tage später, in dem steht: Sie können das ganze Zeug, das Sie zuhause haben, auch für 500 S kaufen, damit Sie es nicht zurückbringen müssen und wir es dann entsorgen müssen! – Das alles muß man auch im Auge behalten ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): ... bei der Frage: Wollen wir beim Berufsheer landen oder nicht?

Wir haben bitte de facto ein Freiwilligenheer! Und: Die Miliz wurde ruiniert! Das ist das, was wir wissen – und auch aussprechen müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Tychtl. – Bitte. (Abg. Jung: Der Löschnak hätte heute dazu reden sollen!)

9.54

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! "Professionelle Landesverteidigung für ein sicheres Österreich" ist der Titel dieser Aktuellen Stunde. Ich meine, allein "professionelle Landesverteidigung" drückt aus, worum es geht. Ein Professionist, der heute im täglichen Leben bestehen will, muß sich verändern, muß sich den Gegebenheiten anpassen und muß danach trachten, das Beste daraus zu machen, wozu er mit seinen Mitteln in der Lage ist.

Ich meine, gerade die Landesverteidigung ist etwas, was zwei Dinge vereinnahmen muß: einerseits Professionalität durch gut ausgebildete Soldaten, die darüber hinaus aber auch bereit sind, mehr als den tatsächlichen Auftrag zu erfüllen, die nämlich die innere Einstellung mitbringen, etwas für unsere Republik zu tun.

Das zweite ist, so meine ich, die Aufgabe, die an uns von allen Fraktionen, die hier im Hohen Hause sitzen, gerichtet ist, nämlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Soldaten all das auch tun können.

Da wir uns jetzt sozusagen im Vorfeld eines Wahlkampfes befinden: Wir sollten meiner Überzeugung nach gerade das Bundesheer aus dieser Diskussion weitgehend ausklammern. Bei der Frage der Landesverteidigung geht es doch bitte um ein Miteinander – und nicht um ein Gegeneinander. Unserer Landesverteidigung würde ein nationaler Konsens gerade in dieser Frage besonders guttun.

Ich stehe auch nicht an, hier einige Probleme aufzuzeigen, die natürlich im täglichen Betrieb immer wieder auftreten können. Gerade im Zuge meiner Tätigkeit als einer der Vorsitzenden der Bundesheer-Beschwerdekommission war ich mit solchen Dingen sehr oft konfrontiert.

Mein Vorredner hat darauf hingewiesen, welche Probleme es mit den Einsätzen im Ausland gibt. Da muß man auch sehr stark darauf achten, daß jene Männer und Frauen, die sich zu diesem Dienst bereit erklären, auf folgendes vertrauen können: erstens auf den Schutz, den sie durch uns gewährleistet haben müssen, und zweitens auf die Verträge, die einzuhalten sind. Ich nenne in diesem Zusammenhang speziell die Frage der Bezahlung. Es kann doch nicht angehen, daß man in wirklich sehr kurzer Zeit Freiwillige rekrutiert, die sich zu diesem Dienst bereit erklären, die das unterschreiben, in den Einsatz gehen, dann aber nicht nur feststellen müssen, daß es mit der Bezahlung sehr langsam geht, sondern sie oftmals nicht einmal genau wissen, wieviel sie eigentlich dafür bekommen. Sie bekommen bitte keine Abrechnungsquittung.

Auch das, Herr Bundesminister, ist etwas, wo wir unseren Soldatinnen und Soldaten mehr entgegenbringen müssen und sagen sollten: Wir stehen zu unserem Wort, und wir tun dies mit ganzem Herzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt, der mir sehr am Herzen liegt: Kollege Ofner hat ja vorhin gesagt, es werde immer schwieriger, Freiwillige zu rekrutieren. – Dazu meine ich, daß folgender Gedanke, ähnlich dem dänischen Modell, für die Zukunft durchaus überlegenswert wäre, nämlich zu sagen: Okay, du bist gut ausgebildet, du bist wertvoll, ein Professionist für uns, und daher geben wir dir über einen bestimmten Zeitraum hinweg einen gewissen finanziellen Anreiz, erwarten aber von dir die Verpflichtung, daß du, wenn wir dich rufen, tatsächlich kommst! – Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der aber heute fehlt, etwas, das uns auch Schwierigkeiten bereitet, wenn wir dann tatsächlich auf diese Soldaten angewiesen sind.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin seit 18 Jahren hier in diesem Hause und habe 18 Jahre lang dem Landesverteidigungsausschuß angehört, und ich meine daher, sagen zu können: Wir alle haben uns bemüht, und wir haben auch gesehen, daß Veränderungen geschehen sind, wobei die einen besser, die andere weniger gut gelungen sind.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an Sie, die Sie weiterhin diesem Hause angehören werden, alles daranzusetzen, damit unsere Soldaten darauf vertrauen können, unsere Unterstützung zu haben.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch bei all jenen bedanken, die mich in diesen vielen Jahren begleitet haben, mir gute Gesprächspartner gewesen sind. Bedanken möchte ich mich auch beim Präsidium des Nationalrates, bei dir (in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Dr. Fasslabend), Herr Bundesminister, bei Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, aber auch bei allen Bediensteten dieses Hauses, die mich in meiner Tätigkeit als Ordner immer unterstützt haben.

Ich wünsche Ihnen für die zukünftige Arbeit zum Wohle unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, zum Wohle unserer Republik Österreich alles Gute und viel Erfolg! (Lang anhaltender allgemeiner Beifall.)

10.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte. (Abg. Wabl: Er vertritt die Jugend!)

10.00

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Tychtl, auch die besten Wünsche unserer Fraktion begleiten Sie, weil Sie immer ein aufrechter Kämpfer auch für die Interessen der Landesverteidigung gewesen sind. Alles Gute für die Zukunft! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es war im übrigen – wenn Sie gestatten, daß ich das sage – professionell, was Sie hier im Rahmen der heutigen Aktuellen Stunde geboten haben, ganz im Gegensatz zu dem, was Kollege Scheibner zum besten gegeben hat. Herr Kollege Scheibner, Sie hätten die Mitarbeiter Ihres Vorgängers nicht übernehmen sollen, denn offenbar haben diese Ihnen das Thema heute schlecht aufbereitet. (Abg. Scheibner: Du hast ja selber so ein komisches Konzept für ein Berufsheer!) Wenn Sie nämlich zum Thema "Professionelle Landesverteidigung für ein sicheres Österreich" sprechen und dann sagen: Wir brauchen 40 000 Berufssoldaten!, dann hätten Sie dazusagen müssen, daß das zumindest 20 Milliarden Schilling mehr kostet und das wahrscheinlich ähnlich "gut" finanzierbar ist wie Ihr Kinderbetreuungsscheck in Kärnten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wer hat denn dein Konzept geschrieben?)

Im übrigen hat Kollege Ofner davon gesprochen, daß es zu wenige Meldungen für den Kosovo-Einsatz gebe. Da darf ich doch ein paar Zahlen nennen. Es haben sich über 2 000 Interessenten gemeldet. Sie wissen ... (Abg. Dr. Ofner: Du hast die Zahlen aus dem Traumbuch! – Abg. Jung: Da sind die Paßgänger auch dabei! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie wissen genausogut wie ich, daß nicht alle tauglich sind. Es sind jetzt von diesen freiwilligen Meldungen noch 598 Personen übrig, und 400 sind erforderlich. Soviel zur Wahrheit, die hier auch einmal gesagt werden muß. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Da sind aber Paßgänger auch dabei!)

Kollege Scheibner hat auch gesagt, daß wir derzeit 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Landesverteidigung aufwenden. Ich meine, wenn es Ihnen schon darum geht, daß wir die Finanzierung der Landesverteidigung sicherstellen, dann möchte ich kleinlich werden und korrigieren: Es sind Gott sei Dank 0,85 Prozent, und das sind immerhin um 4,5 Milliarden Schilling mehr, als Sie behauptet haben. Das sollte man hier auch korrekt sagen. (Abg. Scheibner: Ist es nun genug oder ist es zuwenig, Kollege Amon?) Natürlich sind wir auch dafür, daß es mehr werden muß (Abg. Scheibner: Wer ist verantwortlich dafür seit zehn Jahren?), aber es geht auch darum, daß es auf eine seriöse Art und Weise passiert und nicht auf jene Art und Weise, wie Sie es gesagt haben, daß man von heute auf morgen um 20 Milliarden Schilling erhöhen könnte. (Abg. Scheibner: Wer ist verantwortlich für die Landesverteidigung?) Das ist nicht realistisch, aber daß wir ein Prozent erreichen, dafür setzen wir uns ein, und ich glaube, dieses Ziel ist auch erreichbar. (Abg. Dr. Krüger: Seit zehn Jahren stellt ihr den Verteidigungsminister!)

Darüber hinaus lasse ich nicht gelten, was hier von mehreren Rednern der Opposition gesagt worden ist, nämlich daß es keinerlei Professionalisierungsschritte gegeben hätte. Das ist schlicht und einfach nicht richtig. Es hat eine Reihe von Professionalisierungsschritten gegeben. (Abg. Scheibner: Diese Rede hat sich nicht einmal der Fasslabend verdient!) Ich denke etwa – Kollege Maitz hat das ja angesprochen – an die Verbesserung der Ausbildung im Bereich der Grundwehrdiener, ich denke an die Heeresakademie, ich denke an die Errichtung der Fachhochschule, oder ich denke auch an unsere Auslandseinsätze, die in ganz besonderer Weise auch international gelobt werden.

Bleiben Sie bei der Wahrheit! Unsere Soldaten setzen sich hervorragend zur Friedenssicherung ein. (Abg. Scheibner: Natürlich! Trotz eurer Politik!) Und das ist gut so. (Abg. Dr. Ofner: Aber Professionalität ist deswegen auch noch nicht gegeben!)

Man soll die Sicherheitspolitik nicht als Wahlkampfschlager verwenden. Wir wehren uns nicht dagegen, daß die Sicherheitspolitik ein Wahlkampfthema ist. Natürlich kann man über Positionen reden, und man soll das auch tun. Es ist gut, wenn der Wähler die Möglichkeit hat, zu differenzieren, wer hier in seriöser Art und Weise an die Thematik herangeht und wer das, wie Sie, nicht tut, sondern nur nach Stimmen heischt. (Abg. Scheibner: Was ist mit deinem Modell? Was ist mit deinem komischen Modell? Wo bleibt es?)

Auch die SPÖ ist hier nicht ganz aus der Pflicht zu entlassen. Es ist natürlich schon interessant, wie Sie versuchen, die Neutralität weiter als heilige Kuh aufrechtzuerhalten. Ich möchte Ihnen daher doch jemanden zitieren, der, glaube ich – nicht wie Kollege Cap –, über jeden Zweifel in diesem Zusammenhang erhaben ist und der letzte Woche in der "Presse" folgendes festgestellt hat – ich darf hier aus der "Presse" zitieren –:

"Der als SPÖ-nahe geltende Experte weist nach" – es geht um Professor Öhlinger –, "daß Österreich die Neutralität vor allem als EU-Mitglied auf eine bloße Bündnislosigkeit reduziert hat. Strikt rechtlich betrachtet sei Österreich seit dem Vertrag von Amsterdam weder immerwährend noch nur dauernd neutral."

Das ist ein Faktum seit dem Ratifizieren des Vertrages von Amsterdam. Auch hier soll man seriös bleiben. Wir bemühen uns um eine seriöse Sicherheitspolitik, die zum Inhalt hat, daß wir zunächst die Frage des kollektiven Sicherheitssystems, der Sicherheitsunion klären wollen und daß wir uns dann über die Frage der Heeresstruktur weiter unterhalten und darüber diskutieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Fangt einmal an damit! Fangt einmal an!)

10.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

10.05

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn von einer professionellen Landesverteidigung eines neutralen Staates die Rede ist, dann müßte doch an erster Stelle von einer friedensichernden Außenpolitik die Rede sein, dann müßte doch an erster Stelle von Neutralitätspolitik die Rede sein. Aber ich höre dieses nicht. Ich höre nur, daß aufgerüstet werden muß, daß das Heer professioneller ausgerüstet und auch professioneller ausgebildet sein muß, daß es entsprechend professionell organisiert sein muß und auch entsprechend professionell gemanagt werden muß.

All das, meine Damen und Herren, ist wahr, aber wenn hier dauernd beteuert wird, daß man die meisten Themen – von der Sicherheitspolitik über das Bundesheer – doch bitte aus dem Wahlkampf aussparen möge, dann frage ich Sie: Worüber soll man mit dieser Regierung noch reden? – Wenn man all das aussparen müßte, wo Sie nichts getan haben, dann könnten wir die Hütte zusperren (Abg. Wabl: Das geschieht eh!), dann brauchen wir gar nichts mehr zu sagen.

Denn wahr ist doch, meine Damen und Herren, daß das Bundesheer selbstverständlich schlecht ausgerüstet ist – das hat auch der Erstredner an einem Beispiel belegt –, wahr ist doch, daß die Ausbildung beim Bundesheer mangelhaft ist. Es ist doch nicht wahr, daß es nur eine Erfindung der Opposition ist, daß das Bundesheer bürokratisch organisiert ist, und, meine Damen und Herren, es ist nach wie vor und in vermehrtem Maße gerade in den Führungsbereichen politisch gemanagt. Es ist nicht so, wie es auch Abgeordneter Tychtl eingefordert hat, daß hier die Dinge gemeinsam vorangetrieben werden, sondern das Bundesheer wird in zunehmendem Maße auch politisch gemanagt.

Jetzt weiß ich, daß der Herr Bundesminister sich natürlich darauf zurückzieht und sagt: Das ist die Erfindung der Opposition. Es kommen ja Wahlen! Was sollen sie denn anderes sagen?

Noch einmal: Daß es schlecht ausgerüstet ist, Herr Abgeordneter Gaál, hat Abgeordneter Scheibner bereits ausgeführt, daß es mangelhafte Ausbildung im Bundesheer gibt, ist keine Erfindung der Opposition, sondern das steht in allen möglichen Rechnungshofberichten, und darin kann man es nachlesen. Das haben wir auch im Rechnungshofausschuß besprochen. Dort hat der Herr Bundesminister allerdings nicht so reagiert, daß er gesagt hätte: Okay, hier gibt es Fehler, hier müssen wir Anpassungen machen!, sondern der Reflex war, den Rechnungshof zu kritisieren und zu sagen: Der Rechnungshof hat doch eigentlich keine Kompetenz, das zu kritisieren! Niemand von seiten des Ministeriums hat auf die Kritik des Rechnungshofes hin, daß die Ausbidungsvorschriften zu überbordend seien und im tatsächlichen Leben nicht umgesetzt würden, die Konsequenz gezogen und gesagt: Das müssen wir anpassen!, sondern alle haben gesagt: Das kann eigentlich der Rechnungshof nicht beurteilen!

Daher: Das ist keine Erfindung der Opposition, sondern etwas, was im Rechnungshofbericht nachzulesen ist. Im Rechnungshofbericht, meine Damen und Herren – jedenfalls auch im aktuellen –, ist auch nachzulesen, daß nach wie vor im Bereich der Beschaffung vieles fehlt. Es fehlt an grundsätzlichen Planungen.

Das – damit, meine Damen und Herren, komme ich zum nächsten Punkt – bedeutet aber nicht, daß im Bundesministerium für Landesverteidigung kein Papier produziert wird. Im Gegenteil! Ich habe Ihnen das auch mitgebracht. Verlautbarungsblatt 1 und 2 des Jahres 1997, Verlautbarungsblatt 1 und 2 des Jahres 1998 (der Redner hält jeweils ein dickes Buch in die Höhe); jedes Jahr 700 bis 800 neue Seiten bürokratischer Vorschriften im Bundesheer! (Abg. Scheibner: Die müssen ja auch mit etwas beschäftigt sein!) Nicht zur Aufhebung der alten, sondern zusätzlich, gestapelt. Das kommt noch dazu. Und dann wundert man sich, wenn gesagt wird, daß sie eigentlich keine Zeit mehr "zum Kämpfen" haben, weil sie immer Listen ausfüllen müssen, weil sie immer im Verlautbarungsblatt nachlesen müssen, was neu gemacht worden ist vom Herrn Bundesminister.

Daher war doch auch klar, meine Damen und Herren, daß mit der Heeresreform – damit komme ich zum politischen Management in unserem Bundesheer – das Verhältnis von Truppe und Führung nicht zugunsten der Truppe verändert worden ist – auch etwas, was der Rechnungshof feststellt –, sondern die Heeresgliederung 1992 hat – um es salopp zu sagen – zur Reduzierung der Zahl der Indianer geführt, die Zahl der Häuptlinge nimmt nach wie vor zu.

Das, Herr Bundesminister, ist etwas, was von Ihrer Seite nicht abgestellt worden ist, offenbar auch nicht abgestellt werden soll, und es ist beunruhigend, daß in zunehmendem Maße das Bundesheer und gerade auch die Führungsstrukturen des Bundesheeres politisch immer stärker der ÖVP zuzurechnen sind, während das Innenministerium auf der anderen Seite der SPÖ zuzurechnen ist, weshalb es auch aufgerüstet wird mit Lauschangriff, Rasterfahndung, mehr an Ausrüstung, mehr an Personen – denn dort gibt es keinen Personalstopp – und ähnlichem mehr.

Hier sieht man, daß von der Gemeinsamkeit, die eingefordert wird, politisch wenig da ist, sondern daß Österreich nach der Farbenlehre geteilt ist, daß es auch in der äußeren und inneren Sicherheit in zwei verschiedene Parteibereiche geteilt ist. Und das ist etwas, was abgestellt gehört.

Daher – letzter Punkt –, meine Damen und Herren: Die Liberalen verlangen und fordern ein, daß man sich aus dem existierenden Dreigestirn von Neutralität, Wehrpflicht und altem Bundesheer in Richtung auf ein neues Dreigestirn hin bewegt, das da lauten muß: eine europäische Sicherheitsarchitektur, ein Freiwilligenheer in Österreich und Eingliederung eines Austrokorps in eine Europaarmee.

Das sind jene Maßnahmen, mit denen man, wie wir glauben, die Herausforderungen zukünftiger Sicherheitspolitik meistern wird. Mit der Farbenlehre und mit dem Proporz allerdings wird es nicht gehen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Minister.

10.10

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gerne einige Fragen, die aufgeworfen worden sind, sehr sachlich beantworten.

Zum ersten möchte ich auf die Ausführungen des Abgeordneten Wabl eingehen, der von den Verkäufen gesprochen hat. Ich möchte hier nochmals betonen: Ich selbst habe im Dezember des vorigen Jahres, bevor noch die Richtlinie der Europäischen Union in Kraft getreten ist, einen Stopp für die Verkäufe von leichten Waffen im Bereich des Bundesheeres verfügt. (Abg. Wabl: Nach der Kritik der Grünen!)

Für Exporte ist nicht das Bundesministerium für Landesverteidigung, sondern das Bundesministerium für Inneres zuständig, und zwar für alle Arten von Exporten. Ich gebe Ihnen, Herr Abgeordneter Wabl, gerne auch eine Kopie, die die Firma Mathè betrifft. (Abg. Wabl: Das stimmt einfach nicht!) Am 23. Juni 1999 hat das Innenministerium einen Bescheid, eine Exportbewilligung für die Firma Mathè über 60 Maschinenpistolen der Marke "Kalaschnikow" ausgestellt. Die stammen sicherlich nicht aus den Beständen des Bundesheeres, sondern die sind einfach ein Teil des Waffen- und Gerätehandels, der in Österreich durchgeführt wird. Und so wie auch bei den Sturmgewehren, die Sie immer inkriminiert haben, hat selbstverständlich das Bundesministerium für Inneres darüber zu verfügen und zu bestimmen, ob das exportiert wird oder nicht. (Abg. Wabl: Wie ist das mit den Nazi-Waffen aus den Bundesheerbeständen?) Ich stelle Ihnen das gerne zur Verfügung, sodaß Sie das sachlich beurteilen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Wie ist das mit den Nazi-Waffen?)

Ich würde nur glauben, daß man die Polemik beiseite lassen und das Anliegen dort vorbringen soll, wo es sachlich hingehört, und das ist zweifellos ein anderes Ministerium. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist noch eine Reihe von anderen Fragen aufgeworfen worden. Dem Abgeordneten Jung, der einen Zusammenhang zwischen dem Pandur auf der einen Seite und dem Panzerpaket auf der anderen Seite hergestellt hat, möchte ich gerne folgendes sagen: Die 68 Pandur, die heute bereits im Betrieb des Bundesheeres stehen, wurden selbstverständlich lange – wie Sie eigentlich wissen sollten, Herr Abgeordneter – vor dem Abschluß des Mech-Paketes bestellt. Sie waren ja eine Voraussetzung, auf der wir aufbauen konnten, weil bereits die ersten Erfahrungen da waren. Das heißt, die ersten Pandur-Panzer waren im österreichischen Bundesheer bereits im Einsatz, bevor überhaupt über das Panzerpaket mit dem Leopard et cetera diskutiert wurde.

Ich bekenne mich auch dazu, daß wir in diesem Fall zweifellos eine wichtige Entscheidung, auch im Interesse der österreichischen Wirtschaft, getroffen haben. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bekenne mich dazu, weil das Heer in den Grenzgebieten selbstverständlich eine wichtige wirtschaftliche Funktion hat. (Abg. Jung: Mit nicht einsatzfähigem Gerät, Herr Bundesminister! Sagen Sie das auch dazu!) Das Bundesheer ist etwa im Waldviertel der zweitgrößte Arbeitgeber. In vielen Grenzregionen ist das der Fall. (Abg. Jung: Sie lenken ab!) Wir sorgen nicht nur für die Sicherheit, sondern es ist das auch eine eminent wichtige wirtschaftliche Komponente, zu der wir stehen. Wir sind daher auch dazu gestanden, daß wir ein österreichisches Unternehmen in die Lage versetzt haben, diese Produktion aufzunehmen, und wir wissen heute, daß es international Anklang gefunden hat, daß bereits mehrere Armeen dieses Produkt gekauft haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt auch, daß wir durchaus mit Kinderkrankheiten, also mit bestimmten Mängeln, die am Anfang der Erprobung eines neuen Modells auftreten, auch leben müssen und daß wir die Konsequenzen daraus ziehen müssen. (Abg. Jung: Ein nicht schwenkbarer Turm ist eine Kinderkrankheit bei einem Panzer, Herr Minister?) Ich habe mich auch immer dazu bekannt, daß die Entscheidung über die gesamte Radpanzerfamilie selbstverständlich erst dann zu treffen ist, wenn diese Mängel ausgeräumt sind.

Sie, Herr Abgeordneter, und andere aus Ihren Reihen haben mich ja des öfteren dazu aufgefordert, bereits den Zuschlag zu geben. (Abg. Jung: Wir haben nicht gewußt, daß das Gerät nicht einsatzfähig ist!) Ich habe immer gesagt, der Zuschlag wird dann erfolgen, wenn alle technische Fragen geklärt sind. Nicht früher und nicht später. Und so ist es auch hier.

Das zweite: Herr Abgeordneter Ofner hat die Frage des Einsatzes unserer Truppen, die jetzt in den Kosovo gehen, aufgeworfen. Ich möchte dazu sagen, daß zweifellos die sicherheitspolitische Situation am Balkan in den letzten Jahren ungeheure Anforderungen an das Bundesheer herangetragen hat. Wir sind nicht nur jetzt im Einsatz in Albanien, wir waren bereits vor zwei Jahren zu einem Sicherungseinsatz unten, wir stehen in Bosnien, und wir gehen in den nächsten Einsatz in den Kosovo. Dieser Kosovo-Einsatz ist auch ein Einsatz, der von seiner Dimension her größer ist als die anderen. Wir haben im Vergleich etwa zur Zahl in Bosnien oder zum ersten Albanien-Kontingent mannmäßig ungefähr das doppelte Kontingent vorgesehen, und das angesichts von nach wie vor aufrechten Missionen, und zwar nicht nur am Balkan, sondern genauso in Zypern, am Golan und auch auf anderen Plätzen.

Der Stand sieht folgendermaßen aus: Wir haben laut gestriger Meldung 598 Freiwillige für diesen Einsatz vorgesehen. Die werden gemustert, davon wird ein Teil untauglich sein. (Abg. Scheibner: Die Hälfte! Sagen Sie es doch!) Es sind noch nicht alle Positionen so besetzt, wie wir uns das wünschen. Das heißt, wir werden unsere Werbemaßnahmen noch fortsetzen. Aber es gibt überhaupt keinen Anlaß, gleich wieder eine andere Vorgangsweise zu vermuten, als das irgendwo anders der Fall ist.

Nächster Punkt: Es werden die ersten österreichischen Soldaten – und wenn ich sage, die ersten, dann meine ich damit nicht ein Vorauskommando, das überhaupt erst einmal den Platz erkundet, sondern die ersten, die dort bestimmte Funktionen erfüllen – in einem Ausmaß von 70 bis 100 bereits im August hinuntergehen. (Abg. Dr. Ofner: Das wird der Kanzler nicht erlauben! Der Kanzler will den 4. Oktober!) Es wird ein ganz großer Teil sicherlich im September hinuntergehen, und es wird der letzte Teil, nachdem die Schweizer zu uns gekommen sind, in integrierter Form dann hinuntergehen.

Denn wir müssen eines sagen: Wir gehen nicht nur mit dem bisher größten Kontingent hinunter, sondern wir gehen auch mit einem Kontingent hinunter, das gleichzeitig auch Lead-Funktion, das heißt Führungsfunktion für das erstmalige Auftreten der Schweizer und auch für ein slowakisches Kontingent hat. Ich sehe daß durchaus als einen enormen Vertrauensbeweis an, wenn die Schweizer ihre Soldaten in unsere Obhut geben, wenn sie sie beim erstmaligen Einsatz, den die Schweiz überhaupt im Bereich einer internationalen Aktivität durchführt, unser Führung anvertrauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht ist das auch ein Zeichen für den Vertrauensbeweis, den wir auch aus anderen Ländern erhalten. Ich möchte das kurz mit ein paar Daten belegen. Im Jahr 1995 haben 372 ausländische Soldaten – Offiziere und Unteroffiziere – im österreichischen Bundesheer eine Ausbildung absolviert. Wissen Sie, wie viele es heute sind? 1 377 waren es bereits im Jahr 1998, nachdem vorher 1996 über 500 und 1997 knapp 800 ausländische Soldaten ihre Ausbildung in Österreich absolviert hatten. Rund 1 400 Soldaten absolvieren derzeit ihre Ausbildung in Österreich, weil sie davon überzeugt sind, daß wir die besten Voraussetzungen auch für ihre Ausbildung bieten können. (Abg. Dr. Ofner: Bitte um den Schlußsatz! Die Zeit ist um!) Genauso wie auch unsere Soldaten in das Ausland gehen, um dort von den Erfahrungen der anderen zu profitieren. Das ist nicht nur ein enormer Vertrauensbeweis, sondern auch ein Beweis dafür, daß Sicherheit in Zukunft nur mehr gemeinsam organisiert werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

10.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte. (Abg. Wabl: Für jede Fraktion wird jetzt noch zusätzlich eine Zeit angehängt, denn der Minister hat so lange gesprochen!)

10.18

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir von Landesverteidigung sprechen, wenn wir von Wehrpflicht sprechen, dann müssen wir auch vom Zivildienst sprechen, denn der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst, und ohne Zivildienst würden wir in unserer österreichischen Sozialpolitik traurig ausschauen.

Sie haben anscheinend vergessen oder wollen es noch immer nicht wissen, daß die Arbeit der Zivildiener in den Sozialeinrichtungen, im Rettungswesen, im Krankentransport, in der Altenhilfe, in der Behindertenhilfe, im Krankenhaus ein unverzichtbarer Dienst ist, der in unserer Gesellschaft von niemand anderem um diesen Hungerlohn übernommen wird. Er wird deswegen nicht übernommen und kann auch nicht übernommen werden, denn heute Menschen um 2 000 S im Monat 40 Stunden und mehr pro Woche arbeiten zu lassen, das ist wirklich ein Zustand, der sozialrechtlich nicht tragbar ist.

Ich freue mich darüber, daß wir über ein Freiwilligenheer sprechen, denn dann muß es auch den freiwilligen Zivildienst geben. Den freiwilligen Zivildienst kann es nur dann geben, wenn Sie diesen lukrativer gestalten, indem Sie den Männern, die Zivildienst leisten wollen, ein anständiges Gehalt zahlen (Beifall bei den Grünen), sie sozialversicherungsrechtlich und pensionsrechtlich absichern und auch eine Arbeitslosenversicherung zahlen. Da werden Sie mit 2 000 S oder 3 000 S im Monat nicht auskommen, sondern der Zivildiener muß mindestens 12 000 S netto plus Wohnkosten bekommen; erst dann werden Sie Menschen finden, die bereit sind, im Sozialbereich tätig zu sein.

Die Stimmen der ÖVP sagen aber etwas ganz anderes: Sie wollen den verpflichtenden Sozialdienst. Meine Damen und Herren von der ÖVP! So geht es nicht. Es ist verantwortungslos, wenn Sie glauben, die soziale Verantwortung dieser Bundesregierung abgeben zu können, indem Sie Menschen in den Sozialdienst pressen, obwohl Sie doch genau wissen, daß der Sozialdienst ein höchst professioneller Bereich ist, den nicht irgend jemand machen soll und kann. Auf die Freiwilligkeit und auf die Ehrenamtlichkeit – wer es machen will, wer es sich leisten kann, soll es tun – darf der Sozialbereich nicht aufgebaut werden.

Meine Damen und Herren! Sie alle, vor allem Sie, Herr Fasslabend, müssen jetzt ganz schnell Gespräche mit den Vertretern der Länder führen, denn es werden die Länder sein, die die freiwilligen Zivildiener brauchen. Es werden die Länder sein, die das Geld brauchen werden, damit sie freiwillige Zivildiener zu einem lukrativen Gehalt bekommen. Aber diese Diskussion wollen Sie anscheinend nicht führen, weil Sie, wie ich schon gesagt habe, anstelle des Bundesheeres die Zwangsverpflichtung zum Sozialdienst einführen wollen.

Sagen Sie das den Menschen, denn diese Verantwortungslosigkeit, die Sie hier vom Zaun brechen wollen, ist in einer Gesellschaft, wie wir sie in Österreich haben, unhaltbar und mit einer Sozialpolitik, wie wir sie in Österreich bräuchten, unvereinbar. Behinderte Menschen, alte Menschen und Menschen, die auf Zivildiener und Zivildiensteinrichtungen angewiesen sind, sind kein Spielball und keine Spielwiese der Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Es muß professionelle Hilfe angeboten werden, und es geht nicht an, daß Menschen in den Sozialdienst gepreßt werden. Das ist die falsche Politik, die abzulehnen ist. Dazu gibt es keine Diskussion von uns, denn wir lassen uns nicht mit zwangsverordneten Personen im Sozialbereich über Wasser halten. Das geht ganz einfach nicht. (Beifall bei den Grünen.)

10.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Ich erkläre daher die Aktuelle Stunde für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: Zurückziehung: 6557/J.

2. Anfragebeantwortungen: 5916/AB bis 5949/AB.

Austauschseite zur Anfragebeantwortung: Zu 5929/AB.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 58 betreffend "Alkoholisierte Lenker gefährden uns alle", überreicht von dem Abgeordneten Johann Kurzbauer.

Bürgerinitiative Nr. 25 betreffend Entwurf eines Betriebsanlagengesetzes.

2. Zuweisungen dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Budgetausschuß:

Antrag 1174/A (E) der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Entschädigung der Gemeinden für den Entfall der Getränkesteuer,

Antrag 1175/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 und die Bundesabgabenordnung geändert werden,

Antrag 1177/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 und die Bundesabgabenordnung geändert werden;

Gesundheitsausschuß:

Antrag 1176/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Errichtung einer Schutzzone um das Ambulatorium für Schwangerenhilfe;

Verfassungsausschuß:

Gesetzesantrag der Bundesräte Jürgen Weiss und Genossen vom 24. Juni 1999 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1978 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Bericht des Bundesministers für Inneres zur Entschließung des Nationalrates E 177-NR/XX. GP vom 10. Mai 1999 betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O. (III-199 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die Abgeordneten Öllinger und Genossen das Verlangen gestellt haben, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 6564/J des Abgeordneten Öllinger an den Herrn Bundeskanzler betreffend "Euroteam" dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß Herr Abgeordneter Dr. Graf beantragt hat, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 252/A der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend Novellierung des Bankwesengesetzes eine Frist bis zum 14. Juli 1999 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das von fünf Abgeordneten nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Da soeben die Behandlung einer Dringlichen Anfrage bekanntgegeben wurde, wird die Kurzdebatte im Anschluß an die Dringliche Anfrage stattfinden und dann sogleich auch die Abstimmung vorgenommen werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Tagesordnung selbst liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 4, 5 bis 7, 8 bis 13, 17 und 18, 20 bis 23 sowie 24 und 25 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann wird das Präsidium so vorgehen.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der heutigen Debatten wie folgt erzielt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 10 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 150 Minuten, ÖVP 140 Minuten, Freiheitliche 130 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 90 Minuten. Über diesen Vorschlag hat der Nationalrat zu befinden.

Ich frage daher, ob es Einwendungen gegen diesen Vorschlag gibt? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einhellig so beschlossen.

1. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes für ein atomfreies Österreich (2026 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt mir nicht vor. Wir gehen daher gleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka, der den Wunsch geäußert hat, die Uhr auf 8 Minuten zu stellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.27

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Präsident! Österreich ist im Zusammenhang mit dem Umgang mit Atomenergie ein internationales Vorbild, weil wir – lassen Sie es mich salopp formulieren – ausgestiegen sind, bevor wir eingestiegen sind.

Es gibt in Österreich keine problematische Verwendung von Atomenergie: weder zur Erzeugung von elektrischer Energie noch im Bereich des Transportes. Es gibt ein vorbildliches internationales Haftungsgesetz und darüber hinaus auch im Strafgesetzbuch ein Verbot von Massenvernichtungswaffen und damit auch von Atomwaffen.

Dies ist aber ein Vorbild auf einfachgesetzlicher Ebene, und wir haben daher seit Jahren versucht, ein Atomsperrgesetz auf verfassungsrechtlicher Ebene zustande zu bringen, welches das Ziel hat, ein Verbot von Atomkraftwerken im Verfassungsrecht zu verankern und darüber hinaus auch die Stationierung von Atomwaffen in Österreich zu untersagen.

Meine Damen und Herren! Wir sind am Artikel 1 dieses Gesetzes, das wir heute beschließen, gescheitert, und zwar deswegen, weil unser Koalitionspartner nicht bereit war, für eineinhalb, zwei Jahre mit aller Deutlichkeit zu sagen, daß es in Österreich keine Stationierung von Atomwaffen geben soll. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Aber, Herr Klubobmann! Jessas na!) Ich habe vor vier Wochen dazu aufgefordert, meine Damen und Herren, daß es ein Umdenken bei der Österreichischen Volkspartei geben sollte, und das ist nun zustande gekommen.

Die Motivation, warum eine Änderung der eigenen Haltung stattfindet, ist gleichgültig. Ob es die Angst vor dem Wähler oder der Respekt und die Achtung vor dem Wähler ist, ist gleichgültig. Wir werden heute ein derartiges Gesetz beschließen, das am Beginn und in der Mitte der Legislaturperiode nicht beschlossen werden konnte. (Abg. Mag. Schweitzer: Trotz ÖVP!)

Es ist ein einzigartiges Gesetz in Europa, das deutlich macht, daß Österreich mit einer problematischen Verwendung der Atomkraft in keiner Weise einverstanden ist und daß wir einen ersten Schritt in Richtung einer atomwaffenfreien Zone in einer problematischen Atomzone in Europa setzen.

Meine Damen und Herren! Für uns ist dieser Artikel 1 jenes Gesetzes, dem Sie alle heute zustimmen werden, kein flüchtiger Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung. Es ist nichts, das man zum Zeitpunkt der Beschlußfassung bereits in den Tabernakel der Geschichte zur Neutralität stellt, sondern ein integrierender Bestandteil unserer Rechtsordnung, auf die wir sehr genau achten werden und deren Wahrung die Sozialdemokratie in diesem Zusammenhang garantieren wird.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich über dieses Gesetz, denn es ist ein vorbildliches Gesetz. Ich darf insbesondere Andreas "Paulus" Khol sehr herzlich dafür danken. Es hat eine wundersame Änderung in der politischen Position gegeben, und in diesem Zusammenhang ist ein Vergleich mit Saulus, der zum Paulus wurde, angebracht. (Abg. Mag. Schweitzer: Ja richtig!) Aber ich gebe gleich in diesem Zusammenhang zu, daß ist nicht alles ein Vergleich ist, was hinkt, und zwar deswegen, weil zwar Saulus vom fanatischen Gegner des Christentums zu einem glühenden Verfechter wurde, aber eines kann man Saulus und dem späteren Paulus nicht vorwerfen: daß er jemals behauptet hätte, er sei der Erfinder des Christentums gewesen – etwas, was bei Andreas "Paulus" Khol nicht so ganz stimmt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Tichy-Schreder: Lesen Sie jetzt die Bibel auch?)

Meine Damen und Herren! Sehen wir das aber ein bißchen großzügig. Lassen Sie mich bei Lukas nachschlagen und lassen Sie mich sagen, daß im Himmel und auch im Nationalrat über ein verlorenes Schaf, das zur Herde zurückfindet, mehr Freude herrscht als über 182 Gerechte. Ich darf Sie, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, im Kreise der Atomgegner begrüßen. Ich darf Sie aber nur darauf aufmerksam machen: Das endet nicht am 3. Oktober, sondern dann fängt es erst an. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Höchtl: Sie als Bibel-Fachmann? – Eine Neuigkeit in dieser Periode!)

10.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.32

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß wir heute ein Gesetz über das atomwaffen- und kernkraftfreie Österreich beschließen. Wenn aus diesem Grund mein Kollege Kostelka Zuflucht zur Bibel nimmt, so ist das ein wünschenswerter und schöner Nebenerfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war ein langer Weg, meine Damen und Herren, bis zum heutigen Tag, an dem wir dieses Verfassungsgesetz einhellig – so nehme ich an – beschließen werden. Und dabei sind viele Saulusse zu Paulussen geworden, um dabei zu bleiben. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer noch?) 1978 gab es eine Volksabstimmung über Zwentendorf. Da liefen die Fronten ganz anders. Da waren die Sozialdemokraten die Saulusse, die Österreich vehement mit einem Atomkraftwerk beglücken wollten, und ich glaube auch –, um ein anderes, nicht so biblisches, aber doch auch religiöses Sprichwort zu verwenden –, diese Volksabstimmung hat gezeigt, daß Gott auch auf krummen Zeilen gerade schreibt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Koppler: Die ÖVP Oberösterreich! – Abg. Marizzi: Die ÖVP Niederösterreich! – Allgemeine Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Ich war damals ein vehementer Anhänger der friedlichen Kernkraftnutzung, so wie viele in meiner Partei, aber wir alle haben gegen Zwentendorf gestimmt. Warum? – Weil Kreisky damals gesagt hat: Wer für Zwentendorf ist, ist für mich! Ich erinnere mich, gemeinsam mit dem Präsidenten der Industriellenvereinigung am Flughafen gewählt zu haben, und beide haben wir gesagt: Wir sind zwar eigentlich für die Kernkraft, aber Kreisky können wir nicht wählen! (Beifall bei der ÖVP.) Mit 30 000 Stimmen ist damals die richtige Entscheidung getroffen worden, daß Kernkraftwerke für Österreich nicht notwendig sind.

Die Österreichische Gewerkschaft, die Gewerkschaft, der ich angehöre, der ÖGB (Abg. Wabl: Khol hat immer schon Sachpolitik vor Personalpolitik gestellt! Dafür war er bekannt!), hat 1980 noch ein Volksbegehren initiiert, das von 422 000 Österreicherinnen und Österreichern unterschrieben wurde. Dieses Volksbegehren, das vom damaligen sozialistischen Bundeskanzler und sozialistischen Vizekanzler unterstützt wurde, war ein Volksbegehren dahin gehend, daß man endlich das Kernkraftwerk Zwentendorf aufsperren möge. Auch dieses Volksbegehren ist zum Glück ohne Erfolg geblieben. Ich bin froh, daß wir heute endgültig im Verfassungsrang Österreich kernkraftwerkfrei gestalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist die Wahrheit!)

Wie schaut das mit den Atomwaffen aus? – Ich bin froh, daß seit dem Ende des Kalten Krieges zwei Drittel der in Europa stationierten Atomwaffen abgebaut wurden, und ich hoffe, daß wir es noch erleben, daß es in der Welt keine Atomwaffen mehr gibt. Das muß unser Ziel sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir dürfen allerdings eines auf der österreichischen Insel der Seligen nicht vergessen: Es hat einen Beschluß des Kommunismus unter Breschnjew gegeben, in Europa 500 SS-20-Atomraketen zu stationieren. Dagegen hat es den berühmten NATO-Doppelbeschluß gegeben, der vom sozialdemokratischen Bundeskanzler in Deutschland, Helmut Schmidt, gegen den Willen seiner Partei und gegen viele Sozialdemokraten getragen wurde. Der NATO-Doppelbeschluß hat folgendermaßen gelautet: Wenn die Russen die Atomwaffen in Europa stationieren, dann wird die NATO gleich viele Atomwaffen dagegen stationieren. Die Folge war, daß die russischen Raketen nicht stationiert wurden. Es wurden auch die amerikanischen, die Pershing, nicht stationiert. Dieses Durchtragen des Westens als Zeichen, daß er nicht vor dem Kommunismus, vor dem Marxismus kapituliert, Herr Kollege Kostelka, war der Anfang vom Ende der Ära Breschnjew, und das sollten wir nicht übersehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Ich habe gedacht, Sie wollen ernsthaft sein!)

Meine Damen und Herren! Österreich war atomwaffenfrei, Österreich ist atomwaffenfrei, Österreich wird atomwaffenfrei sein. Seit Tschernobyl, seit dem Kernkraftreaktorunfall in Tschernobyl ist es im übrigen in der Welt verbreitete Meinung, daß niemand den Einsatz einer Atomwaffe verantworten kann. Die Schäden, die eine Atomwaffe der Zivilbevölkerung zufügen würde, sind nicht verantwortbar. Tschernobyl hat gezeigt, daß alle theoretischen Spielereien damit unverantwortlich sind. Ich glaube, der österreichische Nationalrat soll heute durch seinen Beschluß zeigen, daß die Zukunft in der ganzen Welt atomwaffenfrei ist. (Beifall bei der ÖVP.)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Er hat das Wort.

10.38

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Minister! Reden wir nicht weiter über Saulusse und Paulusse, sondern reden wir über die Rolle des "Khol-Kopfes" in dieser Debatte.

Herr Klubobmann! Es war doch, wenn man die Zeitungen in den letzten Wochen gelesen hat, folgendes äußerst erstaunlich: Zum Beispiel war der "Kronen Zeitung" zu entnehmen, daß es der "Khol-Kopf" war, der jetzt diesen großen Sprung in der Anti-AKW-Haltung Österreichs ausgelöst hat. Khol und Kopf haben es zustande gebracht, daß nach mehr als zwei Jahren – genau nach zwei Jahren und drei Tagen – dieser Beschluß zustande kommt, und es war vor allem Frau Kollegin Pollet-Kammerlander, die sich so lange gewehrt hat, daß dieses Bundesverfassungsgesetz in der Form, wie es heute vorliegt, beschlossen wird. War es so, Herr Kollege Khol? – Haben Sie zwei Jahre lang Kollegin Kammerlander zureden müssen, daß es zu dieser Fünfparteieneinigung kommt? War es tatsächlich so, wie Sie es über die Zeitungen die Österreicher wissen lassen? – Diese Khol-Kopf-Mentalität, die von Ihnen in dieser Frage ausgeht, ist schändlich, Herr Klubobmann! Das möchte ich Ihnen einmal klar und deutlich sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist schändlich, sich etwas auf die Fahnen heften zu wollen, obwohl Sie in Wahrheit monatelang, um nicht zu sagen jahrelang genau das Gegenteil von dem getan haben, wessen Sie sich jetzt in den Zeitungen berühmen. Sie haben versucht, das Ganze so lange wie möglich hinauszuzögern. Das ist die Wahrheit in dieser Frage, Herr Kollege Khol und Herr Kollege Kopf! Das muß hier einmal klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

Nur angesichts der herannahenden Wahlen haben Sie sich offensichtlich doch zu einer anderen Haltung bereit gefunden und unterstützen jetzt diesen Fünfparteienantrag. So schaut es doch tatsächlich aus! Khol-Kopf und Januskopf sind die Kennzeichen der ÖVP in dieser Frage der Anti-AKW-Politik in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben offensichtlich spät, aber doch erkannt, daß es im Interesse der österreichischen Bevölkerung und vor allem der Wille der österreichischen Bevölkerung ist, daß es in Österreich eine absolut atomfreie Zone gibt. Aber Sie haben sehr lang dazu gebraucht. Das hat sich auch bei der Vorbereitung der Exkursion des Umweltausschusses nach Prag gezeigt, worüber dann noch zu reden sein wird.

Offensichtlich ist es immer nur der Wahltermin, der Sie zu einem Umdenken bewegt. Gerade die Vorgeschichte zum zweiten Antrag, der heute auch beschlossen wird, der von Ihnen beiden in Ihren Beiträgen nicht erwähnt wurde, zeigt, daß die ÖVP in der Anti-Atomhaltung in den letzten Wochen einiges gelernt hat, denn noch die Vorbereitung war dadurch gekennzeichnet, daß Sie eine ganz weiche Haltung in das Kommuniqué hineinbringen wollten, das wir schließlich in Prag vorgelegt haben, Herr Klubobmann Khol!

Da verhält sich die SPÖ schon wesentlich geschickter, wenn es darum geht, den Österreichern zu suggerieren, daß sie die Anti-AKW-Partei ist. Bundeskanzler Mag. Klima und Frau Bundesministerin Mag. Prammer schaffen es immer wieder, gute Anti-Atomschlagzeilen gemeinsam mit Greenpeace und Global 2000 zu produzieren. Damit steht zumindest – das muß ich Ihnen zugestehen, Frau Ministerin – in Österreich der Eindruck, daß Sie in Sachen Anti-Atompolitik etwas tun – allerdings nur innerösterreichisch und allerdings nur bei jenen, die sich oberflächlich informieren. Bei jenen, die sich oberflächlich informieren, ist dieser Eindruck leider Gottes zu Unrecht entstanden, Frau Ministerin. Ich werde Ihnen den Nachweis anhand des Fünfparteienantrages vom 10. Juli 1997 erbringen, den Sie so gut kennen, auf den wir alle so stolz waren.

Wie schaut denn die Bilanz der Bemühungen aus, all das umzusetzen, was in diesem Fünfparteienantrag steht, Frau Bundesministerin? – Da geht es zum Beispiel um die Bewußtseinsbildung und Aufklärung auf internationaler Ebene. Im Antrag steht: "Die Vertreter der Bundesregierung werden ersucht, in allen entsprechenden EU-Gremien sowie in den Finanzierungs- und Forschungsinstitutionen auf internationaler Ebene im Sinne der ablehnenden Haltung Österreichs zur Kernenergie zu handeln."

Frau Bundesminister! Es wird Zeit, daß Sie uns aufklären, wie es um die Finanzierung von Chmelnitzky und Rovno steht. Wie ist denn die österreichische Position auf EU-Ebene? – Ich konnte den deutschen Medien entnehmen, daß Kanzler Schröder und Umweltminister Trittin beim Kiew-Besuch in Teufels Küche geraten sind. Wie ist dazu die österreichische Position? Was haben Sie bis jetzt getan, um diese Finanzierung von Chmelnitzky und Rovno zu verhindern? – Das möchte ich hier und heute von Ihnen wissen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Im Antrag steht – ich zitiere –: "Die Bundesregierung wird ersucht, sich in allen einschlägigen Gremien der EU für eine substantielle Reduktion des Euratom-Rahmenprogramms, insbesondere im Bereich der Entwicklung neuer Reaktorbaulinien, und eine gleichzeitige entsprechende Erhöhung der Mittel für die nichtnukleare Energieforschung einzusetzen."

Frau Bundesminister! Wie schaut der Tätigkeitsbericht aus? – Da kann ich nur von der ÖVP berichten, daß sie es immer wieder geschafft hat, vor allem im EU-Parlament immer wieder geschafft hat, erfolgreich zu verhindern, daß der EURATOM-Vertrag im Inhalt verändert wird. Das ist Ihnen bis heute leider Gottes gelungen. Das muß man auch klar und deutlich festhalten, wenn man zu diesem Thema spricht.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Frau Bundesminister! Wie schaut es denn mit den Aktivitäten zur Reduktion bestehender und zur Vermeidung zusätzlicher grenznaher kerntechnischer Anlagen aus? Wie sieht es tatsächlich aus? Wo haben Sie bis jetzt Ihre Position im Ausland klar und deutlich gemacht? Wo waren Sie denn bis jetzt? Bei welchen Bundesregierungen haben Sie vorgesprochen, und welches Ergebnis haben Sie mit nach Hause gebracht?

Als wir vom Umweltausschuß in Prag waren, konnten wir feststellen, daß die österreichische Position in Sachen Temelin – so wie Sie es uns hier immer erklären wollen, daß das bekannt sei – dort überhaupt nicht bekannt war, Frau Bundesminister! Weder beim Umweltausschuß noch im Umweltministerium ist von dem, was Sie uns hier Glauben machen wollen, etwas bekannt. Es war der Besuch des Umweltausschusses, der dazu beigetragen hat, daß die österreichische Position zum ersten Mal im Ausland klar und deutlich aufgezeigt wurde und daß über diese österreichische Position von den Medien in Tschechien auch zum ersten Mal klar und deutlich berichtet wurde.

Es war wirklich lustig anzumerken, daß sich Herr Zeman zum ersten Mal zu Wort gemeldet und die tschechische Bevölkerung in der Form beruhigt hat, daß er gesagt hat: Das ist nur die Meinung von einzelnen Parlamentariern, das hat doch nichts mit der Meinung der österreichischen Bundesregierung zu tun!

Frau Minister! Sie sollten schon darüber nachdenken, wie es möglich ist, daß ein Herr Zeman in der Öffentlichkeit so etwas behauptet, wenn Sie hier sagen, Sie hätten schon soviel Vorarbeit geleistet. Wie schauen diese Vorarbeiten aus? – Nennen Sie die Termine und nennen Sie die Ergebnisse der Gespräche, die Sie in Prag, in Preßburg, in Sofia, in Bukarest, in Kiew geführt haben! Wo waren Sie tatsächlich? – Kommen Sie heute hier heraus und sagen Sie, wann Sie wo waren und welches Ergebnis Sie erzielt haben! Ich glaube, Sie werden Ihre Ausführungen in der Frage sehr kurz halten müssen, Frau Bundesminister! Ich bin überzeugt davon. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter dem Strich bleibt festzuhalten – da bedanke ich mich bei allen Kollegen und bei allen Fraktionen –, daß es dem Umweltausschuß vorbehalten war, zum ersten Mal über die Position Österreichs zu sprechen. (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.) Natürlich, und es war eine Initiative, die von Oberösterreich ausgegangen ist, das soll man hier auch sagen. (Zwischenruf der Abg. Rauch-Kallat.) – Von der ÖVP – das ist das Perverse – nicht, sondern von allen im Oberösterreichischen Landtag vertretenen Parteien. Frau Kollegin Kallat! Würden Sie hier die Haltung des Kollegen Pühringer vertreten, dann wäre Österreich schon wesentlich weiter. Aber das ist das Problem der Volkspartei: in den Ländern hü und hier auf Bundesebene hott. Das ist Ihr Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das führt zu dieser Unglaubwürdigkeit, die Sie, Frau Kollegin Kallat, samt Ihrer ÖVP so auszeichnet, die diese Khol-Köpfigkeit zustande gebracht hat, diese Janusköpfigkeit schlußendlich produziert hat, wie es heute zutage tritt.

Aber es ist nicht nur in AKW-Fragen so. Denken wir doch an die Getränkesteuer! Dort schaffen wir sie ab, da behalten wir sie bei. Die Haltung der ÖVP ist immer die gleiche. Sie reden so, wie es den Zuhörern gerade gefällt. Linie ist keine zu erkennen, auch in der Anti-AKW-Politik der ÖVP ist keine Linie zu erkennen. Das ist einmal mehr klar und deutlich zutage getreten. Von dem, was die SPÖ tut, nämlich hier groß reden und dann im Ausland keine Handlungen setzen, ist auch kein Erfolg zu erwarten.

Es bleibt den Parlamentariern vorbehalten, hier die wesentlichen Schritte zu setzen und die Weichenstellungen vorzunehmen. Deshalb, liebe Kollegen aus allen Parteien, wird es nicht genügen, wenn wir die Bundesregierung immer wieder höflich ersuchen, das eine oder andere zu tun. Wir vom Parlament sind in der Lage, die Bundesregierung zu verpflichten; und wenn wir sie verpflichten, die AKW-Linie entsprechend zu vertreten, dann werden wir Fortschritte erreichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Er hat das Wort.

10.48

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich habe die Anti-Atompolitik in Österreich und die österreichische Position immer für eine Erfolgsgeschichte gehalten. Heute muß ich zur Kenntnis nehmen, daß es offenbar eher ein glückliches Ergebnis war, daß Österreich eine Anti-Atompolitik vertritt. Mein Eindruck ist, daß sich das in der aktuellen Politik auf internationaler Ebene auch so widerspiegelt.

Denn heute von Herrn Klubobmann Abgeordneten Khol erfahren zu müssen, daß mehr die politisch-persönliche Abneigung gegen den damaligen Bundeskanzler ausschlaggebend war, gegen die Inbetriebnahme des AKWs Zwentendorf zu stimmen, ist doch etwas von historischem Gehalt. Denn an dieser Stelle ist es bisher nach meinem Wissen noch nie so ausdrücklich gesagt geworden. (Abg. Rauch-Kallat: Das haben aber alle Zeitungen geschrieben!) – Die Zeitungen schreiben viel. Wenn es um Frauenpolitik geht, Frau Abgeordnete, wenn wir dem Bundeskanzler vorhalten, er hätte hier nichts umgesetzt und er hätte es in den Zeitungen versprochen, dann sagt er: Das steht in den Zeitungen, das habe ich nie gesagt!

Interessant ist, daß die Politik, die insbesondere auch von der ÖVP betrieben wird, offenbar schon zwischen der nationalen Ebene und der internationalen Ebene gespalten ist. Das läßt mich für die Zukunft auch nichts Positives hoffen, zumindest aber muß es wohl immer wieder die Bemühung in diesem Hause geben, daß Sie zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen.

Denn wenn Sie sich jetzt jenen Antrag ansehen, der heute hier beschlossen werden soll – er wird auch mit den Stimmen der Liberalen beschlossen werden –, dann sehen Sie, das ist ein Antrag, der in Wahrheit auch dem Status quo der österreichischen Politik, der innerstaatlichen Politik entspricht. Ich wundere mich, daß man hergeht und im § 2 des Gesetzesvorschlages zwar erwähnt, daß die Energiegewinnung durch Kernspaltung, so wie sie im Atomsperrgesetz ohnehin schon auf einfachgesetzlicher Ebene steht, in Zukunft aufrecht bleiben soll, aber daß es uns von liberaler Seite seit Jahren nicht gelungen ist, auch die Kernfusion in diesem Bereich hineinzunehmen. Es war nicht möglich, insbesondere von der ÖVP zu erreichen, daß man zustimmt, daß die Kernfusion ebenfalls keine Variante der Energiegewinnung ist. Das ist etwas, was offenbar auf internationaler Ebene, auch von der ÖVP, augenzwinkernd anders gesagt wird, als es in Österreich getan wird.

Die SPÖ, verhaftet in ihrem Koalitionsbestreben und ihren Koalitionsversprechungen, ist nicht in der Lage, dieses so essentielle Merkmal, das eine konsequente Anti-Atompolitik in Österreich ausmachen würde, einzufordern und zu sagen: Okay, dann lassen wir doch eine Mehrheitsentscheidung in diesem Hause zu und schauen, ob nicht nur die Kernspaltung, sondern auch die Kernfusion hineingenommen werden kann. – Daher, meine Damen und Herren, ist festzuhalten: Hier ist offenbar noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten.

Am 13. November 1996 galt es auf europäischer Ebene im Europäischen Parlament einen Antrag abzustimmen, der besagt hat, Veränderung des EURATOM-Vertrages – eines Gründungsvertrages der Europäischen Union – dahin gehend, daß es keinen weiteren Ausbau der Kernkraft gibt und in Wahrheit alle Institutionen zu Sicherungsinstitutionen umfunktioniert werden. Dieser Antrag ist mit den Stimmen und nur mit den Stimmen der ÖVP-EU-Abgeordneten niedergestimmt worden.

In der Folge hat man behauptet, das sei ein Irrtum gewesen. Ich will es gerne glauben, mich wundert nur, warum dann bis heute kein weiterer Vorstoß von der jetzt mittlerweile größten Fraktion im Europäischen Parlament – nämlich den Konservativen – gemacht worden ist, um den Euratom-Vertrag dahin gehend zu ändern. Das ist bisher nicht getan worden, und man hat eine historische Chance versäumt. Das, meine Damen und Herren, kennzeichnet auch in hohem Maße die Anti-AKW-Politik, die von der österreichischen Bundesregierung gemacht wird: Man versäumt immer wieder historische Chancen.

Da, Frau Bundesminister, muß man festhalten, daß nicht nur die Änderung des Euratom-Vertrages eine solche versäumte historische Chance ist. Es hat auch mich gewundert, als wir mit einer Delegation des Umweltausschusses in Tschechien waren, daß zumindest bei den Parlamentariern die Position Österreichs nicht klar gewesen ist. Es stimmt, was hier von Abgeordnetem Schweitzer ausgeführt worden ist, nämlich daß erst die österreichische Delegation des Umweltausschusses offenbar in jener Konsequenz die Position klarlegen konnte – zumindest vor dem Parlament –, wie Sie es immer behauptet haben, in Tschechien ohnehin getan zu haben. Es ist sogar soweit gegangen, daß der Vorsitzende des tschechischen Umweltausschusses gesagt hat, er wolle doch das Originalpapier sehen und nicht nur die Übersetzung unseres mitgebrachten Kommuniqués, weil manches an Härte in der Formulierung enthalten ist, was er bisher nicht gekannt hat.

Hier möchte ich insbesondere davor warnen, meine Damen und Herren, daß sich die Bundesregierung in Zukunft so quasi dieses Themas schämt, daß man sich international so vorkommt, als würde man irgend etwas ganz Eigentümliches verlangen, und auf der anderen Seite nicht konsequent vorantreibt, daß beispielsweise alle Kosten, die mit der Nutzung der Atomkraft verbunden sind, in Zukunft auch etwa in einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie eingefordert werden. Denn wahr ist doch, daß, wenn man alle Kosten der Atomkraftnutzung – vom Beginn an, vom Bau bis über das Abwracken von Atomkraftwerken und bis hin zur Endlagerung der Brennstäbe – einrechnen würde, niemand in diesem Europa Atomkraftwerke bauen würde.

Daher müssen wir sehen, daß der Aufbau etwa der mächtigen Kernindustrie in Frankreich auch eine militärische Komponente hat. Gerade Herr Abgeordneter Khol hat dazu heute gesagt, in bezug auf die Produktion von Atomwaffen müßten wir eine Änderung herbeiführen, und zwar weltweit. – Angesichts dessen müßte man gerade in der Europäischen Union eine solche Änderung herbeiführen, und hier kann die österreichische Regierung vorbauend etwas bewirken.

Dazu, meine Damen und Herren, wird es aber gerade von den Regierungsfraktionen notwendig sein, daß sie auf internationaler Ebene nicht zwei verschiedene Positionen vertreten, daß sie diese Position mit jener Konsequenz, mit der sie offenbar in Österreich, weil es der Wunsch der Bevölkerung ist, eine Anti-AKW-Politik vertreten, auch auf internationaler Ebene vertreten, und dann werden wir um entscheidende Schritte weiterkommen. Wenn Sie weiterhin so zaghaft sind, wie Sie das bisher waren, dann läßt das nichts Gutes ahnen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Kammerlander. Redezeit: 20 Minuten. – Bitte.

10.54

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Es gibt in Atomfragen so etwas wie einen nationalen Konsens, das habe ich in all den Jahren schon auch mitbekommen, aber er hat sich in den letzten Jahren immer mehr und immer ausschließlicher auf die Frage der Kernenergie und eigentlich nur in einem engeren Sinne auf die Gewinnung von Energie, auf die Energieerzeugung beschränkt und andere Fragen der Kernenergie und der Energieerzeugung außer acht gelassen. – Das war der eine Aspekt dieses nationalen Konsenses.

Der andere Aspekt war, daß man sich vor allem von den großen Parteien ständig darauf berufen hat: Wir haben ein Atomsperrgesetz, und damit ist genug getan.

Ich bin auch froh – ich möchte mich auch bei allen hier bedanken –, daß es gelungen ist, nach einer sehr langen, mühsamen Arbeit und nach einem langen, mühsamen Weg zu diesem Verfassungsgesetz zu kommen. Ich halte das für einen wesentlichen Fortschritt, daß wir einerseits ein Verfassungsgesetz haben und daß andererseits dieses Verfassungsgesetz ein umfassendes Gesetz ist, das nicht nur Anlagen der Energiegewinnung einschließt, sondern vor allem auf die Frage der Atomwaffen, der Stationierung der Atomwaffen, des Transports der Atomwaffen und der Infrastruktur eingeht, die sonst für diese Atomwaffen notwendig wäre. – Das ist erfreulich.

Es trübt natürlich die Freude – das hat mein Vorredner auch gesagt –, im nachhinein und 20 Jahre später noch einmal so richtig mitzubekommen, was damals die Motivation war, warum es zu diesem Nein zu Zwentendorf gekommen ist, aber es wirft auf der anderen Seite meiner Meinung nach ein charakteristisches Licht auf die Umstände, wie in Österreich offensichtlich Sachentscheidungen zustande kommen.

Wie dem auch sei, ein wesentlicher Schritt und eine wesentliche Ausgangsposition war sicher 1978 die Volksabstimmung über Zwentendorf. Andere wesentliche Ereignisse für diesen Meinungsumschwung – auch das wurde bereits erwähnt – waren sicher die folgenden Unfälle sowohl in Harrisburg als auch in Tschernobyl.

Daß es heute gelungen ist – nach zwei oder vier Jahren Diskussion in diesem Hause –, auch Atomwaffen in einer umfassenden Art und Weise in ein Atomsperrgesetz einzubeziehen, ist höchst erfreulich, und das ist für mich zumindest – das wurde auch schon von einem der Vorredner gesagt – so etwas wie ein persönlicher Erfolg, denn für uns als Grüne war einer der Schwerpunkte und der Akzente in der Außenpolitik die Frage der Atomwaffen, die Frage der Haltung Österreichs in diesem Bereich einer atomwaffenfreien Welt. Wir haben Anträge eingebracht, wir haben Briefe an den Bundeskanzler, an den Vorgänger des Bundeskanzlers, an den Außenminister geschrieben, und es ist erfreulich, daß es zu diesem Konsens gekommen ist.

Aber es gibt natürlich einige Wermutstropfen, und ich möchte sie auch aufzählen. Es gibt den Wermutstropfen, daß die Kernfusion in diesem Gesetz nicht enthalten ist. Es gibt den Wermutstropfen, daß die Frage der Atommüllager nicht ausreichend genau definiert und geklärt ist. Es gibt auch den Wermutstropfen, daß die Frage der Transporte zwar auf der einen Seite sehr klar geregelt ist und daß die völkerrechtlichen Einschränkungen internationale Verträge, aber keine sicherheitspolitische Option implizieren, was lange Zeit auch im Raum gestanden ist, daß aber genau diese Frage der internationalen Verträge in der nächsten Zeit meiner Meinung nach einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen ist, nämlich was denn unter "internationale Verträge" alles hineinfällt und welche Art von Transporten durch Österreich gehen.

Was heißt das meiner Meinung nach, wenn ich sage, es gebe einige Wermutstropfen? – Das heißt – das sei vor allem an die ÖVP und SPÖ gerichtet –: Sie können sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen! – Das schien mir in Ihren Reden ein bißchen durchzuklingen: Ach, wie sind wir doch gut, was haben wir doch alles in diesen Fragen in all den 20 Jahren gemacht! Jetzt haben wir ein Atomverfassungsgesetz, und damit haben wir dem Ganzen die Krönung aufgesetzt! – Das wäre völlig falsch und verfehlt! Sie können sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern es gilt, dieses Gesetz immer wieder nachzujustieren, es gilt, sich genau diese Bereiche in den nächsten Jahren anzuschauen und entsprechende Novellierungen und Adaptierungen an die konkrete Situation durchzuführen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber es gibt noch eines, was ich Ihnen auf den Weg mitgeben möchte, auch für die nächste Legislaturperiode: Es kann nicht genug damit sein, daß Herr Klubobmann Kostelka meint: Wir haben einen einzigartigen Weg beschritten, wir haben eine atomfreie Zone in Österreich. – Damit kann es nicht genug sein, und damit kann man sich nicht begnügen, denn es geht nicht nur und ausschließlich um eine atomwaffenfreie und atomfreie Zone in Österreich, sondern es geht vor allem auch um eine atomfreie Zone in Europa, und das in Schritten, von denen ich schätze, daß die atomwaffenfreie Zone die realistischere und in absehbarer, kürzerer Zeit realisierbare ist als die atomkraftwerksfreie Zone in Europa. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Wenn wir diese Einschätzung teilen, dann gilt es meiner Meinung nach, alle Bemühungen in diese Richtung zu setzen, denn es gibt in Europa eine Reihe von Ländern, eine große Anzahl von Ländern, die zwar keine Atomwaffen, aber sehr wohl Atomkraftwerke haben. Wenn wir Schritt für Schritt in diese Richtung setzen und uns vornehmen, daß wir zunächst eine atomwaffenfreie Zone als Ziel anpeilen und damit im Zusammenhang zu einer atomfreien Zone kommen wollen, dann ist das, ausgehend von diesem nationalen Konsens in Österreich, der richtige Weg und die richtige Bemühung. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich zum Schluß noch folgendes sagen: Ich habe diese Frage der atomfreien Zone und des Atomverfassungsgesetzes nicht im engeren Sinn nur als eine Frage der Verfassung Österreichs gesehen, auch nicht nur als eine Frage der Umweltpolitik, ich habe sie vor allem auch als eine Frage der Außenpolitik und als eine Frage der internationalen Beziehungen gesehen, als eine Frage, wie sehr sich Österreich auf internationaler Ebene, in internationalen Gremien in Fragen der Außenpolitik positioniert und einbringt.

Dazu noch einmal ein Appell an die Abgeordneten in zweierlei Richtungen: erstens ein Appell in die Richtung, von diesem Weg nicht abzugehen. Herr Abgeordneter Kollege Khol! Sie unterstützen das zwar einerseits in Ihren Worten durchaus, aber gleichzeitig lassen Sie in der Erläuterung zur Entstehung, wie es dazu gekommen ist, ein bißchen durchklingen, daß Sie der atomaren Abschreckungsdoktrin der NATO eigentlich schon etwas abgewinnen können, weil diese doch immerhin damals verhindert hat, daß die russischen Atomwaffen stationiert werden konnten. Das mag vielleicht für damals gerechtfertigt gewesen sein, aber es kann nicht für heute und es kann nicht für die Zukunft gerechtfertigt sein. (Abg. Dr. Khol: Richtig! Deswegen habe ich gesagt, daß Atomwaffen niemand mehr einsetzen darf!) Daher gilt es, alle Bemühungen in dieser Richtung zu setzen, und zwar auf allen Ebenen.

Für mich ist das eine interessante Frage der Außenpolitik auch deshalb, weil das eines der wenigen Gebiete ist, auf dem Abgeordnete sich in Fragen der Außenpolitik einbringen können, auf dem Abgeordnete durchaus gestaltend, bestimmend und mitbestimmend wirken können.

Ich freue mich – ich möchte das nicht verhehlen – darüber, daß es im Herbst einen Beschluß der Vereinten Nationen über eine umfassende Agenda für eine atomwaffenfreie Welt gegeben hat, in der ein ganz klares Aufgabenpaket formuliert ist. Österreich hat damals für diese Agenda gestimmt. Ich habe damals Zweifel daran gehabt – und dies in meinen Äußerungen gegenüber den Medien auch durchklingen lassen –, daß wir es schaffen werden, von dieser internationalen Beteiligung, von diesem internationalen Engagement ausgehend auch tatsächlich zu einem Atomverfassungsgesetz zu kommen.

Herr Kollege Khol! Aus welchen Motiven auch immer es gelungen sein mag, daß wir nun doch dazu gekommen sind, es ist sehr erfreulich. Ich bedanke mich noch einmal dafür und betrachte es auch ein bißchen als persönlichen Erfolg meiner jahrelangen Bemühungen auf dieser Ebene. (Zustimmende Geste des Abg. Dr. Khol.) – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Khol.)

11.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

11.04

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Man lernt wirklich nicht aus in diesem Hohen Haus! (Abg. Dr. Spindelegger: Lebenslanges Lernen!) Hätten wir gewußt, Herr Kollege Khol, daß Ihre so defensive Haltung, Ihr Fuß auf der Bremse von dem nachhaltig wirkenden Respekt vor dem vor vielen Jahren verstorbenen Bundeskanzler Dr. Kreisky beeinflußt war, dann hätten wir Ihnen wirklich helfen können! (Lebhafte Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer.) Aber Sie haben das ja nie zum Ausdruck gebracht. Erst heute haben wir erfahren, warum Sie den Fuß so schwer auf der Bremse hatten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Schweitzer.) Ich bin wirklich froh darüber, daß es Ihnen gelungen ist, sich von diesem Respekt zu lösen und den so lange von uns allen eingeforderten Weg gemeinsam mit uns zu gehen.

Meine Damen und Herren! Wir haben das Thema Anti-Atompolitik in diesem Haus so oft diskutiert, daß ich, wie ich meine, nicht besonders erwähnen muß, daß die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität für den Nationalrat und auch für die Bundesregierung hat. Es freut mich, daß der Sicherheit der grenznahen Atomkraftwerke dabei ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt wird. Ich möchte die Anträge, die wir – alle fünf Parteien – hier gemeinsam dazu beschlossen haben, nicht gesondert erwähnen.

In dem Entschließungsantrag, den wir heute mit beschließen werden, ist auch – für mich erfreulicherweise; das war ein Beschluß im Umweltausschuß – der bereits gefaßte Entschließungsantrag zum Atomhaftungsregime nochmals ausdrücklich erwähnt.

Ebenfalls in diesem Entschließungsantrag angesprochen wird der Besuch der Delegation des Umweltausschusses in Prag. Ich war leider nicht dabei, aber ich habe den Berichten jener, die den Besuch mitgemacht haben, entnommen, daß unsere tschechischen Nachbarn in erster Linie wirtschaftliche Argumente gelten lassen und daß ihnen vor allem eines nicht gefällt: in Oberlehrermanier belehrt und zurechtgewiesen zu werden.

Kollege Karl Schweitzer! Du hast die Frau Bundesministerin kritisiert. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe sie nicht kritisiert! Ich habe nur gesagt, was sie getan hat!) Ich möchte dich schon daran erinnern, daß die Grundlage für diesen Besuch der bereits fast fertige Aktionsplan war, den die Bundesregierung am 6. Juli erfreulicherweise im Ministerrat beschlossen hat. Darin haben wir genug eindeutige Aussagen gefunden, die uns in Prag in die Lage versetzt haben, eine klare, unmißverständliche Haltung einzunehmen. (Abg. Mag. Schweitzer: Stimmt! Aber das muß sie auch dort einmal sagen!) – Okay!

Meine Damen und Herren! Wenn Sie den Entschließungsantrag ansehen, dann werden Sie darin einige wirklich entscheidende Punkte finden. Es wird darin etwa das Thema nukleare Sicherheit ausgeführt. Ich habe leider nicht genug Zeit, um im Detail darauf einzugehen. Es wird auch die Euratom-Initiative angesprochen, und ich hoffe so wie du, Kollege Schweitzer, daß auch die Abgeordneten der ÖVP im Europäischen Parlament diese unsere Linie endlich einmal mittragen und nicht wie vor einigen Jahren umfallen, womit sie damals eine sehr knappe Entscheidung leider Gottes negativ beeinflußt haben.

Es wird weiters das Wettbewerbs- und Beihilfenrecht angesprochen und entsprechend ausgeführt. Wir gehen in diesem Entschließungsantrag auch auf den Elektrizitätsbinnenmarkt und auf die Umweltverträglichkeitsprüfung ein. All das sind Faktoren, die bei den künftigen Beitrittsverhandlungen zu beachten sein werden.

Meine Damen und Herren! Wir von der sozialdemokratischen Fraktion begrüßen den Aktionsplan der Bundesregierung. Er ist Inhalt unseres Entschließungsantrages, und es freut mich, daß wir diesen Entschließungsantrag heute mit den Stimmen aller Fraktionen in diesem Hohen Haus beschließen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.09

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Lassen Sie mich am Anfang ganz kurz sagen, daß ich es schon bedaure, daß – das betrifft Sie, Herr Abgeordneter Schweitzer – die kommende Wahlkampfzeit offensichtlich dazu führt, daß auch in diesem Haus mit persönlichen Diffamierungen vorgegangen wird. Das Wort "Kohlköpfigkeit" sollte, wie ich meine, in diesem Haus nichts zu suchen haben, weil es dabei um die persönliche Integrität und Würde von Menschen geht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Wieso? Ich habe von Khol und Kopf gesprochen! Zwei Namen von Abgeordneten! Khol und Kopf!) Ich bedaure sehr, daß die kommende Wahlkampfzeit offensichtlich dazu führt, daß die Parteien dieses Hauses das vergessen.

Lassen Sie mich aber zum eigentlichen Thema kommen. Ich denke, mir kann hier in diesem Haus wirklich niemand die Rolle des Saulus zuteilen, denn ich habe schon 1978 – und zwar aus voller Überzeugung und nicht wegen Kreisky – gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf gestimmt. Ich habe auch in den darauffolgenden Jahren immer wieder bewiesen – manchmal sogar unter Inkaufnahme von großen Schwierigkeiten –, daß ich gegen die Nutzung der Kernenergie eintrete, und zwar sowohl im eigenen Land als auch in unseren Nachbarländern, in Europa und weltweit.

Ich habe nicht nur darüber geredet, sondern ich habe auch viele Jahre lang daran gearbeitet. Am intensivsten geschah dies in meiner Zeit als Umweltministerin, als es darum ging, den Kampf gegen Mochovce aufzunehmen, und als in den letzten Monaten meiner Amtszeit ein Großteil meiner Zeit auch in der EBRD für das Lobbying gegen dieses Kernkraftwerk verwendet wurde. Letztendlich wurde dem diesbezüglichen Kreditantrag auch nicht stattgegeben.

Lassen Sie mich aber die Behauptungen des Klubobmannes Kostelka und die Behauptungen des Klubobmannes – nein, nicht Klubobmann, aber es kann ja vielleicht noch werden –, des Umweltsprechers Schweitzer von der FPÖ ganz kurz mit Tatsachen ad absurdum führen. Ich meine damit zum Beispiel die Behauptung, die ÖVP wolle sich ein Hintertürchen für einen NATO-Beitritt offenhalten.

Sie können es nachlesen, Herr Abgeordneter Schweitzer. Es gibt einen ÖVP-Parteivorstandsbeschluß vom 14. Juli 1997, in dem sich die Österreichische Volkspartei im Vorfeld des Optionenberichtes klar für einen NATO-Beitritt ausspricht und in dem explizit festgehalten ist, Herr Abgeordneter, daß eine Stationierung von Atomwaffen auf österreichischem Territorium nicht vorzusehen ist und daß das auch unabdingbar zu verhandeln ist. Hier können wir schwarz auf weiß aus der Vergangenheit beweisen, daß die Behauptungen der SPÖ und der FPÖ schlicht und einfach nicht stimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich weiß schon, daß es den Klubobmann der SPÖ, Herrn Dr. Kostelka, schmerzt, daß die Strategien aus dem "War Room" der SPÖ-Spin-Doktoren, mit unwahren Behauptungen – um nicht zu sagen Lügen – den Koalitionspartner anzupatzen, sich nun in Luft aufgelöst haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist nicht angenehm, und ich verstehe schon, daß man da um sich schlägt, aber ich meine, meine Damen und Herren – und jetzt wird es wieder ernst –, daß die Anti-Atompolitik ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das war sehr ernst, aber ich kann die Ideen der SPÖ-Spin-Doktoren leider oder Gott sei Dank nicht ernst nehmen, denn sonst würde es schmerzen.

Lassen Sie mich hier festhalten, daß die Anti-Atompolitik Österreichs und der Konsens, den es in diesem Haus sowohl auf Regierungs- als auch auf Parteienebene gibt, viel zu wichtig und zu ernst ist, um zu versuchen, daraus in kleinkarierter Weise parteipolitisches Kapital zu schlagen.

Meine Damen und Herren! Wir haben in der Anti-Atompolitik genug zu tun. Die Frau Minister ist aufgefordert, auch gegen die Kernkraftwerke Temelin und Mochovce ... (Zwischenruf des Abg. Schwemlein.) – Doch, natürlich, sie hat sich ja auch dazu bekannt, daß sie es tun will. Wir erwarten nun die Taten, und ich freue mich, wenn sie dabei Erfolg hat, weil das ein Erfolg für dieses Land ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich meine daher, diese Sache ist zu wichtig, um daraus in kleinkarierter Weise parteipolitisches Kapital zu schlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Mag. Prammer. – Bitte.

11.14

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe es zwar schon sehr, sehr oft in diesem Hohen Haus gesagt, aber ich möchte es gerne wiederholen, daß es in Österreich seit vielen Jahren doch weitgehend eine gemeinsame Politik gibt, die sich eindeutig gegen jegliche Form der Nutzung der Kernenergie ausspricht. Es gibt diese gemeinsame Politik, und es gilt, diese gemeinsame Politik auch fortzusetzen. Das ist nämlich der österreichische Weg, und das war es auch, was uns bisher in vielen sehr schwierigen Fällen stark gemacht hat.

Niemand, absolut niemand, der politische Verantwortung trägt, darf sich dabei ausnehmen: keine Person, keine Partei, kein Nationalrat, keine Bundesregierung, kein Landtag und keine Landesregierung. Wir können hier nur gemeinsam arbeiten – jeder an der Stelle, an der er steht – und unsere Politik danach ausrichten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Schweitzer! Ich habe mehrmals auch hier im Hohen Haus gesagt, wie sehr es mich freut, daß der Umweltausschuß nach Tschechien fährt, weil es notwendig ist, daß Parlamentarier mit Parlamentariern reden, weil das ausgestanden ist, Herr Abgeordneter Schweitzer. Ich war oft genug in Prag, und umgekehrt waren auch die Prager Kollegen, die tschechischen Kollegen bei mir, um auf Regierungsebene Gespräche zu führen. Ich habe es tatsächlich für höchst an der Zeit gefunden, daß gerade auch die Parlamentarier die Gespräche darüber aufnehmen, und ich denke, es war tatsächlich Ihre Aufgabe, mit dem Gegenüber in Kontakt zu treten und diese Kontakte zu intensivieren.

Wir haben, was Temelin betrifft, in der nächsten Zeit sehr viel zu tun, und zwar nicht nur ich. Der Aktionsplan zeigt das auch ganz deutlich. Würde das meine Aufgabe alleine sein, dann würden viele unsere Anti-Atomlinie nicht verstehen. Ich meine, daß es wirklich einen Auftrag an alle geben muß, damit wir zu dem Ergebnis zu kommen, das wir uns erwarten: auf der einen Seite zu einem atomkraftfreien Europa und auf der anderen Seite zu diesem Bundesverfassungsgesetz. Darum ist es so wichtig, daß das heute hier beschlossen werden soll.

Meine Damen und Herren! Die Liste dessen, was vor uns liegt, ist lang. Ich setze aber in Sachen Euratom-Vertrag tatsächlich auch auf die österreichische Initiative auf europäischer Ebene. Ich habe allerdings auch mit großer Freude gehört, daß die neue belgische Regierung ebenfalls einen zwar wahrscheinlich auch langfristigen, aber doch klaren Ausstieg aus der Kernkraft plant. Die Liste jener Länder, die sehen, daß es in diesem Bereich keine Zukunft gibt, wird immer länger, und diese Chance müssen wir nützen, um zu Veränderungen zu kommen. Ich behaupte, vor wenigen Jahren wäre das aufgrund der Einstellung gerade auch vieler Regierungen noch nicht möglich gewesen.

Meine Damen und Herren! Die Frage der Slowakei ist eine, die in der nächsten Zeit besonders intensiv werden wird. Es muß eine sehr harte und klare Dokumentation darüber geben, was Österreich als Positionen vertritt. Gleichzeitig möchte ich auch dazusagen, Herr Abgeordneter Schweitzer: Österreich ist das einzige Land, das gegen den Kredit für K2/R4 in der Ukraine ist, und zwar dezidiert. Der Finanzminister hat nur diese und keine andere Position jemals vertreten.

Wir haben auch sehr stark – der Finanzminister und zum Teil auch Kollege Bartenstein – bei unserem europäischen Gegenüber immer wieder dafür geworben, sich diese Position zu überlegen. Wenn man sich heute die deutsche Diskussion ansieht, dann sieht man, daß gerade dieses kritische Hinterfragen immer wieder auf fruchtbaren Boden fällt. Wir alle wissen nicht, wie diese Entscheidung ausgeht, aber Österreich ist aktiv, Österreich war aktiv und wird es auch in Zukunft bleiben, meine Damen und Herren – gerade auch in dieser Frage. (Beifall bei der SPÖ.)

Umgekehrt müssen wir uns natürlich auch viele Fragen darüber stellen, wie wir denn tatsächlich zum Beispiel der Ukraine entgegenkommen werden, welche Perspektiven es zum Beispiel gerade für die Ukraine geben kann. Auch das soll uns nicht kalt lassen, sondern es muß von europäischer Ebene und von österreichischer Ebene aus versucht werden, Konzepte zu liefern. Daher steht ja auch in diesem Aktionsplan der Bundesregierung, der ja bald auch Ihr Aktionsplan sein wird, daß wir Partnerschaften, gerade auch Energiepartnerschaften mit vielen Ländern eingehen werden und sollen. All das muß nicht immer sehr groß sein. Ich denke, es geht sehr oft auch darum, kleine Initiativen und wesentliche Initialzündungen zustande zu bringen.

Meine Damen und Herren! Dieser Weg hinaus aus der Kernkraft ist ein sehr zäher, sehr mühsamer Weg, aber ich bin überzeugt davon, daß er der richtige, der einzig richtige Weg ist. Und wenn wir uns den Gesinnungswandel so mancher Staaten in Europa anschauen, dann wissen wir auch, daß wir richtig gehandelt haben, daß wir all jene Staaten, die ebenfalls auf diesem Weg sind, unterstützen müssen und dort auch unsere weiteren Schwerpunkte zu setzen haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir wissen, daß 1978 die Entscheidung gegen Zwentendorf – aus welchen Gründen auch immer; ich will das hier nicht näher erläutern – gefallen ist. Das war eine Absage an die Nutzung der Kernenergie, eine Absage, sie zur Energiegewinnung einzusetzen.

Seither hat sich die Linie einer offiziellen österreichischen Anti-Atompolitik entwickelt, die letztlich von allen Parteien vertreten wird. Wenn man die Bürger fragt, so zeigt sich ihrerseits der Eindruck, das Empfinden, daß sich Regierungsparteien und gleichermaßen Oppositionsparteien in dieser Anti-Atomhaltung einig sind. Es zeigt sich ein sehr einfaches Bild: ein Nein zur Kernenergie, ein Nein zur Kernkraft – ein Empfinden, das nach Tschernobyl nur allzu verständlich ist.

Doch gestatten Sie mir eine etwas differenziertere Betrachtungsweise, Bezug nehmend einerseits auf die Anti-Atompolitik im Lande – wie sie dem Bürger vermittelt wird – und zum anderen auf die Anti-Atompolitik, die gegenüber Nachbarländern, gegenüber anderen Staaten vertreten wird. Lassen Sie mich hier Mochovce, Bohunice und das aktuelle Thema Temelin nennen.

Zu Mochovce: Es war seit Jahren eine freiheitliche Forderung, daß Beitrittsverhandlungen mit den Slowaken nur dann zu erfolgen hätten, wenn sich die Slowaken definitiv dazu bereit erklären, Mochovce nicht in Betrieb zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir alle wissen, was geschehen ist: Bundeskanzler Klima hat sich mehr oder weniger darauf beschränkt, diplomatisch freundschaftliche Plauderei mit seinem Amtskollegen Mečiar zu betreiben. Wir kennen auch den Erfolg, nämlich daß Mochovce ans Netz gegangen ist und daß Bohunice, eines der gefährlichsten Kraftwerke in direkter Nähe zu Österreich, im Abtausch mit Mochovce nicht geschlossen wurde. Das also war der "Erfolg".

Nun zu Temelin und zur Vorgangsweise gegenüber der tschechischen Regierung, die hier im Hause – wie auch anderswo – sehr oft kontroversiell diskutiert wurde. Die freiheitliche Position war auch in diesem Fall eine glasklare und eindeutige (Beifall bei den Freiheitlichen): Beitrittsverhandlungen nur dann, wenn es ein klares Nein zur Fertigstellung und zur Inbetriebnahme von Temelin gibt und wenn die Tschechen bereit sind, auf Temelin zu verzichten – ein Junktim!

Die Freiheitlichen sind mit dieser ihrer Forderung hier im Hause allein geblieben. Sie haben uns einiges ausgerichtet wegen dieser unserer Forderung, aber heute, Frau Bundesminister, haben wir eine Quasijunktimierung, nämlich daß ein Beitritt nur dann zustande kommt, wenn eine internationale Sicherheitsprüfung erfolgt und diese positiv abgeschlossen wird. Sonst müßte Tschechien auf den Beitritt verzichten beziehungsweise soll es keine Verhandlungen geben.

Es ist auch festzustellen, daß seitens der SPÖ im Laufe der Zeit ein Sinneswandel vonstatten gegangen ist. Wenn man sich Ihre Aussagen anschaut, Frau Bundesministerin Prammer, ist dieser Sinneswandel in der SPÖ, wie ich meine, sehr gut nachvollziehbar.

Sie haben zum Beispiel in bezug auf Mochovce noch davon gesprochen, daß letztlich erst die Inbetriebnahme eine Beurteilung der Sicherheit dieses Kraftwerkes ermöglichen würde. Das heißt, Sie haben noch aufgefordert: Nehmt dieses Kernkraftwerk in Betrieb! Erst dann könne man eine sicherheitstechnische Beurteilung durchführen. Das war meiner Ansicht nach – um es so auszudrücken – unüberlegt.

Frau Bundesministerin! Sie haben im Zusammenhang mit Temelin davon gesprochen, daß man in dieser Frage nicht mit erhobenem Zeigefinger auf die tschechische Regierung zugehen könne. Das war noch am 10. März dieses Jahres. Sie haben auch geäußert: Wir wollen uns nicht mit dem Atomausstieg belasten. Der Atomausstieg ist kein Thema. Es soll nicht so sein, daß wir immer mit dem erhobenen Zeigefinger argumentieren.

Heute, Frau Bundesministerin, klingt es Gott sei Dank etwas anders. Heute stehen wir bei dieser Quasijunktimierung. Wir können Ihnen in dieser Ihrer Haltung folgen und Sie dabei auch unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rolle der ÖVP aber, die mein Kollege Schweitzer bereits angesprochen hat, ist mehr als hinterfragenswürdig. Die ÖVP ist es – und das müssen Sie sich immer wieder sagen lassen –, die es verhindert hat, daß der Inhalt der Euratom-Vertrages geändert wurde. Allein die ÖVP trägt hierfür die Verantwortung!

Lassen Sie mich, da die Bibel heute schon einige Male strapaziert worden ist, auch sagen, daß das Bibelzitat: "Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" in Ihrem Fall mit Sicherheit nicht zutrifft. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Aber auf Sie!) Ich möchte Ihnen auch sagen, warum, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP. Es kann nicht so sein, daß eine ehemalige ÖVP-Umweltministerin nichts weiß, nämlich Marilies Flemming, die für Sie im Europäischen Parlament sitzt, oder die "Stimme Österreichs", wie sie sich plakatieren ließ. Sie hat nicht die Stimme für die Österreicherinnen und Österreicher erhoben, als es darum ging, den EURATOM-Vertrag inhaltlich zu ändern. Sie wurden dabei unterstützt von Rübig, von Habsburg und Co. Sie wußten, was Sie damals taten, und Sie wissen es.

Das Ganze ist sicherlich im Zusammenhang damit zu verstehen, daß Sie gewissen Zwängen unterliegen, nämlich jenen der EVP, der Europäischen Volkspartei, und nicht die Interessen der Österreicher in entsprechendem Maße vertreten können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe einen Wunsch, nämlich daß der nationale Konsens zur Anti-Atompolitik, der mit der heutigen Beschlußfassung durch – wie zu erwarten ist – alle fünf Parteien entsprechend dokumentiert werden soll, mit Inhalten gefüllt wird, sodaß die politische Linie, die innerhalb unseres Landes, innerhalb Österreichs vertreten wird, durch Inhalte auch gegenüber den Nachbarstaaten sowie auf internationaler Ebene bestätigt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.27

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Heute soll nicht nur Weihrauch aufsteigen, heute soll nicht nur das Pathos die Diskussion bestimmen, heute soll auch nicht die Metapher aus dem Gemüsegarten die Debatte prägen, heute soll nicht die Kritik über das Kleinkarierte dominieren, sondern durch diesen heutigen Beschluß – Verfassungsrang für ein atomfreies Österreich – soll meines Erachtens einerseits ein Schlußstein und andererseits ein neuer Baustein für die österreichische Atompolitik gesetzt werden, plaziert werden, denn diese Atompolitik muß sicherlich weiter vorangetrieben werden.

Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um festzuhalten, daß es 21 Jahre brauchte, daß es 21 Jahre bedurfte, bis der Wille des österreichischen Volkes, der Wille der Bevölkerung hier auch verfassungsmäßig Früchte getragen hat, sodaß wirklich dezidiert das atomfreie Österreich im Verfassungsrang verankert ist. 21 Jahre bedurfte es, und viele Schritte waren dafür notwendig. Vor allem eines war notwendig: immer wieder grünes Drängen, grüne Anträge, grüne Debatten im Plenum und im Ausschuß, immer wieder Vorstöße von seiten der Umweltschutzorganisationen und auch seitens der Grünen hier im Parlament.

Ich glaube, ohne diese drängende Rolle stünden wir heute nicht hier, und ohne diese drängende Rolle hätte es auch nicht dieses Saulus-Paulus-Erlebnis gegeben. Ich möchte mich aber für diesen Ruck, den sich die ÖVP immerhin gegeben hat, auch abschließend noch einmal bedanken.

Aber ich möchte auch die Frage stellen: Warum haben wir bei diesem Verfassungsgesetz insgesamt nicht wirklich Nägel mit perfekten Köpfen gemacht? Warum haben wir darauf verzichtet, das Verbot der Kernfusion festzuhalten? Warum haben wir auch darauf verzichtet, die Lagerung und Konditionierung von ausländischem Atommüll zu verbieten? Warum haben wir drittens darauf verzichtet, Atomtransit generell zu verbieten? – Das sind Mängel, die auch an diesem Verfassungsgesetz haften.

Weiters frage ich mich vor allem, warum es am Ende dieser Regierungsperiode hier erstmals zu einer Art Rollentausch gekommen ist – Kollege Ellmauer wird später einen auf einem Fünfparteienbeschluß beruhenden Antrag einbringen –, warum die Regierung die Vorgabe gibt und das Parlament sich auf die Rolle der Akklamation, sozusagen auf die Rolle des dankbaren Begutachters und des dankbaren Nachvollziehers zurückzieht. Das ist für mich auch die Frage.

An sich ist es immer Aufgabe der Abgeordneten, der Volksvertretung gewesen, die Dinge voranzutreiben und die Latte zu legen. Wir haben die Latte auch gelegt. Es gibt viele Fünfparteienbeschlüsse, die über das hinausgingen, was die Regierung danach vollzogen hat. Aber heute, am Ende einer Periode, soll es mehr oder weniger ein Beschluß sein, der nur das sanktioniert und akklamiert, was die Regierung – teilweise sehr oberflächlich und teilweise auch sehr floskelhaft – bereits beschlossen hat.

Ich frage mich wirklich, ob es nicht einen anderen Weg geben könnte, und ich möchte diesen anderen Weg auch vorzeichnen. Ich möchte dabei die Qualität der Atompolitik der Abgeordneten voranstellen und deshalb bei dieser Gelegenheit einen Entschließungsantrag mit zwei Punkten einbringen. Dieser Entschließungsantrag präzisiert das allgemein Festgestellte, das dann Herr Kollege Ellmauer präsentieren wird, mit den zwei folgenden Punkten:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Konkretisierung des Anti-Atom-Aktionsplanes der Bundesregierung

1. Die Bundesregierung wird ersucht, im Sinne des "Aktionsplanes für die weitere österreichische Anti-Atom-Politik im europäischen Zusammenhang", insbesondere auf Basis der Formulierung, wonach neben Ignalina, Bohunice und Kosloduj auch jene Reaktoren "neuerer Bauart, die sich in Betrieb oder im Bau befinden, Anlaß zur Sorge" geben, Gespräche über konkrete Schließungspläne für die grenznahen Kraftwerke Temelin, Dukovany, Mochovce, Páks, Krško, Ohu/Isar, Gundremmingen, Mühleberg und Beznau bilateral sowie auf EU-Ebene zu führen beziehungsweise entsprechende Verhandlungen über Atom-Ausstiegskonzepte zu initiieren.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, zur Stärkung der österreichischen Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Vorreiterrolle in Sachen europäischer Atomausstieg rechtzeitig zur Jahrtausendwende den Grundstein für ein interdisziplinäres Forschungsinstitut "Atomausstieg" mit Sitz in Wien zu legen.

*****

Bitte, wir brauchen die Vorantreiberrolle! Wir brauchen die Schrittmacherrolle, und wir wollen sie heute wieder übernehmen. Wir wollen das nicht der Regierung überlassen. Wir sehen uns als Vertreter der Bevölkerung, die über Zwentendorf sehr weitblickend entschieden hat. Deshalb möchten wir dies heute konkretisieren und wirklich Nägel mit Köpfen machen. Ich muß leider sagen, daß ich das an diesem Verfassungsgesetz etwas vermisse. (Beifall bei den Grünen.)

Da möchte ich noch einmal kurz auf Sie replizieren, Frau Ministerin. Sie haben sehr wohl herausgestrichen, daß es auch Aufgabe des Umweltausschusses in Prag war (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), die Position der Abgeordneten darzulegen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Mag. Prammer.) Ja, sicherlich, aber wir hätten uns erwartet, daß wir nicht teilweise auf Unkenntnis oder Ahnungslosigkeit, sondern auf vorbereitete Verhandlungspartner stoßen, die aufgrund der Reisen der Regierungsmitglieder die österreichische Position zumindest in groben Zügen schon kennen.

Sie können sicherlich argumentieren, daß Sie nicht mit dem Vorsitzenden des Umweltausschusses, sondern mit Ihrem Ministerkollegen gesprochen haben. Das nehme ich Ihnen durchaus ab, aber es hätte sich auch durchsprechen können und müssen. Ich denke – um den Konsens voranzustellen –, es ist immer wieder notwendig, beide Schritte zu unternehmen, sowohl die Regierungsschritte als auch parallel dazu die Aktionen und Initiativen von seiten der Abgeordneten.

Ich hoffe, daß unser Prag-Besuch im Herbst einen Gegenbesuch in Wien zur Folge haben wird, in dessen Verlauf wir die österreichische Position vor allem der Abgeordneten in Sachen Temelin und in Sachen Baustopp noch einmal deutlich vermitteln können. Das Wort "Baustopp" fehlt uns auch in dem Antrag, den Herr Kollege Ellmauer später präsentieren wird. Das aber ist für uns ein ganz wesentlicher Schlußstein auch in einer Zwischenbilanz, die am Ende dieser Gesetzgebungsperiode in Sachen Atompolitik gesetzt werden muß.

Noch einmal: Wir haben es geschafft, den Verfassungsrang zu erreichen. Wir haben es noch nicht geschafft – das ist eine große Aufgabe für die nächsten vier oder acht Jahre –, die grenznahen AKW mit Schließungsplänen und mit Baustopps zu versehen. Das ist die wirkliche Aufgabe, mit der wir in den Herbst gehen und mit der wir sicherlich noch in viele, viele EU-Verhandlungsrunden zu gehen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Moser! Sie haben einen Entschließungsantrag betreffend Konkretisierung des Anti-Atom-Aktionsplans der Bundesregierung vorgelegt. Dieser ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Sie haben einen zweiten Entschließungsantrag überreicht. Diesen haben Sie allerdings nicht vorgetragen. Er betrifft die Verringerung von Atomstromimporten und wurde nicht vorgetragen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ich habe in meiner Begeisterung vergessen, den Antrag einzubringen!) Bitte? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Darf ich es nachtragen?) Ja, bitte, aber schnell.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Entschuldigen Sie, in meiner Begeisterung habe ich auf den zweiten Bereich vergessen. Frau Kollegin, Sie werden es mir sozusagen aus kollegialen Gründen gestatten, hier einen Beschluß und ein Anliegen zu deponieren, das vor allem eines aller Landtagsabgeordneten in Oberösterreich, auch der ÖVP-Landtagsabgeordneten, ist.

Es handelt sich um die Verringerung von Atomstromimport:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Verringerung von Atomstromimporten

Die Bundesregierung wird aufgefordert:

die Möglichkeiten einer Untersagung von Stromimporten aus Drittländern bei einer Bedrohung der Konkurrenzchancen heimischer erneuerbarer Energieträger, die Artikel 13 des Bundes-ElWOG bietet, effizient zu nutzen,

entsprechende Importanträge und Importgenehmigungen analog zur Regelung im oberösterreichischen ElWOG offenzulegen,

sich innerhalb der EU zu engagieren, um die Genehmigungspflicht für Stromimporte auch auf EU-Staaten auszudehnen, sowie

Vorstöße innerhalb der EU auf Einführung realer Preise inklusive Entsorgungskosten – etwa durch Einführung einer europäischen Entsorgungsabgabe – durchzuführen.

*****

(Beifall bei den Grünen.)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt ist auch dieser Antrag verlesen worden und damit die Geschäftsordnungskonformität gegeben. Er steht mit zur Verhandlung.

Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung vorliegen. Sie stammt von Herrn Abgeordneten Ellmauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.37

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit sich am 5. Oktober 1978 das österreichische Volk gegen die Nutzung der Atomkraft ausgesprochen hat, verfolgt die österreichische Bundesregierung eine Anti-Atompolitik. Diese besteht nicht nur in dem eigenen Verzicht auf friedliche Nutzung der Kernkraft für Zwecke der Energiegewinnung, sondern wirkt allgemein darauf hin, risikoreichen Umgang mit spaltbarem Material zu verhindern und auch andere Staaten dazu zu bewegen, auf die Nutzung der Atomkraft zu verzichten. Selbstverständlicher Bestandteil dieser Anti-Atompolitik ist ein atomwaffenfreies Österreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Zweck dieses Gesetzes liegt darin, daß Österreich frei sein soll von jenen Gefahren, die Atomkraft in sich birgt. Dieses Bundesverfassungsgesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt in einer ganzen Reihe von Aktivitäten, die Österreich in Richtung Anti-Atompolitik bereits gesetzt hat. Ich möchte mich bei der Bundesregierung, insbesondere bei Umweltminister Bartenstein und Außenminister Dr. Schüssel, dafür bedanken, daß sie auf europäischer Ebene vehement gegen Temelin und Mochovce aufgetreten sind und diese Themen erst auf europäische Ebene gehoben haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wichtig wird es sein, die legistischen Maßnahmen, die wir heute beschließen, auch in unserer konkreten Politik umzusetzen und laufend Maßnahmen zu setzen, die dem gerecht werden.

Lobend erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang das Bundesland Oberösterreich. Oberösterreich hat als einziges Bundesland einen eigenen Beauftragten für grenznahe Atomkraftwerke. Aufgrund unserer gemeinsamen Initiative und Aufklärungsarbeit auf allen Ebenen ist es gelungen, die Bewußtseinsbildung nicht nur bei uns im Inland, sondern auch im angrenzenden Ausland – vor allem in Tschechien – zu heben. Wir müssen dies in Zukunft noch verstärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Es liegt nunmehr auch eine Studie über die Entwicklung des Stromverbrauchs in der Tschechischen Republik vor, die beweist, daß Temelin für die Energieversorgung Tschechiens nicht notwendig ist. Es gibt wesentlich kostengünstigere und umweltfreundlichere Alternativen. Auch andere Expertenmeinungen belegen, daß Temelin ein energiepolitischer Unsinn ist. Sogar der oberste tschechische Atomlobbyist, Industrieminister Gregr, gab zu, daß Tschechien zurzeit bereits 10 Prozent seines erzeugten Stromes nicht verkaufen kann und daß es mit der Inbetriebnahme von Temelin zu Kapazitätsüberschüssen von mehr als 1000 Megawatt kommen wird.

Am 23. Juni dieses Jahres sind wir im Rahmen einer Parlamentarierdelegation des Umweltausschusses, die aufgrund meiner Initiative zustande gekommen ist, nach Prag gereist und haben dort wieder einmal Gespräche mit Vertretern des tschechischen Parlaments und der tschechischen Regierung geführt. Dabei ist von österreichischer Seite klar zum Ausdruck gebracht worden, daß vor allem die Einhaltung von Sicherheitsstandards bei den Verhandlungen über den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union ein wichtiger Thememschwerpunkt sein wird.

Ich bin zwar gegen eine Junktimierung, Herr Kollege Schweitzer, wie dies die Freiheitliche Partei fordert, denn es ist keine international übliche Form der Gesprächskultur und ist auch in der Sache nicht zielführend. Wir haben aber unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß ein eventueller Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union von allen Parlamenten der 15 Mitgliedstaaten zu ratifizieren ist. Wir haben weiters klargestellt, daß kein Land der Europäischen Union beitreten kann, das die Sicherheitsstandards nicht einhält. Immerhin haben acht tschechische Minister im tschechischen Ministerrat gegen Temelin gestimmt, und dies zeigt, daß unsere intensive Überzeugungsarbeit Früchte getragen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch am 18. Juni 1999 die Bundesregierung ersucht, Grundbausteine für ein europäisches Atomhaftungsregime zu erstellen und innerhalb der Europäischen Union die Erarbeitung derartiger Richtlinien voranzutreiben. In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Oberhaidinger, Schweitzer, Gabriela Moser, Barmüller und Kollegen betreffend Umsetzung des Aktionsplanes für die weitere österreichische Anti-Atom-Politik im europäischen Zusammenhang

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat begrüßt den von der Bundesregierung vom 6. Juli 1999 verabschiedeten Aktionsplan zur Anti-Temelin-Politik und ersucht die Bundesregierung, diesen bilateral und auf europäischer Ebene zu vertreten und auf dessen Verwirklichung hinzuarbeiten.

*****

Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.42 

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Ellmauer soeben vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor, und ich schließe daher die Debatte. – Ich bitte die Plätze einzunehmen, denn wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2026 der Beilagen.

Dieser Gesetzesbeschluß hat Verfassungsrang und ist daher nach den in der Verfassung vorgesehenen qualifizierten Quoren zu behandeln.

Ich stelle daher als erstes fest, daß die von der Verfassung verlangte erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Nationalrates gegeben ist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Dieser Entwurf wurde einstimmig angenommen, und zwar bei Vorhandensein der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Wir kommen jetzt zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, der möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist einstimmig angenommen.

Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen, und zwar auch diesmal bei Vorhandensein der verfassungsmäßig vorgesehenen Zweidrittelmehrheit.

Wir stimmen jetzt ab über die eingebrachten Entschließungsanträge.

Zunächst stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Konkretisierung des Anti-Atom-Aktionsplans der Bundesregierung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist daher abgelehnt.

Wir stimmen als nächstes ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Verringerung von Atomstromimporten.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, der möge ein diesbezügliches Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Schließlich stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf, Oberhaidinger, Mag. Schweitzer, Mag. Barmüller, Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Umsetzung des Aktionsplans für die weitere österreichische Anti-Atompolitik im europäischen Zusammenhang.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen. (E 197.)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1613 der Beilagen): Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 –DSG) (2028 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird (2029 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1830 der Beilagen): Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundesstatistikgesetz 2000) (2027 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner in der Debatte Herrn Abgeordneten Dr. Krüger das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.46

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Drei Minuten für drei Gesetze, das ist nicht viel. Die Arbeitsweise der Koalition zwingt mich förmlich dazu, meinen Debattenbeitrag im Stakkatoton zu halten.

Zunächst einige Bemerkungen zum Datenschutzgesetz 2000: Dieses Gesetz ist zu befürworten, denn sein Inhalt ist positiv. Das Grundrecht auf Datenschutz ist in Verfassungsrang erhoben worden. Der Grundrechtskatalog wurde um das Grundrecht auf Datenschutz erweitert.

Es wird dazu eine Zustimmung meiner Fraktion geben – allerdings keine solche zum § 42, einer Gesetzesbestimmung, die die Zusammensetzung des Datenschutzrates regelt. Diese Gesetzesbestimmung ist – ähnlich wie beim Statistikrat, ähnlich wie bei der Radiokommission, ähnlich wie bei verschiedensten anderen Kommissionen – von einem Wagenburgdenken von ÖVP und SPÖ getragen, das darauf abzielt, Oppositionsparteien von der Willensbildung in diesen Körperschaften weitgehend auszuschließen. Zur Regelung über die Zusammensetzung des Datenschutzrates gibt es eine glatte Ablehnung von uns Freiheitlichen in der zweiten Lesung.

Zur Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes ist von meiner Seite zu sagen: Es ist sicher als sehr positiv zu werten, daß es im letzten Moment zu einer völligen Entschärfung gekommen ist. Wir sehen uns daher veranlaßt, diesem gemeinsamen Antrag beizutreten. Gott sei Dank ist es der Versicherungswirtschaft trotz deren notorisch bekanntem Naheverhältnis zu ÖVP und SPÖ nicht gelungen, einen großen Lauschangriff zu Lasten der Versicherungsnehmer und zu Lasten all jener, die aufgrund von Versicherungsfällen betroffen sind, durchzuführen. Das sind nämlich nicht nur unmittelbare Vertragsnehmer, sondern auch unbekannte Dritte, die in einen Versicherungsfall, beispielsweise durch einen Verkehrsunfall, verwickelt werden. Zu dieser Änderung gibt es eine Zustimmung aufgrund eines Allparteienantrages.

Zum Bundesstatistikgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ein paar Worte: Dazu gibt es eine Ablehnung von seiten meiner Partei, die insbesondere darin begründet ist, daß nunmehr eine bloße Umfirmierung des Statistischen Zentralamtes in eine Bundesanstalt "Statistik Österreich" stattfindet und da vor allen Dingen der rot-schwarze Postenschacher fröhliche Urständ feiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß es in Bereichen der österreichischen Wirtschaft oder sonstwo in Österreich – auch in den Bundesanstalten – noch nie vorgekommen ist, daß es für ein und dieselbe Bundesanstalt zwei Generaldirektoren geben soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie machen sich lächerlich, wenn Sie das hier beschließen: Für ein und dieselbe Anstalt nach rot-schwarzer Farbenlehre zwei Generaldirektoren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Für wie dumm wollen Sie denn die Öffentlichkeit verkaufen? Das ist unglaublich! Das ist ein rot-schwarzer Postenschacher, der Eitelkeit wird Genüge getan.

Was heißt denn da Generaldirektor? – Daß man generell der Vorsitzende eines Vorstandes ist und generell die Leitung innehat. Zur rot-schwarzen Farbenlehre hat seinerzeit schon Dr. Zilk gesagt: Sie ist wirklich zum Kotzen! Diesem Kotzen kann man sich eigentlich nur anschließen. (Abg. Parnigoni: Wenn es geht, nicht hier herinnen!) Das ist eine unglaubliche Zwangsbeglückung, die Sie den Österreichern damit bescheren, und ich danke Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ und von der ÖVP, daß Sie hier so eindrucksvoll den Beweis eines ungezügelten Postenschachers zum Nachteil der Steuerzahler erbracht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. Gewünschte Redezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.50

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Drei Gesetzentwürfe diskutieren wir jetzt. Der eine ist genauso wie die Gesetzentwürfe, über die wir vorhin abgestimmt haben, ein Gesetzentwurf, der weit in das nächste Jahrtausend weist und wozu es noch viele Novellierungen geben wird, denn die technologische Entwicklung, die neue Datenschutzverordnungen und Gesetze notwendig machen wird, können wir heute noch gar nicht voraussehen. Es ändert sich da die Grundlage und das, was geschützt werden soll, in einem Tempo, das uns alle etwas überrascht hat.

Folgenden Abänderungsantrag, der sich im Sinne des Datenschutzes mit den Rechten der Arbeitnehmer beschäftigt, möchte ich jetzt hier einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1613 d. B.): Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG) (2028 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs erwähnte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. § 9 Z 11 lautet:

"11. die Verwendung erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des Auftraggebers auf dem Gebiet des Arbeits- oder Dienstrechts Rechnung zu tragen, und sie nach besonderen Rechtsvorschriften zulässig ist, wobei die dem Betriebsrat nach dem Arbeitsverfassungsgesetz zustehenden Befugnisse im Hinblick auf die Datenverwendung unberührt bleiben, oder"

2. In § 37 wird der Ausdruck "(Verfassungsbestimmung)" nicht am Beginn des Absatzes 1, sondern vor dem ganzen Paragraphen, nach seiner Überschrift gesetzt.

3. In § 60 Abs. 1 wird das Zitat "§ 35 Abs. 1" durch das Zitat "§ 35 Abs. 2" ersetzt.

*****

Was das Versicherungsvertragsgesetz betrifft, so bin auch ich sehr froh darüber – ich habe mich schon im Ausschuß in diesem Sinne zu Wort gemeldet –, daß wir da eine positive Änderung herbeiführen konnten, die auf einem breiten Konsens basiert. Sie bringt auch eine Verbesserung in die richtige Richtung insofern, als die Daten dem Betroffenen gemeldet werden müssen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Auch dazu bringe ich jetzt einen Abänderungsantrag ein, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein, Dr. Krüger, Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird (2029 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. § 11a Abs. 2 Z 4 lautet:

4. zur Beurteilung und Erfüllung von Ansprüchen aus einem konkreten Versicherungsfall durch Auskünfte von untersuchenden oder behandelnden Ärzten, Krankenanstalten oder sonstigen Einrichtungen der Krankenversorgung oder Gesundheitsvorsorge über Diagnose sowie Art und Dauer der Behandlung, sofern der Betroffene dem ausdrücklich schriftlich zugestimmt und dies im Einzelfall nicht untersagt hat, oder"

2. § 11 Abs. 2 Z 5 lautet:

"5. durch Heranziehung sonstiger, dem Versicherer rechtmäßigerweise bekannt gewordener Daten; diese sind dem Betroffenen mitzuteilen; es steht ihm das Widerspruchsrecht gem. § 28 Datenschutzgesetz 2000 zu."

*****

Des weiteren steht noch das Bundesstatistikgesetz 2000 zur Debatte. Dabei geht es um eine Ausgliederung. Dieser stimmen wir zu. Ganz besonders möchte ich hervorheben, daß laut § 58 – im Gegensatz zu manchen Bestimmungen, wo das vergessen wird – auch für die Angestellten dieses nunmehr ausgegliederten Amtes das Bundesgleichbehandlungsgesetz für Frauen zu gelten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist eine gute Nachricht, und ich hoffe, daß auch in der nächsten Gesetzgebungsperiode ein Haftelmacher oder eine Haftelmacherin immer genau auf diese Dinge achten wird.

Meine Damen und Herren! Es ist diese meine letzte Parlamentswoche nach zwölf Jahren in diesem Hohen Haus – die Hälfte der Zeit war ich im Bundesrat, die andere Hälfte im Nationalrat –, und ich steige aus der Politik total aus. Freuen Sie sich aber nicht zu früh! August Strindberg hat einmal gesagt: Wenn Sie mich ärgern, dann sehen wir uns in meinem nächsten Buch wieder! – Das ist etwas, was ich vorhabe. (Abg. Dr. Krüger: Wieso schauen Sie denn da zur SPÖ?) Ich habe zuerst zu Ihnen geschaut, nur, Sie haben getratscht! (Heiterkeit. – Abg. Dr. Krüger: Ich freue mich schon über die positive Erwähnung!)

Ich möchte ein Hobby professionalisieren – ich hoffe mit Erfolg –, und zwar das Schreiben von Kriminalromanen. Raymond Chandler hat einmal über die dreißiger Jahre folgendes geschrieben: Über die Politik kann man nur mehr im Kriminalroman schreiben. – Ich hielt das zu Beginn meiner Tätigkeit für einen völligen Unsinn. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher! (Beifall bei der SPÖ. – Allgemeine Heiterkeit.)

Des weiteren möchte ich mich meiner wissenschaftlichen Tätigkeit weiterhin widmen. Ich übe eine wissenschaftliche Betreuung eines Frauenbeschäftigungsprojektes aus.

Bei all den Abschiedsinterviews wurde ich immer wieder gefragt: Was würden Sie denn einem jungen Abgeordneten beziehungsweise einer jungen Abgeordneten raten? – Meine Antwort lautete: drei Sachen.

Erstens – ein ganz persönlicher Rat –: Macht einen Schnelllesekurs! – Es wird einem sehr oft ein Riesenkonvolut von Papier hingelegt, und dann geht es einfach darum, das Ganze querzulesen. Zum Beispiel beim Thema "Frauen im Bundesheer" war es so. Man hat gedacht: Die vier Bände werden die Abgeordneten ohnehin nicht durchlesen! Da waren auch Dinge enthalten – wie beispielsweise die Verschärfung der Militärstrafen für die Präsenzdiener –, die mit der Frage "Frauen im Heer" überhaupt nichts zu tun gehabt haben. Es gelang mit Hilfe meines Klubs und mit der Unterstützung des SPÖ-Wehrsprechers, diesen Punkt schnell wieder zu entfernen. Aber da muß man querlesen können.

Mein zweiter Ratschlag lautete: Fürchtet euch nicht! (Heiterkeit. – Abg. Dr. Krüger: Das haben wir schon beherzigt!) Fürchtet euch nicht, eure Meinung durchzusetzen oder zu fragen. Oft ist das umsonst, aber hie und da richtig. Fürchtet euch auch nicht, zu fragen: Warum geht das nicht? Und dazu muß ich sagen: Da gibt es den großen Hammer und den kleinen Hammer. Der kleine Hammer heißt: Frau Abgeordnete, das ist gesetzlich nicht möglich!, und der große Hammer heißt: Frau Abgeordnete, das ist verfassungsmäßig nicht möglich! Es hat sich aber herausgestellt, daß beides möglich war, zum Beispiel bei der Durchsetzung – Frau Abgeordnete Brinek hat da auch sehr mitgeholfen – der Schaffung des Verbots der sexuellen Belästigung von Studentinnen und Studierenden im Universitäts-Studiengesetz.

Mein dritter Ratschlag heißt: Macht gute Gesetze! – Auch wenn Inline-Skaten im modischen Outfit kurzfristig vielleicht medial etwas mehr bringt, aber gute Gesetze zu machen, einfache und verständliche, ist das, wofür wir da sind. Es ist schon wahr, das Gesetzemachen von Abgeordneten wird oft als exzentrische Ausnahmeerscheinung gesehen, aber das Abgeordnetengesetz zum Verbot von Antipersonenminen ist ein gutes Beispiel: eine Seite klar verständlich für alle, leicht lesbar. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten des Liberalen Forums sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

Gute Gesetze und Abgeordnete, die dabei gesehen werden, wie sie etwas durchsetzen: Dies wird das Ansehen dieses Hauses erhöhen und die Demokratie in unserer Republik Österreich stärken! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeodneten der ÖVP, des Liberalen Forums, der Grünen sowie der Abg. Madl.)

11.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Abänderungsanträge, die Frau Abgeordnete Dr. Karlsson zum Datenschutzgesetz und zum Versicherungsvertragsgesetz vorgelesen hat, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Frau Abgeordnete! Gestatten Sie mir, im Anschluß an Ihre Rede ein paar persönliche Bemerkungen zu machen. Uns verbindet eines: Das ist der Abgang. (Heiterkeit.) Aber bevor ich gehe, möchte ich mich bei Ihnen noch sehr herzlich bedanken – ich glaube, dies im Namen des ganzen Parlaments, des ganzen Hohen Hauses tun zu können – für Ihre Tätigkeit, die Sie Jahre hindurch in beiden Kammern ausgeübt haben. Sie waren nicht immer gemütlich, aber es ist auch nicht Aufgabe eines Abgeordneten, gemütlich zu sein. Sie waren kritisch. Ihr heutiger Appell am Schluß Ihrer Rede "Macht gute Gesetze!" hatte eine grundsätzliche Bedeutung für dieses Haus. Dieser Wunsch wird dieses Haus sicher noch weiter begleiten.

Ich möchte Ihnen für Ihr weiteres Leben alles Gute wünschen und Ihnen sagen: Wir warten mit Spannung auf Ihr nächstes Buch. Schreiben Sie schonungslos! (Heiterkeit.) Alles Gute für die Zukunft! (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen.)

12.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeodneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.00

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die drei Materien, die uns hier jetzt beschäftigen, sind doch von etwas größerer Bedeutung, als es vielleicht in der Kürze der Wortmeldungen bislang zum Ausdruck gekommen ist.

Ich komme zunächst einmal zum Datenschutzgesetz, das wir hier heute neu fassen werden. Es enthält meiner Meinung nach drei wesentliche Aspekte.

Aspekt eins: Das Gesetz ist leider ein verspätetes Gesetz. Eigentlich hätten wir bis längstens Oktober 1998 das Datenschutzrecht neu ordnen müssen, insbesondere auch deshalb, um es im Rahmen der Europäischen Union zu harmonisieren. Ich habe das Gefühl, ohne diesen Harmonisierungsdruck wäre es gar nicht zu einem neuen Datenschutzgesetz gekommen, das aber dringend notwendig und überfällig war.

Das Datenschutzgesetz 2000 bringt grundsätzlich auch einige Verbesserungen, nur – und das ist meine zentrale Kritik – ist es nicht modern genug. Es ist daher ganz im Sinne der Kollegin Karlsson in diesem Verständnis leider kein gutes Gesetz, denn wir werden sehr bald die nächsten Novellen zu diesem Gesetz ins Haus bekommen, und das ist schade.

Aus liberaler Sicht hat das Gesetz einen zentralen Kernfehler: Es ist nicht aufgebaut auf der Philosophie des Selbstbestimmungsrechtes über die eigenen persönlichen Daten, und aus diesem Grund darf ich folgenden Antrag der liberalen Fraktion einbringen:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kier und PartnerInnen zum Bericht des Verfassungsausschusses betreffend Änderung des Bundesgesetzes über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel bezeichnete Bericht wird geändert.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der im Titel bezeichnete Bericht wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 1 wird geändert und lautet wie folgt:

"(1) Jede natürliche Person hat Anspruch auf Selbstbestimmung bei der Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten, soweit sie daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens hat."

2. § 1 Abs. 3 Z 2 wird geändert und lautet wie folgt:

"2. Das Recht auf Richtigstellung unrichtiger, unaktueller oder unvollständiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten."

*****

Das ist ein kleinerer Aspekt, aber ich halte es für wichtig, daß auch unaktuelle Daten unter die Löschungspflicht gestellt werden. – Zentral ist aber für uns das Selbstbestimmungsrecht auf die Daten.

Wenn es nun doch noch gelungen ist, das Versicherungsvertragsgesetz – das ist der nächste Tagesordnungspunkt dieses Dreierpakets – zu reparieren und zu erreichen, daß nicht mehr, so wie das ursprünglich in dem Antrag der Regierungsparteien vorgesehen war, nur dann Gesundheitsdaten nicht weitergegeben werden dürfen, wenn die betroffene Person es ausdrücklich untersagt hat, wenn also jetzt der Schwenk wieder in Richtung Zustimmungspflicht erfolgt ist, dann ist das eine Sache, die überhaupt nur deswegen notwendig ist, weil das gesamte Datenschutzgesetz nicht vom Gedanken des Selbstbestimmungsrechts über die eigenen Daten getragen ist, weil es nicht emanzipatorisch ist, sondern weil es weiterhin einen bevormundenden Zugang hat – den Zugang, daß die Obrigkeit schon wissen wird, was gut ist.

Bleibt mir noch, Anmerkungen zum Bundesstatistikgesetz zu machen. Das Bundesstatistikgesetz ist aus unserer Sicht total mißlungen: anstatt zu privatisieren, wurde ausgegliedert. Noch dazu wurde eine besondere Rechtsform geschaffen, die ein sehr langes Gesetz bewirkt hat. Wieder bin ich bei Kollegin Karlsson: Es ist kein gutes Gesetz. Es mußte deswegen, weil hier besondere Konstruktionen gewählt wurden, passagenweise das ganze Handelsgesetzbuch abgeschrieben und in das Gesetz hineingeschrieben werden, weil es eben zum Beispiel notwendig war, im § 42 Abs. 6 ausdrücklich festzuhalten, daß die Einschränkung von Vertretungsbefugnissen – gemeint sind prokuristenähnliche MitarbeiterInnen – in bestimmten Fällen nach außen hin keine rechtliche Wirkung hat. – Das ist alles stehendes Recht im Handelsrecht. Das wäre nicht notwendig gewesen, wenn man privatisiert hätte, denn dann hätte das Handelsrecht für diese Einrichtung gegolten. So hat man hier ein unübersichtliches Sondergesetz geschaffen.

Und als letzte Bemerkung in diesem Zusammenhang: Auch verfassungsrechtlich halte ich das Bundesstatistikgesetz für hochrangig bedenklich und in einem Punkt jedenfalls für verfassungswidrig: In § 44 wird nämlich ein Statistikrat geschaffen, der aus 15 Mitgliedern besteht. In Abs. 2 des § 44 Z 3 ist vorgesehen, daß von verschiedenen Stellen je ein Mitglied in den Statistikrat entsandt wird: selbstverständlich von den Sozialpartnern – das brauche ich vielleicht nicht extra zu erwähnen, die haben sich hier wieder in ein Gesetz hineingeschrieben – und von der Landeshauptmännerkonferenz.

Erste Feststellung: "Landeshauptleutekonferenz" wäre mir sympathischer gewesen, denn es gibt auch weibliche Landeshauptleute – bis jetzt eine, aber es könnten vielleicht mehr werden. Wenn man schon die Mehrzahl "Leute" zur Verfügung hat, die geschlechtsneutral ist, dann könnte man dieses Wort doch verwenden. – Punkt 1.

Punkt 2: Diese Landeshauptleutekonferenz gibt es rechtlich gar nicht. Faktisch ist sie wichtig, eine ganz wichtige Sache, das habe ich im Ausschuß auch schon gesagt. Wenn sich die Landeshauptleute treffen und untereinander Pakte abschließen, dann ist das etwas Wichtiges, aber es gibt keine "Landeshauptleutekonferenz", auch keine "Landeshauptmännerkonferenz", wie es hier im Gesetz steht. Das gibt es gar nicht! Daher frage ich mich: Wie kann man ein Gesetz machen, in dem eine formal nicht existierende Einheit, nämlich das regelmäßige Treffen von Landeshauptleuten, mit Entsendungsrechten ausgestattet wird, ohne daß man in irgendeiner Weise erkennen kann, wer wen entsenden wird und was es bedeutet, daß jemand den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz führt? – All das ist rechtsfreier Raum!

Ich meine, wir haben uns in vielen Bereichen in dieser Republik daran gewöhnt, die Realverfassung über die geschriebene Verfassung zu stellen – das ist oft schon schlecht genug –, jetzt fangen wir sogar an, in die Gesetze Dinge zu schreiben, die überhaupt nur im rechtsfreien Raum existieren, und das ist ganz, ganz schlecht. Es ist das daher ein ganz, ganz besonders schlechtes Gesetz – ganz im Sinne der Frau Karlsson. (Beifall beim Liberalen Forum und den Grünen.)

12.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 8 Minuten.

Pardon, Herr Abgeordneter Kier, ich muß noch festhalten – das hätte ich beinahe vergessen –, daß beide Abänderungsanträge, die Sie vorgetragen haben, ausreichend unterstützt sind und in die Verhandlung mit einbezogen werden.

Der zweite, nicht verlesene Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kier und PartnerInnen zum Bericht des Verfassungsausschusses betreffend Änderung des Bundesgesetzes über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 – DSG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel bezeichnete Bericht wird geändert.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der im Titel bezeichnete Bericht wird wie folgt geändert:

"§ 42 Abs. 1 Z 6. Drei Vertreter privater Organisationen, die sich mit Datenschutzfragen beschäftigen."

*****

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Feurstein, Sie sind am Wort.

12.07

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist bereits betont worden, daß dieses Datenschutzgesetz, das wir jetzt beschließen, einen wesentlichen Fortschritt bedeutet, was den Schutz von sensiblen Daten, also von Daten, die die einzelne Person betreffen, angeht. Und es geht eben darum, daß eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt wird.

Ich bin mir dessen bewußt, daß dieser verbesserte Schutz, dieser verstärkte Schutz für die Wirtschaft nicht überall angenehm ist, insbesondere nicht für die Versicherungswirtschaft. Wir haben daher mit Nachdruck verlangt, daß der Schutz auch im Bereich jener Daten, die in der Versicherungswirtschaft gesammelt werden, zu gewährleisten ist. Und ich bin sehr froh darüber, daß es zu einer Fünfparteieneinigung gekommen ist, daß dann, wenn die Versicherungswirtschaft personenbezogene Daten, und zwar Gesundheitsdaten, die besonders sensibel sind, erfaßt, verwendet, heranzieht, der betroffene Versicherte darüber informiert wird und ein Widerspruchsrecht hat. Das heißt, daß der Betroffene die Sammlung und Heranziehung dieser Daten untersagen kann. Ich glaube, daß das ganz wichtig ist, auch im Hinblick auf den Datenverbund, der in der Versicherungswirtschaft geplant ist. Dem einzelnen ist die Möglichkeit zu bieten, über jene Daten, die über seine Person, insbesondere im Gesundheitsbereich, gesammelt werden, voll informiert zu sein.

Meine Damen und Herren! Diesen Abänderungsantrag betrachte ich als sehr wichtig, und ich begrüße es – noch einmal –, daß es eine Fünfparteieneinigung dazu gegeben hat.

Ich möchte aber auch zum zweiten wichtigen Gesetz, zum Bundesstatistikgesetz, das wir heute behandeln, etwas sagen. Ich betrachte dieses Bundesstatistikgesetz 2000 als einen Meilenstein. Wir mußten in den letzten Jahren beobachten, daß sich die politischen Entscheidungsträger von der amtlichen Statistik in Österreich immer mehr distanziert haben. Sie haben keine klaren Vorstellungen über die Weiterentwicklung der Bundesstatistik in Österreich dargelegt, sondern haben das Österreichische Statistische Zentralamt, so habe ich den Eindruck, allein gelassen und es einer heftigen Kritik, auch von seiten der Medien, ausgesetzt. Ich begrüße es daher, daß es in den letzten neun Monaten im Rahmen einer sehr konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Statistischen Zentralamt, mit dem Bundeskanzleramt, aber auch mit den im Parlament vertretenen Abgeordneten gelungen ist, neue Perspektiven für die Statistik in Österreich zu erarbeiten und festzulegen.

Lassen Sie mich diese neuen Perspektiven ganz kurz an fünf konkreten Punkten darstellen und skizzieren.

Erster Punkt: Das ist etwas sehr Wesentliches, auch wenn Herr Abgeordneter Kier gemeint hat, man hätte die amtliche Statistik privatisieren sollen. Ich sage dazu eindeutig nein. Wir wollen die Bundesstatistik und die amtliche Statistik in Österreich nicht privatisiert haben, aber wir wollen durch die Schaffung einer Bundesanstalt, die die amtliche Statistik zu besorgen hat, einen weitgehenden Selbständigkeitsbereich für die amtliche Statistik schaffen. Wir schaffen daher eine neue Bundesanstalt "Statistik Österreich", wie ihr Name lautet. Es ist eine unabhängige, selbständige, in organisatorischer, finanzieller und personeller Hinsicht weitgehend eigenen Entscheidungen überlassene Bundesanstalt, die allerdings – und das ist für mich ganz wichtig – dem Bundeskanzler und dem zuständigen Bundesminister unterstellt ist. Die Verantwortung für die amtliche Statistik bleibt daher weiterhin bei der Bundesregierung, beim Bundeskanzler und bei den zuständigen Bundesministern. Das ist ganz wichtig: Die amtliche Statistik darf nicht privatisiert werden! Ich bin dagegen, daß die amtliche Statistik den Meinungsforschungsinstituten oder ähnlichen Einrichtungen überlassen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Dieser ist genauso wichtig und betrifft die Leiter. Meine Damen und Herren von der FPÖ! Wir bestellen bewußt zwei Leiter. Wie die genannt werden, ist völlig gleichgültig. Sie können sie so oder anders nennen. Wir brauchen zwei fachlich zuständige Leiter, einen für den kommerziellen Bereich und einen für den statistik-fachlichen Bereich. Und der Leiter für den statistik-fachlichen Bereich ist nicht weisungsgebunden, meine Damen und Herren! Er hat allein aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse, der statistischen Fachkenntnisse die Anstalt als fachlicher Leiter zu führen. Dem gegenüber steht ein kaufmännischer Leiter, der den gesamten kommerziellen Bereich dieses Amtes zu erledigen hat.

Das sind zwei weitgehend unabhängig voneinander agierende Leiter, von denen jeder einen klaren Zuständigkeitsbereich hat. Ich trete für diese Zweigliederung ein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Nächster Punkt, der ebenfalls ganz wichtig ist: Wir erreichen mit diesem Bundesstatistikgesetz 2000 eine weitgehende Entlastung von Wirtschaft und Bevölkerung. Meine Damen und Herren! Es ist in der heutigen Zeit so, daß viele Daten gesammelt werden, einmal von einem Ministerium, ein weiteres Mal von der Sozialversicherung, ein drittes Mal von der Nationalbank und ein viertes Mal von einem anderen Amt. Jeder macht eigene Statistiken, und das ist im Grunde genommen eine Ungeheuerlichkeit. Ich bezeichne das ganz deutlich so. Es ist unzumutbar für die Bevölkerung, immer wieder die gleichen Daten liefern zu müssen. Wir schaffen jetzt mit diesem Gesetz ein generelles Zugriffsrecht zu all jenen Daten, die von den Bundesministerien und ähnlichen Einrichtungen gesammelt werden. Ich begrüße das Zugriffsrecht, das wir hier schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nächster wichtiger Punkt: Wir haben einen klaren Schutz von Daten im Rahmen des sogenannten Grundsatzes des Statistikgeheimnisses. Das Statistikgeheimnis wird weiter gewahrt, und zwar in einer neuen, in einer verbesserten Form, sodaß der einzelne Bürger, der Daten liefert, wirklich davon ausgehen kann, daß diese Daten nicht für andere Zwecke als für Zwecke der Statistik verwendet werden. Es ist das ein ganz wichtiger Punkt. Diese Daten gehen weder an das Finanzamt noch an sonstige Einrichtungen. Daten im Rahmen der Bundesstatistik sind absolut geheim und dürfen nur für statistische Zwecke verwenden werden, meine Damen und Herren.

Letzter Punkt: Wir schaffen eine umfassende Veröffentlichungspflicht im Bereich der Statistik. Statistische Daten werden aufgrund dieses Gesetzes nicht nur in Publikationen nachschlagbar sein, sondern es wird auch eine Zugriffsmöglichkeit über Internet und andere moderne Medien geschaffen. Ein ganz wichtiger Punkt, der mit diesem Bundesstatistikgesetz 2000 geschaffen wird, meine Damen und Herren.

Dieses neue Gesetz bezeichnet sich mit gutem Grund als Bundesstatistikgesetz 2000. Vor 30 Jahren stand hier die Grande Dame der Statistik in Österreich, Frau Hertha Firnberg, und hat das damalige Bundesstatistikgesetz erläutert. Frau Hertha Firnberg hat damals wesentliche Akzente für die amtliche Statistik in Österreich aufgezeigt. Ich kann sagen, es waren wieder die Statistiker in Österreich, die das neue Bundesstatistikgesetz 2000 geschaffen haben. Ich nenne Ihnen die wichtigen Persönlichkeiten. Es war dies der Landesstatistiker von Oberösterreich, Herr Hofrat Dr. Ewald Kutzenberger, es war der Bundeswirtschaftskammerstatistiker Dr. Josef Richter, und es war eine ganze Reihe von Fachleuten des Österreichischen Statistischen Zentralamtes, die gemeinsam mit Ministerialrat Dr. Schittengruber vom Bundeskanzleramt daran mitgearbeitet haben.

Ich meine, daß dieses Gesetz die Voraussetzungen für eine moderne Statistik schafft, für eine Statistik, die den Anliegen der Bundesministerien, der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Länder, der Gemeinden und der Interessenvertretungen Rechnung trägt. Es ist ein Bundesstatistikgesetz, das aber auch auf die Interessen der Bediensteten des Statistischen Zentralamtes, der künftigen Bundesanstalt "Statistik Österreich", Bedacht nimmt.

Ich bin schon etwas stolz darauf, daß es gelungen ist, für die heute dort tätigen Bundesbediensteten Rechte in einem Ausmaß zu sichern, wie es bisher bei einer Ausgliederung kaum möglich gewesen ist. Die Interessen der Bundesbediensteten, die im heutigen Statistischen Zentralamt tätig sind und künftig im neuen Amt "Statistik Österreich" arbeiten werden, werden mit diesem Gesetz gewahrt.

Es geht jetzt darum, daß die künftige Leitung von "Statistik Österreich" die neuen gesetzlichen Grundlagen umsetzt. Wir sind uns dessen bewußt: Es hängt alles vom Engagement, von der Mitwirkungsmöglichkeit, vom Einsatz derjenigen, die die Statistik in Österreich zu besorgen haben, ab. Ich wünsche diesen Persönlichkeiten für die Zukunft das Beste und auch dem neuen Amt "Statistik Österreich" ein gutes Arbeiten und viel Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

12.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 10 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

12.18

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte an die Ausführungen von Frau Kollegin Karlsson anknüpfen, die uns nach den nächsten Wahlen zum Nationalrat leider verlassen wird. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es macht nichts, wenn sie nicht da ist, Sie können es ihr ja ausrichten.

Ich habe Frau Kollegin Karlsson in vielerlei Hinsicht schätzengelernt – nicht erst, seit ich Abgeordnete bin, sondern schon während ihrer gesamten politischen Laufbahn –, in ihrem Einsatz für die Rechte der Frauen, in ihrem Einsatz für den Antifaschismus und in ihrem wirklich wagemutigen Einsatz gegen geradezu unglaubliche Akte, die vor allem von seiten der freiheitlichen Fraktion gesetzt wurden. Sie ist ja auch nicht von ungefähr unglaublich angefeindet worden. Mutige Frauen wie sie werden uns im Nationalrat abgehen. – Herzlichen Dank an Irmtraut Karlsson. (Abg. Dr. Graf: Ein echter Witz, was Sie da vorbringen!)

Meine Damen und Herren! Sie hat uns allen hier beziehungsweise jenen, die neu in den Nationalrat gewählt werden, einen Ratschlag gegeben. Sie hat gesagt, die wichtigste Voraussetzung für Abgeordnete sei, schnell lesen zu können. Und wenn sie das noch nicht könnten, sollten sie einen Kurs machen, hat sie ein bißchen ironisch gemeint.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das stimmt wirklich, und gerade eines dieser drei Gesetze, die jetzt zur Verabschiedung vorliegen, ist auch ein Fall für "Schnelleser", nämlich das Versicherungsvertragsgesetz. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir im Ausschuß bekommen, als die Sitzung begonnen hat. Das ist ein Gesetz, das durchaus eine ernsthafte Tragweite hat, und deshalb möchte ich meine Redezeit vor allem für dieses Gesetz verwenden.

Ich möchte mich da besonders bei Kollegen Feurstein herzlich bedanken, denn er hat, weil er ja schon sehr lange im Nationalrat ist und ein sehr geübter Schnelleser ist, sehr schnell sozusagen erlesen, daß es mit diesem Gesetz, das man uns fünf vor zwölf im Ausschuß hingeknallt hat, seine besonderen Tücken hat.

Im Zusammenhang damit haben alle Fraktionen jetzt auch zwei ganz wesentliche Entschärfungen vorgenommen. Nichtsdestotrotz möchte ich aber meine grundsätzliche Ablehnung gegenüber diesem Gesetz begründen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist das Wesentliche an diesem Gesetz? Es ist ein Gesetz, das ausschließlich von der Versicherungswirtschaft gewünscht ist, weil es nämlich dummerweise jetzt, da wir in der EU sind, eine eindeutige Richtlinie gibt, die den rechtlichen Standard sozusagen nicht ganz nach den Vorstellungen der Versicherungswirtschaft regeln würde. Aber jetzt wird ja sofort entschärft, und man gibt der Versicherungswirtschaft sofort weitreichende Befugnisse, nämlich auch jene, Gesundheitsdaten zu verwenden.

Sie müssen wissen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, daß es durchaus EU-Länder gibt, die so etwas selbstverständlich nicht kennen, aber bei uns wird natürlich in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der Versicherungswirtschaft sofort vorgeprescht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Begründung des Gesetzes sagt ja alles, denn im Antrag selbst heißt es, daß öffentliches Interesse daran bestehe, daß die gesellschaftspolitische Notwendigkeit – und das zitiere ich jetzt wörtlich –, "durch Versicherungsvertrag private Vorsorge treffen zu können, außer Streit steht".

Daß es im öffentlichen Interesse ist, Privatversicherungen abzuschließen, das war mir bis zu dem Tag, als dieses Gesetz in den Ausschuß gekommen ist, völlig neu. Ich dachte, daß in Österreich sozusagen öffentliches Interesse maximal dahin gehend besteht, einen möglichst lückenlosen Krankenversicherungsschutz zu haben, und ich dachte, daß diesbezüglich auch noch an einem gemeinsamen Strang gezogen wird.

Mit diesem Gesetz beziehungsweise mit der Begründung in diesem Gesetz wird genau der gegenteilige Weg beschritten. Und deshalb sind die Befugnisse, die die Versicherungswirtschaft in datenschutzrechtlicher Hinsicht – nämlich in einer Umgehung des Datenschutzes und des Datenschutzgesetzes beziehungsweise in Form einer extensiven Ausdehnung – zugestanden bekommt, mit einem öffentlichen Interesse begründet. Ich habe bis heute von niemandem erklärt bekommen, was das öffentliche Interesse an privaten Krankenzusatzversicherungen ist. Es ist ein eminent privates Interesse, einen guten Versicherungsschutz in vielerlei Hinsicht zu haben, aber das öffentliche Interesse kann sich doch wohl nur auf eine lückenlose Krankenversorgung durch eine Krankenversicherung beziehen.

Nichtsdestotrotz sind diese zwei Änderungen, die jetzt im Gesetz vorgenommen werden, ganz wesentlich; sie weisen das Ganze sozusagen ein wenig in die Schranken. Deshalb stimmt auch die grüne Fraktion diesen Abänderungen zu.

Meine Damen und Herren! Ein paar Sätze zum Datenschutzgesetz.

Das neue Datenschutzgesetz, das heute beschlossen wird, ist sicher – würde ich einmal sehr vereinfacht sagen – besser als das alte, ohne Zweifel, aber ob es deshalb ein Datenschutzgesetz ist, das den modernen Vorstellungen eines Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung entspricht, das möchte ich wirklich in Zweifel ziehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Und jetzt komme ich wieder auf die Kollegin Karlsson zurück: Ich bedaure es jedesmal, daß, wenn Gesetze im Nationalrat novelliert werden – und bei diesem Gesetz ist es ganz besonders kraß, weil es schon ein Jahr im Nationalrat liegt, weil diese EU-Richtlinie eben zu vollziehen ist, weil monatelang nichts geschieht, weil ein Partner den anderen behindert, in diesem Fall diese "Ehe"-Koalitionspartner einander behindern –, nicht ein Gesetz herauskommt, das einen Meilenstein im Gesetzgebungsverfahren darstellt.

Ich meine, daß der umfassende Datenschutz für Bürger und Bürgerinnen ganzheitlich gesehen etwas ist, was dieser Philosophie entsprechen würde, aber dieses Gesetz beinhaltet jetzt, aus der Sicht der BürgerInnen betrachtet, etwas durchaus Gescheites, indem zwischen sensiblen und weniger oder nicht sensiblen Daten unterschieden wird, und selbstverständlich ist es auch zu begrüßen, wenn man bei den sensiblen Daten Verschärfungen vornimmt. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Gesetzwerdungsverfahren sind ja schon Einwände von Experten gekommen, also nicht von sozusagen NormalanwenderInnen, wie wir Abgeordnete es auch sind, sondern von Menschen, die sich damit beschäftigen.

Das betrifft beispielsweise den Einwand, daß die Tatsache, daß juristische Personen im gleichen Umfang Datenschutz genießen wie natürliche Personen, nicht ganz klar ist und vor allem nicht ganz den Datenschutzinteressen insgesamt entspricht. Wir bekommen jetzt nämlich immer wieder in parlamentarischen Anfragen keine Antworten mit dem Hinweis auf Datenschutzinteressen juristischer Personen, die verletzt werden könnten. Und da frage ich mich immer: Was sind diese schutzwürdigen Interessen?

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir mit diesem Datenschutzgesetz nicht so zufrieden, daß wir ihm unsere Zustimmung geben könnten.

Zum dritten Gesetz, dem Bundesstatistikgesetz. – Daß sich ein – nicht an Jahren, sondern an Erfahrung reicher – alter Statistiker wie Herr Dr. Feurstein über dieses Gesetz freut, das wundert mich nicht. Ich freue mich weniger darüber, weil ich der Auffassung bin, daß bei der Erhebung von Daten einfach zu weitreichende Ausnahmetatbestände festgelegt wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der festen Auffassung, daß Daten über politische Meinung, Daten über religiöse Überzeugung, Daten über Gewerkschaftszugehörigkeit beispielsweise keinesfalls, selbst wenn das rechtlich angeordnet wird, ob das jetzt durch ein österreichisches Gesetz oder durch einen unmittelbar wirksamen Rechtsakt der EU geschieht, veröffentlicht werden sollten und daß sich diese Daten keinesfalls zur Erhebung eignen. Man konnte mir bisher keinen Fall – auch im Ausschuß nicht – schildern, in dem diese Notwendigkeit bestehen würde.

Befugnisse dieser Art beziehungsweise Ausnahmetatbestände in einem Gesetz zu statuieren, halte ich für extrem bedenklich. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es auch für vage, wenn in einem Gesetz solche Bestimmungen enthalten sind, wie beispielsweise: Wenn der Betroffene an der Geheimhaltung der Angaben kein schutzwürdiges Interesse hat, so sollte das alles sozusagen nicht gelten. – Das ist alles extrem unbestimmt, und es läßt den Schluß zu, daß man es, gerade wenn es um Statistik, um amtliche Statistik geht, mit dem Datenschutz unter Umständen nicht so genau nimmt. Ich glaube, daß Formulierungen dieser Art im Hinblick auf die größtmögliche Schutzwürdigkeit der Privatsphäre zu unbestimmt sind. Deshalb können wir auch diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht geben.

Abschließend zu dem, was Herr Dr. Kier gesagt hat – und jetzt komme ich zum dritten Mal auf die Kollegin Karlsson zu sprechen, auf das Hohe Haus, auf den Gesetzgeber selber –: Wenn der Gesetzgeber Gesetze macht, in denen er Institutionen verankert, die es nicht gibt – denn es gibt keine gesetzliche Verankerung der Landeshauptmännerkonferenz –, dann sehen Sie, welch – um es auf wienerisch zu sagen – schleißiger Gesetzgeber das ist, wenn das sehenden Auges geschieht.

Das entspricht nicht den Vorstellungen, die ich gemeinsam mit Frau Kollegin Karlsson teile, aber ich hege den Verdacht, Frau Kollegin Karlsson, auch wenn Sie Mitglied einer Regierungsfraktion sind: Solange die Koalition so groß ist, wie sie es in den letzten Jahren war, wird sich nicht viel ändern. – Aber es gibt ja noch Wahlen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

12.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich Herr Staatssekretär Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

12.29

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Anpassung an die Richtlinie 95/46 der Europäischen Gemeinschaft wurde schon genannt. Das war der Grund, warum man zu einer Neufassung des Datenschutzgesetzes gekommen ist.

Ursprünglich ist man davon ausgegangen, daß man mit einer Novelle das Auslangen finden würde. Im Zuge der Diskussionen und der Betrachtung des alten Datenschutzgesetzes hat sich aber herausgestellt, daß man ein neues Datenschutzgesetz ausarbeiten wird müssen, um diese Richtlinie umzusetzen.

Bei diesem neuen Datenschutzgesetz ist man dazu übergegangen, auch besondere Schutzmechanismen einzuführen. Es ist ein besonderer Schutz für sensible Daten eingeführt worden, es ist die Verarbeitung dieser Daten grundsätzlich verboten und nur in Ausnahmefällen zulässig, nämlich dann, wenn wichtige öffentliche Interessen vorliegen.

Es wurden auch die Betroffenen-Rechte ganz wesentlich ausgeweitet. Es werden nunmehr auch Daten in manueller, strukturierter Form in diese besondere Schutzwürdigkeit aufgenommen, sodaß nunmehr also nicht nur automatisationsunterstützte Daten, sondern auch Daten in Karteien, die händisch geführt werden, dieser Schutzpflicht unterliegen.

Es ist auch die Informationspflicht des Auftraggebers gegenüber den Betroffenen erweitert worden. Der Betroffene muß vor Beginn der Verarbeitung seiner Daten darüber informiert werden, zu welchem Zweck diese Verarbeitung erfolgt und wer als Auftraggeber der Verarbeitung verantwortlich ist.

Im wesentlichen sind auch die Registrierungsverfahren geändert worden. Einerseits hat es Erleichterungen durch Standardverarbeitungen gegeben, bei welchen die Registrierungspflicht entfällt, und andererseits hat es Verschärfungen bei besonderem datenschutzrechtlichem Gefährdungspotential gegeben. In diesen Fällen ist die Aufnahme der Verarbeitung erst nach Prüfung durch die Datenschutzkommission möglich. Auch hier ist es also zu einer Verschärfung des Gesetzes gekommen.

Letztendlich hat es auch eine Regelung für den Datenverkehr mit dem Ausland gegeben. Das ist insbesondere aufgrund der Vorgaben der EU-Richtlinie notwendig gewesen.

Ich glaube, daß dieses Gesetz ganz wesentlich dem Schutzbedürfnis des einzelnen Bürgers dient und daß die sensiblen Daten besonders geschützt werden. Ich glaube, daß wir mit diesem Datenschutzgesetz einen großen Schritt in die richtige Richtung machen und daß wir uns sehr wohl den Standards der Informationsgesellschaft auf europäischer Ebene anschließen.

Zum Bundesstatistikgesetz möchte ich ausführen, daß dabei – ich möchte in diesem Zusammenhang ganz kurz zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kier Stellung nehmen – ganz bewußt nicht der Weg der Privatisierung, sondern der der Ausgliederung gegangen worden ist. Jeder weiß, daß ich üblicherweise ein Fan der Privatisierung bin und gerne organisationsrechtliche Modelle der GesmbH habe – siehe Bundestheater, aber auch Bundessportheime –, aber gerade beim Statistischen Zentralamt hat sich herausgestellt, daß 80 Prozent der Tätigkeiten aus hoheitsrechtlichen Akten besteht, weshalb eine Umwandlung in eine privatrechtliche Organisationsform in gewisser Weise problematisch wäre. Ich glaube, daß wir die richtige Form der Ausgliederung gefunden haben.

Es geht in diesem Gesetz vor allem auch darum, daß man nicht nur Daten aufgrund einer Befragung der Bürger bekommt, sondern daß man auch Zugang zu den bestehenden Registern erhält und über diese Register Daten abrufen kann. Der Bürger wird auch dadurch entlastet, daß jetzt nicht mehr Vollerhebungen im Vordergrund dieses Gesetzes stehen, sondern Stichprobenerhebungen Vorrang haben.

Auch hinsichtlich der Veröffentlichung der erhobenen Daten wird ein Meilenstein gesetzt. Man versucht, via Internet einen möglichst unbürokratischen Zugang zu den erhobenen Daten zu gewährleisten und diese Daten dem einzelnen auch zur Verfügung zu stellen. Desgleichen wurde in diesem Gesetz auch das Datengeheimnis ganz massiv verstärkt, und ich glaube, damit ist auch den Sorgen, die vor allem von Frau Abgeordneter Stoisits geäußert wurden, entsprechend Rechnung getragen.

Eine ganz besondere Errungenschaft aufgrund der nunmehrigen Ausgliederung der Datenschutzkommission besteht aber darin, daß es eine Kostentransparenz gibt und daß die nunmehrige neue Institution nach kaufmännischen Grundsätzen vorzugehen hat. Das bedeutet, daß der, der eine Statistik haben will, diese nicht mehr automatisch zur Verfügung gestellt bekommt, sondern auch da Kostentransparenz in der Form gegeben ist, daß der, der den Auftrag gibt, letztendlich auch für die entsprechenden Kosten aufzukommen hat. Dadurch erwarten wir uns einerseits eine Eindämmung des Wildwuchses an Statistiken, auf der anderen Seite aber auch eine gewisse Verantwortlichkeit bei der Auftragserteilung für die Erhebung einer Statistik. Ich glaube, daß das durch diese Vorgehensweise nunmehr gewährleistet ist.

Zu den vom Abgeordneten Krüger angeführten beiden Generaldirektoren: Gerade im Statistikbereich ist es notwendig, einen Fachmann zu haben, der sich statistisch bewährt hat und der das Österreichische Statistische Zentralamt beziehungsweise die neue Institution mit seinem Fachwissen im statistischen Bereich auch auf internationaler Ebene vertreten kann. (Abg. Dr. Graf: Manchmal ist es ganz schwer, zu argumentieren! Man sieht es!) Aber es ist genauso notwendig, ihm einen kaufmännischen Generaldirektor zur Seite zu stellen, weil dort ein entsprechendes Budgetvolumen zu verwalten ist und das Vieraugenprinzip auch in einer GesmbH und nicht nur in unserem Gesetz stattfindet. (Abg. Dr. Krüger: Es geht nicht um das Vieraugenprinzip, Herr Staatssekretär! – Abg. Aumayr: Um das Zweiparteienprinzip!)

Ich glaube, daß es bei einem Budgetvolumen von mehr als 600 Millionen Schilling durchaus gerechtfertigt ist, dieses Vieraugenprinzip auch auf diese neue Organisationsform zu übertragen. Das ist nichts Neues, das ist in der Wirtschaft durchaus üblich. (Abg. Dr. Krüger: Wo gibt es zwei Generaldirektoren in der Wirtschaft? Sagen Sie mir das! Können Sie mir ein Beispiel nennen?) Jede GesmbH mit einem derartigen Budgetvolumen beziehungsweise mit einem derartigen Wirtschaftsvolumen verläßt sich auf das Vieraugenprinzip. Wir haben hier nichts anderes getan, als das auch auf die neue Institution zu übertragen.

Der Titel "Generaldirektoren" – sollten Sie sich daran stoßen – ist deswegen gewählt worden, weil auf internationaler, europäischer Ebene dieser Titel üblich ist, um die Vertretungsbefugnis nach außen zu dokumentieren. Aber das ist ein Titel, und ich meine, wir sollten uns nicht an etwaigen Titeln stoßen, sondern es geht um das Vieraugenprinzip, es geht um die Notwendigkeit, jene wechselseitigen Kontrollbefugnisse, die in der Wirtschaft üblich sind, auch auf diese Institution zu übertragen. (Abg. Dr. Krüger: Aber Sie wissen, daß die englische Übersetzung von "Generaldirektor" nicht "general manager" ist? Das wissen Sie schon?)

Ich glaube, alles in allem bilden das Datenschutzgesetz und das Statistikgesetz ein zusammenhängendes Paket: auf der einen Seite ein besonders sorgsamer Umgang mit ermittelten Daten, auf der anderen Seite ein modernes Statistikgesetz, das die Möglichkeit gibt, auf Register zurückzugreifen und damit den einzelnen Bürger beziehungsweise auch den einzelnen Wirtschaftsbetrieb zu entlasten, zugleich aber auch den Wirtschaftsstandort Österreich über diese Schiene zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Murauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.38

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zum Versicherungsvertragsgesetz 1958 einige Ausführungen.

Das umfangreiche und strenge Datenschutzgesetz, das heute beschlossen wird, macht natürlich eine gesonderte Regelung für Versicherungsverträge erforderlich; der diesbezügliche Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses liegen ja vor. Dieser Antrag, meine Damen und Herren, gewährleistet, daß die Versicherungen auch weiterhin das tun dürfen, was sie bereits bisher getan haben, nämlich auch gesundheitsbezogene Daten von Versicherungsnehmern zu speichern. Das ist sachlich notwendig und schafft natürlich Rechtssicherheit für Versicherte und den Versicherer. Es hat bis dato völlig klaglos funktioniert. Meine Damen und Herren! Es ist zu unterstreichen, daß der Datenschutzkommission kein einziger Fall bekannt wurde, in dem ein Mißbrauch durch eine Versicherung beanstandet worden wäre.

Herr Kollege Krüger! Es geht nicht um den Lauschangriff auf die Versicherungsnehmer in der Form, daß überall der Versicherer hinter dem Versicherungsnehmer her ist und ihn belauscht und abhört (Zwischenrufe des Abg. Dr. Krüger), sondern es wird in diesem Antrag die Verwendung dieser sensiblen Daten durch private Versicherer geregelt, so zum Beispiel Zweck und Anlaß der Verwendung, Art und Weise der Ermittlung und an wen die Daten übermittelt werden dürfen, Auskunfts- und Einsichtsrechte. Das heißt, der Konsument kann selbstverständlich jederzeit abfragen, welche Daten über ihn vorliegen und woher sie stammen, ob sie also rechtmäßig in Erfahrung gebracht wurden.

Die Verschwiegenheitsverpflichtung der Versicherung und die Löschungsverpflichtung möchte ich noch zusätzlich erwähnen. Wichtig ist auch, daß genanalytische Daten grundsätzlich von der Ermittlung ausgeschlossen sind.

Im Unterschied zur grünen Fraktion, die ihre Meinung durch Frau Kollegin Stoisits artikuliert hat, begrüße ich selbstverständlich die Verantwortung und die Umsicht in der Formulierung: "da die gesellschaftspolitische Notwendigkeit, durch Versicherungsverträge private Vorsorge treffen zu können, außer Streit steht." – Das unterstützt die Österreichische Volkspartei. Das unterstütze selbstverständlich auch ich. Ich denke dabei zum Beispiel an die Vorsorge etwaiger Witwen und Waisen, weil unsere Sozialgesetze durchaus Lücken haben. Der private Versicherungsschutz, die Eigenverantwortung können diese Lücken schließen. Das muß daher auch entsprechend unterstützt und hier positiv dargestellt werden.

Meine Damen und Herren! Der Antrag wurde vom Datenschutzrat im breiten Konsens mit Bundeskanzleramt, Justizministerium und Konsumentenschutzministerium gestellt.

Die Überlegung, daß in jedem Leistungsfall der Versicherte separat die Zustimmung dazu geben muß, daß Anfragen an den jeweiligen Arzt gestellt werden dürfen, ist nicht praktikabel, da die Versicherungen jeweils aktuelle Gesundheitsdaten brauchen, um die Deckung insbesondere bei Kranken- und Lebensversicherungen, aber auch bei Unfall- und Haftpflichtversicherungen überhaupt klären zu können. Verzögerungen oder ein Nichtzustandekommen der Datenübermittlung vom Arzt an die Versicherung würden – ich unterstreiche das mit aller Deutlichkeit – zu Lasten des versicherten Patienten gehen.

Zur Illustration noch kurz zwei Beispiele: Wird ein Patient, der einen Schlaganfall erlitten hat, in ein Spital eingeliefert und ist aufgrund seiner gesundheitlichen Lage nur mehr bedingt oder gar nicht mehr ansprechbar und teilen die Bekannten oder Verwandten dem Spital mit, daß er eine Zusatzkrankenversicherung hat, so muß das Krankenhaus natürlich bei der Versicherung nachfragen, ob eine Deckung gegeben ist. Der Patient ist in diesem Fall nicht mehr in der Lage, Auskünfte zu geben, und die Versicherung könnte die Leistung nicht erbringen. Also hier ginge das zu Lasten des Versicherungsnehmers.

Oder: Wenn jemand im Ausland einen schweren Unfall hat oder schwer erkrankt, muß geklärt werden, ob und wie der Krankentransport gedeckt ist und ähnliches mehr – auch dann, wenn der Patient nicht mehr ansprechbar ist.

Meine Damen und Herren! Daß die Versicherungen auch betriebswirtschaftliche Sorgepflichten auch im Interesse der versicherten Gemeinschaft und somit aller Konsumenten wahrzunehmen haben, steht auch fest, denn über kurz oder lang müßten dann selbstverständlich die Prämien angehoben werden.

Noch etwas zu den rechtmäßigen Daten von Dritten – das ist auch etwas, was nur bestätigt wird und von den Versicherern immer schon sorgsamst gehandhabt wurde –: Wenn der Versicherer andere Daten zur Verfügung gestellt bekommt, Daten, die der Versicherungsnehmer nicht angibt, so wird er sich selbstverständlich mit dem Versicherungsnehmer in Verbindung setzen, weil dies auf der einen Seite natürlich die Prämie beeinträchtigen kann und beeinträchtigen wird und auf der anderen Seite der Versicherungsnehmer darauf aufmerksam gemacht werden muß, ob die Versicherung in bestimmten Fällen leistungsfrei ist oder nicht.

Geschätzte Damen und Herren! Der Umgang mit sensiblen Daten erfordert klare Richtlinien für alle Betroffenen, und diese werden hiermit gegeben. (Beifall bei der ÖVP.)

12.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf mit einer gewünschten Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

12.44

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär, nur ein Wort zu Ihrem Bekenntnis zur Privatisierung, weil Sie es herausgefordert haben. Daß Sie ein Fan der Privatisierung sind, höre ich gerne, muß aber gleich hinzufügen, daß man unter dem Begriff "Privatisierung" Unterschiedliches verstehen kann. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Wittmann.) Sie haben die Privatisierung genannt und haben von der Regierungsbank aus selbst gesagt, daß Sie ein Fan der Privatisierung sind. Ich möchte dem einen Satz hinzufügen: Sie und Ihre Parteifreunde verstehen oftmals – nicht immer, aber oftmals oder zu oft – unter "Privatisierung" weniger Staat und mehr Partei. Wir von den Freiheitlichen verstehen im Gegensatz dazu unter "Privatisierung" weniger Staat und mehr Privat. Das ist der Unterschied in der Auffassung. (Zwischenruf des Abg. Edler.)

Kollege Edler! Ein Beispiel zur Privatisierung Marke SPÖ aus unserem gemeinsamen Heimatbezirk: Nach 1945 hat die Stadt Wien, die Eigentümerin des Hauses Donaufelder Straße 249 ist, dieses Haus billig erworben; einziger Mieter ist die SPÖ-Donaustadt. (Abg. Edler: Haider! KELAG!)

Vor wenigen Jahren hat die SPÖ-Donaustadt dieses Haus käuflich erworben. Es gibt ein Magistratsgutachten (Zwischenrufe bei der SPÖ) – alles korrekt, selbstverständlich, immer alles korrekt. Dieses Magistratsgutachten sagt: Weil dort ein geschützter, unbefristeter Mieter ansässig ist, nämlich die SPÖ-Donaustadt, muß man es um den Wert von 40 Prozent der SPÖ verkaufen. Man muß es ihr verkaufen. – Das ist Ihre Privatisierung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Bures: Das stimmt ja überhaupt nicht!) Sie transferieren öffentliches Eigentum in die private SPÖ-Parteikassa, wenn ich das salopp ausdrücken darf. Das ist Ihre Privatisierung, und dagegen werden wir auftreten!

Ich möchte noch etwas zum Datenschutzgesetz, das wir heute novellieren, sagen: Es freut mich schon – und es geht ja oftmals um Details –, daß nunmehr auch die nicht EDV-unterstützt automatisiert verarbeiteten Daten geschützt werden sollen. Dort wird nämlich sehr, sehr viel Schindluder getrieben. Es gibt schon Organisationseinheiten in diversen Banken, Versicherungen, aber auch sonstigen Institutionen, die, um dem auszuweichen, umgestiegen sind von einer EDV-unterstützten Datenverarbeitung auf manuell betriebene Datenverarbeitung, um dem Ganzen zu entgehen. Dem wird jetzt ein Riegel vorgeschoben. Das begrüßen wir sehr, wiewohl man die Praxis dann weiterverfolgen wird müssen.

Eines zu dem Abänderungsantrag, den wir auch sehr begrüßen. Es ist erfreulich, zu sehen, daß durch den Ausschuß auch einmal etwas abgeändert werden kann, sogar in letzter Sekunde abgewendet werden kann.

Wenn es jetzt im § 11a heißen soll: "sofern der Betroffene dem ausdrücklich ... zugestimmt" hat, so begrüßen wir das uneingeschränkt und werden daher auch zustimmen. Ich meine aber, man hat ein bißchen über das Ziel hinausgeschossen, indem man die Worte: "und dies im Einzelfall nicht untersagt hat," belassen hat. – Wenn dieses "und" kumulativ zu verstehen ist, dann wäre es ein absoluter Widerspruch und dann würde sich die Judikatur erst damit beschäftigen müssen, denn man kann nicht auf der einen Seite sagen, die Daten dürfen nicht verarbeitet werden, wenn nicht ausdrücklich zugestimmt wurde und dies im Einzelfall nicht untersagt wurde. Nach dieser Legistik bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung und einer ausdrücklichen Untersagung. Das wäre mir zu weitgehend.

Daher sei für allfällige Auslegungen hier von diesem Rednerpult aus jetzt gesagt: Es kann selbstverständlich nur darum gehen, daß man immer und überall eine ausdrückliche schriftliche Zustimmung benötigt. Ich hoffe, wir alle hier in diesem Hohen Haus verstehen es so, sodaß dieses "und" letztlich nur ein Überbleibsel aus der schlechten Legistik ist und es nicht notwendig ist, im Einzelfall auch noch eine Untersagung abzugeben. Ich würde Sie ersuchen, Herr Staatssekretär – vielleicht können Sie das machen –, hier eine Klarstellung vorzunehmen.

Ich glaube, daß man da ganz einfach übers Ziel geschossen hat, sehe es aber positiv, lege es positiv aus. Ich glaube, wir alle machen das, denn sonst wäre das ein Widerspruch; das sollte man dort nicht so stehen lassen.

Herr Staatssekretär! Sollte es da eine Auslegungsunterschiedlichkeit geben oder sollte da etwas sein, was ich nicht durchschaue, so wäre es gut, hier eine Klarstellung vorzunehmen. Es kann nicht sein, daß im Einzelfall untersagt werden und gleichzeitig ausdrücklich zugestimmt werden muß, dies würde ein rechtliches Nullum sein. Das bedeutet, man könnte jederzeit wieder verarbeiten, aber genau das wollen wir ja nicht erreichen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger mit einer gewünschten Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

12.49

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Erst im Frühjahr dieses Jahres wurde durch das Fessl-Institut festgestellt, daß von mehr als zwei Dritteln der Österreicher Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung gewünscht werden. Daß das verständlich ist, geht allein aus der erheblichen Zahl von Statistiken hervor, die das ÖSTAT führt. Ich möchte nur auf einige Statistiken hinweisen: Konjunkturerhebung für das produzierende Gewerbe: 13 600 Unternehmen monatlich; Konjunkturerhebung im Handel: 6 000 Unternehmen monatlich; INTRASTAT-Erhebung über den Außenhandel zwischen EU-Staaten: 20 000 Unternehmen monatlich; Fremdenverkehr: 18 000 Unternehmen monatlich; allgemeine Viehzählung; Verbraucherpreisindex; Harmonisierter Europäischer Verbraucherpreisindex und so weiter und so fort.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, freut es mich besonders, daß das heute zu beschließende Gesetz diesem wichtigen Anliegen der österreichischen Bevölkerung, insbesondere aber auch der österreichischen Wirtschaft Rechnung trägt. Nach vielen Versuchen in den letzten Jahren werden nun endlich tatsächlich Erleichterungen für den Bürger und vor allem für die österreichischen Betriebe geschaffen.

Erlauben Sie mir, ein bißchen in die Vergangenheit zurückzuschauen. Im Jahre 1996 gab der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen ein Memorandum heraus, das sich mit Einsparungsmöglichkeiten beim Österreichischen Statistischen Zentralamt beschäftigte. Im Jahre 1997, und zwar am 8. Juli, also vor zwei Jahren und fünf Tagen, wurde im Nationalrat ein Entschließungsantrag betreffend Entlastungsoffensive eingebracht. Im Jahre 1998 wurde von der Wirtschaftskammer Österreich ein Zehnpunkteprogramm mit dem neuerlichen Ersuchen um eine Statistik-Entlastungsoffensive an Bundeskanzler Klima gerichtet. Im Jahre 1999 wird nun endlich das erreicht, was wir uns gewünscht haben, und am 1. Jänner des Jahres 2000 wird dieses Gesetz in Kraft treten. Damit wird eine wesentliche Voraussetzung für eine umfassende Statistikreform geschaffen.

Das Vorblatt nennt unter den Zielen des Gesetzes ausdrücklich und an erster Stelle die möglichst weitgehende Entlastung der Respondenten, also der befragten Betriebe.

Ich möchte drei oder vier Beispiele bringen, um zu beweisen, wie griffig dieses Gesetz ist.

Erstens: § 6: Nutzung aller verfügbaren administrativen Daten. Um den bürokratischen Aufwand der Firmen zu reduzieren, sind zuerst alle vorhandenen administrativen Daten zu nutzen, bevor überhaupt mit einer Direktbefragung begonnen werden kann.

In den §§ 10, 25, 26 wird die Möglichkeit des Registerabgleiches geschaffen. Im § 14 Abs. 2 geht es um praxisnahe Erhebungsunterlagen. Es ist auf eine möglichst geringe Belastung und auf die Besonderheiten der zu Befragenden einzugehen. – Ich denke, es ist wichtig, branchenspezifisch zu arbeiten, auf die Betriebsgrößen Rücksicht zu nehmen.

Daneben sind noch wichtig – es gibt viele Punkte dieses Gesetzes, die man da aufzählen könnte –: Freiwilligkeit statt Zwang; Stichproben statt Vollerhebung (Beifall bei der ÖVP); Pflicht zur kostenlosen Bereitstellung elektronischer Fragebögen. – All die Forderungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die wir jahrelang gestellt haben, werden Gott sei Dank mit diesem Gesetz erfüllt, nach vierjährigem Kampf, am Ende dieser Legislaturperiode. Das freut mich, denn es ist zum Nutzen der Wirtschaft, zum Nutzen der gesamten Bevölkerung! (Beifall bei der ÖVP.)

12.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

12.53

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! (Ruf bei den Freiheitlichen: Der Barmüller hält seine Abschiedsrede!) Es ist unbestritten, daß man sich über dieses Gesetz sehr aufregen kann, Herr Abgeordneter Puttinger, Sie haben sich freudig erregt, die Liberalen tun es nicht aus Freude, sondern deshalb, weil – noch einmal – in den gesetzlichen Vorlagen, im neuen Datenschutzgesetz auch wieder nicht das Selbstbestimmungsrecht der Menschen über ihre persönlichen Daten verwirklicht worden ist, obwohl das in der EU-Richtlinie vorgesehen ist. Das wird aber nicht gemacht.

Es werden auch keine effektiven Kontrollinstanzen geschaffen, und zwar deshalb nicht, meine Damen und Herren, weil es in Österreich, was den Datenschutz anlangt, keineswegs so weit her ist, wie dies vom Herrn Staatssekretär und auch von den Rednern der Koalitionsparteien dargestellt wurde. Dies versetzt uns nicht in Staunen, denn der geistige Hintergrund, vor dem dieses Gesetz gemacht wird, und der geistige Hintergrund, mit dem die Regierungsbürokratie solche Gesetze ausarbeitet, ist durch die Aussagen des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit wohl gut wiedergegeben. Dieser hat, befragt hinsichtlich des Sicherheitspolizeigesetzes, lediglich gemeint, daß er es sich schon gewünscht hätte, da die Polizei jetzt gezwungen ist, das, was sie an Überwachung macht, im gesetzesfreien Raum zu machen.

Es war kein Aufschrei von seiten der Regierung zu hören, man hat nicht sagt: Augenblick, die Verwaltung wird immer noch aufgrund der Gesetze ausgeübt, und es dürfen Menschen nicht überwacht werden, wenn dafür keine gesetzlichen Bestimmungen vorhanden sind! – Das ist nicht geschehen, sondern der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit kann im Österreichischen Rundfunk ein Live-Interview geben und sagen: Daß das Sicherheitspolizeigesetz nicht kommt, ist schade, denn jetzt müssen wir im rechtsfreien Raum agieren!

Ich bitte Sie, auch zu bedenken, daß immer wieder Fälle auftauchen, in denen Datenhandel aus den Behörden heraus gemacht wird, in denen der Datenhandel für Behörden oder für einzelne Behördenmitglieder quasi bereits zur Nebenbeschäftigung geworden ist und zur Gehaltsaufbesserung dient, ohne daß es zu rechtlichen Konsequenzen gegenüber diesen Personen kommt. Es wird immer mehr dem Bewußtsein der Bevölkerung anheimgestellt sein, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Gefährdung der Daten, die in Österreich gesammelt werden, nicht dadurch entsteht, daß man vielleicht nichts über die Leute weiß, sondern dadurch, daß in den Händen der Behörden immer mehr Daten vorhanden sind, die von diesen dann nicht korrekt verwendet werden, mißbraucht werden.

Meine Damen und Herren! Daher ist auch der Abänderungsantrag, der ohnehin bereits eingebracht worden ist, für das Liberale Forum so zentral und wird auch von uns so fokussiert. Wir meinen, daß es notwendig ist, insbesondere im Datenschutzrat auch Vertreter von privaten Organisationen zu haben, weil das bei diesem Gesetz die Betroffenen sind.

Solange es nicht möglich wird, eine effektive Kontrolle über die Datenschutzkommission zu etablieren und einen Datenschutzrat zu haben, in dem auch die Betroffenen zu Wort kommen, wird die Kontrolle bei Mißbrauch von Daten in Österreich hinter dem zurückbleiben, was Standard ist.

Ich lade Sie daher ein, diesem Abänderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben, damit wir endlich mit einem neuen Gesetz jenen Standard auch in Österreich schaffen, der in Europa bereits Einzug gehalten hat. Wir sollten nicht in Metternichscher Art hier neue Datenschutzgesetze beschließen, die an der Situation der Überwachung in Österreich und am mangelnden Schutz von personenbezogenen Daten nichts ändern. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

12.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die vorläufig letzte Wortmeldung dazu kommt von Herrn Abgeordneten Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

12.57

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt eigentlich nur eine kleine Anmerkung dazu machen, und diese betrifft das Datenschutzgesetz.

Natürlich ist es so, wie meine Fraktionskollegin Stoisits gesagt hat: Das Datenschutzgesetz stellt gegenüber dem Status quo eine Verbesserung dar. Aber, meine Damen und Herren, es läßt nach wie vor sehr wesentliche Fragen offen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel dafür:

Wir werden am Freitag hier in diesem Haus ein Chipkarten-Gesetz, die 56. ASVG-Novelle, beschließen. Mit diesem Chipkarten-Gesetz ist dort festgelegt, daß es möglich ist, auch andere Daten abzuspeichern, wenn andere bundesgesetzliche Regelungen das bestimmen – und dafür gibt es ein Procedere. Das interessiert mich jetzt im Zusammenhang mit diesem Gesetz in einem Punkt, und zwar betrifft das die sensiblen Daten.

Dieses Gesetz versucht, sensible Daten zu definieren, besonders schutzwürdige Daten, Gesundheitsdaten, Angaben über das Sexualleben, die Gewerkschaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung. Ich lese diese Bestimmung über die sensiblen Daten und vergleiche sie mit einem Protokoll, das im Bundesministerium für Unterricht aufgenommen wurde, wo es um die Erfassung der Schüler durch neue Kennzahlen zur Verfolgung der Schülerlaufbahn geht.

In einem ausführlichen Protokoll ist festgehalten, wie man sich darüber unterhält, wie man diese Schülerdaten am besten erfassen kann. Natürlich kommt auch die Idee: Eine Möglichkeit wäre die Chipkarte. Es findet ein ausführliches Gespräch darüber statt – versuchen Sie nicht, zu verneinen, Kollege Feurstein, es ist so –, daß die Chipkarte eigentlich eine wunderbare Anknüpfungsmöglichkeit wäre, um die Schülerdaten mit zu erfassen. In Zusammenarbeit mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und bezeichnenderweise mit dem AMS wird schon darüber diskutiert. Zunächst warnt der Hauptverband noch vor der Verwendung sensibler Daten, denn diese dürften nur bei Zustimmung der betroffenen Einzelperson weitergegeben werden.

Als sensible Daten werden in diesem Protokoll bezeichnet: Noten und Fünferlisten. Im Datenschutzgesetz aber lese ich, daß das keine sensiblen Daten wären. Genauso wenig wären sensible Daten etwa Aufzeichnungen im AMS, ob jemand die Annahme einer Stelle verweigert hat oder sonst irgendein auffälliges Verhalten gegenüber dem AMS gezeigt hat, beziehungsweise in der Schule, ob jemand sonst irgendwie auffällig war. Das sind nach diesem Datenschutzgesetz keine sensiblen Daten mehr.

Daher ist es auch nicht zufällig, daß es laut Protokoll dieser Besprechung im Unterrichtsministerium heißt, es wäre denkbar und möglich, die Chipkarte und die Sozialversicherungsnummer als Anknüpfungselement zur Verarbeitung dieser Daten zu benutzen. Und weiters heißt es: Der Hauptverband sichert die Unterstützung zu – auch bei der Datenschutzgesetzänderung.

Meine Damen und Herren! Jetzt gebe ich Ihnen ein Rätsel mit auf den Weg und frage Sie: Wenn das, was im Unterrichtsministerium bereits angedacht wurde – und ich nehme an, auch in anderen Ministerien –, wirklich weitergedacht wird, nämlich wie man dieses Element Chipkarte dazu nützen kann, da es das einzig tatsächlich erkennbare Identifikationsmerkmal einer Person ist, weil dort Stammdaten jedes einzelnen österreichischen Bürgers gespeichert sind, und auch alle öffentlichen Stellen dieses Identifikationsmerkmal Chipkarte benützen, sind wir dann dem "gläsernen Menschen" ein Stück näher: ja oder nein? – Ich würde meinen, wir sind dem "gläsernen Menschen" und auch der Verarbeitung sensibler Daten, die nicht als solche definiert sind, ein verdammtes Stück näher.

Auch aus diesem Grund werden wir gegen diese Vorlage des Datenschutzgesetzes stimmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstatter ist nicht verlangt worden.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf betreffend Datenschutzgesetz 2000 in 2028 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen einen Zusatz- und einen Abänderungsantrag eingebracht.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner hat Herr Abgeordneter Dr. Krüger ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatzantrag sowie von den Abänderungsanträgen und dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile abstimmen lassen, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes.

Der vorliegende Gesetzentwurf und die Abänderungsanträge enthalten Verfassungsbestimmungen, sodaß ich zunächst einmal festhalte, daß das verfassungsmäßig gebotene Präsenzquorum gegeben ist.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 § 1 Absätze 1 und 3 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dem zustimmt, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist mehrheitlich angenommen, wobei ich ausdrücklich das Vorhandensein der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit feststelle.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 6 in Artikel 2 § 42 Absatz 1 bezieht.

Wer für diesen Antrag des Abgeordneten Dr. Kier ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 § 42 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dem zustimmt, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Ich stelle die mehrheitliche Annahme fest.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 2 § 60 Absatz 1 bezieht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Herr Abgeordneter Dr. Khol, zur Geschäftsordnung? – Bitte.

13.05

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): In meinem Croquis gibt es einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein und Genossen zu Artikel 2 § 9 Ziffer 11 und § 37. Ich bin nicht sicher, ob wir über diesen schon abgestimmt haben.

13.05

96Präsident Dr. Heinrich Neisser: Sekunde, Herr Abgeordneter! – Ich glaube, Sie haben recht. Ja, Verzeihung, das dürfte von mir übersehen worden sein.

Ich bringe jetzt folgendes zur Abstimmung: Die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 2 § 9 Ziffer 11 und § 37 bezieht.

Ich lasse jetzt über diesen Abänderungsantrag abstimmen.

Wer dem zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit, wobei die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Danke vielmals! Jetzt sind § 9 und § 37 abgestimmt.

Wir stimmen jetzt ab über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein und Genossen, der sich auf Artikel 2 § 60 Absatz 1 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ... (Abg. Dr. Kostelka: Den haben wir schon abgestimmt, Herr Präsident!) – Nein, da bin ich durch die Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Herrn Abgeordneten Dr. Khol unterbrochen worden.

Wir stimmen daher jetzt ab über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein und Genossen, der sich auf Artikel 2 § 60 Absatz 1 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich bei Vorhandensein der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen worden.

Schließlich stimmen wir ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen worden, und zwar bei Vorhandensein der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Wir kommen jetzt zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen. Ich stelle wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir stimmen jetzt ab über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz geändert wird, in 2029 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein, Dr. Krüger, Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Feurstein, Dr. Krüger, Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 11a Absatz 2 Ziffern 4 und 5 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir noch ab über den Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend das Bundesstatistikgesetz 2000 samt Titel und Eingang in 2027 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

5. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1163/A der Abgeordneten Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rundfunkgebührengesetz erlassen wird sowie das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz abgeändert werden (2039 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1162/A der Abgeordneten Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (2040 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1021/A der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 503/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/1999, geändert wird (2041 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Es liegt kein Verlangen auf Berichterstattung vor.

Ich erteile daher Herrn Abgeordneten Dr. Krüger das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.10

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst zum Rundfunkgebührengesetz: Diese Bestimmung hat die Besonderheit, daß sie nicht etwa von Abgeordneten des Hohen Hauses erarbeitet, nicht etwa von Ministerialbeamten oder vom Staatssekretariat ausgearbeitet wurde, sondern aus der Rechtsabteilung des ORF stammt. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich eingangs feststellen, daß diese Vorgangsweise nicht gerade das Idealbeispiel – um es mit besonderer Vorsicht auszudrücken – einer gelungenen Gesetzwerdung darstellt. Denn wenn es so ist, daß verschiedene Interessengruppen oder gar Unternehmen in Österreich – noch dazu jene, die eine Monopolstellung haben – einen eigenen Legislativdienst einrichten, um dann das Hohe Haus mit ihrem eigenen Gesetzesantrag in ihrem eigenen Interesse zu befassen, so ist das demokratiepolitisch höchst bedenklich.

Meine Damen und Herren! Tatsächlich hat auch der Erstentwurf – ich möchte sagen: die Erstbestellung – des ORF Bestimmungen beinhaltet, die untragbar waren, und zwar deshalb untragbar waren, weil sie einen ungezügelten Lauschangriff des ORF auf Gebührenzahler beziehungsweise mögliche Nicht-Gebührenzahler beinhaltet hätten.

Naturgemäß ist da mit einer Interessenabwägung vorzugehen. Wir Freiheitlichen verkennen nicht, daß es das legitime Interesse des ORF sein muß, die Gebührenpflicht auch tatsächlich durchzusetzen – das ist überhaupt keine Frage –, aber hier ist, da in verfassungsnahe Grundrechte eingegriffen wird, immer mit einer Interessenabwägung vorzugehen. Was ist höher zu bewerten: auf der einen Seite das legitime Interesse des ORF auf eine vollständige Gebührenzahlung oder auf der anderen Seite der Grundrechtsschutz des einzelnen?

Dieser Erstentwurf ist tatsächlich weit über das Ziel hinausgegangen, er hätte sogar vorgesehen, daß Stromlieferanten und Kabelgesellschaften auskunftspflichtig sind. – Also so geht es nicht! Ich bin froh darüber, daß es dann eigentlich Grundkonsens – sogar der Regierungsparteien – war, daß solch ein Lauschangriff zu Lasten des "gläsernen Österreichers" nicht stattfinden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich natürlich, daß sich unsere Kritik, die wir sofort angemeldet haben, als berechtigt herausgestellt hat. Wir Freiheitlichen waren es, die, so glaube ich, die lauteste Stimme gegen den "gläsernen Österreicher" erhoben haben, gegen diesen Anschlag auf die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicher. Es ist auch unser Verdienst, daß es dann zu einem abgemilderten Entwurf gekommen ist.

Der Erstentwurf ist aufgrund unserer Kritik, der sich dann Gott sei Dank auch der Datenschutzbeirat angeschlossen hat, nicht mehr zur Diskussion gestanden. Der Zweitentwurf, meine Damen und Herren, ist ein wesentlich entschärfter Entwurf und bezieht sich nur noch auf den Zugriff der Gebühreninkasso Service GmbH des ORF auf die Meldedaten. Auch da vermeinen wir, daß die Rechte dieser Gebühreninkasso Service GmbH im Vergleich zu den Rechten anderer Unternehmen – auch monopolistisch oder oligopolistisch ausgerichteter Unternehmen – zu weitgehend sind, daher verlangen wir in zweiter Lesung getrennte Abstimmung, weil wir in diesem Punkt dagegen sind.

Insgesamt können wir aber dem Rundfunkgebührengesetz sodann in dritter Lesung unsere Zustimmung geben, weil es, wenn man für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eintritt – wir von den Freiheitlichen sind immer für einen Dualismus in der Rundfunkordnung eingetreten, also für einen öffentlich-rechtlichen Teil und für einen privatrechtlichen Teil –, auch ein legitimes Interesse ist, daß der ORF zu seinen Gebühren kommt. Daher werden wir in dritter Lesung zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gerade erwähnt, daß die FPÖ immer für einen Dualismus in der Rundfunkordnung eingetreten ist – auf der einen Seite der öffentlich-rechtliche Sektor des ORF, auf der anderen Seite der Privatrechtssektor. Ich muß schon sagen, daß es sehr bedauerlich ist, daß es im Jahre 1999 – trotz Bemühungen im Verfassungsausschuß, trotz Einrichtung eines Unterausschusses, trotz Experten-Hearings – noch immer nicht dazu gekommen ist, daß es in Österreich terrestrisches Fernsehen gibt.

Vor einigen Jahren wurde der Begriff "Medien-Albanien" geprägt, insbesondere nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, die unter dem Kurzbegriff "Lentia 2000" bekannt geworden ist. Diese wurde aber auch deshalb vom Europäischen Gerichtshof herbeigeführt, weil der Bundesparteiobmann der Freiheitlichen Partei Dr. Jörg Haider mit einer Beschwerde in Straßburg erfolgreich war.

Seit dem Jahre 1993 gibt es den Begriff "Medien-Albanien" für Österreich. Er ist heute Gott sei Dank in weiten Bereichen nicht mehr zutreffend – was die duale Radioordnung anlangt, ist er überwiegend nicht mehr zutreffend, aber leider noch immer für das private terrestrische Fernsehen.

Ich meine, daß es – ich habe das auch wiederholt erwähnt – eigentlich schon eine Beleidigung von Albanien ist, wenn man sagt, wir seien im Bereich des privaten terrestrischen Fernsehens, also über den Empfang durch die Hausantenne, ein "Medien-Albanien", weil Österreich in dieser Frage hinter Albanien an die letzte Stelle in Europa zurückgefallen ist.

Dazu haben natürlich verschiedenste Motive beigetragen. Auf der einen Seite steht selbstverständlich das Interesse des ORF, möglichst lange private Konkurrenz auf dem Fernsehsektor über die Hausantenne hintanzuhalten. Ich sage noch einmal: Das ist unternehmenspolitisch legitim, aber dann sind doch, meine Damen und Herren, die Abgeordneten dieses Hohen Hauses – trotz Interessenkollisionen im Kuratorium – dazu aufgerufen, die Grundrechte in Österreich herzustellen, aufgerufen, eine duale Rundfunkordnung auch in bezug auf das Fernsehen zu ermöglichen. Daß das nicht geschehen ist, ist bedauerlich. Das stellt uns national, aber auch international in der Medienpolitik – nämlich nicht uns als Gesamtabgeordnete des Hohen Hauses, sondern den Abgeordneten der Regierungsparteien sowie den Regierungsparteien selbst – ein wirklich schlechtes Zeugnis aus.

Meine Damen und Herren! Ich komme nun auf den Bereich private Radios zu sprechen. Dieser Bereich ist ja von der dualen Rundfunkordnung Gott sei Dank schon erfaßt, wenngleich wir diesbezüglich der Meinung sind, daß es völlige Gleichstellung nur dann geben kann, wenn es endlich auch ein bundesweites Privatradio gibt, denn ein bundesweites Privatradio hätte ja in Österreich neben dem übermächtigen ORF mit seinen drei bundesweiten Frequenzen ganz andere Möglichkeiten.

Aber da mauert man seitens des ORF – berechtigt aus unternehmenspolitischer Sicht –, doch auch da wäre es in unserer Verantwortung gewesen, zumindest einen Kanal in Österreich einem bundesweiten privaten Sektor freizugeben – "Blue Danube Radio" etwa, diese vierte Kette –, ohne daß man die "international community" verärgert, weil es ja durchaus möglich wäre, den ORF in den anderen Programmen zu verpflichten, für die "international community" ebenfalls für ein Programm zu sorgen. – Also diese Wehmut schwingt hier mit.

Sehr positiv ist – das gestehe ich durchaus zu – die Regierungsvorlage betreffend eine Ausdehnung der privaten Radiofreiheit auf jene Frequenzen, die nicht von UKW umfaßt sind, also die Mittelwelle betreffend. Da stimmen wir vorbehaltlos zu.

Eines ist besonders erfreulich – ich rede hier natürlich pro domo und in eigener Sache –: Ich freue mich ganz besonders, daß es mir und meinen Kollegen von den Freiheitlichen gelungen ist, die Lizenzdauer der Privatradios von sieben auf zehn Jahre zu erhöhen. Daß das gelungen ist, ist nicht allein auf unsere Initiative zurückzuführen – das gestehen wir schon zu –, denn was sollten wir hier als Minderheitspartei, als Oppositionspartei ausrichten (Abg. Scheibner: Na ja!), wenn wir uns nicht das Wohlwollen von SPÖ und ÖVP zu dieser Änderung erworben hätten. Daher möchte ich mich auch hier offiziell bei SPÖ und ÖVP dafür bedanken, daß sie diesem sinnvollen Antrag der Ausdehnung der siebenjährigen Lizenzdauer für Privatradios auf zehn Jahre Rechnung getragen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All jene, die von Privatradio und Rundfunk eine Ahnung haben, die sich damit beschäftigen, wissen, daß es für einen privaten Betreiber ganz einfach unmöglich ist, bei dieser übermächtigen ORF-Konkurrenz innerhalb von sieben Jahren in die schwarzen Zahlen zu kommen und einen erträglichen "Return on Investment" zu erlangen. Dazu braucht man eben mindestens zehn Jahre. Es ist daher eine vernünftige Sache, einerseits eine Verlängerung der bestehenden Lizenzen um die drei Jahre auf insgesamt zehn Jahre und andererseits dann auch für die folgenden Perioden jeweils eine zehnjährige Periode vorzusehen, weil für die folgenden Lizenzen natürlich nichts anderes gelten kann.

Das ist also eine sehr positive Sache, wobei ich hinzufügen möchte, daß es natürlich eine Frage der Aufmachung nach außen ist, daß man seitens der Regierungsparteien darauf bestanden hat, daß der Name Dr. Krüger an dritter Stelle steht, obwohl Sie wissen, Herr Kollege Schieder, daß diese Initiative meine Handschrift trägt. Aber ich freue mich dennoch, daß Sie hier mitgegangen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Gesetzesantrag wegen Klarstellung der 50 Prozent. Wir haben im Ausschuß darüber diskutiert, ob es notwendig ist, das Gesetz zu ändern. – Sie sehen eine Unnotwendigkeit, weil Sie das Gesetz so interpretieren, wie es meinem Antrag entspricht. Ich bin nicht beleidigt, daß Sie gegen diesen Antrag sind, weil Sie ausdrücklich erklärt haben, Sie verstehen diesen Antrag so, daß die Bestimmung der Bewilligungspflicht von über 50 Prozent Änderung der Geschäftsanteile nur Rechtsvorgänge ab dem 1. Jänner 1999 betrifft und daß man mit 1. Jänner 1999 sozusagen bei der Stunde Null begonnen hat und alle vorhergegangenen Änderungen der Gesellschaftsverhältnisse unberührt bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend zum Rundfunkgebührengesetz: Natürlich ist es eine Enttäuschung, daß unserer Ausschußfeststellung nicht Rechnung getragen wurde, worin wir sagen, daß wir vom Nationalrat uns, da der ORF seine Interessen weitgehend durchsetzen konnte, eine Enthaltsamkeit des ORF in der Frage Gebührenerhöhung erwarten. Wir haben diesen Antrag gestellt, diese Ausschußfeststellung beantragt. Dieser Antrag ist abgewiesen worden. Wir werden jedoch als Anwälte des anonymen Gebührenzahlers darauf Wert legen und die Entwicklung genau beobachten, daß die Gebühren in den nächsten drei Jahren nicht erhöht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.– Bitte, Herr Abgeordneter.

13.22

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich kann meinem Vorredner nicht beipflichten (Zwischenruf bei den Freiheitlichen) in seinen einleitenden Bemerkungen, daß das, wenn jemand – wie hier der ORF oder in anderen Fällen andere Stellen, die ein Gesetz begutachten – uns seine Haltung, seine Meinung in Form eines Gesetzestextes übermittelt, bereits einen Anschlag darstellt. Das ist ein Vorschlag. Der Gesetzgeber ist ja nicht verpflichtet, den Vorschlag irgendeiner Gruppe in Betracht zu ziehen oder ihn gleichermaßen zu behandeln wie eine Regierungsvorlage.

Es stimmt aber, daß es datenschutzrechtliche Ungereimtheiten und Bedenken gab, daß diese ausgeräumt werden mußten und jetzt auch ausgeräumt sind. Und so bietet nun dieses Gebührengesetz wirkliche Verbesserungen. Es ist den Bedenken der Datenschützer Rechnung getragen worden, und es wird ein einfacheres und effizienteres Verfahren durch Wegfall der Bewilligung – also nur noch nach Meldung –, durch den Entfall der Stempelmarken, durch einen gebührenfreien Mobilempfang und durch die Beteiligung des ORF an der GIS, das ist jene Gesellschaft, die die Gebühren einhebt, gewährleistet.

Es erhob sich, da Telefon- und Rundfunkgebühren nun unterschiedliche kompetenzrechtliche Tatbestände sind, am Schluß noch die Frage, ob man dennoch der Meinung ist, daß sinnvollerweise weiterhin beides von der GIS besorgt werden soll. Und da ist das Verkehrsministerium davon ausgegangen, daß jener Teil, der die Befreiung von der Telefongebühr betrifft, nicht zu Mehrkosten für den Bund führt.

Ich meine, es ist das im großen und ganzen eine sehr gute Regelung, die im Ausschuß gefunden wurde, und es wird dadurch auch das ermöglicht, was ein besonderes Anliegen des Herrn Staatssekretärs gewesen ist. Es wird nämlich dem ORF ermöglicht, für österreichische Film- und Auftragsproduktionen auch entsprechende Geldbeträge zu verwenden.

Für das laufende Jahr ist es so, daß bereits Filmaufträge über 574 Millionen Schilling vergeben sind. Das ist aber quasi ein Vorgriff auf diese Regelung, die nun beschlossen wird. Der ORF plant, wie Generalintendant Weis ankündigte, für Filme, Serien, Dokumentationen und Reportagen 817 Millionen Schilling auszugeben – davon sind über 770 Millionen Schilling Auftragsproduktion, der Rest betrifft Koproduktionsanteile –, sodaß es daher bei den Auftragsproduktionen, also bei diesem Sektor, der dem Herrn Staatssekretär besonders am Herzen liegt, zu einem Plus von 240 Millionen Schilling gegenüber dem Vorjahr kommen wird. Wenn man dazu noch die Beträge nimmt, die für Team- und Personalanmietungen gezahlt werden, ist das wirklich eine sehr weitgehende Sicherung auch jener Personen, die auf diesem wichtigen Gebiet in unserer Republik tätig sind.

Das dritte, das ich hier erwähnen möchte, ist, daß bei der Änderung zum Regionalradiogesetz tatsächlich im Vordergrund gestanden ist, daß wir mit dieser Novelle auf etwas eingehen, was wir selbst bei der letzten Novelle nicht bedacht haben. Wir haben, als wir Regionalradios im UKW-Bereich geschaffen haben, nicht daran gedacht, daß es irgend jemanden geben würde, der auch im Mittelwellenbereich so etwas betreiben will, weil es auch keine internationalen Erfahrungen in diese Richtung gab, und wir hatten daher den Mittelwellenbereich damals nicht aufgenommen. – Jetzt gibt es jemanden, der sich um eine Lizenz bewirbt. Aus diesem Grund war nun auch der Mittelwellenbereich zu öffnen, und das geschieht durch diese Novelle.

Sehr wichtig, meine Damen und Herren, ist der Entschließungsantrag, der zum Antrag 1163/A beiliegt. Mit diesem Entschließungsantrag soll es nämlich ermöglicht werden, daß jene Arbeit, die im Unterausschuß zur Frage digitales terrestrisches Fernsehen geleistet wurde, mit dem Ende dieser Gesetzgebungsperiode nicht einfach verschwindet, sondern quasi erhalten bleibt und fortgeführt werden kann.

In sehr interessanten Hearings in diesem Unterausschuß hat es sich nämlich auf zwei Fragen zugespitzt. Die erste Frage lautete: Haben jene recht, die sagen, man wird um digitales terrestrisches Fernsehen nicht herumkommen, das wird in diesem Teil Europas eine künftige Notwendigkeit sein – oder haben diejenigen recht, die sagen, nein, das wird sich auf Satelliten verlagern, und das terrestrische digitale Fernsehen hat keine Zukunft?

Zweite Frage: Ist es aufgrund der bestehenden Möglichkeiten in Österreich tatsächlich so, daß man, wenn wir nun quasi neben ORF 1 und ORF 2 die dritte Kette an jemanden Privaten vergeben, nicht mehr – nie mehr! – digitalisieren kann, weil man sonst ORF 1 oder ORF 2 für viele Jahre abschalten müßte, um diese Wellen für die Digitalisierung zu verwenden? Ist es daher sinnvoll, den dritten Teil offenzulassen, damit man den ORF digitalisieren kann und dann mehr Kanäle und damit sogar mehr Möglichkeiten für Private hat?

Diese Frage konnte im Unterausschuß nicht endgültig geklärt werden und deshalb der Entschließungsantrag, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, diese Frage weiter zu prüfen.

Ich meine, wir sind mit den vorliegenden Anträgen und Gesetzesvorschlägen ein gutes Stück in diesem Bereich weitergekommen. Wir leisten ein Stück Privatisierung, wir haben ein Stück Modernisierung dabei, und wir verlieren die Arbeit nicht, die wir in dieser Gesetzgebungsperiode begonnen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.29

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schieder, der Entschließungsantrag, den Sie soeben angesprochen haben, ist allerdings ein sehr rudimentärer, denn im ersten Satz wird festgestellt, es liegen noch nicht genügend ... (Abg. Schieder: Das ist ja auch nur ein "Schuhlöffel", damit es behandelt wird!) Das ist es ja! Es hätte gemacht werden sollen. Jetzt nur den "Schuhlöffel" zu nehmen und zu sagen, daß es behandelt wird, und gleichzeitig festzustellen, es liegen noch nicht genügend Fakten vor, dennoch sollte die Bundesregierung gesetzliche Regelungen schaffen, widerspricht sich ja selbst.

Wenn schon, dann müßte man verlangen, daß mit Studien oder ähnlichem die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen geklärt werden, und darauf aufbauend kann man ein Gesetz machen. – Das tut man aber nicht. Daher glaube ich, daß es zu Recht die Kritik gibt, daß dieser Entschließungsantrag nur Hinhaltetaktik ist, weil man im Bereich des ORF eine Liberalisierung einfach nicht haben möchte.

Ungeachtet dessen, meine Damen und Herren, empfinde ich es als eine echte Chuzpe, daß sich Herr Abgeordneter Krüger als einer jener, der Rasterfahndung und Lauschangriff nicht schnell genug haben und nicht euphorisch genug zustimmen konnte, daß das in Österreich eingeführt wird, hierher stellt und darauf hinweist, wie heftig er doch für die Grund- und Freiheitsrechte gekämpft habe und wie er insbesondere gegen die Verletzungen (Abg. Scheibner: Es gibt einen Unterschied zwischen einem Gebührenzahler und einem Verbrecher!), Herr Abgeordneter Krüger, die der ORF geplant hat mit seinem Entwurf hinsichtlich der Gebührenzahlerinnen und -zahler (Abg. Dr. Krüger: Die nigerianischen Drogendealer sind etwas anderes als die Gebührenzahler des ORF!), die er überwachen wollte – womit Sie ja recht haben –, eingeschritten ist.

Nur, Herr Abgeordneter Krüger: Sie haben sich in dieser Sache allenfalls einmal hinten angehängt, als Sie draufgekommen sind, daß es vielleicht eine größere Gruppe von Personen gibt, die da in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Die Grund- und Freiheitsrechte waren nicht Ihr Anliegen, in überhaupt keiner Art und Weise, denn aufgebracht worden ist das von den Medien, nachdem es von Herrn Weis bei den Salzburger Medientagen (Abg. Böhacker: Oberlehrer!), Herr Abgeordneter Böhacker, so salopp gesagt wurde. Wir haben, weil wir sehr wohl, und zwar immer schon, in Sachen ORF und Monopol des ORF kritisch waren, daraufhin selbstverständlich eine politische Diskussion entfacht.

Daß Sie natürlich auf den Zug mit aufgestiegen sind, freut uns ja, denn wir müssen diese Fragen viel konsequenter behandeln. (Abg. Dr. Krüger: Ich glaube, du brauchst 20 Jahre, bis du deinen FPÖ-Komplex ablegst!) Aber daß sich jetzt die Befürworter von Rasterfahndung und Lauschangriff, nämlich Sie, Herr Abgeordneter Krüger, hier herausstellen und so tun, als wären sie die Hüter der Grund- und Menschenrechte in unserem Lande, das schlägt – das sage ich Ihnen – dem Faß den Boden aus. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Beim Rundfunkgebührengesetz, das von der Koalition – jetzt zwar zugegebenermaßen entschärft – beschlossen werden wird, bleibt das Grundproblem nach wie vor aufrecht: Die GIS, an der sich der ORF zu 50 Prozent beteiligen wird, wird von den Meldebehörden Daten zur Verfügung gestellt bekommen. Das war in einer noch viel überbordenderen Form im Entwurf des ORF vorgesehen, aber auch jetzt wird es dazu kommen, daß von staatlicher Seite her einer privaten Firma Daten zur Verfügung gestellt werden, die zu ganz anderen Zwecken erhoben wurden.

Wir meinen daher, daß da die Abwägung nicht gelungen ist und daß das ein Vorgehen ist, das falsch ist.

Wir halten es auch nicht für sinnvoll, daß rund 1,5 Prozent der eingehobenen Gebühren durch diese GIS in Zukunft dem Finanzministerium als pauschale Abgeltung für Kosten des Berufungsverfahrens zufließen – wobei überhaupt nicht klar ist, wie viele Berufungen und dergleichen es geben wird, sondern da gibt es ganz einfach eine pauschale Abgeltung. Auch die Gesellschaft selbst wird 2,5 Prozent der Beträge als Vergütung einbehalten können.

Darüber hinaus kommt es jetzt erstmals noch dazu, daß dem ORF vom Bund jener Programmentgeltentfall abgegolten wird, der durch diverse Befreiungen entsteht. Wir halten das für ein Vorgehen, das dem ORF natürlich gefallen wird – man konnte sich dem seitens der Regierungsfraktionen vor Wahlen offensichtlich nicht verschließen –, aber fair ist es nicht.

Genausowenig ist es fair, meine Damen und Herren, daß mit dem Programmentgelt in Zukunft weiterhin der Kunstförderungsbeitrag eingehoben werden wird. Auch der Kulturschilling wird einfach via ORF-Gebühren per Zahlschein vorgeschrieben werden. Wir halten es für notwendig, daß es zu einer Trennung bei der Einhebung von ORF-Gebühren und anderen Steuern kommt, und wir werden daher aus diesen Gründen dem vorgeschlagenen Rundfunkgebührengesetz und der vorgeschlagenen Änderung nicht zustimmen.

Daß man den Bereich der Mittelwellensender geöffnet hat, ist gut, das stimmt. Für problematisch halten wir nach wie vor die Regelung, daß es 26 Prozent Beteiligung anderer Medienunternehmen geben kann, denn mit der Öffnung, die Sie jetzt machen werden, werden Sie nicht einer größeren Meinungsfreiheit Tür und Tor öffnen, sondern es werden jene Meinungscluster, die schon existieren, auch im Mittelwellenbereich verstärkt. Das halten wir für den falschen Weg, und wir werden daher aus diesem Grund auch dieser Regierungsvorlage nicht unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Morak.  (Abg. Morak: Wieviel Zeit habe ich?) 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.34

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Ich bringe gleich anfangs meines kurzen Debattenbeitrages den Abänderungsantrag Schieder, Morak, Krüger – oder in der freiheitlichen Leseart: Krüger, Morak, Schieder – ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Schieder, Morak, Dr. Krüger und Genossen zum Antrag 1162/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes 2040 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Antrag wird wie folgt abgeändert:

1. Nach Z 3c wird folgende Z 3d eingefügt:

3d. In § 17 Abs. 1 erster Satz wird das Wort "sieben" durch "zehn" ersetzt.

2. Nach Z 7 wird folgende Z 7a eingefügt:

7a. § 25a Abs. 1 lautet:

"(1) § 17 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/1999 ist auch auf alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtskräftigen Zulassungen anzuwenden."

3. Z 8 lautet:

8. Nach § 26 Abs. 6 wird folgender Abs. 7 eingefügt:

"(7) Die §§ 1, 2, 3, 13 Abs. 11 dritter Satz, 14 Abs. 1, 17, 23a bis 23f und 24 bis 26 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/1999 treten am 1. August 1999 in Kraft."

*****

Ein paar Anmerkungen zum Rundfunkgebührengesetz. Die Ausgangslage war klar: hier der ORF, dem die Kosten der Rechte, die Produktionskosten, kurz die Programmkosten davonlaufen, auf der anderen Seite der Ruf vor allem auch der ÖVP nach einem besseren, öffentlich-rechtlicheren, nach einem qualitativ hochwertigeren Programm und nach besseren Inhalten, und die dritte Seite betraf dann die Lage auf dem Gebührensektor.

In Österreich sind – und das ist eine politische Entscheidung gewesen – 315 000 Menschen von den Gebühren befreit; die Kosten wurden auf den ORF abgewälzt. Auf einem ähnlichen Markt, nämlich in der Schweiz, gibt es nicht 315 000 Gebührenbefreiungen, sondern 28 000. Das nur als Vergleichszahl, wobei man aber auch dazusagen muß, daß in der Schweiz die Gebühren höher sind als in Österreich. Beides nebeneinander – das kann sich jeder vorstellen – funktioniert nicht.

Es gab dann noch die Kompliziertheit – darauf ist Kollege Schieder schon eingegangen – bei der Erlangung einer Rundfunkbewilligung und einer zusätzlichen Bewilligung für mobile Rundfunkgeräte. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit einer Neuordnung durch den Gesetzgeber.

Es ist bereits mehrfach darauf eingegangen worden, daß die Gebühreinhebung über ein Inkassobüro stattfinden wird, an dem der ORF zu 50 Prozent beteiligt ist. Dabei gibt es Zugriff nur auf die Meldedaten. Es kommt zu Änderungen im Bereich der Meldepflicht, es gibt Erleichterungen, und für den Tourismus und alle Haushalte gibt es Veränderungen im Bereich der mobilen Empfangsgeräte bei Bestehen einer aufrechten Meldung für ein stationäres Gerät.

Wesentlich scheinen mir als Kulturpolitiker die Änderungen, die sich aus der Gebührenbefreiung und dem Aufkommen der öffentlichen Hand für diese Befreiungen ergeben, zu sein. Dadurch werden im Produktionsbereich nachhaltige Veränderungen stattfinden – wir reden hier von einer Summe von 800 Millionen Schilling –, und das ist für die österreichische Filmwirtschaft lebensnotwendig, wie man auch hinzufügen muß. Das geschieht in vier Stufen, im Jahre 2001 beginnend, und das wird möglicherweise einen Innovations- und Produktionsschub im österreichischen Film- und Fernsehwesen hervorrufen.

Hinzuweisen wäre dann noch auf den Kunstförderungsbeitrag. Vor allem wäre dem Herrn Staatssekretär zu sagen, er sollte sich einmal überlegen, ob man diesen Kunstförderungsbeitrag, wenn es ihn schon gibt, nicht dorthin bringen sollte, wohin er gehört, nämlich zu den Künstlern. Man könnte möglicherweise die Künstler-Sozialversicherung darauf aufbauen. Es ist schon klar, daß Geld, das man aus der Produktion nimmt und in die Pensionen steckt, dann hinterher immer bei der Produktion fehlt. Aber wenn man sich schon so aus dem Fenster hängt für eine Künstler-Sozialversicherung – und ich finde das durchaus in Ordnung –, dann muß einem klar sein, daß das in der Produktion fehlt, auf der anderen Seite gibt es jedoch eine soziale Absicherung. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.39

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Als erstes ist es mir ganz wichtig und ganz wesentlich, festzustellen, daß die grüne Fraktion, obwohl wir dem Rundfunkgebührengesetz als Ganzem unsere Zustimmung nicht geben, eine getrennte Abstimmung bezüglich des Punktes verlangt, in dem es um die 600 Millionen Schilling für den ORF – so quasi für das entgangene Programmentgelt bei Befreiungen – geht. Das ist ein wesentlicher Betrag, der dem ORF zugute kommt und mit dem gutes ORF-Programm gemacht werden kann. Deshalb haben wir, um das explizit zu betonen, einen Antrag auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ebenso wesentlich ist es mir, zu betonen, daß die langjährige Forderung der Grünen, daß der ORF selbst sein Programmentgelt einhebt, jetzt durch die Gebühreninkasso Service GmbH, an der der ORF beteiligt ist, umgesetzt wird. Dagegen gibt es prinzipiell nichts einzuwenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß man aber diese beiden Punkte, von denen ich gesprochen habe, vor allem die Inkassohoheit des ORF, wenn ich das so nennen darf, jetzt in unterschiedlichen Gesetzen regelt, vor allem im Rundfunkgebührengesetz, das nichts mit dem Programmentgelt und mit dem Geld, das der ORF für sich zu Recht beansprucht, zu tun hat, stört uns am allermeisten. Warum wird das, was dem ORF zu Recht zusteht, nicht im Rundfunkgesetz geregelt?

Es werden heute für diese ganz wenigen Punkte so viele Gesetze geändert, sodaß das allein schon Ausdruck dieser Unübersichtlichkeit ist. Man muß das Fernmeldegebührengesetz, die Rundfunkverordnung, das Telekommunikationsgesetz, das Rundfunkgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz ändern, um das zu erreichen, was eben heute mit diesen Gesetzesänderungen erreicht wird.

Unser und mein wesentlichster Kritikpunkt bezieht sich auf die Tatsache, daß von staatlicher Seite in Österreich tatsächlich 16 S pro Monat dafür eingehoben werden, daß man ein Fernsehgerät besitzt, und 5 S werden im Monat dafür eingehoben, daß man ein Radiogerät besitzt. – Die Menschen würden sich doch auf den Kopf greifen, wenn Sie zu Ihnen kommen und sagen würden: Dafür, daß du zu Hause einen Computer besitzt, hebt der Staat jetzt eine Gebühr ein. Weil man mit einem Computer noch mehr anfangen kann als mit einem Radiogerät, bei dem man nur zuhören kann, bezahlst du nicht 5 S, sondern 17 S im Monat. – Kein Mensch hätte Verständnis dafür! Aber es ist so hinsichtlich der Rundfunkempfangsgeräte, also der Radioapparate und Fernsehgeräte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erklären Sie mir einmal, was das damit zu tun hat, was aus dem Radiogerät kommt! In diesem Fall beziehe ich mich in erster Linie auf den ORF. Der ORF hat von diesen 16 S monatlich für ein Fernsehgerät und 5 S monatlich für ein Radiogerät – das macht immerhin 192 S pro Jahr für ein Fernsehgerät und 60 S für ein Radiogerät aus – nichts! Er sieht überhaupt nichts von diesem Geld; das ist eine Steuer. Das ist eine Steuer aufgrund der Tatsache, daß man ein Empfangsgerät besitzt. – Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der zentrale Kritikpunkt.

Meine Damen und Herren! Wir haben selbstverständlich nichts dagegen, daß beispielsweise Kabelbetreiber von ihren NutzerInnen ein Entgelt verlangen. Sie bieten auch etwas dafür, nämlich den Zugang zu den Programmen. Erst recht ist selbstverständlich nichts dagegen einzuwenden, daß der ORF ein Programmentgelt bekommt. Er bietet auch etwas dafür, nämlich gutes Radio- und Fernsehprogramm, welches natürlich immer verbesserungsfähig ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darum frage ich mich: Warum gibt es diese totale Verkomplizierung in diesen vielen Gesetzen für eine solch einfache Sache?!

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen gesetzlich festgeschriebenen Auftrag. Für diesen gesetzlich festgeschriebenen Auftrag, den er zu erfüllen hat, hat er das Recht, ein Entgelt zu verlangen und es auch jetzt, neuerdings, einzutreiben. Aber daß der Staat für den bloßen Besitz eines Radioapparates und eines Fernsehgerätes eine Gebühr oder eine Steuer einhebt, das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat mit dem legitimen Anspruch des ORF auf Programmentgelt nichts zu tun! Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lehne es nicht ab, daß Kulturschillinge aufgrund landesgesetzlicher Regelungen eingehoben werden, die unter anderem auch dem ORF zufließen, oder daß es das Kunstförderungsbeitragsgesetz, das auch geändert wird, gibt, weil es dem ORF zugute kommt. Aber das, wovon hier geredet wird, hat mit dem, was Sie hören und sehen, überhaupt nichts zu tun. Das ist eine simple Steuer, und das wollte ich einmal dezidiert gesagt haben.

Jetzt zum zweiten Antrag: Herr Kollege Krüger und auch Peter Schieder haben schon vom Regionalradiogesetz gesprochen. Gegen die Änderungen, die hier heute vorgenommen werden, gibt es nichts einzuwenden, absolut nichts. Wohl einzuwenden habe ich etwas gegen die zwischen Tür und Angel vorgenommene Änderung betreffend die Ausweitung der Lizenzdauer. (Abg. Schieder: Es wurde im Ausschuß besprochen! Das ist im Ausschuß besprochen worden!) – Ich war auch im Ausschuß, aber daß es heute beschlossen werden soll, so habe ich es nicht verstanden. (Abg. Koppler: Man kann doch nicht so ins Detail gehen!)

Meine Damen und Herren! Gerade Herr Kollege Schieder, aber auch Dr. Krüger haben nicht erläutert, welchen Zweck das eigentlich haben soll. (Abg. Dr. Krüger: Ich habe das schon erläutert!) Ein guter Radioveranstalter braucht doch keine Angst um seine Lizenz zu haben. Aber ich – jetzt spreche ich als Konsumentin und Hörerin – habe überhaupt kein Einsehen dafür, daß ein Radio, das sich "Regionalradio" nennt, den ganzen Tag nichts anderes tut, als CDs abzuspielen, seine Lizenz auf drei Jahre verlängert bekommt. Ich rede jetzt als Hörerin. Man möge mir einmal erklären, welchen Hintergrund das hat.

Ich sehe diese Beschränkung auf sieben Jahre in gewisser Hinsicht als Kontrollfunktion, und zwar nicht inhaltlicher Natur, sondern in der Richtung, ob tatsächlich die Grundlagen, für die man eine Lizenz bekommen hat, erfüllt wurden. Es hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, vielfach den Anschein, daß das, was man in diesen Antrag geschrieben hat und was die Grundlage für die Lizenzerteilung war, mit dem, was ein Regionalradio derzeit vielfach bietet, nichts mehr zu tun hat. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ein Allerletztes zum Regionalradiogesetz, dem wir zustimmen, bei dem uns aber etwas Wesentliches fehlt, das eigentlich politisch längst akkordiert ist. Es wird zumindest immer dann lauthals verkündet – jetzt beziehe ich mich vor allem auf die ÖVP –, wenn Interessierte, sozusagen Lobbies vorsprechen, da sind Sie immer dafür, aber im Parlament, wenn es darum geht, wollen Sie nichts davon hören, nämlich von der Verankerung der freien, nichtkommerziellen Radios im ORF.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Kennen Sie "Radio Stephansdom"? – "Radio Stephansdom" ist ein nach meinem Dafürhalten klassisches freies, nichtkommerzielles gutes Radio, wie Herr Dr. Krüger sagt. Was haben Sie dagegen, daß Sender wie "Radio Stephansdom" gesetzlich verankert werden? (Abg. Mag. Kukacka: Das stimmt nicht! Nach der Definition des freien Radios ist "Radio Stephansdom" kein freies Radio! "Radio Stephansdom" ist kein freies Radio! Keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren! Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Freunde und Freundinnen betreffend den Antrag der Abgeordneten Peter Schieder, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit das Regionalradiogesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nach Z 3c werden folgende Z 3d und 3e eingefügt:

3d. Nach § 19 folgender § 19a eingefügt:

"§ 19a Freie, nichtkommerzielle Radios sind nicht auf Profit ausgerichtete Organisationen, die einen allgemeinen und freien Zugang zu Sendeflächen für Rundfunkveranstaltungen garantieren und bereitstellen, um die freie Meinungsäußerung zu fördern. Freie Radios sind kein Privateigentum eines einzelnen, sondern sind gemeinsam von ihren NutzerInnen getragene Organisationsformen, die vor allem dem Prinzip der Gemeinnützigkeit unterliegen. Die Tätigkeit ist nicht auf Gewinn gerichtet und verfolgt das Prinzip eines werbefreien Radios ohne kommerzielle Produktwerbung."

3e. In § 20 Abs. 2 Z 1 wird nach der Wortfolge ,oder im Fall von Spartenprogrammen‘ folgende Wortfolge ,oder von Programmen nichtkommerzieller Hörfunkveranstalter‘ eingefügt.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute allgemeine Meinung, daß nichtkommerzielle Hörfunkveranstalter schon längst ein wesentlicher Bestandteil der Hörfunklandschaft sind und vor allem aus demokratiepolitischer Sicht einen wesentlichen Beitrag zur Medienvielfalt und Repräsentanz der unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen leisten, ihre Meinung lautstark artikulieren zu können. Deshalb wäre es nur konsequent, nichtkommerzielle Radios im Gesetz zu verankern. Das ist zwar längst akkordiert, aber es geschieht leider nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluß kommend: Heute wird das letztemal in dieser Legislaturperiode das Rundfunkrecht diskutiert. Der Herr Bundeskanzler, damals hieß er noch Vranitzky, hat in seiner Regierungserklärung und die beiden Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsabkommen immer wieder von der "großen ORF-Reform" gesprochen. Ich habe das sehr, sehr oft gehört. Je intensiver wir uns aber vom Beginn einer Gesetzgebungsperiode und einer Arbeitsgemeinschaft der beiden Parteien entfernt haben, umso weiter in die Ferne ist die große ORF-Reform gerückt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen, daß zwar dagegen, was Herr Kollege Schieder hier so lobend über den Inhalt des Entschließungsantrages gesagt hat, nichts einzuwenden ist, aber: Wozu sind wir denn so lange im Unterausschuß gesessen? – Dort waren genau jene Experten, die die Grundlagen bereits geliefert haben, und jetzt wollen Sie die Bundesregierung wieder auffordern, Experten miteinzubeziehen, um Grundlagen zu erarbeiten.

Da macht das Parlament einmal etwas Sinnvolles und ladet alles, was auf diesem Gebiete Rang und Namen hat, ein, um die Meinungen zu hören, und dann sagt der Gesetzgeber, jetzt muß ich wieder die Regierung fragen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Entschließungsantrag dokumentieren Sie sozusagen Ihre eigene Unfähigkeit zur Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse!

Deshalb halte ich das in rundfunkrechtlicher Hinsicht für einen ziemlich unwürdigen Abschluß dieser Gesetzgebungsperiode, und ich muß sagen, ich bin ziemlich enttäuscht. (Beifall bei den Grünen.)

13.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.52

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod državni sekretar! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollege Schieder, ich muß Ihre Ausführungen im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag, den Sie vorgetragen haben, ein bißchen korrigieren.

Die Wahrheit ist, daß die Dinge eigentlich entscheidungsreif sind. Die Experten-Hearings haben klar gezeigt, daß wir die Probleme kennen und wissen, wie die Lösungen aussehen sollen, aber ich verstehe natürlich die Bundesregierung, daß sie Angst hat, vor den Wahlen einen solch entscheidenden Einschnitt zu machen. Das sollte man auch zugeben. Das heißt, das scheint nicht der beste Zeitpunkt für diese Entscheidung zu sein.

Wir haben schon öfter darüber gesprochen, aber ich bin der Auffassung, daß die Sachen eigentlich schon auf dem Tisch liegen. Wir haben nicht so viele Wahlmöglichkeiten, aber jede Entscheidung ist natürlich schwer. Das heißt, wir müssen digitalisieren, und wir wissen, daß es nicht viele Möglichkeiten gibt. Der dritte Kanal ist sozusagen der Kanal zum Öffnen, das müssen wir machen, dafür müssen wir wahrscheinlich den jetzigen Privatbetreibern, zumindest für einige Zeit, Platz auf dem zweiten oder ersten Kanal des ORF machen.

Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nützen, auf folgendes hinzuweisen: Wie Sie vielleicht aus den Medien erfahren haben, werde ich dem Hohen Hause in Zukunft nicht mehr angehören, ich werde nicht mehr kandidieren. Ich richte daher einen dringenden Appell vor allem an Kollegen Schieder, der mir im Wort ist. Ich habe im Zusammenhang mit den Volksgruppenradios, mit den Volksgruppenradio-Gesellschaften einige sehr wichtige Anträge eingebracht. Diese Anträge werden unter Umständen der Geschichte anheimfallen, wenn Sie, Herr Obmann, diese in der nächsten Legislaturperiode nicht doch ans Tageslicht ziehen.

Ich bitte Sie inständig, daß Sie diese – damit zeigen Sie vielleicht auch Ihre Größe – Anträge stellvertretend für mich in der nächsten Legislaturperiode einbringen! Machen Sie das? – Sie müssen sich damit nicht voll identifizieren. Sie können sagen, das ist in lieber Erinnerung an ein ehemaliges Mitglied dieses Hauses. Aber das wird Ihre Größe zeigen, denn dann haben wir sofort jenes Niveau im Verfassungsausschuß, das wir für die Erörterung dieser Anträge brauchen.

Ich möchte diese Anträge nur stichwortartig wiederholen, ich habe sie schon vorgetragen. Es geht einmal um eine grundsätzliche Änderung des Rundfunkgesetzes. In diesem Zusammenhang möchte ich an Herrn Schuppich erinnern, der jahrelang Obmann und Vorsitzender der Hörer- und Sehervertretung war. In seiner letzten Rede in der Öffentlichkeit sprach er unter anderem davon, daß er der Auffassung ist, daß in der Hörer- und Sehervertretung auch die Volksgruppen vertreten sein sollten.

Ich glaube, dieses Vermächtnis könnten wir ernst nehmen und in diesem Sinne auch das Rundfunkgesetz novellieren. Wichtig wäre es insgesamt, im § 2 die Hinweise so zu formulieren – das hat der ORF sehr oft in Gesprächen uns gegenüber verlangt oder zumindest moniert, wenn wir es haben wollen, dann muß es so sein –, daß man die ethnischen Gruppen in Österreich als besonders zu berücksichtigende Gruppen laut § 2 Rundfunkgesetz ansieht. Da verweise ich auf meinen Antrag.

Weiters – das betrifft das Privatradiogesetz – wäre es angesichts der schlechten Budgetsituation äußerst wichtig, daß die Möglichkeit bestünde, daß der Rundfunk Volksgruppenbetreibern Sendeanlagen kostenlos zur Verfügung stellt oder daß als Alternative – oder/und, wie man es will – die Möglichkeit besteht, daß sich der ORF an diesen Betreibern unter speziellen Voraussetzungen und Gesellschaften mitbeteiligt und das Benützen von Sendeanlagen in die Gesellschaft einbringt. – Das sind meine Anträge.

Insgesamt verweise ich auf den sehr beachtlichen Antrag der Liberalen betreffend eine Medienanstalt. Auch dieses Thema sollte nicht unter den Tisch fallen, auch wenn ich glaube, daß Sie nicht den Mut haben werden, diesen Antrag so, wie er hier vorliegt, umzusetzen. Aber ich bitte Sie zumindest ... (Abg. Schieder: Das ist keine Frage des Mutes, sondern das ist eine Frage des Wollens!) – Sie haben den guten Willen, haben Sie gesagt, daher setze ich voraus, daß Sie gute Dinge machen werden. Ich schlage nur vor, ich kann Sie dazu nicht zwingen.

Ich möchte aber auch auf die ganz prekäre Situation der Volksgruppenradio-Gesellschaften und -Betreiber verweisen. In einem Brief vom 21. April 1999 betreffend die prekäre Situation schreibt einer der Geschäftsführer an das Bundeskanzleramt folgendes – ich zitiere –:

Wie Sie wissen, müssen wir den Großteil der Subvention, die von der Bundesregierung kommt, an den ORF weiterleiten. Das heißt, das ist ein Durchlauferposten, das beinhaltet keine Minute Sendezeit, weil wir damit die Benützung der ORF-Anlagen bezahlen müssen. Wir haben aber große Schwierigkeiten, ein relevantes Werbeetat zu schaffen. – Zitatende.

Im Sinne der Rahmenkonvention – Herr Staatssekretär, da appelliere ich vor allem an Sie, wir sind ja, was die Berichtspflicht betrifft, im Verzug, wir hätten schon am 1. Juli berichten sollen, haben wir aber nicht getan – ist es nicht nur mehr eine Frage der Benevolenz der Bundesregierung, wie es dem "Radiobetreiber Volksgruppe" geht. Es ist nicht nur mehr die Frage, geben wir ihnen freiwillig mehr Geld, sondern es ist eine Verpflichtung, die Österreich aufgrund der Rahmenkonvention übernommen hat. In diesem Sinne kann ich die Antwort eines Kabinettsmitgliedes des Herrn Bundeskanzlers, nämlich des Pressesprechers, einfach nicht verstehen, der abschließend sagt: Sie bekommen kein Geld. – Das ist der erste Teil des Briefes.

Der zweite Teil lautet: Ich hoffe sehr, daß es gelingt, die von Ihnen skizzierte Gefahr einer Insolvenz und Einstellung des Sendebetriebes durch die Erschließung anderer Einkommensquellen und durch Reduzierung der Kosten zu bannen. – Zitatende. Das ist die einzige Antwort. Wir wissen aber, was solch ein Tagesprogramm tatsächlich kostet, denn der ORF hat es für die Bundesregierung errechnet; da sind wesentlich höhere Beträge vorgesehen.

In diesem Sinne ist auch in diesem Bereich für die derzeitige Bundesregierung, aber auch für die kommende leider noch sehr viel Arbeit übriggeblieben. Ich kann nur sagen: Glück auf und etwas mehr Mut! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

13.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. – Bitte, Herr Staatssekretär.

13.59

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich festhalten, daß die Bundesregierung die Initiative zur Neuregelung des Gebühreneinzuges begrüßt. Ich meine, daß das eine effiziente und moderne Art ist, die damit Anschluß an andere europäische Vorbilder findet.

Ich glaube, daß da der richtige Schritt gesetzt wurde, und zwar einerseits, um zu verhindern, daß es Schwarzseher in jenem Maße gibt, wie das derzeit der Fall ist, weil das denjenigen gegenüber ungerecht ist, die bisher Gebühren zahlen, und andererseits gibt es auch gewisse Vergünstigungen; der Mobilempfang soll nicht mehr gebührenpflichtig sein.

Als Kulturpolitiker begrüße ich natürlich ganz besonders die Entscheidung des ORF – dies wurde auch mir mitgeteilt –, daß jener Betrag, der aus der Refundierung der Gebührenbefreiung nun an den ORF fließt, für österreichische Filmproduktionen verwendet wird.

Das ist ein ganz wichtiges Anliegen für die Filmindustrie in Österreich, und das ist ein großer Sprung vorwärts, weil es zu Innovationen, zu einer dauerhaften Beschäftigung kommen wird und damit der ORF eine ganz wichtige kulturelle Verpflichtung übernimmt, nämlich den österreichischen Film über Auftragsproduktionen zu fördern. Diese Vorgangsweise ist aus kulturpolitischer Sicht sehr zu begrüßen.

Hinsichtlich des Entschließungsantrages darf ich seitens der Bundesregierung festhalten, daß wir einerseits die Ergebnisse dieser Enquete ganz gewissenhaft prüfen werden und daß wir derzeit bei der Installierung einer Expertengruppe sind, die aus Fachleuten besteht, die aus Ländern kommen, in denen es schon digitales Fernsehen gibt, in denen es einige, eben ausländische Fernsehanstalten gibt. Diesbezüglich werden schon seit einigen Jahren große Bemühungen unternommen. Wir versuchen, dieses Know-how in diese Expertengruppe einzubinden, um letztendlich zu einer Lösung zu kommen, die zukunftsorientiert und zukunftsweisend ist.

Hinsichtlich der Effizienz des Frequenzmanagements darf ich nur darauf hinweisen, daß wir uns mit dem Gedanken getragen haben – auch weiterhin tragen – und diesbezüglich auch mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr in Verhandlungen stehen, die Frequenzfindung nach öffentlicher Ausschreibung auch privaten Unternehmen zu übertragen, um zu einer größeren Effizienz und zu einer größeren Transparenz zu kommen. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg. Ich habe das schon im Ausschuß gesagt.

Grundsätzlich zu begrüßen ist natürlich auch die Entscheidung, das Regionalradiogesetz dahin gehend zu ändern, daß auch die Mittelwelle davon umfaßt ist. Ich glaube, im großen und ganzen ist das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung mit richtigen Zeichen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Seitens des Berichterstatters wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir kommen aber dennoch nicht zur Abstimmung. Es wurden nämlich kurzfristig Abänderungs- beziehungsweise Zusatzanträge sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht. Eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung dieser Abstimmung reicht nicht aus. Daher verlege ich die Abstimmung über diese Tagesordnungspunkte geschäftsordnungsgemäß auf den Zeitpunkt nach der Abstimmung zu den Punkten 8 bis 13 der Tagesordnung. Sie soll aber jedenfalls noch vor 15 Uhr, also vor Aufruf der Dringlichen Anfrage stattfinden. (Abstimmung: siehe S. 105.)

Wir setzen nun in der Tagesordnung fort.

8. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses betreffend den Bericht (III-178 der Beilagen) der Bundesregierung über den Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen (2033 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1173/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (2034 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 1065/A (E) der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend die Beseitigung von Diskriminierungen für blinde Personen in Personenstandsangelegenheiten (2035 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1159/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (2036 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Bericht (III-195 der Beilagen) der Bundesregierung zur Entschließung des Nationalrates E 151-NR/XX. GP vom 16. Dezember 1998 über Maßnahmen zugunsten der Gehörlosen und Schwerhörenden (2037 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 554/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Überprüfung der Verfassungskonformität der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (2038 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zu den Punkten 8 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Es werden uns hiebei Gebärdendolmetscher zur Verfügung stehen.

Wir haben keine mündliche Berichterstattung, treten also in die Diskussion ein.

Zuerst erhält das Wort Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

(Die Debattenbeiträge zu diesen Tagesordnungspunkten werden von Gebärdendolmetschern, die neben dem Rednerpult stehen, übersetzt.)

14.04

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Jeder, der in Österreich mit Behinderten zu tun hat oder der selbst behindert ist, wird mir sicherlich recht geben, wenn ich sage, daß Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in der Behindertenpolitik nachhinkt. Ein Ausdruck dieses Nachhinkens ist, daß wir uns jetzt am Ende dieses Jahrhunderts damit befassen müssen, welche diskriminierenden Bestimmungen es in der Bundesgesetzgebung gibt.

Außerdem ist meiner Meinung nach das größte Manko in der österreichischen Behindertenpolitik, daß es kein Antidiskriminierungsgesetz gibt. Dieses Fehlen eines Antidiskriminierungsgesetzes ist eigentlich auch der Grund dafür, daß wir jetzt die Gesetzgebung durchsuchen mußten, welche behindertendiskriminierenden Bestimmungen es gibt, denn hätten wir ein Antidiskriminierungsgesetz, dann wären all diese Mängel in unserer Rechtsordnung schon lange aufgedeckt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben jetzt diesen Bericht der Bundesregierung vorliegen. Ich tue das sehr selten, daß ich meine Achtung, Hochachtung oder meinen Dank den Beamten gegenüber ausspreche, weil sie schließlich und endlich für das Parlament zu arbeiten haben, aber ich glaube, daß die Beamten der Ministerien und insbesondere der Sektionschef, der die Leitung dieser Kommission übernommen hat, in dieser Sache wirklich sehr viel getan haben, um diesen Bericht einigermaßen zeitgerecht fertigzubekommen und auch die Ministerien dazu zu bringen, ihre Arbeit ordentlich zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Anhand dieses Berichtes sehen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es eine Reihe verfahrensrechtlicher Benachteiligungen gibt, mit denen Behinderte zu kämpfen haben. Ich möchte mich aber heute gar nicht damit befassen, weil ich glaube, daß das die weniger gravierenden Dinge sind, mit denen ein Behinderter belastet ist, sondern ich möchte mich vielmehr mit den materiellen Dingen auseinandersetzen. Da ist einmal – das ist im Bericht festgehalten, wir wissen es schon lange –, daß zum Beispiel für den Lehrberuf oder den Beruf eines Richters Voraussetzung ist die vollkommene körperliche Integrität, das heißt körperliche Eignung. Also warum ein Richter oder ein Lehrer nicht im Rollstuhl sitzen darf, müßte uns erst nachgewiesen werden.

Die Ministerien versuchen, wortreich zu rechtfertigen, warum es diese Diskriminierung gibt. Ich glaube, die Ministerien hätten große Veranlassung, diese diskriminierende Bestimmung einmal wegzubekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wesentlicher Mangel ist meiner Meinung nach auch, daß die Länder nicht verpflichtet wurden, in ihren Bereichen ebenfalls ihre Rechtsordnungen nach Benachteiligungen zu durchforsten, denn gerade Behindertensachen sind Ländersache. Es geht uns auch und vor allem darum, daß Behinderte am täglichen Leben teilnehmen sollen, ohne in irgendeiner Weise eingeschränkt zu werden.

Das gibt es jetzt nicht: Die Bauordnungen sind nach wie vor so gestaltet, daß sie behindertenfeindlich sind. Es ist nach wie vor gang und gäbe, Gebäude zu errichten, die von Behinderten nicht betreten werden können, und zwar sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Die Bundespolizeidirektion Wels läßt ein neues Wachzimmer bauen, in dessen Eingangsbereich es Stufen gibt. (Abg. Haidlmayr: Weiz ist das! Weiz in der Steiermark!) Das dürfte es doch eigentlich überhaupt nicht geben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder die Musikschule in Döbling: Herr Bezirksvorsteher Tiller sagt: Wir haben die schönste Musikschule der Stadt. – Das Gebäude ist von den Schwestern Hainisch geschenkt worden. Renoviert wurde es um 20 Millionen Schilling von der Gemeinde Wien. Aber – Sie werden es kaum glauben – in diesem Gebäude gibt es keinen Aufzug! Das heißt, Behinderte können im Festsaal im ersten Stock nicht anwesend sein; sie können nur unten im Eingangsbereich sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie alle haben es in Ihrer Hand, diese behindertenfeindlichen Bestimmungen in Österreich abzuschaffen. Ist es Ihnen schon einmal passiert, daß Sie von zu Hause weggegangen sind, ins Kino gehen wollten, eine Kinokarte gehabt und gewußt haben, welchen Film Sie sich anschauen wollen, aber Angst haben mußten, ob Sie überhaupt ins Kino dürfen? – Wahrscheinlich nicht. Wenn Ihnen das einmal passieren würde, dann wäre es Ihnen selbst ein dringendes Anliegen, etwas zu tun, damit so etwas nicht mehr geschehen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Beispielsweise ist das Apollo-Kino in Wien, um nur eines zu nennen, um 10 Millionen Schilling renoviert worden, aber nur drei Säle sind behindertengerecht, der Rest nicht. Die Behinderten können sich entweder die Filme anschauen, die in diesen drei Sälen gezeigt werden – oder sie können wieder nach Hause gehen.

Oder – das steht auch im Bericht – sind Sie schon einmal, wenn Sie geflogen sind, gefragt worden, ob sie ein ärztliches Attest eingeholt haben? – Sicherlich nicht! Bei Behinderten, bei Rollstuhlfahrern ist es Pflicht, ein ärztliches Attest vorzulegen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann man doch nicht hinnehmen!

Oder: Bezirksämter in Wien sind mit Stufen ausgestattet, und da heißt es nur: Sie können läuten, und dann kommt der Portier heraus. – Mir ist das einmal passiert. Ich wollte mit meiner behinderten Tochter zu einer Hochzeit im Magistratischen Bezirksamt für den 18. Bezirk; Bezirksvorsteher ist ein ÖVP-Angehöriger. Der Portier hat mir, als ich ihn ersuchte, er solle mir hinauftragen helfen, gesagt, das tue er nicht, da er nicht wisse, wer da die Haftung übernehme, und außerdem: wie komme er dazu?! Dann hat mir jemand von der Leichenbestattung in diesem Gebäude geholfen, mein Kind in den Hochzeitssaal zu bringen. – So schaut es in Österreich aus! Deshalb ist es dringend notwendig, daß wir etwas machen. – Ich könnte diese Reihe von Beispielen fortsetzen, wenn das nicht meine Redezeit verbieten würde.

Mein Schlußsatz: Es ist dringend notwendig, daß erstens die Länder ihre Rechtsordnungen durchforsten und daß es zweitens endlich ein Antidiskriminierungsgesetz in Österreich gibt, damit Behinderte an allen Aktivitäten teilnehmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Kiermaier gemeldet. Die Geschäftsordnungsbestimmungen sind bekannt. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.11

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß meine Vorrednerin tatsächlich berichtigen: Es gibt sehr wohl behinderte Richter. Im Bezirksgericht Amstetten wurde sogar ein eigener Lift eingebaut, und der verstorbene Bezirksrichter Dr. Karl Aigner hat dort jahrelang seinen Dienst versehen. Er ist sogar von der Gendarmerie zu Außenverhandlungen auf die Autobahn geführt worden und ähnliches. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.12

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Qualität menschlichen Zusammenlebens läßt sich unter anderem daran messen, wieweit die Gesellschaft bereit ist, den Menschen gleiche Chancen einzuräumen. Dies gilt insbesondere auch für die Situation unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Behinderungen.

Kollegin Partik-Pablé!  – Jetzt ist sie nicht mehr im Saal, aber ich denke ... (Rufe bei den Freiheitlichen: Da ist sie! Sie ist da!) – Es tut mir leid, aber ich habe sie nicht gesehen.

Frau Kollegin Partik-Pablé! Es gibt natürlich eine Liste von Maßnahmen und Kritikpunkten, die man fortsetzen könnte, aber ich denke, man sollte auch in den eigenen Reihen schauen und überlegen, welche Inserate man schaltet. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist beeindruckend, wenn man einmal bei einem Rollstuhl-Dancing dabei sein konnte oder wenn man sieht, welch tolle Leistungen etwa in den EDV-Bereichen blinde beziehungsweise schwerst sehbehinderte Menschen erbringen.

Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten geht es um ein Mehr an Chancen.

Hohes Haus! Wir befassen uns heute einerseits mit zwei Berichten und andererseits mit Anträgen, in denen es um die Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Personen geht. Mehr Chancen, meine Damen und Herren, bedeuten aber nicht nur, Diskriminierungen abzuschaffen, sondern mehr Chancen heißt auch, Rahmenbedingungen zu setzen, die weitgehend auf vorhandene Bedürfnisse abgestimmt sind, um eben Benachteiligungen zu verhindern.

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der Bericht, den Frau Kollegin Pablé vorhin zitiert hat, zu sehen, nämlich die Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen. Eine Umsetzung der Erkenntnisse dieses Berichtes sind Maßnahmen, wie wir sie im vorliegenden Antrag 1173/A formuliert haben. Ich darf dazu ergänzend folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Maria Rauch-Kallat, Dr. Helene Partik-Pablé und Dr. Volker Kier

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht:

1. dem Nationalrat möglichst rasch eine Regierungsvorlage über weitere Maßnahmen, die die Gleichstellung von Behinderten ermöglichen, zuzuleiten,

2. dem Nationalrat möglichst rasch eine Regierungsvorlage zuzuleiten, wonach das Notariatszwangsgesetz so geändert wird, daß bei Urkunden über Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, die von Blinden geschlossen werden, die Notariatsaktpflicht entfällt,

3. dafür zu sorgen, daß die Verständigung über erfolgte Zustellversuche von behördlichen Schriftstücken in möglichst einfacher Weise so gestaltet wird, daß für blinde und schwer sehbehinderte Personen erkennbar ist, daß es sich um eine solche Verständigung handelt.

*****

Meine Damen und Herren! Es ist uns bewußt, daß wir mit diesen heutigen Beschlüssen nur einen Teil von Benachteiligungen beseitigen. Wir alle gemeinsam werden noch große Anstrengungen unternehmen müssen, um für Menschen mit Behinderungen, ihren speziellen Erfordernissen entsprechend, Chancengleichheit in allen Lebensbereichen zu erreichen. Eine aktuelle Situation ergibt sich bereits bei der Thematik der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin, zu der wir im Ausschuß eine Fünfparteienentschließung gefaßt haben.

Zum Antrag des Kollegen Kier möchte ich nur feststellen, daß wir die Intention dieses Antrages teilen, aber sowohl aufgrund der Struktur unserer Rechtsordnung als auch aufgrund der nicht abschätzbaren Folgekosten nicht mitgehen konnten.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch das erwähnen, was Kollegin Partik-Pablé schon gesagt hat, nämlich daß es tatsächlich notwendig ist, auf die Verantwortung der Länder hinzuweisen, und daß es wünschenswert wäre, wenn ein entsprechender Bericht über die Durchforstung der Rechtsordnung auch auf Länderebene vorgenommen werden könnte.

Bereits die heutige Tagesordnung zeigt uns – wir haben ja heute auch noch den Bericht über Maßnahmen zugunsten Gehörloser und Schwerhörender auf der Tagesordnung –, daß es einer Vielzahl von Maßnahmen bedarf, die auf unterschiedliche Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen Rücksicht nehmen. So habe ich heute zum Beispiel erst die Abschlußdokumente des Projektes "Schritte zur Verbesserung der Teilnahme der Gehörlosen an der Informationsgesellschaft" erhalten. Ich gehe davon aus, daß wir uns auch in der nächsten Gesetzgebungsperiode hier in diesem Hause mit diesem Dokument befassen werden.

Andererseits bietet der vorliegende Bericht über die Durchforstung der Bundesrechtsordnung genügend Anregungen für unsere weitere Arbeit in diesen Fragen. Was die heutige Tagesordnung anlangt, freue ich mich jedenfalls, daß uns mit dieser Beschlußfassung ein Schritt in Richtung mehr Chancen für Menschen mit Behinderungen gelingt, und ich hoffe, daß es Ihnen allen möglich ist – allen Parteien und allen Abgeordneten –, diesen Schritt mit uns gemeinsam zu gehen.

Abschließend möchte ich mich noch bei den beiden Dolmetscherinnen hier bedanken. Ich weiß, daß ich zum Schnellreden neige, und das zu übersetzen, ist natürlich eine besondere Herausforderung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.18

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zweifellos werden wir heute auf dem langen und mühsamen Weg, die Staatszielbestimmung des Abbaues von Diskriminierungen für behinderte Menschen zu erreichen, wieder ein paar Schritte weiterkommen. Aber man darf nicht zufrieden sein, vor allem wenn man bedenkt – manche Vorrednerinnen haben das auch schon ausgeführt –, daß das eigentliche Problem – das hat sich in der Arbeitsgruppe im BKA gezeigt – wohl die Bundesländer sind, die nicht nur nicht aufgefordert wurden – das wäre es noch nicht –, sondern die vor allem von sich aus keine Sekunde die Idee gefaßt haben, daß sie eigentlich, wenn sich die Verfassung geändert hat, etwas tun könnten, nämlich sich in diesem Falle ein Vorbild an der Bundesebene nehmen und ihre Rechtsordnungen im Hinblick auf einschlägige behindertendiskriminierende Bestimmungen durchforsten könnten.

Wenn heute zwei Gebärdendolemtscherinnen hier eingesetzt sind, dann wäre es noch schöner, wenn wir einen Fortschritt betreffend Anerkennung ihrer Sprache erzielt hätten. Das wäre ein echter Schritt gewesen. Davon sind wir aber leider noch weit weg, und dieser Punkt steht de facto in einer befriedigenden Weise leider nicht auf unserer Tagesordnung.

Das heißt nur, wir müssen in der nächsten Legislaturperiode neuerlich weitere und mehr Anstrengungen unternehmen. Wir dürfen nicht mit dem zufrieden sein, was heute hier beschlossen wird, wenngleich es positiv zu sehen ist, daß all das geschieht, und es vor allem auch positiv zu sehen ist, daß diese Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt tatsächlich Ergebnisse gezeitigt hat.

Allerdings hat sich herausgestellt – das halte ich für besonders wichtig, daher möchte ich das auch hier im Plenum zitieren –, daß nicht ganz eindeutig abgrenzbar war, ob es sich im jeweiligen Einzelfall um ein diskriminierendes Gesetz handelt oder nur um einen diskriminierenden Vollzug, und das ist die eigentliche Crux. Vielfach sind die Gesetze für sich genommen, wenn man sie unbefangen liest, noch gar nicht diskriminierend, sie werden nur manchmal bei ihrer Anwendung – sage ich vorsichtig – ungeschickt umgesetzt.

Deswegen sollten sich meiner Meinung nach alle beteiligten Behörden und ausführenden Privaten viel stärker dieser Staatszielbestimmung des Artikels 7 B-VG bewußt sein. Das war mit einer der Gründe, warum die liberale Fraktion diesen Initiativantrag eingebracht hat, ein allgemeines Gesetz für die Gleichstellung behinderter Menschen zu schaffen, obwohl uns bewußt ist, daß das noch eines langen Diskussionsprozesses bedarf. Daher verspreche ich von dieser Stelle aus heute schon: Wir werden diesen Antrag in der nächsten Legislaturperiode selbstverständlich wieder einbringen – mit der Idee, daß wir dann auch genügend Zeit haben werden, darüber eingehend zu diskutieren, um das weiter zu entwickeln.

Da ich mich kurz fassen möchte, werde ich auf ein paar Aspekte, die auch Frau Kollegin Silhavy genannt hat, nur andeutungsweise eingehen. Ob es wirklich keine taugliche rechtliche Grundlage ist, weil es nicht gut zur Struktur der österreichischen Rechtsordnung paßt, müssen wir diskutieren. 

Wir glauben, daß es dem Bundesgesetzgeber durchaus ansteht, eine Verfassungsbestimmung zu schaffen, durch die er die Länder faktisch zwingt, ihre gesetzlichen Vorschriften an Artikel 7 Bundes-Verfassungsgesetz anzupassen, indem nämlich im Verfassungsrang festgelegt wird, daß es in dieser Hinsicht eine besondere Kompetenz des Bundes gibt und ein Außerkrafttreten beziehungsweise eine Nichtanwendung von gesetzlichen Vorschriften auf Landesebene durch Bundesgesetz erzwungen werden kann, wenn es andernfalls verfassungswidrig wäre. Das mag zwar ungewöhnlich erscheinen, aber es wäre doch, glaube ich, der Diskussion wert.

Sosehr wir auch zugeben, daß die Kostenfolgen etwas sind, was man wirklich gründlich diskutieren muß – gerade wir haben dafür volles Verständnis –, darf es unserer Ansicht nach nicht zur Ausrede mutieren. Daher haben wir in unserem Entwurf durchaus großzügigere Regelungen für die Übergangsfristen vorgesehen und außerdem Mitwirkungsrechte des Hauptausschusses des Nationalrates.

All das sei hier nur als Vorgriff auf jene Diskussion gesagt, die wir im Herbst sofort wieder aufnehmen müssen. Ich bin der Meinung, daß wir dann, wenn wir nicht lockerlassen, auch weiterkommen werden.

In diesem Sinne begrüßen wir im übrigen die unter diesen Tagesordnungspunkten gemeinsam abgehandelten Initiativen, wir werden jedoch selbstverständlich in jenem Fall, in dem unser eigener Gesetzentwurf vom Ausschuß nicht beschlossen wurde, dagegen stimmen, aber durchaus im Geiste der Wortmeldungen diese Debatte im Herbst wiederaufnehmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. – Bitte.

14.23

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur festhalten, daß der vorliegende Bericht von einer Arbeitsgruppe erstellt wurde, die auf Initiative des Herrn Bundeskanzlers eingerichtet wurde und immerhin das sehr ambitionierte Ziel verfolgt hat, diskriminierende Bestimmungen innerhalb unserer Bundesrechtsordnung zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen folgen zu lassen.

Es ist heute schon mehrmals angeklungen, daß es wichtig wäre, auch die Länder in diesen Prozeß einzubinden. Ich darf diesbezüglich festhalten, daß ich diesen Bericht anläßlich der letzten Landeshauptleutekonferenz den Landeshauptleuten zur Verfügung gestellt habe, um auch auf dieser Ebene das Bewußtsein zu wecken, daß nicht nur der Bund gefordert ist, seine Gesetze diesbezüglich zu durchforsten, sondern auch die Länder dazu ganz besonders aufgerufen sind.

In Zusammenhang mit der Erstellung dieses Berichtes ist deutlich geworden, daß es ganz wichtig ist, in dieser Frage mit den Behindertenorganisationen zusammenzuarbeiten. Und auch diese haben den Wunsch geäußert, daß die Länder massiv in diesen Prozeß einbezogen werden. Seitens der Bundesregierung haben wir das mit der Überreichung des Berichtes und der Empfehlung, ähnliches auf Landesebene zu machen, getan.

Es ist ein sichtbares Zeichen – und ich halte das für einen wichtigen Schritt –, einmal die diskriminierenden Bestimmungen zu identifizieren. Letztendlich müssen dem aber weitere Schritte folgen, um auch die entsprechenden Maßnahmen zur Abhilfe zu setzen. Ich glaube, sagen zu können, daß einer jener Initiativanträge der Abgeordneten Kostelka, Khol und Genossen, die heute hier zur Abstimmung stehen, diesbezüglich ein Schritt in die richtige Richtung ist, da damit ein massiver Abbau von Diskriminierungen in den Verfahrensrechtsordnungen erfolgt. Ich halte das für einen wichtigen ersten Schritt, der aber nicht der letzte sein kann. Dieser Bericht kann nur die Grundlage für weitere Schritte in der Zukunft sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.25

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lassen Sie mich gleich zu Beginn meinen Dank aussprechen den Beamten des Bundeskanzleramtes, aber auch allen Behindertenorganisationen und deren Vertretern, die an diesem umfassenden "Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen" mitgearbeitet haben. Die heutige Debatte und die diversen Anträge, die wir nun zu diesem Thema beschließen werden, sind ja ein Ergebnis dieser Arbeit, die in den letzten eineinhalb Jahren erfolgt ist.

Der Antrag der Abgeordneten Kostelka, Khol enthält, wie der Herr Staatssekretär soeben gesagt hat, eine Reihe von unmittelbaren Verbesserungen für behinderte Menschen in der österreichischen Verfahrensordnung, in der österreichischen Verwaltung. Gehörlose und blinde Menschen können nun damit entsprechende Hilfeleistung, auch im Verfahren, erhalten. Gleichzeitig wird mit diesem Antrag – es ist dies auch eine besondere bewußtseinsbildende Maßnahme – dafür gesorgt, daß Begriffsbestimmungen, die als diskriminierend empfunden werden – und das zu Recht! –, geändert werden.

Darüber hinaus behandeln wir heute einen Antrag bezüglich einer Verbesserung für blinde Menschen in bezug auf den Erhalt behördlicher Schriftstücke. Denn auch blinde Menschen müssen, wenn sie einen RSa- oder RSb-Brief bekommen, diesen selbst übernehmen oder durch eine Vertrauensperson übernehmen lassen. Wenn so ein Brief aber nicht zugestellt werden kann, weil niemand zu Hause ist, wird ein einfacher Zettel der Post – Sie kennen ihn alle, er ist gelb, aber das ist für den Blinden nicht erkennbar – im Postkasten hinterlegt. Dieser Zettel kann sehr, sehr leicht mit einem billigen Werbeprospekt verwechselt werden und dadurch in Verlust geraten. Der Blinde weiß also nicht, daß er ein behördliches Schriftstück erhalten hat, und er geht möglicherweise mancher Rechte verlustig, weil er dadurch Fristen versäumt.

Wir haben nun in diesem vorliegenden Antrag darum gebeten, ersucht, daß die Post dafür Sorge trägt, daß die Benachrichtigung über amtliche Briefsendungen ein klar erkennbares, ertastbares Zeichen für Blinde enthält, sodaß der Betroffene weiß, daß das kein Werbeprospekt, sondern eine amtliche Mitteilung ist.

Unter den Diskriminierungen, die in diesem Bericht aufgezeigt wurden, fand sich des weiteren, daß blinde Menschen nicht Trauzeugen sein dürften – eine Bestimmung, die relativ schwer verständlich ist, weil der Trauzeuge eine Person sein muß oder sollte, der den zu Trauenden kennt. Theoretisch kann man zwar auch einen Fremden von der Straße als Trauzeugen nehmen, aber in Österreich ist es üblich, daß man Freunde oder Verwandte bittet, den Trauungsakt auf dem Standesamt oder in der Kirche zu bezeugen.

Dies war Blinden bisher verwehrt – eine Bestimmung, die von vielen Blinden als sehr diskriminierend empfunden wurde. Diese Bestimmung besagt nämlich, daß jemand, der Zeugnis ablegt, der Sprache, in der getraut wird, und darüber hinaus auch noch seiner Sinne mächtig sein muß. Ich bin sehr froh darüber, daß wir mit diesem Entschließungsantrag eine Aufforderung an den Innenminister richten, daß wenigstens einer der zwei Trauzeugen blind sein kann und damit diese für von blinden Menschen als diskriminierend empfundene Bestimmung endlich wegfällt.

Es sind in diesen unseren Anträgen auch Verbesserungen für gehörlose Menschen enthalten. Dabei geht es vor allem darum, daß im österreichischen Fernsehen eine Unterstützung durch Bildtexte und Gehörlosendolmetscher möglich wird. Es ist ja beeindruckend – und Sie können das jetzt hier beobachten –, wie unglaublich schnell und für gehörlose Menschen gut verständlich unsere normale – was ist schon "normal"? – Lautsprache umgesetzt werden kann. Wir wünschen uns das vor allem für die Nachrichtensendungen, aber auch für das eine oder andere Magazin. Die gehörlosen Menschen werden dafür dankbar sein.

Weiters beschäftigen wir uns mit der Frage der Biomedizin-Konvention. Frau Abgeordnete Haidlmayr hat hiezu einen entsprechenden Antrag eingebracht. Diese Biomedizin-Konvention ist eine Konvention, die unter anderem von unserem Bald-Generalsekretär Walter Schwimmer im Europarat verhandelt wurde, für viele europäische Länder Verbesserungen bringen würde, aber nicht unumstritten ist – sowohl in Deutschland als auch in Österreich –, und ich halte es daher für sehr vernünftig, daß diese Biomedizin-Konvention vom Verfassungsdienst auf ihre Verfassungskonformität hin geprüft wird.

Der Inhalt des Antrages des Abgeordneten Kier bezüglich eines Antidiskriminierungsgesetzes ist dankenswerterweise schon in umfassenderer Form eingebracht. Ich glaube, daß es in dieser Hinsicht noch einiger Diskussionen über die Umsetzung bedarf, bin aber sehr froh darüber, daß mit jenem Antrag, den Kollegin Silhavy, ich und weitere Kollegen heute eingebracht haben, sichergestellt wird, daß an dieser Arbeit weitergearbeitet wird.

Meine Damen und Herren! Dieses ist – und das halte ich für ganz, ganz wichtig – ein Zwischenbericht, auch wenn nicht "Zwischenbericht" draufsteht. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Gleichstellung behinderter Menschen, aber wir sind leider noch lange nicht am Ziel. Wir müssen diesen Weg weitergehen, und ich hoffe, daß es möglich sein wird, diese Schritte auch in Zukunft gemeinsam zu machen, wie dies dankenswerterweise hier in diesem Hause in den letzten vier Jahren und auch davor möglich war.

Meine Damen und Herren! Wir müssen aber darüber hinaus tagtäglich auch die entsprechende Bewußtseinsbildung bei den Menschen fördern. Gesetze sind wichtig, aber wir müssen diese Antidiskriminierung auch in die Köpfe und Herzen der Menschen bringen. Daher ist jede Initiative, die dazu beiträgt, daß das Leben behinderter Menschen sichtbar wird und sie als gleichwertige Partner akzeptiert werden, dankenswert.

In diesem Sinne möchte ich meinem Kollegen Abgeordneten und Bürgermeister Kröll aus Schladming sehr, sehr herzlich danken, der nicht nur die Special Olympicsxxxo.k. nach Österreich geholt hat, sondern auch in einem beeindruckenden Bericht mitteilen konnte, daß die österreichischen Athleten bei den Special Olympics vom 26. Juni bis 4. Juli 1999 13 Goldmedaillen, 10 Silbermedaillen und 18 Bronzemedaillen mit nach Hause gebracht haben. Herzlichen Glückwunsch all diesen Athleten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Vor allem wird die Berichterstattung darüber in den österreichischen Medien ganz deutlich zeigen, wozu behinderte Menschen tatsächlich fähig sind. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder.)

14.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.33

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte dort fortsetzen, wo meine Vorrednerin geendet hat, denn ein Großteil jener Medaillen, die von den Special Olympics nach Hause gebracht wurden, sind von Teilnehmern unseres Behindertenvereines aus Kärnten errungen worden, die mit drei Goldmedaillen, vier Silbermedaillen und einer erheblichen Anzahl von Bronzemedaillen wirklich hervorragend abgeschnitten haben. (Abg. Dr. Feurstein: Gratuliere!) Als zuständiger Sport- und Schulreferent der Stadt Spittal an der Drau glaube ich, von dieser Stelle aus nicht nur den Athleten ein Dankeschön sagen zu dürfen, sondern auch all jenen, die sich neben dem bereits zitierten Abgeordneten Kröll im Rahmen der Exekutive – im besonderen der Exekutive selber – für die Mittelaufbringung für die Special Olympics eingesetzt haben.

Diese Initiative ist meiner Ansicht nach doppelt beeindruckend, weil damit nicht nur signalisiert wird, daß den behinderten Menschen im Sportleben Österreichs ein reger Anteil eingeräumt wird, sondern auch, daß körperliche Ertüchtigung von Behinderten für diese in besonderem Maße wichtig ist und dem Leben mit der Behinderung hoher Stellenwert eingeräumt werden soll. 

Nunmehr aber zur vorliegenden Gesetzesmaterie. Sehr geehrte Damen und Herren! Obwohl heute für die Sehbehinderten einige Initiativen auch im legislativen Bereich eingebracht werden, sollten wir, glaube ich, nicht vergessen, daß auch im Bereich der hörbehinderten Menschen in Österreich noch sehr vieles im argen liegt. Denn man darf es meines Erachtens nicht einfach hinnehmen, daß die hörbehinderten Menschen gegenüber den sehbehinderten in Österreich nach wie vor – etwa beim Pflegegeld, in der Einstufung für das Pflegegeld – deutlich benachteiligt werden, obwohl jeder weiß, daß es gerade für die hörbehinderten Menschen besonders wichtig ist, schon im frühesten Kindesalter eine entsprechende sprachliche Ausbildung zu bekommen, die außerdem besondere Anstrengung seitens der Eltern und Erziehungsberechtigten erfordert, damit auch diesen Menschen eine entsprechende sprachliche Artikulation ermöglicht wird. Jene, die nicht mit dieser Behinderung geboren wurden, können dies oft nicht richtig würdigen.

Darüber hinaus ist es den Behinderten nach wie vor nicht einsichtig, daß man trotz Besitz eines Behindertenausweises jährlich noch zusätzlich die entsprechenden Karten – für die Österreichischen Bundesbahnen etwa die VorteilsCard um 250 S – kaufen muß, um in den Genuß der Behindertenfahrscheine zu kommen, denn man sollte eigentlich annehmen, daß der Behindertenpaß in solchen Fällen ausreichen sollte, um in den Genuß von verbilligten Behindertenkarten zu kommen.

Das gleiche gilt für das Kraftfahrzeugwesen. Es ist auch heute noch nicht möglich, daß Kraftfahrzeuge, die überwiegend zur Beförderung von Behinderten dienen, mit jenen Fahrzeugen, die die Behinderten selbst ankaufen und lenken, gleichgestellt werden.

Ich glaube daher, sehr geehrte Damen und Herren, daß wir von der Legislative in diesem Bereich noch sehr viel an Nachholbedarf haben; der vorliegende Bericht ist eine erste Auflistung der Mängel. Daß dazu auch noch die Länder aufgerufen werden sollten, behindertenfreundlicher zu werden und ihre Gesetze und Landesverordnungen diesbezüglich zu durchforsten, ist unbestreitbar.

Ich möchte aber auch nicht verhehlen, daß es meiner Überzeugung nach ein unbestreitbarer Mangel ist, daß etwa die derzeitige Bundesregierung auch dann, wenn neue Bundesamtsgebäude errichtet werden, nicht immer behindertenfreundlich agiert. In meiner eigenen Gemeinde etwa, in Spittal an der Drau, steht gerade ein Neubau des Bezirksgerichtes zur Diskussion. Den Altbau jedoch behindertengerecht zu adaptieren, in dem weiterhin die Gendarmerie, die Grundbuchabteilung und das Finanzamt untergebracht werden sollen, ist jedoch in keinster Weise geplant!

Diesbezüglich darf ich darauf hinweisen, daß immerhin die Gewerkschaft Bau/Holz seit dem Jahre 1997 fordert, Altbausanierungen in Österreich forciert zu betreiben, weil diese arbeitsintensiver sind und dadurch mehr Menschen Beschäftigung erhalten könnten. Diese und die nächste Bundesregierung könnten meiner Ansicht nach gerade in diesem Bereich, nämlich in der Adaptierung von Amtsgebäuden, um diese behindertengerecht auszugestalten – von den Schulen über die Universitäten bis hin zu Gerichts- und Finanzgebäuden sowie sonstigen Gebäuden in ihrem Besitz –, einiges leisten und damit nicht nur den Behinderten einen gerechten Anteil am Leben in unserer Gesellschaft ermöglichen, sondern auch noch wichtige Arbeitsplätze schaffen.

Ich meine, wir haben damit einen Startpunkt gesetzt, am Ende werden wir mit der Gleichstellung der Behinderten aber nicht so bald sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.38

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich Herrn Präsidenten Fischer recht herzlich danke sagen dafür, daß er meiner Bitte nachgekommen ist, daß diese heutige Debatte von GebärdensprachdolmetscherInnen begleitet wird und daß es doch ab und zu möglich gemacht wird, daß alle Menschen die Chance haben, der Diskussion hier in diesem Hause zu folgen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.)

Die erste Diskriminierung fängt nämlich schon bei der Tatsache an, daß etwa gehörlose Menschen nach wie vor von jeder Kommunikation ausgeschlossen sind. Schwer hörbehinderte und gehörlose Menschen haben sonst keine Chance, eine Parlamentsdebatte mitzuverfolgen, weil es anscheinend noch immer nicht möglich ist, den Zugang zu diesen Informationen auch für Gehörlose sicherzustellen. Ich wünsche mir – und ich werde das auch in der nächsten Legislaturperiode intensiv vorantreiben –, daß es selbstverständlich wird, daß, beispielgebend für den ORF und für andere Institutionen, auch gehörlose Menschen die Möglichkeit haben, die Debattenbeiträge und das Arbeiten im Parlament mitverfolgen zu können.

Frau Rauch-Kallat! Frau Silhavy! Frau Pablé! Sie haben den Arbeitsbericht zur Durchforstung diskriminierender Bestimmungen bereits angesprochen. Dieser Bericht ist – keine Frage! – zweifellos ein Aufzeigen einiger diskriminierender Bestimmungen, aber bei weitem nicht aller! Jene, die regelmäßig diese Arbeitsgruppe besucht haben – und zu denen gehöre ich –, konnten mitverfolgen, daß sich nicht alle Ministerien wirklich intensiv damit auseinandergesetzt haben, ihre Bestimmungen zu durchforsten.

Es sind noch einige Ministerien säumig, und als Beispiel möchte ich nur das Unterrichtsministerium erwähnen, das in seinen Gesetzen so gut wie keine diskriminierenden Bestimmungen finden konnte – weil es sich nämlich auch gar nicht darum bemüht hat!

Ich kann mich noch daran erinnern – es ist jetzt genau zwei Jahre her –, als am 9. Juli 1997 hier im Hohen Hause die Nichtdiskriminierungsbestimmung in die österreichischen Bundesverfassung aufgenommen wurde. Alle Behindertensprecherinnen und Behindertensprecher haben damals gesagt: Und jetzt geht es darum, daß man diese Verfassungsbestimmung mit Inhalten füllt, und zwar in der Form, daß es keine Diskriminierungen mehr geben darf! – Zwei Jahre später müssen wir behinderten Menschen noch immer um jede kleine Änderung kämpfen.

Die vorliegenden Anträge der Koalitionsparteien stellen einen Fortschritt dar, das ist keine Frage. Man muß jedoch dazusagen, daß Sie sich in bezug auf Änderungen diskriminierender Bestimmungen nur so weit erweichen ließen, solange es nichts kostet. Frau Silhavy hat das ja sehr deutlich gesagt: Gleichstellung ja, aber vieles geht einfach nicht, weil es nichts kosten soll! – Diese Haltung, meine Damen und Herren, ist unakzeptabel! Behindertengleichstellung darf sehr wohl etwas kosten, denn es geht dabei bitte um eine Bevölkerungsgruppe, die ein Anrecht darauf hat, gleichgestellt zu werden. (Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Die Diskussion, ob Behinderte billig oder teuer sind, will ich hier in diesem Hause nicht geführt haben, sie wurde schon einmal auf Kosten behinderter Menschen geführt! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.)

Frau Rauch-Kallat! Sie haben im Ausschuß gesagt, Sie hätten deshalb nur jene Bestimmungen zu einer Änderung vorgelegt, die nichts kosten, weil es Ihnen lieber ist – ich zitiere Sie –, daß diese Aufwendungen zur Valorisierung des Pflegegeldes verwendet werden. Frau Rauch-Kallat! Ich bin damit als einem ersten Schritt einverstanden, denn es ist eine Diskriminierung, daß es in bezug auf das Pflegegeld für behinderte Menschen seit Jahren keine Valorisierung gibt, und es ist auch eine Diskriminierung, daß Menschen in Alten- und Behindertenheimen mit 562 S im Monat leben müssen.

Auf Ihren Wunsch, auf Ihren Vorschlag hin, dieses Geld sinnvoller einzusetzen – so haben Sie es genannt –, habe ich einen Entschließungsantrag eingebracht, der beinhaltet, daß die Bundesregierung diese Gelegenheit dazu nützen sollte, diese diskriminierenden Sparmaßnahmen wieder rückgängig zu machen. Demgemäß wolle der Nationalrat beschließen, daß die Bundesregierung aufgefordert wird, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu einer Änderung des Bundespflegegeldgesetzes mit folgendem Inhalt vorzulegen:

§ 5 muß geändert werden und auch die Kürzung des Taschengeldes hat wieder zurückgenommen zu werden. Es sind also § 5, § 12, § 13 und § 47 entsprechend zu ändern und diese diskriminierenden Sparmaßnahmen wieder rückgängig zu machen.

Ich werde heute bei der Abstimmung sehen, ob es Ihnen ernst ist, daß Sie heute zeigen, daß ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete Haidlmayr, Sie müssen den Entschließungsantrag zur Gänze verlesen; Sie können nicht nur auf die einzelnen Punkte hinweisen.

Bitte, wenn Sie das nachholen würden.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Änderung des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat die Regierungsvorlage einer Änderung des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) folgenden Inhalts vorzulegen:

1. Dem § 5 wird ein Abs. 2 angefügt:

"§ 5 (2) An die Stelle dieser Beträge treten mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 und in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres die mit dem Anpassungsfaktor des § 108f ASVG vervielfachten und gemäß § 108 Abs. 5 ASVG auf volle Schillingbeträge gerundeten Beträge."

Der § 5 erhält die Bezeichnung "§ 5 (1)".

2. § 12 Abs. 6 lautet:

"Für die Zeit des Ruhens des Anspruches auf Pflegegeld gebührt ein Taschengeld in Höhe von 20 v. H. des Pflegegeldes der Stufe 3."

3. § 13 Abs. 1 dritter Satz lautet:

"Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in der Höhe von 20 Prozent des Pflegegeldes der Stufe 3; im übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld."

4. § 47 Abs. 3 wird ersatzlos gestrichen.

*****

Meine Damen und Herren! Mit einer Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag können Sie beweisen, daß es Ihnen ernst damit ist, diese Diskriminierungen abzubauen.

Ich habe auch einen Antrag betreffend Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes eingebracht, denn es genügt nicht, wenn einzelne Passagen in unserer Gesetzgebung von diskriminierenden Bestimmungen befreit werden, sondern es geht ausschließlich darum, daß wir ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz brauchen, das die Probleme aller Behinderungsgruppen in Österreich abdeckt.

Deshalb bringe ich einen zweiten Antrag ein, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 31. Dezember 1999 einen Entwurf für ein Behindertengleichstellungsgesetz vorzulegen.

*****

Im Interesse der behinderten Menschen in Österreich ersuche ich Sie, diesen beiden Entschließungsanträgen Ihre Zustimmung zu erteilen.

Zur Biomedizin-Konvention möchte ich betonen, daß es ein Verdienst der Grünen und von mir ist, daß diese nicht sozusagen lautlos durchs Parlament gegangen ist und ratifiziert wurde. Wir behinderten Menschen in Österreich werden sehr genau darauf achten, ob es durch das Zusatzprotokoll noch immer möglich ist, daß an einwilligungsunfähigen Personen medizinische Eingriffe vorgenommen werden.

Weiters möchte ich es nicht verabsäumen, Sie daran zu erinnern, daß Sie vor genau zwei Jahren versprochen haben, daß mit der Zwangssterilisation von geistig behinderten Frauen in Österreich endlich Schluß sein muß. Bis heute ist jedoch diesbezüglich nichts geschehen; die Zwangssterilisation von geistig behinderten Frauen ist nach wie vor legal.

Ich möchte jetzt noch – zum Schluß kommend – auf die Situation gehörloser Menschen in Österreich eingehen. Österreich kann es sich meiner Meinung nach schön langsam nicht mehr leisten, daß die Gebärdensprache nicht als Sprache anerkannt wird. Solange das Parlament nicht dazu bereit ist, die Gebärdensprache als Sprache anzuerkennen, solange werden auch die Medien nicht dazu bereit sein, die Gebärdensprache einzuführen. Das Parlament hat diesen Schritt zu setzen, das Parlament hat dafür zu sorgen, daß die Diskriminierung gehörloser Menschen endlich aufhört! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich verspreche Ihnen: Solange ich Politik mache, solange ich Mitglied des Hohen Hauses bin, werden Sie keine Ruhe vor mir haben, bis es endlich ein umfassendes Behindertengleichstellungsgesetz gibt – egal, ob die Länder wollen oder nicht! Wir behinderten Menschen brauchen ein solches Gesetz! Und Sie haben dafür zu sorgen, daß es auch umgesetzt wird! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Meine Damen und Herren! Ich lasse es nicht zu, daß diese Arbeitsgruppe sozusagen noch einmal aufgemacht wird, damit die Länder dann die Möglichkeit haben, ihre Gesetze zu durchforsten. Sie haben die Möglichkeit gehabt, haben diese aber nicht genutzt. Jetzt haben sie einfach die Konsequenzen zu tragen, und aufgrund eines umfassenden Behindertengleichstellungsgesetzes auf Bundesebene müssen Sie ohnehin die diskriminierenden Bestimmungen wegbringen.

Auch Herrn Staatssekretär Wittmann möchte ich noch gerne etwas fragen. (Abg. Dr. Partik-Pablé – mit Blick auf die leere Regierungsbank –: Den interessiert das gar nicht!) Ich möchte ihn fragen, wie er es denn damit hält beziehungsweise was er dazu zu sagen hat, daß speziell Kulturstätten nicht behindertengerecht sind. Dazu möchte ich nur ein einziges Beispiel anführen und daran erinnern, daß die Staatsoper, in der Tausende von Menschen Platz finden, nur zwei Behindertensitzplätze hat! Wer einen dieser Plätze reservieren will, muß sich ein Jahr vorher darum bemühen.

Diese Diskriminierungen im öffentlichen Bereich, für den der Bund zuständig ist, könnten, wenn die Bundesregierung es wollte, schon ab morgen der Vergangenheit angehören. Sie müßten nur meinen Antrag unterstützen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden soeben verlesenen Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, ist die Debatte geschlossen.

Es wird auch kein Schlußwort seitens des Herrn Berichterstatters gewünscht.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir gelangen nun zur Abstimmung, wobei diese über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen wird.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-178 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. (Zwischenrufe, in denen darauf aufmerksam gemacht wird, daß Abg. Haidlmayr noch nicht auf ihren Platz zurückgekehrt ist.) – Entschuldigung. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Wohin ist denn der Herr Staatssekretär verschwunden?) – Ich bin für die An- oder Abwesenheit des Herrn Staatssekretärs nicht verantwortlich, Frau Abgeordnete. (Abg. Grabner – in Richtung Abg. Dr. Partik-Pablé –: Sie waren nicht da die ganze Zeit! Oberlehrer! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie reden doch Unsinn, lassen Sie sich doch einmal den Film kommen! Wo ist der Herr Staatssekretär?! Der Bundeskanzler war nicht da, und der Staatssekretär, der ihn vertreten sollte, auch nicht! Er war nicht einmal bei der Debatte am Schluß dabei! Man sieht, wie die Sozialdemokratische Partei die Behindertenangelegenheiten wertschätzt! – Weitere Zwischenrufe bei allen Fraktionen, Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen. – Staatssekretär Dr. Wittmann kehrt in den Sitzungssaal zurück und nimmt wieder auf der Regierungsbank Platz. – Abg. Tichy-Schreder: Herr Präsident! Es geht schon! – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Wir beginnen also jetzt mit dem Abstimmungsverfahren und stimmen über jeden Ausschußantrag getrennt ab; ich bringe das nur in Erinnerung.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, den Bericht III-178 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall der Kenntnisnahme bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2034 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Zustimmung erfolgt einhellig. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses erfolgt einhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 2034 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt gleichfalls einhellig. Der Antrag ist damit angenommen. (E 199.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy, Rauch-Kallat, Dr. Partik-Pablé, Dr. Kier und Genossen betreffend weitere Maßnahmen zur Gleichstellung von Behinderten.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Angenommen. (E 200.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Änderung des Bundespflegegeldgesetzes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 2035 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt einhellig. Angenommen. (E 201.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 2036 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-195 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 2038 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Angenommen. (E 202.)

Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 5 bis 7

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun noch zur verschobenen Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 5 bis 7, die wir über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen wollen.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2039 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen der Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen auf getrennte Abstimmung vor.

Weiters liegt ein Verlangen der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen auf getrennte Abstimmung vor.

Wir werden daher zunächst über die von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel I § 4 Abs. 3 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters gelangen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel V und Artikel VI in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 2039 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 198.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2040 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Schieder, Morak, Dr. Krüger und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise einen Abänderungsantrag eingebracht.

Wir werden daher zunächst über die von den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Schieder, Morak, Dr. Krüger und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 3d betreffend § 17 Abs. 1 bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 3d hinsichtlich § 19a sowie einer neuen Ziffer 3e betreffend § 20 Abs. 2 Ziffer 1 bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Schieder, Morak, Dr. Krüger und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 7a betreffend § 25a Abs. 1 bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Schieder, Morak, Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 8 § 26 Abs. 7 bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Schließlich, am Ende dieses Abstimmungsverfahrens, kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 2041 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt mehrheitlich. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Euroteam" (6564/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Wir gelangen nun, um 15 Uhr, zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 6564/J.

Da diese Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Im Rahmen der Ruster Regierungsklausur 1997 wurden die Grundlagen beziehungsweise Aufträge für die "Lehrlingsoffensive" I der Bundesregierung geschaffen. Die Grünen haben ihre Kritik an der milliardenschweren Subventionierung von einigen tausend Lehrstellen, an der fehlenden Nachhaltigkeit dieser Subventionen und der Ausbildungsprogramme im Rahmen des NAP und an der fehlenden Koordinierung der verschiedenen Subventionsträger (AMS, Bund, Länder, Gemeinden) schon des öfteren und sehr deutlich ausgeführt.

Nur kurzfristig ist es damit der Bundesregierung gelungen, Tausende Jugendliche vor der drohenden Arbeitslosigkeit zu schützen. Schon heuer im Herbst stellt sich neuerlich die Frage, ob der Rückgang bei der Beschäftigung von Lehrlingen, der schon im Jahr 1998 wieder zu verzeichnen war, noch einmal durch neuerliche Subventionierungen und durch neuerliche Ausbildungsmaßnahmen aufgefangen werden kann beziehungsweise was mit den Jugendlichen, die in den letzten beiden Jahren derartige Ausbildungsmaßnahmen absolviert haben, passieren soll.

Vor allem die Vorgänge rund um die millionenschweren Aufträge an "Euroteam", die Proklamation einer Lehrlings-Hotline, bei der die Jugendlichen zunächst an die SPÖ, dann zwischen den verschiedenen mit Lehrlingsfragen beschäftigten Stellen herumgereicht wurden, machen deutlich, daß die Bundesregierung offensichtlich vom Rückgang bei der Lehrlingsbeschäftigung beziehungsweise der Gefahr der Jugendarbeitslosigkeit völlig überrascht worden ist und mit hilflosen und in ihrer Konsequenz bei "Euroteam" sehr problematischen Aufträgen Handlungsfähigkeit demonstrieren wollte, ohne sie tatsächlich zu besitzen.

Mit den Aufträgen an "Euroteam" wurde eine Firma mit Millionenaufträgen überhäuft, die bis zum heutigen Tag kein einziges öffentlich gefördertes Projekt fertiggestellt beziehungsweise korrekt abgewickelt hat. Ein besonders eklatantes Beispiel stellt die im Jahr 1994 fertiggestellte "Studie" über den Vergleich von EU-Berufsprofilen mit den entsprechenden österreichischen Berufen dar, die zu 95 Prozent aus Kopien von Amtsblättern der Europäischen Gemeinschaft bestand.

Ihre politische Verantwortung, Herr Bundeskanzler, besteht nach Ansicht der Grünen in folgenden Punkten:

die Auftragsvergaben an "Euroteam" erfolgten an eine Unternehmensgruppe, die mit Mitarbeitern Ihres Kabinetts engste Verbindungen aufwies;

die Auftragsvergaben erfolgten in zentralen Bereichen ohne die dafür gebotene öffentliche Ausschreibung;

das offensichtliche Versagen der ressortinternen Kontrolle ermöglichte es "Euroteam", ein Firmengeflecht zu errichten, das nahezu ausschließlich von öffentlichen Aufträgen und Projekten lebt und diese zur Finanzierung der übrigen Unternehmensaktivitäten nutzt;

selbst der Mangel an ausgewiesenen Qualifikationen und die offensichtlich gravierenden Mängel bei den Projekten haben nicht dazu geführt, "Euroteam" von weiteren öffentlichen Aufträgen auszuschließen.

Vor diesem Hintergrund drängt sich der Verdacht auf, daß einer Unternehmensgruppe im Dunstkreis der SPÖ Millionenaufträge zugeschanzt werden sollten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Dringliche Anfrage:

1. Sie haben in der ORF-Sendung "Zur Sache spezial" am 31. August 1997, nachdem Sie einige Initiativen der Bundesregierung zur Jugendbeschäftigung aufgezählt hatten, die Telefonnummer einer "Lehrlings-Hotline" bekanntgegeben. Diese Telefonnummer, die vom Aktionsbüro der SPÖ betrieben wurde, ist nach einigen Tagen durch eine Telefonnummer von "Euroteam" ersetzt worden.

a) Warum haben Sie eine SPÖ-Hotline im Rahmen der Maßnahmen der Bundesregierung angekündigt und beworben?

b) Wie lange wurde die SPÖ-Hotline verwendet und ab wann die "Euroteam"-Hotline?

2. Im Rahmen der Lehrlingsoffensive wurde vom Bundeskanzleramt ein Rahmenvertrag mit L.S.B. abgeschlossen, der die Summe von 3 225 600,- ATS umfaßte.

a) Warum erfolgte keine öffentliche Ausschreibung dieses Auftrags, obwohl der Schwellenwert von 200 000 Euro überschritten wurde?

b) Der Auftrag im Rahmen der Lehrlingsoffensive I (Ruster Programm, Punkt 5) erreichte eine Summe von 3 781 548,60,- ATS. Warum erfolgte auch bei diesem Auftrag keine Ausschreibung?

3. a) War Ihnen beziehungsweise dem Bundeskanzleramt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit Lukas Stuhlpfarrer beziehungsweise der L.S. BeratungsGmbH im September 1997 bekannt, daß bei "Euroteam" Ihr Sohn Jan Klima, die Mitarbeiter Ihres Kabinetts David Mock und Thomas Drozda und der Mitarbeiter des SPÖ-Aktionsbüros Reinhold Eckhardt tätig waren beziehungsweise Funktionen ausgeübt haben?

b) Haben David Mock und Thomas Drozda ihre Funktionen beziehungsweise Tätigkeiten bei "Euroteam" (Verein, GmbHs und AG) dem Bundeskanzleramt gemeldet?

c) Haben David Mock und Thomas Drozda für ihre Tätigkeiten beziehungsweise Funktionen bei "Euroteam" (Verein, GmbHs und AG) irgendeine Geldleistung erhalten beziehungsweise diese dem Bundeskanzleramt gemeldet?

d) Haben jene Mitarbeiter Ihres Kabinetts, die Funktionen in der "Euroteam"-Gruppe ausgeübt haben, Sie bei Vertragsabschluß auf diesen Umstand beziehungsweise diese Interessenkollision hingewiesen?

e) Haben die genannten Mitarbeiter des Bundeskanzleramts durch ihr Verhalten ihre Meldepflichten hinsichtlich Nebentätigkeiten verletzt?

4. In einer Presseaussendung des Bundeskanzleramtes wird es als "abenteuerliche Behauptung" des Europa-Abgeordneten Voggenhuber dargestellt, daß Lukas Stuhlpfarrer Lehrlingsbeauftragter der Bundesregierung sei: Es gebe "gar keinen Lehrlingsbeauftragten der Bundesregierung".

In der kurzen Auftragsbeschreibung durch das Bundeskanzleramt heißt es dagegen über diese Tätigkeit: "Projektleiter des Projekts ,Durchführung des Projektmanagements im Rahmen des Projekts Lehrlingsoffensive der Bundesregierung‘."

In der Eigendarstellung des Unternehmens "Euroteam" wird Herr Lukas Stuhlpfarrer als "Beauftragter des Bundeskanzlers für die Lehrlingsoffensive der Bundesregierung" bezeichnet.

Haben Sie eine Erklärung für die Divergenz zwischen der Eigendarstellung Stuhlpfarrers einerseits und jener des Bundeskanzleramtes andererseits?

5. Die Firma L.S. BeratungsGmbH hat im Rahmen der Lehrlingsoffensive I für einen Zeitraum von 10 Monaten 1 560 Stunden für die Projektleitung zu 650,- ATS mit dem Bundeskanzleramt abgerechnet, das ist im Durchschnitt eine 40-Stunden-Woche. Für die Projektleitung wurde Herr Lukas Stuhlpfarrer nominiert.

a) Hat Herr Stuhlpfarrer eine entsprechende Stundenaufzeichnung abgeliefert beziehungsweise hat er ad personam alle Stunden geltend gemacht?

b) Wann war Herr Stuhlpfarrer an der Ausübung seiner Projektleitung durch die Tätigkeit in anderen Projekten beziehungsweise durch Auslandsreisen verhindert?

6. Die Fa. L.S. BeratungsGmbH hat im Rahmen ihrer Aufträge den Auftrag für das Call Center ausgeschrieben und unter vier BewerberInnen offensichtlich die Fa. TBK als Billigst- und Bestbieterin ermittelt.

Warum wurde der Auftrag für das Call Center durch "Euroteam" vergeben und nicht über das Bundeskanzleramt beziehungsweise das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales?

7. a) War Ihnen beziehungsweise dem Bundeskanzleramt zum Zeitpunkt der Vergabe des Auftrags "Call Center" an die Firma TBK Salzburg im September 1997 bekannt, daß der Lehrlingsbeauftragte der Bundesregierung beziehungsweise Projektkoordinator Lukas Stuhlpfarrer wenige Tage vorher eine gemeinsame Tochtergesellschaft von TBK und "Euroteam", die TBK-"Euroteam" Call Center GmbH in Pöttsching im Burgenland, gegründet hat beziehungsweise diese Absicht den Medien gegenüber bekanntgegeben hat (vgl. Wirtschaftsblatt, 17. September 1997)?

b) Wurden Sie beziehungsweise das BMAGS von "Euroteam" auf diesen Umstand hingewiesen?

c) Hat es in dem Vertrag zwischen "Euroteam" und dem Bundeskanzleramt beziehungsweise dem BMAGS Vertragsbedingungen betreffend den Auftrag Call Center gegeben, um eine derartige Vorgangsweise auszuschließen?

8. Ist es Ihrer Ansicht nach vereinbar, daß die ausschreibende Firma (L.S.B.) jener Firma den Zuschlag für den Auftrag erteilt, mit der sie wirtschaftliche Beziehungen unterhält beziehungsweise mit der sie unternehmensrechtlich verbunden ist?

9. Bei der Lehrlingsoffensive II hat die Fa. TBK den Auftrag ohne öffentliche Ausschreibung erhalten, obwohl anscheinend die Vereinbarung zwischen BMAGS beziehungsweise BMwA vorsah, daß der Bestbieter den Auftrag erhalten solle.

Warum hat TBK den Auftrag für das Call Center im Rahmen der Lehrlingsoffensive II ohne Ermittlung eines Bestbieters erhalten?

10. War Ihnen beziehungsweise dem Bundeskanzleramt bekannt, daß im Rahmen der Mediapläne 97 und 98 der Lehrlingsoffensive auffällig häufig Firmen beworben wurden, die mit den "Euroteam"-Firmen in engster wirtschaftlicher Beziehung stehen?

11. Welche Gründe waren dafür ausschlaggebend, daß in den Inseratenschaltungen folgende Firmen beziehungsweise Personen beworben wurden?

a) Dr. Winternitz (mit insgesamt 10 Schaltungen meistbeworbene Person), ab 1998 Aufsichtsratsvorsitzender der "Euroteam"-BeteiligungsVerwaltungs A.G.;

b) Maznetter von der Merkur Treuhand, die zumindest 1997 noch Buchhaltung und Steuerberatung für "Euroteam" abwickelte;

c) Dr. Schloß, Wirtschaftsprüfer von "Euroteam" ab 1998;

d) G. Smetana/R. Kupka, Fa. impuls-Reisen;

e) Oskar Obereder, Fa. Silver Server, Geschäftspartner von "Euroteam";

f) Christian Hofbauer, Art & Joy, Grafik & Designstudio, Aufsichtsrat der TBK-"Euroteam"-Call Center GmbH;

g) Astrid Hofer, Fa. TBK.

12. a) Wer war für die Auswahl der Personen beziehungsweise Firmen, die in Inseraten für die Lehrlingsoffensive warben, verantwortlich?

b) War auch Lukas Stuhlpfarrer bei der Auswahl beteiligt und warum?

c) Hat die Fa. L.S.B. beziehungsweise Herr Stuhlpfarrer Sie beziehungsweise den Entscheidungsträger auf die auffällige Häufung von "Euroteam"-Geschäftspartnern bei den Inseraten hingewiesen?

13. War Ihnen beziehungsweise dem Bundeskanzleramt bekannt, daß die Firma L.S.B./"Euroteam" schon im Herbst 1997 durch das AMS Wien in einem Zwischenbericht beim Projekt PROFESSIONET (GI Employment – Youthstart) wegen Unregelmäßigkeiten kritisiert wurde?

14. War Ihnen beziehungsweise dem Bundeskanzleramt bekannt, daß das AMS Wien im November 1998 beim Endbericht und der Endabrechnung des Projekts PROFESSIONET schwerwiegende Mängel festgestellt und deswegen auch eine Prüfung durch die Interne Revision des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales veranlaßt hat?

15. Im Rahmen des Projekts PROFESSIONET wurden von "Euroteam"

349 Beratungsstunden über Fragen der Lehrlingsausbildung bei jenem Rechtsanwaltsbüro geltend gemacht, das ab 1998 im Aufsichtsrat von "Euroteam" (Beteiligungsverwaltungs A.G.) tätig wurde;

243 Beratungsstunden über Lehrlingsausbildung bei der SPÖ Wien verrechnet, obwohl die SPÖ Wien in einer Aussendung nur von 13 Mannstunden Beratung spricht.

a) Halten Sie es für glaubwürdig, daß ein Rechtsanwalt 349 Stunden für Beratung in Fragen der Lehrlingsausbildung aufwendet?

b) Haben Sie auch in Ihrer Funktion als Parteivorsitzender der SPÖ eine Erklärung für die Diskrepanz zwischen den Angaben von "Euroteam" und der SPÖ Wien?

c) Halten Sie eine Beratung der SPÖ Wien in Fragen Lehrlingsausbildung für notwendig?

In formeller Hinsicht wird unter Verweis auf § 93 Abs. 2 GOG die dringliche Behandlung dieser Anfrage verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf Herrn Abgeordneten Öllinger als erstem Fragesteller nach § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung zur Begründung der Anfrage das Wort erteilen. Die Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte.

15.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! – Herr Staatssekretär, daß Sie heute stellvertretend für den Bundeskanzler an dieser Debatte teilnehmen, ehrt Sie zwar, aber das ist nicht unser Verlangen. Es ist auch nicht das, was der Herr Bundeskanzler gegenüber diesem Haus versprochen hat, denn der Herr Bundeskanzler hat vorige Woche in einer Presseaussendung des Bundeskanzleramtes erklären lassen, das Parlament habe laut Geschäftsordnung zahlreiche Möglichkeiten, aktiv zu werden. Wenn das geschehe, dann werde sich der Kanzler dem nicht entziehen.

Das stand in einer Aussendung der APA von voriger Woche, und damit hat der Bundeskanzler erklärt, er werde an jeder Debatte, die dieses Haus von ihm in der Causa "Euroteam" einfordert, teilnehmen und diesem Parlament Rechenschaft ablegen.

Ich möchte schon betonen, daß wir nicht damit einverstanden sind, daß hier nur der Herr Staatssekretär in Stellvertretung des Bundeskanzlers diese Debatte führt! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Er traut sich nicht!)

Herr Staatssekretär! Immer dann, wenn es um heikle Angelegenheiten des Bundeskanzlers geht, werden Sie vorgeschickt. Wir können uns schon vorstellen, daß das auch für Sie nicht lustig ist. Aber in dieser Causa, die wir heute behandeln, geht es nicht nur darum, daß sie nicht lustig ist, sondern es geht auch darum, daß der Herr Bundeskanzler persönlich und politisch über sein Kabinett in die Causa "Euroteam" involviert ist. Herr Staatssekretär! Das ist eine Frage, die wir nicht mit Ihnen klären können und auch nicht klären wollen, weil dabei der Herr Bundeskanzler und seine persönliche Verantwortung angesprochen sind. Das ist nicht die Angelegenheit des Staatssekretärs! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Staatssekretär! Da Sie schon des öfteren derart heikle Debatten anstelle des Herrn Bundeskanzlers hier stellvertretend führen mußten, können wir uns schon vorstellen, daß Sie so etwas wie eine Gefahrenzulage oder einen Erschwerniszuschlag bekommen. Denn es kann auch für Sie nicht besonders angenehm sein, Herr Staatssekretär, daß Sie in einer Frage der politischen Verantwortung anstelle des Bundeskanzlers, der persönlich – und das werde ich auch ausführen – diese Verantwortung trägt, hier für ihn Rechenschaft ablegen sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Thema. Am 31. August 1997 hat der Bundeskanzler in der Sendung "Zur Sache spezial" erklärt – ich zitiere –:

Ich habe vorgesorgt. Wir haben eine Art Lehrlings-Hotline eingerichtet, wo jeder Betrieb, der Lehrlinge aufnehmen will, anrufen kann. Wir vermitteln das weiter an die jeweilige Ausbildungsstelle, an die Betreuungsstelle in den Bundesländern. Ich würde Sie auch jetzt, während der Sendung, ersuchen, anzurufen. Diese Lehrlings-Hotline ist besetzt. Da können Betriebe anrufen unter der Nummer 0660/311 960. – Zitatende.

Diese Erklärung des Bundeskanzlers vom 31. August fand im Zusammenhang mit anderen Erklärungen des Bundeskanzlers statt, sie war gleich seine erste Wortmeldung zum Thema. Er sagte, es gehe um die Jugendbeschäftigung. Die Bundesregierung habe schon eine Reihe von Initiativen nach der Ruster Regierungsklausur gesetzt.

Er führte dann im folgenden aus: Jetzt geht es weiter mit der Lehrlings-Hotline. – Was er vergessen hat, zu erklären, ist, daß diese angegebene Nummer nichts mit der Bundesregierung zu tun hatte, sondern eine Telefon-Hotline der SPÖ war. Ich betone: Eine Telefon-Hotline der SPÖ, deren Nummer im Zusammenhang mit Darstellungen der Regierung vom Herrn Bundeskanzler per Insert eingeblendet wurde.

Nach wenigen Tagen und großer Konfusion aller beteiligten Stellen – weil das in der Folge natürlich auch über die Medien thematisiert wurde – hat dann das Sozialministerium versucht, eine eigene Hotline einzurichten und hat diese auch schon über die Medien propagiert. Dabei hat sich allerdings herausgestellt, daß diese Hotline, die das Sozialministerium verwenden wollte, als Lehrlings-Hotline schon in Betrieb war, und zwar durch das Wirtschaftsministerium, das diese Hotlinenummer schon in den vergangenen Monaten für Lehrlingsfragen verwendet hat.

Daher wurde dieser Plan einer neuen Hotline, die eigentlich eine alte war, wieder fallengelassen, und nach wenigen Tagen wurde auch die SPÖ-Hotline durch einen Regierungsbeschluß in eine Regierungs-Hotline umgewandelt, und zwar mit einer neuen Nummer. Und das ist die Nummer, die wir inzwischen alle kennen: 0660/1996 lautete die Hotlinenummer, die schon zuvor von der Firma "Euroteam" beziehungsweise im Rahmen von Projekten benutzt wurde.

Damit bin ich bei dem Verein oder dem Firmenkonglomerat "Euroteam", das im Zusammenhang mit dieser Causa eine nicht irrelevante Rolle spielt.

"Euroteam" ist im Jahre 1992 gegründet worden. Da hat sich zunächst einmal überhaupt nichts abgespielt. 1994 haben dann die ersten sichtbaren Aktivitäten von "Euroteam" begonnen, und zwar im Vorfeld der EU-Volksabstimmung, also der Abstimmung über den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft. Damals hat "Euroteam" für die SPÖ im Rahmen einer Werbekampagne Werbung für den Beitritt zur EU gemacht und hat prominente Mitglieder der SPÖ und der Bundesregierung zu einem Fest in die Diskothek "Nachtwerk" eingeladen, darunter den damaligen Verkehrsminister Klima und die jetzige Frau Stadträtin Ederer; damals war Sie noch Staatssekretärin. Das war schon ein sichtbarer Hinweis darauf, wo sich "Euroteam" positioniert hatte.

Im Jahre 1994 gab es sonst keinerlei Aktivitäten, mit einer Ausnahme: Herr Stuhlpfarrer – und mit ihm noch eine zweite Person – hat im Auftrag des Sozialministeriums eine sogenannte Studie erstellt. Diese Studie taucht dann später noch auf, weil sie den angeblich so einzigartigen Ruf von "Euroteam" begründen soll.

Wir hatten im Unterausschuß die Gelegenheit, uns diese Studie auch tatsächlich anzusehen. Diese Studie umfaßt zirka 2 000 Seiten und besteht zu rund 95 Prozent aus Kopien von Amtsblättern der Europäischen Gemeinschaft. Der kümmerliche Rest ist die Eigenproduktion von "Euroteam". Der kümmerliche Rest besteht aus einem Vorwort, einer Gebrauchsanweisung, einer Danksagung und dem, was das eigentliche Auftragssubstrat ausmachen könnte, nämlich einem Vergleich der europäischen Berufspositionen mit den entsprechenden Berufsprofilen in Österreich in einer, so würde ich einmal sagen, nicht sehr zufriedenstellenden Form. Für diese Studie hat "Euroteam" zirka 430 000 S kassiert.

Im Jahre 1995 wurde "Euroteam" – damals waren wir ja schon Mitglied der Europäischen Gemeinschaft – etwas aktiver. "Euroteam" fing an, Förderungsbegehren bei verschiedenen Stellen einzureichen. Gleichzeitig wurde 1995 ein neuer Vorstand bei "Euroteam" gewählt. Diesem gehörte nicht mehr Herr Gerstbauer – jetzt im Kabinett der Frau Bundesministerin – an, sondern bestand und besteht aus folgenden schon vorher tätigen Herren: Herrn Stuhlpfarrer, Herrn Bernthaler, einem Mitarbeiter des späteren Kabinetts Klima, Herrn David Mock, Herrn Jan Klima, dem Sohn des Herrn Bundeskanzlers, und Herrn Reinhold Eckhardt, der Mitarbeiter des SPÖ-Aktionsbüros ist.

Das war 1995 auf der Vereinsebene die Aktivität von "Euroteam". Gleichzeitig – das habe ich schon gesagt – fanden diese Förderungsbegehren statt. Es ist sehr interessant, sich anzusehen, wo die Projekte zunächst eingereicht wurden. Eines der ersten Projekte war das Projekt PROFESSIONET; darauf werden wir noch zu sprechen kommen.

Ein zweites Projekt war ein Projekt bei der Oesterreichischen Nationalbank. Auch dort, beim Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank, wird um Förderung eingereicht. Wissen Sie das, Kollege Parnigoni? – Ich weiß es.

Dieses Projekt ist zeitlich befristet von 1995 bis Ende 1996 eingereicht worden. Nach einer Auskunft, die ich vor wenigen Tagen von der Nationalbank eingeholt habe, ist auch dieses Projekt von "Euroteam" noch immer nicht abgeschlossen worden. Man hat mir leider auch keine Auskunft darüber geben können, wann dieses Projekt abgeschlossen werden wird, obwohl die Projektdauer bei Projekten des Jubiläumsfonds auf vier Jahre begrenzt ist. Jetzt sind diese vier Jahre schon vorbei, meine Damen und Herren. "Euroteam" sollte oder müßte dieses Projekt eigentlich abgeschlossen haben.

Ich gehe in der Chronologie weiter. Im Jahre 1996 fand in Österreich eine Europawahl statt, und im Vorfeld dieser Europawahl ist "Euroteam" wieder aktiv geworden. Es ist an öffentliche Entscheidungsträger, Meinungsträger herangetreten und hat gesagt: Wir wollen zur Europawahl etwas machen. – Tatsächlich ist dann etwas für die SPÖ gemacht worden.

Es wurde aber zum selben Zeitpunkt auch eine Hotline von "Euroteam" angeboten, die für diese Europawahl von "Euroteam" unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Was "Euroteam" offensichtlich hinzuzufügen vergessen hat, ist, daß eine Hotline auch Bestandteil des Projekts PROFESSIONET war, das schon 1996 begonnen hatte, sodaß da also auch wieder unter verschiedenen Positionen Leistungen von öffentlichen Förderungsgebern offensichtlich privat genutzt worden sind.

Das Projekt PROFESSIONET ist 1996 gestartet worden, und schön langsam entwickelt sich die Aktivität von "Euroteam". Es finden weitere Förderungsbegehren statt, aber der eigentlich Coup gelingt "Euroteam" im Jahre 1997, in dem es den Riesenauftrag im Rahmen der Lehrlingsoffensive an Land ziehen kann. Ein Riesenauftrag ist es deswegen – ich sage: ein Riesenauftrag –, weil es nicht nur um den Auftrag des Bundeskanzleramtes, um den Werkvertrag im Rahmen des Bundeskanzleramts, geht, sondern auch um einen eng damit verflochtenen Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundes-AMS.

Das Bundes-AMS sagt: Nein, das gehört eigentlich nicht zu unseren Aktivitäten. Das Sozialministerium sagt: Doch, ihr sollt das machen! Das AMS sagt: Wir wollen das nicht machen, das gehört nicht zu den arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten! – So ist es auch in den Protokollen des Unterausschusses dokumentiert. Das Sozialministerium überredet das AMS dazu, diesen Auftrag durchzuführen, und zwar dadurch, daß es die Kosten übernimmt.

Es war von Anfang an klar, daß nicht das AMS diesen Auftrag durchführen wird und durchführen soll, sondern selbstverständlich wieder die Firma "Euroteam". Das war allein im Rahmen der Lehrlingsoffensive 1997 ein 3-Millionen-Schilling-Projekt. Mit dem nächsten Jahr – da wurde dieser Auftrag wiederholt – waren es dann 6 Millionen. Insgesamt belaufen sich die Aufträge an "Euroteam" im Rahmen der Lehrlingsoffensive – nur die eng gefaßten Aufträge – auf rund 15 Millionen Schilling.

Warum erwähne ich das? – Weil damit ein Unternehmen beauftragt wurde, das zu diesem Zeitpunkt – mit Ausnahme der Studie aus dem Jahre 1994, die ich schon zu beschreiben versucht habe – über keine Qualifikationen auf diesem Sektor verfügte. Es gab überhaupt keine Erfahrungen von "Euroteam" in diesem Bereich. Aber das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sagte: Sie sind einzigartig, sie sind europaweit die einzigen, die derartige Aufträge durchführen können.

Im Jahre 1997 ist aber noch etwas anderes geschehen. Das AMS hat in einem ersten Zwischenbericht zum Projekt PROFESSIONET kritisiert, daß es dabei Mängel gibt.

Gehen wir weiter zum Jahr 1998. "Euroteam" wird neuerlich mit Aufträgen im Rahmen der Lehrlingsoffensive befaßt. "Euroteam" liefert, nachdem das Projekt PROFESSIONET im März 1998 abgeschlossen wird, im November einen Endbericht und eine Endabrechnung. Dabei stellt sich durch eine Überprüfung des AMS heraus, daß es in 130 Punkten schwere Kritik und Mängelfeststellungen gibt.

Einer dieser 130 Punkte ist zum Beispiel die Verrechnung von über 30 Flugreisen. Davon wirft das AMS sozusagen über 20 zurück und sagt: Diese haben mit dem Projekt überhaupt nichts zu tun. – Ein anderer dieser 130 Punkte ist eine Ansammlung von knapp 40 Café-Rechnungen, von denen "Euroteam" dann sagt: Gut, die nehmen wir zurück, wir haben uns offensichtlich geirrt.

Das erwähne ich nur, um Ihnen zu illustrieren, was die Qualität dieser Arbeit von "Euroteam" betrifft. Es geht um Doppelverrechnungen. Da ist versucht worden, diesem Projekt PROFESSIONET etwas umzuhängen, was in einem anderen Projekt – "Telearbeitsmarkt" – schon zu verrechnen versucht wurde. Es geht um falsche Rechnungen. Es geht darum, daß "Euroteam" Einnahmen aus dem Projekt – etwa bei Inseraten – nicht geltend gemacht und nicht dem Projekt zugeführt hat, sondern versucht hat, diese Einnahmen in anderen Töpfen von "Euroteam" verschwinden zu lassen.

Meine Damen und Herren! Das sind keine Kleinigkeiten, und das war schon 1998 bekannt. Aber niemand kümmerte sich darum.

Fassen wir zusammen: 1998 gibt es schon schwere Kritik an "Euroteam". Die Projekte funktionieren nicht. Die Projekte dauern viel länger. Die Projekte können nicht endabgerechnet werden.

Auf der einen Seite haben wir noch immer den Bundeskanzler, der sich mit den angeblichen Erfolgen der Lehrlingsoffensive in die Auslage stellt, sowie die Mitarbeiter des Kabinetts Klima, die "Euroteam" diese Aufträge verschafft haben. Auf der anderen Seite haben wir dieselben Mitglieder des Kabinetts Klima, die bei "Euroteam" Funktionen in den diversen Gliederungen dieses Firmenkonglomerats ausüben.

Dazu haben wir die Firma "Euroteam" selbst, die es mittlerweile geschafft hat, ein Firmenkonglomerat zu errichten. Das ist sehr interessant. (Der Redner stellt ein Blatt Papier, auf dem eine Graphik mit einer Darstellung von Firmenverflechtungen abgebildet ist, an der Vorderseite des Rednerpults auf.) Das ist dieses Firmenkonglomerat von "Euroteam"; die Abbildung stammt aus der heutigen Ausgabe der "Presse". Das ist deswegen interessant, weil es "Die Presse", im Gegensatz zur Mehrheit im Unterausschuß, geschafft hat, diese Darstellung korrekt vorzunehmen. Hingegen hat das die Mehrheit im Unterausschuß – die Regierungsfraktionen – noch nicht ganz geschafft.

Angeblich funktioniert das Firmenkonglomerat "Euroteam" so, daß die öffentlichen Aufträge und Förderungen, die "Euroteam" erhält, völlig uneigennützig von "Euroteam" betrieben werden. (Abg. Koppler: "Angeblich"! Du hast gesagt "angeblich"!) Da wird nur Geld hineingesteckt, das aus den privaten Erträgen des Firmenkonglomerats von "Euroteam" kommt.

Sehen Sie sich dieses private Firmenkonglomerat von "Euroteam" etwas genauer an! Welche sind diese angeblich gewinnbringenden Teile von "Euroteam", mit denen die öffentlichen Projekte gefördert werden? (Der Redner deutet während der folgenden Sätze auf einzelne Teile der Graphik.)

Da ist eine Einlage – eine Minderheitsbeteiligung – bei "Radio ID", von der auch die Freiheitlichen vermuten, daß die Grünen mit "Euroteam" unter einer Decke stecken. Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, ich kann Sie beruhigen!

Da ist zum einen eine Immobilienverwertungsgesellschaft, die von "Euroteam" betrieben wird und angeblich auch zu den gewinnbringenden Teilen dieses Firmenkonglomerats gehört, obwohl sie nur eine 40-Quadratmeter-Wohnung zu verwerten hat.

Da ist eine Beratungsgesellschaft, die offensichtlich die restlichen Millionen erwirbt und wieder hineinsteckt.

Da ist die relativ neue Gründung des Call Centers Burgenland, gemeinsam mit der Firma TBK.

Meine Damen und Herren! Woher kommen die Millionen von "Euroteam"? – Wir Grünen sagen Ihnen: Es funktioniert genau umgekehrt. Dafür gibt es auch Belege. Aus den öffentlichen Aufträgen, aus den öffentlichen Förderungen wird über eine relativ raffinierte Konstruktion und durch die Gewinnung von sogenannten "Euroteam"-Partnern versucht, den öffentlichen Aufträgen Geld zu entziehen und über den Verein, der noch immer nicht sein Stammkapital und seine Einlagen aufbringen kann, "Euroteam" zu bedienen.

Es ist nicht uninteressant, wenn man beispielsweise einen Budgetplan von "Euroteam" aus dem Jahre 1997 liest. Daraus geht relativ klar hervor, daß es genau so funktioniert, daß Gelder, Provisionen, die man über öffentliche Aufträge lukrieren konnte, nicht den öffentlichen Aufträgen und den Förderprojekten zugute kommen sollen, sondern daß sie auf dem Umweg über diesen Verein wieder die Firmen – die Einlagen – und damit die gewinnbringenden Teile füttern sollen.

Herr Staatssekretär! Damit bin ich bei dem Punkt, an dem die Verantwortung des Bundeskanzlers beginnt. Das alles ist im Bereich des Bundeskanzlers – und wenn schon nicht mit seinem vollen Wissen, so doch unter seiner politischen Verantwortung – geschehen. Denn auch die Mitglieder des Kabinetts Klima haben davon gewußt, weil sie selbst an diesem Firmenkonglomerat beteiligt sind. Auch Herr Gerstbauer war bis 1997 an einer dieser Subfirmen beteiligt, Frau Bundesministerin, nämlich als Aufsichtsrat in der "Fachhochschulstudien-Betriebsgesellschaft". (Abg. Edler: Das ist alles durcheinander! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Auch die Mitglieder des Kabinetts Klima mußten davon wissen.

Meine Damen und Herren! Es geht in diesem Zusammenhang um die politische Verantwortung des Bundeskanzlers. Aber er entzieht sich dieser Debatte und ist nicht bereit (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edler), auf die Fragen einzugehen, die wir ihm im Zusammenhang mit "Euroteam" gestellt haben (Abg. Parnigoni: Das geht ihn nichts an! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), die dringlichen Fragen, die deshalb dringlich sind, weil damit die Verantwortung eines Bundeskanzlers angesprochen wird, der versucht hat, sich mit einer Lehrlingsoffensive und auch mit "Euroteam" zu rühmen. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Diese Verantwortung löst der Bundeskanzler nicht ein, meine Damen und Herren! Deshalb ist es inakzeptabel, daß der Bundeskanzler an dieser Debatte nicht teilnimmt! (Beifall bei den Grünen.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.22

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler ist für die heutige Sitzung nicht entschuldigt beziehungsweise nicht als verhindert gemeldet. Ich denke, die Ausführungen von Karl Öllinger haben sehr deutlich gezeigt, daß es hier um eine sehr persönliche Involvierung des Bundeskanzlers in bezug auf die Mitglieder seines Kabinetts ("Wo?"-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Schirmherr für Gaunerei? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) beziehungsweise auch Familienangehörige geht.

Ich rege daher an – wir hatten gehofft, daß er doch noch die Gelegenheit nutzt, in dieser Sitzung zu erscheinen –, daß wir die Sitzung unterbrechen, um diese Causa, die Absenz des Herrn Bundeskanzlers, zu besprechen. In eventu würde ich mich noch einmal zur Geschäftsordnung melden.

15.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Artikel 78 Abs. 2 der Bundesverfassung ist eindeutig. Die parlamentarische Vertretung durch den Staatssekretär setzt eine Verhinderung nicht voraus.

Ich gebe Ihnen ein Zweites zu bedenken: Es hat in diesem Jahr schon ein oder zwei Fälle von seiten anderer Oppositionsfraktionen gegeben, in denen der Bundeskanzler vom Herrn Staatssekretär vertreten wurde. Sie werden verstehen, daß ich mir nicht den Vorwurf machen lassen kann: Bei einer Fraktion wird die Vertretung durch den Herrn Staatssekretär akzeptiert, bei der anderen nicht. (Abg. Gaugg: Aber da ist er persönlich involviert!) Inhaltliche Entscheidungen vorzunehmen, ist nicht meine Sache. (Abg. Gaugg: Wie tief steckt er da drinnen? Mit diesem Jan Klima? – Weitere Zwischenrufe.)

Erfolgt diese zweite Wortmeldung zu einer anderen Sache? Oder stellen Sie jetzt einen anderen Antrag? – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.24

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wäre sehr dafür, das an sich materiell zu beurteilen. Es gibt auch eine stehende Usance des Hauses, dem Wunsch einer Klubvorsitzenden auf Sitzungsunterbrechung stattzugeben.

So dies nicht der Fall ist, stelle ich gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen: Die Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers bei dieser Debatte möge verlangt werden.

15.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Scheibner hat sich zu Wort gemeldet.

15.24

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben es schon angesprochen: Auch meine Fraktion war öfters damit konfrontiert, daß sich der Herr Bundeskanzler bei Initiativen unsererseits im Sinne unserer Kontrollrechte durch den Herrn Staatssekretär hat vertreten lassen. Das mag geschäftsordnungsmäßig und auch im Sinne der Bundesverfassung zulässig sein, sollte aber die Ausnahme darstellen. (Abg. Dr. Nowotny: Das ist so!)

Heute haben wir eine Materie vorliegen, in welcher der Bundeskanzler persönlich angesprochen und persönlich betroffen ist. (Abg. Parnigoni: Das ist eine Unterstellung!) Das gilt es ja aufzuklären, Herr Kollege Parnigoni! Er hat es auch bei keiner einzigen Sitzung des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses – obwohl er es angekündigt hatte – für der Mühe wert befunden, anwesend zu sein.

Jetzt besteht auch für den Bundeskanzler die Gelegenheit, zu all den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Deshalb schließe ich mich dem Antrag an, daß der Herr Bundeskanzler hier zu erscheinen hat.

Ich würde es weiters für gerechtfertigt halten, daß wir die Sitzung unterbrechen, um die weitere Vorgangsweise in einer Stehpräsidiale zu beraten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte.

15.25

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich ersuche darum, diesen Fall, bevor über den Antrag abgestimmt wird, tatsächlich in einer Stehpräsidiale zu erörtern, und zwar deswegen, weil ich ebenfalls glaube, daß es hier nicht nur um die Geschäftsordnung geht, sondern auch um das Ernstnehmen des Parlaments und um eine Art der politischen Kultur.

Es ist selten so sehr der Fall, daß die Anwesenheit des Bundeskanzlers – und ich sage es auch deswegen – für die persönliche Beantwortung notwendig ist. Denn es besteht der Verdacht, daß öffentliche Gelder jedenfalls an den persönlichen Stab des Bundeskanzlers geflossen sind, auch an den Stab der Frau Sozialministerin, und daß da vielleicht auch familiäre Verhältnisse aufzuklären wären. Das alles zusammen rechtfertigt es über die Geschäftsordnung hinaus, die persönliche Anwesenheit des Bundeskanzlers zu verlangen.

Mir ist klar, daß eine Abstimmung darüber hier im Hohen Haus ein klares Ergebnis mit sich bringt. Aber um das Ernstnehmen des Parlaments zu besprechen, hielte ich es daher für gut, daß wir uns vorher auf Klubchef-Ebene noch einmal darüber unterhalten.

15.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich habe heute früh bei einer Ausdrucksweise des Abgeordneten Jung, die man noch akzeptieren kann oder auch nicht, um des Friedens in dieser letzten Sitzungswoche willen um eine entsprechende Ausdrucksweise gebeten.

Ich denke, daß die Rechtslage völlig klar ist. Es steht ein Antrag von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic zur Abstimmung.

Aber um zu verhindern, daß sich das Klima aufheizt, obwohl das sachlich vielleicht gar nicht notwendig ist, wenn wir den Herrn Staatssekretär gehört haben werden – ich weiß das ja noch nicht –, werde ich ganz kurz die Sitzung unterbrechen. Ich bitte die fünf Klubvorsitzenden zu mir und werde dann die Abstimmung über die gestellten Anträge vornehmen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 15.27 Uhr unterbrochen und um 15.33 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir haben festgestellt, daß wir keine Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Handhabung der Geschäftsordnung haben, allerdings sind die Bewertungen der politischen Aspekte oder der Zweckmäßigkeitsaspekte durch uns unterschiedlich.

Fest steht, daß über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, den sie gestellt hat, abzustimmen ist. Ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic, nach den einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung, § 18 Abs. 3, die Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers für die laufende Debatte zu verlangen.

Ich bitte, daß jene Damen und Herren, die mit diesem Antrag einverstanden sind, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Daher ist der Antrag abgelehnt. (Rufe bei den Freiheitlichen: Die ÖVP! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Sozialisten!)

Es gelangt jetzt Herr Staatssekretär Dr. Wittmann zu Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten.

Danach wird als erster Redner Herr Abgeordneter Van der Bellen sprechen. Frau Bundesministerin Hostasch hat sich in dieser Debatte ebenfalls zu Wort gemeldet.

Bitte, Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

15.35

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung bekennt sich dazu, daß alles dafür getan werden muß, daß 15jährige Schulabgänger nicht auf der Straße stehen. Sie sollen eine faire Chance für ein erfolgreiches Berufsleben erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wäre die Lehrlingsoffensive nicht durchgeführt worden, wären viele Tausende Schulabgänger auf der Straße gestanden, wie das sowohl 1997 als auch 1998 prognostiziert worden war. (Abg. Gaugg: Sie haben nichts getan, daß die nicht auf der Straße stehen! "Euroteam" hat nur Geld verbraucht!)

Meine Damen und Herren! Wie Sie sicherlich wissen, beruhen die Erfolge der Lehrlingsoffensive nicht nur auf dem Einsatz öffentlicher Mittel. Es wurde ein ganzes Bündel von Maßnahmen gesetzt. Ich erinnere zum Beispiel an die Änderung im Berufsausbildungsrecht, an die Einführung neuer Lehrberufe, an die Einführung der Berufsreifeprüfung und an die Informationskampagnen. All das zusammen hat bewirkt, daß wir im Jahre 1998 über 39 000 Lehranfänger hatten und zusätzlich mehr als 3 000 Jugendliche auf guten Ausbildungsplätzen im Auffangnetz. In Summe haben mehr als 42 000 Jugendliche eine Berufsausbildung begonnen.

Dies hat bewirkt, daß im Mai und Juni 1999 die Lehrstellenbilanz ausgeglichen war. 2 100 Lehrstellensuchenden stehen ungefähr 2 000 Lehrstellen zur Verfügung. Zwei Jahre zuvor, vor Beginn dieser Offensive, waren es 37 000 Jugendliche gegenüber 39 000 im Jahr 1998, und der Trend wies weiter nach unten.

Meine Damen und Herren! Die Lehrlingsoffensive wird weitergeführt werden, und sie wird erfolgreich weitergeführt werden. Wir werden es auch in diesem Jahr schaffen, allen Jugendlichen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz einzuräumen. (Beifall bei der SPÖ.) Wir werden die Reformen weiterführen, um auch langfristig gesehen den Bestand der dualen Lehrlingsausbildung zu sichern.

Nun zu den einzelnen Punkten Ihrer Dringlichen Anfrage. Soweit eine Zuständigkeit des Bundeskanzlers gegeben ist, werde ich Punkt für Punkt auf Ihre Fragen eingehen. Zu jenen Punkten, bei denen das nicht der Fall ist und eine Zuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegeben ist, ersuche ich die Frau Bundesministerin, im Rahmen der Diskussion Stellung zu beziehen.

Im einzelnen beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zur Frage 1:

In Anbetracht der vielen jungen Menschen, die im Jahre 1997 von der Schule abgegangen sind und keine Lehrstelle gefunden haben, hat der Herr Bundeskanzler in seiner Funktion als Parteivorsitzender der SPÖ im Fernsehen am 31. August 1997 zu einer gemeinsamen solidarischen Kraftanstrengung zur Sicherung der Zukunft der Jugend aufgerufen. Er hat alle Firmen und Gewerbebetriebe, die bereit sind, Lehrlinge aufzunehmen, gebeten, sich an das Aktionsbüro der SPÖ zu wenden. Dabei wurde die Nummer des Aktionsbüros 0660/311 960, die zum Ortstarif erreicht werden kann, bekanntgegeben. (Abg. Fischl: Das ist ja wirklich stark!)

Am 2. September 1997 wurde dann auf Koalitionsebene vereinbart, sofort eine Regierungs-Hotline im Rahmen der Lehrlingsinitiative einzurichten. Die SPÖ-Hotline wurde im Rahmen der Maßnahmen der Bundesregierung weder angekündigt noch beworben. Sie wurde nach dem Beschluß zur sofortigen Einrichtung einer Regierungs-Hotline auch von seiten der SPÖ nicht mehr als Infonummer für die Lehrlingsoffensive verwendet.

Es ist selbstverständlich und entspricht der politischen Kultur, daß eine Hotline einer Regierungspartei nicht gleichzeitig eine Hotline der Bundesregierung sein kann.

Die Beauftragung der Regierungs-Hotline erfolgte durch das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die Nummer der Hotline war 0660/1996. Die Hotline wurde zunächst provisorisch bei der L.S. Beratungsgesellschaft für europäische Integrationsfragen GmbH in 1020 Wien, Praterstraße 70, eingerichtet. Nach der von dieser Gesellschaft vorgenommenen Durchführung einer Ausschreibung wurde diese Hotline unter gleicher Nummer vom Call Center TBK, Salzburg, weitergeführt.

Im Hinblick auf den Beschluß der Bundesregierung vom 2. September 1997, eine Regierungs-Hotline einzurichten, wurde die Hotline des Aktionsbüros der SPÖ einige Tage später eingestellt.

Zur Frage 2 möchte ich auf folgende Fakten hinweisen:

Ich möchte ausdrücklich betonen, daß auf den vom Bundeskanzleramt an die L.S. Beratungsgesellschaft erteilten Auftrag das Bundesvergabegesetz nicht anzuwenden war, da der Vergabewert von 200 000 ECU ohne Mehrwertsteuer nicht überschritten wurde.

Hiezu möchte ich in Erinnerung rufen, daß der Gegenwert von 200 000 ECU ohne Mehrwertsteuer nicht vom Bundeskanzleramt selbständig umgerechnet wird, sondern der Gegenwert im Bundesgesetzblatt kundgemacht ist, und zwar im BGBl. II Nr. 22/1998. Demnach entsprachen 200 000 ECU 2 703 676 S.

Die Vergabevorschriften wären dann nicht eingehalten worden, wenn dieser Betrag exklusive Mehrwertsteuer überschritten worden wäre.

Im September 1997 hat das Bundeskanzleramt einen Rahmenvertrag mit der L.S. Beratungsgesellschaft mit einem zeitlichen Leistungsrahmen vom 1. September 1997 bis 30. Juni 1998 und einem Maximalentgelt von 1 638 000 S exklusive Mehrwertsteuer beschlossen.

In Anbetracht der auch im Jahre 1998 kritischen Lehrstellensituation und der Notwendigkeit der Weiterführung der Lehrlingsoffensive wurde dieser Vertrag 1998 bis zum 30. Juni 1999 verlängert. Das Maximalentgelt für den Leistungszeitraum 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 wurde mit 1 050 000 S exklusive Mehrwertsteuer vereinbart. Summiert man beide Maximalentgelte, dann ergibt sich eine Gesamtsumme von 2 688 000 S exklusive Mehrwertsteuer. Damit liegt eindeutig und nicht widerlegbar das gesamte Entgelt unter dem zuvor genannten Schwellenwert.

Die in der Dringlichen Anfrage angeführte Gesamtsumme von 3 225 600 S entspricht der vom Bundeskanzleramt beauftragten Gesamtsumme inklusive Mehrwertsteuer. Unstrittig ist aber, daß sich der Schwellenwert im Bundesvergabegesetz ohne Mehrwertsteuer versteht.

Zur Frage 2 b) kann ich keine Stellungnahme abgeben, da dieses Projekt im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales abgewickelt wurde. Es wird die Frau Bundesminister darauf weiter eingehen.

Zur Frage 3:

Dem Bundeskanzleramt war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der L.S. Beratungsgesellschaft nicht bekannt, daß die in der Anfrage angeführten Personen Funktionen bei "Euroteam" innehaben. Weder Herr David Mock noch Herr Thomas Drozda haben dem Bundeskanzleramt Funktionen beziehungsweise Tätigkeiten bei "Euroteam" gemeldet.

Nach den dem Bundeskanzleramt zur Verfügung stehenden Informationen hatte Mag. Drozda zum in Frage stehenden Zeitpunkt keinerlei Funktion bei "Euroteam". Herr Mock wurde nach den dem Bundeskanzleramt zur Verfügung stehenden Informationen 1995 als Mitglied des Vorstandes bei "Euroteam – Verein zur Information über die Europäische Integration" geführt. Er war aber weder zeichnungsberechtigt, noch hat er jemals von "Euroteam" Geldleistungen erhalten.

Weder Herr Mock noch Herr Drozda haben bei Vertragsabschluß mit der L.S. Beratungsgesellschaft auf eine Funktion im "Euroteam" beziehungsweise auf eine allfällige Interessenkollision hingewiesen.

Hinsichtlich der Meldung von Nebenbeschäftigungen ist bei Personen, die nicht in einem Beamtendienstverhältnis stehen, das Vertragsbedienstetengesetz heranzuziehen. Nach § 8 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 hat der Vertragsbedienstete nur eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung zu melden, die die voraussichtliche Dauer von vier Wochen überschreitet. Eine Erweiterung der Meldepflichten ist mit 1. Jänner 1999 eingetreten. Wurde keine Geldleistung bezogen, so bestand keine Verletzung der Meldepflichten.

Zur Frage 4:

Seitens des Bundeskanzleramtes wurde Herr Stuhlpfarrer nicht zum Lehrlingsbeauftragten der Bundesregierung bestellt. Er war auch nicht Beauftragter der Bundesregierung. Es wurde mit der L.S. Beratungsgesellschaft ein Projektmanagementvertrag abgeschlossen, nach dem der Auftragnehmer Herrn Stuhlpfarrer oder eine gleichgeeignete qualifizierte Person zur Abwicklung des Projektes heranziehen kann.

Zur Frage 5:

Es darf noch einmal wiederholt werden, daß laut Vertrag mit der L.S. Beratungsgesellschaft nicht nur Herr Stuhlpfarrer zur Projektabwicklung, sondern auch eine gleichqualifizierte Person vom Auftragnehmer eingesetzt werden kann. Seitens der L.S. Beratungsgesellschaft wurden im Zuge der Abrechnung der Stunden genaue Zeitaufzeichnungen vorgelegt, in denen auch die Art der ausgeübten Tätigkeit angeführt ist.

Zur Frage 6:

Die Beauftragung eines Call Centers fällt in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Es wird die Frau Bundesminister dazu Stellung nehmen.

Zur Frage 7:

Weder dem Bundeskanzleramt noch dem Bundeskanzler war im September 1997 die Gründung einer gemeinsamen Tochtergesellschaft von TBK und "Euroteam" bekannt. Auf diesen Umstand hat das "Euroteam" weder das Bundeskanzleramt noch den Bundeskanzler hingewiesen. Ob dies auch für das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zutrifft, entzieht sich meiner Kenntnis. Einen Vertrag zwischen dem Bundeskanzleramt und "Euroteam" betreffend das Call Center hat es nicht gegeben.

Zu den Fragen 8 und 9:

Da die Beauftragung des Call Centers ebenfalls in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales fällt, wird die Frau Bundesminister dazu Stellung nehmen.

Zur Frage 10:

Einleitend möchte ich zu dieser Frage festhalten, daß im Zuge der Lehrlingsoffensive niemals Firmen beworben wurden. Wahr ist vielmehr, daß sich Firmen, die Lehrlinge eingestellt haben, bereit erklärten, für die Lehrlingsoffensive der Bundesregierung zu werben. (Abg. Gaugg: Diese Argumentation ist ja wohl abenteuerlich!) Weiters möchte ich darauf hinweisen, daß im Rahmen der Inserateneinschaltungen nicht nur die in der Dringlichen Anfrage angeführten Firmen und Unternehmen, sondern insgesamt 67 Firmen ausdrücklich erwähnt werden, wovon bei 32 Firmen angeführt wurde, wie viele Lehrlinge sie eingestellt haben.

In der Dringlichen Anfrage werden sieben Firmen angeführt, die in einem Naheverhältnis zu "Euroteam" stehen sollen. Im übrigen war dies dem Bundeskanzleramt bisher nicht bekannt. Von einer auffälligen Häufung von "Euroteam"-Geschäftspartnern bei den Inseraten kann daher nicht gesprochen werden.

Zur Frage 11:

Ausschlaggebend für die Auswahl der Firmen war das Engagement des jeweiligen Unternehmens für die Beschäftigung von zusätzlichen Lehrlingen. Die in dieser Frage angeführten Firmen waren 7 von insgesamt 67, die sich durch besonderes Engagement in diesem Bereich auszeichneten.

Zur Frage 12:

Die Vorschläge der Firmen, die in der Inseratenserie erwähnt werden sollen, wurden vom Projektleiter gegenüber dem Bundespressedienst im Bundeskanzleramt erstattet. Der Bundespressedienst hat den Vorschlägen zugestimmt. Für die graphische Umsetzung war im Auftrag des Bundespressedienstes die Firma Mark & Nevosad zuständig. Die L.S. Beratungsgesellschaft und der von ihr eingesetzte Projektleiter, Herr Stuhlpfarrer, wurden deshalb in die Auswahl der Firmen mit einbezogen, da dies Vertragsgegenstand war. Weder die L.S. Beratungsgesellschaft noch Herr Stuhlpfarrer haben das Bundeskanzleramt bei der Erstattung der Vorschläge, diese Firmen in den Inseraten zu erwähnen, auf eine besondere Geschäftsbeziehung mit "Euroteam" aufmerksam gemacht.

Zu den Fragen 13 und 14:

Weder dem Bundeskanzleramt noch dem Bundeskanzler war die Mängelfeststellung durch das AMS bei der Abrechnung des Projektes PROFESSIONET bekannt.

Zur Frage 15:

Da das Projekt PROFESSIONET in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales fällt, kann zu den Punkten der Frage 15 nicht Stellung bezogen werden. Grundsätzlich ist aber jede Initiative zu begrüßen, egal, von welcher Einrichtung, die sich um die Schaffung zusätzlicher Lehrlingsplätze bemüht.

Wir werden auch 1999 unsere Anstrengungen fortsetzen, allen auf den Arbeitsmarkt kommenden Lehrlingen einen Ausbildungsplatz zu ermöglichen und dieses Problem im Griff zu behalten. (Abg. Gaugg: Nicht genügend! – Beifall bei der SPÖ.)

15.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Staatssekretär.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.49

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Staatssekretär! Sie brauchen wirklich eine Erschwerniszulage. Sie haben hier eine juristisch spitzfindige, politisch nichtssagende Erklärung abgegeben. Daß es dem Herrn Bundeskanzler zuwider ist, eine derartige Erklärung selbst abzugeben, verstehe ich, nämlich daß er sich nicht traut, hierherzukommen, um mit eben diesen Worten eine nichtssagende Erklärung abzugeben. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie des Abg. Jung.)

Herr Staatssekretär! Das sei alles nicht bekannt gewesen, deswegen müsse die Geschichte in Ordnung sein. Es seien ja nur erwerbsmäßige Nebentätigkeiten zu melden. Also ist alles okay, was diese Herren aus den Ministerbüros betrifft, haben Sie gesagt. Es gibt keinen Lehrlingsbeauftragten der Bundesregierung. Diesen kann es ja nicht geben, da ja die Firma beauftragt war. – Das nenne ich juristisch spitzfindig und politisch absolut nichtssagend. (Abg. Gaugg: Nicht einmal gescheit!) Vielleicht nicht besonders spitzfindig, kann schon sein.

Oder: Wie Sie das, was Sie auf die Frage 11 geantwortet haben, meinen, habe ich überhaupt nicht kapiert. Die Häufung von firmennahen Nennungen in den Inseraten war bisher dem Bundeskanzleramt nicht bekannt, und deswegen kann man von auffälliger Häufung nicht sprechen. – Diese Logik ist wohl etwas eigenartig.

Diese Häufung ist tatsächlich eigenartig, das ist wohl gar keine Frage. Das gilt insbesondere für den Fall 11a, wobei es zehn Schaltungen gab. Wie viele Lehrlinge hat Herr Dr. Winternitz, Aufsichtsratsvorsitzender der "Euroteam Beteiligungsverwaltungs AG", beschäftigt? Gar keinen – oder einen, soviel ich weiß. Zehn Inserate – ein Lehrling. Gut.

Herr Staatssekretär! Ich richte jetzt an Sie stellvertretend ein paar Fragen, die ich selbstverständlich an den Bundeskanzler gerichtet hätte. Aber wenn er nicht da ist, muß ich sie wohl oder übel an Sie richten. Diese Fragen betreffen die heikle Geschichte seines Sohnes, Dipl.-Ing. Jan Klima.

Herr Jan Klima hat dem Unterausschuß mitgeteilt, daß er zwar irgendwann en passant gefragt worden sei, ob er bei diesem Verein Rechnungsprüfer werden wolle, er sei aber nie darüber informiert worden, daß das dann tatsächlich der Fall gewesen ist, und er habe auch keine entsprechenden Aktivitäten gesetzt, hat nichts bezahlt bekommen und so weiter. Beim "Euroteam"-Verein Burgenland hat man ihn nicht einmal gefragt, ob er das will, sondern ihn einfach von "Euroteam" als Rechnungsprüfer eingesetzt. (Abg. Fischl: Dieser "brave" Junge!)

Wir haben – ich möchte das ausdrücklich betonen – meines Wissens keinerlei Grund, an dieser Aussage von Herrn Jan Klima zu zweifeln. Aber was ist das für ein Verein, frage ich mich, der seine Rechnungsprüfer nicht einmal von ihrer Wahl informiert? Ich meine, dieser Verein mit allen seinen Untergliederungen – Karl Öllinger hat das komplizierte Schaubild schon gezeigt –, der öffentliche Aufträge im Ausmaß von 40 Millionen Schilling bekommen hat, wird wohl Rechnungsprüfer brauchen. Haben die Rechnungsprüfer dort in den vier oder fünf Jahren, seit Jan Klima auf dem Papier Rechnungsprüfer war, nie getagt? Ein Verein hat Rechnungsprüfer, die Rechnungen werden aber nicht geprüft. Hat es andere Rechnungsprüfer gegeben? Einer jedenfalls, nämlich Jan Klima, hat nicht geprüft. War es irgend jemand anderer? Hat das schon jemand überprüft? Aber das sind letzten Endes vereinsrechtliche Details, diese sollen das "Euroteam", das Bundeskanzleramt oder das Sozialministerium prüfen.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Was mich wundert, ist folgendes: Wenn mein Name von irgendeinem Verein in dieser Weise verwendet würde, wenn irgend jemand sagen würde, der Van der Bellen ist Kassier oder Rechnungsprüfer oder Zeitungsausträger, egal was, ohne mich zu fragen, ohne mich zu informieren, und zwar in einer nicht unheiklen Sache, bei der es um die Verwaltung, um die Verwendung öffentlicher Gelder beziehungsweise Gelder von der EU oder von Österreich geht, dann wäre ich fuchsteufelswild, oder? Oder du nicht, Pepi Cap? (Abg. Dr. Cap: Na sicher!) – Na sicher! "Na sicher", sagst du jetzt. Ist der Jan Klima fuchsteufelswild? Ist sein Vater, Viktor Klima, fuchsteufelswild?

Wissen Sie, was ich getan hätte? – Ich hätte einen Anwalt ins Spiel gebracht, ich hätte einen Anwalt beauftragt und ihm gesagt: Bitte, passen Sie auf, da wird mein guter Name beschädigt, da laufe ich Gefahr, daß Kosten wegen Nichtwahrnehmung einer Aufgabe, nämlich der Rechnungsprüfung, auf mich zukommen. Es kann nicht nur mein Ruf, sondern auch mein Geldtaschl geschädigt werden.

Das alles hätte ich gesagt und von diesem Verein und dem Herrn Stuhlpfarrer – und wie sie alle heißen – verlangt, das umgehend rückgängig zu machen. Ich hätte gesagt: Gebt mir Garantien, daß aus dieser Handlungsweise für mich kein Schaden entsteht!

Hat sich Jan Klima so gewehrt? – Wenn er es getan hat, so ist es mir jedenfalls nicht bekannt.

Weiters frage ich mich: Wieso? Darf er sich nicht wehren? – Er kann sich ja nur wehren, indem er automatisch die Firma beziehungsweise den Verein "Euroteam" und dessen Dutzend Firmen angreift. Das muß man schon ganz klar sehen. Darf er das nicht? (Abg. Jung: Wenn ja, warum? – Abg. Fischl – in Richtung des Abg. Jung –: Weil er ein guter Bub ist!) Diese Frage ist offen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten.

Aber es ist ja nicht nur das. Es ist ja keine hypothetische Frage, ob der Name Klima da beschädigt wird oder nicht. Ich würde Ihnen schon raten, die abweichende Stellungnahme von Herrn Öllinger beziehungsweise die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft zu lesen. Ich lese Ihnen das nicht im Detail vor, aber ich darf Sie nur an folgenden Umstand erinnern: 349 Beratungsstunden für einen Anwalt! Wissen Sie, was eine Anwaltsstunde kostet? Der Berater braucht ja auch ein Vis-à-vis, der beraten wird. Multiplizieren Sie das einmal mit 2 000, 3 000 S! Der Anwalt muß ja einen Kopfschuß haben, wenn er sich so lange in so einer Geschichte beraten läßt, um dann einen Lehrling einzustellen.

Das ist nicht aufklärungsbedürftig? Da hängt der Name Klima als Rechnungsprüfer nicht mit drinnen? Ich erspare Ihnen die ganzen Geschichten mit den Doppelverrechnungen, aber nur, damit Sie es einmal sehen – Herr Kiss beklagt sich immer, er könne das aus dieser Entfernung nicht sehen, aber in diesem Fall genügt das optische Bild, Herr Kiss –, zeige ich Ihnen die abweichende Stellungnahme des Herrn Öllinger. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das können Sie nachlesen. Vergleichen Sie links und rechts! Rinks und lechts, wie die Dichter sagen. Identisch.

Bitte, wir haben genügend Rechtsanwälte hier im Saal. Ich frage Sie: Ist das keine Urheberrechtsverletzung? Ist das nicht Diebstahl geistigen Eigentums? So etwas macht die Firma "Euroteam"! Und da darf sich Herr Jan Klima nicht wehren? Ich verstehe das nicht! Wo bleibt da der Aufschrei von seiten der SPÖ, wo bleibt da die massive Distanzierung? Warum sagt niemand: Nein, wir haben mit dieser Firma, mit diesem Verein nichts zu tun!? Wo bleibt dieses Bekenntnis? Oder stecken Sie wirklich so tief drinnen? Was gibt es denn an diesem Schaubild mit den zwei Bildern herumzudeuteln? Muß ich erklären, worum es dabei geht? Es sieht ein Depp auf den ersten Blick, worum es da geht! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Aber Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, machen diesen Leuten dort die Mauer. Dieses Gefühl hat man. Sie machen denen die Mauer. Anders kann ich die Stellungnahme des Herrn Staatssekretärs nicht verstehen. Was hat das für einen Sinn? Das müssen Sie der Öffentlichkeit erklären. Mir brauchen Sie es nicht zu erklären, aber der Öffentlichkeit müssen Sie einmal erklären, wie so etwas möglich ist.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Die Sache stinkt! Das können Sie doch nicht leugnen! Ein Blick auf ein Blatt Papier genügt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums und der Freiheitlichen.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Ministerin.

15.58

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zu Beginn meiner Ausführungen zu den einleitenden Bemerkungen der Dringlichen Anfrage einige ergänzende Erklärungen zu machen und dann auf die offenen Fragen eine konkrete Antwort zu geben.

Es ist in den einleitenden Bemerkungen von der Nachhaltigkeit der Subventionen die Rede. Bei der Lehrstellenförderung des Arbeitmarktservices 1997 und der Bundesregierung handelte es sich um personenbezogene Förderungen zur Erstintegration in den Arbeitsmarkt, die in der Regel auf das erste Lehrjahr beschränkt waren. Die Nachhaltigkeit dieser Maßnahme ist klar ersichtlich, da, wie bereits ausgeführt wurde, im Jahre 1998 um insgesamt 3 870 Personen mehr im dualen System waren als im Jahr davor. Das heißt, daß die Betriebe die Lehrlinge nach Ablauf der Förderung im ersten Lehrjahr ohne Förderung weiter beschäftigt haben. (Abg. Gaugg: Da geht es um "Euroteam", um den Mißbrauch von Steuergeldern!)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Ich gehe auf die Dringliche Anfrage ein, und in dieser wurden diese Hinweise gemacht. Ich bedauere, daß Sie keine sachliche, sondern nur eine demagogische Diskussion hier führen wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf auch, wenn hier von der Nachhaltigkeit gesprochen wird, sehr deutlich sagen, daß es richtig ist und richtig war und auch in Zukunft richtig sein wird, ergänzende Maßnahmen zu setzen. Es wurde für die Lehrlingsinitiative 1997 ein Volumen von 1,1 Milliarden Schilling eingesetzt, und es kamen dabei 18 000 Förderfälle zum Tragen. Das heißt, sehr geschätzte Damen und Herren, daß pro Jugendlichem pro anno, für dieses eine Jahr, 59 000 S ausgegeben wurden. Ich glaube, daß es wert ist, dieses Geld zu investieren, um zu verhindern, daß Jugendliche auf der Straße stehen und keine Perspektive haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch zu dem Abschluß der Projekte des Sozialministeriums mit dem "Euroteam" beziehungsweise mit der "Euroteam"-Gruppe eine kurze Stellungnahme abgeben.

Die drei Projekte zur Lehrlingsoffensive I und II sowie die Studie 1994 sind abgeschlossen und endabgerechnet, wobei nach der Endabrechnung insgesamt 146 337 S weniger zur Auszahlung gelangten, als ursprünglich vorgesehen.

Erlauben Sie mir, jetzt ein bißchen ausführlicher auf die Studie 1994 einzugehen, da sowohl von Herrn Abgeordneten Öllinger als auch von Herrn Abgeordneten Van der Bellen sehr stark auf diese Studie Bezug genommen wurde.

Die Ausgangslage war, daß der Beitritt zum EWR den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr mit sich brachte. Zur Gewährleistung der Arbeitsvermittlung im europäischen Raum war es damals notwendig, für die Vermittlung von Österreichern und Österreicherinnen in die übrigen EWR-Länder einerseits und von Staatsbürgern dieser Länder nach Österreich andererseits Informationen über die Vergleichbarkeit der beruflichen Qualifikationsanforderungen zu beschaffen. Dies sollte durch eine Studie auf der Grundlage des Kompendiums des Europäischen Zentrums zur Förderung der Berufsausbildung, kurz genannt CEDEFOP, geschehen.

Inhalt des Auftrages war es, 226 österreichische Berufsbilder mit 209 europäischen Berufsbildern zu vergleichen. Dabei mußten systematische Zuordnungen getroffen und Ergänzungen und Entsprechungen erarbeitet werden. Die Komplexität des Themenfeldes ergibt sich aus Recherchetätigkeit, der Abgleichung der einzelnen Berufsbilder beziehungsweise auch Positionen.

Im Ergebnis dieser Studie handelt es sich um ein Handbuch zur europäischen Berufskunde auf Basis einer Studie als Arbeitsbehelf für die Arbeitsvermittlung im europäischen Raum. So wurden die europäischen Berufsbilder aufgelistet und mit den österreichischen Berufsbildern abgestimmt. Wo es notwendig war, wurden die österreichischen Spezifika angemerkt, zum Beispiel, wenn österreichische Berufsprofile über oder unter den EU-Anforderungen lagen. Bei jenen Berufsprofilen, bei denen Übereinstimmung festgestellt wurde, erfolgte keine Anmerkung, und daher entsteht auf den ersten Blick der Eindruck, hier sei nichts bearbeitet worden. Diese Vorgangsweise bedeutet aber, daß dort, wo keine Anmerkungen gemacht wurden, trotzdem eine entsprechende Analyse und ein Abgleich mit der österreichischen Situation stattgefunden hat.

Daß in dieses Kompendium die entsprechenden Amtsblätter der Europäischen Gemeinschaft im Wortlaut aufgenommen wurden, stellt dabei meiner Einschätzung nach eine zweckmäßige Form eines Gesamtüberblicks über die rechtlichen Grundlagen auf europäischer Ebene und eines vereinfachten Informationszuganges für die erforderliche Beratungsleistung dar.

Für die europäische Arbeitsvermittlung war dies eine wichtige und notwendige Unterlage, und es ist nachvollziehbar, sehr geschätzte Damen und Herren, daß die Berufsbilder systematisch durchgearbeitet und nicht nur, wie behauptet wurde, Amtsblätter kopiert wurden. Das ist erkennbar, weil in den Amtsblättern selbst die jeweiligen Vergleiche vermerkt wurden.

Für die Darstellung der Studie – und das möchte ich nicht verhehlen – wäre sicher auch eine andere Vorgangsweise, eine andere Aufarbeitung möglich gewesen. Trotzdem, so meine ich, ist es entscheidend, daß der Zweck der Arbeit erzielt wird, und dieser wurde mit dieser Studie erreicht – durch eben dieses Handbuch, das eine nachvollziehbare, nachschlagbare Bewertung und Beurteilung möglich macht.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf nun zur Beantwortung der noch offenen Fragen kommen, ohne diese noch einmal zu wiederholen.

Zur Frage 2b:

Es ist völlig unbestritten – das ist auch im Unterausschuß von mir und meinen Mitarbeitern so dargestellt worden –, daß ein Auftrag von "Euroteam" vorher nicht ausgeschrieben wurde, obwohl der Schwellenwert überschritten war. Die Rechtsgrundlage für diese Vorgangsweise ist § 80 Abs. 3 des Vergabegesetzes. Die Begründung wurde im Unterausschuß, aber auch im Akt ausführlich dargestellt und von der Innenrevision meines Ressorts überprüft. Mitglieder und ehemalige Mitglieder von "Euroteam" haben diesen Vorgang nicht beeinflußt; das möchte ich mit aller Deutlichkeit klarstellen.

Als Hauptargument im Rahmen dieser Vergabe ist die Gefahr einer für den Projekterfolg schädlichen Verzögerung zu nennen. Wären die Prognosen aufgegangen und 10 000 Jugendliche wären ohne Perspektive geblieben, hätte dies nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Systeme der sozialen Sicherheit gehabt, sondern auch – und das betrachte ich als ganz entscheidend – die persönliche Berufskarriere Tausender junger Menschen nachhaltig beeinträchtigt. Somit war die zusätzliche Akquirierung von Lehrstellen, die Erschließung zusätzlicher Branchen und die Entwicklung neuer Berufsbilder ein Gebot der Stunde, und es mußte schnell gehandelt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist unserer Einschätzung nach als angemessen zu beurteilen. Ich möchte bereits jetzt erwähnen – es wird Ihnen bekannt sein –, daß sowohl der Herr Bundeskanzler als auch ich den Präsidenten des Rechnungshofes nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich ersucht haben, eine Prüfung der Projekte und der Gruppe von "Euroteam" vorzunehmen, damit absolute Klarheit darüber herrscht, daß da korrekt, ordentlich und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt wurde.

Zur Frage 6:

Dieser nicht ungewöhnliche Weg wurde gewählt, da vorab das Ausmaß der Inanspruchnahme der Hotline nicht absehbar war. In der Anfangsphase war ein internes Callcenter durch den Auftraggeber selbst eingerichtet. Vorsorglich wurde aber im Vertrag eine allfällige Weitergabe dieses Auftragsteiles an eine Ausschreibung nach ÖNORM 2050 gebunden und deshalb nicht vom Bund ausgeschrieben.

Zu den Fragen 7 und 8:

Eine allfällige gesellschaftsrechtliche Verbindung von TBK und "Euroteam" war, wie schon gesagt, zum Zeitpunkt der Ausschreibung dem BKA, aber auch dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales nicht bekannt.

Zur Frage 9:

Im Rahmen des Vertrages zur Lehrlingsoffensive II, der gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten verfaßt wurde, wird ausdrücklich festgehalten, daß die Weiterführung der Hotline auf Basis der Ausschreibung 1997 in Abstimmung mit den Auftraggebern zu erfolgen hat. Eine erneute Ausschreibung wäre nicht sinnvoll gewesen, da andere Bieter jedenfalls einen Einschulungsteil für die Callcenter-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen ausgewiesen hätten. Somit hätten keine gleichen Wettbewerbsbedingungen geherrscht, und es hätte auch zu Mehraufwendungen des Auftraggebers geführt. Zudem erfüllte TBK den ersten Auftrag zur Zufriedenheit des Auftraggebers, und durch die gewählte Vorgangsweise waren Kontinuität und auch Verläßlichkeit unserer Einschätzung nach gewährleistet. Die Fortführung durch die Firma TBK erfolgte jedenfalls auch in Abstimmung mit meinem Ressort.

Zu den Fragen 13 und 14:

Zwischen dem Arbeitsmarktservice, das Ende des Jahres 1996 mit der weiteren Abwicklung von Projekten im Rahmen der Gemeinschaftsinitiativen Employment und Adapt beauftragt wurde und damit auch für PROFESSIONET zuständig war, und dem Projektnehmer kam es im Zuge der Projektabrechnung zu Auffassungsunterschieden hinsichtlich der anerkennbaren Kostenpositionen und deren Aufschlüsselung. In der Abrechnung kann der Projektträger nur jene Kosten geltend machen, die im Vertrag vereinbart wurden und nachgewiesen werden, also Frau/Mann-Monate als Gehaltskosten inklusive Nebenkosten für nachgewiesene projektbezogene Beschäftigungszeiten für das Projekt, nachgewiesene, dem Projekt zuordenbare Sachaufwandskosten, nachvollziehbare anteilige Gemeinkostenzuschläge für Büromiete, Energiekosten und anderes.

Es gab – und deshalb habe ich das jetzt beispielhaft aufgezählt – und gibt somit im gesamten Projekt keine Verrechnung nach Stundensätzen, und ich bitte, diese Argumentation, die im Unterausschuß ausführlich dargelegt wurde, als sachlich und inhaltlich richtig zu akzeptieren. Es wurde auch in der heutigen Debatte wieder auf bezahlte Stundensätze Bezug genommen, was nicht den Fakten entspricht. (Abg. Dr. Petrovic: Dürfen wir erfahren, wie abgerechnet wurde?)

Jeder Hinweis auf Stundenzahlen und Beratungsstunden im Projektbericht hat nichts mit finanziellen Vergütungen zu tun, sehr geschätzte Frau Abgeordnete, sondern nur mit statistischen Angaben und Indikatoren (Abg. Dr. Petrovic: Worauf basiert die Statistik?), wie es von der Europäischen Kommission zu einer besseren Vergleichbarkeit mit anderen Ländern und anderen Projekten gewünscht wird. Diesbezüglich liegt ein ausdrücklicher Wunsch der Europäischen Kommission vor. (Abg. Dr. Petrovic: Frau Bundesminister! Was ist die Bezugsgröße dieser Statistik?)

"Euroteam" hat dazu einen Abrechnungsvorschlag vorgelegt, sehr geschätzte Frau Abgeordnete, und bei dessen Kontrolle gab es beim Sachaufwand und bei den Gemeinkostenzuordnungen – und ich betone: wie es auch bei anderen Auftragnehmern und Auftraggebern immer wieder vorkommt – Meinungsverschiedenheiten bei einzelnen Positionen und Aufklärungswünschen. (Abg. Dr. Petrovic: Was ist denn die statistische Größe: Personen, Stunden, Tage, Wochen?)

Frau Abgeordnete! Im Unterausschuß wurde über diese Frage stundenlang diskutiert. Ich möchte in der kurzen mir zur Verfügung stehenden Zeit doch noch auf die offenen Fragen Bezug nehmen können. (Abg. Dr. Petrovic: Vielleicht darf es das Plenum auch erfahren! Wir würden das auch sehr gerne wissen! Vielleicht die Medienvertreter auch!)

Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Im Juni wurde eine grundsätzliche Einigung über den Aufteilungsschlüssel bei den Gemeinkosten erzielt. Die gemeinsame Abrechnung wird nun voraussichtlich im August erfolgen. Das Projekt PROFESSIONET wurde im November und Dezember 1998 auch von der Innenrevision des Sozialministeriums im Rahmen der routinemäßigen Überprüfung der Gemeinschaftsinitiative "EMPLOYMENT" gemäß Strukturfondsbestimmungen kontrolliert.

Ich darf auch festhalten, daß nicht nur vom österreichischen Rechnungshof, sondern auch vom Europäischen Rechnungshof die abgerechneten Projekte als absolut ordentlich und alle Projekte meines Ressorts als absolut korrekt abgesegnet wurden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Damit ist meines Erachtens ebenfalls bestätigt, daß die Routinekontrollen, die innerhalb meines Ressorts beim ESF gemacht werden, sehr wohl dazu imstande sind, auch Problembereiche aufzuzeigen und daher eine absolut korrekte Abrechnung sicherzustellen. Die Innenrevision schlägt insbesondere vor, bei der Endabrechnung des Projektes sämtliche parallelen Projekte sowie den Träger als Ganzes zu prüfen, um die Gemeinkostenschlüsselung zu plausibilisieren und eine klare Kostenzuordnung vorzunehmen. Hier ist auch eine gemeinsame Sichtweise mit dem AMS festzustellen.

Zur Frage 15:

Die Abrechnung des Projektes PROFESSIONET erfolgt entsprechend der genehmigten Kostengliederung durch ein belegmäßiges Nachweisen der tatsächlich entstandenen Personal- und Sachkosten; ich habe schon auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ein Sumpf! Unglaublich!) Da die Umsetzung des Projektkonzeptes einen Bestandteil des Fördervertrages bildet, wird anhand des vorzulegenden Zwischen- und Endergebnisses auch die inhaltliche Umsetzung überprüft.

Da die Projekte der Gemeinschaftsinitiativen europaweit durchgeführt werden, werden bei allen Projekten vergleichbare statistische Daten insbesondere für sozialwissenschaftliche und analytische Zwecke erhoben. Die Europäische Kommission gibt hiezu unter anderem vor, vergleichbare Daten über die Durchschnittskosten anzugeben. Diese Daten – ich erwähne es noch einmal – dienen ausschließlich der statistischen Erfassung und sind nicht Grundlage für die Abrechnung von Projekten. (Abg. Dr. Petrovic: Was ist die Basis dieser Statistik?)

"Zu diesem Zweck wurden allen Projekten unter anderem folgende statistische Indikatoren vorgegeben, sehr geschätzte Frau Abgeordnete: Die Anzahl der TeilnehmerInnen am Projekt PROFESSIONET beträgt 120 – vielleicht befriedigt Sie diese Antwort –, jene der Stunden pro Teilnehmer und Teilnehmerin an PROFESSIONET 50, es sind also bei PROFESSIONET insgesamt 6000 Leistungsstunden zu verzeichnen.

Da es sich bei PROFESSIONET um ein Entwicklungsprojekt handelt, sehr geschätzte Frau Abgeordnete, fallen dort selbstverständlich in hohem Ausmaß Stunden für die eigentliche Entwicklungsarbeit, das Erstellen der Berichte, die laufende Projektevaluierung und anderes an, die sich nicht unmittelbar auf die Zusammenarbeit mit den Unternehmern beziehen lassen.

Ich möchte auch auf die von Ihnen angeführte Frage bezüglich der SPÖ Wien zu sprechen kommen. Die SPÖ Wien wurde nicht in Lehrlingsfragen beraten, sondern hat sich vielmehr dazu bereit erklärt, bei der Entwicklungsarbeit des Projektes unentgeltlich mitzuwirken. Es wurden dort Bedarfsanalysen erstellt und Einzel- und Gruppengespräche über Ausbildungsinhalte geführt. (Abg. Dr. Petrovic: Wenn die SPÖ unentgeltlich arbeitet, wieso gibt es dann Rechnungen?)

Darüber hinaus wurde mit allen an diesem Projekt interessierten und teilnehmenden Unternehmen und Organisationen auch Möglichkeiten zur Aufnahme von Lehrlingen erörtert. Die unmittelbare Beratungs- und Entwicklungsarbeit betrug 13 Stunden, inklusive Vor- und Nachbereitung 30 Stunden. Dazu wurden anteilig Stunden für die Projektentwicklung – nicht für die SPÖ! –, die Projektevaluierung und sonstige Overheadkosten im Ausmaß von 215 Stunden zugeschlagen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte um den Schlußsatz. Ich habe jetzt eine Überschreitung zugelassen, aber ...

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch (fortsetzend): Ich bin schon beim Schlußsatz.

Es gibt keinerlei Geldströme zwischen den teilnehmenden Unternehmern und den Projektträgern oder den Auftraggebern des Projekts. Der Nutzen lag somit beim Projekt und nicht bei den Unternehmern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. Er hat gebeten, 8 Minuten Redezeit einzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.13

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Professor Van der Bellen, den ich sehr schätze, ist leider nicht mehr anwesend. (Ruf bei den Freiheitlichen: Der Bundeskanzler auch nicht!) Herr Professor Van der Bellen! (Abg. Dr. Petrovic: Er hat sich mit Grauen abgewandt!) Das von Ihnen thematisierte "Euroteam" ist in den nächsten Wochen und Monaten Gegenstand von Prüfungen durch ein ordentliches Gericht, und man wird sehen, was an all diesen Vorwürfen wahr ist. Es kann aber dieses Thema "Euroteam" nicht dazu verwendet werden, die erfolgreiche Lehrlings- und Jugendpolitik des Bundeskanzlers, der Sozialministerin, der österreichischen Bundesregierung anzupatzen, denn die Lehrlingspolitik unseres Bundeskanzlers ist eine sehr erfolgreiche! (Abg. Schaffenrath: Das ist ein Aufschieben der Probleme!)

Meine Damen und Herren! Gerade in Anbetracht der europäischen Jugendarbeitslosigkeit sieht man, wie wichtig es war, daß der Bundeskanzler diese Lehrlingsoffensive gestartet hat. Im Jahre 1996 gab es um über 3 000 mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen. Erst als 1997 die Bundesregierung – der Bundeskanzler, die Sozialministerin – eine Lehrlingsoffensive gestartet hat, wurde dieser negative Trend gestoppt, ist es gelungen, eine Wende am Lehrstellenmarkt zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schaffenrath: Aber welche Wende!)

Welche Wende? – Das kann ich Ihnen sagen, denn zwischen 1996 und 1998, Frau Abgeordnete, stieg die Gesamtzahl der Lehrlinge von 120 000 auf 125 000 an. Das allein ist schon positiv, denn somit hatten 5000 Jugendliche mehr eine Lehrstelle! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Eine weitere Zahl: Die Zahl der Lehranfänger stieg von 37 000 auf 39 000 an. Die Anzahl der Lehrbetriebe wurden von 39 700 auf 41 400 angehoben. Das sind positive Zahlen, aber über diese wurde in den letzten Tagen überhaupt nicht gesprochen. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die wir für unsere Jugend schreiben, und die Jugend wird auch mit uns gehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die positiven Leistungen in Österreich müssen angesichts der kommenden Wahlen in Ermangelung anderer Themen ganz einfach madig, müssen schlechtgemacht werden. Daher wird nicht darüber gesprochen, daß wir alles daransetzen müssen, damit die Lehrlinge wieder einen Arbeitsplatz haben, es wird nicht darüber gesprochen, daß wir uns gemeinsam mit der Wirtschaft verstärkt anstrengen müssen, daß es mehr Lehrstellen gibt, es wird nicht darüber gesprochen, daß wir mehr und neue Arbeitsplätze schaffen wollen.

Und da nehmen wir auch gar nicht die internationalen Vergleichszahlen her. Meine Damen und Herren! Die internationalen Vergleichszahlen lassen Österreich schon sehr gut aussehen, denn nach der Berechnungsmethode der EU hat Österreich 6,6 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, ein Wert, der in der Europäischen Union im Durchschnitt bei 19,6 Prozent liegt! (Abg. Dr. Schmidt: Darum geht es ja jetzt nicht!)

Es war notwendig, eine solche Offensive zu starten, und daß dabei auch neue Methoden angewendet wurden, liegt auf der Hand, denn die alten haben halt ganz einfach nicht mehr gezogen.

Und da Sie heute so besonders auf das Thema "Euroteam" bedacht sind: Warum hat denn keiner meiner Vorredner – aber vielleicht kommt das noch von dem einen oder anderen nach mir – gesagt, daß das AMS in Wirklichkeit bereits mit der Kontrolle begonnen hat? Das AMS hat bereits aufgezeigt, wo Fehler gemacht worden sind, und man muß, um der Wahrheit die Ehre zu geben, auch sagen, daß jene Projekte, die noch nicht zur Zufriedenheit abgeschlossen sind, auch noch nicht ausbezahlt worden sind; das Geld ist bislang zurückbehalten worden. (Abg. Öllinger: Es gibt überhaupt keine Projekte, die zur Zufriedenheit abgeschlossen worden sind!)

Kollege Öllinger, ich habe von Ihnen kein Wort darüber gehört, daß das AMS kontrolliert hat und bezüglich jener Projekte, die noch nicht erledigt sind, auch das Geld zurückgehalten wurde. (Abg. Öllinger: Ich habe das gesagt! Sie müssen aufpassen!)

Meine Damen und Herren! Und wenn das hier schon kritisiert wird, dann bitte ich doch zumindest um so viel Fairneß und Anständigkeit, daß man auch zur Kenntnis nimmt, was der Bundeskanzler und die Sozialministerin als Maßstab gesetzt haben. Sie haben nämlich gesagt: Da gibt es Kritik, also beauftragen wir den Rechnungshof mit der Überprüfung dieser Angelegenheit. – Lassen wir doch einmal den Rechnungshof überprüfen, wir werden sehen, was schlußendlich an Fakten herauskommt. (Abg. Gaugg: Da ist der Kanzler schon in Pension, bis die fertig sind!)

Kollege Gaugg, Sie wissen doch, daß die viel schneller sind, als zum Beispiel die Anklage gegen Rosenstingl fertiggestellt ist. Es dauert wahrscheinlich noch sehr lange, bis sie fertig sein wird. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sagen Sie doch auch, was ich schon eingangs erwähnt habe: Nicht nur der Rechnungshof wird eine Prüfung vornehmen, sondern auch ein ordentliches Gericht wird uns einen Bericht vorlegen und auf eventuell relevante Straftatbestände hinweisen.

Ich wiederhole, es geht meiner Ansicht nach in Wirklichkeit darum, den Bundeskanzler und die Bundesregierung anzupatzen, weil da eine ordentliche, eine erfolgbringende Lehrlingsoffensive gestartet wurde – zur Unterstützung der jungen Menschen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das trauen Sie sich auch noch sagen?) Das traue ich mich zu sagen, weil es immer wieder mehr Lehrlinge und auch neue Lehrstellen für diese gibt!

Und ich sage Ihnen auch: Uns Sozialdemokraten ist es vor allem wichtig, daß es in Österreich so wenig Jugendarbeitslosigkeit gibt wie nur möglich. Uns Sozialdemokraten ist es wichtig, daß es genügend Lehrstellen für die jungen Menschen gibt. Uns Sozialdemokraten ist es wichtig, daß wir gemeinsam mit der Wirtschaft insofern mobil machen, als wir auch neue Lehrberufe schaffen. Und ich fordere von diesem Platz aus den Herrn Bundesminister für Wirtschaft noch einmal auf, diese neuen Lehrberufe auch schnell fertig zu erstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in Erinnerung an meine Jugendzeit noch etwas sagen: Ich war damals schon einer von denen, die sich darüber geärgert haben, daß es bei den Lehrlingen Arbeiter und Angestellte gegeben hat. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist eine andere Baustelle!) Daher ist es wichtig, daß wir auch bei den Lehrlingen die "Aktion Fairness" umsetzen, damit der Arbeiter dem Angestellten gleichgestellt wird, damit es zwischen diesen keine Unterschiede mehr gibt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.)

Als Politiker, Kollege Schöggl, hätten Sie genug damit zu tun, den Lehrlingen zu helfen, statt hier polemische Reden zu halten, damit Sie eventuell um ein paar Prozentpunkte mehr bekommen werden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Für uns ist die Jugendbeschäftigung wichtig! Wir wollen keine Jugendarbeitslosigkeit, sondern wir wollen mehr Lehrlinge. Daher sind wir mit der Lehrlingspolitik des Bundeskanzlers, der Sozialministerin und der Bundesregierung insgesamt mehr als zufrieden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.22

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, daß Herr Abgeordneter Dr. Kier gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuß zur Prüfung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung sowie der vermuteten rechtswidrigen Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Kurden-Morden im Juli 1989 einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte wurde nicht beantragt.

Die Abstimmung wird gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung nach Erledigung der Tagesordnung stattfinden.

*****

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Steindl. – Bitte.

16.23

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Der beste Beweis für das schlechte Gewissen von Bundeskanzler Klima sitzt auf der Regierungsbank in Gestalt des Herrn Staatssekretär Wittmann. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Er ist offenbar wie die Jungfrau zum Kind gekommen, und ich muß hinzufügen, daß wir nur aus Koalitionstreue dem Antrag der Freiheitlichen nicht die Zustimmung gegeben haben. (Lebhafte Heiterkeit, Beifall und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es gibt einen Ausschußbericht über den Unterausschuß des Rechnungshofes, und da gibt es sehr viele Ungereimtheiten, Verflechtungen, Verbandelungen. Viele Fragen sind bereits im Unterausschuß behandelt worden. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Und es mußte auch die SPÖ eingestehen, daß da eindeutig ein Fehlverhalten im Arbeitsmarktbereich gegeben ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Konkret: Der Ausschuß hält fest, daß es im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an "Euroteam" zu Unzulänglichkeiten gekommen ist und es eine Nähe von "Euroteam" zu sozialistischen Parteisekretären und damit einen unzulässigen Startvorteil gibt. (Abg. Scheibner: Bei dir hat anscheinend der burgenländische Wahlkampf schon begonnen!)

Der Ausschußbericht hält weiters fest, daß es eine Unvereinbarkeit von Mehrfachfunktionen gegeben hat (Abg. Gaugg: Was redest du überhaupt? Du darfst eh nichts sagen!), daß es einen schludrigen und sorglosen Umgang wichtiger Funktionäre mit dem Vereinsrecht gegeben hat, daß hier ein sehr kompliziertes Firmengeflecht aufgebaut wurde. Herr Kollege Öllinger hat das schon gezeigt, ich kann es in Farbe zeigen. (Der Redner stellt ein auf einen Karton aufgeklebtes Plakat so vor sich auf das Rednerpult, daß es von den Plätzen der Abgeordneten aus deutlich eingesehen werden kann.) Aber bevor ich zu diesem ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Das ist aber gelb, das "Netzwerk", grün, rot und gelb!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist Herr Abgeordneter Steindl, andere kommen nach ihm dran! – Bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (fortsetzend): Bevor ich auf dieses Firmengeflecht zu sprechen komme, möchte ich zum formalen Ablauf des Unterausschusses etwas sagen. Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes mit Informationsmaterial – Sie können das bei den Abgeordneten Lukesch, Kopf und Kiss sehen – zugeschüttet worden. (Die Abgeordneten Kiss, Kopf und Dr. Lukesch haben Stöße von Aktenordnern auf ihren Plätzen. – Abg. Gaugg: Schau, wie sie sich hinter den Akten verstecken!) Es waren zirka 100 Kilogramm Informationsmaterial, das wir bekommen haben, und das mußten wir erst bewältigen. Ich habe gehört, daß dafür sogar eine eigene Druckerei eingeschaltet wurde. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Auf der anderen Seite sind wesentliche Informationen, zum Beispiel vom Frauenministerium, gar nicht oder zu spät gekommen.

"Euroteam": Es dreht sich alles um dieses SPÖ-Netzwerk, dieses rote Netzwerk "Euroteam". (Abg. Gaugg: Mit Hilfe der ÖVP! Schämt euch!) Und wenn man sich dieses Netzwerk ansieht, erkennt man, daß alles von zwei Vereinen gesteuert wurde beziehungsweise von einem Verein, nämlich von "Euroteam Vienna" und von "Euroteam Burgenland". Es scheinen immer wieder die gleichen Namen auf, überall, egal, wo man hinzeigt, egal, welche Gesellschaftsform. Und der Kopf war und ist Herr Lukas Stuhlpfarrer (Abg. Gaugg: Ich sage nur: Fischler! Alles Geschäft!), Herr Kollege Gaugg, der von Dr. Buchinger im Unterausschuß als der Aufreißer und Einfädler dieser Projekte benannt wurde.

Angesichts der Funktionen des Herrn Stuhlpfarrer – ehemaliger Bundesvorsitzender der "Aktion Kritischer Schüler", also einer SPÖ-Schulorganisation – erkennt man, daß er gar nicht so weit weg ist von der SPÖ. Er hatte die unterschiedlichsten Funktionen und hat sie noch immer: Vorstandsvorsitzender im "Euroteam Vienna", Vorstandsvorsitzender-Stellvertreter im "Euroteam Burgenland" – keiner weiß, was dieser Verein eigentlich gemacht hat (Abg. Gaugg: 3,8 Millionen verbraten!) –, Vorstand bei "Euroteam Beteiligungsverwaltungs-AG", Geschäftsführer in diversen Subunternehmen, Aufsichtsrat bei "bfi Wien-Euroteam", und letztendlich großer Lehrlingsbeauftragter des Bundeskanzlers.

Schauen wir uns die weiteren handelnden Personen an: Da gibt es einen Franz Bernthaler, ebenfalls in diversen Gruppen vertreten, einen Jan Klima, Sohn des Bundeskanzlers, Rechnungsprüfer, ohne zu wissen, daß er das bei "Euroteam Vienna" oder "Euroteam Burgenland" war. In seiner Beantwortung steht: Herr Jan Klima hat keine Funktion, wurde aber irrtümlich als Rechnungsprüfer geführt. Wie kann man das machen: einen Verein gründen und irrtümlich jemanden als Rechnungsprüfer führen? Das ist sehr interessant: "Euroteam" hat innerhalb von fünf Jahren mehr als 47 Millionen Schilling kassiert, und es gab keine Rechnungsprüfung? – Das ist sehr eigenartig! Oder hatte ... (Abg. Ing. Gartlehner telephoniert mit seinem Handy.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, eine Sekunde! – Ich muß einen Abgeordneten bitten, die Handy-Verwendung nicht minutenlang im Sitzungssaal zu praktizieren!

Bitte setzen Sie fort, Herr Abgeordneter Steindl.

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (fortsetzend): Oder hatte Herr Jan Klima eine andere Funktion, nämlich die Funktion eines Türöffners? – Das ist die Frage, die uns noch lange nicht nur in diesem Haus, sondern auch woanders beschäftigen wird.

Es gibt da ein eindeutiges Versagen der Vereinspolizei, und da ist auch der Herr Innenminister gefordert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Es geht nicht darum, die Gebarungen der vielen gemeinnützigen Vereine zu verschärfen, wie er es wollte, sondern die derzeit gültigen Gesetze zu vollziehen.

Setzen wir in der Liste fort: Gerald Gerstbauer, Ministersekretär von Frau Ministerin Hostasch, auf der einen Seite Mitauftraggeber, Koordinator, auf der anderen Seite Mitauftragnehmer. – Und das stimmt! Das kann man auch zeitlich entsprechend beweisen. Er war nach seinen eigenen Angaben für folgende Aktivitäten zuständig: für Gespräche, für Ausarbeitung inhaltlicher Konzepte und – Kontrolle! Es fragt sich nur: Wen hat er kontrolliert? Sich selbst bei "Euroteam"? Das ist eine Frage, die höchst interessant ist.

Oder ein Herr David Mock. Wir wissen: Als Pressearbeiter im Bundeskanzleramt muß man sehr flexibel sein. Das ist er vielleicht auch. Aber als all das in der Presse bekannt wurde, hat Herr David Mock sofort alle Funktionen niedergelegt – so flexibel war er! – , er hat all seine Funktionen fluchtartig aufgegeben und den Verein verlassen. Frage: Warum? Weshalb? Was steckt da dahinter? Warum fluchtartig? – All das ist aufklärungsbedürftig.

Auch im Hinblick auf das "Euroteam"-Firmengeflecht blieben bisher einige Fragen offen: Woher kam das Geld für die gemeinnützigen Vereine? (Abg. Gaugg: Frage deinen Koalitionspartner! Den Schüssel und den Klima fragen!) Wie wurden die Eigenmittel bei den EU-Projekten eingebracht? – Diese Fragen wurden nicht beantwortet.

Oder: Wie wurde das notwendige Stamm- beziehungsweise Grundkapital der einzelnen Firmen aufgebracht? Es gibt nach wie vor keine Gewinn- und Verlustrechnung. (Abg. Fischl: War der Staribacher der Berater?) Zwar haben wir einige Bilanzen bekommen, aber aus diesen läßt sich überhaupt nichts ersehen. Eine Gewinn- und Verlustrechnung, aus der vielleicht Geldflüsse feststellbar wären, haben wir nicht bekommen. All das sind Mängel, die man aufzeigen muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Angelegenheit geht es um mehr als nur um einen Unterausschußbericht: Es ist etwas aufgebrochen – nämlich eine Melange aus Freunderlwirtschaft, Schlamperei und Planlosigkeit. Anscheinend hat das in der SPÖ Tradition und wird jetzt fortgeführt. (Zwischenrufe von Abgeordneten der SPÖ.) Es ist empörend, daß Herr Klubobmann Kostelka laut einer APA-Aussendung vom 9. Juli meint: Sollte es dann noch offene Detailfragen über dieses Firmengeflecht, über Projektförderungen, über ein paar hunderttausend Schilling geben – ein paar hunderttausend Schilling sind also gar nichts! –, dann werden wir uns darum kümmern. – Ist das eine von Verantwortungsbewußtsein getragene Stellungnahme? (Abg. Gaugg: Einen schönen Koalitionspartner habt ihr! Und dann verabschiedet ihr mit ihm gemeinsam den Bericht! – Abg. Scheibner: Schämt euch dafür! – Abg. Gaugg: Ihr benehmt euch wie Kuscheltiere!)

Herr Kollege Gaugg! Wir haben im Unterausschuß viele Fragen aufgeworfen. Sie stehen in diesem gemeinsamen Bericht. Wir können aber darauf gespannt sein, welche Abgründe sich im Zuge von Untersuchungen durch andere Stellen – Staatsanwaltschaft, Rechnungshof, Gericht – noch auftun werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Abgeordneter Mag. Steindl läßt die Schautafel am Rednerpult zurück. – Abg. Schieder: Nehmen S’ Ihr Glumpert mit!)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Ich erteile ihm das Wort.

16.32

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler Klima, da Ihnen die Jugendlichen angeblich am Herzen liegen, wo sind Sie? Wo, Herr Bundeskanzler Klima, befinden Sie sich heute, während diese Diskussion geführt wird? Ich sage eines: Herr Bundeskanzler Klima! Sie sind feig! Sie sind feig, und mit Ihrer Feigheit werden Sie zum Mittäter in der Sache "Euroteam"! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Dr. Petrovic.)

Sie können nicht in der Öffentlichkeit immer wieder betonen, Sie würden Unzulänglichkeiten rasch aufdecken (Zwischenrufe bei der SPÖ), und hätte er, der Bundeskanzler, gewußt (Zwischenruf der Abg. Silhavy) – geben Sie ein bißchen Ruh‘ und hören Sie zu! –, daß sein Sohn im "Euroteam" mit dabei ist, hätte das "Euroteam" keinen Auftrag bekommen. Jetzt frage ich mich: Wenn Herr Bundeskanzler Klima nicht einmal weiß, daß sein Sohn, der Studiosus, in diesem "Euroteam"-Konglomerat mit dabei ist, weiß er dann überhaupt, was die Bedürfnisse der Lehrlinge in Österreich sind? – Keine Ahnung hat er! Das ist die Realität. Keine Ahnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie tun immer so, als hätte in Rust die Welt neu begonnen und als wäre die Lehrlingsarbeitslosigkeit über Nacht hereingebrochen. Aber schon für das Jahr 1992 kann man aus den Statistiken entnehmen, daß mehr Lehrlinge auf den Arbeitsmarkt gedrängt haben. Das Wifo hat Ihnen dies schon Jahre vorher prognostiziert. In Wirklichkeit handelt es sich bei der sogenannten Lehrlingsoffensive um geplante Günstlingswirtschaft, und es dreht sich dabei um Beträge in Millionenhöhe. Aber das kümmert Sie nicht. Das kümmert Sie alles nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Und was haben Sie in dieser Sache schon erreicht? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein Wort zur ÖVP und zu einem gewissen Steindl oder wie er heißt: Seit zwölf Jahren bietet diese ÖVP ein jämmerliches Schauspiel. Sie kritisieren draußen, aber hier im Nationalrat stimmen Sie überall zu. Sie sind die, die im Liegen umfallen, und zwar ständig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Steindl: Sie haben ja nicht einmal den Bericht gelesen!)

Wer glaubt Ihnen denn das noch, daß Sie wirklich ernsthaft interessiert sind? Dann hätten Sie heute erstens einmal mit dafür gestimmt, daß der Bundeskanzler erscheint, und zweitens hätten Sie unserem Minderheitenbericht zustimmen müssen und nicht mit der SPÖ gemeinsam einen Bericht erarbeiten. Ich sage Ihnen: Der Preis dafür waren Herr Fischler und 34 Diplomaten. Das ist eure Form der Politik! Ich hoffe, daß ihr eine entsprechende Abrechnung bekommt. (Pfui-Rufe und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihr, meine Herren und Damen von der ÖVP, seid Mittäter. Sie wissen nämlich, daß ein gewisser Herr Stuhlpfarrer, die Zentralfigur dieses Firmenkonglomerats, 349 Stunden in einer Rechtsanwaltskanzlei verbracht hat, um Beratung für eine Lehrlingsaufnahme durchzuführen und auch entsprechende Motivation. 349 Stunden – das sind sage und schreibe zweieinhalb Arbeitsmonate! Ich glaube, daß das ganz bewußt so gemacht wurde. Es liegt der Verdacht nahe, daß sich Herr Stuhlpfarrer dort die rechtliche Beratung für seine Firmenkonglomerate geholt hat. Das könnte dem Aufwand entsprechen. Eigenartigerweise tauchen nämlich diese beiden Rechtsanwaltspartner dann auch als Aufsichtsräte beziehungsweise Vorsitzende in einer der Firmen des Herrn Stuhlpfarrer auf. Und davon weiß der Herr Bundeskanzler nichts. Er weiß von nichts. Der Herr Staatssekretär hat heute verlesen, was ihm wahrscheinlich der Herr Bundeskanzler aufgeschrieben hat. Er weiß von nichts. Ich frage mich wirklich, ob Nichtwissen vor Strafe schützt.

Sie, Frau Bundesministerin Hostasch, zeichnen sich auch durch Nichtbeantwortung nichtgestellter Fragen aus. Das ist es! Sie gehen mit keinem Wort auf "Euroteam" ein. (Abg. Koppler: Das stimmt nicht!) Sie streifen das am Rande und sagen: Diese Vergleichsstudie über 200 neue Lehrberufe in der EU und Österreich wäre eine Meisterleistung. Sie hat 430 000 S gekostet und bestand letztlich im Kopieren von Amtsblättern der Europäischen Gemeinschaft. Wenn Sie das als Leistung bezeichnen, dann weiß ich, was für Sie Leistung bedeutet!

Zur Frage des Mißbrauchs: Es ist vor allem beschämend, daß die Reiselust des Herrn Stuhlpfarrer ungebrochen ist. Während der Sitzungen des Unterausschusses war er einen Tag da. Als wir ihn noch einmal hören wollten, hieß es aber, der gute Mann sei in Chicago. Vier Wochen! Vier Wochen werde er in Chicago sein. Und heute sitzt er plötzlich wieder in der Journalistenloge. Warum waren Sie nicht im Unterausschuß, als wir Sie gebraucht haben für ein paar Fragen? Auch zu feig? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Abgebrochen das Studium?

Oder: Sie haben noch nicht beantwortet, Herr Stuhlpfarrer, was Sie in Palermo getan haben. Haben Sie sich mit der Camorra getroffen? Wozu waren Sie in Palermo? Entschuldigen Sie – Sie haben Steuergeld in Millionenhöhe verbraten. Dann stehen Sie doch Rede und Antwort, Sie mit Ihrem Bundeskanzler, Sie als Lehrlingsbeauftragter des Herrn Bundeskanzlers! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Es wird immerzu behauptet, als große Linie dargestellt: Wir schaffen Lehrlingsarbeitsplätze, koste es, was es wolle! Das darf doch nicht dazu führen, daß unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzlers Klima alles erlaubt ist, bis hin zu Vorgängen, die den Verdacht des Betruges aufkommen lassen. Das kann ja auch nicht im Interesse der SPÖ sein!

Sie sind immer so stolz darauf, etwas für die Jugend zu tun. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, das war richtig! Aber dann tun Sie es mit Ihrem Geld und nicht mit Steuergeld! "Kinderfreunde", die Gemeinde Wien, die SPÖ Wien wurden im Ausmaß von Hunderten Stunden beraten. Hunderte Stunden war die SPÖ Wien ... (Abg. Koppler: Was tust denn du mit deiner Pseudogewerkschaft? – Nichts!) Was ist denn? Ja, aber ich habe kein öffentliches Geld verbraten! Koppler! Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen eurer Politik und unserer Politik: Euer ÖGB kassiert Steuergelder in Millionenhöhe. Das ist einmal das erste. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und jetzt hör einmal zu! Es gibt ein Projekt mit der Nummer (weitere Zwischenrufe des Abg. Koppler) – zuhören! – 37106. (Abg. Edler: Klima arbeitet, Haider kopiert!)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Eine Sekunde, es wird gleich ruhig sein. – So, bitte setzen Sie fort! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Träger: ibis GmbH Westösterreich, Projektbezeichnung: Jump. Förderungssumme: 5,4 Millionen Schilling. Die Schaffung von Arbeitsplätzen steht im Mittelpunkt dieses Projektes. Man hat insgesamt drei in fremden Betrieben geschaffen. (Abg. Fischl: Kann ich um Förderung ansuchen?) Mit 5,4 Millionen Schilling drei Arbeitsplätze! Wirklich eine "grandiose" Leistung! Was außerdem auffällt: 566 000 S Reisekosten, bei einem einzelnen Projekt, zur Beschäftigung von drei Mitarbeitern. (Abg. Mag. Trattner: Die waren telephonisch nie erreichbar, so hat man halt hinfahren müssen!) Ein Projekt, das über 22 Monate läuft, weist Miete und Betriebskosten von 553 000 S, Telefonkosten von 135 000 S und Kosten für Ausstattung und Miete von 391 000 S auf.

Das ist Ihre Form der Beschäftigung und des Geldverprassens. (Abg. Edler: Was macht der Haider?) Sie beschäftigen nicht Jugendliche, sondern Sie beschäftigen Ihre Günstlinge. Und dafür wird von Ihnen Steuergeld ausgegeben – unter Mithilfe Ihres Regierungspartners ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen nur sagen: Diese Form der Politik wird so wie in Kärnten auch im Bund ein Ende finden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Euer Landeshauptmann schläft!)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Fischl: Hat der Stuhlpfarrer auch einen Zeitungsverlag, weil er da oben auf der Galerie sitzen darf?)

16.41

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Sache ist wirklich übel, unangenehm. Am Beginn meiner Bemerkungen zu dieser unerfreulichen Sache möchte ich eine politische Feststellung treffen: Es ist tatsächlich ein schwerer politischer Fehler des Herrn Bundeskanzlers, daß er heute zur Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage nicht persönlich gekommen ist, denn es gibt einige Fragen, die im Raum stehen, die letztlich der authentischen, höchstpersönlichen Beantwortung durch ihn bedurft hätten. Damit will ich in keiner Weise den Wert des Herrn Staatssekretärs in seiner pflichtgemäßen Beantwortung schmälern, aber es ist ihm einfach nicht möglich, bestimmte subjektive Wissensfragen zu beantworten, die man nur persönlich beantworten kann. Alles andere ist nur vom Hörensagen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher dürfen Sie sich nicht darüber wundern, wenn dieses Nichterscheinen des Bundeskanzlers die Möglichkeit eröffnet, ja es geradezu erzwingt, daß Dinge in den Raum gestellt werden, die von ihm persönlich nicht authentisch widerlegt werden können. Da der Herr Bundeskanzler ein Mensch von angemessener Intelligenz ist, weiß er das auch. Wenn er in Kauf nimmt, darauf zu verzichten, persönlich erwidern zu können, dann – erlauben Sie mir, das zu sagen – muß man Schlußfolgerungen daraus ziehen, so leid es mir tut. (Abg. Fischl: Er hat ein Motiv, der Mann!) Beide Schlußfolgerungen, die man daraus ziehen kann, sind unangenehm: Entweder hat er das Problem nicht erkannt – das wäre nicht gut für einen Bundeskanzler, denn das wäre ein schwerer Qualifikationsmangel –, oder er traut sich nicht in dieses Haus. Da wir aber gehört haben, daß die ÖVP koalitionstreu bleibt, hätte er sich nicht fürchten müssen: Er wäre in diesem Haus nicht gestürzt worden. Aber er hätte sich vielleicht blamiert. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

So hat er sich meiner Meinung nach dadurch blamiert, daß er nicht erschienen ist. Ich meine, im Ausschuß haben wir uns redlich bemüht, viele Fragen zu stellen. Viele sind unbeantwortet geblieben, manche sind erst aufgetaucht, nachdem die Auskunftspersonen schon weg waren. Als wir dann Anträge gestellt haben, die Auskunftspersonen nochmals zu laden, sind wir leider an der koalitionstreuen Mehrheit gescheitert. Daher ist auch Herr Stuhlpfarrer – er sitzt auf der Tribüne – zwar einmal dagewesen und hat nach Kräften alles beantwortet, aber als dann neue Fragen aufgetaucht sind, war er einmal in Amerika, ein anderes Mal – zum selben Zeitpunkt, an dem wir am 6. Juli die letzte Ausschußsitzung hatten – hat er eine Pressekonferenz gegeben. Die Regierungsmehrheit hat ihn nicht nochmals geladen.

In diesem Lichte wäre meiner Meinung nach auch der ÖVP zu raten, bei der Bewertung ihrer Mitwirkung am Ausschußbericht etwas bescheidener zu sein. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Hätte sie nämlich ein tatsächliches Interesse daran gehabt ... (Abg. Mag. Steindl: Der Antrag auf Vorladung von Herrn Stuhlpfarrer wurde zurückgezogen!) Herr Kollege Steindl, ich kann verstehen, daß Sie bei den Formulierungen eines Ausschußberichtes darauf achten müssen, daß Sie zu einem gemeinsamen Text kommen, der mehrheitsfähig ist. Aber ich kann nicht verstehen, welches Interesse Sie daran hatten, im vertraulichen Ausschuß die nochmalige Ladung von Auskunftspersonen zu unterbinden, nur deswegen, weil – Koalitionstreue wahrscheinlich – Ihr Koalitionspartner der Meinung war, das sei nicht notwendig. (Abg. Silhavy: Der Antrag ist zurückgezogen worden!)

Das sind alles Denkfehler. Wenn man jemanden noch einmal hören will, dann heißt das nicht, daß man ihm etwas antun will, sondern daß man Fragen stellen will. Ich habe mich während der gesamten Ausschußsitzungen immer bemüht, Fragen zu stellen und die Schlußfolgerungen am Schluß zu ziehen. Nunmehr befinden wir uns in der Lage, daß der Herr Bundeskanzler heute wieder nicht gekommen ist und daher wirklich wichtige Fragen nicht persönlich beantworten kann. Ich halte das für schlecht. Die liberale Fraktion wird dort, wo sie öffentlich dazu gefragt werden wird, auch öffentlich ihre Meinung sagen. Eine politische Bewertung ist das allemal: Er ist nicht gekommen, er war sich zu schade, oder er war zu feige. Das halte ich für wichtig in diesem Zusammenhang.

Nicht, daß der Herr Staatssekretär von mir geringgeschätzt wird – er hat die Sachfragen beantwortet, so gut er es konnte, gestützt auf das Haus –, aber es ist auch um Fragen im Zusammenhang mit dem Kabinett des Herrn Bundeskanzlers, im Zusammenhang mit den Stäben in der Löwelstraße gegangen. Diese hätte Klima persönlich beantworten können, wenn er es gewollt hätte. Er wollte nicht, denn er ist nicht gekommen. Dies festzuhalten, halte ich für sehr, sehr wichtig.

Zu den Dingen selbst, die hier unter dem Titel "Euroteam" Gegenstand der Debatte sind. Ich kann nur sagen, die Blauäugigkeit bei der Beantwortung, auch von der Regierungsbank aus, ist schon erstaunlich. Frau Bundesminister! Natürlich wissen wir, daß bestimmte Stundenangaben in solchen Projekten nicht unbedingt reale Stunden sind. Sie müssen jedoch plausibel sein, wenn es um die Dimension von Abläufen geht. Es ist aber völlig unplausibel, daß in einer Kalkulation der Beratung von Rechtsanwälten 340 und mehr Stunden zugeordnet werden. Es war völlig richtig, was Herr Kollege Van der Bellen zu diesem Fall gesagt hat: Ein Rechtsanwalt, der sich 340 Stunden lang einer Beratung zur Verfügung stellen würde, hat einen entgangenen Gewinn in Millionenhöhe, weil er in dieser Zeit nicht arbeiten kann. Daher ist es unplausibel, abgesehen davon, daß ich nicht weiß, ob der Know-how-Transfer des "Euroteam" zu einem Rechtsanwalt ein so beträchtlicher Gewinn für den Rechtsanwalt wäre. Dessen bin ich mir nicht ganz sicher.

Bestimmtes Fachwissen haben diese Leute, aber es sind schmale Sektoren. Im Handelsrecht kennen sie sich, wie wir im Ausschuß erkennen konnten, nicht aus. Ihre Firmenbücher sind nicht wirklich in Ordnung, darin scheinen teilweise noch die alten Firmen als Gesellschafter auf, obwohl schon neue gegründet worden sind. Ich habe längere Nachforschungen im Firmenbuch anstellen müssen und dann auch dem Ausschuß die Firmenbuchauszüge zur Verfügung gestellt, damit diese vielen schönen, wunderbaren Schautafeln möglich wurden.

Sie sind allerdings alle mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, weil man nicht ganz genau weiß, wer die wirklichen Eigentümer sind. Auf der hintersten Plattform sitzt nämlich ein Verein, ein Verein mit weniger als zehn Mitgliedern, und das ist der Hauptaktionär der gesamten Konstruktion, die immerhin siebenstellige Stammkapitalien verwaltet, die zum Beispiel gemeinsam mit dem bfi an einer Fachhochschulunternehmung – Stammkapital: 6 Millionen Schilling – beteiligt ist. "Euroteam" hat in diese Unternehmung – nebbich – ohnehin nur 1,3 Millionen Schilling eingebracht – auf 2,5 Millionen Beteiligung! Und so weiter und so fort.

Und noch wesentlicher für mich ist – ich möchte das von diesem Pult aus noch einmal sagen; es steht zwar auch in der abweichenden Stellungnahme, aber ich halte es für wichtig –: Der Vereinsvorstand dieses gemeinnützigen Vereins – der keinen Gewinne gemacht hat, wie wir gehört haben, weil er gemeinnützig war – war in der Lage, aus den Mitteln des Vereines Stammkapitalien für eine Reihe von Unternehmen aufzubringen. Ich frage mich: Wie macht das ein Verein, der gemeinnützig ist, daher gar keine Gewinne machen darf und auch sicher keine gemacht hat? Denn das liegt durchaus im Wesen des Vereins, daß er das nicht tut. Es ist schon schwer genug, im Erwerbsleben Gewinne zu machen, für einen gemeinnützigen Verein ist es – Sie werden mir das sicher gerne glauben – noch viel schwieriger! Aber dieser war in der Lage dazu.

Dann taucht in der letzten Sitzung des Unterausschusses, in der wir schon über die Berichte gesprochen haben – die koalitionstreuen Parteien hatten schon einen Entwurf mit, wir haben diesen bemurmelt, und das hat zu abweichenden Stellungnahmen geführt oder zu Minderheitenberichten und so weiter –, ein Papier über die Budgetgestaltung des Vereines auf. Für das Jahr 1997 waren nach diesem Papier offenbar außerordentliche Erträge von Mitgliedern in der Größenordnung von 1 350 000 S geplant! – In der Erläuterung zum Budget war ausgeführt, daß man davon ausgegangen ist, daß man für den Gesamtumfang von 900 000 S Mitglieder gewinnen wird, die Einschreibegebühren in der Höhe von 30 000 S zahlen. Man hat also – leicht im Kopf auszurechnen – mit mindestens 30 Mitgliedern à 30 000 S Einschreibegebühr gerechnet, weiters mit Mitgliedsbeiträgen aus laufenden Monatsbeiträgen in durchschnittlicher Höhe von 3 000 S, in der durchschnittlichen Verweildauer von fünf Monaten, das bringt noch einmal 450 000 S! Insgesamt macht das 1 350 000 S! Diese Summe sollte an außerordentlichen Erträgen durch Vereinsmitglieder erzielt werden.

Ich kenne viele gemeinnützige Vereine, aber wenige haben 30 Mitglieder, die freiwillig 30 000 S Beitrag zahlen, um dort beitreten zu dürfen, und die dann auch noch laufend monatlich 3 000 S zahlen. Daher wollten wir gerne geklärt wissen: Sind diese Vereinsmitglieder möglicherweise die Geschäftspartner der "Euroteam"-Gruppe, die in Form von "Kick-Back-Zahlungen" an den Verein hohe Mitgliedsbeiträge zahlen, anstatt die gemeinnützig geförderten Projekte der Union, des AMS, des Sozialministeriums und des BKA zu rabattieren?

Wenn ich nämlich in der Lage dazu bin, weniger zu verlangen als ich könnte, dann darf ich bei einem gemeinnützig geförderten Projekt nicht den Bruttobetrag verrechnen, sondern ich muß eben den Preis senken. Man darf nicht sagen: Ich verrechne dir 100, dafür bekommt dein Verein von mir 30. – Das hätten wir gerne geklärt, es wurde uns aber nicht gestattet.

Daher empfehle ich auch von diesem Pult aus: Die Staatsanwaltschaft soll sich diese Unterlagen sofort holen – sie sind jetzt ohnehin zur freien Verfügung – und das Belegwesen der gesamten Firmengruppe prüfen. Dann werden wir wissen, ob das, was wir alle stark befürchten, zutrifft. Manche behaupten schon, daß es so ist! Ich neige im Unterschied zu manch anderen nicht zu Vorverurteilungen. Vielleicht ist das etwas altmodisch, aber ich bin für die Unschuldsvermutung und werde mich immer dafür einsetzen. Wir müssen jedoch stark befürchten, daß diese Tiefenprüfung das zutage fördern wird, was wir alle spüren: daß es ein Sumpf von Freundschaften und fehlendem Augenmaß, was Unvereinbarkeiten anlangt, ist.

Und dazu hätte ich gerne auch den Herrn Bundeskanzler persönlich gehört. Ich hätte gerne gehört, daß er sich davon distanziert, nicht distanziert durch räumliche Distanz, sondern indem er sagt, was er davon hält, nämlich hoffentlich nichts. Wir werden es nicht erfahren, weil er diesem Haus seine Position verweigert. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Gleiche Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Sozialministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In einer heutigen Presseaussendung wird ÖVP-Klubobmann Khol mit den Worten zitiert: Klima zeigt durch seine Vertretung durch Wittmann, "daß er ein schlechtes Gewissen hat", jedoch – so Khol – "ich kann und will das Koalitionsabkommen aber nicht verletzen."– Nibelungentreue drei Tage vor dem Ende der Legislaturperiode! (Abg. Koppler: Das ist ein Christlicher!) Ganz christlich! Es gibt Gelächter bei der SPÖ, das ist ja auch zum Lachen, denn das ist der Treueschwur: Wir machen es auch in der nächsten Periode. Wir haben beide über den jeweils anderen so viel in den Schubladen, daß wir gar nicht anders können. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Und vielleicht sind diese Ordner, die in den Reihen der ÖVP aufgetürmt sind, schon ein Hinweis, ein Wink mit dem Zaunpfahl: Wenn ihr da irgend etwas macht, dann kommen wir auch!

Es zeigt ein Sittenbild dieser Republik, und es ist sehr eindeutig, daß der Balkan geographisch nicht irgendwo in fernen Landen angesiedelt ist. (Zwischenrufe des Abg. Brix.  Gegenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Da hinten bei der ÖVP fallen interessante Worte, ich habe in der Gegend des Abgeordneten Lukesch gehört, daß, als Abgeordneter Van der Bellen vom "40-Millionen-Ding" des "Euroteam" gesprochen hat, von den Abzockern gesprochen wurde. Offenbar ist das eine Koalition der Abzocker, und die gibt es auf beiden Seiten. Sie ist sehr traurig, diese Koalition der Abzocker! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir konnten das sogar hier einmal hören, es war sehr deutlich zu hören – und es lebt sich ja wunderbar ungeniert auf Regimentsunkosten –: Als wir ein "böses Ding" diese Reichshälfte betreffend (in Richtung ÖVP) angesprochen haben, nämlich den Verkauf von Sturmgewehren, hat Klubobmann Khol mehrmals sehr deutlich zur SPÖ hinübergeschrien: Wenn ihr da kritisiert, dann bekommt ihr einen Omofuma-Ausschuß! – Also solche Deals in Sachen Kontrolle, diese Basar-Kontrollmethoden kennen wir schon, und das setzt sich heute nahtlos fort. Wir sind es gewöhnt.

Sie, Frau Bundesministerin, sagen, die Stundenabrechnung stehe im Zusammenhang mit EU-Erfordernissen. Wir wissen aber bis heute nicht wirklich, was das war, diese merkwürdigen Beratungsleistungen, diese 349 Stunden! Personenstunden waren es nicht. Es sei eine statistische Größe, wird gesagt. Frau Bundesministerin! Hätten Sie vielleicht die Güte, uns zu verraten, was denn die Basis dieser Statistik ist? Das Körpergewicht des Rechtsanwaltes in Pfund vielleicht berechnet? Damit könnten wir vielleicht eher weiterkommen.

Ich denke mir, Frau Cresson hat etwas dreist und vielleicht etwas unüberlegt ihren Zahnarzt angestellt. Die SPÖ und die ÖVP haben mehr "Zahnärzte", die da kräftig aus dem Vollen zulangen können und so irgendwie statistische Größen vortäuschen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Gredler: Die Zahnärzte sind unschuldig!)

Frau Bundesministerin! Wenn man schon sagt, daß es sich hier um merkwürdige statistische Größen handelt, bei denen man nicht weiß, ob sie Wurstsemmeln oder das Körpergewicht des Anwalts oder ich weiß nicht was sind, vielleicht die Quadratmeteranzahl des Büros ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Frau Abgeordnete Dr. Gredler protestiert heftig, wenn man Zahnärzte angreift.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Das war ja nur der von Frau Cresson, hier haben wir ja andere Abzocker.

Aber die statistische Größe, auf die das Ganze Bezug nimmt, wäre sehr interessant. Frau Bundesministerin! Ganz einfache Gesetze der Arithmetik sollten sich diejenigen, die solche statistischen Größen vorgeben, ein bißchen zu Gemüte führen. Es ist nämlich ganz schwierig: Wenn man will, daß es besonders unauffällig ausschaut, nimmt man lieber ganz unrunde Zahlen. Aber wenn man dann Zahlen nimmt wie eben 349 und blöderweise von 25 Abrechnungen ein Drittel Primzahlen erwischt, dann geht sich das mit überhaupt keiner Multiplikation aus. Es ist nämlich das Wesen von Primzahlen, daß sie sich nicht als Produkt von anderen Zahlen ergeben. Das ist halt so ganz blöd dabei passiert. Also es ist auch nicht das Körpergewicht des Rechtsanwaltes. (Abg. Schieder: Das stimmt mathematisch nicht! Durch eins sind sie teilbar und durch sich selbst auch!)

Durch eins sind sie teilbar. Na dann muß es ein sehr schwerer Rechtsanwalt oder ein sehr großes Büro gewesen sein!

Frau Bundesministerin! Sie haben mich mit Ihren Ausführungen ganz stutzig gemacht. Sie sagten – und das ist bisher anders dargestellt worden –, die SPÖ Wien sei gar nicht beraten worden, auch nicht jene 13 Stunden, von denen die SPÖ Wien selbst spricht. (Abg. Reitsamer: Das hat sie nicht gesagt!) Nein, Sie haben uns heute gesagt, die SPÖ Wien hat unentgeltlich mitgewirkt. (Abg. Seidinger: Das ist ein Unterschied!)

Ja, das wird ja nun ganz komisch: Die SPÖ Wien geht ganz ehrenamtlich, altruistisch für die jungen Menschen in diesem Land in ein Projekt hinein (Abg. Reitsamer: Na ist das falsch?), aber der Altruismus hört sich beim Herrn Stuhlpfarrer auf, der verrechnet nämlich alles weiter. Es ist von unentgeltlicher Zuarbeit die Rede. – Ja, wie kommt es dann auf einmal zu diesen Hunderten Stunden? Dann ist das ja ein Projekt, um quasi die EU ein bißchen auszuräumen. Da sage ich: Na servus!

Also, Frau Gredler, ist es doch das Modell – es tut mir leid, und es hat nichts mit Ihnen persönlich zu tun – des Zahnarztes der Frau Cresson, nur eben auf österreichisch gemünzt, wo die unentgeltliche Zuarbeit über die verschiedenen Stufen der Veredelung plötzlich entgeltlich wird. Ich würde auf gut deutsch sagen, das ist eine Chuzpe, und zwar eine gewaltige! (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas, Frau Bundesministerin: Sie sprechen immer, wohl damit es eleganter wirkt, von der "Euroteam"-Gruppe. Stimmt das, was Kollege Öllinger in Erfahrung gebracht hat, nämlich daß in dieser Gruppe eine Immobilienverwertungs GesmbH ist, die eine 40-Quadratmeter-Wohnung verwaltet? Wissen Sie, welcher Verdacht sich da aufdrängt? (Abg. Koppler: Werden wir nachprüfen!) Ah, das werden Sie nachprüfen! Das täte ich auch an Ihrer Stelle. Herr Koppler, aber ich würde in Zukunft lieber ein bißchen vor der Auftragsvergabe prüfen. (Abg. Koppler: Er versteckt sich hinter der Immunität!) Eine 40-Quadratmeter-Wohnung durch eine Immobilienverwertungs GesmbH zu verwalten, erweckt den Eindruck der steuerschonenden Behandlung ebendieser Wohnung. "Gruppe" ist dafür meiner Ansicht nach nicht das richtige Wort. Mir würde ein anderes Wort dafür einfallen, aber ich kann dieses Wort nicht aussprechen, ohne den Herrn Präsidenten in Ordnungsruf-Schwierigkeiten zu bringen, daher tue ich es nicht, aber ich glaube, es liegt Ihnen auch auf der Zunge. (Abg. Dr. Krüger: Bitte, mehr Offenheit da unten!)

Frau Bundesministerin! Sie sprachen § 80 Abs. 3 Vergabegesetz an. – Technische, künstlerische Gründe bei "Euroteam"? Wo denn? Wie denn? Was denn? Gefahr in Verzug? Gefahr in Verzug vielleicht in den Parteikassen der SPÖ oder bei einigen SPÖ-Leuten oder bei Personen im Naheverhältnis des Kanzlers. (Abg. Schieder: Jetzt ist es aber genug!) Sonst war da gar keine Gefahr in Verzug, Frau Bundesministerin, das war ein rechtswidriger Akt Ihres Ressorts! Nennen wir es doch beim Namen! (Beifall bei den Grünen.)

Oder, Frau Bundesministerin – und da wird es ganz besonders spannend –, Ihre Antwort auf Frage 7, bei der es um die gemeinsame Gründung eines Callcenters von "Euroteam" und TBK geht. Der Herr Staatssekretär hat gesagt, er wisse davon nichts. Ob das auch für das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zutrifft, so der Staatssekretär, entziehe sich seiner Kenntnis – und somit, nehme ich an, auch der Kenntnis des Herrn Bundeskanzlers. Ganz merkwürdig! Und er hat weiters gesagt, dazu werde die Sozialministerin etwas sagen. Ich habe aufgepaßt, aber leider nichts von Ihnen darüber gehört.

Nun hat uns aber Herr Stuhlpfarrer via Medien mitgeteilt: Nein, diese Firma habe er nicht gekannt, und diese Gründung sei erst später zustande gekommen. Gegenüber den Medien aber sagt er etwas anderes.

Es wird wirklich der Eindruck vermittelt, als seien die diversen Zweigstellen der Abzocker gegründet worden, um diese Zahlungsvorgänge, um das Abkassieren von anderen Töpfen in die Wege zu leiten.

Es wäre doch ganz nett gewesen, wenn Sie uns über die Zeitpunkte, wann wer was gewußt hat, ein bißchen mehr gesagt hätten, wenn es schon der Herr Bundeskanzler nicht der Mühe wert findet, irgend etwas dazu zu sagen. Ich weiß nicht, ob die Herren in seinem Kabinett so unterbeschäftigt sind, daß sie noch soviel beraten, rechnungsprüfen und sonst irgend etwas können. Ich finde das schon bemerkenswert.

Ich warte – und das ist mein Schlußsatz – jetzt nur darauf, welche Rechnung das Parlament gestellt bekommt. Denn wenn so teure Menschen so lange Zeit wo anwesend sind, und das mal 183 – oder vielleicht zählt man auch noch die Beamten mit –, dann steht uns eine ordentliche Rechnung ins Haus, Frau Bundesministerin. Aber wir sind ja in diesem Land schon einiges gewöhnt. (Beifall bei den Grünen.)

17.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koppler. (Abg. Dr. Krüger: Du hast nichts mehr zu verlieren, Erhard! Gib Gas! – Abg. Koppler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich habe vorher auch nichts zu verlieren gehabt!)

17.02

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Herr Universitätsprofessor Lukesch hereingekommen ist, adjustiert vom Herrn Bürgermeister, und dann Herr Steindl mit seinen Unterlagen, habe ich mich gewundert und gefragt, was Kollege Steindl jetzt mit diesen Ordnern machen wird. Nach seiner Rede weiß ich es: Er versteckt sich, weil er sich für seine Rede schämt. Das ist der Grund, denn die Unterlagen hast du eigentlich nicht erwähnt, Kollege Steindl. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: So ein Blödsinn!)

Kollege Steindl! Eines möchte ich dir allerdings sagen: Die Unterlagen über Lassing sind weit umfangreicher. Das möchte ich dir nur gesagt haben! (Aha!-Rufe bei den Freiheitlichen und den Grünen.) Und wenn du hier einen gewissen Parteiobmann nachäffst mit einer Tafel, auf der "Das rote Netzwerk" steht, dann werde ich das nicht machen, dir aber zum schwarzen Netzwerk etwas sagen  (Abg. Dr. Krüger: Ja genau! Erzähl uns ein bißchen was!):  Qualifikationsoffensive Waldviertel – Vorzeigeprojekt des Generalsekretärs der Wirtschaftskammer Günter Stummvoll –, Hilfsorganisation "Die Möwe" – Ehrenschutz: Generalsekretärin Rauch-Kallat –, und so weiter und so fort. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Die Subventionen gingen quer durch die Parteien. Also lassen wir das, und bleiben wir bei der Sache! (Zwischenrufe bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir diese Diskussion anhöre, dann ist mir eines klar – und das ist traurig –: Es geht Ihnen nicht um die Sache, es geht Ihnen darum, einen erfolgreichen Bundeskanzler anzupatzen, aber das wird Ihnen nicht gelingen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es stört Sie, daß der sozialdemokratische Bundeskanzler vor dem 3. Oktober in der Beliebtheitsskala ganz vorne ist, vor allen anderen. Das ist Ihnen ein Dorn im Auge, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Herr Abgeordneter Van der Bellen meint, die Sozialdemokraten sollten sich von dieser Causa distanzieren: Herr Abgeordneter, das wäre falsch! Wir Sozialdemokraten sind in dieser Causa für eine lückenlose Aufklärung, nicht für eine Distanzierung. Ich möchte Ihnen das nur gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Thema wird heute noch einmal unter Punkt 19 der Tagesordnung behandelt, es wurde schon gesagt. Und dem Kollegen Öllinger möchte ich sagen: Der 3. Oktober läßt grüßen, sonst hätte er diese Dringliche Anfrage sicherlich nicht eingebracht.

Im Zusammenhang mit "Euroteam", meine sehr verehrten Damen und Herren, werden Halbwahrheiten und Unwahrheiten verbreitet, und noch dazu werden die Sache und die handelnden Personen kriminell in den Schmutz gezogen, im Wissen, daß die Abgeordneten – und das sollen auch die Zuschauer wissen – immun sind und nicht belangt werden können.

Abgeordneter Steindl spricht in einer Presseaussendung von Verbindungen zu Parteisekretariaten, Abgeordneter Khol unterstellt, daß Aufträge nur an SP-nahe Organisationen erteilt wurden, obwohl er weiß, daß das nicht stimmt. (Abg. Mag. Schweitzer: An die ÖVP auch?) Und die Freiheitlichen und Grünen reden von Betrug, Untreue, Mißbrauch. Also: diese Causa wird schlichtweg kriminalisiert! (Abg. Dr. Krüger: Es ist ja auch kriminell!)

Trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekenne ich mich – ich habe das schon gesagt – zu einer lückenlosen Aufklärung in dieser Causa "Subventionen im Zusammenhang mit der Lehrlingsoffensive". Wir bekennen uns dazu, ich sage das sehr deutlich.

Aber ich bin hinsichtlich dieser Debatte schon etwas traurig ("Na geh!"-Rufe bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen), und Kollege Öllinger wird mir hoffentlich zustimmen: Durch die jüngsten Berichte wurde die wertvolle Arbeit des AMS aus dem Blickfeld gedrängt und die ausgezeichneten Leistungen – das zeigen auch die internationalen Vergleiche – in der Öffentlichkeit zu Unrecht schlechtgemacht. (Abg. Dr. Petrovic: Das waren "Euroteam" und die SPÖ, nicht das AMS!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Faktum ist, daß die Lehrlingsoffensive der Bundesregierung 1997/98 sowie das Regierungsprogramm von Bad Aussee sehr positiv zu bewerten sind. Dafür ist dem Herrn Bundeskanzler und der Frau Bundesministerin Hostasch sehr herzlich zu danken. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend: Die Leistungen des AMS verdienen besondere Anerkennung. Für mich als Vertreter der Arbeitnehmerschaft hat das AMS eine zentrale Funktion in der Arbeitnehmerpolitik. Bekennen wir uns dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.07

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da kommt ein Abgeordneter Gaugg daher und schreit in den Saal hinein, beschuldigt alle. Ich meine, er hat den Bericht der Freiheitlichen Partei gar nicht gelesen, denn dieser Bericht, den die Freiheitliche Partei abgegeben hat, ist gar nicht so schlecht.

Darin steht zum Beispiel genau das, was Abgeordneter Brix vorhin gesagt hat, daß nämlich das AMS die Auszahlung von Geldbeträgen gestoppt und kontrolliert hat. Genau das steht auch im Bericht der Freiheitlichen, nur in etwas anderen Worten.

Oder es steht im Bericht der FPÖ, daß der Verdacht einer Begünstigung von bestimmten Institutionen dazu geführt hat, daß sogar seitens des Bundeskanzlers und der Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Rechnungshof mit der Prüfung der Gebarung hinsichtlich der Förderung und der Aufträge an "Euroteam" beauftragt worden ist, was als politischer Erfolg betrachtet wird.

Ich bezweifle nur, ob es der politische Erfolg der FPÖ ist. Meines Erachtens ist es der politische Erfolg aller im Ausschuß Vertretenen gewesen und dem Engagement der Frau Bundesministerin zu verdanken, daß es zu dieser Überprüfung durch den Rechnungshof gekommen ist.

Der Bericht sagt etwas ganz anderes, als Herr Abgeordneter Gaugg hier gesagt hat. (Abg. Mag. Steindl: Er hat ihn nicht gelesen!) Ich könnte mit vielen Punkten dieses Berichtes einverstanden sein, weil manche Dinge korrekt und richtig aufgezeigt wurden.

Meine Damen und Herren! Frau Dr. Petrovic schüttet hier Schmutzkübel aus. (Abg. Wabl: Geh! Wirklich wahr?) Ja, sie hat von Schmutzkübeln gesprochen. – Frau Abgeordnete Petrovic! Jetzt muß ich Ihnen einmal etwas sagen: Sie gehen immer wieder an die Öffentlichkeit und sagen: Ich erkläre an Eides statt. Bitte, was heißt das überhaupt, in der Öffentlichkeit etwas an Eides statt zu erklären? – Gar nichts!

Sie behauptet immer: Ich habe gehört! – Ich würde mir wünschen, daß sich die Abgeordnete und Klubobfrau vielleicht die Ohren etwas reinigt, damit sie alles versteht, was geredet wird. Auf keinen Fall hat Abgeordneter Lukesch so etwas gesagt, was sie uns unterstellt hat. Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Van der Bellen von den Grünen! Wir lassen uns nicht unterstellen, daß wir mit abgezockt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie hat uns unterstellt, die ÖVP habe mit abgezockt. Herr Van der Bellen, das ist Ihrer Fraktion nicht würdig, und solche Feststellungen lehne ich ab. Das lassen wir uns von Ihnen nicht bieten! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Koppler! Wir lassen uns auch nicht unterstellen, daß Abgeordneter Stummvoll im Waldviertel Projekte unkorrekt abgewickelt hat. Es gibt keinen Verdacht dahin gehend, daß Herr Abgeordneter Stummvoll im Waldviertel Projekte unkorrekt abgewickelt hat. (Abg. Edler: Das ist eine Rechnungshof-Feststellung!) – Er hat gesagt: Wir werden uns mit den Projekten von Dr. Stummvoll im Waldviertel beschäftigen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das soll er machen!) – Das lassen wir uns nicht bieten, meine Damen und Herren! So geht das nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Koppler sollte es sich vorher besser überlegen, bevor er von Unsinn spricht, denn es steht nun einmal im gemeinsamen Bericht:

"Der Ausschuß stellt fest, daß es zu einigen Unzulänglichkeiten gekommen ist, deren Ursachen im Bericht dargestellt werden und die gegenwärtig Gegenstand der Überprüfung durch den Rechnungshof sind."

Bekennen wir uns doch gemeinsam zu diesen Unzulänglichkeiten, die passiert sind! Warum müssen wir uns ständig "anagitieren"? Es sind nun einmal Unzulänglichkeiten passiert.

Aber etwas ist mir aufgefallen, meine Damen und Herren: Im Ausschuß hat sich Herr Abgeordneter Koppler kaum engagiert, auf jeden Fall nicht so, wie er sich hier im Hohen Haus jetzt in dieser Sache engagiert hat.

Ich möchte klarstellen, damit die Dinge endlich einmal ins rechte Lot gerückt werden: Es sind Unzulänglichkeiten passiert, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP), und davor können wir die Augen nicht verschließen!

Es geht einfach um die Aufträge! Wir befassen uns heute mit den Aufträgen, die das Bundeskanzleramt an ein Team, an eine Firma, die in einem sehr nahen Verhältnis mit dem Verein "Euroteam" steht, vergeben hat, und wir bezweifeln, daß diese Aufträge in Höhe von 4,2 Millionen Schilling überhaupt etwas gebracht haben. Ich erlaube mir, zu hinterfragen, ob diese Aufträge, die das Bundeskanzleramt vergeben hat, wirklich den Erfolg gebracht haben, der immer wieder behauptet wird.

Denn, meine Damen und Herren, es ist einfach eine Tatsache, daß ein David Mock Öffentlichkeitsarbeiter von Mag. Klima ist, gleichzeitig Funktionär des Vereines war und nach wie vor Vereinspartner von Lukas Stuhlpfarrer ist. Das ist ein Faktum. Es ist weiters ein Faktum, daß Thomas Drozda Vereinspartner von Lukas Stuhlpfarrer zumindest war, auch wenn er es heute nicht mehr sein sollte, und im Kabinett Klima Referent für Soziales ist, meine Damen und Herren! Das sind Fakten, und an diesen Fakten kann man nicht vorbeigehen. Man sollte einfach sagen: Jawohl, hier müssen wir etwas machen. – Ich bin sehr froh darüber, daß dieser Auftrag an den Rechnungshof erteilt wurde.

Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit den Aufträgen über diese 4,2 Millionen Schilling, die hier vergeben wurden, hat sich der Herr Bundeskanzler ganz bewußt in die Sonne gestellt – im Sommer 1997; das ist zitiert worden. Es ist einfach nicht in Ordnung, daß man versucht, sich losgelöst von der gesamten Arbeitsmarktpolitik, die das AMS macht, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales macht, durch eine Hotline und durch Aufträge in die Sonne zu stellen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, er hat sich in die Sonne gestellt, meine Damen und Herren, das ist eindeutig – das muß ich Ihnen leider sagen. Er hat sich in die Sonne gestellt, obwohl er zu den Erfolgen wenig beigetragen hat.

Die Erfolge – darin gebe ich Herrn Abgeordneten Koppler recht – haben das Sozialministerium mit seinen Lehrlingsoffensiven – nicht die Lehrlingsoffensive des Bundeskanzleramtes hat das erreicht – und das AMS bewirkt. Das AMS hat sicher Verdienste daran, daß die Situation für die vorgemerkten Lehrstellensuchenden heute besser ist.

Wir hatten – und damit möchte ich schließen – im Juni 1999 um 560 Lehrstellensuchende weniger als im Juni 1998, um 21 Prozent weniger. Das ist ein Erfolg der österreichischen Wirtschaft, der Unternehmer, das ist ein Erfolg des AMS, und das ist ein Erfolg jener, die die richtige Arbeitsmarktpolitik betreiben. Wir sollten wieder zurückkehren zu einer Arbeitsmarktpolitik, bei der versucht wird, die Ziele unserer Gesetze zu erreichen, und nicht eine Arbeitsmarktpolitik betreiben, bei der man sich lediglich in der Sonne badet und versucht, Stimmen zu gewinnen. Das können wir in Zukunft nicht akzeptieren! (Beifall bei der ÖVP.)

17.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek mit einer gewünschten Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

17.15

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Feurstein, wenn Sie den Minderheitsbericht der Freiheitlichen gelesen haben, müßten Sie draufgekommen sein, daß in Summe daraus hervorgeht, daß die Lehrlingsoffensive der Bundesregierung unter der Leitung des Bundeskanzlers ordentlich in die Hose gegangen ist (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Feurstein: Das habe ich gesagt! – Weitere Zwischenrufe.)

Aus dem Minderheitsbericht geht weiters hervor, daß der Ausschuß aufgrund der Kürze der Zeit, die ihm zur Verfügung gestanden ist, nur unzulänglich dem Prüfungsauftrag nachkommen konnte. Es war gar nicht möglich, das anders zu machen, weil wir gar nicht so viel Zeit hatten. Es kann also keine Rede davon sein, daß die arbeitsmarktrelevanten Angelegenheiten im Rahmen der Bundesgebarung im Ausschuß einer wirklich umfassenden Prüfung unterzogen werden konnten.

Diese Lehrlingsoffensive stand von Anfang an unter keinem guten Stern, und zwar deshalb, weil einerseits an eine Firma der Auftrag vergeben wurde, eine Studie zu erstellen – ganz ohne Ausschreibung –, und andererseits dieser Firma, die diesen Auftrag ohne Ausschreibung erhalten hat, der Firma "Euroteam", ein besonderes Naheverhältnis zur SPÖ nachgesagt wird, zu Bundeskanzler Klima natürlich auch. Diese Freunderlwirtschaft, diese Schlamperei und Planlosigkeit, mit der da vorgegangen wurde, mit der die Bundesregierung jetzt die Lehrlingsfrage interpretiert, muß hinterfragt werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Die ÖVP ist genauso mit dabei, sonst hätte sie etwas mehr aufgezeigt, sonst hätte sie gewissen Anträgen von uns zugestimmt und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zugelassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht nicht an, daß öffentliche Fördermillionen an SPÖ-nahe Vereine gehen, die sich durch diese Lehrlingsproblematik und auf dem Rücken der Lehrlinge und Jugendlichen bereichern. Und das ist bestimmt nur die Spitze eines Eisberges, der untersucht werden muß.

Man muß sich die Vorstände oder Geschäftsführer dieser Firma "Euroteam" anschauen: Herr Stuhlpfarrer und Herr Bernthaler – ihr Naheverhältnis zur SPÖ! Herr Stuhlpfarrer war früher angeblich Leiter der SPÖ-nahen "Aktion Kritischer Schüler", dann war er Präsidiumsmitglied der Sozialistischen Jugend und auch noch Mitarbeiter der ehemaligen EU-Abgeordneten Dr. Hawlicek. Als Rechnungsprüfer agierte dort ein gewisser Herr Eckhardt – er arbeitet im SPÖ-Umweltbüro. Ein gewisser Herr Drozda ist im Aufsichtsrat der "Euroteam Beteiligungsverwaltungs-Aktiengesellschaft" und war Sekretär von Mag. Klima.

Die Subventionsmittel wurden überwiegend an sozialistische Organisationskörper vergeben, wie an die Österreichischen Kinderfreunde beziehungsweise an die Gemeinde Wien. Im Ausmaß von Hunderten Stunden wurden diese Institutionen beraten, ohne daß von ihnen auch nur ein einziger Lehrling eingestellt wurde – nein, es wurde doch ein Lehrling eingestellt, das wurde heute schon erwähnt, und zwar von einer Anwaltskanzlei, das ist auch sehr interessant, denn diese Rechtsanwälte sitzen ebenfalls im Aufsichtsrat von "Euroteam".

Die "Österreichischen Kinderfreunde" haben 343 Beratungsstunden konsumiert – keinen Lehrling eingestellt! Die Gemeinde Wien wurde 152 Stunden beraten – keinen Lehrling eingestellt! Die SPÖ Wien hatte 243 Stunden – keinen Lehrling eingestellt! Und die vorhin erwähnte Rechtsanwaltskanzlei hatte 349 Stunden – sie hat einen Lehrling eingestellt.

Diese Studie des "Euroteams", das das Handbuch für eine Lehrlingsvermittlung erstellt hat, wie sie früher im Prinzip in jeder Lehrlingsstelle der Handelskammer oder Arbeiterkammer erhältlich war, ist überhaupt bedenklich, denn es stellt sich die Frage, ob das urheberrechtlich geklärt ist, ob es überhaupt möglich ist, daß man irgend etwas abschreibt und den anderen dann verkauft.

Das Projekt PROFESSIONET, eine betriebliche Ausbildungsberatung, wurde heute auch schon erwähnt. Vorgesehen waren 50 Stunden pro Betrieb, und 120 Betriebe, in denen diese Beratung durchgeführt werden sollte, waren vorgesehen. Das wären insgesamt 6 000 Stunden gewesen. Man hat zwar 6 086 Stunden verbraucht, aber lediglich 25 Betriebe beraten und 10 Projekte erstellt.

24 Lehrlinge wurden insgesamt eingestellt – eine teure Lehrlingsoffensive, muß ich sagen. Die Studie, die man bei diesem Projekt PROFESSIONET erstellt hat, bestand aus EU-Unterlagen mit 5 Deckblättern. Das Ganze waren rund 900 A4-Seiten an Kopien, also eine teure Sache. Und das, Frau Bundesminister, haben Sie mit 3,7 Millionen Schilling subventioniert.

Sieht man sich das bis jetzt bekannte Ausmaß dieses "Euroteam"-Skandals an, so wird klar, warum sich die SPÖ so vehement gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gewehrt hat, aber auch die ÖVP, die zwar vollmundig angreift, aber im Prinzip einem Untersuchungsausschuß nicht zustimmt. Wir haben das schon im Ausschuß verlangt. Wir wollten außerdem Auskunftspersonen vorladen, und zwar Herrn Bundeskanzler Klima und Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler. Das wurde auch abgelehnt. Es liegt vielleicht im Interesse der Regierenden, sicher aber nicht im Interesse der Bevölkerung, der Steuerzahler, diesen Skandal rund um dieses "Euroteam" einfach zu verwischen und vor den Wahlen unter den Teppich zu kehren.

Dieser Skandal ist jetzt um noch eine Facette reicher geworden. Nicht nur, daß ein SPÖ-Günstling nach dem anderen im engsten Dunstkreis des Bundeskanzlers in dieser Steuergeldumverteilungsorganisation auftaucht, es stellte sich auch heraus, daß der laut "Kronen Zeitung" polizeibekannte Schläger Dr. C. ebenfalls im "Euroteam" an prominenter Stelle im Führungsteam mitgearbeitet hat. Auch das ist noch aufklärungsbedürftig. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Hast du den Rumpold jetzt gemeint?)

17.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

17.22

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Diskussion über dieses Thema ist interessant, in Wirklichkeit allerdings seit dem Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Steindl zu Ende. Alles, was jetzt hier noch geredet wird, ist nur ein Sturm im Wasserglas. (Abg. Schwemlein weist zum Platz des Abg. Mag. Barmüller.) – Ja, ich weiß. Nein, Emmerich, ich bleibe deshalb hier beim Rednerpult, weil ich auch dir sagen möchte, mit wieviel Freundlichkeit, gerade auch seitens deiner Fraktion, hier geredet wird. Das tue ich jetzt auch angesichts des Redebeitrages des Herrn Abgeordneten Koppler, nachdem ich etwas gesagt habe, was mir Frau Abgeordnete Gredler aufgetragen hat. Frau Abgeordnete Gredler hat gemeint, sie möchte unbedingt für ihre Berufsgruppe festgehalten haben, daß im Bericht über "Euroteam" Zahnärzte niemals auch nur erwähnt worden sind. (Abg. Dr. Gredler: Danke!)

Aber daß sich Herr Abgeordneter Steindl, meine Damen und Herren – Herr Abgeordneter Koppler, dazu brauche ich auch Ihre Aufmerksamkeit –, hier zum Rednerpult stellen und sagen kann, aus Koalitionstreue habe er sich im Ausschuß so und so verhalten und würde er hier im Plenum der Kritik der Opposition nicht zustimmen, umschreibt mit schönen Worten etwas, was grauenhafter eigentlich nicht sein könnte. Denn genau damit, Herr Abgeordneter Steindl, verhindert Ihre Fraktion zum Beispiel in dieser Frage eine effektive Kontrolle. Sie sagen zwar, wir wissen genau, was hinter dieser Sache steckt, nämlich das Firmengeflecht – und Sie stellen ein Taferl her, zeigen das alles auf und präsentieren sehr glaubwürdig und sehr nachvollziehbar, überhaupt  nach  der  Rede,  die  Herr  Abgeordneter  Kier gehalten  hat,  woran  es  eigentlich krankt –, aber Sie sagen auch: Aus Koalitionstreue werden wir das nicht aufdecken, sondern wir werden das zudecken. – Das ist es, was Sie machen. Sie reden hier dem Zudecken das Wort!

Dann kommt Herr Abgeordneter Koppler, ein in der Wolle gefärbter Roter, der natürlich immer schon nur für die Arbeitnehmer war, an dieses Rednerpult und sagt in Richtung des Herrn Abgeordneten Steindl: Die Akten über Lassing sind dicker, aber lassen wir das. – Zehn Bergleute wurden in Lassing verschüttet, das sind zehn Familien ohne Väter! Ich weiß noch, wie Herr Abgeordneter Nürnberger, als ich ihn davon informiert habe, daß es einen Bericht der Gewerkschaft über Mißstände im Werk in Lassing gibt, gesagt hat, es gebe keinen Bericht, davon wisse er nichts – das hat er in einer Direktübertragung im Fernsehen gesagt! Einen Tag später, weil ich ihm gesagt habe, daß das aufkommen werde, hat er ihn schon in die Kameras der "ZiB 1" gehalten und hat den Leuten gezeigt, was wirklich davon vorhanden war.

Sie, Herr Koppler, stellen sich heute her – jetzt, da in Tirol Felsen abstürzen, man einen Landesgeologen nicht mehr in das gefährdete Gebiet gelassen hat, die Bergbehörde nach wie vor nicht reformiert ist – und sagen zu Herrn Steindl: Reden wir nicht darüber. – Es sind zwar zehn Arbeiter gestorben, aber Sie als roter Funktionär in diesem Land sagen, reden wir nicht mehr darüber (Abg. Koppler: Über die Akten!), weil Sie sich in Wirklichkeit das ganze Land längst aufgeteilt haben, Herr Abgeordneter Koppler. Und es ist eine Schande – eine Schande ist es! –, wie Sie da mit Ihrer goldenen Uhr am Handgelenk herumwinken (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger) und den Menschen in Wirklichkeit doch sagen – Ihrer eigenen Wählerklientel! –: Schleicht’s euch! Schleicht’s euch!, sagen Sie ihnen. (Abg. Parnigoni: Aber geh!)

Genau das ist es, Herr Abgeordneter Parnigoni! Es ist Herr Abgeordneter Koppler, der unverhohlen in Richtung ÖVP sagt: Reden wir nicht darüber, die Akten über Lassing sind viel dicker.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, als hier in diesem Hause, Herr Abgeordneter Koppler, es nicht zuletzt auch Herr Bundesminister Farnleitner war, der gesagt hat: Wir machen jetzt einen großen Bericht; auf europäischer Ebene wird alles aufgezeigt und eine Kommission eingesetzt werden. – Wir warten bis heute auf diesen Bericht, Herr Abgeordneter Koppler. Da hilft es auch nicht, lässig in den Bankreihen zu sitzen, charmant herunterzulächeln und zu sagen: Na ja, was sollen wir denn machen? So ist es nun einmal in diesem Land.

Sie verhindern in diesem Land die Kontrolle! Und Sie verhindern in diesem Land deshalb die Kontrolle, weil Sie beide, beide Fraktionen, die Finger aber schon so dick überall drinnen haben. Daß "Euroteam" nicht das einzige Beispiel ist, meine Damen und Herren, das kann ich Ihnen heute auch sagen.

Vorweg noch ein Kriterium: Es ist den Oppositionsfraktionen versprochen worden, daß die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ein Minderheitenrecht wird. Bis heute ist dieses Versprechen nicht eingelöst worden. Es ist deshalb nicht eingelöst worden, weil die Mehrheit in diesem Hause nicht zulassen will, daß Kontrolle stattfindet. Es müssen jene Menschen, die zuhören, einmal realisieren, daß in diesem Land jede Kontrolle von Ihnen verhindert wird, daß das, was Sie hier machen, Operettendemokratie ist – reine Operettendemokratie! –, daß Kontrolle im Rechnungshofausschuß nicht stattfindet. Ich habe die diesbezüglichen Berichte, denn ich sitze seit neun Jahren im Rechnungshofausschuß und weiß, was jedem Ressort an unerledigten Anregungen vorliegt, aber einfach nicht gemacht wird. Das wird einfach deshalb nicht gemacht, weil der eine dort und der andere da sitzt.

Und Herr Abgeordneter Koppler sagt: Steindl, denke an die Lassing-Akten, die sind viel dicker! Du hältst die Klappe über das "Euroteam", wir lassen euch mit Farnleitner in Ruhe, weil der kommt in der nächsten Legislaturperiode sowieso nicht mehr. (Abg. Koppler: Sachlich sind Sie nicht!)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, Herr Abgeordneter. (Abg. Koppler: Sachlich sind Sie nicht!) – Ich bin sehr sachlich, Herr Abgeordneter Koppler, denn die Vorhaltungen, die ich Ihnen mache, sind gerechtfertigt, und das weiß jeder! (Abg. Koppler: Sie wissen genau, was ich gemeint habe!) Ich muß das aber sagen, wenn Sie sich hier herunterstellen. Es kommt ja nur in Wahlzeiten, Herr Abgeordneter Koppler, gerade ein wenig von dem auf, was Sie sich hinten herum alles ausmachen. Nur ein wenig von all dem!

Jetzt bringe ich Ihnen ein Beispiel aus dem Wiener Gemeinderat, und zwar eines, das Herr Abgeordneter ... Nein, ich will es nicht auf das Liberale Forum kaprizieren. Warum aber eigentlich nicht? – Es waren die Liberalen, nämlich Herr Abgeordneter Alkier, der dieses Thema angesprochen und auch nachgeforscht hat. Dabei geht es bitte um den Presseinformationsdienst. Der Presseinformationsdienst, natürlich beherrscht von Herrn Landeshauptmann Häupl und seinen roten Freunden in Wien, hat sich in den umliegenden Oststaaten in jeder Hauptstadt ein kleines Büro eingerichtet. Dorthin fließen Förderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Wenn man dann als Oppositionsabgeordneter, wie es Herr Abgeordneter Alkier in Wien gemacht hat, Anfragen stellt und fragt: Bitte, was machen die wirklich, was tun denn die wirklich?, dann wird geantwortet: Datenschutz, dazu können wir leider nichts sagen, das dürfen wir nicht offenlegen.

Dann ist man mit dem ORF zu diesen Büros hingefahren, denn die Adressen waren ja bekannt. Man hat angeklopft, es macht irgend jemand die Türe auf, der in Schlapfen und Trainingshose dasteht. Man hat gesagt: Augenblick, das soll angeblich irgendein Informationsbüro der Stadt Wien in Prag, in Bratislava sein. Daraufhin sagt dieser Jemand, er wisse nichts davon. – Das ist vom ORF gefilmt, aber nicht gesendet worden. Wissen Sie, warum es nicht gesendet worden ist? – Weil man interveniert hat! Genau das ist die Crux in diesem Land. Sie haben ein Monopol in der Inlandsberichterstattung – im Spielfilmbereich gibt es dieses nicht mehr –, es gibt ein Monopol in der Inlandsberichterstattung, und es gibt zwei Fraktionen in diesem Haus, die sich dieses Land aufgeteilt haben.

Sie, Herr Abgeordneter Koppler, haben heute ein schönes Beispiel dafür geliefert, was Ihnen Ihre eigene Wählerklientel wert ist, wenn es darum geht, etwas zu vertuschen. Diese zählt überhaupt nichts. Die Leute in diesem Land müssen das einmal realisieren. Solange sie Ihnen noch die Stimme geben, wird man mit ihnen immer noch so verfahren, wie Sie es hier getan haben – und das ist schändlich! (Anhaltender Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Ing. Langthaler: Sehr richtig!)

17.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Reitsamer mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

17.29

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Jugendbeschäftigungsinitiative der Bundesregierung war ein großer Erfolg – nicht zuletzt deshalb, weil sehr rasch reagiert wurde. (Abg. Dr. Graf: Jubel! 24! Hurra!) Aber das kann die Opposition natürlich sehr schlecht aushalten.

Lassen Sie mich ein bißchen auf die Vorgeschichte eingehen! Waren die Prognosen des Frühjahres 1997, daß im Herbst desselben Jahres 10 000 bis 12 000 Jugendliche ohne Ausbildungschance auf der Straße stehen würden, Ihnen, Frau Kollegin Petrovic, nicht genug Gefahr in Verzug, um zu handeln? Aber womit haben wir es zu tun? – Einerseits war immer weniger die Bereitschaft seitens der Wirtschaft gegeben, Lehrlinge auszubilden, und andererseits hatte das natürlich demographische Ursachen. In den letzten Jahren gab es zirka 4 000 Schulabgänger mehr pro Jahr, eben die geburtenstarken Jahrgänge, die auf den Arbeitsmarkt gedrängt haben.

Zur ersteren Erfahrung aus -zig Verhandlungsrunden kann ich Ihnen nur soviel sagen: Hinsichtlich der Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt und bei Vorschlägen, diesen wirksam zu begegnen, wollte sich die Wirtschaft jede einzelne positive Veränderung abkaufen lassen. Es gab immer wieder den Versuch, erkämpfte Errungenschaften von seiten der Arbeitnehmervertretungen sukzessive zu durchweichen und zurückzunehmen. Wir haben permanent die Ausbildung der Lehrlinge erleichtert.

Ich darf nur ein paar Punkte nennen (Ruf bei den Freiheitlichen: Einer reicht!): die Reduktion beziehungsweise den Entfall des Dienstgeberbeitrages zur Sozialversicherung, weiters Steuerreformbestimmungen bei der Aufnahme eines Lehrlings und bei Abschluß der Lehrlingsausbildung. Und dieser zweite Schritt ist mir ganz besonders wichtig, meine Damen und Herren, denn einen Lehrling aufzunehmen, Fördergelder zu lukrieren, ihn dann aber wieder sozusagen zu entsorgen, wie es oft beabsichtigt wird, dem muß man entgegenwirken! (Beifall bei der SPÖ.)

Daß diese Angst nicht unbegründet war, kann ich Ihnen auch beweisen. Ich möchte Sie nur daran erinnern, die Förderzusage ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wie viele Lehrlinge hat das "Euroteam" geschaffen bis jetzt?) – Warten Sie einmal, das kommt schon, Herr Kollege! Ich habe nur wenig Redezeit. Warten Sie ein bißchen!

Die Förderzusage für jene Jugendlichen, die im Herbst noch keine Lehrstelle haben, hatte zur Folge, daß Einstellungszusagen unmittelbar nach Schulschluß gebrochen wurden und daß man den betroffenen Jugendlichen gesagt hat: Kommt im Herbst wieder. Wir müssen erst sehen, wie ihr gefördert werdet. – Man braucht sich ja nur die Zahlen anzuschauen: Im Dezember 1997 – Dezember, sage ich!  –  hat es dann gewirkt, daß die Differenz im Lehrstellenangebot und in der -nachfrage von 3 032 auf 1 189 gesenkt werden konnte.

Klar! Es ist mehr notwendig als die bereits angesprochene Förderung, nämlich neue Lehrberufe. Diesbezüglich gab es aber keine Säumigkeit von unserer Seite. Wenn sich ein Lehrberuf als sinnvoll erwiesen hat, dann wurde sofort gehandelt.

Ich darf auch an das Jugendausbildungssicherungsgesetz erinnern, Lehrgänge und Stiftungen für jene, die trotz aller anderen Maßnahmen noch immer keinen Lehrplatz hatten. Firmen, die bislang nicht ausgebildet haben, mußte man durch eine Fülle von Begleitmaßnahmen, insbesondere Beratung, als Ausbildner gewinnen. Da Herr Kollege Steindl hier von Planlosigkeit geredet hat und die unentgeltliche Zuarbeit der "Wiener Kinderfreunde" und der Wiener SPÖ angesprochen wurde: Es wäre den Grünen und anderen Parteien unbenommen gewesen, sich auch daran zu beteiligen! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Petrovic.)

Aber genau das, daß nämlich Firmen, die bislang nicht ausgebildet haben, nun auch Lehrlinge ausbilden, war die Aufgabenstellung für das Projekt PROFESSIONET, durchgeführt von "Euroteam". 16 000 Firmen wurden angesprochen und in weiterer Folge 2 400 Lehrplätze geschaffen. Daß bei Forschungsprojekten die Grundlagenarbeit im Vordergrund steht, ist auch allen klar. Oder haben Sie schon einmal gehört, daß das Zustandekommen eines Schulbuches beziehungsweise der Zeitaufwand dafür 1 : 1 auf den Erfolg des Lehrers in der Klasse umgelegt wird? – Ich habe so etwas noch nie gehört.

Übrigens sei hier auch noch erwähnt, daß Aufträge an "Euroteam" 0,25 Prozent jener Mittel ausmachen, die innerhalb von zwei Jahren an Förderungen und Unterstützungen für neue Jugendarbeitsplätze geleistet wurden, und zwar großteils an Privatunternehmen. (Abg. Mag. Steindl: Schlimm genug!)

Es hat nicht des Einschreitens der Opposition bedurft. Das AMS hatte bereits Unzulänglichkeiten aufgezeigt, verlangt Prüfungen, hat sich die Endabrechnung vorbehalten. Ich sage Ihnen folgendes: Ich habe das Gefühl, seit heute haben wir sechs Fraktionen. Herr Kollege Feurstein klatscht zwar Herrn Kollegen Steindl Beifall, redet aber hier herunten mit Engelszungen zum gemeinsamen Bericht, der genau diese Unzulänglichkeiten aufzeigt – aber in sachlicher Form. Herr Kollege Steindl wirft einen wahren Schmutzkübel über alles, über die ganze Lehrlingsinitiative und trägt hier Aktenordner herein. – Warum haben Sie denn keine Ordner über die "World Vision"-Affäre hereingeschleppt? Das frage ich Sie, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch noch darauf verweisen, daß sowohl der Herr Bundeskanzler als auch die Frau Sozialministerin von sich aus den Rechnungshof um Prüfung gebeten haben. (Abg. Mag. Steindl: Frau Oberlehrer!) Solange diese Prüfungsergebnisse nicht vorliegen, meine Damen und Herren, hat die Unschuldsvermutung zu gelten – etwas, was man in der Causa Rosenstingl hier immer wieder und sehr lautstark verlangt hat. Die Institutionen, die dafür zuständig sind, nämlich Staatsanwaltschaft und Gerichte, werden sich, wenn es Unklarheiten gibt, mit der Sache auseinanderzusetzen haben.

Ich halte es nur für verantwortungslos, die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und das Bemühen der Bundesregierung um jeden einzelnen Arbeitsplatz mit solchen Aktionen madig zu machen. Sie erschüttern damit auch das Vertrauen jener Menschen in das AMS, die darauf angewiesen sind, auf die bewährten Dienstleistungen zurückzugreifen (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl), weil sie, aus welchen Gründen auch immer, ihre Arbeit verloren haben. Das ist kein guter Dienst am AMS und kein guter Dienst an den Arbeitsuchenden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. Auf die ÖVP entfällt noch ein Gesamtkontingent von 8 Minuten. – Bitte.

17.36

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Reitsamer, ich stimme mit Ihnen überein, daß die Jugendbeschäftigungsinitiative der Bundesregierung durchaus ein Erfolg gewesen ist. Gar keine Frage! Sie brauchen dann nicht zu sagen, es gebe hier sieben – oder welche Anzahl auch immer – Fraktionen im Haus. (Abg. Reitsamer: Sechs!) – Oder sechs, ja. Diese Initiative war eine Notmaßnahme in einer Situation, in der auch die ÖVP selbstverständlich nicht dabei zuschauen konnte und wollte, daß Jugendliche ohne Ausbildungsplatz auf der Straße stehen. Keine Frage! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber, Frau Reitsamer, das ist heute nicht das Thema. (Abg. Reitsamer: O ja!) Zwei Dinge sind Thema, und Sie haben diese im Rechnungshofunterausschuß gehört. Ich habe der Frau Bundesministerin vorwerfen müssen, daß sie eigentlich Jahre zuvor schon hätte sehen können (Abg. Reitsamer: Wie lange ist die Frau Bundesministerin schon Bundesministerin?), wie sich die Altersentwicklung der Jugendlichen darstellt – demographische Daten sind eindeutig –, und daß die Unternehmen permanent über steigende Kosten bei der Lehrlingsausbildung klagen und sich beschweren.

Irgendwann einmal ist das Faß übergelaufen, und genau jene Maßnahmen, die Sie jetzt aufgezählt haben, diese Sonderförderungsmaßnahmen beziehungsweise das, was wir in der Steuerreform durchgesetzt haben, zeigen ja, daß auch Sie verstanden haben, daß die Lehrlingsausbildung im Durchschnitt zu teuer geworden ist und daher gefördert werden muß. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brix: Das ist ja nicht ein Widerspruch!)

Zweitens: Es gibt eine spezielle Facette der Jugendbeschäftigungsinitiative, die im Jahre 1997 gesetzt worden ist, und diese heißt "Euroteam". Ich glaube, Frau Kollegin Petrovic hat es schon ein bißchen angedeutet, daß das Wort "Euroteam" die besten Chancen hat, zum Unwort des Jahres zu werden. Zuerst wird auf europäischer Ebene dieses "Eurokommissionsteam" vom Weisenrat letztlich dazu veranlaßt, seine Ämter zurückzulegen. Was ist dort passiert? Was sagt der Weisenrat? – Im Bereich der sozialdemokratischen Kommissarinnen und Kommissare gab es unzureichende Förderungskontrollen, eine Bevorzugung von parteinahen Institutionen bis hin zur Freunderlwirtschaft und zum Nepotismus. All das enthält – vielleicht in einer ein bißchen vornehmeren Umschreibung – auch der vorliegende Bericht des Rechnungshofunterausschusses zum "Euroteam".

Und da können die anderen Fraktionen, die Oppositionsfraktionen noch so laut tönen: Ich bin diesbezüglich Zeuge, denn ich war bei sämtlichen Rechnungshofunterausschüssen, die eingesetzt worden sind, dabei und habe in ihnen mitgearbeitet. Noch nie waren die Indizien auf mehrere Unzulänglichkeiten – man muß das nur richtig lesen! – so dicht wie dieses Mal. (Beifall bei der ÖVP.) Und es sind ja auch entsprechende Konsequenzen gezogen worden.

Eine Sache liegt mir als Forscher besonders am Herzen: "Forschungsgemeinschaft Stuhlpfarrer – Rieder", also die Erarbeitung einer Unterlage zur Lehrlings- und Berufsausbildungsanalyse in der Europäischen Gemeinschaft. Dieses vielzitierte Werk mit seinen sage und schreibe 600 Seiten – es ist ja schon oft gesagt worden – besteht überwiegend aus der Wiedergabe von Amtsblättern der Europäischen Gemeinschaft. (Abg. Gaugg: 950 Seiten sind es!)

Ich will nicht abstreiten, daß da auch eine gewisse Arbeit drinnensteckt – ich meine nicht die Kopierarbeit –, aber das Ergebnis ist dann die vergleichende Übersicht: Wie heißt denn auf österreichisch zum Beispiel der Koch? Ja, der heißt Koch. In der Europäischen Union heißt er – Koch. In Österreich heißt der Magazineur Magazineur, in der Europäischen Union Lager- und Magazinverwalter im Hotel. Der Portier heißt in Österreich Portier, und in der Europäischen Union wird er Portier genannt – und so weiter und so weiter.

Herr Stuhlpfarrer, ich nehme an, das sind die Ergebnisse, mit denen Sie sich einen Einstieg in weitere Aufträge verschafft haben und die Ihre besondere Qualifikation auch zur freihändigen Vergabe von Aufträgen rechtfertigen sollen. Das war sicher ein Riesenfehler, der hier gemacht worden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Daß man mit dem Vereinsrecht äußerst schlampig umgegangen ist, wurde hier auch schon gesagt und steht auch im Bericht drinnen. Wer dafür die Schuldigen sind? – Ich möchte niemanden und schon gar nicht einen jungen Menschen vorverurteilen, aber in vier Jahren insgesamt 47 Millionen Schilling an Förderungen von verschiedenen Seiten zu erhalten und sich nicht einmal einen Bericht des Rechnungsprüfers in diesem Verein anzuhören oder zu verlangen – das ist wirklich zuviel! Das ist wirklich mehr als Schlamperei in diesem Bereich! Daher soll man sich nicht wundern, wenn hier Indizien aufgezeigt werden, die letztlich zu Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft und zu Sonderprüfaufträgen des Rechnungshofes führen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Zeit reicht nicht aus, um all das aufzuzeigen, was hier an – ich sage – Indizien und an Unzukömmlichkeiten oder Unzulänglichkeiten, wie es im Bericht genannt worden ist, aufgetaucht ist. Sowohl der Herr Bundeskanzler als auch die Frau Sozialministerin haben einen Auftrag an den Rechnungshof erteilt, diese Sache einer Sonderprüfung zu unterziehen. In den Medien ist das als eine Flucht nach vorne kommentiert worden.

Dazu nur zweierlei: Auch eine Flucht nach vorne, Kollege Schieder, ist eine Flucht. (Abg. Schieder: Es wäre nur gescheit, manche würden nach vorne flüchten! Zum Beispiel der Herr Verteidigungsminister!) Und die Abwesenheit des Herrn Bundeskanzlers bei dieser Dringlichen Anfrage legt die Vermutung nahe, daß es auch ein Versuch der Flucht aus der politischen Verantwortung ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Für ein politisches Sommerthema kurz vor den Wahlen ist gesorgt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Eine Rechnungshofprüfung ist doch keine Flucht!)

17.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.43

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf einen bemerkenswerten Widerspruch bin ich durch meinen Kollegen Krüger aufmerksam gemacht worden: Der Sohn des Bundeskanzlers, Jan Klima, hat uns im Unterausschuß über eine schriftliche Äußerung mitgeteilt, er habe erst durch die Berichterstattung überhaupt erfahren, daß er Rechnungsprüfer im "Euroteam" ist. (Abg. Brix: Im "Euroteam Burgenland"! – Abg. Gaugg: Nein! Falsch!) Aber, Kollege Brix, sein Vater, der Bundeskanzler Viktor Klima, hat über den Pressedienst der Sozialdemokraten gesagt, daß sein Sohn lediglich die Bereitschaft erklärt habe, als Rechnungsprüfer bei einem Verein tätig zu sein. (Abg. Reitsamer: Beim "Euroteam Wien"! – Abg. Brix: Das hat er gesagt! – Abg. Gaugg: Falsch! Du mußt die Akten studieren!) Also wer hat jetzt recht: Klima oder Klima? (Abg. Reitsamer: Beide!) Das ist die Frage, die sich nun stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Brix: Wenn man das vermischt!)

Ich verstehe schon, daß der Sohn des Bundeskanzlers, Jan Klima, es vorgezogen hat, die Aufgaben als Rechnungsprüfer nicht wahrzunehmen, so wie es der Vater, Viktor Klima, vorgezogen hat, heute hier nicht anwesend zu sein, weil ja aufgrund vieler Recherchen von vielen Fürchterliches zutage gefördert wurde, was sich rund um diesen "Euroteam"-Komplex abgespielt hat.

Fürchterliches wurde zutage gefördert, etwa extrem teure Projekte – Kollege Gaugg hat eines von diesen genannt – mit durchwegs gleichen Merkmalen. Da wirst du mir, Kollege Otmar Brix, recht geben. (Abg. Brix: Das glaube ich nicht!) Überall gibt es eine hochbezahlte Projektleitung – natürlich SPÖ-Mitglied oder SPÖ-nahe. Es gibt teures Ausbildungspersonal – natürlich SPÖ-Mitglieder oder SPÖ-nahe Österreicher. Es gibt teures Verwaltungspersonal – natürlich SPÖ-Mitglieder oder SPÖ-nahe Österreicher. (Abg. Brix: Gibt es eine Bestimmung in Österreich, wo steht, wo man Mitglied sein kann?) Es gibt extrem teure Infrastrukturinvestitionen, es gibt extrem teure Büros.

Man hat zum Beispiel (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brix) – hör einmal zu! – im Burgenland, in Eisenstadt, ein Büro mit kompletter Infrastruktur, mit Sekretärin, mit Projektleiter, eingerichtet, um dann in Oberwart ein weiteres Büro einzurichten und dort schlußendlich sieben Ausbildungsplätze für Lehrlinge zu schaffen – insgesamt extrem hohe Kosten, extrem hohe Investitionen.

Wenn man sich dann noch die Kosten für die Auslandsreisen und die Inlandsreisen anschaut, so erkennt man: Da ist immer nur der Projektleiter herumgefahren und hat enorme Reisekosten verursacht. (Abg. Brix: Wichtig ist doch, was abgerechnet wurde!) Und mit welchem Ergebnis? Jetzt kommen wir zum Ergebnis: Die Kosten waren enorm, und profitiert haben rote Parteigänger und "rotparteinahe" Österreicher. (Abg. Brix: Aber das stimmt doch nicht!) Die Kosten waren enorm. Was ist herausgekommen? Wie viele Lehrstellen?

Frau Kollegin Reitsamer, Sie haben gesagt, Sie haben keine Zeit, die Redezeit ist beschränkt. Wie viele Lehrstellen wurden geschaffen? – Jetzt geht es auf meine Zeit. Sagen Sie es! (Abg. Reitsamer: Das habe ich Ihnen vorgelesen!) Wie viele Lehrstellen wurden mit der ganzen "Euroteam"-Geschichte, mit diesen 47 Millionen Schilling bis jetzt geschaffen? Wie viele? (Abg. Reitsamer: Da haben Sie schlecht aufgepaßt!) Wie viele, Frau Kollegin Reitsamer? Na, sagen Sie es doch! Wie viele Lehrstellen wurden geschaffen? Wie viele? (Abg. Schieder: Das ist doch kein Verhör!) Wie viele? (Abg. Schieder: Das ist doch kein Verhör!) Meine Redezeit stelle ich Ihnen zur Verfügung. (Abg. Schieder: Das ist doch kein Verhör! Fragen Sie das Salzamt!)

Kollege Schieder! Wie viele Lehrplätze haben Sie geschaffen? (Abg. Schieder: Das ist doch kein Verhör!) Das ist meine Redezeit. Meine Redezeit steht Ihnen zur Verfügung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Sie sagt es nicht, weil sie es nicht weiß!) Wir warten! Wie viele Lehrstellen? Wie viele? (Abg. Reitsamer: 2 400! – Abg. Haigermoser: Ha, ha, ha!) – Ein bis zwei Handvoll Lehrstellen, meine Damen und Herren, wurden mit diesen 47 Millionen Schilling bis jetzt geschaffen! Und das rechtfertigt den finanziellen Aufwand nicht! (Abg. Dr. Krüger: 24 Lehrstellen!)

Und jetzt zu dir, Kollege Steindl! Du hast es natürlich erkannt, und dir stinkt die Geschichte. So viel Aufwand, das ganze Geld geht zur SPÖ, und nur 24 Lehrstellen! Dir stinkt die Geschichte. Aber jetzt frage ich die Kollegen von der ÖVP und dich, Kollege Steindl: Warum stimmt ihr denn nicht einem Untersuchungsausschuß zu, wenn die Geschichte so stinkt? Warum nicht?

Die Antwort hat Kollege Koppler gegeben. Kollege Koppler kommt heraus und sagt: Freunde von der ÖVP! Wenn ihr pampig werdet, dann werden wir einmal ein paar Papierln herausholen, und dann lesen wir vor, was der Stummvoll für Probleme mit der Arbeitsmarktförderung im Waldviertel hat, dann schauen wir, was die Rauch-Kallat da alles an Problemstellen aufzuweisen hat. (Abg. Haigermoser: Die war auch dabei?) Dann werden wir halt die Liste, die wir da hinten haben, einmal nach vorne nehmen und herunterlesen. – Und das ist es, Kollege Steindl, was dich davon abhält, diese Sache in einem Untersuchungsausschuß aufzuklären! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Silhavy. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. Auf die SPÖ entfallen insgesamt noch 6 Minuten. – Bitte.

17.49

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wozu eine Dringliche Anfrage, wenn wir dieses Thema heute als Punkt 19 auf der Tagesordnung haben? – Eine Frage, die sich jeder denkende Mensch ja wohl stellen wird dürfen. Herr Kollege Lukesch hat sie uns ja dankenswerterweise in seinem Beitrag beantwortet: Wir brauchen ein Sommerthema! Die SPÖ ist zu erfolgreich, wir brauchen ein Sommerthema. (Abg. Haigermoser: Ha, ha, ha!) Das Sommerthema heißt "Anpatzen". (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Wie viele Lehrlinge? Wie viele? 24 Lehrstellen!) Also mit Ihnen rede ich nicht; wenn Sie 24 und 2 400 nicht unterscheiden können, dann ist das keine Diskussionsebene. Tut mir leid! Manchmal zählen auch Nullen, nicht immer, aber manchmal, vor allem, wenn sie hinten dranhängen. (Abg. Haigermoser: 24 Lehrlinge um 47 Millionen!)

Herr Kollege Feurstein hat es sehr deutlich gesagt. Doch, Herr Kollege Feurstein, es stellt sich die Frage nach Sonne und Schatten. (Abg. Haigermoser: Eine schwierige Frage! Wie viele Lehrlinge?) Die Erfolge der Lehrlingsoffensive, vor allem die unseres Bundeskanzlers, haben Ihre Politik in den Schatten gestellt. Und das ist der Unterschied im Zugang. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Aha!)

Warum kam es überhaupt zu dieser Offensive der Bundesregierung? – Weil die Wirtschaft in der Lehrlingsausbildung und in der Jugendbeschäftigung leider versagt hat. Versagt, Herr Kollege Steindl! Das ist Faktum. (Abg. Mag. Steindl: Ah, jetzt ist die Wirtschaft schuld! Oder wie?)

Kollegin Reitsamer hat schon aufgezeigt, welche Maßnahmen getroffen worden sind, damit die Wirtschaft ausbildet – nicht, weil die Kosten dafür zu hoch sind, weil die Wirtschaft versagt hat, weil sie sich permanent ihrer Verantwortung entzieht. Genau das ist der springende Punkt. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Jetzt streiten Sie sich in der Koalition! Was macht denn das für ein Bild?)

Herr Kollege Steindl, ich zeige Ihnen etwas: Fohnsdorf, ehemalige Lehrwerkstätte der Firma Siemens AG, 20 Ausbildungsplätze, Wirtschaftsministerium. Es mußte eine Verwaltungsgerichtshofklage erhoben werden, damit der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten endlich überhaupt diese Lehrlingsoffensive ermöglicht, obwohl es in der Region keine anderen Ausbildner dafür gegeben hat. Das ist Ihre Politik? – Diese Politik gehört in den Schatten gestellt! Sie stellt sich übrigens von selbst in den Schatten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Wo bleibt denn da die Würde des Hauses, wenn Sie sich so streiten?)

Natürlich, die Freiheitlichen sind immer sehr stark, wenn es um Worte geht, aber sehr schlecht, wenn es um Taten geht. Wir werden sehen, ob Haider wenigstens das Kopieren beherrscht und nicht nur das Reden.

Auf der anderen Seite hat Kollegin Reitsamer bereits einige Zahlen genannt. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Eben nicht!) Daher, Kollege Öllinger, eine interessante Frage (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was ist das für eine interessante Frage?): Um welche Dimension im Prozentsatz der ESF-Aufträge handelt es sich bei dem, worüber wir da diskutieren? (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: 45 Millionen für 24 Lehrlinge!) Es würde mich interessieren, denn der Prüfungsauftrag hat nämlich gelautet: zur "Überprüfung arbeitsmarktrelevanter Angelegenheiten im Rahmen der Bundesgebarung" inklusive "Verwaltung von arbeitsmarktrelevanten EU-Förderungen".

Ich höre nichts von all den erfolgreichen Projekten, ich höre nichts von den positiven Zahlen. Wir kennen sie, weil es uns der Arbeitsmarkt beweist. Es geht um 0,5 Prozent, und ich denke, wir sollten hier endlich auch einmal die Relationen richtigstellen. Das heißt im Umkehrschluß: 99,5 Prozent der Mittel sind höchst effizient verwendet worden, denn sonst hätten Sie über diese auch Anfragen gestellt, sonst hätten Sie sich um dieses Thema ja auch gekümmert. Niemand im Ausschuß – weder die Freiheitlichen noch das LIF, noch die Grünen, noch die ÖVP – hat sich um diese Projekte gekümmert. Diese haben Sie offensichtlich nicht interessiert, weil sie unseren Erfolg beweisen, weil sie den Erfolg der sozialdemokratischen Regierungsmitglieder unter Beweis stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was nun die Frage "Euroteam" anlangt ... (Abg. Haigermoser: Ich habe den starken Verdacht, Sie glauben das selber, was Sie uns da erzählen!) "Verdacht" ist das richtige Stichwort. Wenn Sie Verdacht haben, haben Sie auch die Verpflichtung, eine entsprechende Darstellung zu machen und Anzeige zu erstatten. Dann liegt diese Sache bei den Gerichten. Wir sind hier kein Gericht. Wir haben einen Rechnungshof. Dieser Rechnungshof dient als Kontrollorgan, und Sie haben den Beschluß gefaßt, daß diese Punkte geprüft werden sollen.

Heute beklagt sich Kollege Dolinschek, wir hätten ja keine Zeit gehabt. Ja, meine Damen und Herren, wenn man einen Antrag stellt, sollte man sich die Folgen überlegen! Entweder muß man so genau formulieren, daß man es bewältigen kann, oder man muß damit rechnen, daß man auf die Nase fliegt, weil man es nicht bewältigen kann. (Abg. Böhacker: Sie haben gemauert!) Sie müßten sich einmal Ihrer Verantwortung bewußt werden! Aber als Oppositionsparteien brauchen Sie das ja nicht. Sie brauchen nur Ihren Mund da herinnen aufzumachen, aber Sie tragen keine Verantwortung. (Abg. Dolinschek: Es ist ja bezeichnend, daß Sie 28 Abänderungsanträge eingebracht haben!)

Es ist wahrscheinlich auch besser so, daß Sie keine Verantwortung tragen, denn wir wollen der Jugend eine Chance für die Zukunft geben. Wir wollen die Jugend nicht verängstigen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Bla, bla, bla!) Wir wissen, daß wir wieder Schulabgänger haben, die sich um ihren Lehrstellenplatz kümmern müssen, die Ängste haben um ihren Lehrstellenplatz. Mit unseren Offensiven werden sie auch eine Beschäftigung, eine Lehrstelle oder eine Schulungsmöglichkeit finden. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: 10 Millionen pro Lehrplatz!) Das werden wir uns weder von Ihnen noch von anderen Politikern miesmachen lassen. Wir haben Erfolg mit dieser Politik. Die Jugend hat Vertrauen in uns, und sie hat zu Recht Vertrauen in uns. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Bla, bla, bla!)

17.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.54

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Die Debatte um "Euroteam" geht nunmehr schon einige Zeit. Die Regierung versucht krampfhaft, vom "Euroteam" auf eine Erfolgsstory umzulenken, und die Oppositionsparteien haben sich hier wie auch im Ausschuß redlich bemüht, das aufzuzeigen und der Öffentlichkeit transparent zu machen, was im Bereich "Euroteam" tatsächlich festzustellen ist: Die österreichischen Gerichte werden zumindest mit drei Klagen und bezüglich dreier entsprechender Sachverhaltsdarstellungen tätig werden müssen, und wir werden ja dann sehen, wie der Rechtsstaat Österreich "Euroteam" schlußendlich beurteilt.

Eines sollte in diesem Zusammenhang aber nicht verschwiegen werden, Frau Kollegin Silhavy als meine Vorrednerin: Unsere Vorstellung und die Vorstellung der Mehrheit hier im Hohen Hause ist nicht die der sozialdemokratischen Fraktion, wonach es völlig egal ist, wenn 0,2 oder 0,3 Prozent des gesamten Steuergeldes in dunkle Kanäle fließen. Uns ist ein Schilling schon zuviel, wenn er in dunkle Kanäle fließt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Reitsamer: Das sagt jemand, der einen Rosenstingl in seinen Reihen hat!) Und das bitte, Frau Kollegin Silhavy, nehmen Sie endlich zur Kenntnis!

Es ist nicht die Politik der Freiheitlichen, es ist nicht die Politik der Opposition, den Lehrlingen etwas wegzunehmen, sondern es ist ausschließlich Ihre Politik und die Politik Ihres Herrn Bundeskanzlers, Geld, das für die Lehrlingsoffensive und für die Wirtschaft zur Steigerung der Beschäftigung in Österreich vorgesehen war, den Lehrlingen zu entziehen und seinen Freunden und seinem Dunstkreis zuzuleiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mehr als 40 Millionen Schilling sind an "Euroteam" vergeben worden. Wir werden, sobald es endabgerechnet ist, sehen, was von diesem Geld den Lehrlingen und der Beschäftigung zugute gekommen ist und was "Euroteam" zugute gekommen ist, Frau Kollegin Silhavy. Jeder Schilling, der nicht zur Lehrlingsinitiative und zur Beschäftigung geführt hat, sondern ausschließlich den Kabinettsmitgliedern und den sonstigen "Euroteam"-Mitgliedern zugute gekommen ist, ist für mich ein fehlgeleiteter Schilling. Und das nehmen Sie bitte zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird Ihnen nicht gelingen, in dieser Debatte oder über den Sommer den Herrn Bundeskanzler reinzuwaschen. Der Herr Bundeskanzler ist für mich schlicht und einfach feige. Er hat sich im Ausschuß für eineinhalb Stunden angekündigt und hat sich verweigert. Er hat sich heute diesem Plenum verweigert. Sie, Herr Staatssekretär, tun mir leid. Sie haben eine klassische Rolle, nämlich jene des Opferlammes der biblischen Geschichte (Abg. Reitsamer: Mein Gott!), das dann hier sitzen muß, das sich im Rahmen dieser Sitzung Medikamente und Brausetabletten zuführen muß, um sie durchzustehen und für den Herrn Bundeskanzler die Fassade zu machen. (Ironische Heiterkeit des Staatssekretärs Dr. Wittmann.) Das haben nicht einmal Sie verdient, Herr Staatssekretär. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn wir die Berichte über "Euroteam" zusammenstellen, so stelle ich zumindest eines mit Befriedigung vor der Debatte um den Rechnungshofbericht und den Bericht des Rechnungshofunterausschusses fest: Sogar der offensichtlich ob seines Lobes von Frau Kollegin Silhavy und Frau Kollegin Reitsamer gelobte Kollege Feurstein hat nicht umhin gekonnt, den Bericht und den Minderheitsbericht der freiheitlichen Fraktion zumindest in der Sache als korrekt und als richtig darzustellen.

Daß die freiheitliche Fraktion aus diesem Bericht eine Sachverhaltsdarstellung über mehrere ihrer Ansicht nach inkriminierende und aufklärungswürdige Punkte der Staatsanwaltschaft zugeleitet hat, soll der Öffentlichkeit nicht verschwiegen werden. Wir werden uns ganz genau anschauen, die österreichische Öffentlichkeit wird sich auch ganz genau anschauen, ob die Staatsanwaltschaft im Falle "Euroteam" ähnlich schnell arbeitet wie im Zusammenhang mit einem Rechtsanwalt, der im Schnellverfahren bei einer Summe von etwas über 190 Millionen Schilling abgeurteilt worden ist und bei dem die Wirtschaftspolizei tätig geworden ist, oder ob im Falle "Euroteam" die Staatsanwaltschaft, die Untersuchungsorgane länger brauchen werden als bis zum 3. Oktober, um das in entsprechender Form auszuarbeiten. (Abg. Reitsamer: Nicht so lange wie beim Rosenstingl!)

Denn das, Frau Kollegin Silhavy, sei Ihnen auch noch ins Stammbuch geschrieben: Den Ablauf der Untersuchung im Unterausschuß und die Anhörung haben nicht die Oppositionsparteien bestimmt, sondern das Zeitkorsett haben ausschließlich die sozialdemokratische und die ÖVP-Fraktion vorbestimmt und vorgegeben. Sie waren nicht bereit, uns mehr Zeit zu geben, Sie waren nicht bereit, uns in entsprechender Form mehr Raum zu geben für die Untersuchungen. Eine "Permanenterklärung", wie sie auch möglich gewesen wäre, ist gar nicht in Ihrem Interesse gewesen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Reitsamer.)

Und wenn man sich die vorliegenden Unterlagen ansieht, dann muß ich folgendes sagen: Für mich ist es traurig, daß im Unterausschuß kein Fernsehen vorhanden war, denn als der Referenzbericht hereingekarrt worden ist, sehr geehrte Damen und Herren, waren die Gesichter der Frau Bundesminister und der anwesenden Angehörigen der sozialdemokratischen Fraktion einschließlich ihres Experten beredter als alles andere. Das bedaure ich in der heutigen Diskussion, daß wir das nicht der Öffentlichkeit zeigen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt noch Abgeordneter Öllinger. Herr Abgeordneter, der Grüne Klub hat eine Restredezeit von 7 Minuten. – Bitte.

18.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Erhellend in dieser Debatte war die Wortmeldung des Kollegen Koppler, der gesagt hat: Subventionen fließen nicht nur bei der SPÖ, sondern auch bei der ÖVP und überhaupt. (Abg. Koppler: So ist es auch! Überall!)

Er hat dann des weiteren davon gesprochen, daß die Akten bei anderen Problemen, wie etwa bei Lassing, dicker seien als jene bei "Euroteam". Daraus kann man nur die Schlußfolgerung ziehen, und so war es auch gemeint: Reden wir nicht darüber! (Abg. Koppler: Das ist nichts Schlechtes!)

Wir Grünen, Herr Abgeordneter Koppler, reden darüber. (Abg. Koppler: Du bist ein Diplompolitiker!) Wenn Herr Drozda für das Bundeskanzleramt einen Auftrag für "Euroteam" einfädelt und dann mit einem Aufsichtsratsposten bei "Euroteam" belohnt wird, dann ist das eine geschobene Sache. Wenn sich Herr Dr. Winternitz, ein Rechtsanwalt, 349 Stunden beraten läßt, in Inseraten beworben wird und dann Aufsichtsratsvorsitzender bei "Euroteam" wird, dann ist das eine geschobene Sache. Wenn Herr Christian Hofbauer von der Firma Art and Grafic Design – Auftragnehmer von "Euroteam", Geschäftspartner von "Euroteam" – beworben wird und dann Aufsichtsrat bei der Firma "TBK-Euroteam Call Center GmbH" im Burgenland wird, dann ist das eine geschobene Sache. Wenn Frau Astrid Hofer, Geschäftsführerin von TBK, einen Auftrag von Call Center erhält, vorher aber schon in einer geschäftlichen Beziehung mit dem Auftraggeber der Firma "Euroteam" steht, in Inseraten beworben wird und dann letztendlich diese gemeinsame Tochterfirma bilden, dann ist das eine geschobene Sache.

Bleiben wir bei dem Beispiel Call Center. Da sagt Herr Stuhlpfarrer – er sitzt hier oben –: Wir haben uns erst nach dem Auftrag kennen- und liebengelernt. Das war seine Stellungnahme über Wochen. Jetzt, nachdem wir es nachweisen können, weil schon im "WirtschaftsBlatt" vom 17. September, also vier Tage vor der öffentlichen Ausschreibung des Call Center-Auftrages durch die Firma "Euroteam", stand: gemeinsame Firma "Euroteam" und TBK, sagt Stuhlpfarrer: Stimmt schon, wir haben schon vorher Gespräche geführt, wir haben uns schon vorher gekannt. Aber das hat noch lange nicht bedeutet, daß wir eine gemeinsame Tochterfirma bilden. Das ist unrichtig und unwahr. (Abg. Parnigoni: Herr Öllinger! Sie erzählen das schon unter dem Schutz Ihrer Immunität!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Entschuldigung, Herr Abgeordneter! – Ich bitte, jede Zustimmungs- oder Ablehnungsgestik vom Balkon zu unterlassen. – Bitte, setzen Sie fort, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Wenn Herr Stuhlpfarrer sagt, wir haben nie Förderungen für dieses Call Center im Burgenland beantragt – das hat er gesagt –, dann ist das unrichtig. (Abg. Parnigoni: Sie nutzen Ihre Immunität! Sie sind ein Nutzer!) Es wurden Förderungen beantragt. Wenn Herr Stuhlpfarrer sagt, wir finanzieren mit den Gewinnen die Projekte, dann ist das unrichtig, denn die Unterlagen belegen genau das Gegenteil.

Wenn die Frau Bundesministerin sagt, der Auftrag "Der Jugend eine Chance" an die Firma Stuhlpfarrer habe gute Ergebnisse gebracht, dann ist das unrichtig, weil die Frau Bundesministerin auch in der Begründung für diesen Auftrag gesagt hat: Nur die Firma "Euroteam" von Stuhlpfarrer ist imstande, innerhalb eines Jahres sechs neue Lehrbilder zu entwickeln.

Ich habe mir das jetzt angeschaut: Welches von diesen Lehrbildern, die die Firma von Stuhlpfarrer entwickelt hat, ist umgesetzt worden? Welches wurde mit Unterstützung und durch die Mitarbeit der Firma Lukas Stuhlpfarrer Beratungsgesellschaft umgesetzt? – Keines ist umgesetzt worden. Aus der Beschreibung des Projektes geht auch klar hervor, daß alles, was die Firma Stuhlpfarrer in diesem Zusammenhang angegriffen hat, entweder teilweise schon vorberaten war oder nicht zur Umsetzung gelangt ist. Es sind neue Berufsbilder versprochen worden. Es ist Not am Mann beziehungsweise an der Frau. Nur diese Firma kann den Auftrag erhalten, und das ist dann auch passiert, aber herausgekommen ist im Endeffekt nichts. Denn die Schaffung des Lehrberufes Kanzleiassistent/Kanzleiassistentin für Rechtsanwaltsberufe, für Notariate geht nicht auf die Firma Stuhlpfarrer zurück. Dazu hat es schon einen fertigen Antrag im Berufsbildungsbeirat gegeben. All diese Sachen, die behauptet werden, stimmen nicht. Das ist der Punkt, bei dem auch die Verantwortung des Bundeskanzlers zum Tragen kommt.

Der Herr Staatssekretär muß uns hier erklären: Wir haben nichts gewußt! Von nichts hat er etwas gewußt – nicht der Herr Staatssekretär, sondern er spricht hier stellvertretend für den Herrn Bundeskanzler, sozusagen als Watschenmann des Herrn Bundeskanzlers. Und das zeigt die ganze Problematik dieses Themas.

Der Bundeskanzler läßt über den Staatssekretär erklären: Wir haben von nichts gewußt! Es sei klar, daß man all das, was nicht gesagt wurde, nicht wissen kann und daß man dafür auch keine politische Verantwortung übernehmen kann. Wenn sich aber herausstellt, daß der Verdacht auf strafbare Handlung besteht, wenn sich herausstellt, daß die Firma "Euroteam" bis jetzt kein einziges Projekt ordnungsgemäß abschließen konnte, wenn sich herausstellt, daß die öffentlichen Aufträge, die an die Firma "Euroteam" gegangen sind, nichts ergeben haben – ausgenommen eine Bewerbung des Bundeskanzlers –, wenn sich all das herausstellt, dann ist die politische Verantwortung des Bundeskanzlers umso mehr gefragt.

Ich verstehe, daß sich der Bundeskanzler dieser Verantwortung entziehen will. Ich verstehe es, aber ich akzeptiere es nicht, denn hier geht es um ganz eminent politische Fragen. Es ist nicht zufällig, daß in seinem Kabinett Personen sitzen, die versucht haben, gewisse Aufträge an die richtigen Firmen zu vergeben. Es ist nicht zufällig, daß diese Firma, die dann die Aufträge erhalten hat, in die eigene Tasche wirtschaftet. (Abg. Parnigoni: Das ist Ihre eigene Meinung!) Es ist nicht zufällig, daß diese Projekte nicht mit den Gewinnen der Firma "Euroteam" bedient wurden, sondern daß das Gegenteil der Fall gewesen ist, nämlich daß mit den Einnahmen aus den gemeinnützigen Projekten die Firmen des Herrn Stuhlpfarrer finanziert werden sollten. Das ist nicht zufällig.

Da setzt die politische Verantwortung eines Bundeskanzlers ein, der in diesem Moment nicht erklären kann: Wir wissen von nichts, und wir haben von nichts eine Ahnung. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Herr Parnigoni! Reden Sie nicht mit mir, reden Sie vielleicht einmal mit Ihrem Bundeskanzler! Schauen Sie sich die betretenen Gesichter in Ihren eigenen Reihen an! Das ist doch auch nicht zufällig. (Abg. Parnigoni: 7 Minuten sind um! Ihre Zeit ist vorbei!) Sie versuchen, mit allen Problemen der Lehrlingsinitiative und den sogenannten Erfolgen der Lehrlingsoffensive aus der Klemme zu kommen. Aber in dieser Klemme sitzen Sie und sitzt der Bundeskanzler dieser Partei beziehungsweise dieser Bundesregierung. Und diese politische Verantwortung wird er hoffentlich nicht mehr los. (Beifall bei den Grünen.)

18.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Brix hat sich jetzt zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. – Herr Abgeordneter! Bitte, beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

18.07

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Haupt hat davon gesprochen, daß in den Sitzungen keine Zeit bliebe (Abg. Mag. Haupt: Nein, das habe ich nicht gesagt: Zeitkorsett für den gesamten Ausschuß! Sie haben ein selektives Wahrnehmungsvermögen!), denn das Zeitkorsett wurde von den Sozialdemokraten für den gesamten Ausschuß bestimmt.

Ich stelle daher richtig und berichtige tatsächlich: Über das gesamte Zeitkorsett, über die Ladung der einzelnen Personen und über die Themen gab es und gibt es ein von allen fünf Parteien akkordiertes Vorgehen. (Abg. Mag. Haupt: Sie berichtigen etwas, was ich nicht gesagt habe!) Dieses akkordierte Vorgehen hinsichtlich dieses Zeitkorsetts liegt als Protokoll dem Amtlichen Protokoll bei, sodaß man es auch nachlesen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, für Ihren Klub bleibt noch 1 Minute. – Bitte.

18.08

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte nur aufklärend über den Stud.mont Jan Klima berichten, daß er als Kassaprüfer nunmehr seine eigene Kassa prüfen kann, die beträchtlich ist. Während die Absolventen der Montanuniversität durchschnittlich sechs bis acht Monate Wartezeit für einen Job haben, ist Jan Klima in der ÖIAG als Abteilungsleiter in oberster Etage frisch gefangen eingestiegen. Der Papa hat für den Sohn gesorgt. Er hat es gerichtet. – Das nur zur Aufklärung über diese Person. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Brix: Das ist ungeheuerlich! Setzen Sie sich nieder! Schämen Sie sich! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) – Sie können ja herauskommen und das berichtigen, Herr Kollege!

Herrn Öllinger möchte ich raten, er soll seine Attacken gegen Herrn Stuhlpfarrer in Grenzen halten, weil dieser die grüne Beteiligung in dieser Angelegenheit in Form des Sekretärs von Herrn Voggenhuber aufklären könnte. Denn auch grüne Manschlerei ist mit im Geschehen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Schämen Sie sich!)

18.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zur Durchführung einer kurzen Debatte, und zwar betrifft diese Debatte den Antrag des Abgeordneten Dr. Graf und Genossen, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 252/A der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird, eine Frist bis 14. Juli 1999 zu setzen.

Die Abstimmung über diesen Antrag erfolgt nach Schluß dieser Debatte.

Ich rufe Ihnen noch die Redezeitbestimmungen in Erinnerung: Jeder Redner hat eine Redezeit von 5 Minuten. Dem Erstredner steht zur Begründung seines Antrages eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung, Stellungnahmen von Mitgliedern der Regierung und der Staatssekretäre sollen auch 10 Minuten nicht überschreiten.

Ich erteile zunächst Herrn Abgeordneten Dr. Graf zur Begründung der Antragstellung das Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

18.11

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir kommen jetzt wieder zu anderen Dingen, ebenfalls zu wesentlichen Dingen, wie wir Freiheitlichen meinen, und zwar zum österreichischen Bankgeheimnis, ergo Anonymität. Man soll in der parlamentarischen Übung niemals den Versuch unterlassen, wenn irgendwo Handlungsbedarf besteht, wie die Sozialisten sagen würden, es bis zur letzten Minute zu probieren, diesbezüglich tätig zu werden.

Ich glaube, die Geschichte um das österreichische Bankgeheimnis und insbesondere um den einen Antrag, der seit Juni 1996 hier im Haus unbehandelt liegt – beziehungsweise wurde in mehreren Ausschüssen mehrmals versucht, diesen zu thematisieren oder zu behandeln, aber er wurde von den Koalitionsparteien, weil es ihnen unangenehm ist, über ein Thema zu sprechen, das den Finanzplatz Österreich betrifft, immer wieder vertagt, zuletzt vor einigen Monaten im Finanzausschuß des Hohen Hauses –, ist es schon wert, hier noch einen Versuch zu starten, vielleicht in der letzten parlamentarischen Auseinandersetzung dieser Periode eine Änderung der Haltung der Koalition herbeizuführen. Deswegen haben wir diesen Fristsetzungsantrag eingebracht, weil wir meinen, daß gerade auch das Beispiel der Getränkesteuer in Österreich zeigt, daß nunmehr die EU offensichtlich mit der Umsetzung ihrer Richtlinien ernst macht und es nur mehr eine Frage der Zeit sein kann, bis es auch hinsichtlich der Anonymität – ähnlich wie bei der Getränkesteuer; und wir werden dieser Tage noch einen Beschluß, wie ich vernommen habe, zur Getränkesteuer zu fassen haben – unter Umständen zu einer "überraschenden" Verurteilung, überraschend offensichtlich nur für die Koalitionsparteien, kommen wird, weshalb wir einen Handlungsbedarf sehen.

Bezüglich der Getränkesteuer werden wir in den nächsten Tagen offensichtlich – so habe ich das mitbekommen – einen Ausschuß für permanent erklären, falls doch die Entscheidung der Europäischen Union kommen sollte, damit wir schnell reagieren können. Das heißt aber, daß wir sehr wohl dann, wenn eine europäische Entscheidung vor dem EuGH ansteht, als Gesetzgeber zu reagieren haben. Zumindest ist das jetzt die Auffassung der Koalition.

Mit dem Bankgeheimnis war es immer anders. Da wurde uns vom Finanzminister permanent und in vollmundigen Mitteilungen hinsichtlich einer Beschlußfassung des Hohen Hauses in dieser Frage, wo es eigentlich nur darum gehen würde, das Bankgeheimnis zu verschärfen, um den Konsumenten, den Sparer vor dem Zugriff der Finanz, vor der Behandlung des Kreditinstitutes selbst, aber auch hinsichtlich seiner Einkommensverhältnisse besser zu schützen, erklärt: Wir dürfen als österreichischer Gesetzgeber so lange nicht entscheiden, solange ein Verfahren in Europa läuft, weil wir sonst dieses Thema negativ beeinflussen könnten. Und damit hat man es auf die lange Bank geschoben.

Die Getränkesteuer zeigt, daß es anders geht und auch anders gehen muß. Der Konnex zur Getränkesteuer ist meines Erachtens durchaus herzustellen, und daher tut es auch not, daß wir hinsichtlich der Anonymität einiges unternehmen, weil ein großes Budgetloch entstehen wird. Dieses Budgetloch wird man zu stopfen versuchen. Man wird sicherlich wiederum neue Steuerfindungsquellen seitens der Koalition orten, und da ist es schon wichtig, daß wir rechtzeitig für ein strenges Bankgeheimnis sorgen, damit dem in dieser Frage gierigen Finanzminister vielleicht etwas die Schärfe genommen wird.

Ich glaube nämlich, daß man dann sehr wohl wieder auf die Vermögensteuer zurückgreifen und diese wieder einführen wird, daß man sehr wohl die Sparbuchzinsen betreffend Einkommensteuertarif anpassen wird und daß man wahrscheinlich, um dieses Budgetloch zu stopfen, auch daran denken wird, die Einheitswertanhebung vorzunehmen – alles zu Lasten der Bürger, der Österreicherinnen und Österreicher, der Konsumenten. Ich glaube, daß wir spätestens dann, wenn es zu der Änderung im Getränkesteuerwesen kommt, auch eine Verschärfung des Bankgeheimnisses brauchen werden. Ansonsten wird es wahrscheinlich so sein, daß der Konsument weiterhin ungeschützt ist.

Ich glaube auch, daß es nicht die parlamentarische Übung sein kann, daß man einen Antrag drei Jahre lang nicht behandelt, daß man zu keiner Entscheidung findet. Wir brauchen in Österreich – egal, ob die Anonymität in Österreich als Spezifikum erhalten bleibt oder auch nicht – ein Bankgeheimnis von internationalem Format, so nach dem Muster der Schweiz oder Luxemburg, das letztendlich den Sparer vor vielen Belangen schützt, insbesondere vor seinem eigenen Kreditinstitut, aber auch vor dem Fiskus und der Finanzbehörde.

Ich glaube, das ist wichtig und notwendig, und wir müssen uns endlich zu einer diesbezüglichen Entscheidung durchringen, wenn wir den Finanzplatz Österreich erhalten wollen. Die Einführung der Aktiensteuer, die bereits beschlossen ist, ist ein weiterer Anschlag auf den Finanzplatz Österreich, und wir dürfen da nicht wie die Traummännlein herumgehen. Wenn wir den Finanzplatz Österreich als funktionierenden Finanzplatz auch nur ansatzweise erhalten wollen, dann werden wir ein Bankgeheimnis brauchen, das den Namen Bankgeheimnis auch verdient. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Über diesen Antrag, den wir im Ausschuß mehrmals gerne behandelt gehabt hätten, hätte eigentlich abgestimmt werden müssen, um vor einem entscheidenden Wahlgang in Österreich den Bürgern zu zeigen, wer für die Belange und für den Schutz der Bürger und Sparer eintritt und wer – das muß man auch ganz deutlich sagen – nicht für ein funktionierendes Bankgeheimnis eintritt, wer nicht haben möchte, daß man Fahrlässigkeitsdelikte im Bankwesen bestraft, so wie es in der Schweiz der Fall ist, wenn fahrlässig irgendwelche Informationen an die Öffentlichkeit kommen. Es wäre wesentlich aufzuzeigen, wer es nicht will, daß es eine Beweislastumkehr im österreichischen Bankwesengesetz gibt. Es wird dem einfachen Bürger unmöglich gemacht – darum gibt es wenige Nachweise oder Verurteilungen im Sinne des Bankwesengesetzes aus strafrechtlichen Normen in Österreich –, eine Beweislage zu schaffen, die ein erfolgreiches Durchdringen garantiert. In Wirklichkeit hat jemand, der die Rechtsverletzung begeht – unter Umständen das Kreditinstitut oder andere –, auch sämtliche Beweismittel in der Hand.

Daher ist es notwendig, daß wir eine Beweislastumkehr in dieser Frage einführen, ähnlich wie in der Schweiz, ähnlich wie in Luxemburg. Es ist auch ganz einfach notwendig, vorbeugend vor der Einführung der Vermögensteuer, die die Sozialisten jetzt offensichtlich vehement vorantreiben, das Bankgeheimnis entsprechend zu verschärfen, um da vorbeugend tätig zu werden.

Ich glaube, es ist notwendig, daß wir uns auch in dieser Frage noch einmal unterhalten und eine Beschlußfassung herbeiführen. Es ist so, daß durch die letzte Vertagung im Finanzausschuß ein Begräbnis erster Klasse stattgefunden hat, indem dieser Antrag nicht behandelt wurde. Doch das ist nahezu mit allen Oppositionsanträgen in den letzten Wochen und Monaten passiert. Man hat nicht die Schneid von der Regierungsseite beziehungsweise von den Regierungsparteien her gehabt, einfach zu sagen: Wir lehnen es ab, und wir bekennen uns zur Ablehnung. Ich entnehme daraus, daß in Wirklichkeit auch in dieser Frage alle mit uns einer Meinung sind, aber ganz einfach nicht die Schneid haben, Veränderungen herbeizuführen. (Abg. Parnigoni: Ihr seid so irrsinnig schneidige Burschen! Das ist ein Wahnsinn!)

Wenn der Herr Finanzminister in dieser Frage permanent sagt: Es gibt keine Pläne für Änderungen beim Bankgeheimnis, derzeit bestehen in Österreich keine Pläne, Änderungen im Bankgeheimnis vorzunehmen, dann kennt er eigentlich nicht die Tätigkeit des Parlaments.

Es ist so, daß wir Freiheitlichen uns hier in guter Gesellschaft befinden. Es gibt nahezu keinen einzigen namhaften Bankmanager, namhaften Wirtschaftstreibenden oder auch Wirtschaftspolitiker, der nicht auch vermeint, daß wir eine strengere Handhabung und ein strengeres Gesetz in dieser Frage benötigen, und zwar ungeachtet des Vorliegens der Anonymität in Österreich oder nicht – aus dem alleinigen Grund, daß wir den Finanzplatz Österreich erhalten und den Österreichern die Sparguthaben sichern wollen. Im Rahmen dieses Anliegens mußten wir feststellen, daß wiederum ein Wahlversprechen der Regierung gebrochen wurde, da immer wieder gesagt wurde, daß der Euro eine harte Währung sein und die Regierung darauf schauen werde. (Abg. Parnigoni: Auch wenn Sie das sagen, ist es falsch! Aber das macht nichts!)

Herr Kollege Parnigoni! Sie brauchen nur Zeitung zu lesen, aber das überfordert Sie offensichtlich auch. Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, daß der Euro keine harte Währung ist! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Auch wenn Sie das sagen, ist es falsch! Es ist trotzdem falsch!) Sie als Sozialist können ja nach wie vor dafür eintreten.

Ich glaube, auch in dieser Hinsicht sind wir den Österreichern etwas schuldig, nämlich ihre Sparguthaben vor dem Zugriff der Regierung zu schützen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Die sind gesichert – dank der Sozialdemokraten!)

18.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hagenhofer. Für Sie und die folgenden Redner gilt eine Beschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

18.21

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Bankgeheimnis und die Sparbuchanonymität werden immer wieder verwechselt und falsch in Zusammenhang gebracht. Offensichtlich haben das auch die Antragsteller so gemacht, das heißt in diesem Fall die FPÖ.

Zur Anonymität der Sparbücher: Sie unterliegt derzeit – das ist richtig – der Prüfung des EuGH, also des Europäischen Gerichtshofes, und zwar in der Hinsicht, ob die Anonymität den Geldwäschereirichtlinien entspricht oder nicht. Meine Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung vertritt in dem Verfahren die Auffassung, daß die Sparbuchanonymität nicht geeignet ist, die Geldwäsche zu erleichtern. Auf den durchschnittlichen österreichischen Sparbüchern liegen in der Regel Kleinbeträge, und diese sind für Zwecke der Geldwäscherei ungeeignet.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Es bleibt das Urteil des EuGH abzuwarten, denn eine "Was wäre, wenn?"-Diskussion ist für den österreichischen Kapitalmarkt schädlich, und das sollten auch Sie mit beachten. (Abg. Scheibner: Was haben Sie denn der Bevölkerung versprochen vor der EU-Abstimmung?) – Warten wir erst einmal das Urteil ab, und man wird sehen, welche Maßnahmen dann mit den Interessenvertretungen zu treffen sein werden! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Hinsichtlich des Bankgeheimnisses noch folgendes: Es ist unbestritten, daß das österreichische Bankgeheimnis EU-Konformität aufweist und daher vom EuGH-Urteil keinesfalls betroffen sein wird. Ein weiterer Ausbau oder eine Verschärfung des Bankgeheimnisses ist deshalb nicht notwendig, denn Österreich hat international und EU-weit neben Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz das schärfste Bankgeheimnis. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist falsch, Frau Kollegin!) – Das ist richtig! (Abg. Mag. Firlinger: Reden Sie mit Bankdirektoren!) Johannes Ortner hat eine Studie betreffend das Bankgeheimnis im internationalen Vergleich geschrieben, und er hat das in dieser Studie festgestellt.

Es gibt daher keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, dieser Vorlage von Ihnen, von der FPÖ, zuzustimmen. Die SPÖ stimmt daher Ihrem Fristsetzungsantrag nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

18.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

18.24

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nahtlos an die Ausführungen meiner Vorrednerin anschließen. Wenn wir heute eine kurze Debatte über Bankgeheimnis und Anonymität haben, so diskutieren wir im Grunde über zwei Wesenselemente der Sparkultur in Österreich. Wir haben dabei zwei Hauptaspekte zu berücksichtigen.

Der erste Aspekt ist, daß Geld natürlich eine überaus sensible Ware ist und das Vertrauen des kleinen Sparers, des Anlegers in sein Sparbuch, das Vertrauen in die Sicherheit seiner Anlage natürlich einen unglaublich hohen Stellenwert hat. Das ist gar keine Frage. Das zu sichern ist unser primäres Anliegen.

Auf der anderen Seite haben wir als zweiten Aspekt den internationalen Kampf gegen die Geldwäscherei zu berücksichtigen. Ich stimme meiner Vorrednerin durchaus zu, daß sowohl die Richtlinie über Geldwäscherei als auch der bekannte § 189 des EU-Vertrages nur das Ziel, nämlich den Kampf gegen die Geldwäscherei, festlegen, aber nicht die Mittel. Auch meine Partei und ich sind der Auffassung, daß der kleine Sparer mit seinem kleinen Sparbuch nicht das Instrument der internationalen Geldwäscherei ist. Es ist lachhaft zu glauben, daß das kleine Sparbuch jenes Mittel ist, mit dem international im großen Stil Geldwäscherei betrieben wird.

Meine Damen und Herren! Wir haben außerdem die Sorgfaltspflichterklärung unserer Banken. Bei jeder Einlage über 200 000 S hat sich der Inhaber zu legitimieren, auszuweisen. Wir haben zweitens die Bestimmungen in den §§ 39 bis 41 Bankwesengesetz, wonach beim geringsten Verdacht der Geldwäscherei sofort die EDOK, die Sondereinheit gegen die organisierte Kriminalität, zu verständigen ist.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir beides ausreichend haben. Wir haben die Sicherheit der Anleger und Sparer aufgrund der Kombination von Anonymität und Bankgeheimnis, und wir haben auch die Sicherheit, daß wir alles getan haben, um aus der Staatengemeinschaft nicht auszuscheren, die die Kriminalität bekämpfen will, die sich aus der Geldwäscherei ergibt.

Auf der anderen Seite möchte ich sagen, pro futuro schließe ich eine Verschärfung des Bankgeheimnisses überhaupt nicht aus. Es wäre nur jetzt, wie Frau Kollegin Hagenhofer richtigerweise gesagt hat, der völlig falsche Zeitpunkt. Da würde praktisch eine "Was wäre, wenn?"-Gesetzgebung erfolgen. (Abg. Mag. Firlinger: So wie bei der Getränkesteuer!) Das heißt, für den Fall, daß der EuGH die Anonymität vielleicht aufheben sollte – das ist ein Rechtsstreit –, verschärfen wir jetzt schon vorsorglich das Bankgeheimnis. Meine Damen und Herren! Ein solches Signal an den EuGH wäre derart kontraproduktiv, daß es unverantwortlich ist, eine solche Forderung zu erheben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Lassen wir uns überraschen!)

Ich bedauere sehr, daß es in diesem Hohen Haus eine Fraktion gibt, die mit diesem Begehren die Position Österreichs vor dem EuGH schwächt. Das bedauere ich sehr, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

18.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Firlinger! Sie sind der nächste Redner. – Bitte. (Abg. Parnigoni: Nimm das zurück, was Graf gesagt hat, er hat sich nicht ausgekannt!)

18.28

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das österreichische Bankgeheimnis ist löchrig wie der Schweizer Käse. Darin sind sich viele Experten einig. Dieses Bild können auch die Beschwichtigungsversuche des Herrn Kollegen Stummvoll und jene der Kollegin Hagenhofer nicht entkräften. Es ist so, meine Damen und Herren! Es gehört daher dringend repariert – nicht morgen und nicht übermorgen, sondern heute! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sie wollen dem Schweizer Käse die Löcher verstopfen?)

Meine Damen und Herren! Es wurde viel gesprochen. Es wurden viele freiheitliche Initiativen zu diesem Thema gestartet. Sie haben sie mit Ihrer Mehrheit im Ausschuß niedergestimmt. Sie haben den Antrag im Ausschuß regelrecht verschimmeln lassen. Drei Jahre lang ist er gelegen, Herr Kollege! Sie haben es nicht ernst genommen, meine Damen und Herren! Wie so oft in der politischen Praxis: Sie nehmen eben Anträge der Opposition nicht ernst. Sie haben es auch bei der Getränkesteuer nicht ernst genommen. Jetzt erleben Sie Ihr blaues Wunder, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und dann spielen Sie von den Regierungsparteien die Überraschten: Sie werden durch einen Entscheid des Europäischen Gerichtshofes überrumpelt. – Ich sage Ihnen, Herr Kollege Stummvoll, bei der Frage der Anonymität wird es Ihnen genauso gehen. Denn Sie haben gemeinsam mit Ihrem Regierungspartner, Herr Kollege Stummvoll, die Österreicher in der Kampagne 1994 angelogen. Sie haben die Unwahrheit verbreitet.

Sie haben vier große Unwahrheiten verbreitet, ich darf Sie daran erinnern, meine Damen und Herren: Die erste Unwahrheit war die Frage der Neutralität. Die zweite grobe Unwahrheit war der berühmte Ederer-Tausender. Auch das war falsch, es war kein Ederer-Tausender zu sehen – zweite Unwahrheit. Dritte Unwahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren: Sie haben gesagt, der Schilling werde nicht tangiert, der Schilling bleibe so, wie er ist. Herr Klima hat dann beteuert: Wenn doch eines Tages die gemeinsame Währung kommt, dann wird diese Währung so hart sein wie der Schilling.

Meine Damen und Herren! Ich zeige Ihnen etwas (der Redner hält eine Graphik in die Höhe): Das sind die Ergebnisse von nur sechs Monaten sozialistischer Regierungspolitik in Österreich und in Europa. Das ist der dramatische Verfall des Euro, und das ist das Resultat von Lügengeschichten. Meine Damen und Herren! Ich muß das mit dieser dramatischen Deutlichkeit sagen. Denn das, meine Damen und Herren, spricht Bände. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie Anstand hätten, würden Sie herausgehen und den Österreicherinnen und Österreichern sagen: Wir haben uns in der Frage der Anonymität getäuscht, der Europäische Gerichtshof wird diese aufheben, und zwar rückwirkend mit 1. Jänner 1994 – Beitrittsdatum zum EWR, nicht 1. Jänner 1995, sondern 1994 –, und dann wird aufgerollt.

Meine Damen und Herren! Der Hintergrund für mich ist völlig klar: Der Herr Finanzminister hat jetzt mit Müh und Not ein kleines Steuerpaket verabschiedet, das er sich im Grunde genommen nicht leisten kann. Zweitens ist es ein Steuerpaket, das die Bezeichnung nicht verdient, und darüber hinaus muß er jetzt eine Rückvergütung für die Getränkesteuer finanzieren. Bei den Österreicherinnen und Österreichern liegen 1 645 Milliarden Schilling gebunden auf Sparbüchern. Was ist naheliegender als die Verhaltensweise des Herrn Bundesministers Edlinger? – Er sagt, es bestehe kein Handlungsbedarf. Dann lassen wir uns wieder einmal von den EU-Behörden überrumpeln. Wir warten ab, wie er immer so schön gesagt hat, bis wir den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes haben werden. Dann gibt es keine Anonymität, dann gibt es auch keine Verschärfung des Bankgeheimnisses, und dann tritt für den Bundesminister ein angenehmer Nebeneffekt ein.

Meine Damen und Herren! Dann wird rückwirkend deklariert, dann führen wir die Vermögensbesteuerung ein, und dann haben wir die 16 Milliarden Schilling wieder aus den Taschen der Steuerzahler verdient. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Diese Prognose wage ich heute, meine Damen und Herren! Sie wird nach dem 3. Oktober 1999 eintreten. Machen Sie sich darauf gefaßt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

18.32

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Dr. Stummvoll ist bekannt für seine brillante Analyse. Nur jetzt haben Sie sich in Ihrer Rede widersprochen. Auf der einen Seite haben Sie richtigerweise gesagt, daß Bankgeheimnis und Anonymität zwei paar Schuhe sind. Das ist richtig. Der Antrag der Freiheitlichen bezieht sich ausschließlich auf das Bankgeheimnis. Das Wort "Anonymität" kommt das erste Mal in der Begründung vor. Wenn das so ist, daß Bankgeheimnis und Anonymität zwei paar Schuhe sind und sich der Antrag ausschließlich auf das Bankgeheimnis bezieht, dann kann er nicht unverantwortlich sein und kann nicht die Position Österreichs vor dem Europäischen Gerichtshof schwächen, weil die Anonymität nicht vorkommt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Moment! Ob die Anonymität jetzt bleibt oder nicht bleibt – dahin zielt der Antrag der Freiheitlichen, die, wie wir wissen, in ihrem sehr großen Populismus die Anonymität gar nicht in Frage stellen ... (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist der falsche Zeitpunkt!) – Nein, Herr Dr. Stummvoll, das ist er eben nicht, das müssen wir schon genau analysieren.

Die Freiheitlichen stellen die Anonymität nicht in Frage, weil sie so etwas in ihrem übergroßen Populismus nie tun würden. Sogar die Neutralitätsdebatte haben sie zurückgezogen, als sie gemerkt haben, das geht nicht. Also das heißt praktisch, was Graf richtigerweise will, daß wir in Österreich, Anonymität hin oder her, ein vernünftiges Bankgeheimnis bekommen, und das ist der Punkt.

Wir haben in Österreich ein nicht brauchbares Bankgeheimnis, das in vieler Weise durchlöchert ist. Ich glaube, daß wir uns in Österreich an einem Schweizer Bankgeheimnis ein Beispiel nehmen könnten, das davon ausgeht, daß es Nummernkonten gibt, von denen selbstverständlich – von jedem einzelnen dieser Konten – die Führung der Bank, aber nicht die kleine Angestellte oder der kleine Mann am Counter weiß, wem dieses Konto gehört. Daher ist selbstverständlich im Falle von Geldwäsche, im Falle von kriminellen Handlungen, von Steuerhinterziehungen oder was auch immer, wenn ein richterlicher Befehl vorliegt, jedes einzelne Konto nachzuvollziehen. Das ist Sinn und Ziel des Antrages, und darum, so glaube ich, ist es richtig, über diesen Antrag zu diskutieren.

Fest steht – das muß auch ich hier als Oppositionsabgeordneter wiederholen –, es ist tatsächlich ein Skandal, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wie Sie mit seriösen Initiativanträgen der Opposition, von welcher Partei auch immer sie kommen mögen, umgehen. Am 28. Juni 1996 Einbringung, am 28. November 1996 die erste Lesung und seither eine Fristsetzung am 27. Feber 1997 und die Vertagung im Finanzausschuß 1998. Ich halte das für keine kluge Vorgangsweise, weil Sie, wenn es stimmt – es stimmt auch, was Hagenhofer sagt, nämlich daß Anonymität und Bankgeheimnis zwei paar Schuhe sind –, diesen Antrag, der sich ausschließlich ums Bankgeheimnis dreht, jederzeit behandeln können.

Weil es heute schon in der Debatte gefallen ist, noch ein paar Worte zur Frage der Klage des Europäischen Gerichtshofes gegenüber Österreich (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe): Er hat ein Sparschwein in der Hand, Sie alle kennen ihn, unseren werten Finanzminister, und er wird die Anonymität mit allen Mitteln verteidigen. – Das wird ihm nichts nutzen, weil die Anonymität nicht ins europäische Rechtsgebäude paßt und weil heute etwas noch gar nicht diskutiert worden ist, nämlich die Frage der E-cash-Industrie, die Frage des Internet, die Frage des Zugangs über Datenleitungen zu Konten, auf denen dann auf einmal die Grenze von 200 000 S eine ganz andere Bedeutung bekommt. Denn 1 000mal eine Überweisung von 200 000 S zu tätigen, sind auch 200 Millionen Schilling.

Ich glaube, wir Österreicher sollten sehr wohl, wenn wir die Reputation des Bankplatzes Österreich aufrechterhalten wollen – und wir wollen das, wir profitieren davon, daß viele Menschen ihr Geld in diesem schönen Land anlegen –, erstens das Bankgeheimnis verschärfen. Der freiheitliche Vorschlag scheint mir eine brauchbare Alternative, eine diskutierenswerte Alternative im Finanzausschuß zu sein. Zweitens sollten wir von uns aus auf dieses veraltete Instrument der Anonymität verzichten, denn dann, wenn das Bankgeheimnis entsprechend verschärft wird, kann dies denselben Schutz bieten, ohne die Anonymität zu haben, die im Electronic Commerce zu einer tatsächlichen Bedrohung der Sicherheit des Bankplatzes Österreich wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch in dieser Debatte Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.37

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Kollege Stummvoll! Ich glaube, das ist nicht ganz richtig, daß sich die Geldwäscherichtlinie nur ein Ziel setzt, nämlich die Geldwäsche zu unterbinden, sondern, soweit ich mich erinnern kann, dort ist sehr wohl auch von der Anonymität der Kunden die Rede.

Jetzt wissen zwar Sie und ich, daß die Anonymität der Sparkonten zur Geldwäsche vermutlich sehr wenig taugt, allenfalls zum Parken schwarzen Geldes und so weiter. Das ändert aber nichts daran, daß die Geldwäscherichtlinie tatsächlich dieses Spezifikum des österreichischen Bankwesens energisch angreift. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber das ergibt ja keinen Sinn, Herr Kollege Van der Bellen!) Das ist einer der Gründe, warum das vor dem EuGH wahrscheinlich nicht halten wird. (Abg. Dr. Stummvoll: Das kleine Sparbuch! Das ergibt keinen Sinn!)

Ja, aber mir brauchen Sie das nicht zu sagen. Das ist nun einmal Inhalt der Geldwäscherichtlinie. Ich halte es auch nicht für unverantwortlich, wegen einem zu erwartenden EuGH-Urteil jetzt etwas zu tun. Ich verstehe auch nicht, warum Sie eine Schwächung der österreichischen Position darin sehen. Wenn Sie das aber sehen, Herr Kollege Stummvoll, dann frage ich mich: Verhandeln Sie in den letzten Tagen nicht schon stundenlang mit der SPÖ wegen der Getränkesteuergeschichte? Ist das nicht genau das gleiche? Warum warten wir da nicht darauf, was der EuGH entscheidet? – Dann können wir immer noch handeln. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir reparieren nicht! Wir machen keine Husch-Pfusch-Reparaturen!) – Es leuchtet mir nicht ein, warum Sie in einem Fall soviel Zeit haben, und im anderen Fall muß es wahrscheinlich morgen schon passieren. (Abg. Mag. Peter: Fracksausen nennt man das!)

Herr Kollege Firlinger! Dem Antrag Graf kann ich viel abgewinnen, aber der Zusammenhang mit dem Eurowechselkurs ist wohl null, absolut null. (Abg. Mag. Firlinger: Die erste Frage lautet: Wie ehrlich ist die Regierung?) – Die Kursentwicklung ist eine interessante Frage, die Sie aufwerfen, aber Sie müßten sie mit dem hypothetischen Fall vergleichen, was wäre, wenn es noch D-Mark und Schilling gäbe und der Schilling an die D-Mark gebunden wäre. Wie hätte sich der Wechselkurs der D-Mark in der Zwischenzeit verändert? – Viel Vergnügen bei der Prüfung. (Abg. Dr. Graf: Die Fakten sprechen gegen den Euro!) Ich bin auch nicht zufrieden mit der Eurowechselkursentwicklung, aber mit der Anonymität oder mit dem Bankgeheimnis hat das nun absolut nichts zu tun. (Abg. Dr. Graf: Aber mit dem Bruch der Wahlversprechen!)

Ich kann dem Antrag von Ihnen, Herr Kollege Graf, viel abgewinnen, und es stimmt auch, daß wir die Umgangsweise der Koalition mit den Anträgen der Opposition, mit Ihren und mit unseren Anträgen, nicht weiter zu klassifizieren zu brauchen. Ihr Antrag ist vom 28. Juni 1996. Aber heute, am 13. Juli, eine Fristsetzung bis zum 14. Juli zu beschließen – ich fürchte, es ist besser, wir vertagen das auf den Herbst. (Abg. Dr. Graf: Letzten Donnerstag haben Sie auch eine Fristsetzung beantragt!) – Ja, letzten Donnerstag. (Abg. Dr. Graf: Das ist auch nur eine Woche!) – Da hätten wir immerhin eine Woche Zeit gehabt. Wann sollen wir das jetzt machen? (Abg. Dr. Graf: Das kann man einmal so und einmal so argumentieren!) – Nein, machen wir es nach dem 3. Oktober! (Beifall bei den Grünen.)

18.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und zwar ist Gegenstand dieser Abstimmung der Antrag, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 252/A der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird, eine Frist bis 14. Juli 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

14. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1897 der Beilagen): Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz) (2030 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Smolle das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.41

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod državni sekretar! Visoki dom! (Abg. Wabl: Bravo!) Hohes Haus! Guten Abend, Herr Kollege Wabl! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die Liberalen werden das Archivgesetz ablehnen. Ich werde das kurz begründen.

Grundsätzlich muß ich sagen, wir freuen uns darüber, daß es endlich zumindest in irgendeiner Form ein Archivgesetz im Lande gibt. Das war ein Verlangen, das die Liberalen schon sehr oft gestellt haben. Es ist sehr wichtig, Archivalien wirklich zu erhalten. Aber dieses Gesetz greift wesentlich zu kurz, meine Damen und Herren.

Ich kann hier nur auf einige Dinge eingehen, die teilweise schon im Ausschuß vorgebracht wurden, teilweise aber auch hier noch einmal unterstrichen werden sollen, sowie auf einige neue Punkte.

Es ist ein unwirksames Gesetz, weil es weite Bereiche der Archivalien ausspart. Vor allem im Bereich der Gemeinden, im Bereich der Kirchen, im Bereich der Länder gibt es durch dieses Gesetz nur einen mäßigen Schutz. Das heißt, man hätte einen großen Wurf machen können, und der erste Entwurf, der von den Beamten gekommen ist, war auch besser, hat weiter gegriffen, war vor allem mehr in Richtung Forschung und Wissenschaft orientiert und weniger in dieser sozusagen Pseudo-Verländerung verhaftet. Das war ein Gesetz, das vom Bund her klar festgelegt hat, was ein Archivgut ist, was geschützt werden soll und vor allem – das ist der zentrale Punkt, und darauf richtet sich die zentrale Kritik der Liberalen –, wie man zwischen den Interessen der Erzeuger von Archivgut, oft auch der Eigentümer von Archivgut und dem öffentlichen Interesse auf Verwendung von Archivgut abwägen muß.

Es geht im Grunde um die Frage der Freiheit von Forschung und Lehre. Und die Basis für das Wissen über das Gestern – das ist auch relevant für das Heute – sind eben schriftliche und sonstige Grundlagen. Und da greift dieses Archivgesetz wesentlich zu kurz, vor allem auch dadurch, daß es bereits am Anfang quasi zu hinken beginnt, indem es sich auf das Denkmalschutzgesetz bezieht und beruft. Natürlich werden die Begriffe dadurch oft ziemlich unklar, und so manches, was zwar vom Denkmalschutzgesetz her schützenswert und geschützt ist, wird durch das Archivgesetz wiederum nicht erfaßt. Dazu kommt, daß das bezügliche Denkmalschutzgesetz wesentlich weniger weit greift, wesentlich weniger Objekte umfaßt.

Ich möchte aber klar festhalten, es geht dabei nicht um die Frage des Eigentums. Dies soll nicht im Vordergrund stehen. Selbstverständlich soll Archivgut im Besitz jener Stellen bleiben, die es sozusagen erzeugt haben. Es geht nicht um die Frage des Eingriffes in das Eigentumsrecht, sondern es geht um die Frage der Durchsetzung eines bestimmten öffentlichen Interesses an Verwendung von Archivalien.

Die Historie zeigt, daß Archivalien oft einen sehr sonderbaren Weg durch die Geschichte gehen, daß so manches sich zufällig im Besitz von irgend jemandem befindet, der seinerzeit mit diesen Archivgrundlagen überhaupt nichts zu tun hatte. Es ist also die Zugänglichkeit für die Forschung – zumindest für meine Person sage ich das – eine wesentliche Voraussetzung, um gewisse Dinge zu erfahren, die durch ein Archivgesetz erreicht werden soll.

Ich komme auch noch auf einige sehr heikle Dinge zu sprechen. Es steht zum Beispiel im § 5 die Forderung, das österreichische Staatsarchiv habe "auf Verlangen" die Bundesdienststellen zu beraten. – Ich bin der Meinung, daß es vielmehr eine Beratungspflicht, ein Beratungsrecht und vor allem eine Beiziehungspflicht des Staatsarchivs als einschlägige Behörde geben sollte. Es sollte nicht so sein, wie es jetzt ist, daß die Behörde nur dann, wenn sie ein Interesse daran hat, das Staatsarchiv darauf aufmerksam macht, daß Archivalien anfallen. Es müßte quasi laufend eine begleitende Kontrolle ausgeübt werden.

Ich verstehe auch nicht den privilegierten und übertriebenen Schutz und die Sonderstellung, die zum Beispiel im § 6 Abs. 3 zum Ausdruck kommt, wodurch auch Nachkommen von Staatssekretären, Bundesministern, Kanzlern und Vizekanzlern plötzlich das Recht haben, über gewisse Dokumente zu entscheiden, die im Zusammenhang mit ihrer Funktion entstanden sind.

Ich finde, daß die Schutzbestimmungen des § 7 eigentlich völlig ausreichend sind. Das würde durchaus genügen. Dabei geht es um verfassungsmäßige Einrichtungen der Republik, Staatssicherheitsinteressen, die nicht gefährdet sein sollen; das ist ganz klar. Es geht nicht so sehr darum, Privatdaten von jemandem zu ermitteln – man könnte das auch anonymisieren –, sondern da geht es ganz konkret um Materialien, die jemand im Zusammenhang mit seiner Funktion erworben hat.

Gänzlich unverständlich wird die Sache, wenn der Nachkomme plötzlich ein Einsichtsrecht in angeblich staatlich unheimlich wichtige Dokumente hat, wie etwa in jene, die der Herr Soronics zu Hause hatte. Das ist eine für mich völlig unverständliche Bestimmung. Das alles gehört überarbeitet, meine Damen und Herren. Das ist ein schlampiges Gesetz. Die Kritik geht aber nicht in Richtung der Beamten. Mit diesen habe ich sehr viel darüber gesprochen. Die Beamten hätten gerne etwas Besseres vorgelegt, aber die Politik hat es nicht zugelassen. Plötzlich bekam man Angst vor den Ländern oder vor der eigenen Courage.

Es wäre, wie gesagt, eine Lösung möglich, indem man zum Beispiel Summierungen macht, indem man Anonymisierungen macht oder indem man ein Kopierverbot auferlegt. Das würde völlig genügen, meine Damen und Herren.

Es geht – das möchte ich ganz bewußt unterstreichen – um das öffentliche Recht auf Information und Einsicht in Archivalien. Das ist die Grundlage für das Grundrecht der Freiheit von Forschung und Lehre. Das ist ein Verfassungsgrundsatz, aber dieses Gesetz beachtet diesen Verfassungsgrundsatz nicht. Dieser Grundgedanke und die Anwendung dieses Grundgedankens unserer Verfassung fehlt in diesem Gesetz.

Es gibt überhaupt – auch das ist ein großes Problem – keine einheitliche Benützerordnung. Jetzt werden Sie fragen: Wieso soll sich ein Parlament auch noch mit der Benützerordnung von Archiven befassen? – Meine Damen und Herren! Die Zugänglichkeit zu Archivalien ist sehr, sehr unterschiedlich. Wenn Sie mit den Wissenschaftern sprechen, dann werden Sie hören, es gibt Archive, bei denen man sehr schnell zu den Bänden kommt, die man sucht, und es gibt gewisse andere Archive – dazu gehört zum Beispiel das Kärntner Landesarchiv; von mir schon öfter hier unrühmlich erwähnt –, bei denen es eben sehr lange dauert, bis man zu den gewünschten Materialien kommt, und sehr "forscherabhängig" ist, ob man überhaupt dazu kommt.

Noch einmal: Es geht nicht um die Frage von Eigentum. Und es wäre auch richtig zu überlegen, wenn Archivalien – vor allem aus dem privaten oder halbprivaten Bereich wie bei der Kirche – verwendet werden, ob es nicht ein Recht auf Abschlagszahlungen geben sollte. Es geht jedenfalls nicht darum, daß Archivalien sozusagen in das Eigentum der Bundesarchive übertragen werden sollen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte in diesem Zusammenhang zumindest eine Verbesserung durch einen Antrag versuchen, den ich verlesen werde. Dieser lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und PartnerInnen betreffend die RV in der Fassung des Ausschußberichtes über ein Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz), 2030 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die RV in der Fassung des Ausschußberichts über ein Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz), 2030 der Beilagen, wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die RV in der Fassung des Ausschußberichts über ein Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz), 2030 der Beilagen, wird wie folgt geändert:

In § 3 wird ein Absatz 7 angefügt werden, der wie folgt lautet:

"Der Bundeskanzler ist ermächtigt, einen Expertenbeirat für das österreichische Staatsarchiv, der sich aus dem Kreis ausgewiesener Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zusammensetzt, einzurichten, um die grundsätzlichen Skartierungs- und Aufbewahrungsrichtlinien auch bezüglich elektronischer Informationsträger festzulegen."

*****

Das ist zumindest ein kleiner Reparaturversuch, wobei ich freilich festhalten möchte, daß es in diesem Gesetz mehrere solche Anomalien gibt.

Zum Beispiel sind dieselben Behörden, die Forschern den Zutritt zu Materialien verweigern können, letztlich die endentscheidenden. Das heißt, es können ohne weiteres bestimmte Dinge verschwinden, Unterlagen, wie wir sie zum Beispiel heute im Zusammenhang mit "Euroteam" ganz gerne gesehen hätten, zumindest als Archivalie, um zu prüfen, wie das damals bei diesem Skandal war. Jetzt entscheiden aber dieselben Behörden, die die Archivalien schaffen – also durch Schreiben, durch Verfassen, durch in Bände legen –, über das Einsichtsrecht und stellen auch fest, ob sozusagen überwiegende Interessen von irgend jemandem betroffen sind.

Das finden wir nicht in Ordnung: daß quasi "Kläger" und "Richter" in derselben Behörde vertreten sind beziehungsweise zwei Interessenabwägungen durch ein und dasselbe Organ stattfinden. Das wird die Behörde auch nicht schaffen, denn der § 5 sagt eindeutig, daß eben diese Stellen, die ich gerade zitiert habe, für die Entscheidung zuständig sind, und das ist unverständlich.

Ich meine auch, daß die Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung im § 5 Abs. 4 einfach nicht in Ordnung ist, denn in dieser Ermächtigung steht, daß letztlich die Bundesregierung allein darüber entscheidet, welcher Art von Schriftgut die Eigenschaft eines Archivgutes zukommt. Auch das finde ich nicht in Ordnung. Zumindest müßte man das Staatsarchiv damit befassen.

Insgesamt – und das gilt nicht nur für den von mir vorgetragenen Bereich der neuen, sozusagen modernen Medien – wäre es wichtig, bei der Skartierung unbedingt auch unabhängige andere Experten, zum Beispiel aus dem Kreis eines speziellen Archivrates, beizuziehen. Es müßte überhaupt zu einem etwas praxisnäheren Gesetz kommen. Weite Bereiche werden durch dieses Gesetz gar nicht geregelt. Es wird zum Beispiel dem Justizminister auferlegt, durch eine Verordnung die Skartierung im Detail zu regeln.

Meine Damen und Herren! Ich meine, man muß grundsätzlich ins Gesetz hineinschreiben, daß man unabhängige Experten beizuziehen hat, daß sozusagen ein Rat von nicht betroffenen Wissenschaftlern mit dabei ist und vor allem nicht von in der Behörde betroffenen Personen. Dann wäre die Chance gegeben, daß wir zu entsprechend zugängigen Archivalien kommen.

Ich glaube insgesamt, daß man dennoch froh sein kann, daß es jetzt zumindest so etwas wie ein Archivgesetz gibt. Es ist wenigstens ein Versuch, aber ganz wesentliche Bereiche anderer Archive und Archivalien wurden ausgespart. Ich hätte mir eigentlich von der Bundesregierung etwas mehr Mut erwartet, vor allem im Zusammenhang mit dem aktuellen Bedarf, meine Damen und Herren.

Wir wissen ja, vor einigen Wochen hat die Historikerkommission ihre Arbeit aufgenommen, und wir harren der Dinge, die da kommen werden. Ich hoffe, daß es gerade in diesem Bereich möglich sein wird, einwandfrei, klar und schnell zu den entsprechenden Quellen zu kommen. Einzelne Vorkommnisse in einigen Archiven lassen eher Schlimmes befürchten. Ich habe Berichte von Forschern einiger Universitäten vorliegen, die sich über die Handhabung bei einigen Archiven sehr wohl beklagen. Ich hoffe, daß das zumindest im Zusammenhang mit dieser großen Aufarbeitung unserer noch nicht lang zurückliegenden traurigen Historie doch etwas anders sein wird.

In diesem Sinn: Dieses Gesetz ist ein Versuch – eben nicht mehr als das, aber jedenfalls ein nicht genügender Versuch für eine Zustimmung von seiten des Liberalen Forums. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Herrn Abgeordneten Smolle vorgetragene Abänderungsantrag, der den § 3 Abs. 7 betrifft, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

18.54

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich muß Herrn Kollegen Smolle widersprechen: Dies ist kein wirkungsloser Gesetzentwurf. Ich denke, daß er ein durchaus sinnvoller und ausgewogener Gesetzentwurf ist, gebe aber zu, daß auch ich mir einen breiteren Geltungsbereich gewünscht hätte. Daß etwa die Länderarchive nicht einbezogen werden, halte ich für einen Wermutstropfen.

Wir haben aber sehr wohl einen Abänderungsantrag formuliert, der den privaten Bereich betrifft. Im Zusammenhang mit der Arbeit der Historikerkommission ist ja der Wunsch artikuliert worden, auch für den privaten Bereich eine Regelung zu treffen, die sicherstellt, daß wichtige Dokumente erhalten bleiben.

Herr Präsident! Ich darf diesen Abänderungsantrag nun einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1897 der Beilagen): Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz) (2030 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs erwähnte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

§ 16 wird folgender Abs. 6 angefügt:

(6) Auf Archivgut, das bis 31. März 1967 bei Unternehmungen, an denen Bund mit mindestens 50 v.H. des Grund-, Stamm- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht, oder bei Einrichtungen der Staatswirtschaft oder deren Rechtsvorgänger angefallen ist, findet dieses Gesetz Anwendung, wenn diese Beteiligung oder Beherrschung des Bundes oder die Eigenschaft der Einrichtung der Staatswirtschaft zum 31. Dezember 1999 noch gegeben sind.

*****

Herr Präsident! Ich bitte, diesen Antrag in die Verhandlungen mit einzubeziehen.

Meine Damen und Herren! Für das, was Kollege Smolle hier angesprochen hat, für dieses Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch der Wissenschaft zu forschen und auf der anderen Seite der Aufgabe, dem Datenschutz Rechnung zu tragen, ist, wie ich meine, eine gute Lösung gelungen. Es gibt Maßnahmen, die es ermöglichen, daß ein betroffener Bürger eine Korrektur verlangen kann, und es gibt Schutzfristen, nach deren Ablauf Einsicht in das Archivgut genommen werden kann. Diese Fristen sind unterschiedlich. Sie betragen 20, 30 Jahre, in manchen Fällen auch 50 Jahre.

Ich glaube, daß damit eine gute Lösung getroffen wird, und meine, daß mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die wichtige Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von für die Geschichtsforschung interessanten Unterlagen in einer Weise geregelt werden, die sowohl für die Forschung als auch für die Bürger eindeutig, klar und praktikabel ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Dr. Hlavac vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Mag. Stoisits das Wort mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 8 Minuten. – Bitte.

18.58

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Smolle hat hier den Abänderungsantrag erläutert, der zwei Fakten aus dem Bundesarchivgesetz betrifft. Wir, die Fraktionen der Liberalen und der Grünen, haben diesen Abänderungsantrag sozusagen gemeinsam eingebracht, weil wir Probleme mit dem Archivgesetz haben.

Es geht um zwei konkrete Dinge. Er hat den Gesetzentwurf als einen Versuch bezeichnet, aber als einen untauglichen Versuch, sodaß man ihm die Zustimmung nicht geben kann. Ich möchte mich seinen Worten anschließen und sagen, eine alte Forderung – vor allem der Wissenschafter, der Zeithistoriker – nach einem Bundesarchivgesetz ist durch dieses Gesetz in einem bestimmten Ausmaß umgesetzt worden. Das darf, soll und muß auch gesagt werden, denn besser dieses Bundesarchivgesetz als gar kein Bundesarchivgesetz.

Daß aber der Weg wieder so gegangen wird, wie wir das in einigen heute und in den nächsten Tagen noch zur Diskussion stehenden Punkten sehen werden, ist enttäuschend. Ich frage mich: Wenn man schon etwas macht – und da wird ja etwas gemacht, was sozusagen etwas Einzigartiges ist, weil diese Materie ja erstmals in dieser Form geregelt wird –, warum beläßt man es dann bei einem unzulänglichen Versuch und geht nicht den Weg eines Gesetzes, der den berechtigten Einwänden – dabei beziehe ich mich vor allem auf die Einwände, die von seiten der Wissenschaft gekommen sind – Rechnung trägt? – Das verstehe ich nicht, Herr Staatssekretär.

Ich verstehe vor allem auch nicht, warum man sich nicht dazu aufraffen konnte, den Wünschen beziehungsweise den ganz präzise formulierten Anregungen der Historikerkommission gerecht zu werden. Die Historikerkommission hat ja einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Entstehen des Bundesarchivgesetzes. Hätten sich die Bundesregierung oder in diesem Fall der Erste und der Zweite Präsident des Nationalrates, der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler nicht dazu entschlossen, eine Historikerkommission einzusetzen, dann wäre – das ist meine Vermutung – die Beschlußfassung eines Bundesarchivgesetzes nicht in dieser Form zustande gekommen. Daher verstehe ich es nicht, warum man der Anregung jener Einrichtung, die von der großen Koalition eingesetzt wurde und von allen getragen wird, nicht entspricht. Sie sagt berechtigterweise: Um dem Auftrag des Nationalrates und der Regierung entsprechend nachkommen zu können, müßte das Bundesarchivgesetz anders aussehen! Das ist ein ganz wesentlicher Einwand. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber diese Gelegenheit nützen, um in Sachen des Umgangs Österreichs mit der Zeitgeschichte auch eine Anmerkung zu machen, und zwar eine Anmerkung, die indirekt, aber in manchen Belangen auch direkt mit dem Bundesarchivgesetz etwas zu tun hat. Ich meine die Frage der Rückgabe von geraubten und gestohlenen Bildern.

Vor nicht einmal einem Jahr hat der Nationalrat – auch mit Zustimmung der Fraktion des Liberalen Forums und jener der Grünen – einem von der Frau Ministerin Gehrer eingebrachten Gesetzesvorschlag betreffend Rückstellung geraubter Bilder die Zustimmung gegeben. Ich habe damals hier vom Rednerpult aus gesagt, daß ich das für einen ganz entscheidenden Schritt halte und daß ich diesen Weg, den die Frau Bundesministerin da gegangen ist, nicht nur persönlich, sondern im Verein mit der gesamten Fraktion der Grünen unterstütze und daß ich ihn für richtungweisend halte – dies trotz einiger Kritikpunkte, und genau diese Kritikpunkte, die Schwachstellen betroffen haben, haben sich jetzt als richtig erwiesen.

Ein Beispiel: Die Kommission prüft den Anspruch auf Restitution und entscheidet meiner Ansicht nach gegen die Intention des Gesetzgebers. Zum zweiten Mal werden jetzt Erben von Nazi-Opfern von der Republik Österreich erpreßt und erniedrigt. Anders ist die Vorgangsweise im Zusammenhang mit den berechtigten Ansprüchen von Maria Altmann als Erbin der Sammlung Bloch-Bauer nicht zu bezeichnen.

Sie haben ja auch die Gelegenheit, Herr Staatssekretär, und auch die Kolleginnen und Kollegen, nachzulesen, wie das von Juristen beurteilt wird. Diese Vorgangsweise ist lupenreine Erpressung. Ich meine, daß genau in dem Moment, in dem das Bundesarchivgesetz, das auch eine nicht unwesentliche Geste der Republik Österreich in bezug auf die Aufarbeitung der jüngeren Geschichte darstellt, beschlossen wird, darauf hinzuweisen ist. Es wäre ein leichtes, das Rückstellungsgesetz zu präzisieren und Klarstellungen vorzunehmen.

Es ist noch keine inhaltliche Bewertung, wer recht und wer unrecht hat, wenn man die Forderung aufstellt, einfach das AVG für das Rückstellungsgesetz anwendbar zu machen. Dieser Weg wurde, wie wir jetzt alle wissen, damals bewußt nicht gegangen. Hätten wir uns damals dafür entschieden, dann hätte heute nämlich Maria Altmann Parteienstellung im Verfahren. So ist sie zu einer bloßen Bittstellerin degradiert und kann nicht Einfluß nehmen auf das, was ihr rechtlich zustehendes Erbe ist.

Den gewählten Weg halte ich in dem gesamten bisherigen Verfahren für eine nicht adäquate Handlungsweise, und ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, jetzt in erster Linie auf Frau Ministerin Gehrer dahin gehend einzuwirken, daß sie dafür sorgen möge, daß damit nicht die internationale Reputation, die sich Österreich durch die im Zusammenhang mit der Historikerkommission zuvor genannte Vorgangsweise und das diesbezügliche Gesetz erworben hat, in der Sache der Rückstellung der Bloch-Bauer-Sammlung und der Klimt-Bilder in Frage gestellt wird. Noch ist es nicht zu spät, noch kann man da Korrekturen vornehmen. Aber wenn nichts dergleichen geschieht, Herr Staatssekretär, dann befürchte ich, daß sehr viel von der Arbeit der letzten Monate umsonst gewesen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Einen Antrag haben Sie nicht eingebracht, Frau Abgeordnete.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Morak. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.06

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte erstens darauf hinweisen, daß ich einer der ersten war, der auf die Notwendigkeit eines Archivgesetzes hingewiesen hat, und zwar sowohl hier im Hohen Haus als auch in der Presse.

Zweitens: Ein Archivgesetz bezieht seine Aktualität natürlich nicht nur aus der Historikerkommission, aber sehr wohl auch, aber vor allem aus der Notwendigkeit heraus, daß wir auf die Suche nach unserem Geschichtsbewußtsein gehen – das ist hier in diesem Land immer angesagt – und auf die Suche nach unserer Identität. Es ist über allem natürlich auch eine Anpassung an die europäischen Standards zur Bewahrung und Nutzung der Archive.

Das Archivgesetz ist aber auch notwendig geworden, damit der Zugriff der Wissenschaft auf die Archivalien aufrecht bleibt beziehungsweise geschaffen wird, der durch die heute beschlossene Datenschutzregelung wesentlich eingeschränkt worden wäre.

Zu sehen ist dieses Archivgesetz aber auch im Zusammenhang mit dem Denkmalschutzgesetz, das vorsieht, daß bei Gefahr in Verzug Firmenarchive gesichert werden können. Es geht dabei primär um die Rolle staatsnaher Betriebe, und dies vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Es ist heute schon des öfteren vermerkt worden, daß sich das vorliegende Archivgesetz ausschließlich mit den Archiven des Bundes beschäftigt und auf diese bezieht und die Chance, ein für alle Archive gültiges Bundesgesetz zu kreieren, leider vertan wurde. Man muß schon sagen: Die für die dafür zuständigen Ressorts Verantwortlichen haben da einem alten föderalistischen Grundsatz entsagt, nämlich dann, wenn man von den Ländern etwas will, auch mit den Ländern zu verhandeln. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Zweite Wortmeldung. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Mag. Stoisits – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich bringe nur den Antrag ein!)

19.08

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Ich ging fehl in der Annahme, daß Herr Abgeordneter Smolle beide Anträge zur Verlesung gebracht hat. Das hat er nicht getan. Daher möchte ich jetzt folgenden Antrag verlesen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

§ 2 Z 4 lit. c lautet:

"Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 Prozent des Grund-, Stamm- und Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht."

*****

Das ist einer der wesentlichen Punkte, die die Historikerkommission fordert und deren Umsetzung sie sich wünscht, um im Rahmen des Bundesarchivgesetzes zu einer wirkungsvollen Tätigkeit, deren Ergebnis auch an dem Auftrag der Bundesregierung und des Parlaments orientiert sein soll, zu kommen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter.)

19.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Jetzt ist der soeben verlesene Antrag geschäftsordnungsgemäß eingebracht, und da er auch entsprechend unterstützt ist, steht er damit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.09

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die freiheitliche Nationalratsfraktion wird dem neuen Bundesarchivgesetz zustimmen. Wir tun das deshalb, weil unserer Kritik weitgehend Rechnung getragen wurde und der Erstentwurf nach dem Begutachtungsverfahren in zahlreichen Punkten überarbeitet und verbessert worden ist.

Ausdrücklich zu begrüßen sind in diesem neuen Gesetz erstens der umfassende Schutz der Archivalien, der nunmehr erstmals durch ein eigenes Gesetz und nicht nur durch die Bestimmungen im Denkmalschutzgesetz gewährleistet wird, zweitens die gesetzlich festgelegte Definition, was Archivgut eigentlich ist, drittens die klaren Regelungen hinsichtlich der Sperrfristen, die im europäischen Umfeld ähnlich gestaltet sind wie jetzt bei uns, und viertens die Anhaltspunkte für Benützungsbedingungen, die nach entsprechender Adaption durch die Landesarchive in den Bundesländern in noch zu erlassende Landesgesetze ebenfalls einfließen könnten.

Die Überarbeitung des Erstentwurfes, der, wie Sie alle wissen, zentralistisch ausgerichtet war und auf die Enteignung der Landes- und vor allem der städtischen Archive hinausgelaufen wäre, war dringend notwendig, und dieser von Ihnen gesetzte Schritt war daher auch sehr vernünftig. Es hat, wie Sie wissen, massive Proteste aus den Bundesländern, aber auch aus den Städten gegeben, die sich alle auf den in Österreich historisch gewachsenen Föderalismus – meiner Ansicht nach völlig zu Recht! – gegründet haben.

Die Reparatur dieses Gesetzes war auch deshalb so wichtig, weil eine Klage beim Verfassungsgerichtshof mit Sicherheit Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, denn der Zugang zum Archivgut der Länder und Gemeinden für den Bund – sprich: das Staatsarchiv – kann nämlich mangels verfassungsgesetzlicher Zuständigkeit nicht durch einfaches Bundesgesetz geregelt werden. Gänzlich unvollziehbar wäre das Gesetz geworden, wenn die ursprünglichen Bestimmungen bezüglich der Akte der sogenannten mittelbaren Bundesverwaltung aufrecht geblieben wären. Die Trennung der Bestände, die dem Bund, dem Land und nun der Stadt gehören, hätte zu einer Vervielfachung des Personals in den Archiven geführt. Die Zerstörung historisch gewachsener Bestände wäre zweifellos die Folge gewesen.

Abschließend möchte ich noch einen Abänderungsantrag, der dem Wunsch der Historikerkommission entspricht, einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kurzmann und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage 1897 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

§ 2 Z 4 lit. c lautet:

"c. Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 v.H. des Grund-, Stamm- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht;"

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. – Bitte, Herr Staatssekretär.

19.13

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das heute hier in Verhandlung stehende Bundesarchivgesetz ist eine Anpassung an die internationalen Standards. Wir haben damit ein Gesetz ausgearbeitet, das den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. Wurde früher das Archivgut durch das Denkmalschutzgesetz leider nur geschützt, so ist in diesem Gesetz nun auch der Zugang für den einzelnen zum Archivgut enthalten. Ich glaube, daß es in diesem Sinne eine zweifache Funktion erfüllt hat: die eine ist der Schutz des Archivguts an sich, die zweite ist der Zugang zum Archivgut.

Es sind noch einige wesentliche Regelungen in diesem Gesetz enthalten. Zu erwähnen wäre zunächst einmal die Definition des Archivguts an sich. Der Entwurf enthält des weiteren eine Verpflichtung zur sachgerechten Archivierung von Archivgut des Bundes. Die Besonderheit dieses Entwurfes liegt auch in der Definition: Das Archivgut des Bundes ist nicht nur Archivgut, das bei Bundesdienststellen gelagert ist, sondern auch jenes, das in Einrichtungen, die durch Bundesgesetz geschaffen wurden und die unter dem beherrschenden Einfluß des Bundes stehen, aufbewahrt wird. Ich glaube, daß das einer der wesentlichen Punkte ist.

Darüber hinaus sind natürlich auch besondere Schutzbestimmungen dahin gehend in diesem Gesetz enthalten, daß der Datenschutz der Betroffenen, also derer, die dieses Archivgut zur Verfügung stellen, gewährleistet ist und daß für den Bereich der Wissenschaft auch eine kürzere als die 30jährige Schutzfrist möglich ist.

Novalis hat vor 200 Jahren gesagt: "Das Archiv ist das Gedächtnis des Staates." – Ich meine, wir sollten besonders stolz darauf sein, sehr viel Archivgut zur Verfügung zu haben, und wir sollten dieses auch entsprechend behandeln und schützen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol.)

19.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Von seiten des Herrn Berichterstatters wird kein Schlußwort gewünscht. Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2030 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurzmann und Genossen vor.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen einen Zusatz- sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Wir werden daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Kurzmann und Genossen sowie die Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen haben wortidentische Abänderungsanträge betreffend § 2 eingebracht, die wir unter einem abstimmen werden.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir stimmen sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes, nun in der Fassung des Ausschußberichtes, ab.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend § 3 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend § 16 eingebracht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einhellig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

15. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1811 der Beilagen): Bundesgesetz zur Bereinigung der vor 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz – 1. BRBG) (2031 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir treten daher sogleich in die Debatte ein.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.18

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz setzt einen wesentlichen Schritt im Zuge einer seit längerem bereits bestehenden Bestrebung der Vereinfachung des Rechtsbestandes, wodurch der Zugang zum Recht verbessert werden soll. Der Zugang zum Recht kann allerdings durch verschiedene Maßnahmen verbessert werden. Ich möchte aus Anlaß dieses Gesetzes auch, weil gerade in der Öffentlichkeit eine Diskussion darüber geführt wird, einige Worte über die Dichte des gesetzlichen Regelungsbestandes sagen.

Wir haben in der Vergangenheit in prozessualen Rechtsmaterien, insbesondere was die Beschleunigung der Verfahren betrifft, Maßnahmen getroffen, und zwar vor allem im Rahmen der letzten Wertgrenzennovelle, um sicherzustellen, daß die bei Gericht anhängigen Verfahren zügiger vorangetrieben werden und die Möglichkeit, die Verfahrensdauer einzuschränken, gegeben ist. Das ist selbstverständlich insofern ein Problem, als bei der Abwägung, auf der einen Seite den Rechtsschutz zu verstärken und auf der anderen Seite die Verfahrensdauer einzuschränken, die Entscheidung immer zu Lasten einer der beiden Seiten ausgeht. Es ist also wichtig, da einen vernünftigen Ausgleich zu finden.

Der zweite Punkt ist, daß wir immer wieder hören, es gäbe zu viele Regelungen, die Zahl der Gesetze sei zu groß. Bei einer derartigen Argumentation muß man aber stets berücksichtigen, zu wessen Gunsten in erster Linie die Dichte der Regelungen, die Dichte der Gesetze, die Dichte des gesetzlichen Regelungsbestandes eigentlich geht.

Es ist natürlich der sozial nicht so Starke, der auf die Gesetze angewiesen ist, um mehr oder weniger das, was der andere an "natürlichem" Durchsetzungsvermögen hat, zu kompensieren. Daher ist es wichtig, darauf zu dringen, daß die öffentliche Diskussion, die Meinung, daß zu viele Gesetze jedenfalls schlecht sind, in dieser vereinfachenden Form nicht bestehen sollte.

Was das Gesetz selbst anlangt: Zur inhaltlichen Bereinigung sieht der heute zur Diskussion stehende Entwurf vor, daß alle Regelungen, die vor 1946 in Kraft gesetzt wurden, dann aufgehoben werden, wenn sie nicht ausdrücklich in der Anlage des Gesetzes erwähnt werden. Es ist das eine relativ unumstrittene Maßnahme, und nach einer umfangreichen Prüfung – man muß dazusagen, daß dieses Projekt bereits seit 1986 läuft –, bei der die einzelnen Regelungen auf Wirksamkeit, Bedarf, Anwenderfreundlichkeit und Überschaubarkeit überprüft worden sind, werden nun jene Regelungen, die diesen Kriterien nicht entsprochen haben und deren Weiterbestand nicht aus anderen Gründen notwendig ist, etwa, weil sie besonders wichtig sind, weil es nötig ist, sie weiter herüberzutransferieren, gelöscht.

Ich glaube, dieses Projekt ist ein Beginn. Allein schon das Datum – es sind Gesetzesmaterien bis 1946 – zeigt, daß natürlich noch darüber hinaus die Notwendigkeit besteht, die Gesetze weiter zu durchforsten, so wie es insgesamt notwendig und wichtig ist, auch die in Diskussion stehenden Gesetze so einfach wie möglich zu halten. Aber die Diskussion im Detail zeigt eben auch, daß es nicht immer so einfach ist, Regelungen, die letztlich widersprüchliche gesellschaftliche Ansprüche in sich aufnehmen sollen, so einfach zu gestalten, daß jeder gleich beim ersten Durchlesen weiß – nämlich auch der, der nicht unbedingt mit der Materie befaßt ist –, was damit gemeint ist.

Insofern ist dieses Projekt ein erster Schritt, wobei ich hier insbesondere all jenen besonders danken darf, die dabei mitgewirkt haben – auch dem Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, auch den Parteisekretariaten hier im Haus, im Parlament – und etwas dazu beigetragen haben, weil es eben eine sehr große Aufgabe, eine sehr umfangreiche Aufgabe war und doch auch ein großer Schritt in Richtung Vereinfachung und Verständlichkeit des Gesetzes ist.

Ich gehe davon aus, daß wir weiterhin daran arbeiten, und wir werden natürlich auch bei den laufenden Gesetzen immer wieder diese Kriterien, nach denen wir die Gesetze vor 1946 geprüft haben, zu prüfen haben – mit einem neuen Bewußtsein, wie einfache Regelungen, die allerdings zur Komplexität des jeweiligen Sachverhaltes passen müssen, aussehen sollen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.23

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Bundesländer haben die Rechtsbereinigung schon längst durchgeführt. Ich erinnere daran, daß die Steiermark bereits im Jahr 1998 beschlossen hat, alle Landesgesetze, die vor 1960 beschlossen wurden, aufzuheben. Dasselbe taten Niederösterreich und Oberösterreich. Ich will damit sagen, daß diese Rechtsbereinigung im Bund für mich äußerst spät vollzogen wird. Ich hätte mir gewünscht, daß das schon eher stattfindet.

Ich glaube, es wäre sinnvoll gewesen, diese Rechtsbereinigung schon anläßlich des EU-Beitrittes durchzuführen, wie das zum Beispiel Dänemark getan hat, das seinen Rechtsbestand etwa um ein Drittel reduziert hat. Spätestens hätten wir das mit dem Abschluß des Amsterdamer Vertrages vollziehen sollen, weil unsere Fülle von Gesetzen durch die EU-Gesetze noch weiter überfrachtet wurde.

Meine Damen und Herren! Wie auch schon Kollege Jarolim gesagt hat: Der Zugang zum Recht wird nicht nur dadurch vereinfacht, daß wir eine Rechtsbereinigung durchführen, sondern auch durch Neukodifikation von großen Gesetzesmaterien, wie zum Beispiel dem ASVG oder der Bundesverfassung beziehungsweise aller Gesetze, die im Verfassungsrang stehen. Ich erinnere daran, daß uns die Neukodifikation des ASVG schon 1994 versprochen wurde, und zwar noch unter Sozialminister Hesoun. Es wurde Herr Professor Tomandl beauftragt, diese Neukodifikation durchzuführen. Ich habe bis heute noch nicht gehört – es wurde auch niemals darüber diskutiert –, wie weit diese Arbeit gediehen ist. Ich glaube, wir dürfen zu Recht fragen, wann wir die Neukodifikation in diesem Haus beschließen können.

Was das Verfassungsrecht anlangt, so möchte ich Professor Korinekxxxok, dem Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes, großen Dank aussprechen. Er hat durch seinen kürzlich vorgestellten Kommentar zum Verfassungsrecht eine wertvolle Arbeit geleistet, um auch die österreichische Verfassung neu zu kodifizieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz Professor Korinek zitieren. Ich lese hier aus einer APA-Aussendung vor; Korinek im Original: Kennen Sie das österreichische Bundesverfassungsrecht? – Die Frage stellen heißt sie verneinen. Mit der umfassenden Textsammlung kann man jetzt lesen, worauf man seinen Eid ablegt, wenn man in hohen Staatsfunktionen angelobt wird. Das ist Karl Korineks Meinung.

Was Professor Korinek, glaube ich, damit sagen möchte, ist, daß wir, wenn wir hier den Eid auf unsere Gesetze und auf unsere Verfassung ablegen und den berühmten Satz "Ich gelobe!" aussprechen, in Wirklichkeit nicht wissen, worauf wir unser Gelübde ablegen.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne komme ich wieder zu meinem Lieblingsthema, der Gesetzesflut. Wenn Frau Kollegin Karlsson an dieses Haus appelliert, bessere und verständlichere Gesetze zu produzieren, dann kann ich das voll und ganz unterstreichen, Frau Kollegin. Aber lassen Sie mich noch hinzufügen: auch weniger Gesetze!

In diesem Sinn wird die ÖVP dem Bundesrechtsbereinigungsgesetz gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wie viele Gesetze haben Sie abgelehnt in diesen vier Jahren, weil sie unverständlich waren?)

19.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.28

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich darf gleich daran anschließen, was meine Vorrednerin gesagt hat – ich werde mir dann übrigens erlauben, ihr die Brille, die sie hier vergessen hat, als Zeichen einer Geste zu bringen. Aber eines, Frau Kollegin Frieser, verstehe ich nicht: Sie beklagen hier alljährlich den Wildwuchs in der Verfassung, Sie beklagen die Vielzahl der Gesetze, sind aber bei jedem Gesetz mit dabei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß mich schon fragen: Sie beklagen mit Recht – was auch Professor Korinek gesagt hat –, daß sich kein Mensch, nicht einmal Verfassungsrichter, mehr auskennt, was jetzt im Verfassungsrang ist. Denn in vielen Gesetzen werden Bestimmungen in den Verfassungsrang gehoben, um sie unanfechtbar zu machen. Aber, Frau Kollegin, Sie stimmen ja jedem dieser Gesetze zu, Sie stimmen jedem dieser Verfassungsgesetze zu. Das ist meiner Meinung nach – nicht böse sein! – ein Akt der Wählertäuschung, seine politische Legitimation aus dem Mandat daraus abzuleiten, daß man gegen den Wildwuchs der Gesetze ist, daß man gegen den Wildwuchs der Verfassungsgesetze ist, aber dann schön brav das Handerl hebt und immer mitstimmt. Also da stimmt etwas in Ihrer Argumentation nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Frieser: Ich kann mich nicht erinnern, daß Sie einmal gesagt hätten, das brauchen wir nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz ist ein sehr wichtiger Schritt in Richtung einer Vereinfachung. Als Rechtsanwender prophezeie ich, daß diese Bestimmung eine sehr wichtige sein wird, denn man weiß als Rechtsanwender, wie viele Gesetze und Verordnungen und sogar Hofdekrete noch in Kraft sind, die in der Praxis von Relevanz sind. Das erste, was man hier prüfen wird, wenn man es mit einem alten Gesetz zu tun hat, ist, daß man in diese Regierungsvorlage, in dieses dann zu erlassende Bundesgesetzblatt einen Blick hineinwirft, ob es noch in Kraft ist oder nicht.

Einen ganz kleinen Kritikpunkt darf ich anbringen: Es wäre schön gewesen, wenn man hier noch einen Anhang gemacht hätte, in dem aufgelistet ist, welche Bestimmungen insbesondere außer Kraft treten. – Natürlich nicht alle, das ist keine Frage. Aber damit hätten sich die Menschen, die Tausende Stunden dafür verwendet haben, sich in diese Materie zu vertiefen – und ihnen gebührt unser Dank –, sicher noch besser in der Öffentlichkeit verkaufen können, wenn man gewußt hätte, welche Bestimmungen außer Kraft treten beziehungsweise insbesondere außer Kraft treten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.30

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Von uns Liberalen wird es auch Zustimmung zu diesem Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz geben, und zwar deswegen, weil wir den Ansatz, zu sagen, alles, was vor 1946 kundgemacht wird, einfaches Gesetz oder Verordnung, wird außer Kraft gesetzt, für mutig halten. Wir halten das für den richtigen Schritt.

Die Vorschriften werden uns sicherlich nicht fehlen. Was zum Bereich der Verfassung von Frau Abgeordneter Frieser gesagt worden ist, muß nach meinem Dafürhalten ergänzt werden, und zwar dahin gehend, daß ein Schritt, wenn man die Rechtsbereinigung ernst meint, doch wäre, der erste Schritt nämlich, um das von der Intention her auch fortzuführen, daß man sagt: Alles, was an neuen Verfassungsbestimmungen beschlossen wird, wird automatisch ins Bundes-Verfassungsgesetz eingearbeitet. Das würde bedeuten, wann immer man im Prozeß der Gesetzgebung auf eine Verfassungsbestimmung stößt, muß man sich überlegen: Wie kann man das in das B-VG einbeziehen? Damit könnte man sukzessive eine geschlossene Verfassungsrechtsurkunde schaffen. Das würden wir für einen sinnvollen Ansatz halten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich darf daher abschließend festhalten, meine Damen und Herren, daß etwa die Änderung des Mineralrohstoffgesetzes, die noch diese Woche beschlossen werden soll und eine Verfassungsbestimmung zum Inhalt hat, die rückwirkend in Kraft gesetzt werden soll, mit der Überzeugung, die diesem Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz zugrunde liegt, nicht einhergehen kann. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. – Bitte, Herr Staatssekretär.

19.32

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Bereits im Regierungsübereinkommen vom 11. März 1996 steht ausdrücklich das Ziel der Rechtsbereinigung und Rechtsvereinfachung festgeschrieben. Ich glaube, daß es ein sehr wesentlicher Zwischenschritt ist. Es ist damit natürlich nicht der Endpunkt in diesem Rechtsbereinigungsvorhaben erreicht. Wir haben aufgrund unserer Kapazitäten im Bundeskanzleramt derzeit nur den Bereich bis 1946 untersucht, und es ist gelungen, in diesem Bereich der Gesetze vor 1946 die Hälfte aller Gesetzesbestimmungen zu bereinigen, das heißt aus dem Normenbestand herauszunehmen, und es sind lediglich noch jene Gesetze in Kraft, die im Anhang zu diesem Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz angeführt sind.

Das bedeutet, daß etwa 200 Normen sofort außer Kraft treten und 50 Normen, deren weitere Geltung zeitlich befristet ist, zeitverzögert nach einem gewissen Zeitplan außer Kraft treten. Das bedeutet, daß der Rechtsbestand vor 1946 um 50 Prozent verringert wurde, und ich glaube, das ist ein ganz erkleckliches Ausmaß.

Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sind ein Markenzeichen beziehungsweise ein Qualitätszeichen für einen Wirtschaftsstandort. Wir werden daher den nächsten Schritt in der nächsten Legislaturperiode setzen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Da wir kein Schlußwort des Herrn Berichterstatters haben, kommen wir zur Abstimmung, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2031 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses erfolgt einhellig. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses erfolgt einhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

16. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Entschließungsantrag 1087/A (E) der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Karl Donabauer und Genossen betreffend Verbesserungen für Mitglieder von Wahlbehörden und Vertrauenspersonen bei bundesweiten Wahlen (2032 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Es sind zu diesem Punkt nur drei Redner gemeldet. Wir kommen daher sehr bald wieder zu einer Abstimmung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir kommen daher zur Debatte.

Erstredner ist Herr Klubobmann Scheibner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.35

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! – Niemand anwesend auf der Regierungsbank. Soll sein.

Meine Damen und Herren! Zum einen ist es interessant, daß plötzlich auch Entschließungsanträge des Nationalrates in EU-Angelegenheiten zugelassen werden; bis jetzt war das fraglich. Wir haben – kann ich mich erinnern – einmal einen derartigen Entschließungsantrag eingebracht, und da hat es geheißen, das gehe nicht, weil wir nur Anträge betreffend Akte der Vollziehung im Rahmen von Artikel 52 Abs. 1 B-VG hier einbringen könnten, aber wir nehmen das als Präjudiz auch für die Zukunft, daß es jetzt doch möglich ist.

Zum anderen haben wir uns sehr lange überlegt, ob wir diesem Antrag zustimmen sollen oder nicht. Im Ausschuß haben wir noch unsere Zustimmung gegeben. Bei näherer Diskussion dieses Antrages sind aber zwei Dinge zu kritisieren.

Zum einen hat die Bundesregierung bis jetzt keine Bereitschaft gezeigt, sich in dieser Materie entsprechend zu engagieren. Ich bin Mitglied der Bundeswahlbehörde und habe bei der letzten Sitzung dieser Behörde das Ansinnen eingebracht, warum man es in Zukunft nicht zulassen könnte, daß nach Schließen der Wahllokale auch eine Auszählung stattfinden kann. Wir haben dort die Information bekommen, daß es aussichtslos ist, weil es im Rahmen der Europäischen Union absolute Widerstände gegen eine derartige Auszählung gibt, und daß es nur eine Reform hinsichtlich der Öffnungszeiten der Wahllokale geben wird.

Zweitens zu dieser Gebührenanhebung. – Auch das wäre grundsätzlich eine diskussionswürdige Angelegenheit, denn es ist ja wirklich wahr, daß von den Beisitzern und Vertrauenspersonen schon hartes Sitzfleisch, aber auch Konzentration verlangt werden. Wir meinen, daß das eine ganz wichtige Aufgabe ist, und es sollte dafür durchaus auch eine – es ist ohnehin eine kleine – Entschädigung geben. Aber, meine Damen und Herren, vor allem von der Sozialdemokratie: Bevor wir einer Erhöhung zustimmen, wäre es interessant, einmal von Ihnen zu hören, ob Sie von der Praxis abgehen möchten, daß das Geld, das eigentlich diese Vertrauenspersonen bekommen sollten, direkt für die Parteikasse abgezweigt wird. Ich weiß, daß das in Wien gängige Praxis ist, und ich sage Ihnen ganz offen: Für die Vertrauensmänner jederzeit eine entsprechende Dotierung, aber nicht auf diesem Weg eine Erhöhung der Parteienfinanzierung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.38

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Bericht des Verfassungsausschusses zielt in erster Linie auf Verbesserungen für die Mitglieder der Wahlbehörden ab. Es wurden in den letzten Jahren zahlreiche Anpassungen und Veränderungen im Wahlrecht vorgenommen, um möglichst vielen Personen, die wählen gehen wollen, auch tatsächlich die Teilnahme an einer Wahl zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.

Zunehmend mehren sich aber die Klagen darüber, daß es Probleme gibt, Mitglieder für die Wahlbehörde, also Beisitzer, Ersatzbeisitzer und Vertrauensleute, zu gewinnen. Dies dürfte einerseits daran liegen, daß die Bereitschaft sinkt, sich in diesem Bereich zu engagieren. Feststellbar ist hier auch ein Stadt-Land-Gefälle. In ländlichen Bereichen ist die Frage der Entschädigung für die Mitglieder der Wahlkommissionen nicht ausschlaggebend für eine Mitwirkung an einem demokratischen Wahlablauf, sehr wohl verstärken sich aber diese Probleme in den städtischen Zentralräumen.

Herr Kollege Scheibner! Für meine Gemeinde kann ich sagen, daß es keinerlei Entschädigung für die Wahlbeisitzer gibt. Sie wird auch von diesen nicht gewollt und gewünscht, sie wird abgelehnt.

Wir haben Verantwortung dafür zu tragen, daß auch in Zukunft demokratische Wahlabläufe gewährleistet sind. Wahlen kosten Geld, daher müssen natürlich auch entsprechende Überlegungen angestellt werden, wie ein angemessener Gebührenanspruch für die Mitarbeiter in den Wahllokalen gewährleistet werden kann. Diese Überlegungen sollen in die Diskussion mit den Ländern und Gemeinden über eine Kostentragung natürlich einfließen.

Die Erfahrung bei der zuletzt durchgeführten Europawahl hat auch gezeigt, daß Reformbedarf besteht. Derzeit haben wir uns bei der Auszählung der Stimmen an die Vorgaben der EU zu halten. Konkret – und das war ja bei der letzten EU-Wahl ein vielkritisierter und zu Recht vielkritisierter Punkt – kann die Stimmenauszählung erst dann beginnen, wenn auch das letzte Wahllokal geschlossen ist. Die Mitglieder der Wahlkommission müssen entweder mehrere Stunden warten, bis sie mit der Stimmenauszählung beginnen können, oder die Öffnungszeiten des Wahllokales werden hinausgeschoben und auf den späten Abend verlegt. Dies führt unter Umständen bei darauffolgenden Wahlen zu Verunsicherungen in der Bevölkerung.

Wünschenswert sind meiner Meinung nach möglichst einheitliche Wahlzeiten innerhalb Österreichs. Die angestrebte Rechtsänderung, daß künftig bei EU-Wahlen die Stimmenauszählung bereits vor 22 Uhr vorgenommen werden kann, um stundenlange Sitzungsunterbrechungen der Wahlbehörde zu vermeiden, würde sicherlich eine Entschärfung dieser Situation bringen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Auer.)

Generell stehe ich Maßnahmen, die eine Erleichterung der Ausübung des Wahlrechtes mit sich bringen, sehr positiv gegenüber und stimme dem vorliegenden Entschließungsantrag gerne zu. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.41

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorliegende Entschließungsantrag behandelt eine Verbesserung für die Mitglieder von Wahlbehörden und Vertrauenspersonen bei bundesweiten Wahlen. Es geht darum, die Öffnungszeiten der Wahllokale, vor allem bei der EU-Wahl, anders zu koordinieren, da die gegenwärtige Regelung Schwierigkeiten bei der Auswertung verursacht.

Der Gesetzgeber hat meiner Ansicht nach die Aufgabe, den ungehinderten Zugang des Bürgers zur Ausübung seines Wahlrechts, die ordnungsgemäße Überwachung der Stimmabgabe und die korrekte Auszählung der Stimmen zu gewährleisten. Das erfordert Einsatz! Wir haben jedoch in den letzten Jahren immer mehr das Problem, daß sich kaum mehr Freiwillige für eine Wahlkommission melden, denn eine Teilnahme an einer Wahlkommission ist schon lange keine Ehrensache mehr, wie es das einst viele Jahre beziehungsweise Jahrzehnte lang war.

Es geht konkret darum, daß es erstens – und das ist schon angesprochen worden – zu geringe oder zu unterschiedliche Entschädigungen gibt. Wir wollen nun mit diesem Entschließungsantrag eine Diskussion einleiten, um bundesweit angepaßte Entschädigungen einzuführen und auch die Entschädigungsabrechnung als solche zu vereinfachen. Zudem ist es so, daß eine große Anzahl von Kostenfaktoren penibel aufgelistet und diese Liste dann innerhalb von 60 Tagen vorgelegt werden muß. Die Gemeinden bekommen dann einen Teil ihrer Kosten ersetzt, jedoch maximal ein Drittel.

Das kann meiner Meinung nach in dieser Form nicht so weiterlaufen. Es gibt diesbezüglich bereits einige, konkret zwei Vorschläge des Innenministeriums, nämlich einerseits ein Fixpauschalierungssystem und andererseits ein Fixpauschalierungssystem und für all jene Gemeinden, deren Kosten über das fixe Pauschale hinausgehen, einen Ersatz der Kosten, wenn sie die Mehrkosten auch nachweisen können. Das wäre, glaube ich, ein Weg, über den man wirklich reden sollte.

Zweitens: Was die Wählerverzeichnisse und deren Auflegungszeitraum anlangt, ist zu sagen, daß wir uns in den letzten Jahren darum bemüht haben, gerade an den Wochenenden die Wählerverzeichnisse zur Einsicht aufzulegen. Es ist jedoch immer öfter festzustellen, daß die Bürger kaum davon Gebrauch machen. Zum anderen erwachsen den Gemeinden daraus enorm hohe Kosten. Das heißt jedoch nicht, daß wir dieses Einschaurecht abschaffen wollen, die Möglichkeit zur Einsicht soll aber in einer Zeit erfolgen, die auch angenommen wird und vertretbar ist und den Gemeindebediensteten keine unnötige Zeitverpflichtung auferlegt, obwohl diese Möglichkeit insgesamt nicht mehr genützt wird, denn das freie Wochenende und die Freizeit sind auch für diese Bürger wichtig.

Der dritte Punkt betrifft die Briefwahl. Wir haben anläßlich der Nationalratswahl 1992 eine große Novelle beschlossen, durch die es leichter geworden ist, den Bürgern, die sicherlich allgemein mobiler geworden sind, die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen. Das war ein erster Schritt. Und die Briefwahl muß unser Ziel sein! (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben diesbezüglich bereits mehrere wissenschaftliche Abhandlungen vorgelegt, zuletzt jene von Professor Schäffer aus dem Jahre 1979. Die Briefwahl wird in anderen Ländern mit sehr großem Erfolg angewendet, und wir meinen, daß wir gerade auf diesem Gebiet Nachholbedarf haben.

Schlußendlich leiten wir meiner Ansicht nach mit diesem Entschließungsantrag eine Diskussion ein, die letzten Endes in einer parlamentarischen Enquete enden könnte, bei der wir mit Vertretern aus anderen Ländern über deren Erfahrungen sprechen und daraus lernen könnten, um durch eine Nachbesserung unserer Gesetze auch in dieser Frage den Herausforderungen der heutigen Zeit voll und ganz zu entsprechen. Es wäre dies eine wichtige Aufgabe, der wir uns stellen sollten! Ich bin froh darüber, daß wir damit nun diese Diskussion eröffnen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Herrn Berichterstatters.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über die dem Ausschußbericht 2032 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung beitreten wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit, daher angenommen. (E 203.)

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1854 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden (2052 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den 14. Sportbericht (III-173 der Beilagen) 1997 des Bundeskanzlers (2042 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 17 und 18 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir kommen daher zur Debatte.

Als Erstredner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.46

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich möchte ich sagen, daß wir dieser Regierungsvorlage, die eine Änderung des Glücksspielgesetzes betrifft, zustimmen werden. Es geht darum, daß dem Sport höhere Mittel zur Verfügung gestellt werden, die Untergrenze liegt dabei für die Jahre 2000 bis 2002 in der Größenordnung von 440 Millionen Schilling, die Obergrenze steigert sich in den Jahren 2000 bis 2002 von 460 Millionen auf 500 Millionen Schilling.

Aber wir stimmen mit einem gewissen Bauchweh zu. Und ich sage auch ganz ehrlich, warum ich mit Bauchschmerzen zustimme. Sie setzen damit auch im Bereich des Sports Ihre Parteipolitik weiterhin fort, ganz so, wie man es seit 55 Jahren in Österreich gewohnt ist. Wir haben das in der Oesterreichischen Nationalbank, wir haben das soeben in der ÖIAG mit der Bestellung von Streicher und Ditz erlebt, und wir erleben das natürlich auch im Sport, weil Sie nicht bereit sind, die Verwendung der Sportförderungsmittel anders, also zeitgemäß, zu gestalten, indem sie über die Bundessportorganisation den Fachverbänden zugewiesen werden, wo sie auch hingehören. Infolge der von Ihnen betriebenen Parteipolitik sagen Sie aber: Wir wollen die Dachverbände natürlich dazwischengeschaltet haben, weil wir durch die Dachverbände entscheiden wollen, wohin das Geld fließt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt den ASKÖ, den ASVÖ und die UNION. – Trennen Sie sich einmal von diesen Dingen! Solange Sie sich von diesen Dingen nicht trennen, wird es immer wieder den unappetitlichen Beigeschmack geben, daß mit den Sportförderungsmitteln im Grunde genommen Parteipolitik betrieben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man kann dann in der Reihe "Porträts" in der Sendung "Hohes Haus" etwa Herrn "Noldi" Grabner sehen, zu dem eine Sportfunktionärin kommt, der er einen Scheck über 5 000 S oder 10 000 S gibt – und danke schön, das war’s dann schon! (Abg. Grabner: Aber nicht vom Sport!) Bitte? (Abg. Dr. Löschnak: Aber nicht vom Sport! – Abg. Dr. Ofner – in Richtung des Abg. Grabner –: Nimmst du das aus der eigenen Tasche? Gib es zu! – Abg. Grabner – in Richtung des Abg. Dr. Ofner –: Du nicht! – Abg. Dr. Ofner: Eh nicht, aber du auch nicht! Ich behaupte das nicht einmal, und der Franzi Löschnak auch nicht!)

Lenken Sie diese Dinge endlich einmal in die richtigen Kanäle! Hören Sie endlich einmal mit der Parteipolitik auf, hören Sie auf mit dem Parteiproporz, dann werden Sie auch bei uns uneingeschränkte Zustimmung erhalten. Solange Sie aber dieses Verteilungssystem beibehalten, werden wir eigentlich nur im Sinne des Sports die Zustimmung erteilen. (Abg. Kopf: Das ist ein Widerspruch!)

Der zweite Punkt ist, daß in der Regierungsvorlage wirklich ein sogenannter arbeitsplatzpolitischer Akzent enthalten ist! Herr Kollege Kopf, wissen Sie, wovon wir reden, um welche Beträge es dabei geht? Wissen Sie, wie hoch der Betrag ist? – Wenn ich nämlich die Evaluierung von einem Jahr zum anderen hernehme, dann sind das 20 Millionen Schilling, davon nehme ich die Hälfte, 50 Prozent, das macht 10 Millionen Schilling. (Abg. Kopf: Falsch gelesen!) Nein, nicht falsch gelesen! Es handelt sich um einen Betrag von 10 Millionen Schilling. Mit 10 Millionen Schilling machen Sie arbeitspolitische Maßnahmen! (Abg. Kopf: Das stimmt nicht! Das ist nur ein Teil der Verbände! Du hast nicht richtig gelesen!)

Seien Sie doch nicht so kleinkariert! Mit 10 Millionen Schilling können Sie doch überhaupt nichts bewegen! Geben Sie das dem Sport direkt, und beeinflussen Sie ihn nicht mit Maßnahmen, durch die Sie wieder irgendwelche Posten politisch vergeben können, denn das sind keine arbeitspolitischen Maßnahmen! Unterstützen Sie den Sport, wie es sich gehört, und lassen Sie die Parteipolitik heraußen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Krüger – in Richtung des Abg. Grabner –: Was sagst du zur Entpolitisierung des Sports? – Abg. Grabner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das werde ich dir gleich sagen!)

19.51

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es liegt heute der Sportbericht vor. Ich möchte zu diesem Tagesordnungspunkt einige Worte sagen. Die Anerkennung des Sports ist – das darf ich schon sagen – in allen Fraktionen gegeben. Früher ist der Sportbericht, wenn eine Legislaturperiode ausgelaufen ist, nicht mehr behandelt worden. Ich sage allen danke schön, jedem für seinen Gesichtspunkt, denn jede Fraktion hat sich jetzt mit dem Sport beschäftigt. Ich möchte auch danke schön sagen, daß heute eine Förderung von bis zu 500 Millionen Schilling für den Sport beschlossen wird, vor allem dem BSO-Präsidenten Dr. Löschnak, Bundeskanzler Mag. Klima, Staatssekretär Dr. Wittmann und Finanzminister Edlinger sowie dem Koalitionspartner. Denn gemeinsames Vorgehen ist, glaube ich, sehr wichtig für den Sport.

Meine Damen und Herren! Im Rückblick auf das Sportjahr 1997 kann Österreich eine erfolgreiche Bilanz ziehen. Österreichs Sportlerinnen und Sportler haben in diesem Jahr wieder einmal ausgezeichnete Ergebnisse bei Europa- und Weltmeisterschaften und anderen hochkarätigen internationalen Veranstaltungen erzielt. (Abg. Mag. Haupt: Auch bei den Special Olympics!) Daher möchte ich betonen, daß der Spitzensport in seiner internationalen Wirkung für unser Land Österreich, aber auch in seiner Vorbildfunktion vor allem für die Jugend unseres Landes einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Die Spitzensportler Österreichs sind die besten Botschafter für unser Land – ob Steffi Graf, die Segler, die Schifahrer, ob es Vera Lischka oder Uschi Profanter ist, sie alle sind echte Botschafter unseres Landes. Ich glaube, man sieht bei den Freiheitlichen, daß viele die Wirklichkeit des Sports nicht wahrnehmen wollen.

Im Leistungssport wurden im Jänner 1997 bei einer Klausurtagung des österreichischen Spitzensportes ... (Abg. Dr. Ofner: Die Steffi Graf wird akquiriert!) – Herr Ofner ist sehr selten anwesend, aber wenn er da ist, redet er immer dazwischen, er sollte die gelbe Karte bekommen. (Der Redner hält eine gelbe Karte in die Höhe. – Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kopf. – Ruf bei den Freiheitlichen: Der Schmäh ist schon alt!) – Aber er funktioniert noch immer bei dir. (Abg. Dr. Krüger: Hast du auch eine rote?) Herr Kollege, du kriegst die rote!

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es sehr wichtig ist, daß der österreichische Spitzensportausschuß neue Richtlinien für den Sport, für den Spitzensport erarbeitet hat. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) In einer intensiven Diskussion wurden unter anderem folgende Punkte herausgefiltert – die uninteressant für die Freiheitlichen sind, denn sonst würden sie nicht immer dazwischenrufen –:

Ziel sind vorrangig die Olympischen Spiele in Sydney. Daher werden unsere Spitzensportler im September dieses Jahres mit Ärzten nach Sydney fliegen, um bereits jetzt für die Olympischen Spiele des nächsten Jahres Auswertungen vorzunehmen. Ich halte das für sehr wichtig für unsere Spitzensportler.

Weiters: Wo gibt es mögliche erfolgreiche SportlerInnen? – Auch diese sollen bereits jetzt gefördert werden.

Welche Zielvorstellungen hat der jeweilige Verband? – Meine Damen und Herren! Im Februar 1997 fand die Hauptversammlung des Österreichischen Olympischen Komitees mit Neuwahl des Vorstandes statt. Präsident Dr. Wallner wurde in seinem Amt bestätigt, er wurde auch in Seoul ins Internationale Olympische Komitee gewählt.

1997 war ein typisches nacholympisches Jahr, Analysen, Diskussionen und daraus abgeleitete strategische Planungen waren die Schwerpunkte des Institutes für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung. Schließlich galt es – basierend auf den Erfahrungen der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta –, den neuen Olympiazyklus zur Vorbereitung auf Sydney 2000 zu planen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Krüger und Fischl.)

Durch Trainings- und Wettkampfunterstützung sowie Sportstipendien wurden im Jahre 1997 39 Studenten, die im A-Kader einer Sportart aufscheinen mußten, mit insgesamt 230 000 S unterstützt, um die Kosten für die Leistungssportler, wie die Kosten für Ernährung, Fahrtkosten und so weiter, zu verringern.

Schwerpunkte lagen bei folgenden Sportarten: Leichtathletik, Eislaufen, Fechten, Badminton, Rudern, Handball, Tanzen. – Ich glaube, daß all das sehr wichtig für die jungen Sportlerinnen und Sportler ist.

41 staatliche Auszeichnungen konnten im Jahre 1997 verliehen werden. Ich glaube daher, daß wir uns in der neuen Periode überlegen müssen, ob nicht ein eigenes Sportehrenzeichen eingeführt werden sollte.

90 Europa- und Weltmeisterschaftsmedaillen wurden an Österreicher vergeben, und viele Sportlerinnen und Sportler haben damit für unser Land sehr viel geleistet.

Auch die Leistungsmodelle Südstadt, wo die Ausgliederung der Bundessportheime, glaube ich, gut geglückt ist, sind sehr wichtig, genauso die Heeressport- und Nahkampfschule. Auch der österreichischen Sporthilfe möchte ich ein Dankeschön sagen, unserem Freund Hubert Neuper sowie Mag. Andi Schwab.

Meine Damen und Herren! Ich möchte allen danke schön sagen, die dazu beigetragen haben, daß dieser Sportbericht so gut gestaltet wurde, den Beamten, möchte allen Fachverbänden und Dachverbänden herzlichst danke schön sagen. Ich glaube, daß der Sport Österreichs mit der Bundessportorganisation mit Präsident Löschnak und Zeh, mit dem Olympischen Komitee unter Wallner und Jungwirth, mit der Sporthilfe mit Neuper und vielem mehr gut bestellt ist, und ich hoffe, daß wir auch anläßlich des nächsten Sportberichtes von Erfolgen berichten können. (Beifall bei der SPÖ.)

19.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Haupt – in Richtung des Abg. Grabner –: Einmal wenigstens könntest du die Ruderer auch erwähnen, die hast du noch nie erwähnt! – Abg. Grabner – in Richtung des Abg. Mag. Haupt –: Du könntest aber hinausgehen und es gleich sagen, du oder der Ofner! – Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Meine Herren! Es sind durchaus Wortmeldungen hier beim Präsidium möglich!

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

19.58

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Da Herr Grabner vom Olympischen Komitee gesprochen hat, möchte ich hier noch einmal mein Bedauern zum Ausdruck bringen, daß diese einmalige gesellschaftliche und wirtschaftliche Chance vertan wurde, durch die Kärnten im Verband mit Friaul und Slowenien seine neue Mitte gefunden hätte. Das ist viel mehr als ein ökonomischer oder ein touristischer ... (Abg. Gaugg: Das müßt ihr dem Samaranch ausrichten! – Abg. Böhacker: Weil es Salzburg ausgebootet hat!) Gut! Ich habe das gesagt, weil es mir ein Anliegen war. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Ein wirkliches Trauerspiel war leider der Unterausschuß des Verfassungsausschusses. Er war leider ein Trauerspiel. Wir haben dort einen kompetenten Sportbericht behandelt, aber es wurde zur Vertagung geschritten. Freund Kopf hat beschlossen, daß die Anträge der Opposition, die dort eingebracht und auch behandelt wurden, vertagt werden. Ich halte das letztlich für ein parlamentarisches Trauerspiel!

Es wäre wirklich gut gewesen, über die Privatisierung der Bundessportheime zu reden und auch diesbezüglich Beschlüsse zu fassen. Das war leider nicht möglich, weil wieder einmal vertagt wurde. Das heißt, diese Anträge werden schlicht und ergreifend der Vergessenheit anheimgestellt. Ich halte das für schlecht!

Unter diesen war auch der Antrag betreffend die Mountainbiker. Sie wissen, daß unser "kommunistischer" Nachbar Bayern das Mountainbiken auf den Forststraßen schon seit langem ermöglicht, nur in Österreich ist das offensichtlich nicht möglich. Auch das so "kommunistische" Südtirol, die "kommunistische" Schweiz und das ehemalige kommunistische Slowenien, all diese Nachbarländer haben ihre Forstbesitzer enteignet, sodaß man dort auf den Forststraßen radeln darf. Es wird uns vielleicht in der nächsten Legislaturperiode gelingen, in dieser Frage einen Durchbruch zu erzielen.

Der Sportbericht, den wir diskutieren, ist inhaltlich korrekt. Die Strukturen des österreichischen Sports hingegen sind eine Katastrophe. Wir haben darüber bereits das letzte Mal debattiert. Es gibt eine Bundessportorganisation, drei Dachverbände, 45 Fachverbände, Tausende Sportvereine in vier unterschiedlichen Ebenen sowie 79 landesgesetzliche Regelungen. Das ist eine klassische Struktur, wie sie nur sein kann, weil sie gewachsen ist und sich niemand findet, der den Mut hat, Herr Staatssekretär, in so eine Sportorganisation einmal Ordnung zu bringen, sie schlanker zu machen und damit mehr Geld für Sportler, Trainer und freiwillige Verbände aufzubringen als für Bürokratie.

Ich weiß schon, was in Artikel 15 der Bundesverfassung steht, und ich weiß schon, daß Sport Ländersache ist. Dennoch kann es eine Aufgabe sein, in Verhandlungen – nicht im Diktat – herauszufinden, wie wir diese Regelungen vereinheitlichen können.

Für die Reorganisation des Sports in einer Informationsgesellschaft, in der Kommunikation leicht möglich ist, in der es Intranets geben könnte, durch die man zu einer leichteren Führbarkeit gelangen könnte und über die auch die Mitgliederverwaltung und Informationen laufen könnten, bedarf es nur mehr zweier Ebenen. Eigentlich bedarf es nur mehr der Ebene der Bundes-Sportorganisation als Bundesdachverband und auf der anderen Seite der Ebene der Fachverbände und der privaten Sportvereine. Die vielen Sportvereine kümmern sich um den Breitensport, und die Fachverbände auf derselben Ebene sind für den Leistungssport zuständig.

Mehr Geld für Sport, weniger Geld für Strukturen wäre eben schön. Es könnte gehen, wenn man wollte, aber offensichtlich gibt es viel zu viele Funktionäre, die sich in diesen vier Ebenen und vielen Verbänden sehr wohl fühlen. Über die Beziehung zur Parteipolitik hat vorhin Trattner schon das Wesentliche gesagt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Fischl.)

Die Finanzierung durch das Bundes-Sportförderungsgesetz und die Änderung des Glücksspielgesetzes sind soweit in Ordnung, aber nur so weit, bis es dann zu Artikel 2 kommt. Ich halte diesen Artikel 2 ganz einfach für ärgerlich. Wir werden da eine getrennte Abstimmung verlangen und dem Artikel 1 zustimmen, den Artikel 2 aber ablehnen. Denn es sind hiezu zwei Dinge anzumerken.

Erstens: Geld wiederum in einer dieser vier Ebenen – nämlich natürlich in der parteipolitischen Ebene – anzusiedeln, halte ich für falsch. Herr Löschnak, Ihr Argument mit den 2 000 S je Sportverein haben Sie ja selbst nicht ernst genommen! Das haben Sie ja nur so hineingeworfen.

Zweitens halte ich es aber vor allem einfach für eine Chuzpe, wenn man jetzt schon die Sportförderung erhöht, den Vereinen, die die Sportförderung bekommen, dann wiederum vorzuschreiben, wie sie sie auszunützen haben. Sie müssen nämlich 50 Prozent für neue Mitarbeiter ausgeben. Das wird dann auch wieder jemand kontrollieren müssen.

Das sind doch lauter Dinge, die unsinnig sind! Wenn man jemanden fördert, dann hat dieser einen klaren Auftrag. Wie er diesen Auftrag erfüllt, muß die Angelegenheit der Verbände sein, die die Förderung bekommen. Ich halte also weder die Zielorientierung in Richtung Dachverbände für richtig, weil ich die Sportstrukturen, so wie sie heute existieren, für falsch halte, und schon gar nicht diese zusätzliche Bestimmung, daß die Hälfte für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ausgegeben werden muß. Das ist einfach ein ärgerliches Placebo und nichts anderes, weil eben überall "Arbeitsplätze" stehen muß. (Abg. Böhacker: Ja, ja! Das ist es!)

Herr Dr. Grollitsch wird gemeinsam mit den Kollegen Grabner und Kopf einen Entschließungsantrag einbringen, dem ich dann inhaltlich die Zustimmung geben werde, weil ich glaube, daß es wichtig ist, Bewegungssport als Maßnahme der Gesundheitsvorsorge zu erhalten. Ich glaube auch, daß es gescheit ist, in den Schulen die sportliche Bewegung zu fördern und in den Vordergrund zu stellen. Vor allem aber meine ich, daß es auch an den Universitäten die Möglichkeit geben sollte, den freiwilligen Sport auszuüben, wobei ich nicht glaube, daß man den freiwilligen Sport – darüber haben Grollitsch und ich schon gesprochen – gesetzlich verordnen kann, sondern daß es einfach ein Teil des Auftrages an die Universitäten sein sollte, daß freiwillige Sportveranstaltungen angeboten werden. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.03

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Peter! Was die Struktur des Sports anbelangt, so hast du insofern recht, als man, wenn man heute hergehen müßte oder könnte und den Sport in Österreich neu organisieren würde (Abg. Fischl: Wollte!) – das hat mit Wollen von oben sehr wenig zu tun: ich bin sehr stolz darauf, daß wir in Österreich einen frei organisierten Sport haben, der sich selbst organisiert und der sich auch selbst seine Strukturen wählt; das ist ein wesentliches Merkmal unseres Sports –, möglicherweise zu einer etwas anderen Struktur kommen würde. Das mag schon sein.

Was jedoch die Finanzierung des Sports betrifft, so liegt das Problem der fehlenden Mittel nicht etwa bei den drei Dachverbänden, sondern die meisten Mittel fehlen aus meiner Sicht bei den Fachverbänden dort, wo es um die Erfüllung ihrer primären Aufgabe vor allem auf Bundes- und Landesebene geht, nämlich um die Förderung des leistungsorientierten Sports. In die Breite, also für die kleinen Vereine, die sich der Basisarbeit widmen, wird gerade über die Dachverbände sehr, sehr viel an Förderung und Bereitstellung von Infrastruktur, von finanziellen Mitteln und so weiter geleistet. Vor allem den Fachverbänden aber fehlt das nötige Geld, um ihre Strukturen so gestalten zu können, daß sie auch tatsächlich effizient und effektiv sein können.

Kollege Grabner hat schon angesprochen, daß es zwar mit der allgemeinen Sportförderung, in der auch der Spitzensportausschuß finanziell beheimatet ist, eine zweite Finanzierungsschiene gibt, aber das ist in Wahrheit eine Projektförderung für zusätzliche Projekte, zum Beispiel in Richtung Olympia. Was den Fachverbänden aber zunächst einmal fehlt, ist überhaupt die Basisfinanzierung, um vernünftige Strukturen haben zu können, mit entsprechenden Trainern ausgestattet zu sein und so weiter.

Mir wäre es deshalb nicht unlieb – oder besser, es ist sogar eine Forderung dahin gehend zu erheben –, daß wir über diese 500 Millionen Schilling hinaus, die wir jetzt bis zum Jahr 2002 wahrscheinlich für den Sport erhalten werden, in absehbarer Zeit noch einmal, Herr Staatssekretär, eine Kraftanstrengung unternehmen, um dem Sport noch einmal eine Erhöhung der Förderungsmittel zuführen zu können, und diese dann aber primär in Richtung der Fachverbände lenken, damit sie mit geeigneten Trainern, mit geeigneter Struktur ausgestattet auch wirklich die entsprechende Arbeit leisten können.

Der vorliegende Antrag findet selbstverständlich unsere Zustimmung, wenngleich ich auch zunächst in der ursprünglichen Regierungsvorlage einen kleinen Wermutstropfen darin gesehen habe, daß es durch diese 3 Prozent Bindung an die Umsätze der Lotterien nicht so ohne weiteres sicherzustellen gewesen wäre, daß wir diese 500 Millionen Schilling, die wir für den organisierten Sport in Österreich wirklich dringend brauchen, im Jahre 2002 auch tatsächlich erreichen können. (Abg. Fischl: Im Jahr 2002 gibt es den ÖFB gar nicht mehr! Da ist er schon aufgelöst!)

Ich behaupte, es ist neben dem Bemühen von uns allen wahrscheinlich auch ein bißchen mein Verdienst, daß eine Intervention beim Herrn Bundeskanzler und deine Bemühungen, Kollege Löschnak, und sicher auch deine, Noldi Grabner, beim Finanzminister dazu geführt haben, daß dieser Prozentsatz jetzt im Ausschuß von 3 auf 3,5 Prozent angehoben werden konnte, weil damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, daß diese 460, 480 und dann 500 Millionen auch tatsächlich in diesen drei Jahresetappen zu erreichen sind. Davon kann man eigentlich ausgehen.

Lieber wären mir Fixbeträge gewesen – das sage ich auch dazu – und nicht dieser Umweg über die Ankoppelung an die Lotterieumsätze. Ich halte das an sich für unnötig. Wichtig ist aber das Ziel an sich – und dieses Ziel scheint erreicht –, daß wir für den Sport doch in einer relativ kurzen Zeit von 400 Millionen Schilling noch vor zwei Jahren (Abg. Böhacker: 420 waren es!) auf 500 Millionen Schilling in drei Jahren kommen können. (Abg. Fischl: Das war das ganze Ziel?) Das ist ein wichtiges Etappenziel, das wir erreicht haben. (Abg. Fischl: Danke!)

Ich habe schon vorher ausgeführt – wenn du mir zugehört hättest, lieber Harry Fischl, dann hättest du es gehört –, daß ich nicht damit zufrieden bin, sondern eine zweite Forderung in Richtung der Fachverbände erhoben habe, und von dieser Forderung werde ich auch nicht ablassen. Ich bin davon überzeugt, daß es gelingen kann, in der nächsten Legislaturperiode mit allen, denen der Sport am Herzen liegt, auch dieses zweite Etappenziel noch zu erreichen. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.08

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sport ist eine der wenigen Konsensmaterien in vielen Bereichen. So haben wir, fünf Parteien gemeinsam, vor einiger Zeit die Olympiabewerbung von Kärnten unterstützt. Ich danke den Fraktionen, daß sie dieser meiner Initiative zugestimmt haben. Daß sie schließlich zu keinem Erfolg führte, hat mit der Initiative selbst nichts zu tun. Danke!

Ich danke auch dafür, daß die Regierungsparteien einen Entschließungsantrag, den ich im Zusammenhang mit dem Sportbericht inszeniert habe, unterstützen. Das hat nichts damit zu tun, daß wir unsererseits dieses Glücksspielgesetz, dem wir im ersten Teil zustimmen, befürworten. Seinem Inhalt nach, meine Damen und Herren, läuft das Gesetz nämlich darauf hinaus, daß der Sport sozusagen Glückssache ist: Wenn das Glücksspiel funktioniert, dann darf auch der Sport in den nächsten Jahren funktionieren. – Ist das tatsächlich die geeignete Basis? Sind wir alle damit zufrieden, daß möglichst viele Jackpots die Basis für das sportliche Tun unserer Jugend gewährleisten? Kann es das wirklich sein?

Herr Kopf hat schon ein bißchen Sorge, daß im Jahr 2002 jener Betrag, den das Gesetz in der dritten Etappe vorsieht, nicht erreicht wird. (Abg. Kopf: Jetzt nicht mehr!) Ich teile seine Sorge. (Abg. Kopf: Jetzt nicht mehr!)

Kollege Kopf! Du weißt so gut wie ich, daß die privaten Wettanbieter künftig auf diesem Sektor abräumen werden. Es ist zu befürchten, daß das Glücksspiel in jener Form, in der es jetzt den Sport fördert, vielleicht nicht in der Art expandieren kann, wie wir das in den letzten Jahren gewohnt gewesen sind.

Prinzipiell aber sei gesagt: Wir Freiheitlichen glauben, daß der Sport, daß die Gesundheit unserer Jugend nicht auf der Basis eines Glücksspiels fußen soll. Wir haben daher in diesem Entschließungsantrag, der nunmehr eingebracht wird, gemeinsam eine Basis für den Sport der Zukunft vorgesehen, zu der auch das Ressort für Arbeit, Gesundheit und Soziales seinen Beitrag zu leisten hätte.

Am 19. September 1997 hat der Nationalrat mit einem Fünf-Parteien-Entschließungsantrag einhellig die Bundesregierung aufgefordert, die Anliegen des Sports im Rahmen aller Ressorts zu fördern. In Fortführung, Erweiterung und Präzisierung dieser Bemühungen wird daher folgender Antrag eingebracht:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Udo Grollitsch, Arnold Grabner und Karlheinz Kopf betreffend umfassende Sportpolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, Anliegen des Sports im Rahmen aller Ressorts bestmöglich zu berücksichtigen; insbesondere wird

die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales ersucht, die regelmäßige Ausübung von Bewegungssport als Maßnahme der Gesundheitsvorsorge besonders zu forcieren und hiefür budgetär Vorsorge zu treffen;

die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ersucht, die Kernbereiche der motorischen Entwicklung unserer Jugend durch fachgerechte, im Umfang ausreichende Leibeserziehung in allen Schulbereichen sicherzustellen, eine entsprechende Anzahl ausgebildeter Fachkräfte für den Sportunterricht an Schulen zur Verfügung zu stellen und eine verstärkte Kooperation zwischen Schulsport und außerschulischem Sport aktiv zu fördern" – gemeint ist hier in erster Linie, daß der Fachsportunterricht auch in der Grundschule, in der Volksschule, aber auch in der berufsbildenden Schule und in der Berufsschule in der jetzigen Form wenigstens verstärkt eingeführt wird –;

"der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht, den Sport entsprechend seiner Bedeutung für Tourismus und Wirtschaft durch geeignete Initiativen im In- und Ausland zu fördern;

der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ersucht, die Ergebnisse sportwissenschaftlicher Untersuchungen an den Universitäten dem schulischen und außerschulischen Sport unmittelbar zugänglich zu machen,

dem freiwilligen Sport an Österreichs Universitäten eine neue gesetzliche Basis zu geben;

der Bundeskanzler ersucht, eine Verankerung des Sports in den EU-Verträgen mit aller Kraft voranzutreiben, alle Maßnahmen zu ergreifen, und dem Sport auch auf internationaler Ebene seine Autonomie zu belassen und das Subsidiaritätsprinzip zu gewährleisten,

sich für eine vollständige Umsetzung der Anti-Doping-Konvention des Europarates einzusetzen,

die Stellung des Behindertensports weiter zu verbessern."

*****

Dieser letzte Wunsch in diesem Entschließungsantrag war Grund dafür, daß die Grünen leider bei diesem Antrag nicht mitgehen konnten. (Abg. Haidlmayr: Haidlmayr!) Frau Haidlmayr wird uns erklären, warum nicht. Sie hat gemeint, es sei eine Frechheit, mit der Formulierung "die Stellung des Behindertensportes weiter zu verbessern" auszukommen.

Frau Haidlmayr! Ich bin seit 30 Jahren im Versehrtensport intensiv und nunmehr am Rande tätig. Ich glaube nicht, daß Sie die Interessen des Versehrtensportes vertreten, wenn Sie sich von dieser Formulierung trennen. Wir werden Ihren diesbezüglichen Ausführungen gerne lauschen.

Ich danke dafür, daß wir auf dem Sektor des Sportes doch auch einen Konsens gefunden haben, wenngleich sich die Grundlinien freiheitlicher Sportpolitik mit jenen der übrigen Parteien schwer vereinbaren lassen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.15

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Grollitsch hat mich gerade darauf angesprochen, warum ich diesem Entschließungsantrag nicht zustimme. – Ich kann es Ihnen sagen, Herr Grollitsch: Wir haben vor drei oder vier Stunden über die Gleichstellung von Behinderten und über die Nichtdiskriminierung diskutiert. Wenn wir von Sport reden, dann müssen Sie auch bereit sein, den Behindertensport als gleichwertig gegenüber dem Nichtbehindertensport zu behandeln und nicht nur eine Floskel dahin gehend hineinzuschreiben, daß man versuchen möge, ihn zu fördern. Diese Zeiten sind vorbei! (Beifall der Abgeordneten Öllinger und Mag. Barmüller.) Es geht um Nichtdiskriminierung, und wenn Sie dazu stehen, dann gilt das auf allen Ebenen, auch im Sportbereich!

Noch etwas möchte ich sagen: Ihr Entschließungsantrag darf nicht dazu führen, daß alle, ob sie es wollen oder nicht, Sport betreiben müssen. So darf es auch nicht gehen! Denn in den Schulen ist es oft so, daß speziell Kinder, die nicht so bewegungstalentiert sind – es sind ja gerade erst wieder die Zeugnisse verteilt worden –, in Turnen einen "Vierer" bekommen. So weit sollte das nicht gehen, sondern Sie müssen jedem Kind sehr wohl die Freiheit lassen, zu entscheiden, ob es am Sportunterricht teilnehmen will oder nicht.

Schauen Sie sich doch an, wie der Sport gelagert ist! (Abg. Kopf: Als Bewegungserziehung und als Gesundheitsvorsorge!) Eigentlich ist ein Kind, nur weil es Sport betreiben will und vielleicht in einem Verein spielen oder dort seinen Sport ausüben will, automatisch bei einer Partei dabei. Das kann es doch bitte nicht sein! Sie müssen endlich bereit sein, den Sport von der Parteipolitik zu trennen! Sport hat mit Parteipolitik nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen.) Solange Sie dazu nicht bereit sind, können Sie nicht hoffen, daß wir Grünen Ihre Sportpolitik und damit Ihre Parteipolitik unterstützen! Das tun wir nicht.

Ich möchte aber noch einiges zum Sportbericht sagen. Da fällt mir schon einiges auf. Wenn man sich auf den ersten Seiten die Aufstellung ansieht, wie der Sport geregelt ist, dann kann man durchzählen, wie viele Funktionärsebenen es gibt. (Abg. Kopf: Das sind ehrenamtliche Leute! Das sind ehrenamtlich tätige Leute!) Selbstverständlich bleibt dann für den einzelnen Sportler schön langsam nichts mehr übrig, weil ein Großteil der Kosten ganz einfach auf irgendwelche Funktionäre – die nicht alle ehrenamtlich arbeiten, möchte ich dazusagen – entfällt und damit die Mittel bereits verbraucht sind.

Es fällt schon langsam auf, daß man – und das werden Sie mir nicht bestreiten –, wenn heute im Ausland Sportveranstaltungen stattfinden, schon schauen muß, ob da nicht mehr Funktionäre als Sportler anwesend sind, denn viele Funktionäre haben es sich in ihrer Planung bereits irgendwie so eingeteilt, daß sie ihren Urlaub dort verbringen, wo zufällig die Sportveranstaltung stattfindet. Da sind sie dann am Anfang bei der Eröffnung sichtbar, dann machen sie zehn Tage Urlaub, und beim Abschluß der Veranstaltung sind sie auch wieder dabei. – So kann das, bitte, nicht gehen!

Dieser Wildwuchs, daß Sportfunktionäre oft auf Kosten des Sportbudgets ihre Urlaube finanzieren, kann ja wohl nicht Sinn der Sache sein! Wenn Sie bereit wären, hier einmal Klarheit zu schaffen, dann würden Sie sich wundern, wieviel Geld eigentlich für den Sport und für den einzelnen Sportler jetzt schon übrigbliebe! Daran besteht aber Ihrerseits kein Interesse.

Herr Staatssekretär! Es ist immer ganz nett, wenn zweimal im Jahr die Sportlerehrung stattfindet, entweder im Bundeskanzleramt oder, wie letztes Mal, in den Redoutensälen. Sie haben sich aber noch nie dazu durchgerungen, auch einmal mental behinderte Sportler – es wurde ja heute erwähnt, wie viele Medaillen sie für Österreich erlangt haben – zu diesen Veranstaltungen einzuladen beziehungsweise sie daran teilnehmen zu lassen. Es sind nur die Rollstuhl- oder körperbehinderten Sportler eingeladen, aber sonst schon niemand. Verändern Sie ein Stück Ihr Bild und lassen Sie alle Sportler, die zu Ehren gelangen, auch an diesen Großveranstaltungen teilnehmen, anstatt sie nur vom Flughafen abzuholen! Das ist eindeutig zuwenig! (Beifall der Abgeordneten Öllinger und Mag. Barmüller.)

Wenn man sich die Prioritätenliste, die jetzt für den Bereich der Sportstätten erstellt worden ist, ansieht, dann stellt man fest, daß sich unter den 13 definierten Punkten der Prioritätenliste für die Bundessporteinrichtungen – der 14. Punkt lautet "Sonstiges" – erst an elfter Stelle "Trainingskurse des Behindertensportes im Rahmen der in der Behindertensporteinrichtung bestehenden Möglichkeiten" finden.

Da hört sich doch wirklich alles auf! Herr Staatssekretär, haben Sie vergessen, daß Sie laut der Verfassungsbestimmung in Artikel 7 B-VG verpflichtet sind, alle Sportstätten behindertengerecht zu machen? Nicht nur "im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten" hat das zu geschehen, sondern die Sportstätten müssen für alle zugänglich sein! Da haben Sie erheblichen Handlungsbedarf! Mit den "Möglichkeiten" kommen Sie bei uns behinderten Menschen nicht mehr weiter. Diese Zeiten haben wir Gott sei Dank hinter uns! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Solange nicht anständige Sportpolitik, parteiunabhängige Sportpolitik betrieben wird, können wir einem Sportbericht nie zustimmen! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der zuvor von Herrn Abgeordnetem Grollitsch ordnungsgemäß eingebrachte und entsprechend unterstützte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Fischl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.21

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Verehrte Damen und Herren, die Sie leider Gottes nur sehr wenige in diesem Saale anwesend sind!

Wenn man sich diesen Sportbericht ansieht – und ich habe in der Vergangenheit mehrmals die Gelegenheit gehabt, zum Sportbericht Stellung zu nehmen –, dann kommt man immer wieder zur selben Conclusio: Papier, verehrte Damen und Herren, ist geduldig!

Gott sei Dank, sage ich als ehemaliger langjähriger Funktionär eines Spitzenvereines in Österreich, ist aber nicht nur das Papier geduldig, sondern sind auch die Funktionäre, die Amateursportler beziehungsweise die Sportler in unserem Land überhaupt – Sportler von etwa 12 500 Sportvereinen – sehr geduldig: geduldig vor allem im Umgang mit den Politikern und ihren Versprechungen.

Herr Staatssekretär! Wir haben heute im Zusammenhang mit dieser "Euroteam"-Geschichte schon sehr deutlich und hinlänglich gehört, daß wir sehr bedauern, daß der Kanzler nicht dasitzt. Als Mitglied des Sportunterausschusses meiner Fraktion bedauere ich dies auch sehr, denn ich würde ihm sehr gerne etwas persönlich sagen, bitte Sie aber, ihm das mitzuteilen: Er soll sich schämen, verehrte Damen und Herren! (Abg. Fuchs: Das wird er sich von Ihnen sagen lassen!)

Der Herr Bundeskanzler der Republik Österreich soll sich schämen, weil er sich bei jeder nur erdenklichen Gelegenheit öffentlich delektiert, wenn es darum geht, im Sport aus dem Fernseher herauszulachen. (Abg. Fuchs: Denken Sie ein bißchen nach!) Er soll sich schämen, weil er bedenken sollte, daß etwa die Kultur mit 20 Prozent gefördert wird, der Sport aber bestenfalls nur mit einem Zwanzigstel des Kulturförderungsbudgets.

Verehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Ich bitte Sie, ihm mitzuteilen, daß er sich schämen soll, weil es bis heute in unserem Land keine bundesgesetzliche Regelung beispielsweise im Bereich der Sportgesetze gibt, einem Bereich, der für uns sehr wichtig ist, wie sich gerade in der Vergangenheit gezeigt hat. Man denke hier nur etwa an das Beispiel des Herrn Stronach, der mit seiner Aufkaufmethode im österreichischen Sport, vor allem im Fußball, ein nahezu perfektes Chaos ausgelöst hat.

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir wissen heute noch immer nicht, ob nicht der Bewerbssport der österreichischen Fußballbundesliga im Rahmen der internationalen Bewerbe möglicherweise wettbewerbswidrig verlaufen wird, ob wir nicht möglicherweise mit einer Sanktion zu rechnen haben, weil beispielsweise Herr Stronach mehrere Spieler oder auch Rechte bei mehreren Vereinen erworben hat.

Hohes Haus! Ich finde, die Wurzel dieses Übels liegt in Wahrheit in Ihrer permanenten Ankündigungspolitik. Herr Staatssekretär! Ich bitte Sie auch, dem Herrn Bundeskanzler auszurichten, daß er sich schämen soll, weil wir in Wahrheit heute kein adäquates Vereinsrecht haben. Mehr als 50 Jahre ist dieses Vereinsrecht alt, und es trägt überhaupt nicht den modernen Intentionen, den Bedürfnissen des Sportes, vor allem im Hinblick auf die Trennung zwischen Amateursport und Profisport Rechnung. (Abg. Dr. Khol: 150 Jahre! Es besteht seit 1852!)

Danke, Herr Professor, daß Sie mich korrigiert haben. Ich nehme das gerne an, denn das spricht noch mehr dafür, in welch altmodischer, rückständiger und antiquierter Weise der Sport in unserem Land behandelt wird. Nicht zuletzt deshalb ... (Abg. Dr. Khol: Das ist ein sehr gutes Gesetz!) – Herr Kollege Khol! Wenn Sie für die Entbürokratisierung eintreten möchten, dann bitte ich Sie, in Zukunft nicht den Petitionsausschuß zu strapazieren, sondern getrauen Sie sich, zu Herrn Minister Michalek hinzugehen, und unterwandern Sie nicht aus populistischen Gründen ein Vereinsrecht, das wir vielleicht endlich haben könnten (Abg. Kopf: Das war aber nicht tauglich dafür!) und das den modernen Intentionen und den Bedürfnissen der Sportler entspricht! Glauben Sie mir: Ich weiß, wovon ich rede! Ich habe lange genug darunter gelitten.

Hohes Haus! (Abg. Dr. Khol: Dann gründen Sie Ihren Fußballclub als Ges.m.b.H. oder als AG!) Lassen Sie mich noch ein bißchen auf die Ausführungen des Kollegen Kopf eingehen, weil Herr Kollege Khol sich hier lautstark vertreten möchte. Herr Kollege Kopf! Du gehst hier herunter (Abg. Dr. Krüger: Das ist rein privates Geld! Rein privat! Aus Idealismus!) und sprichst in erster Linie nur von einem, nämlich vom Geld. Du sprichst vom Geld und von zwei Etappenplänen: Bei der ersten Etappe geht es um 400 Millionen Schilling, bei der zweiten Etappe geht es um mehr Geld.

Es ist eigentlich beschämend für einen Funktionär aus dem Sportbereich, wenn man aus seinem Munde nur hört: Geld, Geld, Geld! (Abg. Kopf: Wir debattieren über einen konkreten Antrag!) Herr Kollege Kopf – und das gilt auch für Herrn Staatssekretär Wittmann –: Weißbücher zu produzieren, Weißbücher (Abg. Dr. Khol: Besonders zur Kultur!), die letztlich vieles an blankem Schwachsinn beinhalten – völlig realitätsfremd (Abg. Müller: Mäßigen Sie Ihre Rede!) –, und darauf stolz zu sein, daß diese Weißbücher möglicherweise eine Erkenntnis des Jahrhunderts darstellen sollen, das wird zuwenig sein!

Ich schließe, Herr Kollege Kopf, mit einem Zitat aus einer treffenden Berichterstattung des "Standard" mit dem Übertitel "Viele alte Worte und Zahlen". Maßgeblich spricht der "Standard" davon, daß die ÖVP eine Enquete zur Finanzierung des österreichischen Sports veranstaltet hat, und die Conclusio für den Redakteur des "Standard" war – ich zitiere –:

"Keine Idee, keine konkrete Stellungnahme zu den Erfordernissen der heutigen Zeit, die mittlerweile altbekannten Phrasen zur Dynamik, die Frank Stronach mit seinem Sport-Wett-Kanal ausgelöst hat." – Zitatende.

Hohes Haus! Das ist der Zustand der Sportpolitik in unserem Lande! (Abg. Fuchs: Der weiß nicht, wovon er spricht!) Bedenkt man, daß etwa 3,5 Millionen Menschen in Österreich teilweise und aktiv Sport betreiben, dann sollte man berücksichtigen, daß diese Menschen auch ein legitimes Anrecht auf geordnete Strukturen und ein legitimes Anrecht darauf haben, daß sie so behandelt werden, wie es ihnen als Bürger zusteht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sport hier im Parlament als Nebensache zu behandeln, ist uns Freiheitlichen zuwenig. Ich denke, Sie werden in der nächsten Legislaturperiode die Gelegenheit haben, zu zeigen, wie ernst Sie es mit Ihrer Verantwortung in dieser Frage nehmen – genauso wie im Petitionsausschuß, Frau Kollegin Fuchs, wo auch nichts geht (ironische Heiterkeit der Abg. Fuchs), und genauso wie im Sportausschuß, wo der Vorsitzende des Ausschusses die Lächerlichkeit besitzt, gelbe und roten Karten vorzuzeigen, und aus seiner Dankesrede nicht mehr herauskommt. (Abg. Grabner: Die haben Sie wieder herausgenommen, weil Sie keine Ahnung haben! Der hat überhaupt keine Ahnung!) Diese Art der Verantwortung, verehrte Frau Kollegin Fuchs und Herr Kollege Grabner, wird uns Freiheitlichen zuwenig sein. Wir werden uns gewaltig auf die Hinterfüße stellen! Sie werden das in der nächsten Legislaturperiode merken. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Der hat ja keine Ahnung! Den haben sie ja vom GAK hinausgeschmissen!)

20.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Löschnak. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.27

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf die Ausführungen des Kollegen Fischl mit keinem Wort eingehen, denn so, wie er den Zustand des österreichischen Sports hier darstellt, würde man glauben, daß die drei Millionen Sportausübenden und die 12 000 Sportvereine, die wir haben, bei der Sportausübung und bei der Führung der Vereine nur behindert werden, was schlicht und einfach nicht den Tatsachen entspricht. Kollege Fischl, Sie sollten sich einmal außerhalb des GAK mit Sportlern unterhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch zwei Vorbemerkungen machen. Erstens: Die Mittel aus dem Glücksspielgesetz sind die Grundsubvention für den österreichischen Sport und daher für die Sportausübung wirklich sehr wertvoll. – Das ist das eine.

Die zweite Bemerkung betrifft die Darstellung der Sportfunktionäre, die Sie, Frau Kollegin Haidlmayr in der Debatte gegeben haben und die nicht unwidersprochen bleiben kann. Sie tun ja gerade so, als ob die Mittel der besonderen Sportförderung primär von den Sportfunktionären aufgebraucht würden! Das stimmt keineswegs, im Gegenteil: Die 12 000 Sportvereine können überhaupt nur dadurch existieren, daß Tausende und Abertausende Sportfunktionäre ehrenamtlich Leistungen einbringen, deren Wert ein Vielfaches von dem ausmacht, was der österreichische Sport als Grundsubvention erhält. Es gibt Schätzungen, wonach die ehrenamtlichen Leistungen der Sportfunktionäre mit einem Betrag in einer Größenordnung von etwa drei bis vier Milliarden Schilling pro Jahr zu bewerten sind. Das sind die Fakten, und ich bitte Sie, sich das bei künftigen Diskussionen einmal vor Augen zu halten, damit man hier eine wirkliche Bewertung vornehmen kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sport begrüßt die zur Diskussion stehenden Novellen, und zwar aus vielen Gründen:

Erstens: Es ist die Grundsubvention für weitere drei Jahre gesichert. Das ist wichtig für den Sport.

Zweitens: Die Grundsubvention wird von den zuletzt 440 Millionen Schilling, die wir heuer erhalten, in drei Etappen – Kollege Kopf hat das schon gesagt – bis zum Jahr 2002 auf 500 Millionen Schilling ansteigen. Jetzt kann man natürlich behaupten, die Sportfunktionäre reden nur vom Geld, aber Geld ist nun einmal eine wichtige Sache (Abg. Böhacker: Ohne Geld ka Musi!), und ohne diese Grundsubvention würde es keinen Sport geben. Es erfolgt immerhin eine Anhebung auf 500 Millionen Schilling, das ist wirklich eine wertvolle Maßnahme.

Aus meiner Sicht ist auch die arbeitsmarktpolitische Komponente ein wichtiger Bestandteil dieser Neuregelung, weil – und da muß man sich einmal den Gesetzestext genauer anschauen – nämlich die Dachverbände und der ÖFB verpflichtet werden, 50 Prozent des Zuwachses in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen umzusetzen.

Was wird also geschehen? – Wir können mit den 10 Millionen pro Jahr für eine Reihe von Fachverbänden Zusätzliches zur Verfügung stellen, nämlich entweder 25 Trainer beziehungsweise 30 oder 35 Ausbilder beziehungsweise 30 oder 40 Übungsleiter. Wenn Sie glauben, daß das "nichts" ist, dann kennen Sie den Zustand des österreichischen Sports wirklich nicht! Für den österreichischen Sport ist das eine gute Sache, und daher begrüßen wir auch den Umstand dieser Neuregelung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Was wäre mit diesen 10 Millionen sonst geschehen?)

Soll ich Ihnen etwas sagen? Ich kann Ihnen das relativ einfach beantworten. Ich rechne Ihnen etwas vor: Wenn 10 Millionen auf 12 500 Sportvereine aufgeteilt worden wären, dann können Sie sich ausrechnen, was jeder Sportverein pro Jahr bekommen hätte, nämlich einen Betrag in der Größenordnung von etwa 1 000 S. Daher ist es besser, hier eine konzentrierte Maßnahme zu setzen, und der ÖFB tritt für diese Maßnahme ein! (Zwischenruf des Abg. Fischl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu der Kritik, die angebracht wurde: Man kann natürlich sagen: 500 Millionen als Etappe sind zuwenig, wir würden gerne 600 Millionen, 800 Millionen oder eine Milliarde haben. – Das ist durchaus verständlich! Dafür brauchen Sie aber einen zweiten Teil, nämlich jenen Teil, der das bezahlt! Und daher sind wir froh, daß wir jetzt einmal diesen Etappensieg errungen haben.

Eine zweite Bemerkung zu den Kritikern betreffend Neuverteilung der Mittel: Gerade diese arbeitsmarktpolitische Komponente stellt einen Ansatz in Richtung Neuverteilung der Mittel dar, und daher kann ich für meine Fraktion – Grabner hat das einleitend schon ausgeführt – zusammenfassend feststellen: Diese Novellen sind für den österreichischen Sport eine gute Lösung, und sie beinhalten auch Ansätze für strukturelle Änderungen. Herr Staatssekretär! Der österreichische Sport bedankt sich bei Ihnen, und ich bitte Sie, diesen Dank auch an den Finanzminister und an den Bundeskanzler weiterzugeben! Es ist dies ein entscheidender Schritt, und wir erhoffen uns natürlich in den nächsten Jahren weitere solche Schritte! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Mag. Praxmarer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.33

Abgeordnete Mag. Karin Praxmarer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Jetzt ist Frau Kollegin Haidlmayr leider nicht mehr im Saal, aber es reizt mich doch, ihr zu antworten, und vielleicht hört sie ohnedies zu.

Es kann doch wohl nicht ihr Ernst sein, wenn sie sagt, es sei eine Frechheit, wenn ein Kind in Leibesübungen ein Genügend bekommt! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wissen vielleicht nicht, wie unheimlich schnell die Haltungsschäden zunehmen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Jedes Jahr ist der Gesundheitszustand unserer Schulkinder schlechter. Sie bewegen sich nicht mehr, sie werden dicker, sie sind ungeschickter, besonders Kinder aus dem städtischen Bereich. (Abg. Öllinger: Sie müssen sie motivieren!) Ich bin Turnprofessorin und weiß, wovon ich spreche! Wir Turnlehrer und Turnlehrerinnen haben wohl die Ausbildung, daß wir die Kinder beurteilen können! (Abg. Öllinger: Sie sollen die Kinder nicht beurteilen, sondern motivieren!)

Leibesübungen ist ein Pflichtgegenstand wie jeder andere, und in diesem Gegenstand können, sollen und müssen die Kinder gezwungen werden, sich körperlich zu betätigen. Als Turnlehrer haben wir die Aufgabe, die Kinder so zu motivieren, daß sie später im Leben gerne Sport betreiben, was ihrer Gesundheit letztendlich nützt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher kann man nicht einfach sagen: In Turnen darf es keinen "Vierer" geben! Denn wenn ein dickes, ungeschicktes Kind sich bemüht, dann wird es sicherlich kein Genügend bekommen. (Abg. Öllinger: Genau das war aber das Problem!) Wenn aber zum Beispiel eine geschickte Schülerin jede Woche angeblich die Regel hat und sich immer drücken will, warum soll sie dann in Turnen nicht ein Genügend bekommen? Turnen ist mindestens so wichtig wie viele andere Pflichtgegenstände! – Danke! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.35

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte im Zuge dieser Debatte auf einige Punkte eingehen, die angeschnitten wurden und meines Erachtens durchaus kontroversiell zu sehen sind.

Zunächst möchte ich auf die Ausführungen von Frau Kollegin Haidlmayr eingehen: Nachdem ich etliche Berichte in den Medien verfolgt habe, konnte ich feststellen, daß das Thema Bewegungsmangel in Verbindung mit all den Schwierigkeiten und gesundheitlichen Schäden, die bei Zigtausenden Kindern recht frühzeitig auftreten, ein Schwerpunktthema ist. In Anbetracht dieser Situation wäre das Argument, daß die Kinder sich halt vom Unterricht in Leibesübungen abmelden sollen, gerade das Gegenteil von dem, was ich aus Überzeugung als Notwendigkeit erachte. Daher sage ich: Wir werden zweifellos dafür eintreten, daß der Gegenstand Leibesübungen auch in Hinkunft nicht nur ein Pflichtfach bleibt, sondern jeweils die modernste Ausprägungsform findet, damit der junge Mensch für sein ganzes Leben zur Bewegung gebracht wird. Denn das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß man auch im hohen Alter gesund bleibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Da hat er sogar recht!)

Zum zweiten. Im Zusammenhang damit, daß manchmal erwähnt wird, daß die ehrenamtlichen Funktionäre da oder dort Urlaube machen, möchte ich jetzt gar nicht auf die fundierten Zahlen des Kollegen Löschnak eingehen, sondern nur feststellen, daß man bedenken muß, daß die Menschen, die in einem dieser 12 500 Vereine tätig sind, wobei jeder dieser Vereine fünf bis zehn ehrenamtliche Funktionäre benötigt, nicht nur enorm viel von ihrer wertvollen Freizeit für andere zur Verfügung stellen, sondern auch ein ganz beträchtliches Quantum an Geld dafür investieren, daß Dutzende andere einer sportlichen Tätigkeit nachgehen können. Daher sage ich: All das ist Ausdruck einer engagierten Gesellschaft. Kollege Khol hat sie als "engagierte Bürgergesellschaft" bezeichnet. Für dieses Engagement sollten wir alle dankbar sein und diesen Menschen anläßlich einer derartigen Debatte sagen: Fahrt nur so fort, denn ihr seid diejenigen, die das Füreinander leben! Von solchen Menschen können wir nicht genug haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Drittes Element: Man kann natürlich über die bestehenden Strukturen der Fachverbände und Dachverbände dieser 12 500 Vereine streiten. Einen Aspekt dürfen wir meiner Meinung nach aber keinesfalls in Frage stellen, und zwar den Ausdruck der Freiheit des Sportes, den Ausdruck der Autonomie der einzelnen Einheiten.

Was wir unter keinen Umständen wollen, ist ein verstaatlichter Sport oder ein verbürokratisierter Sport, weil dann viele Tausende Menschen keine Lust mehr hätten, sich freiwillig dafür zur Verfügung zu stellen. Daher sind wir auch hinsichtlich einer Reform des Vereinsrechtes äußerst skeptisch. Wir wollen ein Vereinsrecht, das den einzelnen Vereinen möglichst viel an Freiheit, Unabhängigkeit und Selbständigkeit gewährleistet. Dafür treten wir ein, und das ist Ausdruck unserer Überzeugung! (Beifall bei der ÖVP.)

Vierter und letzter Punkt: Wir führen die Diskussion über das Grundfundament, nämlich die finanzielle Unterstützung aus dem Bereich der Lotto-Toto-Mittel, schon seit einigen Monaten. Wir haben im Jahr 1999 diese 440 Millionen Schilling, und dann wäre keine weitere Basis mehr gegeben gewesen. Wir haben sogar noch innerhalb der Diskussion diese Berechnungsbasis von 3 Prozent des Umsatzes mit einem gemeinsamen Antrag auf 3,5 Prozent erhöht, weil wir wissen, welche Schwierigkeiten durch verschiedene andere Anbieter im Sportwettbereich auftreten könnten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir das gemeinsam beschließen, dann ist für das Jahr 2000, für das Jahr 2001 und für das Jahr 2002 jene gewisse Sicherheit für den österreichischen Sport gegeben, auf welcher der österreichische Sport weiter aufbauen kann, und zwar mit Hilfe von Sponsoren, durch entsprechende weitere Beiträge und viele Aktionen, die noch viel mehr an privatem Geld einbringen können. Deswegen sagen wir aus voller Überzeugung "ja" zu dieser Novelle und hoffen, daß der Sport aufgrund dieses Fundaments auch in den nächsten Jahren wesentlich zur Freude, aber auch zur Gesundheit der Österreicher beiträgt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. – Bitte, Herr Staatssekretär.

20.40

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst möchte ich festhalten, daß es uns, wenn dieses Gesetz heute beschlossen ist, gelungen sein wird, während meiner Verantwortlichkeit im Sportbereich die besonderen Sportfördermittel um 100 Millionen Schilling zu erhöhen. Ich glaube, das ist ein Erfolg für den Sport! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden diese Summe in Etappen von 400 auf 500 Millionen Schilling erhöhen. Herr Abgeordneter Kopf! Wie Sie wissen – und da bin ich gleich bei der Frage der Fachverbandsförderung –, wurde der Aufteilungsschlüssel so gewählt, daß auch die Fachverbände einen ganz erklecklichen Anteil aus der Finanzierung dieser besonderen Sportfördermittel beziehen. Dieser Anteil beträgt laut Bericht 1997 bei einer Berechnungsgrundlage von 400 Millionen Schilling 84 Millionen Schilling für die Fachverbände. Wenn wir auf 500 Millionen Schilling erhöhen, dann ist gemäß Aufteilungsschlüssel auch eine in etwa 23prozentige Erhöhung für die Fachverbände vorgesehen, und ich meine, das ist für die Fachverbände ein ganz erklecklicher Betrag. In Zeiten mit sehr geringer Inflationsrate eine 23prozentige Erhöhung zu erhalten, bedeutet für die Fachverbände eine Realerhöhung von nicht unbeträchtlichem Ausmaß.

Zu den hier angesprochenen Problemen der Organisation des Sports möchte ich festhalten, daß es notwendig ist, vorhandene Strukturen zu nutzen und zum bestmöglichen Einsatz der Mittel zu führen. So können zum Beispiel 10 Millionen Schilling, die in arbeitsbezogene Jugendprojekte gesteckt werden müssen, nicht auf die Vereine aufgeteilt werden. Denn bei 12 000 Vereinen würden ungefähr 1 000 S auf jeden Verein entfallen, und das würde nichts helfen.

Es wird jedoch sehr wohl etwas helfen, wenn über die Dachverbände die Möglichkeit besteht, gerade die Nachwuchsförderung in Vereinspools regionenbezogen vorzunehmen. Denn dann können die besten Trainer beschäftigt werden, und es kann für Vereinspools eine regionenbezogene und auch branchenmäßige Zusammenfassung erfolgen. Mit dieser Vorgabe kann ich nunmehr dieses Organisationsinstrument nützen.

Wenn wir im Rahmen dieses Ansatzes weitergehen, dann erreichen wir, daß wir einerseits den vorhandenen Trainernachwuchs hervorragend ausbilden und in den Sportprozeß einbinden und auf der anderen Seite diese hervorragend ausgebildeten Trainer den Jugendlichen zur Verfügung stellen können, wobei wir davon ausgehen, daß die Jugendlichen bis jetzt keine so professionelle Betreuung erhalten haben, wie sie erhalten sollten, um auch in Zukunft einerseits beim Sport zu bleiben, andererseits aber auch für den Spitzensport ausgebildet zu werden.

Das heißt, es ist dies eine Strukturmaßnahme, mit welcher den Jugendlichen eine Organisation zur Verfügung gestellt wird, mit welcher Pools geschaffen werden können, um eine hervorragende Ausbildung zu gewährleisten, denn es ist unmöglich, jedem Verein einen Nachwuchstrainer zu bezahlen.

Zweitens möchte ich sagen, daß die Zerstörung der Dachverbände, die Sie immer wieder fordern, dazu führen würde, daß die Organisation der freiwilligen Mitarbeiter nicht mehr funktionieren würde. Diese freiwilligen Mitarbeiter, die in einen organisatorischen Ablauf eingebunden sind, würden sich zum Teil verflüchtigen, und wenn dann der Staat einspringen und diese Leistungen, die jetzt freiwillig eingebracht werden, bezahlen müßte, dann wäre das Sportbudget sehr bald erschöpft beziehungsweise nicht mehr dazu geeignet, dieses Leistungsangebot weiterhin aufrechtzuerhalten.

Ich möchte noch einmal sagen: Ich habe Sie bereits im vergangenen Jahr aufgefordert: Zeigen Sie mir Ihre Struktur! (Zwischenruf des Abg. Fischl.) Sie sind mir jedoch bis heute Vorschläge betreffend Ihre Struktur schuldig geblieben! Ich habe bis jetzt keine zweckdienliche Diskussion darüber führen können, wie Ihr alternatives Modell aussehen würde, sondern Sie stellen immer nur dieselbe Forderung, nämlich: Zerschlagen wir die alte Struktur! (Abg. Fischl: Dort, wo Sport gemacht wird, beginnt die Struktur!) Würden wir dies tun, dann hätten wir zwar die alte zerschlagen, aber hätten nichts Neues, und ich glaube nicht, daß das zweckdienlich wäre. Dieses Argument wirkt zwar vordergründig gut, weil es auch von den Medien sehr gut aufgenommen wird, eine solche Vorgangsweise würde dem Sport aber nicht dienen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu Herrn Abgeordnetem Peter möchte ich sagen: Natürlich stellen die 79 landesgesetzlichen Regelungen einen Wildwuchs dar, der nicht wünschenswert ist. Gemäß unserer Bundesverfassung ist es nun aber einmal so, daß Sport Landessache ist, und es gibt Länder, die das genauer regeln, und es gibt Länder, die das weniger genau regeln. Aber letztendlich befinden wir uns auf dem Boden der Verfassung. Wir betreiben Sportpolitik als Vollzugsorgane, und es obliegt dem Gesetzgeber, eine Verfassungsänderung herbeizuführen. Ich glaube aber, daß man dieses Problem im Zusammenhang mit einer übergeordneten Bundesstaatsreform sehen müßte. Es würde sich anbieten – und wurde hier auch schon mehrmals gefordert –, eine gewisse Zusammenführung der Strukturen auf Bundesebene zu diskutieren. Das ist aber, wie gesagt, Sache des Gesetzgebers. Als Vollzugsorgan muß ich mich im Rahmen der gegenwärtigen Gesetzesvorschriften bewegen und versuchen, jene Punkte, die überregional und von Bundesbedeutung sind, anhand meiner Möglichkeiten zu regeln.

Zur Privatisierung der Bundessportheime möchte ich sagen, daß wir eine klare Linie verfolgt haben. Wir bedienen uns privatrechtlicher Organisationsformen. Seit 1. Jänner 1999 sind die Bundessportheime in Form einer GmbH organisiert, und das bewährt sich sehr gut. Wir wollen aber aus zwei Gründen keine Privatisierung: Wir wollen eine Ausgliederung und Anwendung von privatrechtlichen Organisationsformen, jedoch nicht den Rückzug des Staates. Und wir wollen auch nicht den Verkauf dieser Bundessportheime, denn wir brauchen keine zusätzlichen Hotelkapazitäten, sondern Heime, die dem Sport möglichst preiswert zur Verfügung stehen. Außerdem brauchen wir einen effizienteren Kosteneinsatz, der mit der GmbH-Lösung sicherlich gewährleistet ist.

Das heißt: Wir wollen auf der einen Seite keine Konkurrenz zu den bestehenden Tourismusbetrieben schaffen, sondern dem Sport dienen, und auf der anderen Seite eine bessere Kostentransparenz und Kosteneffizienz erreichen.

Drittens ist es uns mit diesen Bundessportheimausgliederungen gelungen, zu einer subjektbezogenen Förderung im Sportbereich zu kommen. Die Sportvereine, die sich nunmehr in Bundessportheimen einquartieren, erhalten für diesen Aufenthalt eine Förderung, sodaß der Tarif nicht dem marktüblichen Tarif, der dort verlangt wird, entspricht, sondern durch eine Subvention abgefedert wird. Diese Subvention des Bundes für den Aufenthalt kommt aber nur dem Sportverein direkt beziehungsweise dem Spitzensportler zugute. Das heißt, es hört sich die Förderung jener auf, die nicht dem Sport verpflichtet sind, sich aber trotzdem in den Bundessportheimen aufhalten. Die Förderung ist nur mehr subjektbezogen.

Der Anmerkung des Abgeordneten Grollitsch zu dem eingebrachten Entschließungsantrag können wir von seiten der Bundesregierung nur beipflichten. Hinsichtlich der von ihm aufgeworfenen Frage der Verankerung des Sports auf europäischer Ebene darf ich für die Präsidentschaft Österreichs im Jahre 1998 in Anspruch nehmen, daß Österreich erwirken konnte, daß in den Schlußfolgerungen von Wien hinsichtlich des Sports ein Auftrag an die Europäische Kommission ergangen ist, bis zum Gipfel von Amsterdam eine Möglichkeit zu ermitteln, wie der Sport im europäischen Regelwerk verankert werden könnte. Das heißt, dies beruht auf einer Initiative Österreichs beziehungsweise auf einer Initiative unseres Bundeskanzlers beim Gipfel von Wien.

Über die Äußerungen von Frau Abgeordneter Haidlmayr bin ich etwas überrascht. Denn ich muß sagen, daß wir bei jeder neuen Sportanlage, welche die öffentliche Hand mitfinanziert, selbstverständlich Wert darauf legen, daß sie auch behindertengerecht ist. Wir haben auch in die alten Sportanlagen mehr als 30 Millionen Schilling investiert, um sie zugänglicher zu machen. Natürlich ist das noch nicht perfekt, aber ich glaube, daß wir so weitermachen müssen. Ich möchte jedoch die Behauptung, daß nichts geschieht, hier ganz entschieden zurückweisen, weil das nicht stimmt!

Ich meine, daß wir sehr viel Wert auf den Behindertensport legen. Wir haben ein Paralympisches Komitee, das die Beschickung der Paralympics finanziert, ins Leben gerufen. Wir investieren 4,8 Millionen Schilling in den Behindertensport, und wir legen auch ganz großen Wert darauf, daß die Behindertensportler gemeinsam mit den anderen Sportlern ausgezeichnet werden, und das geschieht auch. Außerdem werde ich die Anregung, auch die mentalen Behindertensportler einzuladen, gerne aufnehmen.

Es gäbe dazu noch viel zu sagen. – Ich meine jedenfalls, daß dieser Sportbericht im wesentlichen umfassend gestaltet ist. Wir werden an diesen Strukturen oder diesen Vorgaben arbeiten müssen, damit wir auch weiterhin österreichische Sportler von hoher Qualität hervorbringen können, denn diese sind letztendlich unsere Botschafter in der ganzen Welt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuchs. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.51

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte gerne einige Worte zum Kapitel "Frauen im Sport" sagen, weil ich sehr erfreut zur Kenntnis genommen habe, daß dieses Kapitel wieder in den Sportbericht aufgenommen wurde. Sehr erfreulich ist auch, daß die Plattform "Frauen im Sport", die zur Verbesserung der Situation der betroffenen Frauen dienen soll, einen so starken Zuspruch und ein ebensolches mediales Echo erfahren hat.

Trotz dieser positiven Entwicklungsansätze ist es aber dennoch notwendig, die damit verbundenen Probleme laufend und öffentlich zu thematisieren.

Meine Damen und Herren! Wie in anderen Ländern auch, betreiben in Österreich die Frauen mehr Sport als die Männer. Trotzdem sind in den Spitzenfunktionen im Sport wenig Frauen anzutreffen. In Anbetracht dessen stellt sich die Frage: Sind die Frauen zu wenig engagiert, oder sind es die Strukturen innerhalb und außerhalb des Sports, die zu dieser geringen Präsenz von Frauen führen? (Abg. Böhacker: Beides wird stimmen!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Ursachen dafür sind sehr vielfältig, wir können das nicht so einfach klassifizieren. Das fängt an bei der geringen Medienpräsenz von Sportlerinnen beziehungsweise der von Frauen ausgeübten Sportarten und geht über geringere Förderungsmittel im Leistungssport für Mädchen und Frauen und eine markante Unterverteilung von Frauen in den Führungsebenen der Sportorganisationen bis hin zu krassen Unterschieden bei Preisgeldern im Profisport. Ich glaube, die Palette ist also recht breit! (Abg. Böhacker: Beim Tennis und beim Schifahren ist das nicht mehr so! – Zwischenruf des Abg. Fischl.) – Oh doch! Da sind Sie aber sehr schlecht informiert, Herr Abgeordneter Fischl! Das ist gerade ein gutes Beispiel! Genau dort geht die Schere zwischen den Preisgeldern, die die Frauen, und jenen, die die Männer bekommen, sehr weit auseinander!

Auch der Sportjournalismus, der nach wie vor eine Männerdomäne ist, spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Frauen kamen in den Medien nur dann häufiger zum Zuge, wenn männliche Konkurrenz fehlte, also bei anderen Sportarten oder wenn sie den gängigen Frauenklischees entsprachen. In letzter Zeit können wir jedoch eine positive Entwicklung beobachten, auch das will ich anmerken. (Abg. Böhacker: Fußball-WM der Frauen!) Genau das habe ich gemeint! Die typischen Männersportarten wie zum Beispiel Fußball oder auch American Football sind mittlerweile auch mit Frauenmannschaften immer mehr in den Vordergrund getreten. Gerade in letzter Zeit waren ganz großartige Leistungen der Frauen zu vermerken.

Ich darf jetzt als Wiener ASKÖ-Präsidentin auch sagen, daß wir dieser Situation Rechnung getragen und ein Frauenreferat eingerichtet haben. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.) Ja, ich bin im ASKÖ, Sie wissen das schon! Ich merke, daß es schön langsam Früchte bringt, daß Sie gelegentlich zuhören!

Als Abgeordnete erachte ich es als dringend notwendig, dem Thema "Frauen und Sport" in der parlamentarischen Diskussion auch in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu schenken und entsprechende Initiativen zu setzen, denn nur dadurch wird es möglich sein, dem Ziel, den Frauen auch im Sport Chancengleichheit zu verschaffen, näherzukommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.55

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs feststellen, daß auch ich sehr froh darüber bin, daß die Sportförderung auf 500 Millionen Schilling erhöht wurde, obwohl auch ich weiß, daß diese Erhöhung um je 20 Millionen Schilling nicht sehr viel Geld ist. Denn wenn man das – wie Dr. Löschnak gesagt hat – auf die einzelnen Sportvereine aufteilt, dann sind das für jeden nicht einmal 2 000 S. Letztendlich gibt es aber "ohne Geld ka Musi", und daher muß ein bisserl Geld her, wie auch Harald Fischl meint.

In manchen Kreisen heißt es zwar, daß man Geld einfach hat, aber nicht darüber spricht, ich glaube aber, doch fragen zu müssen: Woher bekommen die kleinen Sportvereine, besonders auf dem Land, das Geld? – Sie bekommen jetzt zwar Geld über die Dachverbände, aber das ist ein geringer Betrag, für einen Sportverein gerade zirka 10 000 S. Eine weitere Förderung erfolgt über die Sportabteilung des Landes, und außerdem erhält ein Verein eine Förderung durch die Gemeinde. Das heißt: Es werden lauter öffentliche Gelder beansprucht. Die größten Einnahmen, die ein Sportverein hat, erwirtschaftet er sich jedoch über Veranstaltungen, zum Beispiel über ein Dreitagefest. Jeder, der schon einmal bei einem Sportverein war und bei solchen Veranstaltungen mitgearbeitet hat, weiß das. (Abg. Dr. Khol: Zeltfeste!)

Jetzt hat der Finanzminister zwar zugestimmt, daß man die Förderung auf 500 Millionen Schilling erhöht, aber letztendlich holt er sich das Geld wieder über die Sportvereine. Ich brauche das nur in meinem Bezirk, in Feldbach und Fürstenfeld anzuschauen. Er hat seine "Vampire" wieder ausgesendet. Ich war selbst ein solcher, nämlich ein Betriebsprüfer.

Diese Betriebsprüfer sind jetzt wieder draußen in den Gemeinden unterwegs und überprüfen, wie viele Dreitagefeste es gegeben hat und welcher Sportverein mehr als 300 000 S Umsatz gemacht hat. Denn in diesem Fall muß der Sportverein wiederum Umsatzsteuer zahlen, und bei einem Gewinn von über 100 000 S muß er Körperschaftsteuer zahlen. Aber dieses Geld braucht der Verein dringendst! Er veranstaltet Feste, um sein Sporthaus bauen oder seinen Platz herrichten zu können. Dafür machen das die meisten Vereine, nicht für Ausflugsfahrten oder sonst irgend etwas, obwohl es auch Vereine gibt, die das Geld dafür verbrauchen.

Daher ist die Frage wichtig, und wir sollten darüber reden, ob man die Sportvereine nicht mit der Freiwilligen Feuerwehr, dem Roten Kreuz beziehungsweise mit den politischen Parteien oder den kirchlichen Vereinen gleichstellen sollten. Denn diese können Umsätze von einer Million oder von 2 Millionen Schilling beziehungsweise Gewinne von 200 000 S oder 300 000 S machen und brauchen dafür keine Steuer zu zahlen. Ich meine, daß besonders die Sportvereine diese Lösung brauchen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, daß eine strengere Besteuerung der Vereine die Existenz der Sportvereine wirklich gefährdet. Das wäre keine gute Entwicklung, denn wie jeder weiß, ist das Vereinsleben ein wichtiger Bestandteil im Gemeindegefüge und gibt unzähligen Jugendlichen Halt und sinnvolle Beschäftigung.

Herr Dr. Löschnak und Karlheinz Kopf! Ich möchte euch beide darum bitten, daß ihr in der nächsten Legislaturperiode auch diese Besteuerung der Vereine in Angriff nehmt. Denn es wäre eine wohltuende Förderung für die kleinen Vereine, wenn das im Gespräch mit dem Herrn Finanzminister gelänge. Dann hätten wir eine schöne Förderung für die Vereine erwirtschaftet! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.59

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Eine Anmerkung zu meinem Vorredner. Bevor sich ÖVP-Politiker für Zeltfeste und für Vereine ins Zeug legen – was ich grundsätzlich für richtig halte –, bitte ich, einmal die Wirte und die entsprechenden Vertretungen in der Wirtschaftskammer zur Räson zu bringen! Denn dort, meine Damen und Herren von der ÖVP, müssen Sie ansetzen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Fink: Das liegt schon beim Finanzminister!)

Aber jetzt zu meinem Lieblingsthema, wie mir Kollege Kopf schon zugerufen hat. Meine Damen und Herren! Sport wird ja weitgehend in frischer Luft, in freier Natur, in freiem Gelände ausgeübt: Schifahren, Langlaufen, Wandern und Radfahren.

Wie ist eigentlich die Situation beim Radfahren auf Forststraßen? – Meine Damen und Herren, sie ist traurig! Denn 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher besitzen ein Mountainbike, und mindestens die Hälfte von ihnen will Forststraßen benützen, Forststraßen, deren Erhaltung und Errichtung sie ja selbst mitfinanzieren. Aber diese mindestens 600 000 Österreicherinnen und Österreicher sind dort ausgesperrt, denn es heißt: Radfahren verboten! Die ÖVP hat in dieser Legislaturperiode eine Veränderung in diesem Bereich blockiert – da hat Kollege Peter recht –, nämlich eine Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker.

Meine Damen und Herren! Die alte Ausrede der Haftungsfrage zieht nicht mehr. Denn die SPÖ-Anträge, die Petitionen sind ganz klar. Es ist geklärt: Selbstverständlich haftet der Benützer und nicht der Grundbesitzer. Es geht aber der ÖVP darum, die Interessen einiger weniger Großgrundbesitzer zu schützen. (Abg. Dr. Maitz: Klassenkampf hoch zwei!)

Ich freue mich ja schon sehr auf den Wahlkampf in meinem Wahlkreis, im Wahlkreis Steiermark Mitte, in dem auch Herr von und zu Liechtenstein kandidiert. (Abg. Dr. Maitz: Altsozialistischer Klassenkampf!) Er hat ja die Stirn, die Wählerinnen und Wähler in seinem Wahlkreis aus dem Wald auszusperren! Also ich freue mich wirklich schon auf diesen Wahlkampf!

Es geht der ÖVP also darum, die Interessen einiger weniger Großgrundbesitzer und die eigennützigen Interessen von einzelnen Jagdberechtigten zu schützen. Meine Damen und Herren! Ich hoffe sehr, daß die Saison 2000 für Radfahrerinnen und Radfahrer die Benutzbarkeit von Forstwegen bringen wird. Das bringt auch neue Chancen für den Tourismus mit sich. In Bayern, in Südtirol, in der Schweiz, in Slowenien – auch das hat Kollege Peter richtig erwähnt – gibt es kein solches kurioses Verbot wie bei uns in Österreich. Internationale Sportzeitschriften warnen bekanntlich vor einem Urlaub mit dem Fahrrad in Österreich!

Meine Damen und Herren! Abschließend warne ich davor, die Bevölkerung aus der freien Natur aussperren zu wollen. Hunderte Gebiete in Österreich sind für Wanderer, Freizeitsportler oder Schwammerlsucher überhaupt schon abgesperrt. Das wird sich die Bevölkerung nicht gefallen lassen, ebensowenig wie die Naturfreunde, ebensowenig wie die Kinderfreunde, ebensowenig wie die Sozialdemokratische Partei! Wir sind für das Mountainbiken auf Forststraßen, für neue Chancen für den Tourismus und für den Wald als Erholungsraum für alle! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Dafür sind wir auch!)

21.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Platter. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.02

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich auf den Redebeitrag des Kollegen und Abgeordneten Kräuter eingehen und ebenfalls ganz kurz zur Benützung der Forstwege Stellung nehmen.

Herr Abgeordneter Kräuter! Für mich sind Ihre Argumente einerseits inhaltlich keinesfalls nachvollziehbar. Andererseits verstehe ich den Zeitpunkt der Kritik überhaupt nicht. Ich glaube, das ist Schnee von gestern. Das werde ich Ihnen auch begründen.

An Ihnen ist vermutlich vorbeigegangen, daß viele Vereinbarungen abgeschlossen worden sind: Vereinbarungen zwischen Ländern, Gemeinden und Tourismusverbänden im Konsens mit den Grundeigentümern. An Ihnen ist vermutlich auch vorbeigegangen, daß in den letzten Jahren – bis zum 31. Dezember 1998 – über 13 000 Kilometer an Forstwegen freigegeben wurden und daß immer neue Vereinbarungen geschlossen werden. Zum Beispiel wurden erst kürzlich in Wien wiederum 800 Kilometer freigegeben. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Herr Abgeordneter! An Ihnen ist vermutlich außerdem vorbeigegangen, daß in 90 Prozent der Tourismusregionen ohnehin "gebiket" werden kann und daß Profis diesbezüglich konstruktive Lösungen im Konsens mit den Grundeigentümern ausgearbeitet haben.

Sie treten diese hervorragenden Leistungen, diese hervorragenden Initiativen der Länder, der Gemeinden, der Tourismusverbände im Konsens mit den Grundeigentümern aufgrund wahltaktischer Überlegungen mit Füßen! (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren! Das kann es nicht sein. So eine Vorgangsweise kann die ÖVP zweifellos nicht akzeptieren. (Abg. Dr. Maitz: ... Wahlkampf!)

Ich werde Ihnen nun die Vorteile nennen, die bei Vereinbarungen mit den Grundeigentümern bestehen. Die Zwangsöffnung aller Waldwege – und ich bin selbst "Biker", ich kenne mich da auch ein bißchen aus – ist gerade für den ortsunkundigen "Biker" oft sehr gefährlich. Er befährt Stichwege, es kommt zu Verirrungen und dergleichen mehr, und schlußendlich benützt man dann Fußsteige und Wiesen. Das kann es mit Sicherheit nicht sein, daß die Radfahrer dann da oder dort fahren.

Für den Gast und auch für den Einheimischen hingegen ist es wichtig, daß klare Verhältnisse vorliegen. Mountainbike-Wege müssen gut gekennzeichnet sein. Mountainbike-Wege müssen entsprechende Wegbreiten aufweisen, damit es nicht zum Konflikt mit den Bergwanderern kommt. Mountainbike-Wege müssen den Schwierigkeitsgraden entsprechend gekennzeichnet werden, und sie müssen auch gepflegt und erhalten werden, damit es dort keine Löcher gibt. Das geht aber nur im Konsens mit dem Grundeigentümer.

Was wir brauchen, ist ein gutes touristisches Angebot, besser als in anderen Ländern, von denen immer wieder behauptet wird, daß dort alles so frei ist. Wir müssen besser sein als andere Länder, und das geht nur im Konsens mit den Grundeigentümern. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Erfahrung der letzten Monate und Jahre hat gezeigt, daß die Grundeigentümer diese Vereinbarungen eingehen, sonst hätten wir nicht über 13 000 Kilometer an Forstwegen, auf denen "gebiket" wird. Daher soll dieser erfolgreiche Weg auch in Zukunft fortgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

21.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Buder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.06

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte auf einen Satz meines Vorredners eingehen. Sie haben gesagt: Profis arbeiten im Konsens mit den Grundeigentümern. – Aber wenn es diesen Konsens nicht gibt, wenn es eine tolle Strecke gäbe, aber sich auch nur ein Grundeigentümer gegen die Öffnung stellt, dann bin ich auf der Seite der Mountainbiker und nicht auf der Seite der Grundeigentümer. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Da wir heute den Sportbericht 1997 diskutieren, wissen wir, daß immer mehr ÖsterreicherInnen zumindest gelegentlich Sport betreiben. Es sind 60 Prozent. Sport wird zur Erhaltung der Gesundheit, aber auch als Freizeitbeschäftigung immer wichtiger. 95 Prozent der Sportausübenden betreiben ihren Sport als Breiten- und Freizeitsport beziehungsweise als Gesundheitssport. Der Gesundheitssport gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung.

Leider bieten die wenigsten Sportvereine eine sportmedizinische Betreuung an. Herr Staatssekretär! Ich meine, diese sollte ausgebaut werden.

Die Sportvereine, in denen die Menschen Sport betreiben, haben ein sehr gutes Image. Sie sind daneben selbstverständlich auch gesellschaftlich sehr wichtig. Und auch für die Betreibung der Sportstätten brauchen wir die Sportvereine.

Meine Kollegin Fuchs ist schon auf den Frauensport eingegangen. Ich möchte nur noch erwähnen, daß 59 Prozent der Sportvereinsmitglieder Männer sind, von denen 56 Prozent aktiv Sport betreiben. Frauen haben in den Sportvereinen leider schlechtere Startbedingungen als Männer. Eine verstärkte Integration der Frauen auch im Sport fände ich besonders wichtig. (Beifall bei der SPÖ.) Es wäre sehr gut, wenn den Sportvereinen auch mehr qualifizierte Trainerinnen zur Verfügung stünden.

Nur 5 Prozent der Sporttreibenden widmen sich dem Leistungs- und Wettkampfsport. Gerade für sie ist es wichtig, daß sie gute Bedingungen für die Ausübung ihres Sports vorfinden.

Sehr geehrte Damen und Herren! In meinem Wahlkreis befindet sich das Nordische Ausbildungszentrum Eisenerz. Es wird im vorliegenden Sportbericht erwähnt, und zwar positiv. Darin heißt es, daß die Verwendung der Geldmittel mit dem größten Idealismus der Trainer Ansporn für den Erfolg der Leistungssportler ist und daß es erfreulich ist, daß sich die Zusammenarbeit mit den Lehrherren ständig verbessert und deren Sorge, daß die Lehrlinge durch das umfangreiche Sporttraining zuwenig Zeit für die Ausbildung hätten, unbegründet war, ja daß die Lehrlinge bei den Prüfungen hervorragende Leistungen erbringen.

Ich möchte aber auch noch die Skihandelsschule Schladming erwähnen, die ebenfalls im Sportbericht Erwähnung findet. Durch den HAK-Aufbaulehrgang haben die RennläuferInnen die Möglichkeit, neben ihrer sportlichen Ausbildung die Matura abzulegen. Die ersten Maturantinnen und Maturanten erhielten vor zirka einem Monat die Reifeprüfungszeugnisse. Das ist gut so, denn eine Sportkarriere kann überraschend schnell zu Ende sein. Dann müssen und sollen diese jungen Menschen mit Hilfe einer fundierten Ausbildung ihren Platz im Leben finden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kurz möchte ich noch einen Rückblick auf die Nordischen Weltmeisterschaften in der Ramsau halten. Es kam dabei zu großen sportlichen Erfolgen der Österreicherinnen und Österreicher.

Ich möchte auch von dieser Stelle des Hohen Hauses aus all jenen vielen danken, die an den Vorbereitungsarbeiten teilnahmen, die im Hintergrund arbeiteten und die die Arbeiten erledigten, die man nicht sieht. Den vielen unentgeltlichen Helfern und Unterstützern möchte ich hiermit danken. Denn ohne sie wären derartige Großveranstaltungen nicht durchzuführen. Gekrönte Häupter und Politiker stehen oft im Rampenlicht, aber denjenigen, die für den reibungslosen Ablauf sorgen, wird oft viel zuwenig gedankt beziehungsweise wird deren Einsatz als selbstverständlich hingenommen.

Von der Weltmeisterschaft in der Ramsau komme ich zum Skifliegen auf dem Kulm in Tauplitz – Bad Mitterndorf, der größten Naturflugschanze. (Abg. Dr. Khol: Was ist mit dem Eisschnellaufen, Frau Kollegin Buder?) Diese Veranstaltung wird von 17. bis 20. Februar 2000 stattfinden. 50 Jahre nach der ersten nationalen Skiflugveranstaltung freuen wir uns schon jetzt wieder auf sportliche Wettkämpfe. Ich lade Sie sehr herzlich dazu ein! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlußwort.

Wir gelangen daher zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Als erstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert werden, in 2052 der Beilagen.

Es liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung vor, und zwar hinsichtlich des Artikels I von seiten des Abgeordneten Peter und hinsichtlich des Artikels II von seiten des Abgeordneten Dr. Grollitsch.

Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen Teile des Gesetzes abstimmen lassen.

Als erstes stimmen wir – in getrennter Form – über Artikel I des Gesetzes in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die Artikel I in der Fassung des Ausschußberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit sehr großer Mehrheit beschlossen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel II, ebenfalls in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für Artikel II stimmen, um ein Zeichen. – Artikel II ist mit Mehrheit beschlossen.

Somit lasse ich abstimmen über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die den restlichen Teilen der Vorlage in der Fassung des Ausschußberichtes zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung beendet. Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich beschlossen.

Als nächstes kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-173 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme votieren, um ein Zeichen. – Der Bericht des Verfassungsausschusses ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Grabner, Kopf und Genossen betreffend umfassende Sportpolitik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag betreffend umfassende Sportpolitik zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Entschließungsantrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 204.)

19. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Überprüfung arbeitsmarktrelevanter Angelegenheiten im Rahmen der Bundesgebarung (zum Beispiel Gebarung des AMS, Abwicklung der Lehrlingsoffensive, Verwaltung von arbeitsmarktrelevanten EU-Förderungen) (2044 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.14

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben heute zum zweiten Mal die Gelegenheit, in der Sache "Euroteam", die im Rahmen des Unterausschusses behandelt wurde, zu diskutieren.

Da Sie heute während der Dringlichen Anfrage ein Loblied über die Lehrlingsbeschäftigung der Bundesregierung losgelassen haben, kann ich nur sagen, daß das "Euroteam", das "Euroteam Vienna" und das ganze Firmenkonglomerat am allerwenigsten dazu beigetragen haben, daß die Situation so ist, wie sie ist. In erster Linie liegt das an der wirtschaftlichen Entwicklung, und zweitens war es aufgrund der Konjunktur durchaus errechenbar, daß es so sein würde. Zudem verschweigen Sie, daß Sie für rund 3 000 Lehrlinge über 3,5 Milliarden Schilling verwendet haben!

Was wir nicht verstehen, ist, daß Sie als Verantwortliche – und Sie im besonderen, Frau Bundesminister, als Verantwortliche für das Arbeitsmarktservice – es akzeptieren können, daß Mißbrauch mit Förderungsmitteln betrieben wird. Denn es ist Mißbrauch, wenn sich zeigt, wie man aus Ihrem Bericht des Arbeitsmarktservice ersieht, daß Hunderte Förderungsprojekte – wovon etliche das "Euroteam" abgewickelt hat – zu hinterfragen wären.

Aber Sie verhindern mit Ihrer politischen Mehrheit im Hohen Haus die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Ich nehme an, daß das einen Grund haben muß.

Wenn ich aus den 160 Förderungsfällen nur stichprobenartig zehn herausgreife – unabhängig vom "Euroteam" –, zeigen sich auch andere "sensationelle" Entwicklungen. So hat zum Beispiel das Berufsförderungsinstitut Steiermark ein Projekt durchgeführt, das sich "Der Betriebsrat als Bildungsberater im eigenen Unternehmen" nennt. – Sehr lobenswert, das ist eine wirklich ausgezeichnete Idee! Aber die Frage, die sich mir stellt, ist: Wer kommt in den Genuß dieses Projektes?

Es gibt Tausende Betriebsräte und Personalvertreter in Österreich, aber an diesem Projekt nehmen sage und schreibe nur 24 Betriebsräte teil. Nur 24 Betriebsräte nehmen daran teil, aber das Fatale daran ist, daß sich die Kosten mit 1,7 Millionen Schilling niederschlagen. Das heißt, 24 Betriebsräte treffen einander, sie reden darüber, wie sie als Bildungsberater im eigenen Unternehmen besser wirken können, und letztlich kostet das den Steuerzahler 1,7 Millionen Schilling. Auf diese Weise werden letztlich pro Teilnehmer 41 575 S verbraucht!

Ich kann Ihnen sagen, daß jedes Unternehmen, das sich mit Ausbildung beschäftigt, in der Lage wäre, zu denselben Konditionen wesentlich mehr Teilnehmer weiterzubilden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiters geht hervor, daß in Mürzzuschlag ein gewisser Robert Lichtenegger für die Prozeßbegleitung im Rahmen dieser Ausbildungsmodule für insgesamt ungefähr sieben Tage Arbeit exakt 184 643,40 S bekommt. – Das ist Ihre Art der Jugend- und Beschäftigungspolitik, die auf das entschiedenste zurückgewiesen werden muß! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist ein weiteres jener Beispiele, bei denen ich immer wieder die Sinnhaftigkeit hinterfrage. Ich kann Ihnen sagen, Frau Bundesminister: Mit diesen 3,5 Milliarden Schilling hätten Sie mindestens dreimal so viele Lehrlinge in Österreich beschäftigen können, wenn Sie so dubiosen Figuren wie dem Herrn Stuhlpfarrer und ähnlichen mehr etwas genauer auf die Finger geschaut hätten. Deshalb sind Sie schuldig!

Was ich nicht verstehen kann, ist, daß Sie als zuständige Ministerin diesem Treiben bis zum heutigen Tage zuschauen. Das Arbeitsmarktservice hat im November 1998 einen Brief darüber geschrieben, daß es zu Doppelverrechnungen gekommen ist, daß es zu Fehlbuchungen gekommen ist und daß das Ziel der Förderung nicht erreicht wurde. Was haben Sie bis zum heutigen Tag unternommen, damit das eingestellt wird? – Sie stellen weiter Geld zur Verfügung!

Ein weiteres Projekt, dessen Träger der "Verein Frauen im Trend" ist, hat die Projektbezeichnung "Chancen heute". Daran nehmen sage und schreibe 37 Teilnehmerinnen teil, der Kostenpunkt liegt bei 2 Millionen Schilling. Dazu gibt es einen Werkvertrag mit der Firma Jeschke & Lampl über den Betrag von 152 628 S für Öffentlichkeitsarbeit. Da frage ich mich wirklich, Frau Bundesminister, wie es bei 37 Teilnehmern zu 150 000 S an Kosten für Folder, Plakate und Präsentationen kommen kann! Die waren wohl jeden Tag im "Steirereck", sonst kann man sich ja überhaupt nicht vorstellen, wie die das verbrauchen konnten. 37 Teilnehmerinnen werden angesprochen und verbrauchen letztlich 2 Millionen Schilling!

Das ist es, was zu hinterfragen ist. Es kann doch nicht das Ziel einer Beschäftigungspolitik sein – auch die Zielgruppe ist hochinteressant: berufstätige Frauen, die Führungspositionen anstreben –, daß für 37 Teilnehmerinnen 2 Millionen Schilling an Steuergeld verludert werden! Dazu kommen Kosten für das Sekretariat in Höhe von 230 000 S, Kosten von 470 000 S für die Projektleitung und von 212 000 S für nationale Reisekosten. Ich frage mich, wohin die gefahren sind! Nur 37 Teilnehmer, und die Reisekosten für die Seminarleiter betragen 270 000 S!

Frau Minister, wo ist das Geld? – Sie sind dafür verantwortlich, niemand anderer als Sie und Ihre Bundesregierung!

Ich sage es Ihnen noch einmal: 3,5 Milliarden Schilling für 3 000 Lehrplätze – ich garantiere Ihnen: Wenn Sie diese 3 Milliarden Schilling in die Hände befugter, qualifizierter Unternehmensberatungen gegeben hätten, dann hätten Sie wesentlich mehr Erfolg gehabt und müßten jetzt nicht wiederum Milliarden Schilling für die Beschäftigung der Jugend bereitstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

21.21

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir hatten ja heute schon einmal Gelegenheit, zu diesem Thema zu sprechen. Seitdem hat sich nichts geändert.

Es ist die Strategie ausgegeben worden: Die Lehrlingspolitik der Bundesregierung, diese offensive Lehrlingspolitik, wird ganz einfach schlechtgemacht. Sie wird madig gemacht, und man wird, wenn es geht, auch mit Zahlen überschüttet, die man in der Schnelligkeit oft gar nicht beweisen kann, während andere Zahlen aber sehr wohl – was die Regierungsmitglieder betrifft – in der Ausschußsitzung bewiesen und wiedergegeben wurden.

Meine Damen und Herren! Auf welchem Niveau sich das abspielt, das haben vor allem die letzten Minuten in der vorhergehenden Debatte gezeigt. Da sagte der Abgeordnete Haupt hier heraußen: Es wurde ein Zeittempo durchgedrückt, da gab es keine Übereinstimmungen, die Sozialdemokraten haben die Zeit vorgegeben. – Tatsache ist aber, meine Damen und Herren, daß es sehr wohl eine Fünfparteienregelung und ein Übereinkommen zu diesem Thema gegeben hat!

Aber das wäre noch nicht das Tragische an der ganzen Sache. Sie meinen, wenn schon die Lehrlingspolitik der Bundesregierung angekratzt wird und wenn Sie sehen, daß Sie keinen Erfolg haben, dann müssen Sie ganz einfach noch eine Stufe tiefer klettern. Dann müssen Sie auf dem untersten Niveau Menschen diffamieren und vor allem unschuldige junge Menschen in ein Licht rücken, in dem sie auf jeden Fall schlecht dastehen.

Ich halte es – und das sage ich hier – für einen wirklichen Skandal, wenn jemand hier herausgeht und, noch dazu als Universitätsprofessor, einem Studenten, der bei ihm gehört hat – obwohl er ihm helfen sollte, eine Arbeit zu finden, wie es seine Aufgabe wäre –, die Arbeit vermasselt und ihm die Arbeit vermiest!

Sie brauchen nicht zu deuten, Kollege Gaugg! Das braucht man sich nicht gefallen zu lassen, Herr Präsident, daß vom Herrn Abgeordneten Gaugg so herausgedeutet wird! (Der Redner macht mit der Hand vor dem Gesicht die sogenannte Scheibenwischergeste.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter: Ich habe es nicht gesehen.

Abgeordneter Otmar Brix (fortsetzend): Das entspricht nicht den parlamentarischen Usancen. (Abg. Gaugg: Aber Ihre Rede auch nicht!) Sie brauchen nicht zu deuten, Kollege Gaugg!

Ich sage Ihnen: Jan Klima ist weder in einem österreichischen Betrieb noch bei der ÖIAG beschäftigt, sondern er ist in einem ausländischen Konzern beschäftigt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Was Herr Abgeordneter Grollitsch als Universitätsprofessor hier gesagt hat, entspricht nämlich nicht der Wahrheit. Das ist nur eine Diffamierung eines jungen Menschen! (Beifall bei der SPÖ.)

Da helfen auch die deutlichen Handbewegungen nichts. Denn Ihre Handbewegungen kennzeichnen Sie und Ihre politische Art, eine Art, die gestern war, die wir heute nicht mehr brauchen und die wir auch in Zukunft nicht mehr wollen! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Alles Diffamierungen! – Abg. Dr. Ofner: ... gleich einen Ordnungsruf machen! Jetzt wird es ehrenrührig! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Tatsache ist, Herr Abgeordneter Ofner, daß in diesem Unterausschuß ein Mehrheitsbericht angenommen wurde. Tatsache ist, daß in diesem Unterausschuß die Feststellung getroffen wurde: Der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales haben ihr großes Interesse bekundet, alle Zweifel an der Korrektheit der Auftragsvergabe zu klären. (Abg. Gaugg: Wo war denn der Herr Bundeskanzler heute? Wo war er denn? – Abg. Parnigoni: Jene, die von der Lüge sprechen, haben meist selber ...!) Sie haben den Präsidenten des Rechnungshofes am 5. Juli 1999 ersucht, eine Überprüfung der Aufträge und Fördervereinbarungen mit der "Euroteam Vienna"-Gruppe in ihrem Bereich vorzunehmen.

Ich würde mir von allen wünschen, daß sie, wenn solche Verdächtigungen im Raum stehen, so korrekt handeln wie der Bundeskanzler (Abg. Gaugg: Und nicht erscheinen, wie heute! Wo war er denn?) und die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, die auch in diesem Fall den Rechnungshof mit einer Überprüfung beauftragt haben. Das zeigt, daß sie von ihrer Arbeit in Wahrheit nichts zu verbergen haben und daß sie auf ihre Arbeit im Dienste der Jugend Österreichs stolz sein können. (Abg. Gaugg: Freilich hat er etwas zu verbergen, sonst wäre er heute dagewesen!)

Da können Sie so viel schreien, wie Sie wollen. Wir stehen für die Arbeitspolitik der Jugend! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Laut und hohl! – Abg. Edler: Wo ist der Grollitsch? Er soll sich entschuldigen! – Abg. Haigermoser: Eine Frage deines Kanzlers: Wo ist der "Grolli"? Der ist bei Klima! – Ruf bei den Freiheitlichen: Wo ist der Klima? – Abg. Edler: Wo ist der Grollitsch? – Abg. Haigermoser: An der Leine! Grollitsch ist an der Leine bei Klima!)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

21.26

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Bemerkenswerteste an der Rede des geschätzten Kollegen Brix war die Lautstärke. (Abg. Reitsamer: Um Gaugg zu übertönen, braucht man das!) In manchen Situationen – überhaupt dann, wenn der Saal übersichtlich besetzt ist und man ohne Mikrophonverstärkung gut gehört wird – ist diese Lautstärke natürlich auch ein Zeichen des Übertünchens einer persönlichen Unsicherheit. Das ist ein bißchen wie das laute Singen im Wald! (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger.)

Denn Sie wissen genau, Kollege Brix: So problemlos ist das alles nicht. Daher versuchen Sie auch immer wieder, die Effekte bei den Lehrplätzen herzuzeigen. Wir geben durchaus zu, daß es ein paar Lehrlinge mehr gibt, das streiten wir nicht ab. Aber Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, daß das eine verdienstvolle Tätigkeit von "Euroteam" gewesen wäre. Das haben wir in dem Ausschuß untersucht. Dazu möchte ich sagen: Diese Verdienstlichkeit war zwar bei "Euroteam" auf der materiellen Seite vielleicht ganz befriedigend, aber auf der Lehrlingsseite nicht ganz so stark.

Dies war auch ein Auftrag, der gar nicht darauf abzielte, Lehrplätze in Mengen zu schaffen, sondern er diente dazu, Strukturen zu studieren, um zu sehen, wie man später Lehrplätze schaffen kann. Da sind eben nebenbei auch 24 Plätze herausgekommen, aber öffentlich wurde es anders verkauft, und das wissen Sie! Vom Bundeskanzler wurde es als Offensive verkauft, aber nicht als Studie darüber, wie man eine Offensive machen könnte. Das ist etwas ganz anderes.

Insofern finde ich es auch unerfreulich, wenn dann plötzlich – teilweise auch vom Bundeskanzleramt aus – der Schwarze Peter dem AMS oder der Frau Bundesministerin Hostasch zugeschoben wird – so: hoppla! Denn daß es in diesem Haus immer wieder Bemühungen in Richtung Arbeitsmarkt gegeben hat, ist unbestritten. Wir können uns lange darüber unterhalten, ob das richtig oder falsch ist; das ist sozusagen eine andere Baustelle. Aber "Euroteam" wurde nicht primär dort erfunden, sondern das ist ganz original Ballhausplatz – quasi Originalabfüllung Ballhausplatz! Das möchte ich von dieser Stelle aus noch einmal sagen.

Der Ballhausplatz wird jetzt durch den Herrn Staatssekretär verkörpert. Frau Bundesminister Hostasch ist in der "Euroteam"-Frage nur peripher und eigentlich mehr durch auch vorhandene Zuständigkeiten auf die Regierungsbank geraten, aber nicht durch aktives Zutun. Das ist ein wesentlicher Unterschied, und ich halte es für wichtig, das zu sagen.

Ich halte es auch für wichtig, noch einmal daran zu erinnern, daß die formale Performance der "Euroteam"-Gruppe stark zu wünschen übrig läßt. Der Rechnungsprüfer, der gar nicht gewußt hat, daß er gewählt wird, ist jetzt im Ausland tätig. Wir haben immer gesagt: Wenn er sich schriftlich geäußert hat, so oder so, dann haben wir keinen Anlaß, es primär zu bezweifeln; es sei denn, es würde irgendwo ein Beleg des Gegenteils auftauchen. Es ist keiner aufgetaucht, das füge ich gleich hinzu.

Aber wenn Sie sich dann so aufregen wegen dieses jungen Menschen, der im Ausland bei einem internationalen Konzern arbeitet, dann möchte ich Ihnen folgendes sagen. Ob er jung oder alt ist, das dürfte keine Rolle spielen. Auch wenn er im Inland bei einem inländischen Konzern oder einem inländischen Unternehmen arbeiten würde, hätte er den Anspruch auf Respekt. Soviel zu diesen Versuchen, so zu tun, als ob das etwas Besonderes wäre und als ob man wegen der Besonderheit einer Beschäftigung bei einem internationalen Konzern im Ausland quasi Immunität hätte. So ist es nicht!

Entweder es ist alles in Ordnung – dann kann er arbeiten, wo er gerne möchte, im Inland oder im Ausland –, oder es ist nicht in Ordnung. Dann kann er auch arbeiten, wo er möchte, im Inland oder im Ausland, aber man muß es beim Namen nennen können.

Das alles sind nur plakative Ablenkungsmanöver, denn ich möchte Ihnen schon noch folgendes sagen – das war ja in der sehr emotionalen Debatte am Nachmittag nicht so ohne weiteres möglich –: Die vorläufigen Rechnungsabschlüsse, die uns im Rechnungshofunterausschuß zur Kenntnis gebracht wurden, waren schon bemerkenswert! Man hat das nicht gleich verstanden, wenn man es gelesen hat, denn da gab es Abweichungen zwischen den im Firmenbuch ausgewiesenen Stammkapitalien und den Stammkapitalien, die in den vorläufigen Jahresabschlüssen aufgeschienen sind, die nicht plausibel waren. Da haben wir diskutiert: Könnte das vielleicht teilweise woanders stehen? Dann wiederum waren wir der Meinung, das kann doch nicht woanders stehen, denn das Stammkapital hat nun eben einmal einen bestimmten Platz in der Bilanz – ob es jetzt voll eingezahlt ist oder nicht, ist wieder eine andere Sache. Wenn es nicht voll eingezahlt ist, dann muß das extra ausgewiesen sein. Einfach saldierte Stammkapitalien hineinzuschreiben, ist eher ungewöhnlich. Offenbar ist es da zu Verwechslungen mit den Eigenkapitalansätzen, die nach den Rechnungslegungsvorschriften in einer Bilanz zu machen sind, gekommen. Das war also dilettantisch!

Das hat ja dann auch dazu geführt, daß die "Merkur Treuhand" ein höfliches, leicht larmoyantes Schreiben verfaßt hat, um so zu tun, als ob das ohnedies richtig wäre, gleichzeitig hat sie aber den eigenen Klienten, nämlich die "Euroteam Beteiligungsverwaltungs AG", schon zurechtgewiesen und darauf hingewiesen, was sie eigentlich hätten machen sollen.

Jetzt hätte ich gedacht, daß, wenn der Vorstand einer Aktiengesellschaft einem Rechnungshofunterausschuß einen vorläufigen Jahresabschluß schicken muß, er das vielleicht vorher mit seinem Steuerberater bespricht, denn er muß ja selbst kein König der Bilanzbuchhaltung sein. Als Vorstand einer Aktiengesellschaft, die wirtschaftsgeprüft ist, hat er solche Leute ja an der Hand. Er hat auch einen exquisiten Aufsichtsrat, in dem zwei hervorragende Rechtsanwälte sitzen. Wenn ich zum Beispiel vor den Rechnungshofunterausschuß zitiert würde und dort vorläufige Jahresabschlüsse vorlegen müßte, dann würde ich sie mir selbst ganz genau ansehen und mit meinen professionellen Beratern besprechen, damit keine Formfehler darin enthalten sind.

Das war dem Herrn Stuhlpfarrer aber Wurscht. Ich muß Ihnen sagen, was man "Goodwill" nennt, hat er damit nicht aufgebaut. Denn wenn ihm das Wurscht ist, dann denkt man sich: Nun ja, wenn ihm selbst seine vorläufigen Jahresabschlüsse Wurscht sind, wie Wurscht ist ihm dann erst vielleicht etwas anderes?

Das zeigt einen lockeren Umgang mit Zahlen, einen lockeren Umgang mit Formvorschriften und eine große Lässigkeit, so nach dem Motto des "Herrn Karl" – wer es kennt, erinnert sich vielleicht daran –: "Das Gansl zu Weihnachten war immer da, Herr Rat." (Heiterkeit der Abg. Schaffenrath.) – Das würde in diesem Fall etwa heißen: Wir haben immer einen positiven Cash-flow gehabt; was wollen Sie eigentlich von uns? – Und dieser Eindruck ist ernüchternd.

Wenn solche Leute in einem besonderen Vertrauensverhältnis stehen, sodaß sie ohne Ausschreibung Aufträge bekommen – ich gebe schon zu, es lag unter 200 000 ECU –, und wenn man dann nachrechnet, um wieviel denn diese Auftragssumme unter 200 000 ECU plus Mehrwertsteuer lag, und wenn man den Schillingsaldo bildet, dann stellt man fest, daß sie um nur 18 000 S unter der Grenze lag! Bei zirka 3,3 Millionen Schilling lag der Betrag um nur 18 000 S unter der Grenze, war also mit exaktem Augenmaß so "ausgelitert" – 3-Liter-Auto –, daß er genau unter der Grenze bleibt.

Mit 18 000 S unterschreitet der Auftragswert die zulässige Höchstgrenze nur im Promillebereich, wenngleich er natürlich formal in Ordnung ist. – So etwas macht man für gute Freunde. Da sagt man: Schau, ich kann dir das nur dann freihändig geben, wenn du mit deinen Gesamtansprüchen unter 200 000 ECU plus Umsatzsteuer bleibst. Dann wird das rückwirkend kalkuliert, sozusagen mittels retrograder Kalkulation. Daher kommen auch so komische Stundensätze oder so komische Stundenzahlen wie 349 heraus: weil man rückwirkend nachweisen muß, warum der Preis, den man sich ausgemacht hat, genau ganz knapp unter der Grenze für die Ausschreibungspflichtigkeit liegt.

Das ist der Eindruck, der zurückbleibt, und das ist ein Sittenbild, das unerfreulich ist, denn immerhin sind die handelnden Personen die höchsten Repräsentanten der Republik, abgesehen vom Herrn Bundespräsidenten, der aber mit solchen Dingen nichts zu tun hat, denn der sitzt in der Hofburg und schweigt – untertags. (Heiterkeit der Abgeordneten Schaffenrath und Öllinger.) Außerdem ist das hier wirklich nicht sein Problem. Seit er wiedergewählt wurde, schweigt er, aber sonst ist er der höchste Repräsentant – ich wollte ihn nur nicht ausgeklammert haben.

Was den Bundeskanzler anlangt – also ich weiß nicht, das bringt auch keinen Goodwill. Jetzt kann man nur hoffen, wirklich hoffen – nicht nur, weil das auch für die Oppositionsparteien gut ist und weil wir uns natürlich, selbstverständlich am 3. Oktober von diesen Dingen etwas erhoffen, das gebe ich ganz offen zu; die Leute sollen das wissen, bevor sie in die Wahlzelle gehen –, daß er den Wähler-Goodwill damit ein bißchen ramponiert, denn er hätte es sich redlich verdient! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger.)

21.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Kollege Mag. Steindl. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Graf: Jetzt kommt der Scharfmacher!)

21.35

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben vor einigen Stunden schon sehr ausführlich und emotional über das Thema diskutiert und die Rolle von "Euroteam" beleuchtet. Es gibt einen Ausschußbericht, der von der SPÖ und von der ÖVP im Unterausschuß abgesegnet wurde und der elf wesentliche Punkte enthält.

Diese elf Punkte sind für mich sehr wichtig, denn es wird festgehalten: Punkt 1, daß es im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an "Euroteam" zu Unzulänglichkeiten gekommen ist (Abg. Böhacker: Das haben wir heute alles schon mehrmals gehört!) – ja, und es ist wichtig, daß man das auch nochmals betont –; Punkt 2, daß es eine Nähe von "Euroteam" zu sozialistischen Parteisekretären gibt (Abg. Parnigoni: Wo steht das?), und damit gab es das Schaffen eines unzulässigen Startvorteils (Abg. Haigermoser: Parnigoni! Stimmt das?) – Sie brauchen nur den 30seitigen Bericht genau zu lesen –; Punkt 3, daß es eine Unvereinbarkeit von Mehrfachfunktionen gegeben hat (Abg. Haigermoser: Parnigoni! Mach eine tatsächliche Berichtigung!); Punkt 4, daß es einen schludrigen und sorglosen Umgang wichtiger Funktionäre mit dem Vereinsrecht gegeben hat und daß bei diesem sehr komplizierten Firmengeflecht immer wieder die gleichen Akteure aufgetreten sind (Abg. Dr. Graf: Parnigoni! Das ist ein typischer SPÖ-Bericht!); weiters, daß die Förderzusagen an alle Unternehmen von "Euroteam" ohne Abstimmung mit den Organen des AMS erfolgten.

Nächster Punkt: Es ergingen Aufträge an "Euroteam", obwohl bereits zuständige Einrichtungen bestehen und bestanden haben. Die weiteren Punkte betreffen die Vorgangsweise mit der Lehrlingshotline und die gravierenden Mängel bei der Projektabwicklung. Ein weiterer Punkt betrifft die krassen Mißverhältnisse zwischen Auftragssumme und erbrachter Leistung – Abgeordneter Lukesch ist in seiner Rede eingegangen (Heiterkeit des Abg. Dr. Graf – Ruf bei der ÖVP: Darauf eingegangen! "Eingegangen" ist er nicht! – Heiterkeit) –, und als letzter Punkt wird festgehalten, daß es gerade im Bereich des Arbeitsmarktservice Wien eine mangelnde Effizienz gibt, vor allem im Bereich der Vermittlung.

Ich weiß schon, der Opposition ist der Bericht der Mehrheit immer zuwenig. (Abg. Apfelbeck: Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Welche Konsequenzen?) Egal, welchen Bericht wir abgefaßt hätten, Sie hätten keinesfalls zugestimmt. Nur eines möchte ich schon auch sagen: Wir sind im Unterausschuß nicht nur mit Informationsmaterial zugeschüttet worden, sondern es war ganz offensichtlich, daß durch Allgemeinfragestellungen – vor allem seitens der SPÖ-Abgeordneten – gewissermaßen eine Verwässerung stattgefunden hat. Man wollte verschiedene Dinge hinausschieben.

Das, was ich besonders anprangere, ist folgendes, meine sehr geehrten Damen und Herren (Abg. Böhacker: Und was ist die Konsequenz?): Ich habe um zirka 17 Uhr vom Rednerpult aus das "Euroteam"-Geflecht skizziert, das "rote Netzwerk". (Abg. Silhavy: Herr Kollege Steindl, durch das Wiederholen wird es auch nicht wahr!) Frau Abgeordnete! Um 17.57 Uhr habe ich hier in den Klub ein Fax vom Herrn Rechtsanwalt Dr. Georg Zanger bekommen (Abg. Böhacker: Aha! Der Herr Zanger!), der mir folgendes schreibt – und das ist sehr interessant, denn das wirft ein bezeichnendes Licht auf das Ganze –:

"Sehr geehrter Herr Abgeordneter Mag. Steindl! In der Beilage übersende ich Ihnen ein Schreiben, das ich namens meines Mandanten, des Herrn Gerald Gerstbauer, an den Abgeordneten Voggenhuber am 31. Mai 1999 gesandt habe, in Kopie zur Kenntnisnahme."

Der Inhalt dieses beigefügten Schreibens ist eine Klagsandrohung gegen Herrn Voggenhuber. (Abg. Edler: Dann soll er sich wehren! Er soll sich wehren!) Das bedeutet, daß man nach meiner Rede versucht hat, mich mundtot zu machen, indem man mir eine Klage androht! (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind Methoden, die wir uns hier im Hohen Haus sicherlich nicht gefallen lassen! (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe.)

Ich frage daher die Frau Ministerin, denn Herr Gerstbauer ist – oder war, ich weiß es nicht (Zwischenruf des Abg. Parnigoni) – immerhin der politische Sekretär von Frau Ministerin Hostasch (Abg. Haigermoser: Der Herr Zanger war das ...!): Hat sie davon gewußt?

Das muß man wirklich aufklären: Hat sie davon gewußt? Wußte sie von diesen Vorgängen? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Welche Klagsandrohungen gibt es hier noch? Hier werden Abgeordnete im Hohen Haus eingeschüchtert (Ruf bei der ÖVP: Bedroht!), bedroht! Das sind mafiaähnliche Zustände, die lassen wir uns hier nicht gefallen! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ja eine Koalitionskrise!)

Ich zeige es auf: Im Bericht selbst steht nämlich, daß Herr Gerstbauer im Oktober 1994 dabei war, als der Gründungsverein, "BFI Wien ,Euroteam‘ Fachhochschule" konstituiert wurde, wo er bis August 1997 Vorstandsmitglied war. Im Juni 1997, also vorher, gab es eine Regierungsklausur, bei der das Projekt "Der Jugend eine Chance" beschlossen wurde. Dieses Projekt ist dann an eine "Euroteam"-Firmengruppe vergeben worden. Da gab es und gibt es immer noch – das behaupte ich – einen personellen Zusammenhang: Auf der einen Seite steht Herr Gerstbauer, der sehr wohl eine große Rolle gespielt hat – es gibt hiezu auch Gesprächsnotizen –, als es darum ging, Lehrplatzakquisiteure zu finden und einzustellen.

Hiezu gab es ein Gespräch mit dem IBW und auch ein Gespräch mit der Frau Bundesministerin. Dabei hat Frau Bundesministerin Hostasch gemeint, daß das Projekt Herrn Gerstbauer noch einmal vorgetragen werden soll. Dann gibt es eine Notiz, die lautet:

"Herr Gerstbauer hat mitgeteilt, daß die Beauftragung an das ,Euroteam Vienna‘ unter dem Titel ,Lehrplatzakquisiteure‘ zwar von Mag. Böhm ursprünglich abgelehnt wurde", und dann "Wir haben es dann unter einem anderen Titel doch beauftragt, und zwar in der Höhe von 2,5 Millionen Schilling." – Zitatende.

Das zeigt eindeutig, daß Herr Gerstbauer eine sehr dominante Rolle bei der Vergabe von derartigen Aufträgen im Sozialministerium übernommen hatte. Da gibt es eine klassische Unvereinbarkeit zwischen dem Auftraggeber einerseits und dem Auftragnehmer andererseits. Denn Herr Gerstbauer war, wie betont, in diesem Betrieb, an dem die "Euroteam Beteiligungsverwaltungs AG" 42 Prozent der Anteile hält, als Vorstandsmitglied tätig. Der Auftrag erging an diese Firma nicht unter diesem Namen, sondern unter dem vormaligen Namen "L.S. Beratungsgesellschaft GesmbH". – Damit ist eindeutig bewiesen, daß es da sehr wohl einen Zusammenhang gibt. Das möchte ich hier wirklich eindeutig feststellen. (Abg. Haigermoser: Was hat der Zanger damals gesagt?)

Es wundert mich daher nicht, wenn auch im AMS-Bereich vielleicht da oder dort vieles schiefläuft. Dort, wo sich die Politik, und zwar die sozialistische Politik, wirklich einmengt, dort merken wir, daß sehr vieles schiefläuft. Es gibt da – das behaupte ich nochmals – eine Melange aus Freunderlwirtschaft, Schlamperei und Planlosigkeit. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: ... ist es wieder ganz anders!) Das dürfte in der SPÖ anscheinend Tradition haben! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Regt euch nicht auf!)

21.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.44

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte zu Beginn dort anknüpfen, wo Herr Abgeordneter Steindl aufgehört hat: nicht wegen dieser Klagsdrohungen, die es von seiten des Herrn Stuhlpfarrer natürlich auch an unsere Adresse und an die Adresse der FPÖ gibt – ich nehme an, das Liberale Forum wird ebenfalls bald eine Klagsdrohung ereilen –, sondern wegen einer Stellungnahme, die Herr Stuhlpfarrer heute gegenüber der APA abgegeben hat. Die finde ich schon interessant.

Herr Stuhlpfarrer saß ja da oben (Abg. Haigermoser: In der Presseloge ist er gesessen!) und hat die ganze Zeit von der Presseloge aus die Debatte mit einem Kassettenrecorder aufgenommen. Das stört mich auch nicht: Soll er aufnehmen, was er will, wenn er glaubt, daß es ... (Widerspruch bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Er hat sicherlich eine Sondergenehmigung gehabt!)

Aber der Punkt ist der – und da, Herr Präsident, spreche ich Sie an –, daß ich es schon etwas ins Volle gegriffen finde, wenn Herr Stuhlpfarrer sagt:

Außerdem erleichtere es die persönliche Anwesenheit – ich zitiere –, "weitere Denunziationen, Lügen und Unwahrheiten im Originalton, nicht erst nach durch die Abgeordneten korrigierter Abschrift des Stenographischen Protokolls unverzüglich einzuklagen." – Zitat Stuhlpfarrer. (Abg. Dr. Lukesch: Der hat ja überhaupt keine Ahnung! – Abg. Haigermoser: Das ist ein Wahnsinn! – Abg. Scheibner: ... der weiß nicht, daß das gar nicht geht!)

Seine Anwesenheit dort oben mit einem Kassettenrecorder und diese Erklärung waren natürlich nur so zu verstehen, daß er ganz offensichtlich damit den Versuch unternehmen wollte, erstens Abgeordnete einzuschüchtern und sie zweitens auch noch dessen zu bezichtigen, daß sie möglicherweise mit Hilfe einer Korrektur im Stenographischen Protokoll die Unwahrheit sagen. (Abg. Haigermoser: Das ist aber interessant!)

Herr Präsident! Ich würde meinen, das sollte uns noch beschäftigen (Beifall bei den Grünen, bei der ÖVP sowie bei den Freiheitlichen), denn diese Punkte, diese Vorwürfe und diese Haltung des Herrn Stuhlpfarrer sind nicht zufällig! In diesem Sinne verstehe ich den Kollegen Steindl auch. Wenn man hier im Parlament um 17 Uhr eine Äußerung macht, und um 17.57 Uhr kommt die Klagsandrohung (Abg. Silhavy: ... ist keine Klagsandrohung!) beziehungsweise der Hinweis auf die Klagsandrohung durch den Anwalt, dann hört sich der Spaß auf, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! (Abg. Haigermoser: Da hört er sich auf!) Dann ist der Parlamentarismus gefordert!

Wenn Sie das jetzt noch nicht verstehen, dann werden Sie es spätestens dann verstehen müssen, wenn Sie selbst durch irgendeine Situation in diese Richtung herausgefordert sind, sollten Sie sich einmal nicht in der Regierungsmehrheit befinden. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Haltet euch das deutlich vor Augen! In 20 Jahren, dann wißt ihr es wieder! Oder in 15 Jahren oder in 12 Jahren! In zwei oder drei Perioden! Glaubt mir!)

Ich komme aber noch zurück zu der Debatte, die wir vorher im Rahmen der Dringlichen Anfrage geführt haben. Auffällig ist, daß das Bundeskanzleramt weder im Unterausschuß noch heute bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage auf die Fragen nach dem Werkvertrag eine Antwort gegeben hat, Herr Staatssekretär! Sie haben jede konkrete Antwort verweigert, das ist Ihnen hoffentlich klar. (Abg. Haigermoser: Das ist ein Sittenbild!) Sie haben es vom Blatt heruntergelesen und haben es vermutlich auch nicht anders machen können, als es vom Blatt herunterzulesen. Aber der Punkt war doch der, Herr Staatssekretär, daß wir sehr genau gefragt haben, wann die Tätigkeit des Projektkoordinators – nicht Lehrlingsbeauftragten – beispielsweise durch Reisetätigkeiten unterbrochen wurde: Gab es da Unterbrechungen? – Dazu gab es keine Antwort von Ihrer Seite. Ich frage das nicht zufällig, denn der Werkvertrag war sehr ungenau beschrieben. Das waren nur diese ominösen 1 560 Stunden.

Herr Stuhlpfarrer selbst macht es genauer. Er sagt, zum Auftrag Projektkoordination haben gehört: die Einrichtung einer Hotline – sehr interessant: die Einrichtung der Hotline! –, die Einrichtung des Call Centers, die Betreuung des Call Centers, die Auswahl der Inserate und die Mitarbeit bei der Inseratenauswahl. Ich kann mich noch genau erinnern, Herr Staatssekretär, daß Sie bei sehr vielen dieser Punkte – nicht bei den Inseraten, aber bei den anderen Punkten wie Call Center oder Hotline – gesagt haben, das fällt nicht in unsere Kompetenz, sondern das ist die Aufgabe der Frau Sozialministerin.

Ich habe das sehr deutlich registriert, daß der Herr Bundeskanzler und Sie als seine Stimme versucht haben, die Verantwortung an das Sozialministerium abzugeben. Ich mache in diesem Zusammenhang schon darauf aufmerksam: Dabei werden wir es nicht bewenden lassen!

Ich sage Ihnen auch, daß wir die Verantwortung der Frau Bundesministerin – diese Verantwortung gibt es in dieser Causa auch – sehr ernst nehmen. Aber so einfach, wie es sich Herr Bundeskanzler Klima jetzt machen möchte – nämlich zu sagen: ich weiß von nichts (Abg. Haigermoser: Mein Name ist Feldhase!), das ist ja alles die Angelegenheit der Frau Sozialministerin gewesen, aber ich habe damit nichts zu tun –, so einfach werden wir es dem Herrn Bundeskanzler mit den notwendigen Antworten in dieser Frage nicht machen.

Ich komme noch zu einem anderen Punkt, denn da haben wir auch – allerdings nicht mit einer Drohung versehen (Heiterkeit des Abg. Dr. Trinkl) – erst vor kurzem eine Antwort von seiten des AMS erhalten: sozusagen "fünfte Klappe" zur Frage der Betriebsberatungsstunden beim Projekt PROFESSIONET, der fünfte Versuch, eine Antwort zu geben.

Ich zähle Ihnen die Versuche auf. Da sagt zum Beispiel in der Presseaussendung vom 6. Juli Herr Stuhlpfarrer: "Öllinger: Anstatt der vereinbarten 120 Betriebe mit je 50 Stunden, die beraten werden sollten, wurden 6 000 Stunden für lediglich 25 Betriebe verrechnet." Dazu Stuhlpfarrer:

"Wahr ist, daß im Rahmen des Projektes PROFESSIONET keinerlei Beratungsstunden zur Verrechnung kamen. Vorgesehen waren vielmehr laut Projektantrag im Rahmen des Projektes 120 Teilnehmer sowie 24 Betriebe." – Ich brauche das nicht zu kommentieren.

Ich lese Ihnen vor, was das AMS in seiner Kritik dazu gesagt hat: "Die geplante Zahl an Betriebskontakten (120 Betriebe mit je 50 Beratungsstunden) wurde nicht erreicht." – Das sagt das AMS.

Etwas später äußert sich das AMS wieder – wieder in einer Mitteilung für den Ausschuß –, und zwar zu diesen Beratungsstunden und zu dieser komischen Anzahl von Beratungsstunden – 349, eine Primzahl, ich brauche das nicht im Detail zu wiederholen –:

"Das bedeutet, daß in der Tabelle die Anzahl der beratenen Personen mal Beratungsstunden (und nicht die vom Projektträger erbrachten Beratungsstunden) ausgewiesen werden." – Dann wird das auch noch anhand von Beispielen dargestellt.

Beispiel eins: 1 Berater, 3 Teilnehmer, 8 Stunden Beratung ist gleich 24 Beratungsstunden. – Soweit können wir alle multiplizieren: 8 x 3 = 24. – Gut. Auch diese Erklärung nehme ich zunächst einmal zur Kenntnis.

Dann gehen wir über zu dem, was die Frau Bundesministerin heute in ihrer Erklärung zur APA gesagt hat – ich zitiere aus der heutigen Aussendung –:

"In der Abrechnung können nur jene Kosten geltend gemacht werden, die im Vertrag vereinbart wurden und nachgewiesen werden; das seien Gehaltskosten, nachgewiesene, dem Projekt direkt zuordenbare Sachaufwandskosten, nachvollziehbare anteilige Gemeinkostenzuschläge für Büromiete, Energiekosten etc. Hostasch: ,Es gab und gibt somit im gesamten Projekt keine Verrechnung nach Stundensätzen.‘" – Zitatende.

Das ist also das genaue Gegenteil von dem, was uns zuvor das AMS erklärt hat: Jeder Hinweis auf Stundenzahlen und Beratungsstunden hat nichts mit finanziellen Vergütungen zu tun, sondern nur mit statistischen Angaben und Indikatoren.

Da bereits das rote Licht hier blinkt, spare ich es mir jetzt, Ihnen noch die Erklärung des AMS von heute nachmittag vorzulesen, die wieder im Widerspruch zu der Erklärung der Frau Sozialministerin steht, und halte fest: Frau Bundesministerin! Ihre Erklärung würde bedeuten, daß Herr Stuhlpfarrer auch seine 35 Auslandsreisen anteilig als Beratungskosten mit ausweisen kann. Jetzt wissen wir aber aus dem Projekt, daß Herrn Stuhlpfarrer von den 35 Reisen, die er im Rahmen des Projekts geltend machen wollte, über 20 wieder hinausgeworfen worden sind. – Anmerkung Ende.

Nächste Anmerkung: Im Unterausschuß hat uns Herr Buchinger, seines Zeichens AMS-Vorsitzender, erklärt, es gibt eine Bestätigung seitens Dr. Winternitz über 349 Beratungsstunden. – Jetzt frage ich Sie: Was ist wahr? – Wenn es diese Bestätigung über 349 Beratungsstunden gibt, dann stimmen entweder alle diese Erklärungen nicht, oder Herr Dr. Winternitz, seines Zeichens Aufsichtsratsvorsitzender, hat ein Problem. Oder es könnte auch sein, daß Herr Buchinger ein Problem hat, indem er uns nämlich im Ausschuß etwas erklärt hat, was offensichtlich nicht stimmt.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen nur eines: Diese fünf, sechs, sieben, acht, neun Erklärungsversuche sind ebenso wie die versuchten Endberichte und Endabrechnungen im Projekt PROFESSIONET Beweis genug dafür, daß es stinkt in der Causa "Euroteam". Es stinkt bis obenhin! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Sie können froh darüber sein, daß der Unterausschuß seine Tätigkeit einstellen mußte. Wir hätten schon noch weitergemacht. Sie können froh darüber sein, denn ich hätte Ihnen garantiert, daß wir auch bei einigen anderen Erklärungen, schriftlichen Auskünften, die wir erhalten haben und die nachweislich so gefaßt waren, daß sie nur auf die unmittelbare Frage geantwortet haben, weiter nachgefragt hätten. So wäre etwa, wenn auf die Frage "Haben Sie beim Verein ,Euroteam Vienna‘ Spesen oder Gelder erhalten?" die Antwort "Beim Verein ,Euroteam Vienna‘ haben wir keine Spesen und Gelder erhalten!" lautete, durchaus die Nachfrage erlaubt – leider konnten wir das im Ausschuß nicht mehr tun –, ob nicht über eine der GesmbHs Spesen, Aufwandsentschädigungen und ähnliches geflossen sind.

Ich garantiere Ihnen: Wir werden in dieser Sache nicht lockerlassen – egal, ob mit oder ohne Unterausschuß. Notwendig wäre ein Untersuchungsausschuß, aber zu dieser politischen Verantwortung und Auseinandersetzung, die notwendig wäre, sind Sie nach wie vor nicht bereit! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Herr Präsident! Zur Geschäftsbehandlung!)

21.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

21.55

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Nach dem bisherigen Verlauf der Debatte halten wir es für unbedingt notwendig, daß der Herr Bundeskanzler erscheint und an dieser Debatte teilnimmt. Deshalb stelle ich gemäß § 18 Abs. 3 GOG den Antrag auf Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers und bitte, sofort darüber abstimmen zu lassen.

21.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich werde gerne über diesen Antrag abstimmen lassen und daher kurz einläuten, da hiefür ja jeder Abgeordnete das Recht hat, den Sitzungssaal zu betreten. (Abg. Dr. Krüger: Das steht aber nirgends in der Geschäftsordnung!)

Die Frau Bundesministerin bitte ich um Verständnis dafür, daß sie etwas später drankommt. (Einige Abgeordnete betreten den Sitzungssaal. – Abg. Scheibner: Jetzt aber abstimmen lassen!)

Meine Damen und Herren! Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Scheibner auf Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers in der jetzt laufenden Debatte über einen Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend Überprüfung arbeitsmarktrelevanter Angelegenheiten durch den Rechnungshof.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Scheibner: Herr Präsident, es können nicht während der Abstimmung noch Leute hereinkommen!) – Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Ministerin.

21.57

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Es wurde heute nachmittag bereits sehr intensiv über manche der Vorwürfe und auch Fragen, die jetzt wieder in der Debatte geäußert wurden, diskutiert, und es hat auch im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses eine sehr ausführliche Debatte gegeben. Weil hier gerade in der letzten Rede kritisiert wurde, daß nicht immer ausreichend geantwortet wurde, darf ich aus eigener Wahrnehmung sagen, daß die Vorsitzende des Unterausschusses bei jeder Antwort immer wieder hinterfragt hat, ob noch eine weitere Ergänzung in der Antwort bei den Auskunftspersonen und letztlich auch bei Kollegen Wittmann und bei mir gewünscht wurde.

Ich finde, daß wirklich alle Beteiligten mit einer großen Sachlichkeit, aber auch mit einer sehr großen Intensität bemüht gewesen sind, auf offene Fragen auch klare Antworten zu geben.

Erlauben Sie mir daher, zu einigen Punkten, die jetzt in der Debatte angeführt wurden, ganz kurz Stellung zu nehmen, und zwar möchte ich gleich zu Beginn auf den Hinweis des Herrn Abgeordneten Gaugg eingehen, der gemeint hat, wenn in der Lehrlingssituation, in der Beschäftigungssituation eine Besserung eingetreten ist (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), dann sei dies ausschließlich auf die wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen.

Es ist unbestritten, daß natürlich das Wachstum, daß natürlich die wirtschaftliche Entwicklung eine wichtige Voraussetzung dafür sind, daß wir mehr Beschäftigung, aber auch weniger Arbeitslose haben. Trotzdem gilt, was auch von den beiden Wirtschaftsforschungsinstituten, dem IHS und dem Wifo, in den vor kurzem von ihnen vorgelegten Berichten ausdrücklich gesagt wurde: Hätten wir nicht die umfassenden Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorgenommen, dann hätte die Trendwende am Arbeitsmarkt nicht erzielt werden können. – Daher ein klares Bekenntnis zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Man kann natürlich an allen Projekten, insbesondere an innovativen, an neuen, an solchen, in denen auch experimentell versucht wird, neue Wege zu gehen, Kritik üben und sie in bezug auf ihre Effizienz hinterfragen. Es wird immer wieder sowohl in meinem Ressort als auch im Arbeitsmarktservice bei den Projekten auf die Effizienz geachtet und auch hinterfragt und geprüft, inwieweit damit dem Vermittlungsauftrag und auch der Zielsetzung der Integration der Arbeitsuchenden Rechnung getragen wird.

Erlauben Sie mir aber schon die Anmerkung, daß sehr oft, wenn ein Projekt aufgrund geringer Effizienz eingestellt werden mußte, auch aus diesem Haus immer wieder hinterfragt wird – und auch Kritik dahin gehend erfolgt –, wieso das eine oder andere Projekt nicht weitergeführt wurde, obwohl nachweislich die Effizienz nicht gegeben war. Ich bitte daher, die Beurteilungen von Projekten doch auch immer mit Objektivität vorzunehmen und nicht mit zweierlei Maß zu messen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, kurz auch darauf zu verweisen, daß wir sowohl hinsichtlich der Verwendung der Mittel des Europäischen Sozialfonds als auch der Verwendung der nationalen Mittel und der Kontrolle der nationalen Projekte eine umfangreiches Kontrollinstrumentarium haben. Hinsichtlich der Mittel des Europäischen Sozialfonds werden sowohl Kontrollen durch den Europäischen Rechnungshof als auch durch die Europäische Kommission und durch den österreichischen Rechnungshof vorgenommen, außerdem erfolgt natürlich auch eine Innenrevision des Sozialministeriums. Gleichermaßen werden bei ausschließlich nationalen Projekten sowohl die Kontrollinstrumente des Arbeitsmarktservices als auch des Sozialministeriums als auch des österreichischen Rechnungshofes eingesetzt. – Im Hinblick darauf kann ich Ihnen berichten, daß sowohl in Form des Berichtes des Europäischen Rechnungshofes als auch in Form des Berichtes des österreichischen Rechnungshofs die schriftliche Bestätigung vorliegt, daß alle Projekte ordnungsgemäß abgewickelt wurden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn nun erneut das Projekt PROFESSIONET angeführt und wieder die Zahl der verrechneten Stunden kritisiert wurde, dann möchte ich sagen: Es tut mir leid, daß es nicht gelungen ist – weder im Unterausschuß noch durch schriftliche Stellungnahmen noch auch durch meine heutige Anfragebeantwortung – jene Klarheit zu erzeugen, die Ihnen die Sicherheit gibt, daß in diesem Zusammenhang absolut korrekt und ordnungsgemäß gearbeitet wurde. Ich hoffe daher, daß der Rechnungshof, der seitens des Herrn Bundeskanzlers und von mir ersucht wurde, alle Projekte, die vergeben wurden, einer genauen Sonderprüfung zu unterziehen, den Rest von Zweifel, daß hier nicht ordnungsgemäß gearbeitet wurde, bei Ihnen wird beseitigen können. Ich bin also sehr froh darüber, daß der Herr Präsident des Rechnungshofes über Ersuchen des Herrn Bundeskanzlers und von mir zugesichert hat, diese umfangreiche Sonderprüfung vorzunehmen.

Ich bin selbstverständlich – ebenso wie der Herr Bundeskanzler – daran interessiert, Klarheit zu schaffen und die Bestätigung betreffend eine korrekte, ordnungsgemäße und gesetzmäßige Vorgangsweise zu bekommen beziehungsweise auch über Mängel informiert zu werden. Dies liegt in unserer Verantwortung, die wir wahrnehmen wollen und müssen. Ich bitte Sie aber, bei der Bewertung dieser Verantwortung mit Fairneß und Korrektheit umzugehen und Dinge nicht zu behaupten, die weder im Unterausschuß noch sonstwo gesagt wurden! Außerdem bitte ich Sie, Personen, die involviert sind, das Recht einzuräumen, von ihren demokratischen Rechten Gebrauch zu machen, wenn sie sich angegriffen und verunglimpft fühlen und keine andere Möglichkeit sehen, als diesen Weg zu gehen. Wir leben in einer Demokratie, und wenn Sie hier in diesem Haus Rechte für sich in Anspruch nehmen, dann müssen Sie anderen, die nicht in diesem Hohes Haus sind, gleiche Rechte zugestehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte kurz auch noch auf den Vorwurf eingehen, der im Unterausschuß erhoben wurde, nämlich, daß die Ausschußmitglieder seitens meines Ressorts und seitens des AMS mit Materialien zugedeckt und mit der Bearbeitung dieser Materialien quasi überfordert worden seien. – Wir haben uns bemüht, einigermaßen konkrete und umfassende Materialien zur Verfügung zu stellen, und ich bedauere daher diese Kritik. Außerdem möchte ich festhalten, daß wir andererseits trotz der Fülle der übermittelten Materialien permanent wieder mit neuen Wünschen betreffend weitere Materialien konfrontiert waren und uns dementsprechend natürlich bemühen mußten, auch diese Informationen den Damen und Herren des Unterausschusses in vollem Umfang zur Verfügung zu stellen. – Ich bedauere also sehr, daß hier etwas gewünscht, aber nachträglich kritisiert wurde.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal klarstellen, daß Herr Kollege Gerstbauer aus meinem Ministerbüro – und er hat das bereits auch schriftlich klargestellt – seine Funktion bei "Euroteam" 1995 zurückgelegt hat. Er hat keinen Einfluß auf Vergaben genommen, ebenso wie auch ich keinen Einfluß darauf genommen habe. Vielmehr wurden nach fachlicher Beurteilung durch die zuständigen Stellen entsprechende Vergaben sowohl vom AMS als auch durch mein Ressort vorgenommen, und es wird Sache des Rechnungshofes sein, zu prüfen, inwieweit meine Behauptungen auch seitens des Rechnungshofes bestätigt werden können.

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Steindl! Er ist im Moment nicht im Raum. Dennoch möchte ich sagen: Ich kann mich nur etwas wundern, daß die zweite Regierungspartei insofern Kritik übt, als behauptet wird, daß überall dort, wo die Sozialdemokratie sich einmischt und aktiv wird, etwas schiefgeht. Ich meine, daß sich der Koalitionspartner auf diese Weise von einer erfolgreichen Beschäftigungspolitik verabschiedet. Sie werden nicht leugnen können, daß Österreich in der Beschäftigungspolitik erfolgreich ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben einen Höchststand an Erwerbstätigen, eine deutlich zurückgehende Arbeitslosigkeit, die geringste Jugendarbeitslosigkeit und eine deutlich sinkende Frauenarbeitslosigkeit, einen Rückgang der Arbeitslosigkeit in allen Bundesländern, in allen Branchen und praktisch bei allen Altersgruppen. Ich glaube, daß wir darauf stolz sein sollten, sehr geschätzte Damen und Herren! Das Ausland bewundert uns. Es ist schade, daß wir nicht den Mut zu der Stärke haben, die wir eigentlich in unserem Land bewiesen haben!

Sehr geschätzte Damen und Herren! Sie haben durch Ihre Gesetzesbeschlüsse dazu beigetragen, daß die Regierung insbesondere auch für die Jugendlichen diese Politik realisieren konnte. Ich würde mich daher freuen, wenn wir uns alle dazu bekennen würden, der Jugend jede Chance zu geben, damit kein Jugendlicher ohne Perspektive ist! (Beifall bei der SPÖ.)

22.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wie ich sehe, ist Herr Abgeordneter Grollitsch jetzt leider nicht hier. Deshalb, Herr Kollege Scheibner, wende ich mich an Sie. Ich nehme an, daß Sie und ich sehr viele Lehrer kennen, die sich redlich bemühen, Wissen und Qualität zu vermitteln, und die sich auch die Mühe nehmen, ein bißchen Berufsberatung zu betreiben und dafür zu sorgen, daß diejenigen, die eine Schule absolvieren, auch eine Chance in der Wirtschaft bekommen. Wenn dann ein Lehrer Ihrer Fraktion, nämlich Professor Grollitsch, hier beim Rednerpult in einem Satz bekrittelt, daß Schüler von ihm es schwer haben, einen Arbeitsplatz zu finden und Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, einer jedoch durch Protektion sozusagen schon einen Arbeitsplatz hat, und das als negativ darstellt, was noch dazu gar nicht stimmt, wie mein Kollege Brix schon gesagt hat, dann möchte ich feststellen (Abg. Scheibner: Wenn es doch stimmt, ist es aber sehr wohl negativ!): Eigentlich ist das dieses Hohen Hauses nicht würdig, Herr Kollege Scheibner! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist wohl auch für Ihre Fraktion einzigartig, daß ein Mitglied Ihrer Fraktion hier herausgeht und als Professor beklagt, daß ein Student Arbeit gefunden hat! Ich denke, damit sollten wir dieses Kapitel abschließen. Ich wollte das nur deshalb sagen, weil es mich zutiefst berührt. (Zwischenruf der Abg. Haller.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir diskutieren Auftragsvergaben an die Firma "Euroteam". – Es gab sowohl im Unterausschuß als auch hier in der Debatte eine Reihe von berechtigten Fragen. Dazu wurden auch Antworten und Erklärungen gegeben, welche die eine oder andere Frage nicht mehr aktuell erscheinen lassen. Es gibt aber auch offene Fragen. Die Abrechnung der Projekte ist noch offen, und es gibt auch Fragen, die noch nicht restlos geklärt sind. Daher ist es gut, daß einerseits das AMS von sich aus nicht bezahlt hat, ohne zu prüfen, sondern auf festgestellte Unzulänglichkeiten hingewiesen hat und daß andererseits – wie die Frau Bundesminister soeben ausgeführt hat – der Rechnungshof gebeten wurde, eine Prüfung vorzunehmen. Bei dieser Prüfung wird sich letztendlich jede einzelne Frage als beantwortet darstellen.

Sehr geehrter Herr Kollege Steindl! Ich möchte auch zwei Sätze zu Ihnen sagen! (Abg. Dr. Lukesch: Wir sind alle mit Klagen von Herrn Stuhlpfarrer bedroht, nicht nur Kollege Steindl!) Sie waren gewiß erregt, weil Sie sich vermutlich aufgrund dieses Schreibens oder anderer Dinge persönlich angesprochen oder auch genötigt gefühlt haben. Ich kenne den Inhalt des Schreibens nicht und will das nicht beurteilen. Ich meine, daß Sie sich das mit demjenigen ausmachen müssen, der Ihnen das Fax geschickt hat.

Herr Kollege Steindl! Ich meine aber, daß es nicht zulässig ist oder sein sollte, daß man diesen Umstand dazu benützt, eine demokratische Partei in unserem Land, nämlich die Sozialdemokratische Partei, pauschal zu verurteilen, indem man von SPÖ-Tradition, Schlamperei und ähnlichem spricht. Ich denke, das dient der sachlichen Diskussion nicht! (Abg. Haller: Der Sache des österreichischen Staatsbürgers dient es nicht, sehr wohl aber eurer Sache!)

Ich möchte mich, soweit es irgendwie geht, der sachlichen Diskussion verschreiben. Sie haben es jedoch sehr schwer gemacht, jetzt weiter sachlich zu diskutieren. "Euroteam" ist kein SPÖ-Verein, und daher geht dieser Vorwurf eigentlich ins Leere! (Abg. Mag. Steindl: Du bekommst nicht einmal Applaus! – Beifall und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Steindl! Ich nehme zur Kenntnis – ich kann es ohnehin nicht ändern –, daß Sie Ihre Unsachlichkeit fortsetzen wollen! Tun Sie es! Es werden das andere zu beurteilen haben!

Ich denke, es ist wichtig, in dieser Diskussion noch einmal auf folgenden Aspekt hinzuweisen – er wurde schon angesprochen, ich möchte es aber noch einmal auf den Punkt bringen –: Wir reden hier über Unzulänglichkeiten im Bereich von Auftragsvergaben, die in der Gesamtheit der Beurteilung aller Maßnahmen nicht einmal 1 Prozent, sondern nur ein halbes Prozent der gesamten Förderungsfälle ausmachen! Ich glaube, daß es wichtig ist, einmal festzustellen, daß 99,5 Prozent der Fälle ohne Beanstandung geblieben sind und daher ordentlich abgeführt und abgerechnet wurden. Das sollte man, glaube ich, auch einmal festhalten!

Es zeigt sich daran auch, daß das Ziel der Debatte nicht die restlose Aufklärung all dieser Vorwürfe ist, sondern daß eigentlich die Sozialdemokratie und der Parteivorsitzende der SPÖ, der Bundeskanzler unserer Republik, angepatzt werden sollen. Ich meine aber, daß dieses Ziel nicht erreicht werden wird, weil die Objektivität letztendlich siegen wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Ein Wort zu Kollegen Öllinger: Er ist der letzte Anwesende seiner Fraktion in dieser Debatte, wie ich sehe. Kollege Öllinger! Ist es deiner Fraktion mit der sachlichen Diskussion um die Jugendbeschäftigung wirklich ernst? Denn ich verstehe ich nicht, warum deine Fraktion beispielsweise bei der inhaltlich sehr anspruchsvollen Diskussion im Wirtschaftsausschuß zum Berufsbildungsbericht 1999 nur zugehört, aber kein Wort dazu gesagt hat! (Abg. Schaffenrath: Da hat es auch nichts zu sagen gegeben!) Es gab von den Grünen keine Wortmeldung, keine Meinungsäußerung, keine Kritik und keine Vorschläge. Sie sind einfach staunend dort gesessen und haben abgewartet, was geschieht. – Vielleicht zeigt auch das, daß es auch den Grünen in dieser Angelegenheit nicht primär um die Jugendausbildung und um die Frage der Lehrstellen geht, sondern lediglich darum, daß ein Skandal her muß! Ich bedauere, daß du in deiner Partei in eine Konkurrenzsituation zu deinem Kollegen Pilz kommst, wer der bessere Aufdecker ist! Darum geht es nämlich in Wirklichkeit! Dein Lachen beweist, daß ich recht habe! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kollegen des Hohen Hauses! Zu den Fakten: Wir haben es leider mit einer sinkenden Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft zu tun. Daher sind Maßnahmen notwendig. Die Rahmenbedingungen für die Lehrlingsausbildung wurden verbessert, sie wurden für die Wirtschaft attraktiver gemacht, das hat aber nicht dazu geführt, daß wir mehr Lehrstellen haben. Daher ist es die Aufgabe des Arbeitsmarktservices, durch Projekte und Förderungen dazu beizutragen, daß dieser Bedarf von der Wirtschaft erkannt wird und sich letztendlich die Zahl der angebotenen Lehrstellen entsprechend erhöht.

Im Hinblick darauf sollte man meiner Ansicht nach darüber nachdenken, wie man das bewerkstelligen kann. Ich appelliere an die Vertreter der Wirtschaft insgesamt, insbesondere innerhalb der Volkspartei, gemeinsam mitzuhelfen, daß Vorurteile – wie etwa das Argument, daß Lehrlinge quasi pragmatisiert und zu teuer sind –, die längst nicht mehr zutreffen beziehungsweise nie gestimmt haben, abgebaut werden, denn ansonsten werden die Maßnahmen, die mit dem Auffangnetz kreiert wurden, fortgesetzt und notfalls auch ausgebaut werden müssen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, daß bei dieser Diskussion – so habe ich es jedenfalls erlebt – die Grünen und die Freiheitlichen in diesem Hohen Haus folgende Position eingenommen haben: Die Freiheitlichen und die Grünen haben sich im Skandalisieren überboten. Wir versuchten, alle Kräfte zu mobilisieren, um Jugendarbeitslosigkeit in Österreich nachhaltig zu verhindern. Die Freiheitlichen und die Grünen haben sich hingegen im Kritisieren überboten. Wir kreierten neue Berufe, neue Ausbildungsmöglichkeiten, wobei die Qualität der Ausbildung für uns im Vordergrund stand. Die Freiheitlichen und die Grünen haben sich hingegen letztlich im Diffamieren überboten. Wir reformieren einstweilen die Lehrausbildung im Betrieb und in der Berufsschule, wobei diese Reform sicher noch weiterzugehen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

22.15

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Riepl, Ihren letzten Sätzen ist zu entnehmen, daß Sie den Inhalt Ihrer Rede im ersten Teil nicht einmal selbst ernst nehmen, denn wenn Sie auf der einen Seite einen fairen und konstruktiven Redestil einfordern und sich gegen Diffamierungen und Pauschalverurteilungen verwahren, dann aber die Freiheitlichen, die Grünen und die Liberalen sagen, dann repräsentieren Sie in Ihrer Rede eine gespaltene Persönlichkeit beziehungsweise können Sie zumindest für sich selbst keine kongruente Schlußfolgerung aus dem ersten und dem zweiten Teil Ihrer Rede ziehen und haben damit auch kein Recht darauf, daß andere Sie und Ihre Rede ernst nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Riepl! Die Tatsachen sprechen für sich – und darum werden Sie nicht herumkommen –, egal, ob es jetzt um 0,5, um 0,75 oder um 0,35 Prozent des Förderungsvolumens geht: Die Firma "Euroteam" hat von ihrer Gründung bis heute eine kuriose Gründungsgeschichte, eine einmalige Statutengeschichte, bemerkenswerte Änderungen und Neukonstruktionen im Ges.m.b.H.-Bereich und eine Firmenverflechtung aufzuweisen, die auch aktenkundig von einem der eigentlichen und selbständigen Überprüfer kritisiert und als nicht zielführend und korrekt empfunden worden ist. All das ist den Akten zu entnehmen, und all das müßte Ihnen, wenn Sie, so wie wir, die Akten studiert und gelesen hätten, bekannt sein.

Es ist mir völlig egal, ob Herr Stuhlpfarrer, irgendein Rechtsanwalt oder sonst jemand versucht, einen freigewählten Abgeordneten, der der Verfassung dieser Republik und der Vertretung der Rechte der österreichischen Bürger verpflichtet ist, mit einem Schreiben zu nötigen und unter Pression zu bringen! Meine Sympathien sind bei den Kollegen von der ÖVP und nicht bei Ihnen, Herr Kollege Riepl, und auch nicht beim Kollegen Brix und anderen auf seiten der Sozialdemokratie, die noch nicht erkannt haben, worum es inzwischen bei dieser Debatte geht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller.)

Es geht um den Versuch, einen freigewählten Abgeordneten dieses Hohen Hauses unter Einflußnahme durch Herrn Stuhlpfarrer und dessen Benehmen hier und dessen Drohungen, die er über die Medien ausgesprochen hat, unter Druck zu setzen, sowie um die Duldung dieser Vorgänge durch den Parlamentspräsidenten und die entsprechende Geschäftsbehandlung, über den Antrag gemäß § 18 Abs. 3 GOG nicht sofort abstimmen zu lassen, sondern in entsprechender Form Verzögerungen herbeizuführen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das erinnert mich an Demokratien, die 1988 und 1989 zu Ende gegangen sind. Ich hoffe, daß das nicht vor dem 3. Oktober ein Neubeginn hier im Hohen Hause ist, der Schule macht. Pressionen gegen einen Abgeordneten – egal, aus welcher Fraktion er kommt und wie ich ihm sonst gegenüberstehe – werde ich für mich und für meine Fraktion nicht dulden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde diesen Pressionen mit aller Klarheit entgegentreten! Ich hätte mir gewünscht, daß sich ein einziger der Redner aus den Reihen der Sozialdemokratie wie etwa Sie, Herr Riepl, hier wenigstens gegen diese Methoden verwahrt hätten! (Zwischenruf des Abg. Nürnberger.)

Herr Kollege Brix! Ich sage Ihnen ganz klar: Sie können hier schreien, toben und machen, was Sie wollen: Pressionen auf Abgeordnete dieses Hohen Hauses wird es, solange ich gewählter Abgeordneter bin, hier nicht geben! Ich werde meine Stimme dagegen erheben, wann immer jemand das gleiche versuchen sollte wie heute Herr Stuhlpfarrer und sein Rechtsanwalt. Das sind Methoden, die ich nicht gewohnt bin, die ich als mit einer Demokratie nicht kompatibel betrachte!

Ich würde mir wünschen, daß in einem demokratisch gewählten Parlament alle Abgeordneten konsequent gegen solche Methoden und solche Versuche auftreten, ganz egal, ob es in der Sache und in der Diskussion unterschiedliche Standpunkte gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Riepl! Auch Ihnen und der ÖVP ist offenbar völlig klar, daß elf Punkte des "Euroteam"-Beschäftigungsprogramms eindeutig hinterfragenswert sind. Das wird klar, wenn man den von Ihnen verabschiedeten Bericht liest, Herr Kollege! (Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller.) Auch daraus geht hervor, daß das als nicht korrekt zu betrachten ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage Ihnen dazu noch folgendes: Dieser Bericht wird Gott sei Dank nicht der letzte Bericht über diese Causa sein. Der Rechnungshof wird, wie wir gehört haben, ordnungsgemäß seine entsprechenden Untersuchungen vornehmen. (Abg. Dr. Keppelmüller: Dagegen haben wir nichts!) Außerdem werden die Strafbehörden in Österreich Untersuchungen vornehmen, und es wird zu einem späteren Zeitpunkt darüber gerichtet werden, wer heute in dieser Debatte recht gehabt hat und wer zudeckt. Daran wird kein Weg vorbeiführen, ganz egal, wie die Wahlen am 3. Oktober ausgehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin mir sicher, daß die – jetzt teilweise anwesenden – Beamten des Rechnungshofes mit ihrer Fachkenntnis die Überprüfungen genau, gewissenhaft und im Einklang mit den österreichischen Gesetzen durchführen und sich von niemandem unter Druck setzen lassen werden, ganz egal, welche Versuche noch kommen sollten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.21

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich persönlich bin gegen jegliche Ausübung von Pression, und ich glaube, meine Gesamtfraktion, die Sozialdemokratie, ist gegen jegliche Unterdrucksetzung und Drohung, die irgendwo ausgesprochen oder irgend jemandem angetan wird!

Meine Damen und Herren! Wenn sich heute besonders Gaugg, Öllinger und Steindl zu Richtern gemacht haben, wobei wir alle wissen, daß das Verfahren aufgrund der Sachverhaltsdarstellung anhängig ist, dann ist das für uns unverständlich und kann von uns so nicht hingenommen werden.

Meine Damen und Herren! Es wurde wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß es vielen hier nur darum geht, die SPÖ beziehungsweise den Bundeskanzler anzupatzen, die in der Beschäftigungspolitik, besonders hinsichtlich der Jugendbeschäftigung, erfolgreich sind. Meine Damen und Herren! Sie haben das endlich auch einmal zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Man muß feststellen: Grüne Abgeordnete haben diese Diskussion eingeleitet, und die anderen haben das aufgenommen, wobei die FPÖ sehr spät dran war, weil zum Beispiel Herr Gaugg einige Zeit gebraucht hat, bis er draufgekommen ist, worum es überhaupt geht. Dann hat Herr Westenthaler das Ganze übernommen. So ist die Situation einmal! Wir haben aufgrund der Presseaussendungen deutlich feststellen können, daß es hier nicht mehr um die Sache, sondern um den Vorwahlkampf und darum geht, jemanden anzupatzen, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.)

Es wurde wiederholt und auch von der geschätzten Frau Bundesministerin zum Ausdruck gebracht, daß wir stolz sein können, meine Damen und Herren. Es gibt internationale Bewertungen betreffend die Beschäftigungslage, insbesondere was die Jugendbeschäftigung betrifft, und ich verstehe überhaupt nicht, daß man unser gutes Abschneiden nicht grundsätzlich auch einmal positiv zur Kenntnis nehmen kann! Während wir im Jahre 1997 nur 37 000 Ausbildungsplätze hatten, so haben wir derzeit rund 42 000 Ausbildungsplätze, obwohl die Wirtschaft ihre Aufgabe besonders betreffend das Humankapital in Form von Ausbildung und Weiterbildung eigentlich nicht mehr wahrgenommen hat. (Abg. Haigermoser: So ein Käse! Das ist unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Ich komme jetzt wieder auf die Arbeit im Rechnungshofunterausschuß zu sprechen. Grundsätzlich ist die dort herrschende Vertraulichkeit zu wahren. Als erster hat sie Kollege Öllinger gebrochen, denn er wollte seine Medienarbeit absolvieren. In Anbetracht dessen stelle ich die Frage: Wofür brauchen wir Unterausschüsse? So gesehen könnte ja jeder von uns von Haus aus dem Staatsanwalt eine Sachverhaltsdarstellung übergeben! Dann bräuchten wir uns die wochenlange Arbeit überhaupt nicht antun! Wozu soll das Ganze dann gut sein, meine Damen und Herren?! Das ist so parlamentarisch sicherlich nicht fruchtbringend! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! An die Adresse der ÖVP: Kollege Steindl! Kollege Morak ist nicht da, und ich weiß nicht, ob er, der Burgschauspieler, noch einmal ins Hohe Haus kommt. Mit deiner Art und Weise der Darstellung hast du, Kollege Steindl, dich aber heute wie ein Burgschauspieler aufgeführt! Das war ganz klar und deutlich. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kiss.)

Wenn sich die ÖVP vom gemeinsamen Erfolgskurs der Beschäftigungspolitik verabschiedet, so nehmen wir das zur Kenntnis. Reden wir offen! Sie haben bei den Vorverhandlungen immer wieder Schwierigkeiten gemacht. Ihnen war das nicht genehm. Sie wollten diese Beschäftigungspolitik eigentlich überhaupt nicht. Sie wollten das der freien Wirtschaft überlassen! Wir sind für die Stärkung der Wirtschaft, als Politikerinnen und Politiker haben wir allerdings die Rahmenbedingungen vorzugeben.

Meine Damen und Herren! Kollege Koppler hat das heute teilweise schon angesprochen. Es muß festgestellt werden: Frau Rauch-Kallat, deren Mitarbeiter direkt im Vorstand von "World Vision" war, ist heute bei dieser Debatte abwesend. Habsburg, ehemaliger EU-Abgeordneter, stand der ÖVP nahe. Ein gerichtliches Verfahren ist anhängig. (Abg. Dr. Ofner: Wo bleibt den Klima bei dieser Debatte?) Frau Rauch-Kallat ist gemeinsam mit anderen Spitzen der ÖVP im Österreichischen Hilfswerk. Auch dort geht es um Förderungen und um Unterstützungen. Die Gattin des Verteidigungsministers, Frau Fasslabend, hat auch ein Projekt!

Ich komme noch einmal auf Frau Rauch-Kallat zu sprechen, weil wir eine Waffendiskussion hatten. Die Grünen haben das Thema der Verschrottung aufgebracht. Ich stelle jetzt eine Frage betreffend Frau Rauch-Kallat: Laut Medienberichten ist ihr Gatte Waffenhändler und kommt ständig mit dem Verteidigungsminister zusammen. Inwieweit ist das zu hinterfragen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP? (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir von der Sozialdemokratie sind nicht die Verteidiger von "Euroteam"! Die sollen sich selbst verteidigen! Es muß aber noch einmal betont werden, daß das AMS durch Selbstkontrollen von sich aus aufgezeigt hat, daß es Probleme bei der Abrechnung gibt. Daher darf man nicht so tun, als ob Kollege Öllinger und andere die Aufdecker wären, denn das wurde AMS-intern aufgedeckt! (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Kollege Öllinger, du nickst mit dem Kopf. Reden auch wir offen! Ich kenne einige Grüne, die auch Projekte haben und sehr frustriert sind, besonders in Wien, weil sie die Förderungen nicht erhalten haben. Das ist der Grund für den Frust und für das Auftreten gegen die SPÖ!

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß die Politik von Kanzler Klima und – das sage ich noch einmal bewußt – der gesamten Bundesregierung ein großer Erfolg ist! Dazu bekenne ich mich. Wir haben es geschafft, daß Zehntausende junge Menschen einen Ausbildungsplatz erhalten haben, und haben somit verhindert, daß sie auf der Straße sind, denn das wäre fürchterlich für unsere Gesellschaft. Meine Damen und Herren! Die SPÖ wird alles tun, um Arbeitslosigkeit zu verhindern und Beschäftigung zu schaffen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

22.29

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Es ist wohl unbestritten – das geht aus der heutigen Debatte hervor und war auch im Unterausschuß schon klar –, daß der Bundeskanzler, das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, das ihm unterstellte Arbeitsmarktservice und natürlich auch die sozialistische Fraktion im Ganzen hinsichtlich der Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Österreich einer wachsenden Kritik ausgesetzt sind.

Auf der einen Seite sind die positiven Auswirkungen der Umstrukturierung der Arbeitsmarktverwaltung hin zum Arbeitsmarktservice bisher nur in Ansätzen erkennbar – es ist auch in ihren Ansätzen steckengeblieben, es geht jetzt dort weniger weiter –, auf der anderen Seite ist die Effizienz des Einsatzes der Mittel zu Bekämpfung der Arbeitslosigkeit äußerst zweifelhaft, wie auch der Skandal rund um die Tätigkeit und die Machenschaften von "Euroteam" deutlich machen.

Die Sinnhaftigkeit der im Zusammenhang mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung eingesetzten verstärkten Schulungsmaßnahmen – wie etwa das Job Coaching – ist ganz einfach zu bezweifeln. Der Verdacht liegt nahe, daß Maßnahmen mehr dem Zweck der Verbesserung der Arbeitslosenstatistik dienen – vor allem jetzt vor den Wahlen – als einer Erhöhung der Vermittlungschancen unserer Arbeitslosen in Österreich und der Integration auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitslose besuchen Schulungen, obwohl es kein Angebot auf dem Arbeitsmarkt gibt. Man setzt sie also irgendwo hinein, damit sie irgendeine Beschäftigung haben, aber die Chance auf einen Job haben sie nicht.

Das betrifft vor allem auch einen hohen Prozentsatz der Langzeitarbeitslosen, mit denen das so geschieht. Bei Kursen fallen sie dann aus der Arbeitslosenstatistik, dort scheinen sie nicht mehr auf. Sie gelten nach Beendigung dieser Kurse und Schulungen als neue Arbeitslose und fallen somit aus der Statistik der Langzeitarbeitslosen heraus.

Interessant ist es selbstverständlich auch, die Budgetplanung des Arbeitsmarktservice zu hinterfragen. Dort gibt es einen deutlichen Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen: Die finanziellen Mittel für 1998 sind gekürzt worden, damit heuer – im Jahre 1999, dem Jahr, in dem Wahlen anstehen – verstärkt investiert werden kann. Zusätzliche Maßnahmen, wie beispielsweise das Job Coaching im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung, sind so eingeteilt, daß sie genau bis zur Nationalratswahl am 3. Oktober wirksam sind. Dann werden auch diejenigen ohne Arbeit sein, die bisher für die Arbeit beim Job Coaching angeheuert worden sind.

Die Wirksamkeit anderer Schulungsmaßnahmen seitens des AMS wird immer wieder bestritten. Weiterbildungsmaßnahmen auf Eigeninitiative der Arbeitslosen werden ganz einfach nicht unterstützt, sondern oft durch Entzug des Arbeitslosengeldes noch bestraft.

Arbeitslose werden auch durch Entzug der Arbeitslosenunterstützung bestraft und fallen aus der Statistik heraus, wenn sie wegen mangelnder Möglichkeiten zur Unterbringung der von ihnen betreuten Kinder eine Beschäftigung nicht annehmen können. Es sind viele Mütter, die ihren Arbeitsplatz verlieren und einen neuen Job wegen bestimmter flexibler Arbeitszeiten oder der Entfernung zu diesem Arbeitsplatz nicht annehmen können.

Was die Lehrlingsoffensive betrifft, so ist diese Initiative trotz sehr hoher Kosten für den Bund immer wieder als Erfolg dargestellt worden. Verschwiegen wird aber sowohl ein deutliches Absinken der Zahl der Lehrlinge im ersten Lehrjahr als auch die Tatsache, daß Tausende Lehrstellensuchende statistisch nicht mehr aufscheinen, weil sie in Lehrgängen und Lehrlingsstiftungen untergebracht sind, dort versteckt und "geparkt" werden.

Summa summarum muß gesagt werden, daß die Effizienz der eingesetzten Mittel auf dem Lehrstellenmarkt, gemessen am Erfolg, als sehr gering zu werten ist. Es besteht mangelnde Transparenz. Der Verdacht auf zweckwidrige Verwendung der Mittel im Rahmen der beiden Lehrlingsoffensiven sowie bei der Vergabe von EU-Förderungen und auch die Machenschaften von "Euroteam" sind aufklärungsbedürftig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.33

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir werden informiert, daß hier hausfremde Personen auf der Zuhörergalerie Tonbänder laufen lassen, um sie gegen die Immunität der Abgeordneten in Verwendung zu bringen.

Ich möchte Sie als Präsidenten fragen, wie Sie hier den § 14 Abs. 6 der Geschäftsordnung handhaben, wonach dem Präsidenten die Vorsorge für den Stenographendienst und allfällige andere Ton- und Bildaufnahmen von den Verhandlungen obliegt.

Herr Präsident! Eine solche Beeinträchtigung der Freiheit der Abgeordneten durch, sagen wir, "Euroteam"-Beteiligte ist mir in meiner Laufbahn noch nicht untergekommen!

22.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

22.34

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ohne den Kollegen Khol belehren zu müssen, möchte ich ihn doch darauf hinweisen, daß es eine sogenannte berufliche und außerberufliche Immunität gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Niemand in diesem Haus kann in irgendeiner Form für das, was er vor dem Haus erklärt und in Ausübung seines Mandates tut, verantwortlich gemacht werden. Wie die Bundesverfassung ausdrücklich sagt: Jede Äußerung vor diesem Haus ist von jeder Verantwortung frei.

Die Aufregung ist daher nur sehr oberflächlich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das ist ja unerhört! Auf der Galerie werden Tonbänder gehört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

22.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.35

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich bin etwas überrascht über die Mitteilung des Herrn Klubobmannes Khol, und zwar deshalb: Wenn es stimmt, was er sagt – daß auch jetzt noch Tonbandaufnahmen von dieser Sitzung und von Debattenbeiträgen von Abgeordneten gemacht werden –, dann frage ich mich, wie das Präsidium des Nationalrates auf eine entsprechende Mitteilung des Abgeordneten Graf schon bei der Dringlichen Anfrage reagiert hat und wie Sie reagiert haben, denn da hatten wir bereits erstmals Hinweise darauf, daß Herr Stuhlpfarrer oben in der Presseloge – mit welcher Genehmigung er dorthin gekommen ist, weiß ich nicht (Abg. Dr. Mertel: Wie der Westenthaler!) – mit einem Tonband sitzt und die Reden von Abgeordneten aufnimmt.

Ich ersuche um Aufklärung darüber, ob das Präsidium entsprechend gehandelt hat, und wenn ja, in welcher Art und Weise. Sollte das jetzt nicht zu klären sein, dann ersuche ich, die Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidialsitzung einzuberufen, denn das ist meiner Ansicht nach ein Umstand, über den man nicht einfach hinweggehen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

22.36

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe Sie schon in meinem Debattenbeitrag auf meine Ansicht über die Formulierung aufmerksam gemacht, die Herr Stuhlpfarrer verwendet hat, weshalb er ein Tonband mitlaufen läßt. Das steht zwar in der Aussendung nicht so drin, aber es heißt in dieser Formulierung: ... weitere Denunziationen, Lügen und Unwahrheiten im Originalton, nicht erst nach durch die Abgeordneten korrigierter Abschrift des Stenographischen Protokolls unverzüglich einzuklagen. (Rufe bei der ÖVP: Unerhört!)

Herr Präsident! Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß wir uns dann, wenn diese Usancen einreißen – daß hier angebliche Wortmitschriften oder Tonbandmitschriften dazu benutzt werden können, entgegen den Aussagen im Stenographischen Protokoll eingeklagt zu werden –, das Stenographische Protokoll hier in diesem Hause sparen können. Dann hat es keinen Wert mehr. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Videant consules!)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich kann dazu nur folgendes sagen:

Erstens: Ich habe niemandem die Erlaubnis erteilt, irgendeine Tonbandaufnahme zu machen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zweitens: Ich bin auf dieses Problem aufmerksam gemacht worden während des Vorsitzes, den ich jetzt seit 21 Uhr ausübe. Ich spüre, daß die Stimmung hier im Hause eine solche ist, daß Sie mir glauben können: Es erfordert all meine Aufmerksamkeit und Kraft, diese Sitzung zu leiten. Ich kann nicht daneben noch Untersuchungen oder sonst etwas durchführen. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Drittens habe ich keine Lust, mich in Schreiduelle einzulassen. Wenn Sie eine Frage haben, dann bekommen Sie von mir eine Antwort. Wenn Sie keine Antwort bekommen wollen, dann bekommen Sie keine Antwort.

Viertens mache ich Herrn Abgeordneten Öllinger darauf aufmerksam, daß gerade der Grüne Klub unlängst damit operiert hat, daß Sie aus den Lautsprechern, die es im ganzen Hause gibt, eine Debatte aufgezeichnet haben und daher über den Wortlaut dieser Debatte Protokoll geführt haben. Mit diesem Argument ... (Abg. Ing. Langthaler: Nein!) – Oder war es eine andere Fraktion? (Abg. Motter: Das war die ÖVP! – Weitere Zwischenrufe.)

Mit diesem Argument ist jedenfalls kürzlich operiert worden. Daher glaube ich, daß es nicht notwendig ist, daß ich während meines Vorsitzes dem nachgehe, ob hier im Hause irgend jemand diese Debatte mitverfolgt.

Daß das Stenographische Protokoll die einzig gültige und authentische Auskunft über den Verlauf der Sitzung ist, ist wohl selbstverständlich. Daran kann kein vernünftiger Mensch irgendeinen Zweifel haben. Es ist nichts anderes als das Stenographische Protokoll authentisch über den Verlauf dieser Sitzung! – Auf Artikel 57 der Bundesverfassung muß ich wohl nicht hinweisen.

Jetzt scheint es mir vernünftig zu sein, Herrn Abgeordneten Dr. Feurstein das Wort zu erteilen. Aber wenn die Kollegen wollen, können wir von mir aus auch gerne die Sitzung unterbrechen und statt morgen früh oder zu einer anderen Stunde, die nicht die Zeit der Abgeordneten kostet, jetzt eine Präsidialsitzung machen.

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

22.39

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte nur darauf hinweisen, daß ich den Antrag gestellt habe, diesen Sachverhalt zu klären.

Noch einmal: Meine Fraktion hat in der Person des Abgeordneten Graf um etwa 17 Uhr das Präsidium von dem Umstand informiert, daß Herr Stuhlpfarrer in der Presseloge sitzt und diese Sitzung mitschneidet. Seine Presseaussendung zeigt, was er mit diesem Mitschnitt machen wollte.

Es ist anscheinend nichts dagegen unternommen worden. Das ist eine wirklich wichtige Angelegenheit. Ich verlange noch einmal, die Sitzung zu unterbrechen und diesen Umstand in einer Präsidiale zu klären.

22.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wenn Sie Ihren Kollegen Graf fragen, wird er Ihnen bestätigen: Mir gegenüber hat jemand ein Ansuchen dieser Art nicht gemacht. (Abg. Scheibner: Dem Präsidium gegenüber!)

Ich bitte darum, daß man, wenn man solche Wünsche hat, sie an mich heranträgt. Daß die Sache untersucht wird, ist selbstverständlich.

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Kohl. – Bitte.

22.40

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte auch darum bitten, diesen Antrag des Kollegen Scheibner im Lichte des Briefes zu sehen, den mein Klubkollege Steindl vom Rechtsvertreter des Herrn Stuhlpfarrer erhalten hat.

Ich brauche jetzt keine Präsidialkonferenz, bitte aber Sie, Herr Präsident, als Wahrer der Würde des Hauses und der Rechte der Abgeordneten, diese Dinge zu untersuchen und auch Schritte zu unternehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das ist okay! Wir werden so vorgehen, und wir werden das untersuchen.

Offenbar haben Sie auch Kontakt mit Kollegen Neisser gehabt. Ich werde mich mit ihm in Verbindung setzen. Wir werden selbstverständlich nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung, der Hausordnung und der Verfassung vorgehen.

Wenn darüber Konsens vorhanden ist, darf ich Herrn Abgeordneten Dr. Feurstein das Wort erteilen. – Bitte. (Abg. Scheibner: Konsens ist keiner!)

22.41

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich habe in meinem Debattenbeitrag heute nachmittag sehr sachlich zu der ganzen Angelegenheit Stellung genommen. Aber was jetzt aus den Reihen der SPÖ geäußert worden ist, kann ich und will ich nicht zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Im Jahre 1993 haben sich einige Freunde in Brüssel zusammengefunden und einen Verein "Euroteam" gebildet. Zu diesen Freunden zählte Herr Stuhlpfarrer, es zählte dazu ein Mitarbeiter von Frau Ministerin Hostasch, Herr Gerstbauer, und es zählte zu diesen Freunden auch ein Mitarbeiter von Bundeskanzler Klima, Mag. Drozda.

Meine Damen und Herren! Im Jahre 1995 haben diese drei Freunde und weitere Freunde mit diesem Verein "Euroteam" Aufträge und Förderungsmittel für die Arbeitsmarktförderung in der Größenordnung von 46 Millionen Schilling gesammelt. Ich frage mich, was mit diesen 46 Millionen Schilling in den darauffolgenden Jahren geschehen ist. Die Verwendung dieser 46 Millionen Schilling ist bis heute nicht endgültig aufgeklärt worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Gegenteil: Das AMS Wien hat uns bestätigt, daß die Abrechnungen nicht korrekt sind. Meine Damen und Herren! Die Abrechnungen von "Euroteam" sind nicht korrekt. Es sind Gelder zurückbehalten worden. Der Rechnungshof wird die Sache prüfen, weil die Frau Ministerin hier ein Ersuchen gestellt hat.

Meine Damen und Herren! Jetzt geht dieser Gerald Gerstbauer, der Mitarbeiter von Frau Ministerin Hostasch, heute nach 17 Uhr zum Rechtsanwalt Dr. Zanger. Dr. Zanger schreibt dem Abgeordneten Mag. Steindl einen Brief, ein Fax, in dem er ihm androht, gerichtliche Schritte einzuleiten. Meine Damen und Herren, das ist unerhört! (Abg. Dr. Rasinger: Unerhört! – Weitere Rufe bei der ÖVP: Unerhört!)

Frau Ministerin! Ich hätte mir erwartet, daß Sie sich von dieser Vorgangsweise Ihres Mitarbeiters distanzieren. Das haben Sie nicht getan! (Beifall bei der ÖVP.) Frau Ministerin, das will ich und das wollen wir nicht zur Kenntnis nehmen!

Ich sage Ihnen noch etwas: Sie haben jetzt von der Regierungsbank aus angedeutet, daß es keine Einflußnahme des Herrn Gerstbauer auf die Vergabe von Aufträgen des Sozialministeriums an das "Euroteam" gegeben hat. Mir liegen persönliche Informationen vor – und ich kann sie bestätigen –, daß Herr Gerald Gerstbauer auch in den Jahren 1997 und 1998 auf Auftragsvergaben direkt und indirekt Einfluß genommen hat, meine Damen und Herren! (Empörung bei der ÖVP.)

Das haben uns Vertrauenspersonen gesagt. Wir werden noch im Detail darlegen, daß diese Einflußnahme des Herrn Gerstbauer geschehen ist. Das können wir nicht zur Kenntnis nehmen, daß hier Leute in Ihrem Ministerium gedeckt werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: ... Wolfgang Schüssel zurückpfeifen!)

Meine Damen und Herren! Ich hätte mir erwartet, daß man sich zumindest von diesen Handlungsweisen distanziert. – Das ist nicht gemacht worden, und deshalb habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Hier komme ich auf den Vorredner von der SPÖ zurück: Selbstverständlich gab es zwischen uns Meinungsverschiedenheiten darüber, was für die Lehrlinge und für die Jugendbeschäftigung getan werden soll. Ich erinnere Sie an die Regierungsklausur in Rust, wo diese Meinungsverschiedenheiten sehr klar und eindeutig diskutiert wurden. Wir wollten andere Maßnahmen ergreifen. Nach und nach haben wir durchgesetzt, daß unsere Maßnahmen zur Jugendbeschäftigung und zur Lehrlingsförderung zum Durchbruch kamen. Nach und nach haben wir die gesetzlichen Veränderungen herbeigeführt.

Herr Minister Farnleitner verhandelt noch in diesen Tagen mit Frau Ministerin Hostasch über eine Erweiterung der Lehrberufe, daß wir mehr neue Lehrberufe bekommen. Das ist noch nicht durchgesetzt, und das ist auch ein Punkt. Wir arbeiten mit unserem Regierungspartner immer kooperativ zusammen. Aber langsam habe ich es satt, die Zusammenarbeit in dieser Form weiterzuführen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erwarte die Bereitschaft einer kooperativen Zusammenarbeit auch auf der anderen Seite: daß man die Dinge ehrlich und korrekt aufzeigt, wie sie sind, meine Damen und Herren! Das ist heute nicht geschehen, und das bedauere ich sehr! (Beifall bei der ÖVP.)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Damit möglichst wenige spannungsgeladene Dinge zu lange im Raum stehen bleiben, mache ich folgenden Vorschlag: Diese Debatte wird nach menschlichem Ermessen in etwa einer Viertelstunde zu Ende gehen. Dann wird mich Kollege Dr. Neisser ablösen, und dann haben wir eine lange Rednerliste zum nächsten Tagesordnungspunkt.

Ich lade die Mitglieder der Präsidialkonferenz für 23.15 Uhr in mein Büro ein, ohne die Sitzung zu unterbrechen. Dort können wir die Dinge besprechen und Klarheit schaffen.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Feurstein! Das mag schon sein – ihr macht da jetzt einen ordentlichen Theaterdonner –: Sie haben gesagt, es reicht Ihnen jetzt, und Sie sind nicht mehr bereit, hier zusammenzuarbeiten.

Aber wenn es darum geht, wenigstens den Bundeskanzler vorzuladen, damit er hier Rede und Antwort steht, dann laufen Sie alle, so schnell es geht, hier herein, um die Anträge der Opposition nur ja ablehnen zu können! Das ist auch ein bißchen doppelbödig und nicht wirklich glaubwürdig, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Feurstein hat es da so eilig gehabt!)

Werte Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei! Sie sagen, daß Sie mit der ganzen Geschichte nichts zu tun haben. Kollege Edler, glaube ich, hat gesagt: Das ist keine Sache der SPÖ, das "Euroteam" ist keine SPÖ-Organisation. – Mag sein. Nur: Warum verteidigen Sie dann diese Machenschaften?

Wenn der Herr Stuhlpfarrer nur zufällig der Lehrlingsbeauftragte des Herrn Bundeskanzlers ist, dann frage ich Sie: Warum verteidigen Sie solche Machenschaften, wie sie heute hier ans Licht gebracht worden sind? Warum lassen Sie zu, daß Herr Stuhlpfarrer sich gegenüber dem Ausschuß mit der Begründung entschuldigt, daß er nicht anwesend sein kann, weil er angeblich vier Wochen lang in Chicago sein wird, zur selben Zeit aber hier in Wien eine Pressekonferenz gibt? Warum lassen Sie das alles zu, wenn Sie mit all dem nichts zu tun haben?

Warum hat man da etwas dagegen, daß aufgedeckt wird oder daß untersucht wird, welche Rolle ein Herr Mock (Abg. Dr. Khol: David Mock!) – selbstverständlich, David Mock! –, "zufällig" Pressesprecher des Herrn Bundeskanzlers, in der Causa "Euroteam" gespielt hat?

Warum – wenn Sie mit all dem nichts zu tun haben und wenn all das nur Zufälligkeiten sind – wehren Sie sich dagegen, daß aufgeklärt wird, warum ein Herr Jan Klima – auch nur "zufällig" der Sohn des Herrn Bundeskanzlers mit demselben Namen – dazu nicht Stellung nimmt? Warum soll man das nicht aufklären? Warum darf und soll das nicht merkwürdig sein, daß jemand Rechnungsprüfer in einem Verein ist, davon angeblich gar nichts weiß und vier Jahre lang in einem Verein, der 50 Millionen Schilling an Förderungen kassiert hat und auch Mittel für irgendwelche Aktivitäten vergeben hat, nichts kontrolliert hat?

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Ich möchte es schon glauben und weiß es auch, daß der eine oder andere von Ihnen – der aber heute hier nicht sprechen durfte, konnte oder wollte – sich in der Vergangenheit wirklich ehrlich für die Lehrlinge eingesetzt hat. Dem einen oder anderen von Ihnen ist es wirklich ein Anliegen, sich für die Lehrlingsbeschäftigung einzusetzen.

Aber da muß Ihnen das doch auch zu denken geben – allein schon, wenn Sie sich die nackten Zahlen ansehen, muß Ihnen das zu denken geben –, und da müßten Sie als Parlamentarier ebenfalls ein Interesse daran haben, daß man diese Machenschaften aufklärt, daß man herausfindet, was mit diesem Geld geschehen ist, und daß man klärt, ob es wirklich notwendig gewesen war, für die Lehrlingsbeschäftigung diese Art von Maßnahmen zu setzen.

Sie wissen ganz genau, daß noch vor wenigen Jahren zwischen zwei und fünf freie Lehrstellen auf einen Lehrstellensuchenden gekommen sind. Binnen kurzer Zeit, binnen weniger Jahre ist in diesem Bereich eine totale Trendumkehr zu verzeichnen gewesen. Warum gehen Sie nicht hier herunter und sagen: Ja, hier sind Fehler passiert, hier hat man es nicht geschafft, der Wirtschaft wieder Anreize zu geben, Lehrlinge zu beschäftigen, hier hat man es nicht geschafft, die Bürokratie abzubauen, hier hat man es nicht geschafft, diesen Trend mit wirklich zielgerichteten Förderungen umzukehren!?

Diskutieren wir darüber, wie man es besser machen kann! Oder ist es Ihnen völlig egal, nicht nur, wofür die 50 Millionen Schilling für "Euroteam" verwendet und verschwendet worden sind, sondern auch, wofür die 3 Milliarden Schilling – meine Damen und Herren: 3 Milliarden Schilling! – für die Lehrlingsförderung ausgegeben worden sind und ob das nicht beim "Euroteam" nur die Spitze des Eisbergs gewesen ist? Wofür sind diese 3 Milliarden Schilling aufgewendet worden, Kollege Brix, Kollege Edler, Kollege Riepl?

Kollege Brix, Sie haben gesagt: Wir agieren da mit nicht geprüften Zahlen. – Ich sage Ihnen die aktuellen Zahlen darüber, was nach den 50 Millionen Schilling für "Euroteam" und nach den 3 Milliarden Schilling für angebliche Lehrlingsförderungen geschehen ist: Im Mai 1999 waren laut Zahlen des Arbeitsmarktservices insgesamt 17 000 Lehrstellensuchende ohne einen Lehrplatz – 17 000 Lehrstellensuchende ohne einen Lehrplatz! –, und zwar noch zu einer Zeit, bevor die Schulabgänger des heurigen Jahres auf den Lehrstellenmarkt gehen!

Das ist die Lage nach einer angeblich so guten Politik der SPÖ, nach 3 Milliarden Schilling an Förderungen, nach fast 50 Millionen Schilling für das "Euroteam", nach den Zufälligkeiten, daß der Kanzlerbeauftragte Stuhlpfarrer nichts damit zu tun hat, daß der Herr David Mock, Pressesprecher des Herrn Klima, nichts damit zu tun hat und daß der Herr Jan Klima mit der ganzen Geschichte nicht zu tun hat, sondern daß all diese Gelder angeblich völlig zweckmäßig investiert worden sind!

Das Resultat ist: 17 000 junge Österreicher sind ohne Lehrstelle! Das sollte Ihnen doch zu denken geben, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Stellen Sie sich doch nicht vor solche Leute wie den Herrn Stuhlpfarrer, der uns alle nur an der Nase herumführt und einmal aufklären sollte, was er mit diesen Geldern gemacht hat! Daran sollten Sie doch Interesse haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum haben Sie auch im Unterausschuß abgemauert? Warum war es nicht möglich, den Bundeskanzler hier vorzuladen, wenn alles nur ein Zufall ist und wenn auch der Bundeskanzler mit all dem nichts zu tun? Ja warum? – Er hat einmal gesagt, er freue sich darauf, all das vor dem Ausschuß klarlegen zu können!

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, aber auch jene von der Österreichischen Volkspartei! Warum haben Sie es dem Bundeskanzler nicht ermöglicht, im Ausschuß zu erscheinen – indem Sie unserem Antrag zugestimmt hätten – und auch heute hier im Parlament zu erscheinen?

Diese Fragen müssen Sie sich gefallen lassen, wenn Sie eine angeblich so gute Lehrlingspolitik machen: warum Sie hier nicht über wirkliche Maßnahmen diskutieren wollen und warum Sie hier nicht wirkliche Aufklärung darüber betreiben wollen, welche Leute diese notwendigen Gelder für die Lehrlingsförderung mißbräuchlich verschwendet haben.

Meine Damen und Herren! Da müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, daß diese behaupteten Zufälligkeiten vielleicht doch keine Zufälligkeiten, sondern ganz berechnete, systemimmanente Vorgänge gewesen sind.

Es ist schade, daß Sie bis heute und bis jetzt nicht in der Lage gewesen sind, über Ihren eigenen Schatten zu springen, Leute, die anscheinend aus Ihrem Dunstkreis gekommen sind, vor den Vorhang zu stellen und zu sagen: Mit denen wollen wir nichts zu tun haben, da wollen wir Aufklärung schaffen!, um dann danach zu trachten, daß diese 17 000 jungen Österreicher endlich eine Lehrstelle bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Staatssekretär. – Bitte.

22.54

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte seitens des Bundeskanzleramtes nochmals festhalten: Die Aufträge, die über das Bundeskanzleramt abgewickelt wurden, unterliegen alle dem Bundesvergabegesetz, und zwar bleiben sie alle unterhalb des Schwellenwertes. Ich habe das bereits in meinen vorhergehenden Ausführungen festgehalten. Unterhalb dieses Schwellenwertes wurden die Aufträge ausgeschrieben beziehungsweise auch erteilt.

Ich möchte nochmals festhalten, daß es zu einer exakten Abwicklung dieser Aufträge im Bundeskanzleramt gekommen ist. (Abg. Haigermoser: Wie hoch ist der Schwellenwert?) Daß dieser Schwellenwert 200 000 ECU beträgt, habe ich Ihnen vorher schon in meinen Ausführungen erklärt. (Abg. Haigermoser: Noch einmal fürs Protokoll!)

Ich möchte nochmals festhalten, daß es ein Anliegen des Bundeskanzlers war, den Rechnungshof einzuschalten, um neuerlich eine Überprüfung dieser Aufträge vorzunehmen (Abg. Öllinger: Um Zeit zu gewinnen!) und um eine Stelle, die normalerweise derartige Vorgänge überprüft, einzuschalten, um eine objektive Aufklärung dieser Auftragsvergabe zu erhalten. (Abg. Haigermoser: Warum ist er heute nicht vor das Parlament getreten?)

Das zweite ist: Ich möchte ausdrücklich festhalten, daß diese Beauftragung im Detail von Beamten des Bundeskanzleramtes abgewickelt wurde und daß es dabei zu einer korrekten Auftragsabwicklung ohne jegliche Einflußnahme gekommen ist. (Abg. Dr. Krüger: Das glaubt ja nicht einmal die SPÖ! Die sind baß erstaunt!)

Ich denke, daß es hier nicht angeht, den Bundeskanzler mit irgendwelchen Unregelmäßigkeiten in Verbindung zu bringen oder ihn in irgendeiner Weise anzupatzen. Es liegt natürlich nahe beziehungsweise auf der Hand, daß man das in einem Wahlkampf versucht. (Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank!) Gerade im Bundeskanzleramt hat es eine korrekte Abwicklung der Aufträge gegeben. Man sollte die objektiven Fakten dort lassen, wo sie sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Das dritte ist: Da Abgeordneter Öllinger und auch Abgeordneter Kier hier versucht haben, den Hauptteil der Auftragsvergabe ins Bundeskanzleramt zu verlegen, möchte ich feststellen: Das ist nicht der Fall! Im Bundeskanzleramt sind etwas mehr als 3 Millionen Schilling vergeben worden, der Hauptteil ist im Sozialministerium abgewickelt worden. (Abg. Haigermoser: Ah!) Das wurde auch von der Frau Bundesminister bestätigt.

Wenn hier von einem Auftragsvolumen von 46 Millionen Schilling gesprochen und hinzugefügt wird, daß ungefähr 3 Millionen Schilling im Bundeskanzleramt vergeben worden sind, dann muß man dazusagen, daß der Hauptteil im Bundesministerium für Soziales abgewickelt wurde. Das wollte ich nur festhalten, um da auch die Dimensionen zurechtzurücken. (Abg. Dr. Krüger: Das sind Manöver! Täuschungsmanöver!)

Zu der sachlichen Auseinandersetzung des Abgeordneten Scheibner möchte ich folgendes sagen. 1996 hatten wir 37 000 Lehrstellen, 1998 waren es 39 000 Lehrstellen und über 3 000 Jugendliche auf zusätzlichen Ausbildungsplätzen. (Abg. Scheibner: Wie viele waren es 1992 oder 1993? Sagen Sie das einmal!) Das heißt, wir haben 42 000 Jugendliche auf Ausbildungsplätzen. Das ist eine Verbesserung der Zahl von vor zwei Jahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich festhalten, daß die Zahl von 17 000 Lehrlingen völlig aus der Luft gegriffen ist, da im Mai oder Juni eine ausgeglichene Stellen- und Lehrplatzsuchenden-Bilanz ausgewiesen worden ist. Diese Bilanz war ausgeglichen. Im Mai standen ungefähr 2 100 Lehrplatzsuchende etwa 2 000 Lehrstellen gegenüber. Das ist eine Zahl, die aus den letzten Berichten des AMS zu entnehmen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

22.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte. (Abg. Dr. Krüger: Übernehmen Sie die Schuld?)

22.58

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätze Damen und Herren! Herr Abgeordneter Scheibner wollte wissen, wie hoch die Lehrlingseintrittszahl 1992 war. Ich kann jetzt die Frage nach 1992 nicht sofort beantworten, aber: 1995 waren es 37 300, 1996 waren es 37 100, 1997 – Sie wissen, daß wir von diesem Jahr als Initiativjahr sprechen – 40 200, und 1998 waren es 39 050. Daran ist also erkennbar, daß durch die Initiativen der Bundesregierung und die Begleitmaßnahmen zusätzliche Impulse für Lehrstellen geschaffen werden konnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber erlauben Sie mir zu der Aussage des Herrn Abgeordneten Dr. Feurstein eine sehr klare Antwort. Mir ist das Schreiben von Herrn Kollegen Gerstbauer, das Sie zitieren, nicht bekannt. Ich habe davon heute aus Ihrer Debatte erfahren.

Zum zweiten möchte ich noch einmal festhalten, daß seitens Mitarbeitern des Ministerbüros oder von mir keine der in der Diskussion stehenden Vergaben erfolgten. Es wird der Rechnungshof feststellen, inwieweit in der Abwicklung und im sonstigen Vergabemodus nicht rechtskonform vorgegangen wurde.

Aus allen mir zur Verfügung stehenden Unterlagen geht hervor, daß es eine rechtskonforme Vorgangsweise gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

23.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner gemeldet. (Zwischenrufe.) Ich werde zuhören, ob diese den Bestimmungen der Geschäftsordnung entspricht. – Bitte.

23.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Wittmann hat gemeint, daß die von mir genannte Zahl von 17 000 Lehrstellensuchenden "aus der Luft gegriffen" sei. Die Bilanz sei "ausgeglichen", hat er behauptet. – Diese Behauptung ist unrichtig!

Ich zitiere aus den Arbeitsmarktdaten des AMS vom Mai 1999, wo es heißt: Sofort verfügbare Lehrstellensuchende: 2 224; nicht sofort verfügbare Lehrstellensuchende – also jene, die in Schulungen und Kursen "geparkt" sind –: 14 737. – Das macht insgesamt fast 17 000 Lehrstellensuchende aus. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Demgegenüber sind mit Mai 1999 die sofort verfügbaren Lehrstellen mit 2 208 und die nicht sofort verfügbaren Lehrstellen mit 5 570 beziffert. 17 000 Lehrstellensuchende stehen also 7 700 Betrieben oder Lehrstellen gegenüber!

Das sind in Wahrheit die statistischen Zahlen, die Sie hier zu vertuschen versuchen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

23.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächster Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

23.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Scheibner – und viele andere hier im Hohen Hause –, Sie versuchen seit einigen Stunden, die Lehrlingsoffensive der Bundesregierung konsequent madig zu machen. (Abg. Scheibner: Sie versuchen es selbst! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Nur zu Ihrer Information: Das, was Sie als besondere Schulung ausgegeben haben, ist nichts anderes als ein Teil des normalen Schulwesens, nämlich das neunte Schuljahr, das Jahr des Polytechnischen Lehrganges. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Das, was die Wahrheit ist, meine Damen und Herren, sieht so aus: Seit 1990 ist die Zahl der Lehrstellen permanent gesunken. Im Jahre 1996 hat der Bundeskanzler die Lehrlingsoffensive gestartet, und ihr Erfolg sind ein jäher Anstieg und innerhalb von zwei Jahren das Erreichen der Zahlen wie vor fünf Jahren. – Das ist der Erfolg unserer Lehrlingsoffensive! (Beifall bei der SPÖ.)

Das werden wir Sie nicht madig machen lassen, sosehr Sie sich auch darum bemühen! (Abg. Haigermoser: Sind da die 24 "Stuhlpfarrer-Lehrlinge" auch dabei?)

Zweite Bemerkung: Meine Damen und Herren, Sie versuchen schon seit einigen Stunden, die Sozialdemokratische Partei, die sozialdemokratische Fraktion dieses Hohen Hauses so darzustellen, als ob diese alle Anträge auf Kontrolle, auf Anhörung, auf Information abgelehnt habe und sozusagen mit der Dampfwalze drübergefahren sei. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.) – Wahr ist vielmehr das Gegenteil!

Sie haben beispielsweise den Namen "Jan Klima" genannt. – Jeder hier im Hohen Hause, jeder in dieser Republik, jeder Journalist weiß, warum Sie das tun: weil das ein allgemein bekannter Name ist. All das hat aber nichts mit dem jungen Menschen zu tun, der eine Berufskarriere aufzubauen versucht. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen ganz genau, meine Damen und Herren, daß auf Antrag einer Oppositionsfraktion auf die Ladung von Jan Klima verzichtet wurde, daß er zur schriftlichen Stellungnahme eingeladen wurde – und daß Sie von der Opposition sich mit dieser schriftlichen Stellungnahme zufriedengegeben haben, um jetzt aber zu behaupten, wir hätten die Kontrolle verhindert! (Abg. Dr. Ofner: ... nur 46 Millionen Schilling! Wirklich wenig!)

Ein letztes Beispiel, meine Damen und Herren: Über das, was Herr Stuhlpfarrer getan hat, werden wir uns in der Präsidiale zu unterhalten haben. Das ist, wenn es stimmt – und ich stehe nicht an, das als außer Streit stehend zu betrachten –, auf jeden Fall ein Bruch der Hausordnung des Hohen Hauses, und ich bin auf Ihrer Seite, wenn es um die Forderung geht, da Ordnung zu machen.

Ich bin auch auf Ihrer Seite, wenn es darum geht, daß alles restlos aufzuklären ist. Der Herr Bundeskanzler und die Frau Bundesministerin haben auch nicht auf Ihren Zuruf gewartet, um den Rechnungshof mit einer Kontrolle zu beauftragen, sondern sie haben das von sich aus selbst getan.

Nur, meine Damen und Herren: Die Ladung von Herrn Stuhlpfarrer haben wir nicht abgelehnt! Wir haben lediglich darauf hingewiesen, daß Herr Stuhlpfarrer in den Vereinigten Staaten ist – und daraufhin haben Sie den Antrag zurückgezogen. (Ruf bei der ÖVP: Aber leider war er da!) Das ist Doppelbödigkeit (Abg. Scheibner: Aber er war ja da!): Selbst einen Antrag auf Anhörung zurückziehen, aber uns den Vorwurf machen, wir hätten die Kontrolle verhindert! Das ist Doppelbödigkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

23.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Kier hat sich zum zweiten Mal zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine Redezeit von 12 Minuten. – Bitte.

23.05

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich hätte mich jetzt kein zweites Mal zu Wort gemeldet, wenn nicht die Debatte in der Endphase jetzt schon eine sehr unangenehme Wendung genommen hätte. Ich hatte gedacht, daß wir schon weiter wären. Wir hatten die Dringliche Anfrage behandelt, die Emotionen hatten sich danach schon etwas abgekühlt, und jetzt wird wieder so getan, als ob nichts wäre.

Herr Klubobmann Kostelka! Wir haben dann schon noch ein weiteres Mal beantragt, Herrn Stuhlpfarrer zu laden. Nur an dem einen Tag, an dem Sie uns mitgeteilt haben, er sei in Amerika, haben wir gesagt: Da werden wir jetzt nicht mutwillig einen Beschluß fassen, wenn er in Amerika ist! Aber bei der nächsten Sitzung haben wir es wieder beantragt (Abg. Dr. Feurstein: Bei der übernächsten!) – bei einer der nächsten Sitzungen (Ruf bei der SPÖ: Bei der letzten!) –, und da war er auch in Wien: Da hat er zur selben Zeit, als wir im Ausschuß gesessen sind, eine Pressekonferenz veranstaltet! (Abg. Dr. Kostelka: Dann hätten Sie es nicht zurückgezogen!) Herr Kollege Kostelka, wir haben es dann noch einmal beantragt! Nur bei der einen Sitzung, die stattfand, als behauptet wurde, er sei real in den USA, haben wir gesagt: Nun ja, mutwillig, wenn jemand gar nicht physisch verfügbar ist, werden wir keinen Antrag stellen. – So war die Situation im Ausschuß.

Dann hat am selben Tag, an dem wir Sitzung hatten und uns die Ladung verwehrt wurde, Herr Stuhlpfarrer eine Pressekonferenz gegeben. Dort hat er übrigens ganz andere Unterlagen verteilt, als er sie dem Ausschuß zur Verfügung gestellt hat; das wird Ihnen ja vielleicht aufgefallen sein.

Hören Sie von der sozialdemokratischen Fraktion doch bitte endlich damit auf, sich ausschließlich aufzuregen, wenn irgend jemand Sie mit überschießender Tendenz angreift, während Sie alle sachlichen Argumente, die ich hier – auch mit gebotener Schärfe – gebracht habe, nicht einmal ignorieren! Ich sage Ihnen: Das macht mich verdrossen! Man bleibt sachlich, man bekennt sich zur Unschuldsvermutung, man legt die Finger auf die Wunde, und man sagt – lesen Sie meine abweichende Stellungnahme, die habe ich nicht aus Jux und Tollerei diktiert! –: Es empfiehlt sich dringend, das auch in die Tiefe hin zu untersuchen! Die Staatsanwaltschaft sollte das im Rahmen einer Vorerhebung oder Voruntersuchung untersuchen, denn die Untersuchung durch den Rechnungshof reicht da nicht.

Das heißt noch immer nicht, daß ich jemanden schuldig spreche! Sie aber ignorieren das, weil es eben nicht bösartig formuliert ist, weil es die Unschuldsvermutung respektiert, und Sie verkennen dabei, daß jemand, der sich dauernd bemüht, sachlich und objektiv zu bleiben, das Augenmaß zu bewahren, auch das Gefühl hat, daß es jetzt wirklich langsam Zeit wird, bei diesem Fall in die Tiefe zu gehen. Das ignorieren Sie! Wenn jemand überschießend angreift, dann setzen Sie sich ins Unrecht und sagen: Ich bin ins Unrecht gesetzt worden – Skandal! Ich meine, daß das ein politischer Fehler ist.

Aber ich betone noch einmal, daß weder der Herr Bundeskanzler und schon gar nicht sein Sohn irgendwann – zumindest nicht von unserer Fraktion – angeschüttet wurden. Es wird aber doch erlaubt sein, von diesem Pult aus zu sagen: Wer in solchen Phasen das Hohe Haus meidet, beschädigt sich selbst! – Das müssen Sie anerkennen! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Wenn Klima der unbesiegbare Kanzler ist, der, kaum die Bühne betretend, die Lehrlingszahlen in die Höhe schnellen läßt, warum kommt er dann nicht her in seiner strahlenden Rüstung, als Sieger an der Lehrlingsfront? – So rosig sieht sie nämlich nicht aus, das wissen Sie ganz genau, weil nämlich "überraschenderweise" jedes Jahr ein neuer Jahrgang antritt und Sie eine künstliche Vermehrung der Lehrplätze nicht so ohne weiteres schaffen.

Wenn aber die Wirtschaft anspringt, dann steigt auch die Zahl der Lehrplätze. Das wiederum wäre allerdings nicht das Verdienst des Herrn Kanzlers.

Daher meine ich: Wer den Mund so voll nimmt, wer sich darauf konzentriert, die Auslagen gut zu dekorieren – und "Euroteam" war ein Auslagendekorations-Versatzstück von Freunden von Freunden von Freunden, was Sie sehr genau wissen, und eben nicht sehr effizient –, der darf sich dann nicht wundern, wenn er eines Tages beim Wort genommen wird. Das, was "Euroteam" geleistet hat, war die Schaffung von 24 Lehrplätzen! In Ihren euphemistischen Statistiken kommen 24 Lehrplätze gar nicht vor.

Nehmen Sie die Kritik, auch wenn sie manchmal nur leise ist, doch ernst! Nehmen Sie sie ernst! Ich ziehe aus solchen Debatten die Lehre: Man wird deutlicher sagen müssen, daß offensichtlich Ihre Angst davor, daß etwas aufgedeckt wird, was wir noch nicht einmal erkannt haben, sehr groß ist, denn sonst würden Sie nicht so laut schreien. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

23.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt als nächster Redner Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.10

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Klubobmann Kostelka, gestatten Sie mir, hier zum Ausdruck zu bringen: Ich bin zutiefst enttäuscht von Ihren Ausführungen! (Ah!-Rufe bei der SPÖ.) Merken Sie denn nicht, was hier jetzt läuft? – Wir erleben ein Drama des Parlamentarismus! Wir erleben, daß ein Sekretär einer Bundesministerin einen Abgeordneten aus unseren Reihen mit Klagen (Ruf bei der SPÖ: Die nicht möglich sind!) durch einen Spitzenanwalt bedrohen darf – und die SPÖ sagt kein Wort dazu! (Ruf bei der SPÖ: Natürlich! Weil sie nicht möglich sind!)

Wir erleben, wie Herr Stuhlpfarrer, der nicht nur frech, sondern auch dumm ist – es wurde ja der entsprechende Verfassungsartikel zitiert –, hier ohne Kontrollen Tonbandaufnahmen machen kann, die er dann – so droht er an – zur Klagsführung gegen die Abgeordneten dieses Hauses einsetzen möchte! Und keiner und keine von der SPÖ kommt herunter und sagt: Diese Demontage des Parlamentarismus lassen wir nicht zu! (Beifall bei der ÖVP.)

Wie erziehen Sie denn – pardon! – Ihre jungen Leute im Demokratieverständnis? Da warne ich Sie: Heute ist das noch eine Kategorie von Unzulänglichkeiten im Bereich "Euroteam". Es geht nicht um die Jugendbeschäftigungsinitiative im Ganzen. Heute ist es eine Unzulänglichkeit von "Euroteam". Natürlich, es ist unangenehm, aber der Leiter des Arbeitsmarktserivce, Buchinger, hat es ja im Ausschuß gesagt: Stuhlpfarrer war der "Aufreißer und Einfädler" bei all diesen Aktionen. Heute schreibt uns Herr Buchinger, diese Problematik mit dem PROFESSIONET, den Abrechnungseinheiten, den Stunden, die da irgendwo im Output gemeldet worden, aber dann nirgends angekommen sind, das war alles sehr verwirrend für das AMS – erst durch ein Gespräch mit der Generaldirektion V in Europa konnte herausgebracht werden, welche Einheiten das eigentlich sind –, und es tue ihm leid, daß er bei dieser Aufklärung nicht bereits im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses entsprechend Auskunft habe geben können. (Abg. Dr. Khol: Oh, mein Gott!)

Nun ja, die Expertenqualität von Herrn Buchinger ist hier durchaus zu hinterfragen, aber ich möchte ihn nicht anpatzen. (Abg. Dr. Mertel: Nein! Nein!) Ich verlange aber von Ihnen als Koalitionspartner, daß einer jetzt hier heruntergeht und sagt, er läßt es nicht zu, daß Abgeordnete dieses Hauses durch Klagen eingedeckt und bedroht werden (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Rasinger: Jawohl!), und er läßt es auch nicht zu, wenn es von Menschen kommt, die in der Nähe der SPÖ stehen!

Es gibt eine alte Definition von Demokratie, und die lautet (Zwischenruf des Abg. Jung): Ich bin nicht deiner Meinung; ich werde aber bis zum letzten Atemzug darum kämpfen, daß du deine Meinung sagen kannst. (Abg. Silhavy: Das gilt aber für andere Menschen auch, nicht nur für Parlamentarier!) – Ich hoffe, Sie halten sich an diese Auffassung von Demokratie! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Stuhlpfarrer soll zur Kenntnis nehmen: Wir lassen uns unseren Franz Steindl nicht herausschießen, so wie auch keinen anderen Abgeordneten, die hier frei gewählt ihr Mandat ausüben! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)

23.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich Frau Abgeordnete Apfelbeck zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. – Bitte beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen, Frau Abgeordnete.

23.14

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich berichtige Herrn Abgeordneten Kostelka, der hier gesagt hat, daß wir den Ladungsantrag Stuhlpfarrer zurückgezogen hätten und uns jetzt darüber beklagen würden, daß er nicht hier wäre, und das sei doppelbödig.

Richtig ist vielmehr: Mir als Vorsitzender dieses Ständigen Unterausschusses wurde von den Sozialdemokraten mitgeteilt, daß Herr Stuhlpfarrer einen Monat lang in Chicago sei, und wir sollten uns überlegen, was das kosten würde, wenn er jetzt wieder zurück eingeflogen werden müßte (Ah!-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Diesen Monat!), und außerdem müßte dies der Herr Präsident des Hauses erst bewilligen. Nur deshalb haben wir diesen Antrag zurückgezogen: weil wir dem Steuerzahler nicht noch mehr Kosten verursachen wollten! Das war der Grund! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Die Trickkiste hat er ausgepackt! Die Trickkiste! Zauberer Kostelka!)

23.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Frau Doktor, die Restredezeit Ihres Klubs beträgt noch 9 Minuten. – Bitte.

23.15

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In aller Kürze zwei Punkte. Erstens: Klubobmann Kostelka hat angeregt, man solle den Namen mancher jungen Menschen im Dunstkreis von "Euroteam" nicht mehr erwähnen. Wir gehen daher davon aus, Frau Bundesministerin, daß der Rechnungsprüfer der "Euroteam"-Gruppe Herr "Hase" war. Vielleicht ist der Name des Bundeskanzlers auch "Hase"?

Zweiter Punkt: Frau Bundesministerin! Sie sagten, es wurde im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses bereits alles geklärt. Heute, am 13. Juli, schreibt aber der Chef des AMS im nunmehr dritten Erklärungsanlauf des AMS – ich zitiere wörtlich Herbert Buchinger –:

"Es tut mir leid, daß ich diese Aufklärung nicht bereits im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses geben konnte. Aber meine Experten und ich haben leider länger gebraucht, um zu erkennen, daß es sich bei der Frage der im Rahmen von PROFESSIONET erbrachten Beratungsstunden um ein Problem der DRA handelt" – durchschnittliche Rechnungseinheit für Ausgaben, kurz DRA. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ein Dradiwaberl, keine DRA!)

Und weiters heißt es: "Die DRA ist eben an sich so verwirrend." – Zitatende. (Abg. Haigermoser: Ach, da schau her!)

Diese Verwirrung hat Herrn Buchinger aber nicht daran gehindert, Millionen auszuzahlen! Ich kann nur sagen, Frau Bundesministerin: "DRA-ra, DRA-ra!" (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt noch eine zweite Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Dr. Kostelka vor. Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine Redezeit von 17 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

23.17

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Abgeordneter Lukesch! Sie haben Fragen des Parlamentarismus angesprochen, und da bin ich sehr sensibel. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Ich habe zu diesen Fragen deswegen nicht Stellung genommen – und ich will Sie nicht belehren –, weil etwas, das seit 1. Oktober 1920 klargestellt ist, an dieser Stelle nicht klargestellt werden muß. (Abg. Dr. Lukesch: Das habe ich schon gesagt!) Artikel 57 Abs. 1 unserer Verfassung lautet (Abg. Dr. Lukesch: Sie sollten das dem Herrn Stuhlpfarrer vorlesen!):

"Die Mitglieder des Nationalrates dürfen wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Beruf gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen nur vom Nationalrat verantwortlich gemacht werden." – (Abg. Scheibner: Das rechtfertigt noch nicht, daß es versucht wird!) – Das ist der Ordnungsruf und der Ruf zur Sache des Präsidenten.

Dieses Haus kann niemand mundtot machen; da stehe ich uneingeschränkt auf Ihrer Seite. (Beifall bei der SPÖ.)

23.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

23.18

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich wollte Herrn Abgeordneten Lukesch auf seinen letzten Debattenbeitrag hier ansprechen, und zwar deshalb, Herr Abgeordneter Lukesch, weil ich mich sehr gefreut hätte, wenn Sie etwa in der Causa Lassing, dazu, daß Frau Abgeordnete Petrovic und ich von den Naintscher Mineralwerken massiv mit Klagen bedroht wurden, auch ein paar Worte gefunden hätten. – Aber das haben Sie nicht getan, denn damals ist es um Ihren Minister gegangen.

Ich bitte Sie heute nur, nicht aus einer Situation heraus, in der jemand einfach in einer öffentlichen Sitzung von der Galerie her etwas aufnehmen will, so zu tun, als würde deshalb der Parlamentarismus in Österreich flöten gehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. – Abg. Dr. Khol: Der liberale Champion!)

Was Ihnen zitiert worden ist, Herr Abgeordneter Lukesch, haben Sie ohnehin gehört. Ich aber sage Ihnen, daß wir Liberalen uns freuen würden, wenn mehr Menschen in Österreich so reges Interesse an den Debatten im Nationalrat hätten, daß sie extra persönlich hier hereinkommen, um alles aufzunehmen. (Abg. Dr. Khol: Peinlich, peinlich!) Ihre Ausführungen aber führen nicht dazu, daß die Zahl derer steigen wird! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

23.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens der Berichterstattung wird kein Schlußwort gewünscht. (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP sowie bei den Freiheitlichen.) Ich bitte Sie, sich jetzt wieder etwas zu beruhigen, weil wir zur Abstimmung kommen. – Herr Abgeordneter Gaugg! Würden Sie so freundlich sein und sich auf Ihren Platz begeben?

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 2044 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen angesichts des positiven Abstimmungsverhaltens der ÖVP.) – Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, beruhigen Sie sich jetzt wieder, denn wir stimmen jetzt über einen weiteren Antrag ab, und zwar stimmen wir ab über den Antrag des Rechnungshofausschusses, seinen Bericht in 2044 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

20. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht (III-157 der Beilagen) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997 (2070 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht (Zu III-157 der Beilagen) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997 (2071 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-170 der Beilagen) des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen 1996/1997 gemäß Art. 1 § 8 Abs. 4 Bezügebegrenzungsgesetz (2072 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-109 der Beilagen) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1995 und 1996 (2073 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 20 bis 23 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile Frau Abgeordneter Apfelbeck das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

23.23

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat seine Prüftätigkeit wie jedes Jahr in einem umfassenden Tätigkeitsbericht beziehungsweise Nachtrag zusammengefaßt. Dafür möchte ich Dank an die Beamtinnen und Beamten des Rechnungshofes aussprechen, und ich bitte Sie, Herr Präsident, dies Ihrem Haus auch mitzuteilen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ebenso danke ich Ihnen, Herr Präsident, für Ihre umfassenden und kompetenten Erläuterungen im Rechnungshofausschuß.

Die Stellung des Rechnungshofes als unabhängige Kontrollinstanz der staatlichen Gebarung ist in Österreich – Gott sei Dank! – unumstritten. Die Bestrebungen der Opposition zur Ausweitung seiner Prüfkompetenz sind bisher immer am Widerstand der Regierenden gescheitert. Die Kompetenz des Rechnungshofes sollte für seine Kontrolltätigkeiten unter anderem so vorgesehen sein, daß eine begleitende Kontrolle bei lange andauernden Planungsvorgängen eingebaut wird und dadurch Fehlleistungen rechtzeitig korrigiert werden können.

Fehlleistungen wurden auch in diesem Tätigkeitsbericht aufgezeigt. Auf einige von ihnen möchte ich kurz eingehen, so zum Beispiel auf jene im Zusammenhang mit der Musikhochschule in Graz. In ihr unterrichten viele Hochschulprofessoren für wenige Studierende. Dies wäre ja sehr lobenswert. Es gibt aber auch Professoren, die keinen Studenten auszubilden haben. Der Steuerzahler leistet sich an der Grazer Musikhochschule Professoren, die keine Studenten ausbilden! Einschließlich der Studienabgänger aus der Expositur Oberschützen lieferten die Grazer von 1991/92 bis 1995/96 in drei Klavierklassen keinen einzigen Studienabgänger, in einer Violaklasse keinen einzigen Studienabgänger, in einer Violoncelloklasse keinen einzigen Studienabgänger, in einer Kontrabaßklasse keinen einzigen Studienabgänger und in einer Kirchenmusikklasse keinen einzigen Studienabgänger – das sage nicht ich, meine Damen und Herren, sondern der Rechnungshof –, und in vier weiteren Klassen kam jeweils nur ein Abgänger zustande. 

Der Steuerzahler unterhielt also elf Uni-Professoren und bekam dafür ganze vier Studienabgänger! Die Hochschule – ich zitiere den Rechnungshof – "kündigte Gespräche des Rektors mit den betroffenen Klassenleitern an". – Fein. Es ist der Hochschule vor der Rechnungshofprüfung also offenbar überhaupt nicht aufgefallen, daß es keine Studienabgänger gibt! Hauptsache, der monatliche Kasseneingang, das monatliche Salär der Professoren stimmt! Und, meine Damen und Herren, der stimmte!

Das Bundesministerium sagt dazu – Zitat von Seite 255 des Berichtes –: Das Dienstrecht beinhaltet keine Verpflichtung über das Ausmaß des Unterrichts. – Zitatende. – Daher nahmen die Professoren keine Studenten, sondern Nebenbeschäftigungen an – verständlich, denn nichts zu tun würde ja zu Frust führen –, und zwar Nebenbeschäftigungen, die oftmals einer weiteren hauptamtlichen Tätigkeit entsprachen, sagt der Rechnungshof; auch nachzulesen auf Seite 255.

Meine Damen und Herren! Es ist ein Skandal, daß jemand mit einer Tätigkeit ein zweites Gehalt bezieht, obwohl er für die erste Tätigkeit keine Arbeit leistet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Rechnungshof errechnete ferner eine Durchschnittsgage von 15 000 bis 20 000 S für eine geleistete Unterrichtsstunde!

Aber auch am Mozarteum in Salzburg gab es zwischen 1993/94 und 1996/97 (Abg. Dr. Rasinger: Was? – Abg. Wabl: Wenn sie gut vorbereitet ist ...!) – Herr Abgeordneter, es tut mir leid, ich habe nicht mehr Redezeit – sechs ordentliche Hochschulprofessoren, die je ein Semester Dienstfreistellung bei Bezahlung erhielten, damit sie die Arbeit machen, für die sie eigentlich in den Dienst aufgenommen wurden. Dabei muß der Steuerzahler pro Professorenstelle jährlich 4,1 Millionen Schilling aufbringen!

Aber nicht genug damit: Auf Seite 107 durchleuchtet der Rechnungshof auch das Kapitel "EU-Mittel im Bereich der Landwirtschaftskammer". Das Bundesministerium übertrug die Abwicklung und die Kontrolle der EU-Förderung für unsere Landwirte mehrheitlich den Landwirtschaftskammern, sodaß diese zugleich Fördergeber und Förderkontrolle spielen mußten. – Dies, meine Damen und Herren, ist die neue Bauernunterdrückung, ist ein Abhängigmachen, eine Zwangsbindung an die ÖVP! Sie von der SPÖ aber schauen tatenlos zu! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß die Kammer dies uneigennützig macht, stimmt ja nicht! Denn diese Förderungsabwicklung erfolgt natürlich über die Bankkonten der Kammern – das sage nicht ich, sondern der Rechnungshof –, und dadurch werden Kammergelder und Fördergelder auf einem Konto vermischt – das sagt auch wieder der Rechnungshof. Zu den Fragen, auf welchen Konten, zu welchem Zinssatz und wem diese Zinsen gutgeschrieben werden, warte ich teilweise heute noch auf eine Antwort! Der Herr Bundesminister erklärte, die Zinsen kämen – da gäbe es eine alte Vereinbarung – der Kammer zugute. Da aber die Kammer immer verspätet ausbezahlt, bereichern sich die Kammern auf Kosten derer, die eigentlich gefördert werden sollten, meine Damen und Herren! Und das ist der Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Tätigkeitsberichte, die Ausschußberatungen – ich spreche aus der Erfahrung meiner elf Jahre andauernden Tätigkeit im Rechnungshofausschuß – haben gezeigt, daß, wenn es sich um Mängel in den Verwaltungsabläufen handelt, eher – aber nur eher – Bereitschaft zu Verbesserungen in den von der Kritik angesprochenen Bereichen besteht. Wenn es sich aber um politische Entscheidungen handelt, die der Rechnungshof kritisiert, dann werden diese auch dann noch verteidigt, wenn die daraus entstandenen Fehlleistungen schon längst offenkundig geworden sind. Hier wirkt sich leider die Parteizugehörigkeit auf das Verhalten der Abgeordneten aus: Sie sind nicht gewillt, die Kritik des Rechnungshofes dann wahrzunehmen, wenn sie das Ressort eines Regierungsmitgliedes ihrer Partei betrifft.

Am Ende meiner Tätigkeit hier wünsche ich den Abgeordneten der Regierungsparteien die Einsicht, daß im Sinne der klassischen Gewaltenteilung dem Parlament und den Abgeordneten die Aufgabe zukommt, die Regierung zu kontrollieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Abgeordneten dieses Hauses sollten sich ihrer Aufgabe der Kontrollfunktion endlich entsinnen! – Danke, meine Damen und Herren! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. 8 Minuten freiwilllige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

23.31

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lassen Sie mich zu Beginn meiner kurzen Rede dem Präsidenten des Rechnungshofes und seinen Mitarbeitern meinen ausdrücklichen Dank aussprechen! Als Instrument der Kontrolle, Effizienz und Wirtschaftlichkeitsverbesserung in unserem Lande hat der Rechnungshof auch in diesen Tätigkeitsberichten wieder ganz Arbeit geleistet. Ich danke den Mitarbeitern und, an der Spitze, ihrem Präsidenten! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch froh darüber, daß ich den Dank nicht nur verbal ausdrücken, sondern darauf, Herr Präsident, verweisen darf, daß bei der vorletzten BDG-Novelle die verdiente Besserstellung der Rechnungshofmitarbeiter im Rahmen ihrer Beförderungsmöglichkeiten auch von uns durchgesetzt wurde. Das haben sich die Rechnungshofmitarbeiter allemal verdient! (Beifall bei der ÖVP.)

Aus der Fülle der Feststellungen des Tätigkeitsberichtes des Rechnungshofes für das Jahr 1997 möchte ich nur zwei Bereiche ansprechen. – Erstens möchte ich die Prüfungen erwähnen, die im Rahmen des Innenministeriums betreffend allgemeine Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten im Zusammenhang mit dem Zivildienst vorgenommen wurden. Dabei kommt der Rechnungshof zu höchst interessanten Ausführungen; jeder kann diese nachlesen. Er weist zunächst darauf hin, daß es für die Zuweisung von Zivildienern zu den verschiedenen Bereichen keinerlei Richtlinien beziehungsweise Prioritätensetzungen gibt. Das führe auch zu einer Intransparenz der Kosten beziehungsweise der Subventionierung der empfangenden Institutionen.

Dann stellt der Rechnungshof fest – und das ist auch sehr interessant –, daß alle organisatorischen und verordnungsmäßigen Vorbereitungen für den außerordentlichen Zivildienst derzeit fehlen. Das Innenministerium habe diese Arbeit nicht geleistet.

Als Tiroler kann ich nur sagen: Schade! Bei uns hat sich in diesem Jahr schon die zweite Naturkatastrophe ereignet. Daher würden wir für den Katastrophenschutz und den Katastropheneinsatz gut ausgebildete Zivildiener sehr wohl brauchen! Derzeit können wir sie aber nicht einberufen, weil zum Beispiel keine entsprechenden Richtlinien, Verordnungen, Durchführungen mit den Katastrophendiensten der Bundesländer organisiert sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters regt der Rechnungshof im Zusammenhang mit dem Zivildienstgesetz an, daß im Hinblick darauf, daß dieses seit 1986 mehrfach novelliert wurde, an eine Wiederverlautbarung aus Gründen der Rechtssicherheit seitens des Innenministeriums gedacht werden sollte.

Die letzten beiden Feststellungen, daß der außerordentliche Zivildienst fehlt und es keine Wiederverlautbarung gibt, beantwortet das Innenministerium mit einer interessanten Gegenäußerung, Herr Kollege Gaál, und zwar vom Jänner 1998 – ich zitiere –:

Es müsse bis zur Klärung der Frage des Fortbestandes der allgemeinen Wehrpflicht zugewartet werden. – Zitatende.

Das heißt: Bereits seit Beginn 1998 denkt die SPÖ offenbar daran, die Wehrpflicht abzuschaffen. Diesen Eindruck gewinnt man, weil sie dem Auftrag des Zivildienstgesetzes nicht folgt und keine Vorbereitungen für den außerordentlichen Zivildienst trifft. – Das ist interessant! Schon vor eineinhalb Jahren waren die SPÖ und das Innenministerium – ich sage es einmal vorsichtig – für ein Berufsheer!

Mit dieser Aussage konfrontiert hat der Herr Innenminister gesagt: Das ist die Meinung des Innenministeriums. – Eigentlich ist er dessen Chef, aber lassen wir das einmal so stehen! – In der SPÖ gebe es unterschiedliche Meinungen dazu. – Das ist mir auch bekannt. – Weiters sei er selbst für die Weiterführung der allgemeinen Wehrpflicht. – Es ist immerhin bemerkenswert, daß ein Innenminister schon vor eineinhalb Jahren verlauten ließ, daß man eigentlich im Zweifel sei, ob die allgemeine Wehrpflicht in Österreich aufrechterhalten werden könne oder solle. Ich möchte das so formulieren: Die NATO-Befürworter haben sich offenbar im Innenministerium durchgesetzt!

Meine Damen und Herren! Beim zweiten Punkt meiner Ausführungen ersuche ich den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes um Mithilfe. Herr Präsident! In Ihrem Tätigkeitsbericht sind auch gewisse Anmerkungen über das Forschungszentrum Seibersdorf enthalten. Der Prüfungszeitraum ging bis 1996; 1997 wurde darüber diskutiert, daß dieses Forschungszentrum große finanzielle Probleme hatte, daß es sich aber in irgendeiner Weise, insbesondere durch außerordentliche Zuschüsse des Wissenschaftsministers, wieder erholt hat.

Ich bin auch dafür, daß das Forschungszentrum Seibersdorf das tut, wofür es geschaffen wurde, nämlich jeden Schilling, den es bekommt, für Forschung zu verwenden. Es ist dies bitte die einzige Großforschungseinrichtung, die Österreich hat. Allerdings mußte ich in den vergangenen Wochen erleben, daß dieses Forschungszentrum Seibersdorf Parteipropaganda für sozialdemokratische Regierungsmitglieder in Form von Großinseraten in Zeitungen finanziert hat, obwohl sich der Aufsichtsrat dieser Gesellschaft gegen diese Aktion ausgesprochen hat.

Herr Präsident des Rechnungshofes, jetzt kommt das Problem: Obwohl die ÖVP in diesem Zusammenhang zweimal Anfragen an den Wissenschaftsminister gestellt hat, weil das für uns eine Verschwendung von öffentlichen Forschungsmitteln ist, sind wir medial nicht durchgekommen. Ich sage: aus wohl verständlichen Gründen! Wo waren denn diese Großanzeigen? – In den Medien! Bei solchen diffizilen Fragen ist der Einsatz des Instrumentes Rechnungshof mit seinen regelmäßigen Prüfungen die einzige Möglichkeit, den Abgeordneten zu helfen.

Einen persönlichen Schlußsatz möchte ich noch formulieren: Auch wir hier im Nationalrat sind nicht unfehlbar. Wir haben dem Rechnungshof im Zusammenhang mit dem Bezügegesetz die Erstellung eines allgemeinen Einkommensberichtes überbunden. Dieser ist teuer und sehr kompliziert; er könnte einfacher mittels Sekundärstatistiken erstellt werden. Wir sollten eine Novellierung des Bezügegesetzes betreffend die Erstellung des allgemeinen Einkommensberichtes erwägen.

Zum Abschluß erlaube ich mir ein persönliches Wort. Ich habe neun Jahre lang als Mitglied des Rechnungshofausschusses in bester Art und Weise mit den Mitarbeitern und den jeweiligen Präsidenten des Rechnungshofes zusammengearbeitet. Unter Präsident Fiedler wurde das Wort des früheren Präsidenten Broesigke eindeutig widerlegt, nämlich daß die Hundehütte für den Hund und der Rechnungshof für die Katz’ ist. – Unter Präsident Fiedler ist der Rechnungshof nicht für die Katz’! Das wollen wir ihm gerne bestätigen! (Beifall bei der ÖVP.)

23.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Lahko noč! Visoki dom!)

23.39

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod državni sekretar! Gospod predsednik računskega sodišča! Gospod Minister! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sie werden verstehen, daß ich mich, da das eine meiner letzten Reden hier ist, auf ein Kapitel beschränken werde, nämlich auf die Prüfung des Bereiches Bundeskanzleramt/Volksgruppenförderung durch den Rechnungshof.

Herr Präsident! Auch ich möchte meine Rede mit einer Danksagung beginnen. Ich bin der Auffassung, daß der Rechnungshof ein sehr wichtiges Organ ist und daß er unter Ihrer Führung effiziente Arbeit leistet, gerade auch in diesem sensiblen Bereich der Volksgruppenförderung. Herr Präsident! Ich danke Ihnen für die sehr präzise Prüfung, und es freut mich, das sozusagen laut verkünden zu können, was auch im Rechnungshofbericht steht, nämlich daß die Volksgruppen und Volksgruppenorganisationen mit den spärlichen Mitteln, die sie bekommen, sehr sorgsam umgehen und daß es kaum und schon gar keine wesentlichen Beanstandungen gibt!

Meine Damen und Herren! Hingegen gibt es in diesem Zusammenhang sehr massive Kritik des Rechnungshofes an der Vorgangsweise des Bundeskanzleramtes. Seit über zehn Jahren moniert der Rechnungshof, daß es eine sorgsamere, präzisere und rechtzeitige Auszahlung geben soll, und er regt an, daß die Volksgruppen Jahresprojekte erarbeiten und durchführen können. – Die Umsetzung all dessen ist aber angesichts der Gebarung im Bundeskanzleramt nicht möglich!

Meine Damen und Herren! Wir haben es mit einer schikanösen Behandlung von Volksgruppenorganisationen und Ausschußmitgliedern zu tun. Ich möchte, damit Sie nicht denken, daß es hiebei um Millionen oder Milliarden geht, festhalten: Die Volksgruppen bekommen in Österreich ungefähr so viel, wie "Euroteam" von Bundesseite bekommen hat; lustigerweise ist es in etwa die gleiche Summe! (Abg. Mag. Haupt: Weniger!) In Anbetracht dessen ist es natürlich äußerst bedauerlich, daß einerseits mit leichter Hand Geld ausgegeben wird, andererseits für die Volksgruppen von Jahr zu Jahr weniger ausgegeben wird.

Ich möchte nur auf einige Dinge zu sprechen kommen und dann noch einige politische Aussagen machen. (Abg. Hans Helmut Moser: Vor Mitternacht?) Ja, natürlich werde ich vor Mitternacht abschließen, bevor es ganz finster wird in diesem Staate! Ich schließe schon vorher ab!

Meine Damen und Herren! Das Bundeskanzleramt gibt sich oft sogar der Lächerlichkeit preis. Es gibt Ereignisse, bei denen sich das Bundeskanzleramt wirklich der Lächerlichkeit preisgibt. So wird zum Beispiel die Anschaffung von Musikinstrumenten der Roma gefördert. Diejenigen, die Musikinstrumente erhalten, geben diese natürlich weiter; denn weder der Präsident noch der Sekretär noch der Kassier spielen ein Instrument. Daher geben sie diese an eine Musikgruppe weiter, die zum Vergnügen der Leute, aber oft auch gegen Eintritt spielt. Daraufhin ist das Bundeskanzleramt auf die Idee gekommen, daß eine widerrechtliche Weitergabe von zwei Gitarren, einer Trompete und einem Schlagzeug vorgefallen sei, und hat – wie man sagt – einen großen Bahöl gemacht, was die da Schreckliches tun – und hat die Musikinstrumente zurückgefordert. Die Roma sagen: Das ist ja nicht vernünftig, wir machen eine Abschlagszahlung oder zahlen für jeden Auftritt. Darauf sagt das Bundeskanzleramt: Nein, ihr müßt die Instrumente zurückgeben oder dafür die volle Summe bezahlen. Die volle Summe wäre 120 000 S. Jeder weiß aber, daß die Instrumente nach vier Jahren nur mehr 40 000 S bis höchstens 60 000 S wert sind. Trotzdem beharrt man seitens des Bundeskanzleramts darauf.

Das geht soweit, daß man vom Obmann des Roma-Verbandes verlangt, daß er mit seinem Auto die Instrumente zum Bundeskanzleramt bringt; dort werden sie photographiert. Die Beamten stehen herum. Schließlich wird der Obermusikant der Roma aufgefordert, zu spielen, damit er zeigt, daß alles noch okay ist und daß die Saiten nicht schon scheppern. Dieser weigert sich natürlich und sagt: Ich gehe nicht dorthin, um denen im Bundeskanzleramt etwas vorzuspielen! (Heiterkeit.) – Sie lachen darüber! Ich weiß, daß das lächerlich klingt, aber so verhalten sich erwachsene Beamte im Bundeskanzleramt, meine Damen und Herren! (Abg. Hans Helmut Moser: Haben die nichts anderes zu tun?) Nein, offenbar haben die nichts zu tun!

Zum Beispiel ist es zu der Situation gekommen, daß zu einer Delegation, die von einem Kongreß im Ausland gekommen und vom West- zum Südbahnhof mit dem Taxi gefahren ist, gesagt wurde: Mit dem Taxi dürfen Sie nicht fahren, Sie müssen mit der Tramway fahren! – Darauf sagen die Delegationsmitglieder: Für fünf Leute kosten die Tramway-Fahrscheine mehr Geld, als wenn wir mit dem Taxi fahren; und überdies mußten wir mit dem Taxi fahren, sonst hätten wir den Zug versäumt, weil der eine spät dran war. – Meine Damen und Herren! Solche Diskussionen werden geführt, und ich könnte Ihnen weitere solche Blüten schildern!

Meine Damen und Herren! Nicht mehr zum Lachen, sondern sehr peinlich ist es aber dann, wenn das Bundeskanzleramt den Datenschutz verletzt. Ich habe der Datenschutzkommission die Dokumentation eines diesbezüglichen Falles vorgelegt, und das Bundeskanzleramt wurde verurteilt, weil es Daten widerrechtlich verwendet hat!

Ich habe mir gedacht, daß das Bundeskanzleramt, die Beamten samt der Politik, die dort zu Hause ist, nach diesem Ereignis sozusagen reuig in sich gehen und sagen werden: Da ist etwas nicht in Ordnung. – Meine Damen und Herren! Das Gegenteil war jedoch der Fall: Sie haben die Mitgliederlisten und Zeitungsabonnentenlisten von Verbänden weiterhin benützt. Wenn ich der Abonnent einer Zeitung bin, will ich auch nicht, daß man meine Daten weitergibt! Wo kommen wir denn da hin, meine Damen und Herren?! Und das wird auch noch in einen Vertrag geschrieben! Bundeskanzler Klima hat das in einem Brief an den Präsidenten des Rechnungshofausschusses bestätigt, meine Damen und Herren! Und das ist nicht mehr lächerlich! Wenn das bei einer Volksgruppe vorfällt, die auch zur Nazi-Zeit gezählt wurde und Listen abliefern mußte, dann ist das nicht mehr lächerlich, sondern peinlich im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich letztlich strafrechtlich peinlich, meine Damen und Herren!

Ich möchte jetzt aber ohne weiteres auch noch politisch abschließen. Mir ist es nämlich richtig unangenehm, die ganzen Miseren hier zu wiederholen, die ich schon im Ausschuß vorgetragen habe, welche weder der Herr Minister noch der Herr Staatssekretär entkräften konnten. Und ich lasse auch eine persönliche Angelegenheit weg, die ebenfalls in die Richtung von Datenschutzfragen geht.

Meine Damen und Herren! Die Volksgruppen wollen selbstverständlich über Jahre hinweg planen und Projekte einreichen. Bekanntlich ist es äußerst schwierig, bei Projekten durchzukommen. Herr Präsident! Wir hatten eine diesbezügliche Diskussion auch im Rechnungshofausschuß, Sie werden sich daran erinnern. Einerseits sagt man den Volksgruppen: Ihr müßt bei euren Projekten auch irgend etwas Kommerzielles machen, damit ihr auch von Sponsoren einen Beitrag bekommt. Andererseits wird dann vom Bundeskanzleramt vermerkt, daß sie auch Einnahmen erzielen, und sie müssen das vorweisen. Da gibt es dann sogar schriftliche Anfragen an die Nachbarländer, wieviel die Volksgruppen aus dem Nachbarland bekommen!

Das ist eine katastrophale Situation, die auch der Rechnungshof zumindest teilweise aufgezeigt hat. Herr Präsident! Das hat die Wirkung gehabt – und dafür danke ich Ihnen und nicht dem Bundeskanzleramt –, daß uns zumindest heuer die Beträge so rechtzeitig angewiesen wurden, daß man eine gewisse Jahresplanung gestalten kann.

Liebe Freunde! Ich möchte doch auch politisch schließen, und, Kollege Khol, da spreche ich vor allem dich an! Du bist der Hauptverursacher dafür, daß alle Anträge in einem Unterausschuß sozusagen in einem schwarzen Loch liegen! Es ist mir peinlich, daß ich dir das sagen muß, da wir jahrelang miteinander verbunden sind und du diese Problematik kennst! Aber du spielst auf dem Rücken der Volksgruppen dein privates politisches Spiel! Und das ist schändlich, das sage ich dir ganz klar!

Viele sagen mir: Karl, du bist schon ein echter Michael Kohlhaas! – Darauf sage ich: Lieber ein Michael Kohlhaas als ein Hase Khol! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Anträge betreffend Presseförderung wurden in den Unterausschuß geschoben! Mein Antrag betreffend Artikel 19 Staatsgrundgesetz wurde ebenfalls in den Unterausschuß geschoben! Meine Anträge zum Rundfunkgesetz sterben jetzt sozusagen einen anderen Tod, wenn nicht Kollege Schieder – hoffentlich! – anders handelt, als du, Kollege Khol, gehandelt hast! Und das ist mir äußerst peinlich!

Meine Damen und Herren! Ich prangere den Fraktionschef der ÖVP hier offen noch einmal an! Es ist peinlich, daß du zu den Leuten gehörst, die nicht bereit sind, das Volksgruppenrecht fortzuentwickeln! Denn du solltest dich diesen Volksgruppen angesichts des Wissens, das du über sie und ihre Probleme hast, wirklich verbunden fühlen! (Abg. Dr. Khol: Kulturvertrag in Slowenien!) Was können die Ungarn im Burgenland dafür, wenn Slowenien den Kulturvertrag nicht unterschreibt?! Das mußt du mir einmal erklären! Was können die Slowaken, die Tschechen und die Kroaten dafür, daß Slowenien den Vertrag nicht unterzeichnet?! – Das ist genau die Politik, die man nicht mögen kann, lieber Freund! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich mache hier heute meinen Abschied, vor allem in dieser Frage. Ich werde dem Nationalrat in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr angehören. Ich hoffe aber, daß die Volksgruppen für ihre Probleme künftig mehr Verständnis finden werden als in diesem Jahr, als ich wieder in diesem Hause wirken konnte! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

23.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brix. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.50

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Wie immer um diese Zeit befaßt sich das Plenum mit dem Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über die Zeit von vor zwei Jahren, also betreffend das Jahr 1997. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich meine jetzt nicht die Uhr-, sondern die Jahreszeit. Am Ende eines parlamentarischen Jahres befaßt sich das Plenum mit diesem Tätigkeitsbericht. Ein solcher Tätigkeitsbericht, dessen Betrachtungszeitraum schon zwei Jahre zurückliegt, hat natürlich auch seine problematischen Seiten, wie der Rechnungshofbericht überhaupt in den verschiedensten Fragen mit Für und Wider gesehen werden kann.

Vorweg möchte ich sagen: Diesen exakten Bericht, mit dem auch wir nicht nur gut leben, sondern auch politisch arbeiten können, um zum Wohle der Menschen in diesem Lande weitere Verbesserungen vorzunehmen, liefern die Damen und Herren des Rechnungshofes! Daher möchte ich Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern namens meiner Fraktion recht herzlich für diese Arbeit danken, Herr Präsident Fiedler! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte kurz einen Problemkreis anschneiden, der vom Rechnungshof auf längere Sicht aufgezeigt wird. Wie wir wissen, gibt es bei uns in Österreich kontrollierte Stellen, bei welchen es keine großen Probleme gibt. Eine dieser kontrollierten Stellen, bei der es in der letzten Zeit aber sehr wohl Probleme gab, war der Flughafen Wien. Dazu schreibt der sehr angesehene Journalist Alfred Worm in der Zeitung der Architekten "konstruktiv" von Juni/Juli 1999 – ich zitiere wörtlich –:

"Nur ungern gehe ich mit dem von mir sonst sehr geschätzten Rechnungshof in den Clinch. Diesmal aber tue ich es. Der Prüfbericht über die Gebarung der Flughafen AG ist Mumpitz."

Dieser sehr angesehene Journalist Alfred Worm will damit sagen, daß nicht jede Kritik zutreffend ist, nur weil sie als Kritik ausgesprochen wird.

Meine Damen und Herren! Einer der Kernpunkte in diesem Tätigkeitsbericht 1997 war die Kritik am Verteidigungsminister und an der Landesverteidigung, vor allem insofern, Herr Bundesminister, als der Rechnungshof festgestellt hat, daß nicht nur Mängel im Ausbildungssystem vorhanden sind, sondern daß auch Mängel am Gerät der österreichischen Soldaten vorliegen. Ich denke in diesem Zusammenhang insbesondere an ein Gerät, das uns sehr am Herzen liegt, weil es noch dazu österreichischer Herkunft ist und wir Österreicher eigentlich stolz auf dieses gute Gerät sein können. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Herr Bundesminister! Ich bin der Meinung, wir hätten keine ausländischen, alten Panzer kaufen sollen, sondern Sie hätten rechtzeitig einen Auftrag betreffend den neuen Schützenpanzer Ulan an die Steyr-Daimler-Puch-Werke geben sollen. Jetzt wurden 112 Panzer von Ihnen in Auftrag gegeben, und mit diesem Auftrag werden, entgegen zahlreichen falschen Behauptungen, 100 Prozent österreichischer Wertschöpfung zusätzlich garantiert und dadurch für lange Zeit zahlreiche inländische, österreichische Arbeitsplätze gesichert.

Mit dem Ankauf von 112 Ulan-Kampfschützenpanzern von Steyr-Daimler-Puch, den Sie im Juni 1999 endlich vorgenommen haben, haben Sie nicht nur sichergestellt, daß unsere Männer beim Militär besseres und sichereres Material haben, sondern Sie haben damit auch Arbeitsplätze in Österreich gesichert. Außerdem haben Sie damit auch sichergestellt, daß der Steyr Spezialfahrzeugbau zum Export von österreichischen Produkten im Wert von über 2 Milliarden Schilling ohne Umsatzsteuer verpflichtet ist und daher noch mehr österreichische Wertschöpfung hereingetragen wird.

Herr Bundesminister! Ich würde Sie bitten, in Zukunft die Kritik des Rechnungshofes rechtzeitig zu berücksichtigen und für den Fall, daß wir wieder Panzer benötigen – es werden ja schon weitere diesbezügliche Pläne in Ihrer Lade liegen –, österreichische Produkte zu kaufen, denn mit dem Ankauf österreichischer Produkte sind auch österreichische Arbeitsplätze gesichert! (Beifall bei der SPÖ.)

23.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 7 Minuten. – Bitte.

23.55

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Es liegen jetzt sehr viele Berichte vor. Wenn ich jetzt aber mit Danksagungen an die geschätzten Rechnungshofbeamtinnen und -beamten und vor allem an den Präsidenten begänne, dann würde meine Redezeit nicht ausreichen. Außerdem habe ich jetzt in Anbetracht des vielen Lobs sowieso den Eindruck, daß für die Rechnungshofbeamten heute wieder einmal Weihnachten ist! Ich meine aber, sie haben dieses Lob auch verdient, denn allzuviele Berichte erblicken kaum das Licht der Öffentlichkeit, und es müßte für einen Rechnungshofbeamten doch eine Genugtuung sein, wenn gewisse Dinge auch verbal und medial aufgearbeitet werden.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß der Rechnungshof auch unter Broesigke nie "für die Katz" war, denn die Präventivwirkung eines Rechnungshofberichtes und der Institution des Rechnungshofes an sich ist für eine Demokratie und für eine funktionierende Verwaltung unerläßlich. Das Funktionieren der Medien ist in diesem Zusammenhang wichtig. Kollege Lukesch! Ich teile Ihren Schmerz darüber, daß die Beeinflussung durch Inseratenkampagnen bestimmter Stellen in den Medien sehr massiv ist. Aber ein Rechnungshofbericht kann nur dann wirklich wirken, wenn er auch das Licht der Öffentlichkeit erblickt und von der Medienvielfalt profitiert. Nach Kelsen, einem großen Österreicher, kann die Demokratie nur dann wirklich funktionieren, wenn die Dinge in der Öffentlichkeit argumentiert und analysiert und konstruktive Schlüsse gezogen werden. Ich glaube, das wirkt im Zusammenhang mit dem Rechnungshof in jedem Fall, manchmal mehr, manchmal weniger.

Der Präsident des Rechnungshofes hat meines Erachtens meistens gute Berichte abgeliefert, allerdings nicht immer. Manchmal habe ich den Eindruck gehabt – gestatten Sie mir diese Bemerkung, denn ich werde zum Thema Rechnungshof in diesem Hause nicht mehr reden! –, daß politische Stimmungen in Rechnungshofberichten mehr als anderswo ausgedrückt werden. Ich meine, daß sich der Rechnungshof, unabhängig von allen Stimmungen und medialen Moden, solchen Versuchungen widersetzen sollte! Denn das Ansehen des Rechnungshofes ist aufgrund Ihrer ausgezeichneten Arbeit, Herr Präsident, und aufgrund der ausgezeichneten Arbeit der Beamten und Beamtinnen sehr, sehr hoch, und ich meine, dieses Ansehen sollte nicht einmal durch den Anschein verspielt werden!

Ich habe zum Beispiel betreffend den Bericht über den Semmering-Basistunnel den Eindruck, daß das starke mediale Trommelfeuer den Bericht doch ein bißchen gefärbt hat. Und es gibt auch noch andere Dinge, die mir nicht besonders gefallen haben. Aber im wesentlichen kann ich Ihnen sagen: Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet, die sicherlich viel besser war als meine als Obmann des Rechnungshofausschusses, aber ich hatte ja eine andere Arbeit.

Herr Kollege Lukesch, zu Ihren Ausführungen, zu dieser tapferen Verteidigung des freien Wortes und diesem Angriff gegen den Regierungspartner kann ich nur sagen: Hut ab! Auch Kollege Steindl war wirklich großartig, ich war ganz gerührt! Wenn ich nicht gewußt hätte, daß Herr Klima von der SPÖ ist und daß Frau Hostasch von der SPÖ ist, dann hätte ich gemeint, es sind urdemokratische Zustände ausgebrochen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Ich weiß, daß in Vorwahlzeiten oft merkwürdige Dinge passieren! Da kommen der Koalitionsfrieden und die Koalitionsabsprachen ein bißchen durcheinander! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Mit Absicht!) Dann wird es oft sehr schwierig, denn dann beginnt diese Allianz, dieses "Gleichgewicht des Schreckens", ein wenig zu bröckeln! Ich bewundere immer den Gleichmut der Sozialdemokraten. Ich muß sagen, so wie Sie die Macht erhalten, das ist wirklich einsame Klas-se! Ich verstehe, warum Sie sich in Österreich so lange halten können! (Abg. Koppler: Wenn man arbeitet, dann macht man natürlich auch Fehler!) Ich bewundere diese Souveränität, wie Sie über jeden Dreckpatzen der Koalitionspartner hinwegsehen können und immer noch einen klaren Blick nach vorne haben, so nach dem Motto: Genossen, wir marschieren, wir erhalten die Macht! (Abg. Koppler: Ich meine etwas ganz anderes!)

Herr Kollege Koppler! Sie werden doch nicht im Zusammenhang mit "Euroteam" von Fehlern sprechen. (Abg. Koppler: Wir reden ja jetzt von etwas anderem!) Ach so, gut. (Abg. Dr. Lukesch: Koppler nennt "Euroteam" ...! – Ruf bei den Freiheitlichen: Er redet immer von etwas anderem!)

Herr Professor Lukesch! Wissen Sie, es wäre so schön und es wäre ein solcher Festtag für dieses Haus, wenn Sie im Zusammenhang mit einem Bericht, in dem ein Regierungsmitglied von Ihrer Seite, von der ÖVP, kritisiert wird, auch hier darauf Bezug nähmen, zum Beispiel bei dem von Ihnen sehr geschätzten Minister. Ich respektiere ihn persönlich, meine jedoch, er ist als Minister in dieser Position auf dem falschen Platz.

Wieso kritisieren Sie niemals das, was da im Zusammenhang mit dem Bundesheer geschehen ist? – Ich habe in dieser Hinsicht noch nie ein Wort der Kritik von Ihnen gehört, obwohl Sie ja im Rechnungshofausschuß dazu verpflichtet wären. Im Zusammenhang mit der Kritik des Rechnungshofes ist es deutlich formuliert worden, wenn auch sehr vornehm, weil Herr Präsident Fiedler und seine Beamten ja sehr vornehm sind. (Abg. Dr. Lukesch: Gerade mit dem Bundesheer im Zusammenhang ...!)

Im Zusammenhang mit dem Bundespräsidenten habe ich überhaupt noch nie eine so vornehme Formulierung wie jene in diesem Rechnungshofbericht gelesen. Wenn ich mir ansehe, was in diesem Bericht steht, meine Damen und Herren, dann kann ich nur sagen: Es ist beeindruckend, wie schön ein Rechnungshof formulieren kann, damit es nicht besonders weh tut. (Der Redner sucht nach einer Textstelle.) – Meine Damen und Herren, ich finde es schon noch; natürlich, jetzt habe ich es. Da heißt es:

Sofern vom Gesetzgeber die Möglichkeit einer Arbeitskräfteüberlassung von Beamten gewollt wird, wäre hierfür eine eindeutige gesetzliche Regelung zu schaffen, um die derzeit bestehenden rechtlichen Unklarheiten zu beseitigen. – Zitatende.

Diesen vornehmen Ausdruck, "bestehende Unklarheiten", bei einem an sich rechtswidrigen Vorgang halte ich für sehr tapfer vom Rechnungshof. Das ist aber von Ihnen nicht unbedingt honoriert worden. Sie hätten zumindest einen Entschließungsantrag dazu einbringen können. Aber was die Formulierung betrifft, daß die Höhe der zu leistenden Refundierungen kostendeckend zu gestalten wäre, haben Sie nicht einmal muh gesagt, geschweige denn das tapfere Wort des französischen Revolutionärs noch einmal in den Mund genommen. (Abg. Dr. Lukesch: Das kommt morgen! Morgen ist der 14. Juli! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Heute ist der 14. Juli!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Sie haben damals, vor einem Jahr, in einer APA-Aussendung den kühnen Satz geprägt (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen): Der Obmann des Rechnungshofausschusses hat jedes Vertrauen verspielt, weil er den Herrn Bundespräsidenten gemahnt hat, er möge seine Schulden im Zusammenhang mit dem Wahlkampf begleichen, für Herrn Waldner, den er ja als Wahlkampfleiter in seinem Team hatte. (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes einladen, daß er hier noch einmal formuliert, was der angemessene Preis für diesen Mann gewesen wäre, der im Wahlkampfteam der ÖVP, des Bürgerpräsidenten ...

0.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Entschuldigen Sie, Ihre Redezeit ist zu Ende. Mein Glockenzeichen hat Ihnen gegolten. (Heiterkeit. – Abg. Wabl: Ich weiß nicht, welche Redezeit Sie gemeint haben! Die freiwillige, diejenige, die mir verordnet ist?)

Nein, es ist die Blockredezeit, die auf Ihre Fraktion fällt, erschöpft. (Abg. Wabl: Ich rede nur 5 Minuten!) Ich habe hier 7 Minuten aufscheinen. Ihre Redezeit ist zu Ende, Herr Abgeordneter. (Abg. Wabl: Das ist etwas, was ich an diesem Haus nicht sehr schätze: daß man nicht mehr reden kann! Ich halte das für die Demokratie für ...! – Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Wabl.) Die Technik funktioniert. Hier steht: 7 Minuten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das ist der Fluch der bösen Tat eurer Zustimmung! – Abg. Wabl: Da habt doch ihr zugestimmt! – Weitere Zwischenrufe.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stampler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.04

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In meinem Debattenbeitrag möchte ich auf einige Einzelberichte im Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes kurz eingehen.

Als erstes nenne ich die EU-Mittel im Bereich der Landwirtschaft. Meine Damen und Herren! Ich darf sagen, daß dieser Bericht dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und seinem Team im Ministerium ein hervorragendes Zeugnis ausstellt. Er zeigt auf, daß die Umsetzung der europäischen Normen vorbildlich durchgeführt wurde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Wer wird jetzt meinen Antrag einbringen?)

Während andere Ministerien mit der Umsetzung der Verwaltungsreform ihre Schwierigkeiten haben, ist man im Landwirtschaftsministerium bereits einen Schritt weiter. Die AMA wurde bereits nach ISO zertifiziert und schnitt dabei hervorragend ab. Bei der Umsetzung einer elektronischen Förderabwicklung mittels Datenbank war man viel schneller als vorgeschrieben. Bei der Abrechnung der Förderansuchen mit der EU gab es nie Schwierigkeiten.

Auch der europäische Rechnungshof beurteilte die Arbeit der Zahlstellen in ähnlicher Weise. Die vom Rechnungshof angeregte Verbesserung, vor allem bei der Ausstattung der Abteilung Revision, wurde umgesetzt. Alles in allem würde ich als Lehrer sagen: Note "sehr gut" für unseren Landwirtschaftsminister! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch erwähnen – weil ich glaube, daß das auch gesagt werden soll –, daß die Landwirtschaftskammern einen unverzichtbaren Dienst bei den Förderbewilligungen leisten und daher nicht, wie manche behaupten, überflüssig sind. Bei der Förderabwicklung ist es meiner Ansicht nach wichtig, daß man diese dezentralen Strukturen besitzt.

Ein zweites Thema ist die Musikhochschule Graz. Als Steirer bin ich – das muß ich sagen – sehr froh, daß wir in Graz eine solche Einrichtung mit einem so hervorragenden Ruf im In- und Ausland haben. Schon der Ausländeranteil von 35 Prozent zeigt, daß diese Hochschule hervorragende Arbeit leistet. Daß sich – wie der Rechnungshof berichtet – Jahr für Jahr fast doppelt so viele Studenten anmelden wollen, wie aufgenommen werden können, sehe ich als Zeichen für die Qualität dieses Instituts.

Die Kritik, die der Rechnungshof in manchen Bereichen angebracht hat, wurde in den meisten Fällen aufgegriffen. So wurde die Raumsituation durch einen Neubau verbessert. Das räumliche Angebot soll noch vergrößert werden. Die kritisierten Mieten für die Räumlichkeiten, vor allem das Palais Brandhof, entsprechen im übrigen grundsätzlich dem Durchschnitt; teilweise liegen sie sogar unter dem Durchschnitt.

Zum kritisierten Bereich des Brandschutzes möchte ich sagen, daß bereits mehrere Begehungen stattgefunden haben, daß die Brandabschnitte hergestellt, zusätzliche Brandmelder eingebaut und auch die automatische Brandrauchentlüftung in den Stiegenhäusern hergestellt wurden.

Sicherlich stellt sich die Frage nach der Expositur Oberschützen. Die Errichtung dieser Expositur war seinerzeit eine kulturpolitische Entscheidung, aber es ist selbstverständlich klar, daß die Erhaltung einer Expositur Kosten verursacht. Es ist jedoch die Frage, ob man für Kunst und Kultur auch außerhalb der Ballungszentren finanzielle Mittel aufbringen will oder nicht. Das ist keine rein wirtschaftliche Frage, sondern eben auch eine politische. Ich gebe dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes recht, wenn er sagt, daß man sich fragen muß, wieviel dem Land Burgenland die Erhaltung einer solchen Einrichtung wert ist.

Meine Damen und Herren! Zum Abschluß möchte auch ich den Beamten und Beamtinnen sowie dem Präsidenten des Rechnungshofes für die hervorragende Arbeit danken, auch für die persönlich gute Zusammenarbeit, die ich in dieser letzten Legislaturperiode erfahren durfte. Ich wünsche alles Gute für die weitere Zusammenarbeit.

Ich bin stolz darauf, daß in dieser Legislaturperiode auch für die Beamten des Rechnungshofes etwas getan werden konnte. Meiner Ansicht nach ist der Rechnungshof ein unverzichtbarer Bestandteil unserer demokratischen Struktur. Vielleicht – dies als eine Anregung – wäre es gut, wenn man ihn auch vermehrt bei der begleitenden Kontrolle heranziehen könnte. (Beifall bei der ÖVP.)

0.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.08

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Im Berichtsjahr des zur Diskussion stehenden Rechnungshofberichtes sind aus meiner Sicht einige Dinge erwähnenswert. Ich möchte zunächst dort fortsetzen, wo Kollege Wabl aus Zeitgründen nicht mehr fortfahren konnte (Abg. Dr. Ofner: Der fährt eh schon fort!): bei der Freistellung der Bediensteten, die er hier in der vornehmen Art und Diktion des Rechnungshofpräsidenten und seiner Beamten zitiert hat.

Ich möchte es weniger vornehm machen: Was im Rechnungshof schlußendlich zutage getreten ist, ist, daß etwa 600 000 S von seiten des Herrn Bundespräsidenten eigentlich noch zu begleichen wären, um auch das, was an Pensionsanteilen für die entsprechenden Beamten und die Freistellung angefallen ist, endlich nicht mehr zuungunsten der Steuerzahler, sondern zuungunsten seiner selbst und zuungunsten der Industriellenvereinigung, die um die Freistellung der Beamten gebeten hat, durchzuführen.

Daß es eine sparsame Methode war, daß nicht 100 Prozent der Kosten abgedeckt wurden und daß in dieser Hinsicht weiterhin Rechtsunsicherheiten bestehen, sagt der Rechnungshofbericht deutlich und klar.

Es hätte andere Instrumente der Zurverfügungstellung von Beamten für den Wahlkampf gegeben. Die rechtlichen Grundlagen für die anderen Möglichkeiten wären vorhanden gewesen. Es ist auch deutlich und klar zutage getreten, daß sie im dienstrechtlichen Bereich für die entsprechenden Beamten deutliche Nachteile gehabt hätten gegenüber der Regelung, die getroffen worden ist.

Ich wünsche mir, daß wir für Arbeitskräfteüberlassungen für die Zukunft eine gesetzliche Regelung finden, die alle befriedigt. Denn es wird vielleicht auch einmal Arbeitskräfteüberlassungen in anderen Bereichen geben, wenn es die Privatisierung weiter gibt, wenn es in entsprechender Form sinnvolle Ausgliederungen gibt und wenn dann Beamte aus dem Bundesdienst zum Aufbau dieser privaten Strukturen im Sinn von temporären Arbeitsüberlassungen auch in solchen Organisationen zum Einsatz kommen.

Ich glaube daher, daß damit nicht nur ein privates Problem des Herrn Bundespräsidenten und seiner Amtsvorgänger angeschnitten worden ist, sondern vielleicht auch ein grundsätzliches Problem, das gelöst gehört.

Das zweite Thema, dem ich mich in meinem heutigen kurzen Debattenbeitrag zuwenden möchte, ist die Kritik des Rechnungshofes im Bereich der Ausbildung des Militärkommandos Kärnten und seiner nachgeordneten Einrichtungen.

Ich möchte mich hier deutlich und klar bei allen Fraktionen dafür bedanken, daß es das erste Mal möglich war, nicht nur die Beamten des Ministeriums, sondern auch die im Rechnungshofbericht kritisierten Vollzugsorgane des Ministeriums – an der Front, möchte ich fast sagen –, nämlich die Kommandanten der Bataillone und Regimenter aus Kärnten, zu einer Stellungnahme zum Bericht in den Rechnungshofausschuß zu laden.

Nach einer langen Diskussion über die formale oder nichtformale Prüfung des Rechnungshofes ist für mich schlußendlich festzustellen, daß im Bereich des Bundesheeres im Bundesland Kärnten zwar im legistischen Bereich das eine oder andere danebengegangen ist, daß es aber darüber hinaus unbestreitbar ist, daß die Ausbildung insgesamt qualitativ hochwertig war, daß die Kommandanten jedoch in der kurzen Zeit und wegen der Einsätze an der Grenze gezwungen waren, von sich aus Schwerpunkte zu setzen.

Ich glaube nicht, daß es sinnvoll ist, wenn im Bundesheer die Kommandanten aus Zeitmangel, aus Ressourcenmangel, aus Mangel an Überstundenkontingenten, aus Mangel an Kraftfahrzeugen, schlußendlich aus Mangel rundherum gezwungen sind, selbst Schwerpunkte in einem Ausbildungsprogramm zu setzen, das im Ministerium und vom Rechnungshof insgesamt als sinnvoll erachtet wird, sondern ich glaube, dieses Hohe Haus und alle, die an der äußeren Sicherheit Österreichs interessiert sind, sollten sich – auch wenn es unpopulär ist – fragen, ob wir weiterhin mit 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes das verwirklichen können, was beim österreichischen Bundesheer für die Sicherheit der Republik notwendig wäre und was für die Bereitstellung von Schießplätzen, für die Bereitstellung von Fahrzeugen sowie für die Bereitstellung von Infrastruktur im weitesten Sinn notwendig wäre.

Der Rechnungshofbericht und die Aussagen der Offiziere haben deutlich zutage gebracht, daß die Ressourcenknappheit des Bundesheeres und auch die Diskussion, die Kollege Wabl um die Verkäufe von Waffen angeregt hat,  nicht so sehr in die Abteilung  von Kriegswaffenverkauf und -wiederverkauf, sondern eher schon in die Rostverwertung von Altwaren gehören, wenn man betrachtet, welche Güter da vom Bundesheer verkauft werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, daß dieser Rechnungshofbericht alle, die an der äußeren Sicherheit Österreichs interessiert sind, nachdenklich machen sollte, nachdenklich auch wegen der Aussagen der betroffenen Offiziere. Es ist das keine Kritik am Personal des Bundesheeres, es ist auch keine Kritik an denjenigen, die heute mit den unzulänglichen Maßnahmen arbeiten müssen, sondern es ist eine sehr heftige Kritik an Ihnen, Herr Bundesminister, weil es Ihnen in der letzten Legislaturperiode nicht gelungen ist, vom Finanzministerium und von der linken Reichshälfte mehr notwendiges Geld für die Sicherheit Österreichs dem Bundesheer zuzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

0.14

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Einen Satz zu den Ausführungen von Kollegen Stampler, der erwähnt hat, wie schnell die AMA bei der Förderungsvergabe reagiert und daß sie ISO-zertifiziert ist. Meine Frage ist nur: Wissen das auch die Bauern? – Bei den Diskussionen erwecken wir da immer einen etwas anderen Eindruck. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Es wäre recht interessant, zu wissen, ob sich das tatsächlich so auswirkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit zwei Prüfbereichen beschäftigen, zum einen mit der Akademie der bildenden Künste, zum anderen mit dem Mozarteum Salzburg. Das sind zwei Einrichtungen von hohem internationalem und nationalem Ansehen, mit einer sehr hohen Akzeptanz und mit höchstem künstlerischem Niveau. Beide sind wichtige und wesentliche Bestandteile der österreichischen Kultur- und Kunstwelt.

Wesentliche Kritikpunkte des Rechnungshofes konnten in beiden Einrichtungen zum Teil bereinigt werden. Maßgeblich dazu beigetragen haben vor allen Dingen das neue Organisationsrecht und das neue Hochschul-Dienstrecht.

Einige konkrete Punkte zum Mozarteum Salzburg: Ein Kritikpunkt war zum Beispiel das Thema "Freistellung zur Erschließung der Künste". An dieser Formulierung muß noch gearbeitet werden, nämlich an der Präzisierung des Begriffes "Freistellung zur Erschließung der Künste". Aber insgesamt wurde uns mitgeteilt, daß kaum mehr Freistellungen für Lehrer an der Hochschule gewährt werden.

Wichtig ist dabei auch die Aussage, daß derzeit keine Klasse ohne Studierende ist, obwohl dies auch von sogenannten Modeerscheinungen abhängt, etwa davon, daß zum Beispiel in den achtziger Jahren ein Trend zur Gitarre bestand, derzeit ein Trend zur Flöte zu beobachten ist und daß sich das auf die einzelnen Klassen auswirkt. Auch wurden Reduzierungen und Rationalisierungsmaßnahmen bei Lehrangeboten und Lehrveranstaltungen durchgeführt.

Einige Anmerkungen zur Akademie der bildenden Künste: Ein Kritikpunkt unter anderen betraf die Personalbedarfserhebung. Da wurde uns gesagt, daß die Erhebungen im nichtwissenschaftlichen Bereich abgeschlossen sind und im wissenschaftlichen Bereich Ergebnisse im Herbst vorliegen werden.

In diesem Zusammenhang müssen auch die neuen Studienpläne und die neue Institutsgliederung gesehen werden. Im wesentlichen konnten alle Kritikpunkte des Rechnungshofes bereinigt beziehungsweise behoben werden.

Meine Damen und Herren! Festzuhalten ist zum Schluß noch: Kultur- und Kunstinstitutionen mit einem rein ökonomischen Maßstab zu messen, scheint mir schwierig und auch einseitig zu sein. Priorität muß nach wie vor die künstlerische Freiheit haben. (Abg. Böhacker: Aber schon auch die Sparsamkeit, wenn es um Steuermittel geht!)

Im übrigen wünsche ich beiden Institutionen weiterhin viel Erfolg und alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

0.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Sie haben noch eine Redezeit von 14 Minuten zur Verfügung. (Abg. Hans Helmut Moser: Bitte 5 Minuten einstellen!) 5 Minuten soll ich einstellen? – Bitte.

0.18

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich an den Debattenbeitrag des Kollegen Wabl im Zusammenhang mit dem Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes von 1997 anknüpfen, nämlich an die Frage der Freistellung von Bediensteten in den verschiedenen Ressorts.

Diese Problematik ist nicht nur im Außenministerium im Zusammenhang mit der Wahlwerbung unseres jetzigen Herrn Bundespräsidenten aufgetreten, sondern diese Problematik besteht generell, nämlich auch im Zusammenhang mit der Freistellung von Bediensteten für wahlwerbende Parteien bei den verschiedensten Wahlbewegungen.

Wir Liberale haben in diesem Zusammenhang bereits im Mai dieses Jahres einen Entschließungsantrag eingebracht, um der Empfehlung des Rechnungshofes gerecht zu werden. Wir bedauern es, daß wir keine Zeit gefunden haben, diesen Entschließungsantrag im Ausschuß entsprechend zu beraten.

Wir sind auch der Meinung, daß es mit der Überlassung von Bediensteten eine verdeckte Parteienfinanzierung gibt und daß es wirklich notwendig ist, die gesetzlichen Grundlagen – insbesondere das Beamten-Dienstrechtsgesetz, aber auch das Personalvertretungsgesetz – entsprechend abzuändern.

Ich möchte daher jetzt folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wabl, Hans Helmut Moser betreffend Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen hinsichtlich der Freistellung von Bediensteten des Außenministeriums zur Unterstützung in den Wahlkämpfen 1986, 1992 und 1998 um das Amt des Bundespräsidenten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wird aufgefordert, gemäß den zusammenfassenden Empfehlungen des Rechnungshofes –

(1) sofern vom Gesetzgeber die Möglichkeit einer Arbeitskräfteüberlassung von Beamten gewollt wird, wäre hierfür eine eindeutige gesetzliche Regelung zu schaffen, um die derzeit bestehenden rechtlichen Unklarheiten zu beseitigen;

(2) die Höhe der zu leistenden Refundierungen wäre kostendeckend zu gestalten und

(3) eine Akontierung der Refundierungsleistungen sollte vorgesehen werden. –

1. bei den letzten Freistellungen aus den Jahren 1996/1997 und 1998 ausständige Beträge nachträglich einzufordern und in Zukunft bezüglich der Höhe die volle Refundierung einzufordern.

2. Bezüglich Akontierung auch allfällige Zinserträge nachzufordern.

3. Gemäß den Empfehlungen des ersten Punktes der zusammenfassenden Empfehlungen die notwendigen Schritte zu unternehmen.

*****

Wir glauben, daß das eine Notwendigkeit wäre, um gegenüber anderen wahlwerbenden Parteien, die nicht so viele Bedienstete im Bundesdienst haben, eine Chancengleichheit herzustellen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte in meinem Redebeitrag auf zwei weitere Bereiche eingehen, die der Rechnungshof in seinem Tätigkeitsbericht 1997 angesprochen hat, nämlich auf den Bereich des Bundesministeriums für innere Angelegenheiten und den Bereich des Verteidigungsressorts.

Zunächst zum Innenministerium, meine Damen und Herren. Dieser Rechnungshofbericht ist, was die Maßnahmen zur Verwaltungsreform im Bereich des Innenministeriums betrifft, kein Ruhmesblatt! Vom Rechnungshof wird mehrfach angeführt, daß sich das Innenministerium mit zugekauften Organisationsstudien – wie etwa im Projekt Verwaltungsmanagement – nur eingeschränkt auseinandergesetzt und teilweise Vorschläge, die gemacht worden sind, nicht aufgegriffen hat. Ich glaube, daß es notwendig gewesen wäre, diese Vorschläge, die seitens der externen Unternehmensberater unterbreitet worden sind, konkret umzusetzen und auch ernst zu nehmen.

Es werden in dieser Hinsicht Bereiche angeführt, die wir mehrfach als Bereiche notwendiger Reformschritte bezeichnet haben. Es wären in einer Analyse des komplizierten Aufbaues des Sicherheitsapparates die verschiedensten Aufgabenbereiche der Behörden und Wachkörper zu untersuchen. Es wären weiters die verschiedensten Wachkörper zusammenzuführen. Es wären jene Wachkörper, die wir im ländlichen und im städtischen Bereich haben, sprich Gendarmerie und Exekutive, zusammenzuführen, weil wir dadurch wesentliche Synergieeffekte erzielen könnten.

Der zweite Bereich, der da angesprochen ist und in dem eine Notwendigkeit besteht, betrifft die Zentralstelle. Sie gehört entsprechend reformiert. Operative Bereiche, die in der Zentralstelle angesiedelt sind, sollten ausgelagert werden, damit der Bereich der Exekutive etwas schlagkräftiger gestaltet werden kann.

Ich möchte abschließend auf den Bereich der Grenzgendarmerie zu sprechen kommen. Dem Bereich der Grenzgendarmerie stellt der Rechnungshof ein sehr positives Zeugnis aus – aber auch da gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten –, und zwar ein positives Zeugnis dahin gehend, daß es den Beamten gelungen ist, in der vorgegebenen Zeit die notwendigen Organisationsstrukturen aufzubauen und weiters eine gewisse Effizienz der Grenzraumüberwachung sicherzustellen.

Was bedauerlicherweise noch nicht gelungen ist, ist eine Kompetenzabklärung zwischen der Zollwache und der Grenzgendarmerie. Da besteht Handlungsbedarf. Da wird es notwendig sein, die Machtansprüche des Finanzministeriums im Interesse der Sicherheit und im Interesse einer effizienten Grenzgendarmerie etwas zurückzudrängen.

Meine Damen und Herren! Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft den Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Ich bin froh, daß der Herr Bundesminister hier ist. Ich möchte ihn auf einen mir wesentlich erscheinenden Punkt des Rechnungshofberichtes hinweisen, nämlich auf die im Zusammenhang mit der Untersuchung des Militärkommandos Kärnten zutage getretenen Mängel in der Ausbildung.

Es wird immer wieder festgestellt, daß wir auf der einen Seite zwar eine Verbesserung im Bereich der Ausbildungsorganisation und der Ausbildungsvorschriften haben, auf der anderen Seite aber ungenügende Dienstaufsicht, vor allem seitens der vorgesetzten Kommanden und Dienststellen. Auf diese ungenügende Dienstaufsicht möchte ich Sie hinweisen, Herr Bundesminister. Das hat nichts mit dem Budget zu tun, das hat nichts mit den sonstigen Unzukömmlichkeiten zu tun, die es vielleicht auf der einen oder anderen höheren Führungsebene gibt, sondern das ist eine zentrale Aufgabe der vorgesetzten Kommandanten. Ich darf Sie ersuchen, diesem Bereich größeres Augenmerk zu widmen! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Moser vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Sauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

0.25

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte dort anschließen, wo Kollege Moser geendet hat.

Der Grenzgendarmerie stellt der Rechnungshof ein sehr positives Zeugnis aus, und in vielen Bereichen wird darauf hingewiesen, daß die Grenzgendarmerie sehr positive Arbeit leistet. Als einer, der im Grenzbereich, an der Schengener und EU-Außengrenze lebt und wohnt, darf ich feststellen, daß es tatsächlich so ist, daß die Grenzgendarmerie in unserer Region einen sehr positiven Beitrag zur Sicherheit der Bevölkerung leistet. Gerade die Sicherheit der Bevölkerung ist im wesentlichen ein Faktor, der immer wieder angesprochen wird, aber in manchen Bereichen doch nicht so zielführend, wie er sein sollte.

Es wird im Rechnungshofbericht darauf hingewiesen, daß es im Bereich des Westens aufgrund des Schengener Abkommens einen gewissen Personalübelstand zu der Zeit gab, als dieser Bericht verfaßt wurde. In der Zwischenzeit hat sich sehr viel verändert, es hat sich aber auch die Situation verändert.

Durch den Einsatz des Bundesheeres an der ungarischen Grenze – dort hat der Assistenzeinsatz sehr zum Wohle und zur Sicherheit der Bevölkerung beigetragen, dort wurden sehr viele illegale Grenzgänger aufgegriffen – ist es zu einer Verlagerung dieser illegalen Grenzgänger in unseren Raum gekommen. Das heißt, daß die Grenzgendarmerie in diesem Raum sehr viel mehr an Arbeit zu leisten hatte, daß sie sehr viel mehr an Überstunden zu leisten hatte und daß die Beamten an der Grenze ihrer Möglichkeiten stehen, weil sie durch Arbeitsüberlastung ganz einfach überfordert sind. Es wäre daher vielleicht angebracht, auch im Grenzraum des Waldviertels und des Weinviertels den Assistenzeinsatz des Bundesheeres zu überlegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage jetzt ein Danke in zweifacher Hinsicht: ein Danke an den Rechnungshof, an den Herrn Präsidenten und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber gleichzeitig auch ein Danke an die Beamtinnen und Beamten der Grenzgendarmerie, die ausgezeichnete Arbeit leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr liegt eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic vor. Diese kann allerdings nicht eingelöst werden, weil die auf den grünen Klub entfallende Redezeit bereits konsumiert ist.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordnetem Edler das Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.28

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Einstieg auch Anerkennung aussprechen. Die Berichte des Rechnungshofes waren eine gute Grundlage für eine sachliche Diskussion im Rechnungshofausschuß.

Ich möchte zwei Themen ansprechen, nämlich die oberste Eisenbahnbehörde und die Verkehrsverbünde.

Die Kritik des Rechnungshofes ist, was die Eisenbahnbehörde betrifft, sicherlich berechtigt. Betreffend Personalknappheit muß man eine Diskrepanz feststellen. Auf der einen Seite besteht die Forderung, Personal – besonders im Bundesdienst – einzusparen, auf der anderen Seite kommt es dann zu Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung der Aufgabenstellung. Das betrifft konkret Genehmigungen, und es bedeutet, daß diese Damen und Herren fehlen, wenn es darum geht, diese Genehmigungen zeitgerecht durchzuführen. In dieser Hinsicht sind meiner Ansicht nach auch die volkswirtschaftlichen Kosten in Rechnung zu stellen, um zu sehen, was wir damit verlieren.

Das Benützungsentgelt, das die ÖBB zu bezahlen haben, ist ebenfalls angesprochen worden. Dazu ist kritisch vermerkt worden, daß von den ÖBB insgesamt 20 Milliarden Schilling zu bezahlen wären.

Der Verkehrsminister hat hiezu auch Position bezogen und im Ausschuß von der sozialen Verträglichkeit gesprochen. Ich bekenne mich dazu: Wenn wir Tarife verlangen würden, um ein Benützungsentgelt von 20 Milliarden Schilling zu erzielen, dann wäre wahrscheinlich kein Umsteigeffekt zum öffentlichen Verkehr, also von der Straße auf die Schiene, erreichbar.

Hier ist vor allem auch nochmals eines kritisch festzuhalten, wie ich dies schon öfters getan habe: Wir müssen unbedingt – und das haben wir uns für die kommende beziehungsweise nächste Legislaturperiode vorgenommen – endlich zu einer Kostenwahrheit im Verkehr, insbesondere was die Kostenwahrheit auf der Straße betrifft, kommen.

Was die ÖBB selbst betrifft, so hat es eine sehr kritische Diskussion über die Leistungen, besonders im Nahverkehr, gegeben – das hat auch der Herr Präsident des Rechnungshofes angesprochen. Ich kann das bestätigen, und ich glaube, wir alle sind aufgefordert, den ÖBB – dem Vorstand und dem Aufsichtsrat – auch ein Signal zu geben, keine Einsparungen im Nahverkehr, in jenem Bereich, der von Pendlern und Schülern frequentiert wird, durchzuführen. Da ist, glaube ich, die Bilanz nicht alles, sondern es geht auch um die Versorgung und Betreuung der Menschen, die die Bahn in Anspruch nehmen. Sie haben, glaube ich, Anspruch auf ein ordentliches Verkehrsmittel.

Kurz zu den Verkehrsverbünden: Der Bericht ist ja teilweise überholt, da wir morgen ein neues Gesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs beschließen werden. Festzuhalten ist dennoch, daß die Verkehrsverbünde sehr wichtig waren. Es ist zwar zu einem Wildwuchs gekommen, der jedoch durch die neue Gesetzeslage entkräftet werden wird. Der Erfolg des Umsteigens – das stellt auch der Rechnungshofbericht fest – ist eigentlich nicht erreicht worden. Entsprechend der Diskussion im Ausschuß ist aber zu hinterfragen, was gewesen wäre, wenn es keine Verkehrsverbünde gegeben hätte. Ich denke, dann würde es noch mehr Verkehr auf der Straße geben.

Ich spreche auch die notwendige Grundversorgung besonders in den Regionen an: Die Menschen dort haben, glaube ich, ein Anrecht, verkehrsmäßig erschlossen zu werden und auch eine Grundversorgung zu haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.32

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Einleitend darf ich noch im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997 folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Apfelbeck, Fischl und Kollegen betreffend Parteienfinanzierung durch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Interesse eines sparsamen Umganges mit Steuergeld ab sofort auf die Regierungspropaganda zu Lasten des Steuerzahlers zu verzichten und alle entgeltlichen Werbeeinschaltungen in den elektronischen Medien und den Printmedien zu unterlassen."

*****

Des weiteren bringe ich im Zusammenhang mit der Debatte zum Bericht über den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997 folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Jung, Dr. Partik-Pablé und Kollegen betreffend unverzügliche Maßnahmen gegen Schlepperei und zur verstärkten Grenzsicherung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufgefordert,

die Kontrollen gegen illegale Einwanderung und Schlepperei an Österreichs Grenzen (insbesondere der grünen und der blauen Grenze) zu verstärken;

zur Erreichung dieses Zieles dringend die nötige personelle und technische Ausstattung zur Verfügung zu stellen;

nach Maßgabe der personellen Möglichkeiten des österreichischen Bundesheeres dieses für den Einsatz an der "grünen und blauen" Grenze anzufordern;

dem österreichischen Bundesheer die dafür erforderlichen zusätzlichen Kosten gesondert abzugelten."

*****

Kollege Haupt hat bereits auf den Rechnungshofbericht betreffend Militärkommando Kärnten, Jägerregiment 7 und 12 und die dort festgestellten Mängel hingewiesen.

In diesem Bericht wurde wesentlich beanstandet, daß wichtige Ausbildungsziele nicht erreicht wurden. So hat – um nur einige Beispiele zu nennen – nur eine von fünf Gefechtsübungen stattgefunden, keine der vier Kompanien hat die Vorgaben für die Schießausbildung erfüllt, nur 55 Prozent der Tagesausbildungsziele und gar nur 23 Prozent, also weniger als ein Viertel, der Nachtausbildungsziele wurden erfüllt, und es gab schwere Mängel bei der Alpinausbildung.

Unter Bezugnahme auf diesen Verband wird in der Ausgabe des "Kurier" von morgen berichtet: "Elitetruppe fliegt nach Albanien." – Gott sei Dank nicht mit den gleichen Kräften!

Herr Minister! Ich hoffe stark und gehe auch davon aus, daß dies im wesentlichen Kaderleute sind und nicht womöglich Wehrmänner aus den vorhergehenden Terminen, die sich zu diesem Albanien-Einsatz gemeldet haben, sonst wäre das eine echte Gefährdung der Leute. Das wäre dann keine Elitetruppe! Gerade gegen folgendes richten sich unter anderem auch unsere Bedenken, die wir in diesem Bereich haben: daß durch Gerätemangel, durch nicht vorhandene LKW – wir haben heute schon davon gesprochen –, durch einen dort nicht verfügbaren Schießplatz und vor allem durch bis zu dreimaligen Einsatz im Assistenzeinsatz den Kommandanten ein großer Teil der Ausbildungszeit im wahrsten Sinn des Wortes gestohlen wird, den sie auch bei bestem Willen und bei intensivster Übung – und ich habe Ihnen das gleiche Beispiel vom Panzerbataillon 14 gebracht – einfach nicht mehr nachholen können. Das ist ein grundsätzlicher Fehler. Die Ausbildung der Leute war auf sechs plus zwei beziehungsweise acht Monate angelegt. Sie nehmen ihnen nun bis zu einem Drittel oder mehr als ein Drittel dieser Zeit, und in der restlichen Zeit kann die Ausbildung nicht ordnungsgemäß erfüllt und nachgebracht werden. Das ist unmöglich!

Nun bringen Sie den Kommandanten dadurch in einen Gewissenskonflikt, daß er selber Ziele streichen soll. Damit erhalten Sie verschieden ausgebildete Bataillone in Österreich. Das ist unverantwortbar! Sie können keine "Angriffskompanien" und "Verteidigungskompanien" ausbilden, sondern die Leute müssen den gleichen Ausbildungsstand erreichen können, und das geht nicht – außer Sie würden dem Grundsatz der Grünen recht geben, daß die sechs Monate noch zuviel wären. In Wirklichkeit ist die Ausbildung auf diesen Mindestzeitbedarf hin angelegt. Was Sie hier betreiben, ist daher in einem gewissen Sinne unverantwortlich. Das hat zu tun mit dem System, mit der Ausnutzung des Bundesheeres, aber auch mit der unbrauchbaren Struktur, die ja auch in anderen Bereichen vom Rechnungshof angegriffen wird.

So haben wir etwa heute in Österreich neun Divisionskommanden; ein Divisionär in Vorarlberg kommandiert ganze eineinhalb Kompanien: Das ist international lächerlich!

Es geht hier um eine grundlegende Reform, Herr Bundesminister, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt, daß ja Milizsoldaten zunehmend beziehungsweise in starkem Ausmaß Anteile der Truppe im Ausland besetzen und damit voll ausgebildet sein müssen. Es ist sehr schwierig, nachher zu kontrollieren, welche Ausbildungsabschnitte der Mann nicht erhalten hat, und das dann in der Ausbildung nachzuholen – um nicht zu sagen, es ist unmöglich, das zu tun.

Damit besteht eben die Gefahr, daß die Elitesoldaten, die Elitetruppe, die Sie nach Albanien schicken, aus mangelhaft ausgebildeten Leuten besteht, und das wäre nicht zu verantworten, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Jung hat zwei Entschließungsanträge vorgetragen, die beide ausreichend unterstützt sind und in die Verhandlung mit einbezogen werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Teller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.37

Abgeordneter Dkfm. Dietrich Teller (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Abgeordneter Jung, so kann ich das nicht stehenlassen. (Abg. Jung: Dann schreiben Sie es um!) Ich drehe es um: Der Ausbildungsstand der Kärntner Truppe ist hervorragend, das haben die Kollegen Haupt und Leikam bestätigt. Herr Abgeordneter, es ist so, daß die Mängel in der Ausbildungsverwaltung bestehen und nicht irgendwo in den Ausbildungsrichtlinien. Wir haben auch im Ausschuß ganz deutlich festgestellt, Herr Abgeordneter Jung, daß Mängel in der Ausbildungsverwaltung bestehen und daß auch die stattgefundenen Assistenzeinsätze (Abg. Jung: Richtig!), die ja in den Ausbildungsrichtlinien absolut nicht berücksichtigt sind – das ist ja nicht etwas, was in irgendeiner Weise vorprogrammiert werden könnte, sondern das findet einfach statt (Abg. Jung: Sie haben nicht zugehört!) –, eine Rolle gespielt haben. Das kann in den Ausbildungsrichtlinien nicht drinnen sein (Abg. Jung: Dann müssen wir etwas ändern!), aber schließlich ist ja auch ein Assistenzeinsatz in gewissem Sinne eine Ausbildung (Abg. Jung: Nein! Das ist ein Einsatz nicht!): Das ist learning by doing, Herr Abgeordneter, und damit etwas, was unserer Truppe zugute kommt, was aber in den Ausbildungsrichtlinien nicht in diesem Sinne zum Ausdruck kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie sagen, daß Mängel in der Schießausbildung bestehen, so ist das ja ganz selbstverständlich, weil – Sie wissen das vielleicht nicht – in der dortigen Kompanie der Schießstand einfach für eine gewisse Zeit stillgelegt wurde. Wenn der Schießstand wieder zur Verfügung steht, dann wird auch die Ausbildungsrichtlinie im Bereich der Schießausbildung wieder entsprechend erfüllt werden.

Die Defizite in der Ausbildungsverwaltung sind, wie uns im Ausschuß glaubhaft vorgeführt wurde, mittlerweile durch eine EDV-unterstützte Ausbildungskontrolle behoben. Ich muß also für unsere Kärntner Truppe sagen: Wir sind stolz auf unsere Truppe, wenn sie in Assistenzeinsätzen dort mithilft, wo sie das Land braucht. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn unsere Männer dann im Assistenzeinsatz bessere Soldaten als Buchhalter sind, dann tut mir das in diesem Fall auch nicht weh, ohne daß hier etwas heruntergespielt werden soll.

Zweiter Punkt: Volksgruppenförderung. Die Volksgruppenförderung wurde ebenfalls durch den Rechnungshof kritisiert. Vorauszuschicken wäre, daß sämtliche Förderungsmittel ordnungsgemäß eingesetzt wurden. Wie ein roter Faden zieht sich durch diesen Bericht aber der Hinweis darauf, daß die zuständige Förderstelle personell und verwaltungsmäßig hoffnungslos überfordert war und so in vielen Fällen einfach an den Zielen vorbeigefördert hat.

Ich nenne einige Beispiele, die der Abgeordnete, der sich für die Volksgruppen zuständig erklärt hat, mein Freund Karel Smolle, eigentlich ob der drei Musikinstrumente vergessen hat: Großprojekte ohne Finanzierungsplan, unverantwortliche Zeitungsförderung – eine Zeitung 60 S, zum Unterschied von dem, was der Rechnungshof vorschlägt, nämlich daß sie maximal 3 S kosten sollte –, Förderung von Projekten bei vorhandenen, deutlich billiger angebotenen Alternativen, Förderung von Veranstaltungsräumen trotz zur Verfügung stehender nahegelegener Räume, Förderung zweier Dokumentationszentren in einem Ort, nicht erkennbare Förderungsziele bei einer Kirchenrenovierung, beim Betrieb einer Schule, bei Sprachentwicklung, keine Motivation der Vereine zur Durchführung kostendeckender Projekte – es ist einfach sinnlos, daß für Projekte, die einen Gewinn erbringen, die Förderung zurückgezahlt werden muß –, inhaltlich schwer verständliche Verträge, Vereinsförderung statt Volksgruppenförderung, zu viel Globalförderungen statt gezielter Projektförderung und vor allem die unnotwendige Verzögerung in der Förderungsabwicklung.

Eine Förderungsabwicklung, wie sie in diesem Rechnungshofbericht dargestellt wird, haben unsere Volksgruppen – jene Volksgruppen, für die unser Herz schlägt und hinter denen wird stehen – nicht verdient! (Beifall bei der ÖVP.)

0.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Restredezeit des Klubs: 17 Minuten. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.42

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Teller, so einfach kann man es sich nicht machen, daß man sagt, der Assistenzeinsatz ist ja auch eine Art Ausbildung, daher braucht man sich nicht aufzuregen, denn es paßt doch ohnedies alles. Ich weiß nicht, ob Sie im Ausschuß gewesen sind. (Abg. Tichy-Schreder: Ja!) Gut. Dann werden Sie doch dort von den Experten gehört haben, daß das keineswegs eins zu eins umzulegen ist. Wenn ein Soldat, ein Grundwehrdiener drei Monate im Assistenzeinsatz ist, aber acht Monate braucht – denn sonst bräuchten wir nicht einen achtmonatigen Grundwehrdienst –, um das gesamte Spektrum der Ausbildung zu absolvieren, dann ist er eben nach Ablauf dieser Zeit nicht voll ausgebildet und nicht einsatzfähig. Dadurch kommt es eben dazu, Herr Kollege Teller, daß wir Zwangsverpflichtete haben, die acht Monate lang nur dafür bezahlt werden, daß sie drei Monate lang für den Innenminister einen Assistenzdienst leisten und dann für die Landesverteidigung völlig verlorengehen. Das kann doch wohl nicht Sinn einer Wehrpflicht und eines Grundwehrdienstes sein.

Damit sind wir schon bei den Fiktionen und bei den Tatsachen, Herr Bundesminister. Wir haben heute vormittag ja schon darüber diskutiert: Es gibt in der Theorie eine allgemeine Wehrpflicht; in der Praxis aber ist es so, daß jeder sich frei entscheiden kann – und immer mehr es auch tun –, statt des Präsenzdienstes einen Zivildienst zu leisten. Wir haben in der Theorie eine Milizarmee; Sie haben es jedoch geschafft, mit jeder Heeresgliederung die Miliz immer weiter zu beschneiden. Heute ist es so, daß kaum mehr freiwillige Waffenübungen zum Tragen kommen, daß Milizsoldaten alle zwei Jahre zu einer Übung einrücken, nachdem sie – ich sage das jetzt noch einmal – aus dem Grundwehrdienst schon schlecht ausgebildet abgehen, und dann sollen sie irgendwohin in einen Einsatz geschickt werden können. Das glauben Sie doch nicht im Ernst! Was das moderne Gerät betrifft, das in kleinen Bereichen, wie etwa beim LEOPARD, angeschafft wird, so weiß man auch, daß das in seiner Komplexität nicht mehr miliztauglich ist.

Darüber hinaus ist es so, daß man eine eigenständige Landesverteidigung hat, weil wir in kein Sicherheitssystem eingebunden sind, daß aber weder das Geld noch das Personal noch die Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Herr Bundesminister! Da können Sie doch wirklich nicht sagen, daß das eine verantwortungsvolle Landesverteidigung ist! Ich würde sogar sagen, daß eher das genaue Gegenteil zutrifft: Sie leisten sich mit einem Aufwand von 20 Milliarden Schilling ein Heer, das aber – und zwar nicht aus Verschulden des Heeres, sondern aus Verschulden der Politik – nicht in der Lage ist, die ihm gestellten Aufgaben zu erfüllen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Der Weg müßte ein anderer sein: Entscheiden Sie endlich! Geben Sie diesem Heer neue Aufträge – erfüllbare Aufträge –, nämlich dadurch, daß Sie endlich die Grundsatzentscheidung über die künftige Ausrichtung in der Sicherheitspolitik treffen, und zwar so, wie Sie das auch in Ihrer Regierungserklärung geplant gehabt haben! Es müßte ja in dieser Frage einen Konsens geben, denn seit den Kölner EU-Beschlüssen ist ja klar, daß in eineinhalb Jahren hier die Entscheidung über ein europäisches Sicherheitssystem getroffen werden soll. Da sollten wir uns vollinhaltlich einbringen. Wenn dieses Sicherheitssystem steht – und ich sage auch ganz klar: mit der Beistandsgarantie der Staatengemeinschaft –, dann gibt es die Möglichkeit, auch neue Aufträge an die Landesverteidigung zu erteilen, und dann ist auch klar, daß bei der Erfüllung dieser Aufträge im Ausland, aber auch im Inland in erster Linie professionelle Berufssoldaten zum Einsatz kommen müßten und, damit man eben auch die entsprechende Mannstärke bekommt, eine ernstgenommene Milizkomponente vorgesehen werden muß.

Wir haben aber auch vorgeschlagen, daß für diese Einsätze in erster Linie Freiwillige zum Tragen kommen könnten, wenn man ein Anreizsystem schafft, wenn man diese Übungen auch entsprechend attraktiv entlohnt, wenn es auch Vorteile beim Pensions- und Steuermodell gibt. Es sollte nicht so sein, wie es jetzt der Fall ist, daß man den Zeitsoldaten und den Milizsoldaten im Ausland noch die Pension kürzt – das werden wir ja beim nächsten Tagesordnungspunkt noch diskutieren. – Unter diesen Bedingungen, glauben wir, ist es dann auch möglich, die allgemeine Wehrpflicht auszusetzen.

Wichtig ist aber, daß Sie jetzt schon Maßnahmen ergreifen, etwa dahin gehend, daß man all die Zusatzaufgaben, wie etwa den Assistenzeinsatz oder den Auslandseinsatz, auch in den Landesverteidigungsbudgets zusätzlich berücksichtigt und daß man auch den Aufnahmestopp beim Personal lockert, wenn nicht sogar aufhebt.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Mag. Haupt, Jung, Dr. Ofner, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Umwandlung des österreichischen Bundesheeres in ein "Freiwilligenheer"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechende vorbereitende Maßnahmen zu setzen, damit nach der Eingliederung Österreichs in eine Sicherheits- und Verteidigungsgemeinschaft die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht und die Aufstellung eines Freiwilligenheeres, bestehend aus Berufsverbänden und einer Freiwilligenmiliz, rasch durchgeführt werden kann."

*****

Stimmen Sie diesem Antrag zu! Er könnte eine Grundlage dafür sein, daß wir in Zukunft eine schlagkräftige und professionelle Landesverteidigung aufbauen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Scheibner hat einen Entschließungsantrag vorgetragen, der ausreichend unterstützt ist und in die Verhandlung mit einbezogen wird.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Leikam. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.47

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei Kollegen, nämlich Herr Abgeordneter Moser und Herr Abgeordneter Sauer, haben bereits in ihren Debattenbeiträgen den Grenzdienst sehr lobend erwähnt. Ich möchte das auch tun und mich – wie schon im Ausschuß, möchte ich beinahe sagen – ausschließlich diesem Thema zuwenden.

Ich möchte nur vorher noch eine Feststellung zu den Ausführungen des Kollegen Sauer machen. Es kommt aus niederösterreichischen Kreisen immer wieder der Wunsch, die Assistenzleistung des österreichischen Bundesheeres auch auf Niederösterreich auszudehnen, und zwar mit der Begründung, daß dort die Arbeit der Grenzgendarmerie nicht so funktioniere, daß in Niederösterreich die Grenze, wie Pröll es einmal ausgedrückt hat, "löchrig wie ein Schweizer Käse" sei.

Ich habe mir selbst die Mühe gemacht, zwei Bezirke, nämlich Gänserndorf und Mistelbach, zu besuchen, und ich habe mit den Grenzbeamten dort sehr viele persönliche Gespräche geführt. Diese Beamten haben nicht diesen Eindruck, und ich habe diesen Eindruck auch nicht gewonnen. Ich meine vielmehr, daß dort hervorragend gearbeitet wird, daß es engagierte Mitarbeiter im Bereich der Grenzgendarmerie und im Bereich des Bundesheeres gibt, die Assistenzeinsätze im Burgenland leisten, aber auch im Bereich der Polizeibeamten und der Zollwachebediensteten, die an der Grenze Dienst machen. Diese sind unglaublich motiviert und engagiert und arbeiten hervorragend.

Eine Ausdehnung der Assistenzleistung des Bundesheeres auf weitere Teile Niederösterreichs oder des Burgenlandes kann aber, glaube ich, schon deshalb nicht in Erwägung gezogen werden, weil – und das ist im Ausschuß ganz klar aus der Diskussion hervorgegangen – das Bundesheer derzeit gar nicht mehr in der Lage wäre, noch weitere Einheiten in den Assistenzeinsatz zu schicken, denn gerade die in Kärnten überprüften Einheiten mußten zugeben, daß sie der Einsatz an der Grenze in ihrer Ausbildung zurückwirft. Einer der Gründe dafür, daß die Ausbildungsziele nicht erreicht werden, ist eben die Tatsache, daß sehr viele Kärntner Einheiten an der Grenze im Burgenland Assistenzeinsatz leisten. Ich glaube daher, wir wären vom personellen Angebot des Bundesheeres her gar nicht in der Lage, eine solche Ausdehnung des Assistenzdienstes vorzunehmen.

Nun zum Grenzdienst: Meine Damen und Herren! Österreich hat mit dem Beitritt zum Schengener Übereinkommen eine ganz große Aufgabe übernommen, nämlich die 1 259 Kilometer lange EU-Außengrenze so zu sichern, daß der Schengener Standard und die Schengener Richtlinien auch entsprechend erfüllt werden. Es stand eigentlich nur eine relativ kurze Zeit zur Verfügung, um den Aufbau des österreichischen Grenzdienstes so vorzunehmen, daß dieser Standard auch erreicht werden konnte. Man kann sagen, daß dieser Aufbau wirklich gut gelungen ist. Nur ganz wenige haben eigentlich daran geglaubt, daß das in der hiefür vorgegebenen Zeit auch tatsächlich funktionieren könnte.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an Debatten hier im Hause, bei denen immer wieder dem Innenminister Fragen gestellt wurden und ihm vorgeworfen wurde, daß er beim Aufbau des Grenzdienstes nichts weiterbringt, daß die Deutschen uns immer wieder vorgehalten haben, daß wir säumig seien, daß wir nicht weiterkommen. Jetzt, glaube ich, kann man wirklich sagen, daß in dieser Zeit alles gemacht wurde, damit wir an unserer EU-Außengrenze die Kontrollen nach Schengener Standard durchführen können.

Der Rechnungshof ist in seinem Bericht auch sehr, sehr lobend auf den Aufbau des Grenzdienstes eingegangen und hat zusammenfassend gemeint, daß der Grenzdienst in Österreich zügig, sparsam und effizient aufgebaut worden sei. Er hat es sehr, sehr lobend hervorgehoben, daß für den Grenzdienst keine eigenständige Organisationseinheit geschaffen wurde, sondern daß der Grenzdienst in die Strukturen der Bundesgendarmerie eingegliedert wurde, was sich als sehr zweckmäßig erwiesen hat, wie der Rechnungshof meint. Er hat ferner angeregt, daß dann, wenn der personelle Vollstand erreicht wird – und das ist derzeit der Fall –, auch die Vollausbildung der vertragsbediensteten Grenzgendarmen beginnen sollte sowie auch die Vollausbildung der Zolloptanten, die ja nur sechs Monate ausgebildet sind, und daß die Zollwachebeamten noch eine weitere Zusatzausbildung bekommen sollten. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen, und ab Oktober wird mit der Vollausbildung dieser vertragsbediensteten Grenzgendarmen und der Zolloptanten begonnen. Damit ist, glaube ich, wieder ein weiterer Schritt gesetzt. Auch ein Versprechen, das der Innenminister diesen Beamten gegenüber abgegeben hat, wird dann in Erfüllung gehen.

Ich stehe nicht an, dem Herrn Bundesminister für Inneres, vor allem aber Herrn Brigadier Strohmeyer, der den Grenzdienst als Beamter mit aufgebaut hat, sowie allen Beamtinnen und Beamten, die an der Grenze Dienst machen – den Grenzgendarmen, den Polizisten, den Zollwachebediensteten und dem österreichischen Bundesheer –, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zweytick.)

0.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nunmehr der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Präsident.

0.52

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich vorerst bei den Vorrednern, welche ihre Anerkennung für die Tätigkeit des Rechnungshofes und vor allem für die Tätigkeit der Beamten des Rechnungshofes ausgedrückt haben, bedanken. Ich fasse diese Anerkennung, die darin zum Ausdruck gekommen ist, als Beweis dafür auf, daß sich der Rechnungshof auf dem richtigen Weg befindet und daß der Rechnungshof in der Zukunft diesen Weg weiter beschreiten soll. Ich kann Ihnen auch versichern, daß das Lob, das in den Worten der Vorredner zum Ausdruck kam, Ansporn für die Prüfer des Rechnungshofes – und natürlich auch für mich – ist, weiterhin eine derart qualitativ hochstehende Arbeit zu liefern und zum Gegenstand von Diskussionen hier im Hohen Haus machen zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich möchte mich angesichts der fortgeschrittenen Zeit auf einen einzigen der heute zur Diskussion stehenden Punkte in den Berichten des Rechnungshofes konzentrieren, und zwar auf die Frage der Freistellung von Bediensteten zur Unterstützung von Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, die von mehreren Rednern angesprochen wurde und die darüber hinaus auch bereits in der Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt hat. Ich möchte, wie ich das im Ausschuß bereits getan habe, auch hier nochmals den Standpunkt des Rechnungshofes eindeutig klarstellen.

Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfung festgestellt, daß seit dem Jahre 1986 Bedienstete des Außenamtes für die Bundespräsidentenwahlen dienstfrei gestellt wurden. Es hat sich dabei um sogenannte Arbeitskräfteüberlassungsverträge gehandelt, die zwischen dem Bund einerseits und verschiedenen Einrichtungen andererseits, die dann diese Bediensteten im Wahlkampf den Bundespräsidentschaftskandidaten zur Verfügung gestellt haben, abgeschlossen wurden.

Der Rechnungshof hat weiters festgestellt, daß es für derartige Arbeitskräfteüberlassungsverträge keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen gibt, und die Tatsache, daß es keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen gibt, ist Ausgangspunkt und Ursache für die Schwierigkeiten in der Beurteilung der gesamten Vorgänge. Es war daher auch der Rechnungshof darauf angewiesen, da es eben keine solchen eindeutigen gesetzlichen Grundlagen dafür gibt, Vergleiche, Analogien und theoretische Berechnungen anzustellen.

Die erste Auswirkung des Mangels an einwandfreien gesetzlichen Grundlagen besteht darin, daß ausschließlich die vertragliche Basis die Grundlage für die Beurteilung darstellt.

Die zweite Auswirkung des Mangels an einwandfreien gesetzlichen Grundlagen besteht darin, daß eine weite rechtliche Freiheit in der Gestaltung dieser Verträge besteht, also eine weite rechtliche Freiheit dahin gehend, vertraglich abzusprechen, was vom Arbeitsleihnehmer zu bezahlen ist, wann etwas von ihm zu bezahlen ist, ob Zinsen zu bezahlen sind, ob zu akontieren ist und dergleichen mehr. Für all diese Umstände, die den Gegenstand der Verträge bildeten, fehlen die gesetzlichen Grundlagen.

Der Rechnungshof hat diesen Zustand als außerordentlich unbefriedigend angesehen und daher in seinem Bericht mit seiner ersten Empfehlung angeregt, daß eine Arbeitskräfteüberlassung, sollte sie vom Gesetzgeber gewollt sein, auch in eindeutiger gesetzlicher Weise zu regeln wäre. Es könnten dann in diesen gesetzlichen Regelungen bereits all jene Vertragsinhalte normiert werden, welche dann zwingend zum Gegenstand solcher Verträge gemacht werden sollten.

Da derzeit noch keine derartigen zwingenden Vertragsinhalte für die Arbeitskräfteüberlassung gesetzlich vorgegeben wurden, konnte der Rechnungshof die in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträge im Hinblick auf die Prüfungsziele der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nur anhand analoger Rechtsgrundlagen einer Überprüfung unterziehen. Der Rechnungshof hat in diesem Zusammenhang den § 78a des Beamten-Dienstrechtsgesetzes für die Dienstfreistellung für Gemeindemandatare herangezogen und darüber hinaus noch ein Rundschreiben des Bundeskanzleramtes aus dem Jahre 1993. Diesen beiden Rechtsgrundlagen, die allerdings – ich möchte es nochmals betonen – nicht für die konkreten Verträge gedacht waren, ist eindeutig zu entnehmen, daß von seiten der Arbeitsleihnehmer nicht nur der Aktivitätsaufwand an sich zu ersetzen ist, sondern darüber hinaus auch ein Zuschlag von 50 Prozent. Erst dann, wenn zum Aktivitätsaufwand ein Zuschlag von 50 Prozent seitens des Arbeitsleihnehmers geleistet wird, kann davon gesprochen werden, daß eine volle Kostendeckung für den Bund gegeben ist.

Daher hat die zweite Empfehlung des Rechnungshofes gelautet, daß künftig die Höhe der zu leistenden Refundierungen an den Bund kostendeckend zu gestalten sein soll, das heißt inklusive des von mir erwähnten 50prozentigen Zuschlages.

Die beiden Empfehlungen des Rechnungshofes sind, so wie dies bei allen Empfehlungen des Rechnungshofes der Fall ist, zukunftsorientiert. Sie richten sich einerseits auf eine Gesetzesergänzung, andererseits auf die Berücksichtigung der Anregung des Rechnungshofes, in Hinkunft solche Verträge nur mehr kostendeckend abzuschließen.

Was nun die in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträge anbelangt, ist allerdings darauf zu verweisen, daß sie natürlich nur nach dem Inhalt, mit dem sie zum jeweiligen Zeitpunkt abgeschlossen wurden, beurteilt werden können. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen – und das hat der Rechnungshof ja festgestellt –, daß das Ministerium die bisherigen Arbeitsleihverträge nicht derart abgeschlossen hat, daß der Arbeitsleihnehmer zu einem Zuschlag von 50 Prozent verpflichtet worden wäre. Das hat der Rechnungshof kritisiert (Abg. Wabl: Jetzt wissen wir es!), und er hat darüber hinaus auch sehr klar zum Ausdruck gebracht, daß in Hinkunft eine derartige Unterlassung, wie dies bei den Verträgen in der Vergangenheit festgestellt werden konnte, nicht mehr unterlaufen soll.

Allerdings wird die Konsequenz dieser Unterlassung in Ansehung der in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträge darin gesehen, daß die Arbeitsleihnehmer zu einer weiteren Entrichtung – und das bedeutet: zur Entrichtung eines Zuschlages – rechtlich nicht mehr verhalten werden können.

Es kann daher jeder Arbeitsleihnehmer mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen, die Verträge, die er geschlossen hat, voll und ganz erfüllt zu haben. Eine rechtliche Möglichkeit, ihn zu weiteren Leistungen zu verpflichten, besteht in Ansehung der in der Vergangenheit geschlossenen Verträge nicht. Umso weniger kann jemand, der nicht am Vertragsabschluß beteiligt war, zu einer solchen Leistung verhalten werden, unter anderem auch nicht der Herr Bundespräsident. Er war nicht am Vertragsabschluß beteiligt. – Das ist die rechtliche Situation. (Abg. Wabl: Er ist aber politisch verantwortlich für sein Wahlkampfteam!) Herr Abgeordneter! Ich kann vom Standpunkt des Rechnungshofes aus nur die rechtliche Situation darlegen! Ein Urteil betreffend die politische Situation und die politischen Auswirkungen steht dem Rechnungshof nicht zu! (Abg. Wabl: Politisch verantwortlich war Herr Klestil! Er ist der erste Mann im Staat!)

Der Rechnungshof hat aber im Hinblick auf diese unbefriedigende Situation und die getroffenen Feststellungen ein Resümee gezogen und gibt – zusammenfassend – folgende Empfehlungen ab:

Erstens soll eine eindeutige rechtliche Grundlage geschaffen werden. Zweitens soll für die Zukunft vorgesorgt werden, daß Verträge gleicher Art, wie sie in der Vergangenheit geschlossen wurden, nur mehr kostendeckend abgeschlossen werden mögen, das heißt mit einem Zuschlag zum Aktivitätsaufwand.

Ich glaube, wenn man diesen Anregungen des Rechnungshofes, die zum Teil auf Gesetzesänderungen oder Gesetzesergänzungen abzielen, Rechnung trägt, dann lassen sich künftige Diskussionen im Zusammenhang mit der Überlassung von Arbeitskräften aus dem Bundesdienst vermeiden und dann lassen sich meines Erachtens auch viele Unstimmigkeiten, die in der Vergangenheit entstanden sind, auf diese Weise bereinigen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Auch einige meiner Vorredner haben darauf Bezug genommen und angeregt, daß Gesetzesänderungen vorgenommen werden mögen. (Zwischenruf des Abg. Wabl.) Es liegt diesbezüglich nunmehr der Ball beim Nationalrat, ob er den Anregungen des Rechnungshofes folgen und eindeutige gesetzliche Regelungen schaffen will. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Rechnungshofpräsident.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Moser-Starrach. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Wabl: Was sagt die ÖVP dazu: Wird Herr Klestil jetzt zahlen oder nicht?)

1.03

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für meine höchstwahrscheinlich letzte Rede hier im Nationalrat habe ich ein Thema gewählt, das noch von keinem Redner vorher angesprochen wurde, das mir von jeher am Herzen liegt und mit welchem ich immer wieder bekundete, eine starke Hand und ein verläßlicher Partner der Jugend zu sein.

Gleichzeitig möchte ich Sie bitten, Multiplikatoren dafür zu sein, daß noch mehr Jugendliche an den EU-Programmen und an den Austauschprogrammen teilnehmen! Die EU-Programme bestehen im wesentlichen aus zwei Teilen: aus "Jugend für Europa" und aus den "Europäischen Freiwilligendiensten".

"Jugend für Europa" ist im wesentlichen ein Jugendmobilitätsprogramm für Jugendgruppen aller Art. Das typische "Jugend für Europa"-Projekt ist, daß eine Jugendgruppe aus Land eins länderübergreifend mit einer Jugendgruppe aus Land zwei eine Jugendfreizeitaktivität durchführt, aber nicht im touristischen Sinn, sondern mit inhaltlichem Background, meistens in den Bereichen Ökonomie, Kultur oder Soziales.

Die teilnehmenden Jugendlichen sind zwischen 15 und 25 Jahren alt, die Gesamtgruppe ist überschaubar, sie besteht aus mindestens 16 und maximal 60 Teilnehmern, und die Projektdauer beträgt eine bis drei Wochen. Benachteiligte Jugendliche werden speziell gefördert. Die Begleiterscheinungen dieses Programms sind besonders auch für Jugendausbildner und Multiplikatoren im Jugendbereich von besonderem Interesse.

Ebenfalls förderbar sind regionale Jugendinitiativprojekte, in welchen ein EU-weit relevantes Thema modellhaft umgesetzt wird, zum Beispiel das Antirassismus-Projekt, das 1995 auf dem Rathausplatz gezeigt worden ist, bei welchem meterlange "all equal – all different"-Transparente hergestellt und vorgeführt wurden.

Vom Rechnungshof wahrscheinlich zu Recht kritisiert wurde die Effizienz der Mittelvergabe. Daher wurden die nationalen Agenturen noch einmal in einem Kuratorium zusammengefaßt, das die Mittel noch besser verwalten soll.

Wir hätten in Österreich für EU-weit insgesamt 50 000 Jugendliche nach unserer Jugendbewertung nur 1,7 Prozent der Mittel zur Verfügung. Daher können wir stolz darauf sein, daß nicht nur 850 Jugendliche an diesen Projekten teilgenommen haben, sondern 1 650!

Der "Europäische Freiwilligendienst", der 1995 nach einer Beratungszeit in die Pilotphase der Jahre 1996/97 übergegangen ist, setzt sich zum Ziel, daß einzelne Jugendliche noch entsprechende Mobilität zeigen können. Die Grundstruktur des typischen EFD-Projektes ist, daß Jugendliche aus einem Land A in einem Land, das sie selbst wählen können, sechs bis zwölf Monate verbringen und entsprechende Projekte wählen können. Den Jugendlichen werden die Projekte gezeigt, und sie werden von Dolmetschern beziehungsweise entsprechenden Spezialisten begleitet, sie werden also nicht alleingelassen! Das Alter der Teilnehmer liegt zwischen 18 und 25 Jahren, der Auslandsaufenthalt ist auf zwölf Monate begrenzt. Sechs Regionalstellen in verschiedenen Bundesländern garantieren Information und Beratung. Von EU-weit insgesamt 2 500 Jugendlichen hatten 180 Österreichbezug.

Ich darf an dieser Stelle auch den Beamten und dem Präsidenten des Rechnungshofes nochmals herzlich für ihren Einsatz danken und ihnen alles Gute wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

1.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wallner. Gleichfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.08

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit der EU-Regionalförderung beschäftigen, die einen Teil des Rechnungshofberichtes darstellt.

Wie wir alle wissen, gibt es unterschiedliche Entwicklungen der einzelnen Regionen innerhalb der Europäischen Union. Meistens hat dies einen wirtschaftlichen Hintergrund, und ich meine, es ist richtig und recht und billig, daß die Europäische Union einen Ausgleichsmechanismus in Form der EU-Regionalpolitik und der entsprechenden Förderungen geschaffen hat. Wir Österreicher können seit unserem Beitritt im Jahre 1995 daran teilnehmen und konnten im Zeitraum zwischen 1995 und 1999 bereits 22 Milliarden Schilling an EU-Geldern für uns in Anspruch nehmen.

Meine Damen und Herren! Auf dem EU-Gipfel, der im März in Berlin stattgefunden hat, wurde auch die Agenda 2000 verabschiedet. In diesem Zusammenhang wurde vereinbart, daß im kommenden Haushaltsabschnitt 2 700 Milliarden Schilling für die europäischen Regionen zur Verfügung gestellt werden sollen. Im Sinne der Nettozahler, so wie es wir Österreicher sind, wurde außerdem beschlossen, die Zahl der förderbaren Gebiete ab nun deutlich einzuschränken.

Was bedeutet das für uns? – Es gibt Beschränkungen im Hinblick auf die EU-Regionalfördermittel. Bis zum Jahr 2006 werden nur mehr 2 Millionen statt bisher 3 Millionen Menschen in Gebieten wohnen, die Anspruch auf die insgesamt mehr als 9 Milliarden Schilling an Regionalfördermitteln in Österreich haben. So wird zum Beispiel das Ziel-1-Gebiet, das Burgenland, etwas mehr als 3,5 Milliarden Schilling bekommen. Für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wird es 7,3 Milliarden Schilling geben, für Gemeinschaftsinitiativen 4,8 Milliarden Schilling, in Summe 25 Milliarden Schilling. Das ist ein Plus von 3 Milliarden, und ich denke mir, daß die österreichische Delegation unter Führung von Bundeskanzler Klima diesbezüglich einen großen Erfolg erringen konnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Steirer freue ich mich, daß vor allem die südlichen Bundesländer, die nicht zu den begünstigten Regionen unserer Republik gehören, auch in den nächsten Jahren wieder mit EU-Mitteln zu rechnen haben. Es wird auch Gemeinschaftsinitiativenprogramme geben, die überall zielorientiert eingesetzt werden können. Für die Periode 2000 bis 2006 sind 350 Millionen Euro aus dem Budget der Gemeinschaftsinitiativen in Aussicht gestellt. Die Hälfte davon ist für INTERREG-Programme – also für grenzüberschreitende Programme – reserviert. Ich denke, das ist für die österreichischen Grenzregionen etwas sehr Positives.

Abschließend möchte ich noch einmal sagen, daß ich froh bin, daß sich die Landeshauptleute jetzt im Hinblick auf den Verteilungsschlüssel geeinigt haben. Als Steirer kann ich sagen, daß wir mehr als 2,8 Milliarden Schilling in dem von mir genannten Zeitraum lukrieren können werden, das ist ein Plus von 4,1 Prozent. Ich bin froh, daß die Frau Landeshauptmann dem Drängen der Sozialdemokraten im steiermärkischen Landtag nachgekommen ist und sich endlich wieder einmal durchgesetzt hat, nachdem sie auch Probleme bei der Durchsetzung des Semmering-Basistunnels gehabt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß schon, daß Sie das nicht gerne hören.

Wirklich zum Schluß möchte ich meinen Dank an die EU-Regionalmanager – auch ein Kind der Sozialdemokratie – aussprechen. Diese bilden eine wichtige Drehscheibe für die Wirtschaft und für Projektbetreiber. Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

1.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koppler. Gleichfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.12

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Aufsichtsrates! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entschuldigung! Ich wollte natürlich sagen: Herr Präsident des Rechnungshofes! (Beifall und Bravo!-Ruf des Abg. Dr. Khol.) Es freut mich, daß ich bei meiner letzten Rede hier auch den Applaus des Herrn Kollegen Khol bekomme. Das ist äußerst selten vorgekommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Präsident des Rechnungshofes! Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden heute zu Recht sehr gelobt. Gestatten Sie mir, zum Bezügebegrenzungsgesetz dennoch einige kritische Anmerkungen zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei Durchsicht des vom Rechnungshof in Auftrag gegebenen Berichts über die durchschnittlichen Einkommen der Jahre 1996/97 aufgrund des Bezügegesetzes mußte ich leider feststellen, daß der Rechnungshof diesbezüglich äußerst großzügig gearbeitet hat. Müßte er sich selbst prüfen, dann hätte er die Auftragsvergabe sicherlich bemängeln müssen. Denn er hat, da er über keine eigenen Daten verfügt, die notwendigen Arbeiten durch die Firma Kreutzer, Fischer & Partner Consulting GmbH durchführen lassen, und das Ergebnis, das dabei geliefert wurde, entspricht nicht den Intentionen des Gesetzes und den Zielsetzungen unseres Hauses.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das erarbeitete Datenmaterial ist nämlich im wesentlichen im Sozialbericht der Bundesregierung enthalten. Zweck der Gesetzesbestimmung im Bezügebegrenzungsgesetz ist, daß jene Einkommen ermittelt werden, die in diesen Arbeitnehmerstatistiken nicht enthalten sind, insbesondere die Einkommen der Selbständigen und der freiberuflich Tätigen sowie die Einkünfte, die Personen aus Kapitalerträgen haben. Aufgrund der Grundkonzeption dieser Erhebung wurden diese Bereiche nicht mit einbezogen. Daher kam es zu einer Wiederholung von ohnehin Bekanntem. Aus meiner Sicht müßten auch die durchschnittlichen Einkommen insbesondere der Personengruppen mit staatlich geregelten Berufen wie der Ärzte, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater und so weiter mit einbezogen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einkünfte der Selbständigen wurden nicht detailliert erhoben. Auch eine Aussage über die Einkünfte der leitenden Beamten kann nicht getroffen werden, da die beauftragte Firma aufgrund der Art der Datenerhebung keine vernünftigen Ergebnisse geliefert hat. Vor allem wurden auch keine Nebenfunktionen erfaßt.

Ein weiterer wesentlicher Mangel ist, daß bei dieser Untersuchung keine Unterscheidung zwischen Männern und Frauen getroffen wurde. Die Art der Erhebung und die Tatsache, daß die Durchschnittswerte aller Betriebe zum Durchschnittswert für die gesamte Branche erklärt wurden, ergeben aus statistischer Sicht ein sehr verzerrtes Bild, sodaß die Ergebnisse nur bedingt brauchbar sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vergleicht man die Einkommen von Facharbeitern mit jenen von nichtleitenden Angestellten, so ist festzustellen, daß das Jahreseinkommen von nichtleitenden Angestellten nach dieser Aufschlüsselung um 35 000 S höher liegt als das der Arbeiter. Vergleicht man das Verhältnis zwischen den Einkommen von allen Arbeitern zu nichtleitenden Angestellten, so ergibt sich eine Differenz von etwa 100 000 S Jahreseinkommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund ist die Forderung der sozialdemokratischen Abgeordneten nach fairen Arbeitsbedingungen neuerlich bestätigt worden. Die "Aktion Fairneß" betreffend die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten auch im Arbeitsleben ist eine notwendige Konsequenz, die auch anhand des Rechnungshofberichts sehr deutlich wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon festgestellt, daß das meine letzte Rede ist. Ich war neuneinhalb Jahre lang hier im Hohen Hause. Vor allem die erste Zeit war für mich sehr schwierig. Ich war damals Vorsitzender des Verstaatlichtenausschusses, und ich glaube rückwirkend sagen zu können, daß uns im Rahmen der Koalition hier einiges gelungen ist. Rückblickend sind wir stolz auf diese Unternehmen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für mich war es eine Ehre, hier in diesem Haus tätig zu sein. Gestatten Sie mir, nun noch einen Wunsch zu äußern: Ich würde mir wünschen, daß noch in diesem Jahrtausend die Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten geregelt werden. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, wünsche ich Ihnen alles Gute und gutes Gelingen für die nächste Funktionsperiode. Glück auf! (Allgemeiner anhaltender Beifall.)

1.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es erfolgt auch kein Schlußwort seitens des Berichterstatters.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung, und zwar wird diese über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997, III-157 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie diesen Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend Parteienfinanzierung durch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend unverzügliche Maßnahmen gegen Schlepper und zu verstärkter Grenzsicherung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997, Zu III-157 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hans Helmut Moser, Wabl und Genossen betreffend Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen hinsichtlich der Freistellung von Bediensteten des Außenministeriums zur Unterstützung in den Wahlkämpfen 1986, 1992 und 1998 um das Amt des Bundespräsidenten.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend Maßnahmen zur Umwandlung des österreichischen Bundesheeres in ein "Freiwilligenheer".

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen 1996, 1997 gemäß Art. 1 § 8 Abs. 4 Bezügebegrenzungsgesetz, III-170 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1995 und 1996, III-109 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses erfolgt durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

24. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht (III-188 der Beilagen) des Bundesministers für Landesverteidigung gemäß § 46a Wehrgesetz 1990 betreffend Dienstleistungen der Frauen im Bundesheer im Jahr 1998 (2024 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Entschließungsantrag 397/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend ausreichende Pensionsvorsorge für Soldaten des österreichischen Bundesheeres (1583 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 24 und 25 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erstredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

1.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf diese beiden Tagesordnungspunkte eingehen.

Erstens zum Bericht über die Dienstleistungen von Frauen im Bundesheer: Wir sehen anhand des Berichtes, daß mit Stichtag 31. Dezember 1998 gerade 65 Frauen Dienst mit der Waffe im österreichischen Bundesheer gemacht haben. Wenn man sich vorstellt, wie lange es gedauert hat, bis entsprechende legistische Maßnahmen für die Schaffung dieser Möglichkeit gesetzt wurden und wieviel Wirbel es darum gegeben hat, dann muß man wirklich sagen: Viel Lärm und wenig Nutzen! Ich sage dazu: Leider! Denn es wäre eine – auch wehrpolitisch – wichtige Maßnahme, den Frauen die Möglichkeit zu geben, Dienst mit der Waffe und so einen Beitrag zur österreichischen Landesverteidigung zu leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Leider konnte die Koalition aber wieder einmal nur einen Kompromiß erzielen. Denn es war nicht möglich, durchzusetzen, daß Frauen auch außerhalb einer Berufslaufbahn im Bereich der Miliz Dienst beim österreichischen Bundesheer machen können. Herr Bundesminister! Sie haben im Ausschuß gesagt, daß man darüber reden müßte. Wir geben Ihnen jetzt die Gelegenheit dazu, denn ich glaube, es ist notwendig, daß man das Bundesheer den Frauen auch im Bereich der Miliz auf freiwilliger Basis öffnet. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner und Kollegen zum Bericht des Landesverteidigungsausschusses (2024 der Beilagen) über den Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung gemäß § 46a Wehrgesetz 1990 betreffend Dienstleistungen der Frauen im Bundesheer im Jahr 1998 (III-188 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht, entsprechende legistische Vorbereitungen zu treffen, damit der Nationalrat in der nächsten Gesetzgebungsperiode rasch ein entsprechendes Gesetz über eine freiwillige Verwendung von Frauen in der Miliz des österreichischen Bundesheeres und eine Verlängerungsmöglichkeit des Ausbildungsdienstes beschließen kann."

*****

Zweitens: Pensionsvorsorge für die österreichischen Zeitsoldaten und für Milizsoldaten. Auch das ist eine Thematik, die wir schon lange diskutieren. Sie sagen immer, daß es in diesem Zusammenhang keine Probleme beziehungsweise Problemfälle gibt. – Das Problem besteht darin, daß seit dem letzten Sparpaket den österreichischen Zeitsoldaten und Milizsoldaten Dienstzeiten im Ausland rückwirkend für die Pension nicht mehr als Versicherungszeit, sondern nur mehr als Ersatzzeit anerkannt werden. Das hat bereits bei einigen Fällen – und einige kommen erst ins Pensionsalter – Auswirkungen gehabt. Mir ist ein Fall bekannt, in welchem jemand zehn Jahre Auslandseinsatz im Dienst für das österreichische Bundesheer absolviert hat und ihm diese zehn Jahre für die Pension jetzt nicht angerechnet werden, was zur Folge gehabt hat, daß er nur 11 000 S monatliche Pension erhält.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie sagen immer in Ihren Sonntagsreden, daß Sie stolz darauf sind, daß es Österreicher gibt – allerdings ohnehin zu wenige –, die sich auch über längere Zeit verpflichten, im Ausland einen entsprechenden Dienst zu machen. Ich meine, diesen Menschen sollte man das nicht dadurch vermiesen, daß sie dann noch Probleme bei der Pensionszumessung haben! Ganz im Gegenteil. Wir haben Ihnen gesagt, daß man, wenn man professionelle Soldaten findet, auch entsprechende Anreize geben muß. Eine Grundvoraussetzung dafür ist wohl, daß solche Menschen dann nicht noch Nachteile bei der Pensionszumessung haben. Deshalb werden wir diesem Antrag zustimmen, und ich meine, es ist wirklich schade, daß Sie ihn aus Koalitionstreue im Ausschuß abgelehnt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

1.27

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Projekt "Frauen als Soldatinnen im österreichischen Bundesheer" ist erfolgreich. Wir haben dem Wunsch vieler Frauen entsprochen und das Berufsbild der Soldatinnen auf allen Ebenen und in allen Waffengattungen ermöglicht.

Frauen als Soldatinnen geben dem Ansehen des Bundesheeres neue Impulse. Dort, wo Frauen beim Bundesheer arbeiten, tut das dem Arbeitsklima gut. Derzeit leisten 65 Frauen ihren Ausbildungsdienst beim Bundesheer, und im Ausleseverfahren wurde oft der Wunsch geäußert, einen freiwilligen Grundwehrdienst zu leisten, um einerseits Trainingszeit zu erhalten und andererseits die Möglichkeit für eine spätere Milizlaufbahn zu haben. Auch ich bin überzeugt davon, daß wir diesen nächsten Schritt setzen sollten, und zwar nach einer entsprechenden Beobachtungszeit, wie vereinbart.

Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen haben wieder 36 Frauen den Aufnahmetest beim Bundesheer gemacht, davon haben 14 positiv bestanden, zwölf haben die Möglichkeit, im Herbst einzelne Teile nachzuholen, und zehn haben die Voraussetzungen nicht erfüllt. – Das ist grundsätzlich ein gutes Ergebnis, und allen Beteiligten ist dazu zu gratulieren.

Meine Damen und Herren! Nach rund fünf Jahren als Abgeordneter hier im Nationalrat und zuvor 20 Jahren im steiermärkischen Landtag werde ich im Herbst nicht mehr kandidieren. Gestatten Sie mir deshalb, meinen Dank an die Wehrsprecher der anderen Parteien zu richten. Ich danke für die persönlich faire und kameradschaftliche Begegnung, auch wenn wir einander in der Sache sehr oft harte Gefechte geliefert haben. Danke, Toni Gaál! Danke, Herbert Scheibner! Danke, Hans Helmut Moser! Kollegen Wabl kann ich nur dafür danken, daß er mich hie und da provoziert hat, aber auch das gehört zum Parlamentarismus. Ich wünsche Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, persönlich alles Gute für viele Jahre. (Allgemeiner Beifall.)

1.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Restredezeit Ihres Klubs: 7 Minuten. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

1.30

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In aller Kürze zu zwei wichtigen Tagesordnungspunkten. (Abg. Dr. Graf: Keine Abschiedsrede?) Keine Abschiedsrede, Herr Kollege Graf, das ist nur ein Wunschdenken, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen.

Zu den beiden Tagesordnungspunkten ein paar kurze Anmerkungen; zunächst zur Frage der Frauen im Bundesheer. Meine Damen und Herren! Da ist tatsächlich viel Aufwand mit sehr wenig Erfolg verbunden. Wenn man bedenkt, daß die Zielsetzung dieser Maßnahme ursprünglich eine 5-Prozent-Marke war – das heißt, es hätten ungefähr 1 500 Frauen Dienst im Bundesheer verrichten sollen –, dann ist es ein schwaches Ergebnis, daß wir derzeit bei 0,2 Prozent stehen und daß nur lediglich knapp über 60 Frauen den Dienst beim Bundesheer absolvieren.

Ich denke, dieses Ergebnis ist auch ein Ausdruck dafür, daß hier ein falscher Ansatz gewählt worden ist, nämlich der Ansatz, ein klassisches Berufsheer aufzubauen, statt auf der Grundlage eines Freiwilligenheeres vorzugehen, wie es eigentlich unsere Zielsetzung sein sollte. Wir bedauern es, daß eine im Prinzip gute Idee durch diese strukturellen Mängel nicht wirklich erfolgreich sein kann. Frauen haben keinen Zugang zu einer Milizlaufbahn. Es gibt deshalb auch keine Möglichkeit für den Auslandseinsatz von Frauen. Daher meine ich, daß entsprechende Änderungen notwendig sind.

Ich möchte zum zweiten Punkt kommen, der jetzt beraten wird, nämlich zu einem Antrag von mir betreffend eine ausreichende Pensionsvorsorge für Soldaten des österreichischen Bundesheeres. Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß die Pensionsvorsorge für Soldaten, die ja Dienst für die Republik, für das Land machen, nicht ausreichend ist, zeigt, wie wenig ernst die Republik diesen Dienst eigentlich nimmt. Es ist bedauerlich, daß der Dienst im Ausland im Bereich der Vereinten Nationen lediglich als Ersatzzeit für die Pension angerechnet wird. Dasselbe gilt für den Präsenzdienst, dasselbe gilt für den außerordentlichen Präsenzdienst oder für die früheren Zeitsoldaten.

Ich meine, daß es sinnvoll und notwendig wäre und auch angebracht ist, daß man all jenen, die diesen Dienst im Interesse unseres Landes versehen, die entsprechende Wertschätzung entgegenbringt und daß man sie sozial- und pensionsrechtlich entsprechend absichert.

Zunächst hatte ich erwartet und gehofft, daß dieser Antrag auch eine positive Erledigung finden wird, weil Verteidigungsminister Fasslabend zum Ausdruck gebracht hat, daß er diesbezüglich Verhandlungen mit dem Sozialressort führen wird. Die Frau Sozialministerin hat gemeint, sie hat Verständnis für dieses Anliegen. Herausgekommen ist bedauerlicherweise nichts, wie bei so vielen anderen notwendigen Vorhaben.

Daher denke ich, daß dies, wenn es diesmal auch abgelehnt wird, zumindest ein Punkt ist, der in der nächsten Legislaturperiode beraten und einer Regelung zugeführt werden soll. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Fischer.)

1.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.33

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren heute ein Jahr Frauen beim Heer, und wir können durchwegs eine positive Bilanz ziehen. Diese positive Bilanz zeigt, daß es richtig gewesen ist, das Bundesheer auch Frauen zugänglich zu machen.

Die Soldatinnen zeichnen sich durch Fleiß, Ernsthaftigkeit und großes Verantwortungsbewußtsein aus. Ich bin erfreut darüber, daß der Dienstbetrieb durchwegs friktionsfrei verläuft. Der Bericht spricht von einer sehr hohen Motivation der Frauen. Diese Motivation bewirkt auch bei den Männern einen sehr positiven Konkurrenzeffekt.

Wir haben die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, die es Frauen ermöglichen, im Bundesheer Dienst zu tun. Damit eröffnet sich für die Frauen eine gute Chance, eine militärische Laufbahn einzuschlagen. Diese Karrierechancen sollten wir den Frauen auch weiterhin einräumen, sie sogar verbessern und nicht erschweren.

Daher schmerzt es mich, zu hören, daß für 75 Prozent der Frauen der Hauptgrund für den Abbruch der Ausbildung beziehungsweise für das Ausscheiden aus dem Bundesheer die Hindernisbahn ist. Herr Bundesminister! Wir wissen beide, daß die Sinnhaftigkeit der Hindernisbahn zur Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit schon längst umstritten ist. Sportoffiziere des Bundesheeres haben mir das in persönlichen Gesprächen bestätigt. Die Hindernisbahn ist eine militärische Trainingsanlage, die der Spezialausbildung dient und überhaupt keine Teamarbeit erfordert. Sie ist besonders gut für die Ausbildung des militärischen Einzelkämpfers geeignet, aber im gegenständlichen Fall der körperlichen Leistungsprüfung nicht gefragt.

Herr Bundesminister! Daher erhebt sich hier die Frage, warum das Bundesheer immer noch an der Hindernisbahn als einzigem Prüfungs- und Auswahlkriterium festhält. Ich möchte nicht annehmen, daß man den Frauen dadurch den Weg ins Bundesheer vermiesen oder die Soldatenkarriere erschweren will. Denn ganz gleichgültig, ob die Soldatinnen sonst ausgezeichnete Ausbildungsergebnisse vorweisen können, ist die Karriere der Frau beim Bundesheer im Fall des Versagens auf der Hindernisbahn ein für allemal beendet. Das findet nicht unsere Zustimmung, sondern das stört.

Aber was mich noch mehr stört, Herr Bundesminister, waren die sexistischen und diskriminierenden Beiträge über Frauen im Heer in der Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft der freiheitlichen Heeresangehörigen. (Abg. Dr. Krüger: Ja, ja!) Wirklich, diese frauenverachtende Darstellung, meine Damen und Herren von der FPÖ, in der Ihnen nahestehenden Zeitschrift muß man wirklich aufs schärfste verurteilen. (Abg. Scheibner: So ein Blödsinn!) Das muß ich Ihnen sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

So haben wir uns die Öffnung des Bundesheeres für Frauen ganz sicher nicht vorgestellt (Abg. Scheibner: Die "Kronen Zeitung" schaust du dir auch nicht an, nicht?), die für uns als Schritt zur Gleichberechtigung von Frauen im Heer geplant und durchgesetzt wurde. Herr Bundesminister! Ich habe Sie gebeten, in diesem Zusammenhang eine klare Stellungnahme abzugeben. Sie blieb leider aus, auch, was den Bundesheer-Kalender mit leicht bekleideten Soldatinnen angeht. Auch hier ist eine klare Stellungnahme Ihrerseits unterblieben.

Ich möchte Sie ersuchen: Lassen Sie solche Auswüchse im Bundesheer nicht durchgehen! (Abg. Scheibner – eine Zeitung in die Höhe haltend –: Das ist auch sexistisch, nicht?) Das findet auch nicht meine Zustimmung, Herr Kollege Scheibner. – Ein Schweigen ist hier sicherlich nicht angebracht.

Das sind negative Begleiterscheinungen, die man auch aufzeigen soll. Aber insgesamt gesehen überwiegt das Positive. Das ist aus dem Bericht klar zu erkennen, und das erfahren wir auch in Gesprächen in den Kasernen. Daher soll man, glaube ich, hier allen Beteiligten Dank sagen: den verantwortlichen Offizieren und Unteroffizieren, den Ausbildnern und den Frauen selbst, die sich für den Soldatenberuf entschieden haben.

Daher nehmen wir diesen Bericht zustimmend zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

1.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Auf der Rednerliste steht zwar Herr Abgeordneter Wabl, doch steht seinem Klub keine Redezeit mehr zur Verfügung. (Abg. Dr. Khol: Der Frieden ist redezeitlos!)

Daher ist nun Herr Bundesminister Dr. Fasslabend zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

1.38

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Öffnung des Bundesheeres für Frauen vor etwas mehr als einem Jahr war zweifellos ein gesellschaftspolitisch sehr wichtiger Schritt, weil es einer der letzten Bereiche im gesellschaftlichen und im beruflichen Leben Österreichs war, der keinen Zugang für Frauen ermöglicht hat. Wenn ich daran denke, von welchen Vorurteilen die Debatte um die Einführung begleitet war, dann kann man nach einem Jahr nur sagen: Die Einführung ist ein voller Erfolg geworden, und all diese Unkenrufe haben sich in keiner Weise bewahrheitet.

So sollten wir es auch sehen. Wir sollten einfach den Mut haben, richtige Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen, und uns nicht vor lauter selbstgestellten Fallen immer wieder Wege in die Zukunft erschweren.

Ich bedanke mich bei allen, die daran mitgewirkt haben. Ich kann nur sagen, daß unser Beispiel heute auch beispielgebend für andere Länder – wie etwa für die Diskussion in Deutschland – ist.

Zweifelsohne wird es notwendig sein, auch noch den zweiten Schritt zu gehen, die völlige Gleichstellungsmöglichkeit zu bieten und den Frauen auch den Zugang zur Miliz auf freiwilliger Basis zu öffnen. Denn es muß zweifellos auch ein Recht der Frauen sein, eine derartige Dienstleistung durchzuführen. Ich denke, das sollte eine wichtige Forderung für die nächste Gesetzgebungsperiode sein.

Ich möchte die heutige Gelegenheit nutzen, um allen Mitgliedern des Landesverteidigungsausschusses ein herzliches Danke für ihre konstruktive Mitarbeit in der letzten Legislaturperiode zu sagen. Einige von ihnen scheiden aus, die über lange Zeit und äußerst wirkungsvoll mitgearbeitet haben: Gerald Tychtl, Dieter Lukesch, Willi Sauer und insbesondere Karl Maitz, Wehrsprecher der Volkspartei. Ich möchte mich bei euch allen auf das allerherzlichste dafür bedanken. Es war eine Freude, mit euch zusammenzuarbeiten. Ich danke euch und wünsche euch alles Gute, auch außerhalb dieses Hauses! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war die ministerielle Abschiedsrede, nicht? – Bundesminister Dr. Fasslabend: Sicher nicht!)

1.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Hagenhofer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.40

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Einige Sätze zum Bericht über Dienstleistungen von Frauen beim Heer und den daraus von Ihnen, Herr Minister, gefolgerten Änderungen, die eintreten sollen, und zwar in erster Linie zu jener, daß die Miliz für Frauen geöffnet werden soll.

Ich habe nachgesehen und folgendes herausgefunden: Als erster und wesentlichster Punkt im schriftlichen Ministerratsvortrag, der von Bundesministerin Prammer und Ihnen gemeinsam vorgelegt wurde, ist festgelegt und auch so beschlossen, daß die Freiwilligkeit von Frauen beim österreichischen Heer in der Verfassung verankert sein muß. Ich frage mich jetzt als Frau, ob es notwendig ist, daß ich im Milizstand sein muß, um Auslandseinsätze machen zu können. (Abg. Dr. Maitz: Freiwillig! Nur freiwillig!) Denn es ist nicht das Ansinnen der SPÖ, auch nicht das Ansinnen von Bundesministerin Prammer, Frauen in den Milizstand hineingehen zu lassen. – Soweit zu diesem Thema. (Abg. Dr. Maitz: Freiwillig! – Abg. Rosemarie Bauer: Das kann doch nicht wahr sein! Zu den niedrigen Diensten sind die Frauen ...!) Frau Kollegin, das ist im schriftlichen Ministerratsvortrag festgelegt. Daran geht auch kein Weg vorbei.

Nun möchte ich mich mit dem Antrag auf pensionswirksame Beitragsabsicherung für die ordentlichen und außerordentlichen Präsenzdiener beschäftigen. Nach dem ASVG zählt die Zeit eines ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienstes als Ersatzzeit, das heißt, daß demnach auch außerordentlicher Präsenzdienst – wie Kaderübungen, freiwillige Waffenübungen, Funktionsübungen sowie Präsenzdienst bezüglich der Entsendung von Angehörigen des Bundesheeres zur Hilfeleistung ins Ausland – darunter fällt.

Die sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Soldaten muß man in zwei Kategorien einteilen. Das heißt: Leistet jemand Waffenübungen aufgrund der Bestimmungen des Wehrgesetzes und überwiegen die Ersatztage in einem Kalendermonat gegenüber den Beitragstagen, so kommt es dazu, daß dieser Monat als Ersatzmonat gilt.

Zum zweiten zählen die Zeiten des Auslandseinsatzes beispielsweise bei den österreichischen UNO-Truppen, sofern der Einsatz nicht von Beamten durchgeführt wird – darin besteht der Unterschied –, ebenso als Ersatzzeiten. (Abg. Scheibner: Eben! Darum geht es jetzt!) Genau! Das wollte ich noch einmal festhalten, weil das meiner Ansicht nach ein wesentlicher Punkt für die Zukunft ist. (Abg. Scheibner: Genau das ist ja die Ungerechtigkeit!) Herr Kollege, genau darum geht es.

Es ist notwendig, daß seitens Ihres Ministeriums, Herr Minister, darüber nachgedacht wird beziehungsweise Vorschläge vorgelegt werden, daß solche Einsätze erstens im Rahmen von Dienstverhältnissen abgeführt werden können. Dann wäre dieses Problem auch beseitigt. Weiters sollten von Ihnen Initiativen gesetzt werden, daß für alle – nämlich für die ordentlichen und die außerordentlichen – Präsenzdiener pensionswirksame Beitragszeiten geschaffen werden können. Wir meinen, dafür sollten Sie die Voraussetzungen schaffen. Die Soldaten haben sich das verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

1.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.45

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frauen im Bundesheer – eine politische Entscheidung, die wir mitgetragen haben, bei deren Ausführung es jedoch in Österreich in vielen Bereichen hapert! Da es eben eine politische Entscheidung ist, spielt die Kosten-Nutzen-Rechnung eine geringere Rolle. Trotzdem sollte man nicht vergessen, daß jeder dieser Arbeitsplätze mehr als eine Million Schilling gekostet hat, wenn man so euphorisch spricht wie soeben der Herr Bundesminister, als er dies als großen Erfolg feiern wollte. (Abg. Rosemarie Bauer: Für Frauen kann es nicht genug sein!)

55 Frauen nach eineinhalb Jahren – wenn man die Sportlerinnen abrechnet, die dem Bundesheer direkt nichts bringen –, das ist alles andere als eine stolze Bilanz, vor allem wenn man von dem ausgeht, was man eigentlich einmal gewollt hatte, als man von vielen Hunderten von Frauen gesprochen hatte. Da scheint einiges doch nicht ganz geklappt zu haben.

Entsprechend hat sich der Herr Bundesminister aus dem Projekt zurückgenommen. Früher ließ er keine Veranstaltung und keinen Fototermin aus, mittlerweile ist er da schon ruhiger geworden. Ich kann mich daran erinnern, daß wir Modeschauen, Kleiderentwürfe und Uniformentwürfe hatten, lange bevor wir über die gesetzliche Basis dafür verfügt haben, Frauen ins Bundesheer aufzunehmen. Das gibt jetzt pressemäßig nichts mehr her, daher wird es in den Hintergrund gedrängt. Deswegen diskutieren wir dieses Thema auch weit nach Mitternacht und schon nach der Geisterstunde. Das ist der Stellenwert, der den Frauen hier in der Praxis gegeben wird.

Außerdem ist die gegenwärtige Praxis nicht immer im Interesse der Frauen, besonders die Ausnahmeregelungen, die unter anderen auch der Herr Bundesminister als nicht gerade vorteilhaft angesprochen hat, hinsichtlich der Miliz. Mir fehlt übrigens die Begründung, warum man die Frauen nicht in den Milizbereich hineinnehmen sollte. Allein ein Abkommen ist dafür ein bißchen wenig, sondern das sollte auch einen Sinn und einen Hintergrund haben. (Abg. Hagenhofer: Der Sinn ist, bitte, daß die Frau zwei Kinder hat und nicht jederzeit abrufbar ...! – Abg. Dr. Maitz: Freiwillig!) Freiwillig, Frau Kollegin! Sie haben nicht zugehört. Ausnahmsweise bin ich hier mit Kollegen Maitz einer Meinung.

Eines sollte man aber tun, wenn man die Stellung der Frauen im Heer beachtet. Wenn man Erleichterungen schafft, macht man einen Fehler. Die Frauen, die durchgehalten haben, erhalten durchwegs eine sehr gute oder sogar hervorragende Beschreibung und werden akzeptiert. Es gibt jedoch dort Akzeptanzprobleme, wo man für die Frauen andere Kriterien setzt als für die Männer. Denn man darf eines nicht vergessen, auch wenn Sie von der Sozialdemokratie es nicht gerne hören: Im militärischen Bereich besteht eine Kampfgemeinschaft, das ist ein kameradschaftlicher Bereich, in dem jemand, der Sonderstellungen bekommt, von den anderen geschnitten wird. Das ist die Praxis, und das ist in einer Gruppe und in einer Gemeinschaft auch verständlich. Wer das gleiche macht, wird aufgenommen.

Das betrifft auch die körperliche Leistungsfähigkeit. Denn das Rückengepäck, das Sturmgewehr, die Waffe werden für eine Frau nicht leichter. Sie dürfen außerdem folgendes nicht vergessen: Es stimmt, wenn man sagt, daß die Leistungen höher als für einen Wehrmann sind; aber diese Frauen sollen Kaderpersonal darstellen, sie sollen in eine Unteroffiziers- oder eine Offiziersschule gehen, und dort werden höhere Leistungen verlangt.

Wenn Kollege Gaál hier von der Hindernisbahn sagt, daß sie gut für den Einzelkämpfer wäre, dann scheint er vergessen zu haben, daß der Einzelkampf eine wichtige Ausbildung im Bundesheer darstellt, die jeder Soldat durchlaufen muß und die gerade für die ins Ausland zu entsendenden Soldaten eine große, sogar sehr große Bedeutung hat. Daher ist es notwendig, Frauen der gleichen Ausbildung zu unterziehen, und zwar schon deshalb, damit sie in ihrem Bereich und unter ihren Kameraden Anerkennung finden, wie sie diejenigen Frauen gefunden haben, die bisher die Leistungstests geschafft haben.

Noch eines, Herr Kollege Gaál, das können Sie Ihrem Innenminister ausrichten: Die Spezialverbände der Gendarmerie zum Beispiel haben die gleichen Kriterien für Männer und Frauen, und deswegen gibt es dort noch keine Frauen. Sagen Sie das Ihrem Innenminister! Vielleicht könnte man dort auch einmal etwas hinsichtlich Gleichberechtigung unternehmen. Man geht dort davon aus, daß bestimmte Mindestkriterien in der Leistung eben gefordert werden. Sie können sie nicht beim Verteidigungsminister verlangen und beim Innenminister dann mit gespaltener Zunge wieder etwas anderes fordern.

Herr Minister! Zu Ihrer optimistischen Aussicht auf einen Frauenanteil von 5 Prozent, den Sie im Heer anstreben: Nach den gegenwärtigen Entwicklungen können Sie das nur dann erreichen, wenn Sie noch zwei weitere Heeresreformen durchführen und auf 1 000 Mann Gesamtstärke gehen. Viel stärker wird nämlich der Andrang der Frauen nicht sein. Es gibt – dessen müssen wir uns auch bewußt sein, wenn wir die Frauen nicht hineinzwingen wollen; und das wollen wir nicht – nur eine sehr begrenzte Zahl von Frauen, die Interesse an diesem Beruf haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.49

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In aller Kürze zur Pensionsvorsorge für Soldaten.

Erstens ein Entschließungsantrag für die Theorie: Es gibt diesbezüglich kein praktisches Beispiel. Ich finde es eher kühn, Herr Klubobmann Scheibner, daß Sie, selbstverständlich eher plakativ, von Pensionskürzung reden. Das ordne ich fürs erste einmal dem Wahlkampf zu. (Abg. Scheibner: Ich habe gerade gesagt, daß es Beispiele dafür gibt!)

Zweitens, meine Damen und Herren: Der Herr Minister und sein Ministerium haben diesen Antrag selbstverständlich entsprechend geprüft. Ich möchte hier feststellen, daß Berufssoldaten nicht betroffen sind und daß Präsenzdiener auch nicht nur aus diesem Grund Nachteile beim Pensionsbezug zu erwarten haben.

Drittens, Frau Kollegin Hagenhofer – sie ist nicht mehr da. Diese Eventualität würde uns, wenn wir sie für alle Präsenzdiener beziehungsweise alle Auslandseinsätze einführten und bezahlten, die "Kleinigkeit" von 400 Millionen Schilling kosten. Dies ist beim derzeitigen Budget nicht drinnen. Aber wenn solche Forderungen gestellt werden, dann bin ich zuversichtlich, daß das Budget des Verteidigungsministeriums in den nächsten Legislaturperioden entsprechend angehoben wird, gleich, meine Damen und Herren, denn Präsenzdienst- und Auslandszeiten sind auch bei den Arbeitslosen- und Kindererziehungszeiten Ersatzzeiten in der Bemessung.

Viertens: Da wir uns auch zur Strukturanpassung bekennen – diese sieht eben Versicherungszeiten im Ausmaß von 450 Monaten vor, weil der Jugend entsprechend Rechnung getragen wurde – und da kein einziger Fall bekanntgeworden ist, bleibt die ÖVP bei der bestehenden Regelung.

Meine Damen und Herren! Last, but not least möchte ich unserem Verteidigungssprecher Karl Maitz für seine Arbeit sehr herzlich danken. Er war für die ÖVP fünf Jahre lang Verteidigungssprecher und war jahrzehntelang als Landtagsabgeordneter Sicherheitssprecher in der steiermärkischen Landesregierung. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er hat im Sinn der Koalition ...!) Seine Erfahrung und seine Kenntnis in Bundesheerfragen waren immer eine Bereicherung und von großem Engagement geprägt. Lieber Karl, herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Restredezeit Ihres Klubs: 4 Minuten. – Bitte.

1.52

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, es wäre schön gewesen, wenn Sie sich auch für den Einsatz der Bundesheer-Beschwerdekommission bedankt hätten. Ich glaube, das würde dieser Kommission für den Einsatz, den Sie geleistet hat, auch zustehen, auch in Kollaboration mit den Beamten Ihres Hauses. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bezüglich der Frauen im Bundesheer muß ich sagen, daß ich ein seltsames Erlebnis hatte. Ich fuhr nach Linz zu dem Ort, an dem überprüft wird, welche Frauen primär geeignet sind, ins Bundesheer zu kommen, und welche nicht. Ich dachte zuerst: Das wird eine fürchterliche Sache sein, man wird diese armen Frauen schinden und ihnen die Energie rauben. Ich war überrascht, festzustellen – das möchte ich positiv herausstreichen –, daß dort mit den Damen sehr sorgsam umgegangen wird und daß versucht wird, mit den Frauen sehr fair umzugehen. (Abg. Madl: Haben Sie das nicht erwartet?) Das möchte ich positiv herausstreichen, weil ich das nicht erwartet hatte. Ich muß sagen, das ist etwas, was ich lobend erwähnen möchte.

Was ich hingegen nicht lobend erwähnen möchte, ist der Umstand, daß Frauen, die aufgenommen werden und in Ausbildung kommen, ganz unterschiedlicher Behandlung ausgesetzt sind. Auf der einen Seite sind sie integriert, durch die Kameraden völlig absorbiert und von den Vorgesetzten völlig akzeptiert. Da gibt es überhaupt keine Probleme, und diese Frauen haben auch einen Werdegang, der beachtlich ist.

Andererseits gibt es Frauen, die von vornherein abgelehnt werden. Sie haben eigentlich überhaupt keine Chance und werden möglichst – ich möchte es einmal so nennen – gelegt, indem man sie nicht eine ausreichende Anzahl von Wochen üben läßt, bevor sie irgendwelche Hindernisbahnen zu bewältigen haben. Die Termine werden so angesetzt, daß in der Übungszeit Frost herrscht, sodaß die Bahnen nicht zur Verfügung stehen. Dann wird plötzlich die Prüfung angesetzt, sodaß die betroffenen Frauen keine Möglichkeit haben, diese Fertigkeit beziehungsweise diese Rohkraft aufzubauen.

Das hat etwas mit der Physiologie der Frauen zu tun. Sie steht in einem Gegensatz zur Physiologie der Männer, das wird Ihnen jeder Mediziner bestätigen. Frauen brauchen, um Rohkraft aufzubauen, wesentlich mehr Wochen oder Monate als Männer. Das wird ihnen nicht zugestanden. Die Bewertungskriterien sind aber die gleichen.

Jene Bewertungskriterien aber, die Frauen sehr problemlos bewältigen könnten, nämlich Gelenkigkeit oder Geschicklichkeit, sind nicht Gegenstand der Bewertung im Rahmen sportlicher Prüfungen. Ich halte das aber ebenfalls für notwendig. Ich halte es für notwendig, einem Soldaten auch Geschicklichkeit und Gelenkigkeit abzuverlangen. Aber das ist in diesem Zusammenhang völlig irrelevant. (Beifall des Abg. Smolle.)

Da wünsche ich mir – und da ist auch Herr Kollege Jung aufgerufen – eine Verbesserung. Wenn Sie schon die Gleichbehandlung beider Geschlechter wollen, dann können Sie nicht nur die männliche Latte anlegen, wenn es um die Erfordernisse geht, die den Frauen abverlangt werden (Abg. Smolle: Was für eine "Latte"?), sondern dann müssen Sie einen Maßstab anlegen, der sehr wohl für beide Geschlechter anwendbar ist.

Da muß ich sagen: Wir im Parlament hätten die Aufgabe, mit den entsprechenden Kenntnissen des Medizinerkreises zu sehen, wie wir Fairneß zwischen beiden Geschlechtern erreichen. Da hätte ich mir gewünscht, daß wir Solidarität unter den Abgeordneten finden. Aber möglicherweise kann man Sie noch dazu bekehren, Herr Jung, daß Sie akzeptieren, daß Frauen anders als Männer sind. (Beifall beim Liberalen Forum.)

1.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich hoffe, in der gebotenen Kürze durchzukommen.

Ich gebe zu bedenken, daß auch um 2 Uhr früh Zeit für die Frauen beim Heer sein muß. Das ist die Zeit, zu der wir sie beim Auswahlkriterium auf den Nachtmarsch schicken und anschließend einem psychologischen Test unterwerfen. Uns bleibt der psychologische Test erspart.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Bericht ist komprimiert, er ist recht brauchbar, und wir sollen die Schlüsse daraus ziehen. Es ist ein recht erfolgreiches Jahr gewesen.

Herr Minister! Sie hatten gemeint, es werden 200 Frauen pro Jahr werden. 60 sind es zurzeit. Ich unterstütze daher voll die Bemühungen im Hinblick auf eine bessere Information und entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, um diese Zahl von 200 zu erreichen.

Es sei auch nicht verschwiegen, daß eines schiefgegangen ist, nämlich die Nachhollaufbahn. Die Zahlen, die Sie sich in dieser Hinsicht erwartet haben, dürften wahrscheinlich nicht erreicht worden sein, haben sich aber durch den gesetzlichen Zeitablauf erübrigt.

Es muß uns allerdings beschäftigen, daß zehn Frauen den Dienst beendet haben. Das sind vielleicht absolut wenige, aber relativ sind immerhin 16 Prozent der Frauen ausgefallen. Kollege Jung! Das hat schon etwas mit dem zu tun, was Kollege Gaál angeschnitten hat. Was mich stört, ist nicht die Hindernisbahn an und für sich, sondern was mich stört, ist das K.o.-Kriterium Hindernisbahn. Es gibt heute wesentlich intelligentere Methoden dafür, eine Leistung zu beurteilen.

Diese Leistung wird nicht auf die folgende Verwendung bezogen. Ich würde nie auf die Idee kommen, bei einer Ärztin die Hindernisbahn als K.o.-Kriterium anzusetzen, denn diese Frau wird eben Ärztin. (Demonstrativer Beifall beim Liberalen Forum.) Ich würde es auch nicht bei der Apothekerin als K.o.-Kriterium ansetzen. Dort geschieht das aber!

Um aufgenommen zu sein, gibt es in der Ausbildung noch einen weiteren wesentlichen Punkt, und der heißt Kameradschaftshilfe. Vielleicht sollte man auch daran denken, diese Klippe zu umschiffen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich bin – in gebotener Kürze – vielleicht noch Ausführungen zu der Frage schuldig: Warum nicht die freiwillige Verwendung in der Miliz, die freiwillige Verwendung im Außendienst? – Wir sind uns darüber einig gewesen – das ist in der Regierungsvorlage, die noch nicht so alt ist, nachzulesen –, daß es sich darum handelt, einen Beruf zu ermöglichen, und daß es um die Hinführung zu einem Beruf, um eine Berufsausbildung geht. Das soll es sein, und das wird es sein.

Den Zwischenruf der Kollegin Bauer in Erinnerung gerufen ... (Ruf bei der ÖVP: Das war aber noch keine Begründung!) In der Regierungsvorlage steht deutlich: ... auch nicht auf freiwilliger Basis zu anderen Wehrdienstleistungen herangezogen werden können. – Das steht dort deutlich drinnen: Es kommt daher eine Aufnahme in den Miliz- oder Reservestand nicht in Betracht. (Abg. Rosemarie Bauer: Ich halte es trotzdem nicht für richtig!)

Soweit die Regierungsvorlage Ihres eigenen Ministers, Frau Kollegin! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Kann man ja ändern!)

1.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Ofner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 

2.00

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es gibt heutzutage keine echten geschlechtsspezifischen Domänen mehr: Nach den Linienpiloten, den Richtern, den Staatsanwälten, der Gendarmerie, der Polizei und anderen mehr hat sich auch das Heer den Frauen geöffnet.

Ich habe allerdings den Eindruck, daß man die Frauen über eine formelle Gleichbehandlung mitunter nicht ganz so unabsichtlich doch noch inhaltlich stolpern läßt. Man steht auf dem Standpunkt, alle werden gleich behandelt, alle werden gleich geprüft, alle müssen identische Leistungen erbringen, und übersieht dabei geflissentlich, daß das aus Gründen der unterschiedlichen körperlichen Konstitution einfach nicht gutgehen kann. Frauen haben andere körperliche Voraussetzungen als die Männer, und es ist die heute schon so oft zitierte Hindernisbahn, die da als Drop-out-Punkt gefunden wird. Man sagt: Die sollen nur kommen; wir behandeln alle gleich, denn spätestens bei der "Löwengrube" "derstessen sie sich eh". Wir können sie ruhig gleich behandeln; irgendwann fallen sie alle aus, denn sie sind etwas kleiner, sie haben weniger Kraft, sich aus dieser Grube herauszuziehen oder auf der "Hühnerleiter" die großen Schritte zu machen. Damit ist dann alles ganz von selbst erledigt – unter strengster Beachtung der Gleichberechtigung.

Ich glaube, daß das kein ganz ehrlicher Vorgang ist. Ich glaube, daß man sich dazu bereitfinden müßte, doch die Konsequenz daraus zu ziehen, daß die Frauen im großen Durchschnitt eben anders gebaut sind als die Männer – Leistungssportlerinnen ausgenommen –, und daß man dort, wo es nicht wirklich gefechts- und überlebensnotwendig ist – und das ist bei der "Löwengrube" sicher nicht der Fall –, unterschiedliche Kriterien anzulegen oder, wenn man identische Kriterien anlegen möchte, sie um diesen Hauch zu reduzieren hat, der es auch den Frauen in Masse möglich machen würde, durchzukommen und nicht zu scheitern.

Worum es mir geht, ist Ehrlichkeit in diesen Dingen: Man kann nicht mit Augenaufschlag sagen, wir behandeln alle gleich, und dabei im Hinterstübchen genau wissen, daß gleich in diesem Fall ungleich ist, denn die Frauen und die Männer sind ungleich. Wenn ich alle gleich behandle, dann sorge ich dafür, daß die Frauen nicht reüssieren können. – Mehr Ehrlichkeit in diesem Zusammenhang würde ich mir wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

2.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

2.02

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Einen guten Morgen! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Ränge sind von Zuhörern "voll", jeder "paßt so genau auf"! Viele haben sich für diesen Tag bereits verabschiedet, einige werden sich noch verabschieden. – Ich brauche das nicht, daher kann ich mich heute sehr kurz fassen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin froh darüber, daß Frauen im Bundesheer sind, insbesondere 15 Spitzensportlerinnen – ich erwähne jetzt nur Vera Lischka und Uschi Profanter –, und ich hoffe, daß sich nächstes Jahr bei den Olympischen Spielen bereits der Erfolg einstellen wird. – Gute Nacht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

2.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Restredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

2.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Als letzter Redner der letzten Verteidigungsdebatte, wie ich annehme, in dieser Legislaturperiode obliegt es mir, ein bißchen zusammenzufassen. – Das Thema "Frauen beim Heer" ist ein gesellschaftspolitisch wichtiges Thema, aber es ist letztlich doch ein Nebenschauplatz.

Sehr geehrter Herr Minister! Wenn ich die Debatte, die wir heute schon geführt haben, resümiere, dann kann ich nur sagen: Dem Bundesheer ist es schon besser gegangen. Ich würde sogar sagen, es geht ihm relativ schlecht. Optimismus und Idealismus sind einem Pragmatismus gewichen, die Kader werden immer älter; auf der anderen Seite geht die Produktion von Stabsoffizieren unvermindert weiter. Das Gerät ist teilweise am Ende, die überlebenswichtige Ausbildung wird oft teilweise einem Assistenzeinsatz geopfert. – Herr Minister, summa summarum: Ihr Nachfolger wird viel zu tun haben.

Wir stehen auf der Seite des Bundesheeres, wir stehen auf der Seite einer starken Landesverteidigung. – In diesem Sinne ein Glückauf! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Und ihr wollt auch nachfolgen!)

2.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist schließlich noch Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

2.04

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In aller Kürze: Seit 1. Jänner 1998 haben also auch Frauen Zugang zum österreichischen Bundesheer, und bereits im März 1999 hat der Herr Bundesminister für Landesverteidigung einen Bericht vorgelegt (Abg. Dr. Khol: Antoni, du bist der fünfte, der uns das gleiche erzählt!), der über die Dienstleistungen der Frauen im Bundesheer berichtet. (Abg. Dr. Khol: Ein jeder sagt uns, wie lang es das gibt, daß es ein Jahr ist ...!)

Ich meine, der in diesem Bericht nachlesbare Erfolg ist ein akzeptabler Beginn, er ist auch Beweis dafür, daß der Nationalrat die richtige Entscheidung getroffen hat, als er den Frauen den Zugang – den freiwilligen Zugang! – zum Heer ermöglicht hat.

Nur noch eine ganz kurze Bemerkung zum Entschließungsantrag des Kollegen Scheibner: Ich meine, daß es notwendig sein wird, in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam insbesondere mit den Frauen eine solide Diskussion über dieses Vorhaben zustande zu bringen, wobei unseres Erachtens die absolute Freiwilligkeit sichergestellt sein muß. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

2.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort der Berichterstatter und kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen also zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, den vorliegenden Bericht in III-188 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend Maßnahmen zur Erweiterung des Ausbildungsdienstes für Frauen (Milizdienst).

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag beitreten wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1583 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Dr. Gredler, Partnerinnen und Partner auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs 1 GOG zur Prüfung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz, sowie wegen der vermuteten rechtswidrigen Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigen, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten.

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Die politische Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermutete rechtswidrige Einflußnahme durch politische Funktionsträger in Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigten, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten, ist zu prüfen."

Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

So Sie diesem Antrag beitreten wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1178/A bis 1181/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 6564/J bis 6597/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, Mittwoch, 14. Juli 1999, 9 Uhr ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 2.08 Uhr