Stenographisches Protokoll

181. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 15. Juli 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

181. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 15. Juli 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 15. Juli 1999: 9.01 – 21.48 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1998), und

über den Antrag 1071/A der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1018/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Förderungsrichtlinie für Entschädigungen nach § 33f Abs. 6 Wasserrechtsgesetz

4. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird

5. Punkt: Entwurf eines Bundesgesetzes über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII)

6. Punkt: Entwurf eines Bundesgesetzes über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12)

7. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße – Aktiengesellschaft

8. Punkt: Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956)

9. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Übertragung des Bundesanteils an der Olympia-Eissportzentrum Innsbruck Ges.m.b.H. sowie die Übertragung von unbeweglichem Bundesvermögen

10. Punkt: Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden

12. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird

13. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

15. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 847/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend den Bau der Bundessstraße B 67b, Kalvariengürtel, Kalvarienbrücke-Grabenstraße (Nordspange Graz) in Graz, Steiermark, Aufhebung der Verordnung

16. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999)

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1013/A der Abgeordneten Karl Smolle und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1061/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau

19. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1106/A (E) der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen betreffend die Notwendigkeit von Maßnahmen im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus

20. Punkt: Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999)

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1170/A der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Günther Kräuter, Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 171/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Büro für Internationale Forschungs- und Technologiekooperation (BIT)

23. Punkt: Bericht über den Antrag 367/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderung 12

Ruf zur Sache 93, 93

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen, dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Bericht des Bundesministers für Inneres zur Entschließung des Nationalrates (E 177) betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 23. September 1999 zu setzen 29

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 29

Redner:

Dr. Volker Kier 150

Anton Leikam 152

Günther Platter 153

Dr. Liane Höbinger-Lehrer 154

Mag. Terezija Stoisits 155

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 156

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung 30

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zum Inhalt der tatsächlichen Berichtigung des Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer 132

Fragestunde (40.)

Land- und Forstwirtschaft 12

Anna Elisabeth Aumayr (285/M); Josef Schrefel, Dr. Gabriela Moser, Karl Smolle, Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller

Sophie Bauer (283/M); Franz Koller, Karl Freund, Andreas Wabl, Karl Smolle

Karl Smolle (287/M); Otmar Brix, Anna Elisabeth Aumayr, Johannes Zweytick, Andreas Wabl

Georg Schwarzenberger (281/M); Karl Smolle, Andreas Wabl, Heinz Gradwohl, Dr. Stefan Salzl

Andreas Wabl (288/M); Jakob Auer, Karl Smolle, Arnold Grabner, Anna Elisabeth Aumayr

Franz Koller (286/M); Johann Schuster, Karl Smolle, Rainer Wimmer

Marianne Hagenhofer (284/M); Dr. Stefan Salzl, Mag. Dr. Josef Trinkl, Karl Smolle, Andreas Wabl

Rudolf Schwarzböck (282/M); Karl Smolle, Matthias Achs, Anneliese Klein, Andreas Wabl

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Proporz und Postenschacher feiern fröhliche Urständ" (6621/J) 105

Begründung: Herbert Scheibner 112

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima 117

Debatte:

Dr. Michael Krüger 125

Dr. Alfred Gusenbauer 127

Mag. Franz Steindl 129

Dr. Alfred Gusenbauer (tatsächliche Berichtigung) 131

Mag. Helmut Peter 132

Dr. Alexander Van der Bellen 134

Reinhart Gaugg 136

Dr. Ilse Mertel 138

Dr. Harald Ofner (tatsächliche Berichtigung) 140

Dr. Helene Partik-Pablé 141

Karl Öllinger 142

Andreas Wabl 145

Dr. Josef Cap 147

Mag. Gilbert Trattner 149

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (1199 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1998), und

über den Antrag 1071/A der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (2078 d. B.) 30

2. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird (2080 d. B.) 30

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 1018/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Förderungsrichtlinie für Entschädigungen nach § 33f Abs. 6 Wasserrechtsgesetz (2079 d. B.) 30

4. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (2081 d. B.) 30

Redner:

Anna Elisabeth Aumayr 30

Jakob Auer 32

Karl Smolle 34

Heinz Gradwohl 38

Andreas Wabl 39

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 42, 61

Franz Kampichler 43

Mag. Karl Schweitzer 44

Mag. Kurt Gaßner 46

Dr. Gabriela Moser 48

Johannes Zweytick 50

Franz Koller 52

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 53

Anneliese Klein 54

Willi Sauer 56

Elfriede Madl 58

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 58

Georg Schwarzenberger 60

Karl Gerfried Müller 61

Annahme der Gesetzentwürfe in 2078, 2080 und 2081 d. B. 63

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2079 d. B. 64

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Aufhebung der Trinkwasser-Ausnahmeverordnung – Ablehnung 48, 64

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl, Karl Smolle und Genossen betreffend die Einrichtung eines Beirates zur ländlichen Entwicklung – Ablehnung 49, 64

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet – Ablehnung 50, 64

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen – Ablehnung 55, 64

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Gebarungskontrolle der Wasserverbände – Ablehnung 58, 64

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1761 d. B.): Entwurf eines Bundesgesetzes über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) (2050 d. B.) 65

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1762 d. B.): Entwurf eines Bundesgesetzes über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12) (2051 d. B.) 65

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 65

Dr. Ewald Nowotny 66

Reinhart Gaugg 68

Mag. Helmut Peter 69

Mag. Doris Kammerlander 71

Dr. Alexander Van der Bellen 72

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 74

Annahme der Gesetzentwürfe in 2050 und 2051 d. B. 75

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1906 d. B.): Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße – Aktiengesellschaft (2054 d. B.) 75

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1651 d. B.): Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956) (2055 d. B.) 75

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1855 d. B.): Bundesgesetz betreffend die Übertragung des Bundesanteils an der Olympia-Eissportzentrum Innsbruck Ges.m.b.H. sowie die Übertragung von unbeweglichem Bundesvermögen (2053 d. B.) 76

Redner:

Dr. Andreas Khol 76

Hermann Böhacker 76

Mag. Helmut Peter 77

Dr. Gabriela Moser 78

Mag. Dr. Josef Höchtl 78

Mag. Gilbert Trattner 79

Ing. Wolfgang Nußbaumer 80

Mag. Dr. Udo Grollitsch 82

Bundesminister Rudolf Edlinger 82

Annahme der Gesetzentwürfe in 2054 und 2053 d. B. 85

Genehmigung des Staatsvertrages in 2055 d. B. 85

10. Punkt: Regierungsvorlage: Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich (1836 d. B.) 85

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Genehmigung des Staatsvertrages in 1836 d. B. 85

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 86

11. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1765 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden (2025 d. B.) 86

Redner:

Reinhart Gaugg 86

Otto Pendl 87

Dr. Volker Kier 89

Dr. Michael Spindelegger 90

Annahme des Gesetzentwurfes in 2025 d. B. 90

12. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2064 d. B.) 91

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 91

Mag. Thomas Barmüller 92

Dr. Gabriela Moser 93

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 94

Dr. Johannes Jarolim 94

Annahme des Gesetzentwurfes in 2064 d. B. 95

13. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird (2067 d. B.) 95

Redner:

Dr. Michael Krüger 95

Mag. Helmut Peter 96

Mag. Dr. Josef Trinkl 97

Annahme des Gesetzentwurfes in 2067 d. B. 97

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (1969 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (2060 d. B.) 98

15. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 847/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend den Bau der Bundessstraße B 67b, Kalvariengürtel, Kalvarienbrücke-Grabenstraße (Nordspange Graz) in Graz, Steiermark, Aufhebung der Verordnung (2061 d. B.) 98

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 98

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 100

Ing. Leopold Maderthaner 102

Karl Smolle 103

Kurt Eder 157

Dr. Gabriela Moser 158

Wolfgang Großruck 160

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 161

Peter Marizzi 163

Dr. Gerhard Kurzmann 164

Helmut Haigermoser (tatsächliche Berichtigung) 165

Matthias Ellmauer 165

Mag. Dr. Udo Grollitsch 166

Karl Gerfried Müller 167

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 168

Mag. Gilbert Trattner 168

Rosemarie Bauer 169

Ing. Erwin Kaipel 170

Annahme des Gesetzentwurfes in 2060 d. B. 171

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2061 d. B. 171

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Verzicht auf Aufnahme österreichischer Straßenverkehrswege in den Rang der TEN – Ablehnung 160, 171

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht und Antrag des Bautenausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999) (2056 d. B.) 171

17. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 1013/A der Abgeordneten Karl Smolle und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) geändert wird (2059 d. B.) 171

18. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 1061/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau (2057 d. B.) 172

19. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 1106/A (E) der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen betreffend die Notwendigkeit von Maßnahmen im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus (2058 d. B.) 172

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 172

Dr. Walter Schwimmer 174

Karl Smolle 177

Kurt Eder 181

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 184

Karl Freund 186

Reinhart Gaugg 188

Doris Bures 189

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (tatsächliche Berichtigung) 191

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 191

Anton Blünegger 192

Hermann Kröll 193

Dr. Martin Graf 195

Franz Riepl 196

Annahme des Gesetzentwurfes in 2056 d. B. 197

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 2059, 2057 und 2058 d. B. 198

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Mieten im gemeinnützigen Wohnbau um bis zu 30 Prozent – Ablehnung 173, 198

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walter Schwimmer, Kurt Eder und Genossen betreffend Rechtsbereinigung und Verbesserung des legistischen Standards des Wohnrechts – Annahme (E 211) 176, 198

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1898 d. B.): Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999) (2074 d. B.) 198

21. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1170/A der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Günther Kräuter, Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird (2075 d. B.) 199

22. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 171/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Büro für Internationale Forschungs- und Technologiekooperation (BIT) (2076 d. B.) 199

23. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 367/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird (2077 d. B.) 199

Redner:

Helmut Haigermoser 199

Ingrid Tichy-Schreder 201

Mag. Helmut Peter 203

Dr. Kurt Heindl 204

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 205

Matthias Ellmauer 206

Mag. Dr. Udo Grollitsch 207

Dr. Günther Kräuter 210

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 211

Hannelore Buder 211

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 212

Annahme der Gesetzentwürfe in 2074 und 2075 d. B. 213

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 2076 und 2077 d. B. 214

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend die Klärung der Vorgänge sowie Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Felssturz in Schwaz – Ablehnung 208, 214

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend Erhöhung der Bergbausicherheit sowie der Effizienz der Vollziehung im Bereich des Bergbaues – Ablehnung 209, 214

Eingebracht wurden

Antrag der Abgeordneten

Johannes Zweytick, Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Mag. Karl Schweitzer, Ing. Monika Langthaler, Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, geändert wird (1182/A)

Anfragen der Abgeordneten

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Proporz und Postenschacher feiern fröhliche Urständ" (6621/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend korrupte Beamte in den Niederlanden (6622/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Beschränkungen für Gefahrgutfahrzeuge beim Befahren von Autobahntunneln mit Gegenverkehr (6623/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend freies Gewerbe "Transportbegleitung" (6624/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend einheitliches Flugsicherungssystem in Europa (6625/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Änderung des BDG (6626/J)

Kurt Wallner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Gemeinde Wald am Schoberpaß – Zugeinstellung (6627/J)

Josef Edler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Carlskaserne (6628/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Vergabepraxis bei der Anschaffung von Medizintechnik (6629/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Frachtflüge für das österreichische Bundesheer (6630/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Fachärzte in Krankenanstalten (6631/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Vergabepraxis bei der Anschaffung von Medizintechnik (6632/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Tuberkulose vom Osten auf dem Vormarsch (6633/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend universitäre Forschungstätigkeit am AKH Wien (6634/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend unerlaubtes Grillen im Grüngürtel (6635/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend neobergfreie Mineralrohstoffe (6636/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Amtsführung des Leiters der Abteilung Musikpädagogik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (6637/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Alpenkonvention (6638/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "Werbekampagne" im Auftrag des Familienministeriums sowie Streichungen von Mitteln für Frauenberatungsstellen (6639/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Schwazer Felssturz (6640/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung der Panzerbeschaffung durch den Bundesminister für Landesverteidigung (6641/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Finanzierung der Panzerbeschaffung durch den Bundesminister für Landesverteidigung (6642/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Österreich als Schlußlicht im internationalen Vergleich bei studentischer Ausbildung und Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin (6643/J)

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend abgewiesene Strafanzeige von Karl-Heinz Petriz im Zusammenhang mit dem Verdacht auf mögliche Malversationen bei der Flughafen AG (6644/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Beurteilung der aufenthaltsrechtlichen Situation von Prostituierten durch das Bundesministerium für Inneres (6645/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend umsatzsteuerliche Behandlung im Bereich der Abfallverwertung und -beseitigung (6646/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5961/AB zu 6273/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5962/AB zu 6272/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5963/AB zu 6331/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (5964/AB zu 6284/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (5965/AB zu 6370/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (57/ABPR zu 58/JPR)

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf Sie, meine Damen und Herren, mit einem herzlichen "Guten Morgen!" begrüßen und die 181. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären.

Das Amtliche Protokoll der 179. Sitzung vom 13. und 14. Juli ist im Sinne der einschlägigen Bestimmungen aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; es gilt daher als genehmigt.

Auch für die heutige Sitzung ist Herr Abgeordneter Wenitsch als verhindert gemeldet.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich beginne mit der Fragestunde und rufe jetzt – um 9.01 Uhr – die erste Anfrage auf.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Aumayr wird die 1. Anfrage an den Herrn Landwirtschaftsminister formulieren. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

285/M

Welche politischen und finanziellen Gründe führen zu einer Verschiebung des ÖPUL 2000 um bis zu einem Jahr, obwohl der Entwurf Österreichs bei der EU-Kommission eingereicht wurde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister, um Beantwortung!

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Ich darf festhalten, daß eine Verschiebung des österreichischen Umweltprogramms ÖPUL 2000 nicht vorgesehen ist. Der Entwurf des ÖPUL 2000 ist zeitgerecht fertiggestellt worden und liegt der Kommission zur Verhandlung hinsichtlich der Notifizierung vor.

Eine Genehmigung des ÖPUL 2000 wird auf Basis der Verordnung "Ländliche Entwicklung" erfolgen. Es ist anzunehmen, daß das doch eine gewisse Zeit dauern wird, weil 15 Länder ihre Programme eingereicht haben.

Österreich hat daher der Kommission einen Entwurf vorgeschlagen, wonach jenen Bauern, deren ÖPUL-Verpflichtung 1999 enden würde, weil sie am ÖPUL 1995 teilgenommen haben, die Möglichkeit gegeben werden soll, die Verpflichtung um ein Jahr zu verlängern, um auch dann direkt in das ÖPUL 2000 umsteigen zu können, wenn eine Genehmigung von ÖPUL 2000 nicht mehr mit 1. Jänner 2000 möglich wäre.

Wenn diese Genehmigung der Kommission vorliegt, dann ist für die betroffenen Landwirte in gar keiner Weise ein Nachteil, sondern – ganz im Gegenteil! – ein Vorteil hinsichtlich der Rechtssicherheit gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Geringfügige unabsichtliche Übertretungen und Beratungsfehler bei Förderprogrammen sanktioniert die AMA – die Agrarmarkt Austria – schwerstens, indem sie die gesamten Fördergelder zurückverlangt.

Werden Sie, Herr Bundesminister, gegen diese unzumutbaren, existenzgefährdenden Härten Maßnahmen setzen, und wenn ja, welche?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Sanktionen sind notwendig, ich bin aber im ständigen Gespräch mit der Agrarmarkt Austria, um letztendlich Sanktionen in jenem Ausmaß auszusprechen, die notwendig sind – aber nur in jenem Ausmaß.

Zweitens kann ich Ihnen mitteilen, daß wir mit der Europäischen Union auch im Rahmen ÖPUL 2000 hinsichtlich der Frage der Verhältnismäßigkeit von Sanktionen Verhandlungen führen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schrefel, bitte.

Abgeordneter Josef Schrefel (ÖVP): Herr Bundesminister! Wie sehen die Eckpfeiler des Entwurfs ÖPUL 2000 aus?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Es ist im ÖPUL 2000 vorgesehen, erstens die Grundförderung zu haben, bisher bekannt als Elementarförderung.

Zweiter Schwerpunkt ist die extensive und umweltschonende Bewirtschaftungsweise für den gesamten Betrieb oder die gesamte Kulturart. Wir wollen damit auch eine Verwaltungsvereinfachung erreichen und weg von den einzelflächenbezogenen Maßnahmen eher hin zu gesamtbetriebsbezogenen Maßnahmen kommen.

Dritter Schwerpunkt: Erhaltung der Kulturlandschaft und traditionelle Wirtschaftsweise. Das ist ein wichtiger Eckpunkt auch im ÖPUL 2000.

Viertens: besondere Boden- und Wasserschutzmaßnahmen. Ich halte das auch für wichtig hinsichtlich der Gesamtzielsetzung von ÖPUL.

Fünfter Schwerpunkt: Wir wollen für Projekte, die in den einzelnen Regionen entstehen, auch im Rahmen des ÖPUL 2000 Spielraum haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Minister! ÖPUL-2000-Gelder sollen auch zur Sanierung der Grundwassersituation herangezogen werden können. Dazu sind auch Förderungsrichtlinien von Ihrem Ministerium notwendig. Wann werden Sie diese Förderungsrichtlinien erarbeiten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Da handelt es sich offensichtlich um ein Mißverständnis. Im Rahmen des ÖPUL 2000 sind bereits Förderungsansätze auch hinsichtlich der wasserschutzrelevanten Projekte und Tatbestände vorgesehen. Mit der Genehmigung von ÖPUL 2000 ist damit auch eine Richtlinie, ein Rahmen für diese Projekte vorgegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Smolle, bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Minister! Jedes Programm kann an sich gut oder schlecht sein, daher meine konkrete Frage: Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das ÖPUL-Programm 2000 evaluieren? Wie wollen Sie überprüfen, daß das Programm gegriffen und welche Effekte es gegeben hat?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Bereits bei ÖPUL 1995 war gemäß der Richtlinie 20/78 der Europäischen Union eine verpflichtende Evaluierung vorgesehen. Wir berichten der Europäischen Kommission auch laufend die Evaluierungsergebnisse.

Ich muß auch sagen, daß der Evaluierungsbeirat, der eingerichtet ist, gute Arbeit leistet. Seitens der Europäischen Kommission erfolgen immer sehr positive Reaktionen auf den Evaluierungsbeirat und auf den Bericht Österreichs, und dieser wird durchaus als vorbildlich im EU-Vergleich dargestellt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Keppelmüller, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Als Umweltpolitiker interessieren mich vor allem die Auswirkungen auf die Umwelt, die Auswirkung der ÖPUL-Maßnahmen auf das Grundwasser.

Wie schätzen Sie diese Auswirkung hinsichtlich der österreichischen Grundwasserproblematik ein beziehungsweise welche positiven Auswirkungen auf das Grundwasser hatten die bisherigen ÖPUL-Programme?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Der wichtigste positive Effekt des ÖPUL ist, daß dieses Programm in Österreich flächendeckend angeboten wird. Das heißt, daß eigentlich durch das ÖPUL ein Intensivierungsstopp über die gesamte Fläche ausgesprochen wird.

Ich denke, daß beispielsweise die Frage der GVE-Grenze, die im ÖPUL damit flächenhaft gegeben ist, ein wichtiges Kriterium darstellt. Ich meine, daß etwa der Förderansatz Reduktion des Stickstoffeinsatzes eine positive Wirkung auch hinsichtlich des Grundwasserschutzes hat, und ich meine weiters, daß der Ansatz Förderung extensiverer Produktionsformen flächenhaft diesen Ansatz unterstützt.

ÖPUL 2000 wird aber einen weiteren Schritt haben und wird spezifische Maßnahmen in wassergefährdeten Gebieten anbieten können, damit wir noch punktgenauer auch das Umweltprogramm ÖPUL im Sinne des Gewässerschutzes anwenden können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Die nächste Anfrage ist von Frau Abgeordneter Sophie Bauer eingebracht worden. – Bitte um die Formulierung.

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich möchte folgende Frage an Sie stellen:

283/M

Wie werden Sie die laut Agenda 2000 eröffnete Möglichkeit der Einführung einer sozialen Staffelung bei der Förderungsvergabe in Österreich umsetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Es hat in der Europäischen Union anläßlich der Agenda-2000-Beschlußfassung eine heftige Auseinandersetzung gegeben. Zwei Modelle sind einander gegenübergestanden: einerseits das Modell der zeitlichen Degression, das heißt, des zeitlichen Abbaus von Förderungen, andererseits ein Modell, europaweite Größenstaffelung einzuführen. Beide Modelle haben keine Mehrheit gefunden.

Als Kompromiß liegt daher derzeit der Artikel 4 vor. Dieser besagt, daß die Mitgliedstaaten die Beträge der Zahlungen staffeln können, wenn entweder die Anzahl der Arbeitskräfte eines Betriebes, ausgedrückt in Jahresarbeitseinheiten, während dieses Kalenderjahres unterhalb einer von den Mitgliedsstaaten festzulegenden Grenze liegt und/oder der Gesamtwohlstand eines Betriebes, ausgedrückt in Form eines Standarddeckungsbeitrages, je nach mittlerer Situation einer bestimmten Region oder einer kleineren geographischen Einheit während dieses Kalenderjahres über einer von den Mitgliedsstaaten festzulegenden Grenze liegt und/oder die Gesamtbeträge der Zahlungen im Rahmen der Stützungsregelungen für ein Kalenderjahr eine von den Mitgliedsstaaten festzusetzende Grenze überschreiten.

Eine Entscheidung über die Anwendung des Artikels 4 in Österreich ist nicht gefallen. Bei der Diskussion ist aus meiner Sicht festzuhalten, daß wir dabei folgendes zu berücksichtigen haben:

Erstens die Ziele der Maßnahmen, wobei ich festhalte, daß es sich hier bei der Diskussion immer nur um die Marktordnungsprämien der Europäischen Union handelt.

Zweitens die Frage der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Vergleich. Hier möchte ich darauf hinweisen, daß beispielsweise der deutsche Landwirtschaftsminister Funke erklärt hat, daß Deutschland Artikel 4 nicht anwenden wird, weil er die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Betriebe nicht schwächen möchte.

Wir müssen – drittens – auch andere Aspekte berücksichtigen wie beispielsweise Steuerprogression bei nichtbuchführenden Betrieben respektive die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Landwirtschaft.

Aber nochmals: Eine Entscheidung über die Anwendung des Artikels 4 ist in Österreich nicht gefallen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wünschen Sie eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Bundesminister! Wie schätzen Sie die Wettbewerbsmöglichkeit der österreichischen Bauern ein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Nach objektiven Kriterien – ich denke dabei etwa an die Betriebsgröße oder an natürliche Benachteiligungen, sprich Berggebiete – ist die österreichische Landwirtschaft im Vergleich zu großen Staaten nicht in dem Ausmaß wettbewerbsfähig. Aber in der Betriebsgröße alleine sehe ich nicht das Kriterium der Wettbewerbsfähigkeit, sondern ich sehe es vor allem auch in der Frage der Qualität der Produkte und in der Fähigkeit, diese Qualität der Produkte zu vermarkten.

So gesehen braucht Österreich hinsichtlich der Qualität der Produkte dann keinen Vergleich zu scheuen, wenn wir immer mehr Konsumenten davon überzeugen, unsere hochqualitativen Produkte zu kaufen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Koller, bitte.

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Die Milchquoten sind bei der Agenda mitverhandelt worden. Herr Minister! Warum müssen die heimischen Milchbauern pro Kilogramm überlieferter Milch 69,65 Pfennig Superabgabe bezahlen, wie die Strafzahlung verfeinert genannt wird, während die westdeutschen Bauern 43,3 Pfennig und die ostdeutschen Bauern gar nur 39,5 Pfennig bezahlen müssen? Ist das die europäische soziale Staffelung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Antwort ist sehr einfach: weil die österreichischen Betriebe im Vergleich zu den deutschen die Milchquote stärker überliefert haben.

Daher bin ich froh darüber, daß es uns gelungen ist, im Rahmen der Agenda 2000 die 150 000 Tonnen Umwandlung von nicht ausgeschöpfter D-Quote in ein Lieferrecht zu bekommen (Abg. Aumayr: Also bitte, das stimmt nicht!) und damit auch eine verbesserte Ausgangsbasis für die österreichischen Bauern zu haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Das ist falsch, Herr Minister!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Freund, bitte.

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben sich bei den Agenda-Verhandlungen in Brüssel mit aller Vehemenz für eine soziale Staffelung, also für Ausgleichszahlungen nach Betriebsgrößen eingesetzt. Leider haben sich dort die sozialdemokratisch regierten Länder dagegen ausgesprochen. (Abg. Wabl: Diese Sozialdemokraten!)

In welchen Bereichen haben Sie als verantwortlicher Landwirtschaftsminister bereits Elemente einer Sozialstaffelung eingeführt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Wenn Sie unter sozialer Staffelung die Staffelung nach Betriebsgrößen verstehen, so gibt es derartige Staffelungen im Bereich der Ausgleichszulage, das heißt der Förderung der Betriebe in benachteiligten Gebieten, es gibt derartige größenabhängige Staffelungen im Bereich des ÖPUL 1998, und sie sind auch im ÖPUL 2000 vorgesehen. Es gibt weiters im Bereich der Investitionsförderung betriebsgrößenabhängige Staffelungen, damit tatsächlich auch die kleineren Betriebe im Bereich der Investitionsförderung unterstützt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Es ist nun fünf Jahre her, seitdem hier in diesem Hause die soziale Staffelung heftigst diskutiert worden ist. Die Sozialdemokraten haben sich dafür eingesetzt, die ÖVP war reserviert. Die Großgrundbesitzer und jene, die mit viel Maschineneinsatz durchrationalisiert haben, kassieren den Löwenanteil der Förderungen.

Wer sind jetzt tatsächlich die Gegner? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die sozialdemokratisch regierten Länder gegen ihren wohldurchdachten Vorschlag, von den Grünen unterstützt, gestimmt haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Es ist so, daß Österreich einen eigenständigen Vorschlag für eine betriebsgrößenabhängige Staffelung der Marktordnungszahlungen eingebracht hat. Dieser Vorschlag ist in Europa etwa von der Hälfte der Mitgliedsstaaten unterstützt und von der anderen Hälfte der Mitgliedsstaaten abgelehnt worden. Zu den ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Darf ich eine Sekunde unterbrechen?

Ich sehe da jemanden in der Loge eine Kamera benützen. Ich bitte, das einzustellen! (Abg. Aumayr: Immer noch besser als ein Tonband!)

Herr Minister, entschuldigen Sie bitte. Setzen Sie fort!

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer (fortsetzend): Zu den ablehnenden Staaten gehören beispielsweise Deutschland, Schweden und auch Großbritannien.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Smolle, bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Es gibt Studien und auch Berichte darüber, daß fast 50 Prozent der österreichischen Bauern unter der Armutsgrenze leben. Andererseits sind genau diese Bauern und auch die anderen sehr abhängig von Subventionen. Ich glaube und hoffe, wir sind da einer Meinung – und dahin geht meine Frage –, daß wir die Subventionen grundsätzlich zurückdrängen, gleichzeitig aber nachhaltig solide und sichere Arbeitsplätze auch im Bereich der Landwirtschaft schaffen sollten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Wir gehen nicht auf einem Meinungspfad, und das aus zwei Gründen. Erstens rede ich nicht von "Subventionen", sondern von "leistungsorientierten Ausgleichszahlungen", die den österreichischen Bauern aufgrund ihrer erbrachten Leistungen zustehen.

Zweitens: Weil diese Leistungen erbracht werden, bin ich für die Beibehaltung. Dort, wo die Leistungen sogar noch stärker gefordert sind, etwa im Umweltbereich oder etwa bei den Bergbauern, trete ich für einen Ausbau dieser leistungsbezogenen Ausgleichszahlungen ein, weil die Gesellschaft ein Recht darauf hat, daß diese Leistungen auch erbracht werden. Wenn sie aber erbracht werden sollen, dann müssen sie auch abgegolten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Smolle, bleiben Sie bitte da! Sie formulieren gleich die nächste Anfrage.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich darf meine Frage formulieren; es ist eine sehr zentrale Frage, über die wir im Ausschuß auch schon gesprochen haben, und diese lautet:

287/M

Welche politischen Maßnahmen werden Sie setzen, um zukünftig den Einsatz von Antibiotika in Futtermitteln zu unterbinden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Der Einsatz von Antibiotika in Futtermitteln gehört wohl zu den sensibelsten Fragen, die im gesamten Futtermittelbereich bestehen. Ich bin froh darüber, daß sich die Europäische Union in den letzten Jahren in die richtige Richtung bewegt.

Wir haben neben dem Verbot, das wir schon früher ausgesprochen haben – Stichwort Avoparcin –, während der österreichischen Präsidentschaft vier Antibiotika zusätzlich auf diese Verbotsliste gesetzt, und ich bin froh, daß uns das während dieser unserer Präsidentschaft auch gelungen ist.

Es ist daher aus meiner Sicht weiters notwendig, daß wir Schritt für Schritt auf Basis wissenschaftlicher Studien, die etwa im Hinblick auf Kreuzresistenz Verdachtsmomente ergeben, tatsächlich in der Union auch im Sinne von zusätzlichen Verboten handeln. Und ich weiß, daß die Kommission derzeit daran arbeitet, weitere Produkte auf diese Verbotsliste zu setzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Eine allgemeine Frage, aber sie geht genau in dieselbe Richtung: Die Skandale der letzten Zeit, vor allem in Belgien, haben ja gezeigt, daß hier unbedingt Maßnahmen erforderlich sind. Daher die sehr konkrete Frage:

Wie wollen Sie insgesamt die Lebensmittelsicherheit garantieren, erhalten und eigentlich noch erhöhen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Es gibt drei Ansätze: erstens ganz klare Regelungen in den Zulassungsbedingungen etwa der Europäischen Union – Stichwort Antibiotikaverbot –; zweitens klare Kontrollaufträge für die Mitgliedstaaten – Österreich führt diese Kontrollen effizient durch –; drittens unterstütze ich die Idee von Franz Fischler, eine unabhängige Überwachungsbehörde einzusetzen, die auch im voraus bereits sozusagen Entwicklungen rückmeldet, damit zeitgerecht und richtig reagiert werden kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Brix, bitte.

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bezug nehmend auf Ihre Antwort hier in diesem Hause zum belgischen Dioxinskandal möchte ich Sie, Herr Minister, da Sie auch für die Futtermittelkontrolle in unserem Land zuständig sind, fragen: Welche Mengen an mit Antibiotika versetzten Futtermitteln kommen jährlich in Österreich auf den Markt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Diese Frage kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten, wobei ich auch nicht weiß, ob Sie jetzt die belgischen Futtermittel, die wegen des Nachweises von Dioxin beschlagnahmt wurden, meinen, denn dann wäre eine andere Antwort darauf zu geben, als darauf, was Sie tatsächlich gefragt haben, nämlich in welchen Bereichen es Antibiotika im Futtermittel gibt.

Wenn Sie die Frage konkretisieren, werde ich sie gerne schriftlich beantworten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte, das schriftlich zu konkretisieren und schriftlich zu beantworten.

Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Aumayr, bitte.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Werden Sie den einstimmigen Beschluß der steirischen Landwirtschaftskammer-Vollversammlung umsetzen, wonach der "A"-Stempel, Qualität aus Österreich, nur mehr für Lebensmittel vergeben wird, welche ausschließlich aus heimischen Rohstoffen erzeugt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Ich möchte dieses offensichtliche Mißverständnis aufklären. Jeder Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist dazu verpflichtet, bei der Beschau letztendlich durch einen Stempel sicherzustellen, daß das Fleisch, das von diesem Tier stammt, den Kriterien entspricht.

Anders ist die Frage hinsichtlich des rot-weiß-roten A zu beurteilen. (Abg. Aumayr: Darum geht es!) – Sie haben Beschaustempel gesagt. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, Frau Abgeordnete! Das rot-weiß-rote "A", Frau Abgeordnete, ist aus meiner Sicht richtig im Bereich industriell-gewerblicher Produkte eingesetzt. Ich trete daher dafür ein, daß im Bereich der Lebensmittel schwerpunktmäßig das AMA-Gütesiegel verwendet wird, weil das AMA-Gütesiegel ein ausgezeichneter Schutz und ein ausgezeichnetes Signal für österreichische Qualität und Herkunft ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist doch unverständlich!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Zweytick stellt die nächste Zusatzfrage. – Bitte.

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen konnten in bezug auf antibiotische Futtermittel auf europäischer Ebene gesetzt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Neben dem schon angesprochenen Verbot von Antibiotika im Futtermittel sind insbesondere klare einheitliche Vorschriften hinsichtlich der Zulassung und Registrierung derartiger Produkte vorgesehen. Es ist zweitens eine exakte amtliche Kontrolle vorgesehen, die offensichtlich noch in einigen Mitgliedstaaten verbessert werden muß. Es ist drittens ein einheitliches EU-System hinsichtlich der Betriebsnummern vorgesehen, damit auch im Falle von Verstößen eine Nachvollziehbarkeit des Futtermittels gegeben ist. Es gibt seitens der Mitgliedsstaaten eine klare Berichtspflicht an die Kommission. Die EU-Vorschriften gelten auch für Drittländer, sodaß das gemeinsame Überwachungsprogramm, das es im Futtermittelbereich bereits gibt, aus meiner Sicht eine vernünftige Grundlage für die Sicherheit sowohl der Bauern als auch der Konsumenten darstellt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Gerade die Massentierhaltung hat dazu beigetragen, daß im Bereich der Futtermittel, im Bereich der Tierhaltung Antibiotika, Pharmazeutika, chemische Zusätze überhand genommen haben und jetzt mehr Kontrollen, mehr Auflagen und mehr Verordnungen durchgeführt werden, um das einzudämmen.

Was werden Sie tun, damit gerade jene Bauern, die biologisch wirtschaften, kleinere oder mittlere Betriebe sind und aufgrund dieser Verordnungen jetzt schikaniert werden, entlastet werden, weil sie dafür nicht verantwortlich sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Der Ansatz, den Österreich wählt, ist jener über das österreichische Umweltprogramm, von dem wir schon gesprochen haben. Sie wissen, daß im österreichischen Umweltprogramm eine Intensitätsgrenze mit zwei GVE je Hektar vorgesehen ist. Sie wissen, daß im österreichischen Umweltprogramm vor allem biologisch wirtschaftende Betriebe unterstützt werden, die in besonderer Weise auch auf die Umweltverträglichkeit nicht nur der tierischen, sondern auch der pflanzlichen Produktion Bedacht nehmen und darauf hinwirken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Damit haben wir diesen Fragenkomplex erledigt.

Die nächste Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

281/M

Wie stellen Sie sich zur Einbeziehung der tierischen Produktion in die Verordnung (EWG) 2029/91 über den ökologischen Landbau für Österreichs Biobauern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Biolandwirtschaft ist für Österreich ein wichtiges, so würde ich sagen, Zukunftsprojekt, das wir weiter ausbauen wollen. Wir sind da europaweit Spitze, und wir wollen diese Spitzenposition halten.

Österreich hat gemeinsam mit der Europäischen Kommission vor kurzem die erste Biokonferenz in Österreich abgehalten. Diese Biokonferenz ist ein wesentlicher Impuls dafür gewesen, daß wir nun in Brüssel auch die tierischen Produkte in die Richtlinie Biolandbau miteinbeziehen können.

Die politische Vorarbeit hat Österreich während seiner Präsidentschaft geleistet, weil bereits während unserer Präsidentschaft ein politischer Rahmenbeschluß gegeben war, der nun auch mit dem formalen endgültigen Beschluß abgesichert ist. Das bringt aus meiner Sicht zwei große Vorteile, und zwar einerseits den Vorteil, daß nun auch tierische Produkte europaweit den Richtlinien entsprechen, und zweitens, daß damit die österreichische Bioproduktion auch auf diesem Markt faire Wettbewerbsbedingungen vorfindet.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage?– Bitte.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Bundesminister! Unter den österreichischen Biobauern sind sehr viele Kleinbauern. Welche spezielle Regelungen konnten für Kleinbauern umgesetzt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Es handelt sich hiebei insbesondere um die Frage der Haltungsbedingungen. Es gibt in dieser Richtlinie im Prinzip das Anbindeverbot der Tiere – das halte ich für richtig –, gleichzeitig wird mit dieser Richtlinie aber auch sichergestellt, daß für kleinere Betriebe, die wir gerade in Österreich haben, laut Kleinerzeugerregelung jene Ausnahmebestimmungen möglich sind, die wir brauchen – allerdings nur dann, wenn insgesamt eine tiergerechte Haltung, etwa nach den Kriterien des Tiergesundheitsindex vorgesehen ist. Ich bin froh darüber, daß wir diese Haltung und diese Regelung gerade für diese typischen österreichischen Biobetriebe umsetzen konnten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Smolle, bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich muß auf meine Frage betreffend Antibiotika zurückkommen und hoffe, daß Sie zumindest jetzt mit mir konform gehen und wir einer Meinung darüber sind, daß man die Anwendung von Pharmazeutika möglichst zurückdrängen sollte. Das ist aber nur bei artgerechter Tierhaltung möglich und vielleicht bei entsprechenden flächendeckenden Impfungen von Muttersäuen zum Beispiel.

Daher meine Frage: Wie wollen Sie erreichen, daß es eine artgerechtere Haltung sozusagen nach europäischem Maßstab gibt und die Tierfabriken zurückgedrängt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Hier teile ich Ihre Meinung tatsächlich, Sie haben recht. Der wesentlichste Ansatz ist, daß wir die europäischen Standards in der Tierhaltung Schritt für Schritt verbessern. Ich meine etwa, daß die Frage der Regelung im Legehennenbereich ein Schritt war, der aus österreichischer Sicht nicht ausreichend war. Österreich hat daher gegen diese Regelung gestimmt, weil das österreichische Ziel, Verbot der Käfighaltung, mit dieser Verordnung nicht umgesetzt werden konnte. Verbesserte Tierschutzbedingungen bringen viele positive Effekte. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Habe ich die Beantwortung der Frage des Kollegen Schwarzenberger richtig verstanden, daß in Zukunft Biobauern, insbesondere Demeter-Bauern, nicht dazu gezwungen werden können, bei ihren Tieren die Hörner abzubrennen, weil sie kein Geld für Stallungen haben, die den EU-Richtlinien entsprechen würden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Das Problem bestand darin, daß in einem Entwurf das generelle Anbindeverbot festgehalten war, was in der Konsequenz bedeutet hätte, nur Laufställe, Laufstallungen einzurichten.

Das ist sinnvoll aus der Sicht des Tierschutzes und auch bei größeren Betrieben wirtschaftlich machbar. Bei kleineren Betrieben, bei denen etwa der Weideauslauf üblich ist, bei denen etwa auch ein vernünftiges Stallklima gegeben ist, ist aus meiner Sicht auch die Anbindehaltung vertretbar. Und genau diese Kleinerzeugerregelung haben wir auch in Brüssel auf Anregung der österreichischen Biobauern umgesetzt, die dafür sehr dankbar sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gradwohl, bitte.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich komme auf die biologische Landwirtschaft und auf einige Debattenbeiträge in den letzten Wochen meinerseits zurück. Meine Frage an Sie lautet: Gibt es in Ihrem Ressort Vorarbeiten beziehungsweise wenn ja, wie weit sind diese gediehen hinsichtlich der Biobauernverbände, die AMA-Marketing-Beiträge an diese Verbände zurückzuzahlen, damit diese ihre Marketinglinien aufziehen können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Diese Vorarbeiten gibt es nicht. Warum? – Wir haben bisher eine Strategie verfolgt, die sich durchaus bewährt hat, nämlich daß das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft auf Basis der Dienstleistungsrichtlinie die Verbände unterstützt – also die Arbeitsgemeinschaften, etwa den Ernteverband, um nur ein Beispiel zu erwähnen – und daß die Frage der Marketingbemühungen gemeinsam zwischen den Verbänden und der Agrarmarkt Austria ausgemacht wird. Es gibt zwischen den Verbänden, sprich der ARGE und der Agrarmarkt Austria, intensive Gespräche darüber, wie die Kooperation verbessert werden kann. Aus meiner Sicht besteht durchaus eine gewisse Verbesserungsnotwendigkeit und auch -möglichkeit, aber einen Abtausch hielte ich nicht für sinnvoll, weil wir damit die Dualität, die wir gemeinsam als richtig empfinden, auch mit den Bioverbänden, in Frage stellen würden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Salzl, bitte.

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Die Aufhebung der Exportsperre für britisches Rindfleisch so kurz nach dem Dioxinskandal ist meiner Meinung nach gerade für die kleinen Bauern unzumutbar, aber auch dem Konsumenten gegenüber unverantwortlich und wird auch von den Österreicherinnen und Österreichern, soweit die Umfragen das belegen, nicht gewünscht.

Meine Frage: Wie stehen Sie zu der Aufhebung dieser Exportsperre, beziehungsweise was werden Sie tun, um einerseits die Landwirtschaft vor Schäden zu bewahren und andererseits den Wünschen der Konsumenten weitestgehend Rechnung zu tragen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Auf Basis einer Beschlußfassung der Staats- und Regierungschefs ist die Kompetenz für die konkreten Schritte der Erleichterung des Exportverbotes für britisches Rindfleisch der Kommission übertragen worden. Ich appelliere von dieser Stelle aus an den österreichischen Handel, von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch zu machen, weil ich es für sinnvoll halte, daß wir nach wie vor bei österreichischem gutem Frischfleisch bleiben. Wir werden diese Strategie durch entsprechende Marketinginitiativen der Agrarmarkt Austria unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir den vierten Fragenkomplex abgehandelt.

Die 5. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

288/M

Was gedenken Sie aufgrund der zunehmenden Verarmung der ländlichen, insbesondere der (berg)bäuerlichen Bevölkerung, die von gesetzwidrigen Kanalprojekten wesentlich mitverursacht wird, in Ihrem Verantwortungsbereich zu tun?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich möchte eingangs festhalten, daß es nach den jüngsten Zahlen im Bereich bergbäuerlicher Einkommen im Jahre 1998 ein Plus von 5 Prozent gegeben hat.

Zweitens, Herr Abgeordneter, wissen Sie, daß das Wasserrechtsgesetz jene gesetzliche Grundlage ist, die den Schutz der Gewässer zum Ziel hat, und nicht festlegt, mit welchen finanziellen Mitteln dieses Ziel erreicht wird. Diese Bestimmungen sind etwa im Umweltförderungsgesetz geregelt oder beim konkret von Ihnen angesprochenen Problem in den Landesgesetzen, die die Kanalisation regeln.

Ich weiß aber, daß es immer wieder offene Fragen in diesem Zusammenhang gibt, daher bin ich mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie übereingekommen, über den Sommer eine Arbeitsgruppe einzurichten unter Einbeziehung der österreichischen Kommunalkredit AG, die die Förderungen konkret abwickelt, um dann die notwendigen rechtlichen Schritte nicht nur im Wasserrechtsgesetz, sondern aus meiner Sicht auch im Umweltförderungsgesetz zu setzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! In der Kommission für Siedlungswasserwirtschaft wurde zwei Jahre lang über ein Thema diskutiert, nämlich daß jetzt der ländliche Raum kanalisiert und die Abwasserversorgung vorangetrieben werden soll. Es wird in den nächsten Jahren ein Drittel des Gesamtbudgets Österreichs damit verbaut und verplant. Wir haben einen präzisen Vorschlag gemacht. Warum schieben Sie diesen Vorschlag nun wieder auf die Beamtenebene, verschanzen sich hinter der Beamtenebene, obwohl es hier im Hause bereits durch die Legislative eine Einigung gegeben hat?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich "verschanze" mich hinter niemandem, sondern es ist meine Aufgabe, vernünftige Regelungen umzusetzen, und vernünftige Regelungen erfordern einerseits Maßnahmen im Wasserrechtsgesetz, aber andererseits Maßnahmen im Umweltförderungsgesetz. Da ich für die Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes nicht zuständig bin, sondern Kollege Bartenstein, ist es wohl legitim, daß wir in einer gemeinsamen Gruppe zeitgerecht einen Lösungsvorschlag für die Novellierung beider Gesetze erarbeiten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Es ist unbestritten, daß Bürokratie und derartige Erschwernisse zur Kostenbelastung beitragen. Welche Möglichkeiten bietet das neue Wasserrechtsgesetz, durch eine Verfahrensvereinfachung eine Senkung der Kosten zu ermöglichen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Bereits die letzte Novelle des Wasserrechtsgesetzes hat diese Verfahrensvereinfachung zum Ziel gehabt und auch durchaus erste große Erfolge bewirkt. Ich denke, daß etwa die Umstellung von der Einzelgenehmigung hin zu einer Typengenehmigung ein derartiger Erfolg ist.

Zweitens: Wir haben mit dieser Novelle nun vernünftige Regelungen für die Frage der Wassergenossenschaften, die eine wichtige Einrichtung auch hinsichtlich der Wasserversorgung sind, geschaffen. Ich denke, daß wir durch eine vernünftige längere Budgetperiode und auch durch vernünftige längere Abrechnungsperioden zu dieser Verwaltungsvereinfachung beigetragen haben. Die Kontrolle ist beispielsweise auf das notwendige Maß reduziert worden. Warum? – Wir haben den Genossenschaften stärkere Eigenständigkeit und Eigenverantwortung gegeben.

Ganz wichtig in dieser Novelle ist vor allem, daß wir das Instrument der Typengenehmigung eingeführt haben, damit wir von dieser Einzelgenehmigung in diesen Bereichen wegkommen und tatsächlich Typen, die dem Schutzziel dienen, bewilligen und genehmigen, damit Einzelgenehmigungen dann in Zukunft wegfallen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Smolle, bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sie wissen sehr genau, daß vor allem im ländlichen Gebiet die Anschlußgebühren für Kanalanschlüsse enorm hoch sind. Teilweise machen sie in Eisenkappel fast bis zu einer halben Millionen Schilling pro Anschluß aus. Herr Bundesminister! Sie selbst haben jetzt bei der Beantwortung der Frage des Kollegen Wabl das Wasserrechtsgesetz mithineingezogen.

Daher stelle ich folgende konkrete Frage an Sie – aufgrund des Artikels 4a hätten Sie ja die Möglichkeit gehabt, sich Kompetenzen zu erwerben –: Warum haben Sie sich im Ausschuß nicht dagegen zur Wehr gesetzt, daß dieser Artikel gestrichen wurde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter Smolle! Ich habe das Wasserrechtsgesetz nicht hineingezogen, sondern ich bin für die Vollziehung des Wasserrechtsgesetzes zuständig, wie Sie wissen.

Weiters möchte ich festhalten, daß es Aufgabe der Länder ist, auf Basis des Landesgesetzes sowohl die Frage der Kanalanschlußregelungen als auch die Frage der Kanalanschlußgebühren festzulegen. Warum? – Die Situation in den Ländern ist einfach unterschiedlich, und auf diese Unterschiedlichkeit soll reagiert werden. Aber ich bin bereit dazu, wie ich schon drei Mal gesagt habe, in dieser gemeinsamen Gruppe Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grabner, bitte.

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Bundesminister! Wie weit sind Ihre Vorarbeiten zur gerechteren Verteilung der Fördermittel unter Zugrundelegung des Arbeitskräfteeinsatzes gediehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Wo da der Bezug zum Wasserrechtsgesetz gegeben ist, sehe ich nicht. Aber ich habe schon die Frage bezüglich der Anwendung des Artikels 4 der neuen Verordnung in bezug auf die ländliche Entwicklung beantwortet und auch bereits gesagt, wo derartige Staffelungen in den Förderungen schon vorgegeben sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Aumayr. – Bitte.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Minister! Die Auflagen für die österreichischen Landwirte zur Genehmigung eines Bewässerungsbrunnens sind sehr streng. Portugal hat aber jetzt im Rahmen der Agendaverhandlungen zusätzliche landwirtschaftliche Flächen als bewässerungswürdig genehmigt bekommen. Wie groß ist das Flächenausmaß der zusätzlichen Genehmigung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Diese Frage kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten, ich werde das schriftlich nachreichen, aber ich halte fest, daß zwischen Österreich und Portugal ein klimatischer Unterschied gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Das habe ich "nicht" gewußt, Herr Minister!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Koller stellt die 6. Anfrage. – Bitte.

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

286/M

Mit welchen konkreten Maßnahmen schützen Sie Österreichs bäuerliche Produktion vor den von EU-Kommissär Fischler vereinbarten großzügigen zollfreien Importquoten aus MOEL-Staaten, obwohl dort die Hygienebedingungen im Lebensmittelbereich völlig unzureichend sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Importrelationen zu den MOEL-Staaten basieren auf den Europaabkommen, die die Europäische Kommission, die Europäische Union mit diesen MOEL-Staaten geschlossen hat. Ich halte diese Abkommen durchaus für vernünftig, weil sie eine klare Regelung, einen klaren Inhalt bieten.

Österreich kontrolliert diese Importe selbstverständlich auf Basis des geltenden EU-Veterinärrechtes, des Hygienerechtes und auch der phytosanitären Bestimmungen. Sie müssen den EU-Standards entsprechen. Ich möchte Ihnen allerdings auch mitteilen, daß sich seit dem Jahre 1992 die Exporte beispielsweise in Richtung MOEL-Staaten von 3,18 Milliarden ECU im Jahre 1994 auf 4,6 Milliarden ECU im Jahre 1997 erhöht haben, während die Importe im selben Zeitraum von 2,19 Milliarden ECU auf nur 2,89 Milliarden ECU gestiegen sind. Das heißt, die Europäische Union exportiert in Wirklichkeit mehr in diese MOEL-Staaten, als aus diesen Staaten importiert wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Es ist bekannt, daß manche dieser Länder durch Organisationsmängel, Korruption sowie durch Mißernten nicht in der Lage sind, ihre Bevölkerung ausreichend zu versorgen. Die EU spendet, wie Sie gesagt haben, und liefert diesen Ländern Nahrungsmittel, welche zum Großteil in dunklen Kanälen verschwinden.

Herr Minister! Können Sie ausschließen, daß diese im Rahmen der EU-Nahrungsmittelhilfen gespendeten Einlagerungswaren, welche auch aus Großbritannien und Belgien stammen, im Rahmen der Importquoten für Agrarwaren aus MOEL-Staaten wieder auf den österreichischen Markt gelangen, wo sie möglicherweise die Gesundheit der Bevölkerung gefährden und den heimischen Bauern nicht nur die Preise verderben, sondern sie damit auch finanziell treffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Europäische Union hilft dann, wenn Staaten diese Hilfe wollen. Die Europäische Union zwingt diese Hilfe niemandem auf. Zweitens legt die Europäische Kommission zu Recht darauf Wert, daß die Qualität den Bestimmungen entspricht, denen sie zu entsprechen hat. Drittens gehe ich davon aus, daß in diesen Ländern die Verteilung so funktioniert, daß tatsächlich die hilfsbedürftigen Menschen diese Nahrungsmittelhilfe erhalten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schuster, bitte.

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Österreichs Bauern erzeugen qualitativ sehr hochstehende Lebensmittel, nur können wir in Österreich diese Lebensmittel nicht alle verbrauchen, daher sind wir auf Exporte angewiesen. Meine Frage an Sie lautet: Wie haben sich die Agrarexporte der letzten Jahre in diese mittel- und osteuropäischen Staaten entwickelt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Exporte erfuhren in den Jahren 1994 bis 1998 eine Steigerung von 21,31 Prozent, das bedeutet: von 4,4 Milliarden Schilling auf 5,4 Milliarden Schilling. Weil zur Abrundung des Bildes selbstverständlich auch der Import zu nennen ist, halte ich fest, daß der Import von 3,3 Milliarden Schilling in demselben Zeitraum auf 3,8 Milliarden Schilling gestiegen ist; das ist eine Steigerung von knapp 14 Prozent. Das bedeutet, der Export ist viel schneller und stärker gestiegen als der Import.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Smolle, bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich meine, daß die Haltung des EU-Kommissärs Fischler gar nicht so schlecht ist. Daher lautet meine konkrete Frage an Sie: Werden Sie den mutigen Kurs des EU-Kommissärs in Richtung Osterweiterung und Südosterweiterung unterstützen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Osterweiterung wird kommen. Ich halte die Osterweiterung für das wichtigste Projekt der Europäische Union im kommenden Jahrzehnt. Die Osterweiterung wird in einer Art und Weise vorzunehmen sein, daß die Risken für beide Seiten minimiert werden und die Chancen für beide Seiten zu nutzen sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Das würde ich mir gerne von Ihnen im Detail erklären lassen, wie das ausschaut!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wimmer, bitte.

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Sind Sie der Ansicht, Herr Bundesminister, daß die Beschlüsse über die Agenda 2000 ausreichen, die EU-Erweiterung friktionsfrei zu gewährleisten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Agenda 2000 ist jener Rahmen, der Klarheit schafft, wie die Gemeinsame Agrarpolitik und die ländliche Entwicklung bis zum Jahre 2006 konkret gestaltet werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. Damit haben wir diesen Fragenkomplex erledigt.

Wir kommen zur 7. Anfrage, die von Frau Abgeordneter Hagenhofer formuliert wird. – Bitte.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Bundesminister! Der freie Zugang zum Wald für alle Menschen in Österreich ist durch das Forstgesetz geregelt.

Meine Frage dazu lautet:

284/M

Was werden Sie gegen die durch wissenschaftliche Studien belegten – aber auch durch persönliche Wahrnehmung aufgrund von sogenannten Wildruhezonentafeln erfahrenen – Einschränkungen der Wegefreiheit in den österreichischen Wäldern unternehmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich würde pro futuro bitten, den Text der schriftlich eingereichten Frage vollständig zu verlesen, weil es für den Minister fair ist, daß dann tatsächlich die Frage zur Diskussion steht, die er auch schriftlich bekommen hat. – Jetzt darf ich um die Beantwortung bitten.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Das Forstgesetz regelt klar die Zutrittsmöglichkeit in die Wälder. Das Forstgesetz selbst kennt allerdings auch beschränkende Regelungen, wenn auf Basis forstrechtlich notwendiger oder forstpolitisch notwendiger Maßnahmen derartige Gebiete von diesem freien Zutritt auszunehmen sind.

Gleichzeitig gibt es die Jagdgesetze der Bundesländer, die jagdliche Sperrgebiete vorsehen. Auf Basis der Diskussion im Ausschuß habe ich daher mit den Ländern umgehend Kontakt aufgenommen. Bis dato sind mir Berichte bekannt, wonach es etwa 0,8 Prozent der Waldfläche sind, die von derartigen jagdlichen Sperrgebieten betroffen sind. Ich gehe daher davon aus, daß ich in dem laufenden Kontakt mit den Bundesländern sicherstelle, daß auch bei derartigen Vorgangsweisen der Geist des Forstgesetzes beachtet wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Nein, diese ist damit mitbeantwortet. Danke.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dann darf ich als nächsten Herrn Abgeordneten Dr. Salzl aufrufen. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Im Waldbericht wird der Wald/Wild-Problematik und der betreffend Schäl- und Verbißschäden immer relativ großer Raum gewidmet. Laut Expertenmeinung sind diese auch auf die relativ starke Beunruhigung des Wildes nicht zuletzt durch Radfahrer und Wanderer zurückzuführen.

Was werden Sie unternehmen, damit es einerseits zu einem Gleichgewicht beziehungsweise zu einer Harmonisierung in der Nutzung des Erholungsraumes und andererseits möglichst zu einer Minimierung dieser Verbiß- und Schälschäden kommt, um so den Wald in seiner Funktion erhalten zu können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Priorität haben für mich das Forstgesetz und der Schutz des Waldes, das ist klar. Ich bin daher froh darüber, daß die Bundesländer in ihren Novellen der Jagdgesetze richtige Schritte gesetzt haben. Das Forstgesetz gibt mit § 16 auch die notwendige Möglichkeit betreffend diese Waldverwüstungen, soferne sie stattfinden, auch tatsächlich in den Ländern und mit den Ländern gemeinsam zu versuchen, das hintanzustellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Trinkl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Bundesminister! Ein Miteinander aller Beteiligten – das sind in dieser Frage die Grundbesitzer, die Jagdpächter, die Tourismusverantwortlichen, aber auch die Sportbegeisterten – scheint der bessere Weg zu sein. Es gibt auch zahlreiche Bemühungen in den Ländern. Wie sehen Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, in Zukunft die Waldnutzungsmöglichkeiten vor allem angesichts des Mountainbiking?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Weil es diesen Bedarf gibt, weil es aber gleichzeitig durchaus widersprüchliche Interessenlagen gibt, habe ich das Modell der Vertragsregelungen entwickelt. Auf Basis dieser Vertragsregelungen sind beispielsweise bei den Österreichischen Bundesforsten bereits 1 500 Kilometer dieser Wege dem Mountainbiking sinnvoll zugänglich. In Tirol sind es zusätzlich bereits etwa 2 000 Kilometer, die angeboten werden. Ich glaube daher, daß diese Vertragsmodelle eine gute Grundlage dafür sind, um in diesem Spannungsfeld der Interessen auch für Mountainbiking und Tourismus vernünftige Lösungen zu finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Smolle, bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Es ist klar, am Wald besteht ein Gemeininteresse. Es gibt spezielle Interessen der Tourismuswirtschaft. Es gibt spezielle Interessen der Mountainbiker. Es gibt Jagdinteressen. Daher lautet meine Frage: Herr Minister, was wird Ihr Beitrag sein, um diesen Konflikt zu lösen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Das Bundesministerium hat ein Sieben-Punkte-Programm für die naturnahe Waldbewirtschaftung vorgelegt. Auf Basis dieses Programms werden auch alle Maßnahmen abgewickelt. Und wir haben sichergestellt, daß mit der europäischen Forststrategie diese Debatte der Nachhaltigkeit zum Schutz aller Funktionen des Waldes auch europaweit entsprechend verankert ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Ich gebe meinen Kollegen schon recht, daß man diese schwierige Frage Wald und dessen Benutzung nur gemeinsam und miteinander lösen kann. Nur warum kommt es, daß sich in manchen Gegenden immer noch die jagdlichen Interessen letztendlich durchsetzen? Kann es sein, daß eine besondere Nähe zwischen Politik und Jägern besteht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Da es sich offensichtlich um eine subjektive Feststellung handelt, kann ich keine objektive Antwort darauf geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt kommen wir zur vermutlich letzten Anfrage in dieser Gesetzgebungsperiode. – Herr Abgeordneter Schwarzböck, bitte.

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

282/M

Wie beurteilen Sie die kürzlich beschlossene Novelle zur Weinmarktordnung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Die Europäische Weinmarktordnung ist Gott sei Dank – das halte ich für das Wichtigste, das erreicht wurde – von einem defensiven Konzept hin zu einem offensiven Konzept umgewandelt worden, nämlich daß die Qualität nach wie vor im Weinbereich an oberster Stelle bleibt, aber gleichzeitig auch offensive Möglichkeiten, die der Markt verlangt, bietet. Ich denke etwa an die Auspflanzmöglichkeiten, an die Branchenverbände, die zusätzliche Aufgaben übernehmen.

Vor allem aber halte ich es für wichtig, daß die Qualitätsweinbestimmungen nach wie vor von Österreich durchgeführt werden und daß es gelungen ist, die traditionellen önologischen Verfahren – das heißt: die traditionellen Verfahren zur Weinbereitung – in der Europäischen Weinmarktordnung abzusichern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Bundesminister! Gibt es aufgrund dieser Entwicklung der Politik der Europäischen Union in Verbindung mit der Novelle zum österreichischen Weingesetz verbesserte Exportchancen für die österreichische Weinwirtschaft?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich halte zwei Bereiche für substantiell, um Verbesserungen erzielen zu können. Das eine ist, daß wir mit der Schaffung von zwei zusätzlichen größeren Weinbaugebieten den neuen Vermarktungsnotwendigkeiten Rechnung getragen haben, und das zweite ist, daß wir mit der Novelle des AMA-Gesetzes, die parallel mit der Weingesetznovelle erfolgt ist, nun auch eine gerechte und verbreiterte Aufbringungsbasis für die Marketing-Beiträge gefunden haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Smolle, bitte.

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich glaube, daß die gesamte Geschichte rund um den Wein eines zeigt, nämlich Schaden kann auch klug machen. Daher lautet meine Frage: Wie wollen Sie im Bereich anderer Lebensmittel genau dasselbe erreichen: durch Qualitätssteigerung, durch Kontrolle, bessere Produkte, dann auch erfolgreiche Unternehmer und erfolgreiche Bauern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich will das durch andere Methoden als beim Wein erreichen. Es muß nicht der Schaden sein, der klug macht, sondern es kann auch Klugheit sein, die vorbeugt. Daher sind eine klare Qualitätsorientierung und Kontrolle im Lebensmittelbereich meine Zielsetzungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Weingesetz meldet sich auch Herr Abgeordneter Achs. – Bitte.

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Bundesminister! Sind Sie der Ansicht, daß die Mengenkontrollen in den Bezirkshauptmannschaften im Interesse der erfolgreichen Winzer, aber auch zum Wohle der Konsumenten gewährleistet sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Das österreichische Weingesetz hat aus meiner Sicht eine sehr vernünftige Regelung, nämlich im Qualitätsweinbereich die Begrenzung der Erträge pro Hektar. Es ist logisch, daß diese Begrenzungen auch kontrolliert werden müssen. Gleichzeitig bin ich aber durchaus daran interessiert, ständig aus der Erfahrung des Kontroll- und Prüfvorganges zu lernen, um auch Vorgänge zu verbessern. Ich denke beispielsweise, daß der Wegfall der Bestandsmeldung im April mit dieser Weingesetz-Novelle ein möglicher Schritt zur Entbürokratisierung war, aber gleichzeitig das Niveau der Qualität und der Kontrolle gehalten wurde.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Klein. – Bitte.

Abgeordnete Anneliese Klein (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Braucht Österreichs Weingesetz für den experimentellen Versuchsanbau von Wein auf den wenigen Hektaren Anbaufläche in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Vorarlberg und Tirol tatsächlich eine eigene Weinbauregion mit dem Namen "Bergland"?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Abgeordnete! Das war der Wunsch, der aus der Weinproduktion gekommen ist. Es war der Wunsch der Praxis, auch für diese Flächen den notwendigen Rechtsrahmen zu schaffen, um einen rechtsfreien Raum zu vermeiden. Ich glaube, das Hohe Haus hat richtig gehandelt, diesem Wunsch der Praxis nach Rechtssicherheit auch nachzukommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Der österreichische Wein braucht aufgrund seiner Qualität keine Konkurrenz zu fürchten, außer es ist eine unfaire Konkurrenz, die vor allem im Handel entstehen kann, wenn es ungleiche Bedingungen im Zusammenhang mit ökologischen Standards, aber auch mit verkehrspolitischen Standards gibt. Wir warten in Österreich seit 13 Jahren auf eine ökologische Steuerreform. Wann wird diese kommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Abgeordneter! Ich gehe davon aus, daß die Diskussion über die ökologische Steuerreform auf europäischer Ebene in der nächsten Verantwortungsperiode der nun neuzukonstituierenden Europäischen Kommission stattfinden und, wie ich hoffe, auch zu Ergebnissen führen wird. Wenn eine derartige Reform durchgeführt wird, dann soll diese meiner Meinung nach im europäischen Gleichklang erfolgen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Damit ist die heutige Fragestunde beendet, und ich bedanke mich für die Beantwortungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Klub der freiheitlichen Abgeordneten hat nach § 93 (2) der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage mit der Ordnungsnummer 6621/J der Abgeordneten Scheibner und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend "Proporz und Postenschacher feiern fröhliche Urständ" dringlich zu behandeln.

Im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen werden.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters darf ich mitteilen, daß Herr Abgeordneter Dr. Kier beantragt hat, dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Bericht des Bundesministers für Inneres zur Entschließung des Nationalrates E 177 betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma eine Frist bis zum 23. September 1999 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das von fünf Abgeordneten geschäftsordnungsgemäß gestellte Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da soeben die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage bekanntgegeben wurde, wird diese Kurzdebatte im Anschluß an die Behandlung der Dringlichen Anfrage stattfinden; sodann wird unmittelbar über den Fristsetzungsantrag abgestimmt werden.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf bekanntgeben, daß die Anfragebeantwortungen 5961/AB bis 5965/AB sowie die Anfragebeantwortung 57/ABPR eingelangt sind.

Weitere Vorlagen sind nicht eingelangt.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 4, 5 und 6, 7 bis 9, 14 und 15, 16 bis 19 sowie 20 bis 23 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten. Über diesen Vorschlag hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage daher, ob es gegen diesen Vorschlag Einwendungen gibt? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (1199 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1998), und

über den Antrag 1071/A der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (2078 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird (2080 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 1018/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Förderungsrichtlinie für Entschädigungen nach § 33f Abs. 6 Wasserrechtsgesetz (2079 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (2081 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung.

Wünscht einer der Berichterstatter, das Wort zu ergreifen? – Dies ist nicht der Fall.

Wir gehen sogleich in die Beratungen ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Aumayr vor, und zwar mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.01

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben heute in der Fragestunde auf die Frage betreffend das Gütesiegel "A" wie Austria geantwortet, das sei an und für sich alles in Ordnung, die Konsumenten kennen sich aus, und sie sollen halt Produkte mit dem AMA-Gütesiegel kaufen. (Die Rednerin hält ein Schriftstück mit dem rot-weiß-roten Gütesiegel und der Überschrift "Zeichen, Marke, Bezeichnung – Made in Austria" in die Höhe.)

Herr Bundesminister! Das ist wirklich zynisch, denn die österreichischen Konsumenten haben ein Anrecht darauf, daß in Produkten, auf denen dieses Zeichen steht, auf denen "Austria" oder "Made in Austria" steht, wirklich Österreich drinnen ist und daß sie nicht zu 50 Prozent aus nichtösterreichischen Rohstoffen bestehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist ein Betrug an den Konsumenten und ein Betrug an den Bauern! Die Vollversammlung der steirischen Landwirtschaftskammer hat einen einstimmigen Beschluß gefaßt, wonach dieses Gütesiegel "Qualität aus Österreich" nur mehr für Produkte verwendet werden darf, in denen zu 100 Prozent Rohstoffe aus Österreich enthalten sind, und wir von den Freiheitlichen werden nicht ruhen, bis dieser Konsumentenbetrug abgestellt ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zur Wasserrechtsgesetz-Novelle. Wir Freiheitlichen bringen folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Koller, Klein, Dr. Salzl und Kollegen zur Regierungsvorlage 1199 der Beilagen: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetz-Novelle 1998), in der Fassung des Ausschußberichtes, 1078 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die im Titel genannte Regierungsvorlage 1199 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 2078 der Beilagen wird wie folgt geändert:

Die Ziffern 20 (§ 55b), 22 (§ 72 Abs. 4) und 56 (§ 116) werden gestrichen."

*****

Herr Bundesminister! Diese Wasserrechtsgesetz-Novelle, diese Änderung des Wasserrechtsgesetzes hat es wirklich in sich. Sie haben schon recht, es handelt sich dabei um eine EU-Anpassung, aber das ist eine EU-Anpassung, die es wirklich in sich hat, speziell der § 55b, und Sie wissen das, Herr Bundesminister.

Darin geht es um Programme im Rahmen der Europäischen Integration, und es heißt, daß Programme aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft auszuarbeiten und im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu veröffentlichen sind.

Das hört sich zunächst ganz harmlos an. Wenn aber demnächst die Europäische Union, Herr Bundesminister ... (Bundesminister Mag. Molterer spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Wabl.) – Herr Kollege Wabl, seien Sie bitte so lieb und lassen Sie den Herrn Bundesminister zuhören! (Abg. Wabl begibt sich auf seinen Platz.) – Danke vielmals.

Herr Bundesminister! Diese Passage hört sich ganz harmlos an, aber sie hat es in sich. Wenn demnächst die Europäische Union zum Beispiel auf Anregung Spaniens oder Portugals die gemeinschaftliche Bewirtschaftung der Wasserressourcen als Programm beschließt, dann ist das nicht mehr harmlos, Herr Bundesminister.

Dadurch, mit diesem neuen § 55b, Abs. 1 und 2, verpflichten Sie sich, Herr Landwirtschaftsminister, dieses Programm, die gemeinschaftliche Bewirtschaftung des Wassers für Österreich, auszuarbeiten und zu veröffentlichen. Der Bundesminister kann über Verordnungen jene Maßnahmen verfügen, die zur Erfüllung solcher Programme notwendig sind. Ich betone: Verordnungen! Es sind keine Gesetze mehr notwendig, das Parlament ist ausgeschaltet! Mit diesem § 55b, der neu ist, geben Sie die Wasserressourcen Österreichs aus der Hand. (Bundesminister Mag. Molterer: Das ist falsch!)

Nein, Herr Bundesminister, das ist nicht falsch. Sie haben mir bereits im Ausschuß gesagt, Programme der Europäischen Union sind zu vollziehen, und zwar sowohl Programme, die bereits beschlossen sind, als auch – natürlich – zukünftige Programme. Herr Bundesminister, wenn dem nicht so wäre, dann hätten Sie diesen neuen Paragraphen nicht einfügen müssen.

Österreich wird erste Adresse werden! Österreich wird als Wasserlieferant für die Bewässerungsanlagen in Spanien und in Portugal erste Adresse werden. Unsere Gemüsebauern müssen dann mit diesen Billigimporten konkurrieren. Zu den klimatischen Vorteilen dieser Länder kommen dann noch die niedrigen Umweltstandards, die niedrigen Löhne – und das österreichische Wasser dazu.

Herr Bundesminister! Sie brauchen mir die Antwort, die Sie mir versprochen haben, nämlich darauf, wieviel Fläche Portugal bei den Agenda 2000-Verhandlungen als bewässerungswürdig zugestanden bekommen hat, nicht mehr zu geben. Ich habe selbst nachgeschaut. Allein Portugal hat 40 000 Hektar an zusätzlichen Bewässerungsflächen zugestanden bekommen. (Abg. Smolle: Waren Sie schon einmal in Portugal?) Dazu kann ich nur sagen, Herr Bundesminister: Bewässert werden diese Gemüsefelder dann in erster Linie mit österreichischem Wasser werden, und gegen diese Entwicklung werden wir Freiheitlichen zu Felde ziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und beim Liberalen Forum. – Abg. Hans Helmut Moser: Das ist blanker Unsinn! – Abg. Mag. Peter: Herr Präsident! Österreichisches Wasser in Portugal! Das ist ja furchtbar!)

Herr Bundesminister! Sie haben immer alles abgestritten. Sie haben das immer abgestritten, als die Freiheitlichen gesagt haben, mit dem Maastrichter-Vertrag und der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung der Wasserressourcen gibt Österreich seine Ressourcen aus der Hand. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das haben Sie zuerst abgestritten. Dann hat es geheißen, das Einstimmigkeitsprinzip ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Bei welcher Partei bist du, Kollege Smolle? – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP, dem Liberalen Forum und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Jetzt hören wir einmal Frau Kollegin Aumayr zu, und dann kommt die ganze lange Rednerliste dran. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (fortsetzend): Es hat geheißen, das Einstimmigkeitsprinzip sei davor. (Abg. Smolle: Jeder muß einen Kübel Wasser ...!) Jetzt wissen wir, daß das Einstimmigkeitsprinzip in Gefahr ist und bald fällt, Herr Kollege Smolle. Sie werden das nicht mehr erleben, Herr Kollege Smolle, weil Sie dann nicht mehr im Parlament sein werden. (Neuerliche Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Wir können nur sagen: Wir Freiheitlichen werden mit aller Vehemenz gegen diesen Ausverkauf der österreichischen Wasserressourcen kämpfen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Aumayr gemeinsam mit Herrn Abgeordneten Koller eingebracht hat, ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Auer. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.08

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin etwas sonderbar berührt von der kühnen Behauptung der Kollegin Aumayr, was die künftige Bewässerung Portugals betrifft. Es sind mir ein bißchen so meine Zweifel gekommen, ob die jahrhundertealte Erfahrung noch Gültigkeit hat, wonach die Weisheit mit dem Alter kommt. Ich glaube, da kommt das Alter allein, meine Damen und Herren. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Krüger: Ungeheuerlich! Frechheit! Entschuldigen Sie sich! – Abg. Scheibner: Geschmacklosigkeit! Fällt dir sonst nichts mehr ein?!)

Meine Damen und Herren! Hochwertiges Trinkwasser, intaktes Grundwasser und saubere Seen und Flüsse, all das sind Schätze. (Abg. Dr. Krüger: Ungeheuerlich!) Daß diese geschützt und erhalten werden, und zwar nicht nur für uns, sondern auch für die kommenden Generationen, das soll und muß das Wasserrecht regeln. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Krüger: Niveaulosigkeit!)

Meine Damen und Herren! Außerdem muß das Wasserrecht die wasserwirtschaftliche und ökologische Nutzung regeln, aber es geht auch darum, den Menschen vor den Gefahren des Wassers zu schützen. (Abg. Dr. Krüger: Entschuldigen Sie sich für diese Entgleisung! – Abg. Gaugg: Entschuldigen Sie sich! – Abg. Scheibner: Nimm das zurück! – Abg. Wabl: Weisheit ist keine Frage der Intelligenz!)

Trinkwasser ... (Anhaltende lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Krüger: Entschuldigen Sie sich! Das ist wirklich niveaulos! – Abg. Gaugg: Sie sollen sich entschuldigen! – Abg. Wabl: Weisheit ist keine Intelligenzfrage!)

Meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Du sollst dich entschuldigen!) Trinkwasser in ausreichender Menge und hoher Qualität wie in Österreich zu haben, heißt, das Gold der Zukunft zu haben, und es gilt, dieses Lebensmittel Nummer eins zu schützen.

Durch die Wasserrechtsgesetz-Novellen 1990 und 1997 wurde dem verstärkten Schutz des Wassers, der schlanken und effizienten Verwaltung sowie auch der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht Rechnung getragen. War im Jahre 1990 die Wasserrechtsgesetz-Novelle die große theoretische Novelle, so ist 1997 das Wasserrecht in die Praxis umgesetzt worden. Und ich meine, daß mit dieser Novelle 1999 den neuen Organisationsmöglichkeiten für Genossenschaften und Verbände entsprechend Rechnung getragen wird.

Es ist notwendig, gerade in diesem Bereich das Wasserrecht an die heutigen Erfordernisse anzupassen. Die heute vorliegende Novelle ermöglicht den Wassergenossenschaften und Was-serverbänden mehr Satzungsautonomie und einen größeren Handlungsspielraum, und sie beseitigt unnötige Bürokratie.

Neu – das ist sehr positiv – ist die sogenannte Typengenehmigung. Meine Damen und Herren! Durch diese Typengenehmigung wird es dem Bundesminister durch Verordnung möglich, bestimmte Typisierungen von Anlagen und Anlagenteilen festzusetzen und nicht ständig neue Genehmigungen aussprechen zu müssen. Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, diese Verordnung ehestens umzusetzen.

Diese Novelle ermöglicht aber auch – und das ist für kleinere Abwasseranlagen besonders wichtig – eine Fristverlängerung bis 2005 und in manchen Bereichen bis 2012. Dann sollten die größten Probleme der Bundesländer Kärnten und Salzburg endgültig gelöst sein.

Meine Damen und Herren! Durch einen §-27-Antrag ist es auch in Zukunft gewährleistet, daß die regelmäßige Vorlage eines Trinkwasserberichtes erfolgt. Ich hoffe, daß damit endgültig die unterschiedlichen Auffassungen bezüglich Trinkwasser und Grundwasser beseitigt werden.

Alle wollen sauberes Wasser – in ausreichender Menge und möglichst billig, aber niemand will auf den Fortschritt verzichten. Der Verkehr nimmt zu, die Luftfahrt, der Ausstoß von Kerosin, Ölheizungen, gefährliche Transporte und so weiter nehmen an Umfang rasant zu. Dies alles erfolgt mit deutlichen Auswirkungen auf den Schutzfaktor Boden und auf den Schutzfaktor Wald. Der Wald hat das größte Speichervermögen. Der Waldboden filtert nicht nur, sondern wirkt auch wie ein Schwamm, sichert und hält Regen und Schmelzwasser zurück.

Meine Damen und Herren! Es ist daher notwendig, gerade dieses Bewußtsein für einen gesunden Wald, für einen gesunden Boden, für gesundes Trinkwasser zu stärken und zu verstärken. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Krüger: Kollegin Steibl! Was sagen Sie zu dem, was Kollege Auer zu Frau Aumayr gesagt hat? – Abg. Steibl: Der Kollege ist in Ordnung, er weiß, was er sagt!)

Wasserverschmutzung und Wasserverschwendung sind der Anfang vom Ende. Ich halte in diesem Zusammenhang auch fest, daß es unfair ist, immer nur der Landwirtschaft die Schuld an der Wasserverschmutzung, und zwar die alleinige Schuld an der Verschmutzung, zuzuschieben.

Meine Damen und Herren! Tausende aufgelassene Deponien, undichte Kanäle und Senkgruben sprechen eine deutliche Sprache. Die Landwirtschaft soll einerseits unser hervorragendes Trinkwasser schützen, aber gleichzeitig wird sehr oft verlangt, den Klärschlamm, also den Dreck der Nation auf den Feldern aufzubringen, um die Kosten der privaten und öffentlichen Haushalte möglichst gering zu halten. Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren!

Ich bin froh darüber, daß dies mit der Novelle, die wir heute beschließen werden, klargestellt ist und darin auch die Fragen und Problemstellungen der Wassergenossenschaften und Verbände im wesentlichen gelöst werden. Ich hätte mir natürlich auch gewünscht, meine Damen und Herren – und diesen Wunsch richte ich an den Koalitionspartner –, daß die Lösung des § 33f mitgenommen hätte werden können. Wir sind dem Koalitionspartner diesbezüglich sehr weit entgegengekommen. Wir sind auf einer guten Basis gewesen. Ich bedanke mich sehr herzlich für das, wie ich meine, gute Gespräch und für die Mitarbeit besonders bei Herrn Kollegen Gradwohl sowie bei den Mitarbeitern des Ministeriums und meinen eigenen Mitarbeitern, vor allem bei Herrn Dipl.-Ing. Thaler, Herrn Dr. Abentung und Frau Mag. Vogel. Ich hoffe, daß wir gerade diesen Punkt im kommenden Herbst einer Lösung zuführen können. Es geht darum, eine tragfähige Lösung zu finden.

Wir haben mit dieser heutigen Novelle einen weiteren Reformschritt gemacht. Wir nehmen die Verantwortung, Wasser und Lebensmittel zu schützen, ernst. Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie daher alle um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Es ist das ein wichtiger Meilenstein im Sinne der Entbürokratisierung, er enthält wichtige Punkte der Kostenentlastung und wesentliche Bestimmungen, was das Trinkwasser und den Wasserschutz allgemein betrifft. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Vergessen Sie nicht, sich zu entschuldigen! – Abg. Schieder: Entschuldigen Sie sich!)

10.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Auer, Sie haben Frau Aumayr in einer Art und Weise apostrophiert, die Ihnen inzwischen sicherlich leid tut – und die Zurufe "Lümmel" konnte ich leider auch nicht überhören. Ich bitte, daß das ... (Abg. Dr. Krüger: Ich habe gesagt "niveaulos"!) – Nein, ich weiß genau, was gesagt wurde.

Ich bitte, daß das vice versa in Ordnung gebracht wird. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.16

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte Frau Kollegin Aumayr nicht persönlich beleidigen. Ich nehme daher diesen Ausdruck mit Bedauern zurück. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Hans Helmut Moser.)

10.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

10.17

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod Minister! Visoki Dom! Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! (Rufe bei der ÖVP: Dobro jutro!) Ich glaube, nach meinen zahlreichen slowenischen Begrüßungen werden Sie es bald selber können. Wenn ich dann ab Herbst nicht mehr hier im Hause bin, würde ich bitten, daß jemand diese gute Tradition übernimmt, meine Damen und Herren.

Erlauben Sie mir aber doch, zur Auseinandersetzung um Frau Kollegin Aumayr noch etwas beizutragen. Es ist verständlich, Frau Kollegin, daß einem bei einem derartigen Unsinn halt oft die Sprache durchgeht. Das ist aber natürlich nicht okay; es ist mittlerweile auch erledigt. (Abg. Dr. Mertel: Wollen Sie sich auch entschuldigen?)

Aber ich möchte das auch ein bißchen launig einleiten, meine Damen und Herren. Es gibt eine Verordnung von Herrn Bischof Krenn, und zwar hat jeder Fatima-Pilger und jeder Pilger, der nach Santiago de Compostela zum Grabmal des Heiligen Ignatius wandert, die Pflicht, einen Kübel mit österreichischem Wasser über die Pyrenäen zu tragen. Diese Verordnung gibt es, und auf sie hat sich Kollegin Aumayr wahrscheinlich bezogen. (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Obergescheite Fraktion! – Abg. Dr. Krüger: Niveaulosigkeit!)

Meine Damen und Herren! Nun zum Ernst des Wasserrechtsgesetzes. Ich denke, da wir ja eher am Ende der Legislaturperiode angelangt sind, sind auch einige Späße erlaubt. Trotzdem nun zum Ernst der Materie. Herr Bundesminister! Bereits in meiner Anfrage habe ich großes Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, daß der SP-VP-Antrag im Vergleich zur Regierungsvorlage eine schlechtere Vorlage ist. Wir bedauern sehr, daß Artikel 4a herausgefallen ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Vom Wasser versteht er wenig, weil er nur selten Wasser trinkt!)

Im Ausschußantrag wurde Wesentliches herausgenommen, und damit können wir nicht zufrieden sein. Daher erfolgt auch die Ablehnung von seiten des Liberalen Forums. Aber ich möchte festhalten, daß der Antrag auch Positives bringt, und in dieser Beziehung ist ja das Liberale Forum so ausgezeichnet: Es sieht das Gute und kritisiert das Mangelhafte. Das ist eben unsere Art von Oppositionspolitik, meine Damen und Herren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir hätten die Regierungsvorlage mitgetragen, Herr Minister. Auf dem ersten Papier, das ich zusammen mit meinem Referenten erstellt habe, steht ein großes Plus, meine Damen und Herren. Aber durch den SP-VP-Antrag sind wir eines Schlechteren belehrt worden. Artikel 4a würde einen Generationenvertrag bringen. Das heißt, wir wissen, Wasser ist nicht nur etwas, was diese Generation braucht, sondern auch die kommenden Generationen.

Es ist erstens die regionale Wasserbilanz zu beachten. Darauf habe ich Sie schon früher einmal angesprochen, Herr Minister, und zwar im Rahmen meiner Anfrage an Sie.

Es geht zweitens um die Erhaltung der Natürlichkeit der Gewässer.

Dritter Punkt: Weniger Regulierung. Auch da wäre Deregulierung ein ganz liberaler Ansatz – liberal und gut.

Viertens: Ein weiteres wichtiges Prinzip lautet: keine Veränderung der Wassermenge – aber die großen Kanalprojekte bewirken eine Veränderung der Wassermenge – und äußerste Sorgfalt in bezug auf die Wassergüte!

Punkt 5: Die ökologische Funktion des Wassers soll erhalten und nicht angetastet werden!

Weiters werden gefordert: Platz für Abfluß und Retention, Schutz auch des Vorwassers und eine sorgsame Nutzung.

Punkt 7: Diese Grundsätze sollen in allen Lebensbereichen beachtet werden!

Es tut uns äußerst leid, Herr Minister, daß Sie all das aus der Gesetzesmaterie haben streichen lassen. Sie haben es ja nicht gestrichen, aber die Mehrheit in diesem Hause wollte klüger sein als das Landwirtschaftsministerium, als der Landwirtschaftsminister. Ich habe nur bedauert, daß Sie sich dagegen nicht gewehrt haben. Ich an Ihrer Stelle hätte mir das nicht so einfach nehmen lassen.

Es geht in der Wasserrechtsgesetz-Novelle – und auch das ist positiv zu sehen – um eine neue und bessere gesetzliche Grundlage für Wassergenossenschaften und Wasserverbände. Mehr Autonomie, Stärkung der Selbstverwaltung, Stärkung auch der Selbstverantwortung. – All das sind liberale, also gute Ansätze.

Es gibt auch eine Verwaltungsvereinfachung. – Auch das ist liberal und daher gut, meine Damen und Herren. Das bringt diese Novelle, auch der Antrag.

Schaffung einer nachhaltigen Ordnung in der Wasserbewirtschaftung – das bringt die nunmehrige Vorlage aber wieder nicht; da geht der Antrag hinter die Regierungsvorlage zurück.

Es ist äußerst bedauerlich, daß diese Grundsätze keine Mehrheit im Ausschuß gefunden haben. Ich glaube, auch heute wird sich die Regierungsmehrheit wahrscheinlich eher dem Antrag als der seinerzeitigen Regierungsvorlage zuneigen. § 30 ff, auf die Sie immer hinweisen, sind doch wesentlich schwächer.

Ich will hier jetzt nicht lange darüber reden, aber Sie, Herr Minister, wissen schon, was ich meine. Sie wissen, Artikel 4a wäre eine gute Grundlage auch für die Schaffung von Kompetenzen für Sie, also etwas, worüber Sie sich gerade beklagt haben, indem Sie zum Ausdruck brachten, daß Sie da keine Kompetenzen hätten. – In diesem Falle hätten Sie dann aber die Kompetenz, zusammen mit dem Umweltminister eine gute Wasserbewirtschaftung durchzusetzen. – Also ein Rückschritt durch diesen Ihren Antrag.

Der Antrag bringt aber auch einen Fortschritt, und da sind wir mit dabei: Darin wird eine sehr strenge Linie für die Typengenehmigung der Anlagen vorgegeben. Das ist etwas ganz, ganz wichtiges und grundsätzlich ein mutiger Schritt in die richtige Richtung. Das ist ein Teil des Antrages, den wir mit unterstützen.

Es gibt ein strenges Genehmigungsverfahren, ein Prüfungsverfahren bei Anlagen; Sachverständige sollen beigezogen werden. Herr Minister! Ich möchte aber gleich darauf hinweisen: Nehmen Sie Sachverständige nicht nur aus der Beamtenschaft, sondern auch solche aus der freien Wirtschaft. Das ist äußerst wichtig, damit keine Interessenkollisionen entstehen.

Auch eine Werkskontrolle, die im Antrag verlangt wird, wird von uns unterstützt. Das heißt, Werkskontrolle vor allem bei Serienproduktion, wo eben Anlagen in Serie gehen, sodaß das nicht nur einmal typengenehmigt und dann nie wieder angeschaut, sondern immer wieder krontrolliert wird, ob das Werk die seinerzeit eingereichten eigenen Dokumente ernst nimmt.

Weiters: Typengenehmigungen sollen auch auf Dauer erteilt werden; jedenfalls habe ich das so gelesen. – Ich finde es äußerst wichtig und interessant, daß man eben nicht eine Maschine genehmigt und diese dann 20 oder 30 Jahre lang weiterlaufen läßt, ohne zu prüfen, ob es nicht schon längst etwas Besseres auf diesem Gebiete gäbe.

Ich betrachte es als sehr gut, daß Typengenehmigungen befristet ausgesprochen werden und es so ermöglicht wird, daß das Gute durch das Bessere verdrängt wird, daß dann, wenn es neue Erkenntnisse in gewissen Bereichen gibt, diese auch in der Praxis eingesetzt werden können. Das halte ich, wie gesagt, für sehr, sehr wichtig. Damit kann auch eine Erneuerung des Anlagenparks erreicht werden.

Jenen Antrag, den wir gemeinsam mit den Grünen eingebracht haben, wird mein Kollege Wabl verlesen. Dabei geht es um die Frage ... (Abg. Wabl: Du kannst mich ruhig "Wabl", nennen, ohne den "Kollegen"!) – Herr Kollege Wabl – oder was muß ich sonst noch sagen? Jetzt: noch nicht Ex-Abgeordneter Wabl, aber bald mit mir auf der Arme-Sünder-Bank, wenn wir hier oben auf der Galerie, im ersten oder zweiten Stock sitzen werden. (Abg. Verzetnitsch: Wieso bitte "Arme-Sünder-Bank"?)

Kurz gesagt: Über die Frage der Variantenoptimierung wird Kollege Wabl noch sehr detaillierte Ausführungen machen. – Ich meine jedenfalls, Herr Minister, daß Sie da mit uns gehen sollten, nämlich mit dem Antrag des Kollegen Wabl und meiner Wenigkeit. Sie von den Regierungsparteien sollten mit uns das beschließen, und Sie, Herr Minister, sollten Ihre Regierungspartner davon überzeugen, daß wir bei den Anlagen eine Variantenoptimierung durchsetzen müssen. Das heißt, es muß geprüft werden, was in bezug auf diese Problemlösung das Beste ist. Man kann doch auch da nicht alles über einen Kamm scheren.

Über das Thema Stand der Technik – Stand des technischen Wissens – wird Kollege Andreas Wabl in diesem Zusammenhang noch sehr umfangreich referieren; ich kann mir das daher ersparen.

Meine Damen und Herren! Wir vom Liberalen Forum werden der Vorlage betreffend Hydrographiegesetz unsere Zustimmung erteilen. Wir sind der Meinung, daß eine Verschärfung der Kontrolle der Wassergüte und mehr Erhebung in diesem Bereich zu begrüßen ist; das ist etwas sehr Vernünftiges. Ich möchte aber bitten, daß man unter "regelmäßiger Kontrolle" nicht versteht, daß der zu Prüfende schon regelmäßig vorher weiß, wann die Prüfer kommen werden.

Es wäre sehr wichtig – und dafür haben Sie, Herr Bundesminister, ja eine Verordnungsermächtigung –, bei dieser Frequenz an Messungen auch stichprobenartige Messungen vorzusehen, also spontanes Vorgehen sozusagen außer Programm. Wir wissen: Es gibt oft durchlässige Stellen, wo vorher angerufen wird und es dann heißt: In den nächsten Wochen kommen wir nachschauen; passe ein bißchen auf, damit in der Gegend, wo du zu Hause bist, nicht allzu viel verschmutzt ist!

Da wäre es sehr wichtig, Herr Minister, viel öfter spontan zu kontrollieren. Und auch da wäre es gut möglich und unbedingt von Vorteil, Kontrolleure aus der freien Wirtschaft zu nehmen. Es gibt Ingenieure, die das können! Es müssen diesbezüglich nicht immer Beamte aus Wien in ganz Österreich herumfahren! Es gibt billigere, einfachere und auch effektivere Lösungen. Also: Mehr Leute aus der freien Wirtschaft, denn diese sind mit niemandem "verbandelt", können also frei von Interessen prüfen.

Was weiters wichtig ist: Bitte nicht immer denselben Sachverständigen damit zu beauftragen! Diese müssen wechseln, sodaß in diesem Bereich eine hundertprozentige Kontrolle – soweit man das überhaupt erreichen kann – erfolgt. Das wäre ganz wichtig. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ein Wechsel in der Person der Sachverständigen kann da sehr viel bewirken. Ein vernünftiger Sachverständiger würde zum Beispiel solche Kanalanschlüsse wie in Eisenkappel/St. Michael gar nicht zulassen; der kann doch rechnen und eins und eins zusammenzählen. Es sollte ein Sachverständiger sein, der nicht von irgendwelchen politischen Hintergründen abhängig ist – wie das bei der Kärntner Landesrätin Frau Sickl der Fall war! (Abg. Wabl: Wird gedeckt von der Bürokratie!) Das sage ich ja!

Deshalb muß man freidenkende Menschen in die Verwaltung hineinbringen; die Verwaltung könnte man überhaupt abschlacken. So manche Dinge, die derzeit Beamte machen, könnten auch Leute aus der freien Wirtschaft machen – eine Forderung, die wir Liberalen schon sehr oft von diesem Pult aus gestellt haben; nicht nur meine Wenigkeit.

Auch das Lebensmittelgesetz findet unsere Zustimmung, jedoch muß ich schon sagen, daß mir die Formulierung "alle drei Jahre" als Berichtszeitraum nicht gerade gut gefällt, werde aber deshalb keinen Abänderungsantrag einbringen. Die Formulierung hätte besser lauten sollen: "zumindest alle drei Jahre soll eine Berichterstattung erfolgen". – Ich hoffe aber, Herr Minister, Sie verstehen das in dieser Weise. Und ich hoffe weiters, Herr Minister – das steht zwar nicht so im Lebensmittelgesetz, aber ich hoffe es jedenfalls –, daß das im Fall von groben Verstößen, groben Unterlassungen rechtzeitig veröffentlicht wird. Wir brauchen auch die Kontrolle der Öffentlichkeit, der Medien, und wir brauchen, wenn Sie so wollen, auch den Aufschrei der Bevölkerung, denn Wasser ist ein kostbares Gut, und wir wollen dieses rein und gesund für jene Menschen erhalten, die heute leben, aber selbstverständlich auch für kommende Generationen.

In diesem Sinne, Herr Minister, darf ich Ihnen die Hand reichen, ich verabschiede mich. Ich danke für die Zusammenarbeit im Landwirtschaftsausschuß, werde aber in Sachen Bauten hier noch einmal zum Rednerpult kommen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Smolle begibt sich zur Regierungsbank und reicht Bundesminister Mag. Molterer die Hand.)

10.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

10.27

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es freut mich, daß Kollege Smolle, mein direkter Vorredner, so viele positive Dinge an diesem Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage der Regierungsfraktionen gefunden hat. Ich kann ihn in seinen Aussagen eigentlich nur unterstützen: Auch ich finde sehr viel Positives darin, so etwa hinsichtlich Typisierung, Typisierungsverfahren, Trinkwasserbericht oder Regelungen im Genossenschaftsbereich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz besonders möchte ich darauf hinweisen, daß wir durch den Trinkwasserbericht in die Lage versetzt werden, eine Zusammenschau über den Zustand all dieser Gewässer in Österreich – vom Grundwasser angefangen über die Oberflächenwässer bis hin zum Trinkwasser – zu erhalten und damit eben ein Gesamtbild.

Ich meine, daß ein solches Gesamtbild absolut notwendig und wichtig ist, denn Trinkwasser ist ein hohes Gut, und diese Übersicht ist eben für die weitere Beurteilung im Sinne der Trinkwasser-Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch der Versorgungsorganisation äußerst wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt auch kurz etwas zu den Ausführungen des Kollegen Auer sagen, der hier gemeint hat, in Diskussionen würde die Landwirtschaft immer als der Grundwassergefährder bezeichnet werden. – Ich gebe Kollegen Auer recht, wenn er sagt, daß es natürlich auch andere Gefährder, Verschmutzer, überhaupt Verursacher von Grundwasserproblemen gibt.

Kollege Auer! Bereits im Jahre 1993 wurden aber einige Bundesländer in bezug auf Anwendung der Bestimmungen betreffend Pflanzenschutz beziehungsweise Gewässerschutz vom Rechnungshof untersucht. Im entsprechenden Rechnungshofbericht wurde festgestellt, daß es vor allem in der Landwirtschaft zu Mängeln und Vollzugsdefiziten im Wasserrechtsbereich im landwirtschaftlichen Gebiet gekommen ist.

Wir sind daher nach wie vor besorgt, und wir haben, wenn ich noch einmal auf die Themen Trinkwasser im Bereich des Grundwassers – hiebei decken sich unsere Auffassungen –, Grundwasserschutz und Grundwassersanierung zu sprechen kommen darf, noch Handlungsbedarf.

Ich stehe aber nicht an, zu sagen: Wir haben in den Verhandlungen sehr viel erreicht, und wir werden diese Verhandlungen auch fortsetzen. Ich bin wirklich zuversichtlich, daß wir im Herbst auch in diesem Bereich zu einer vernünftigen, ja hervorragenden und lebbaren Lösung kommen werden, die, so hoffe ich, auch wieder – so wie weite Bereiche dieses gemeinsamen Abänderungsantrages – von den dann bestehenden Oppositionsfraktionen mitgetragen werden können. (Abg. Wabl: Wenn man das will, darf man aber keine Geheimverhandlungen veranstalten!) Die Grundwassersanierung soll auch mit dem Ziel durchgeführt werden, Kollege Wabl, die Trinkwasserversorgung sicherzustellen, und zwar zu Kosten sicherzustellen, die die Konsumenten auch tragen können. Ich bin zuversichtlich: Wir werden diesbezüglich zu einem Ergebnis kommen, Kollege Auer. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, daß wir mit den heute zu beschließenden Materien einen Zug in Bewegung gesetzt haben, der in die richtige Richtung fährt. Wir haben damit den richtigen Weg beschritten  – auch für einige Bundesländer, die Probleme mit der Umsetzung des Wasserrechtsgesetzes bekommen hätten. Wir werden daran aber auch noch weiter arbeiten müssen, Kollege Wabl. (Abg. Silhavy: Der hört ja gar nicht zu! – Abg. Wabl: Geh bitte! Seit 13 Jahren nehme ich bereits an solchen Debatten teil! Was sollen diese Sprüche, wenn es Geheimverhandlungen gibt und Ihre Bürokratie diktiert ...?)

Ich lade jedenfalls dazu ein, gemeinsam daran weiterzuarbeiten und die ernsthaften Versuche und Bemühungen, die wir in der vergangenen Woche unternommen haben, um gemeinsam etwas zu bewegen, auch gemeinsam fortzuführen – dies zwar leider nicht mehr mit dir, Kollege Wabl, aber mit deinem Kollegen/deiner Kollegen, der/die dir nachfolgen wird.

Hohes Haus! Ich möchte diese Gelegenheit der letzten Agrardebatte in dieser Legislaturperiode dazu nützen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ressorts, den Kolleginnen und Kollegen des Landwirtschaftsausschusses, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klubs für die gute Zusammenarbeit, für die zielorientierte Arbeit im Landwirtschaftsausschuß in den letzten Jahren herzlich zu danken. Und ich möchte jenen Kolleginnen und Kollegen, die aus dem Hohen Hause und damit auch aus dem Landwirtschaftsausschuß ausscheiden, für die Zukunft alles Gute wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

10.33

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Auer hat hier wirklich eine ganze Palette schöner Sätze geboten: über das Wasser, über die Natur und das Lebensmittel, daß wir das alles schützen müssen, und warum das so schwer ist – weil nämlich niemand auf etwas verzichten will. (Zwischenruf des Abg. Auer.)

Wenn ich solche Reden höre, dann denke ich mir immer: Sicherlich, er ist ein Kollege, aber welche Interessen vertritt mein lieber Kollege Auer? Wer sind denn die Menschen, die diese Altlasten verursacht und nicht rechtzeitig dafür vorgesorgt haben, daß diese auch saniert werden? Wer sind denn diese Menschen, die wilde Ablagerungen zugelassen und zu wenig Kontrolle durchgesetzt haben? Wer sind denn diese Menschen, die eine landwirtschaftliche Entwicklung in Richtung Intensivierung, in Richtung Chemisierung, in Richtung Industrialisierung forciert haben?! Wer sind denn die Menschen, die dafür gesorgt haben, daß jahrzehntelang die Flüsse nicht im Eigentum der Menschen, im Eigentum des Volkes waren, sondern im Eigentum der Papierindustrie, im Eigentum von Industrien, die sich so verhielten, als seien die Gewässer ein beliebig vermehrbares Gut, als könne man in sie bedenkenlos Abwässer einleiten und einfach abwarten, bis der Dreck dann im Meer verschwindet?!

Herr Kollege Auer! Sie sind Bürgermeister, Sie sind direkt vor Ort mitverantwortlich für die gesamte politische Entwicklung – im Guten wie im Schlechten. Dieses undifferenzierte "Wir alle wollen nicht verzichten" ist ein sehr gewagter Ansatz, ist sehr riskant. Es gibt Menschen, die müssen darauf verzichten, in einen Fluß baden zu gehen oder dort das Wasser zu trinken. – Und es gibt andere Menschen, die auf Erträge verzichten müßten, wenn es korrekte Gesetze gäbe, die ihnen verbieten würden, ihren Dreck, mit dem sie Milliarden an Schillingen verdienen, in die Flüsse zu entsorgen! – Das ist der Interessenkonflikt, und den sollten wir auch hier in diesem Hause nicht vergessen!

Meine Damen und Herren! Ich verstehe auch, daß die überzogenen Darstellungen der Kollegin Aumayr zu einigen – wie soll man sagen? – Bemerkungen geführt haben, die verletzend sein könnten. – Ich sage Ihnen jedenfalls, Frau Kollegin Aumayr: Intelligenz hat mit Weisheit nichts zu tun. Das führen uns viele, viele intelligente Abgeordnete hier vor.

Die Frage ist, Frau Kollegin Aumayr, wie wir umgehen mit unserer archaischen Bindung zu einem der wichtigsten Elemente, nämlich Wasser: Ist Wasser auch beliebig als Handelsware einzustufen in unserer europäischen Gemeinschaft? Ist Wasser einfach ein Gut wie jedes andere? Wir sind bereits so weit gekommen, daß wir, wenn wir Durst haben, nicht darüber nachdenken: Wo gibt es das nächste Wasser? – so wie hier auf diesem Rednerpult zum Beispiel (der Redner hebt das Wasserglas in die Höhe) – nein, wenn wir Durst haben, denken wir: Was kaufen wir uns jetzt: Cola, Fanta oder sonst irgend etwas anderes? (Ruf bei der SPÖ: Steirisches Wasser!)

Meine Damen und Herren! Das, was bisher das vornehmste Privileg auch der Ärmsten der Armen war, nämlich Wasser jederzeit irgendwo trinken zu können, ist jetzt nicht mehr gesichert! Menschen, die in eine Stadt gehen, müssen dort Geld hergeben, um Wasser trinken zu können, und zwar einen Betrag, für den sie auf einem anderen Kontinent vielleicht einen Tag lang arbeiten müßten.

Wenn ich im Zug ein Glas Wasser trinken will – ganz gewöhnliches Wasser! –, so kostet das 24 S! Wissen Sie, was 24 S für jemanden bedeutet, der in Südamerika, in Indien arbeitet? – Das ist zum Teil ein Wochenlohn! Manche Menschen dort sehen so viel Geld überhaupt in ihrem ganzen Leben nicht! – Das ist die Problematik – und ich nehme an, Frau Aumayr hat das auch angesprochen, bei aller überzogenen Polemik und ziemlich sicher auch teilweise falschen Darstellung.

Meine Damen und Herren! Was tun wir in einer hochzivilisierten Gesellschaft, um dieses Gut Wasser zu schützen und dafür zu sorgen, daß auch die Generationen nach uns dieses Wasser genießen können?

Ich will Ihnen nun darlegen, welch ganz gravierende Fehler im Zusammenhang mit der vorliegenden Wasserrechtsgesetz-Novelle gemacht wurden.

Ich fange zunächst mit dem Positiven an: Herr Minister! Die Typisierung ist ein qualitativ wichtiger Schritt. – Wir haben dafür gekämpft, und es ist sicher ein Verdienst dieser Regierung, daß sie diesbezüglich endlich einen Schritt getan hat. Es gibt auch viele andere Bereiche. Ich muß zugeben, ich konnte aufgrund Ihrer Art der Verhandlungsführung – Herr Gradwohl ist jetzt nicht da – nicht alle Dinge in ihrer ganzen Tragweite studieren, weil Sie ja erst letzte Woche, kurz vor der Sitzung, mit Abänderungsanträgen gekommen sind, die Sie in Ihren Geheimverhandlungen und Nebenverhandlungen und Beamten-Diskussionsrunden ausgeheckt haben.

Es gibt im Zusammenhang mit der Abwasserfrage – und hiebei, Herr Minister, können Sie sich nicht hinter der Bürokratie verstecken – ganz gravierende Fehlentwicklungen! Sie wissen ganz genau, daß zurzeit Beträge in Milliardenhöhe für Investitionen im dünn besiedelten Raum freigegeben werden sollen, um auch noch den letzten Bergbauern an ein Betonrohr anzuschließen.

Herr Kollege Auer, Herr Gradwohl und andere hier in diesem Hause wissen ganz genau, wie damit die Fehlentwicklung voranschreitet und daß dem nur mühsam gegengesteuert werden kann, weil jene Bürokraten – und ich sage das hier ganz bewußt –, die ganz selten bei den Verfahren vor Ort dabei sind, wenig bis gar keine Ahnung haben, welcher Interessenskonflikt da besteht. Es ist nicht so, daß der kleine Bauer, die kleine Bäuerin und der kleine Bauunternehmer auf nichts verzichten wollen, sondern es verhält sich so, daß der große Fördertopf – 186 Milliarden Schilling an Investitionsvolumen in den nächsten zehn Jahren – heiß umkämpft ist, und zwar auf Kosten gerade der Ärmsten der Armen im ländlichen Raum.

Da gibt es dann die skurrilsten Vorschläge: brauchbar, weniger brauchbar. Man versucht das dann durch soziale Maßnahmen auszugleichen, anstatt das Übel an der Wurzel zu packen.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Wir haben in der Kommission für Siedlungswasserwirtschaft zwei Jahre lang diskutiert und sind zur Auffassung gelangt, daß es nicht angeht, daß verantwortungslose Techniker die teuersten Varianten in der Wasserrechtsbehörde vorschlagen, dort Stempel und Siegel der Genehmigung erhalten und dann diese Dinge ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen werden – mit politischer Erpressung, mit Einschüchterung oder mit Ignoranz.

Da sind oft Bürgermeister, die schlecht informiert sind. Die können das selber aufgrund der fehlenden Fachinformation – die sie ja nicht haben können, Herr Auer – überhaupt nicht tun. Das können nicht alle Bürgermeister. Dafür gibt es ja Experten. Aber wir hier in der Legislative sollten dafür sorgen, daß es den größtmöglichen Schutz für die Bevölkerung gibt, damit sie nicht solchen Fehlentwicklungen ausgesetzt ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schaffenrath.)

Herr Bundesminister! Was macht Ihr Ministerium? – Wir haben nur vorgeschlagen, daß ein Förderwerber dann, wenn er bei der Wasserrechtsbehörde einen Antrag stellt, gleichzeitig mit jenem Schritt, den er zu Beginn einer Planung setzen muß – er muß bereits zu Beginn einer Planung überlegen, was das beste, das sparsamste, das ökologischste und das ökonomischste Projekt ist, und dann kann er um Förderung mit dem besten Projekt einreichen –, die Unterlagen vorlegt.

Wir haben nur verlangt, daß die Unterlagen vorliegen. Es ist nicht notwendig, daß die Wasserrechtsbehörde die Qualität der Optimierung überprüft. Die Wasserrechtsbehörde hat die Aufgabe, die wasserrechtliche Genehmigungsfähigkeit und das ökologische Ziel, nämlich, ob es intendiert ist und auch erreicht wird, zu beurteilen. Sonst nichts.

Die Wasserrechtsbehörde muß doch jene Unterlagen vor sich haben, die zumindest gewährleisten, daß da der Versuch unternommen wurde, korrekt, sparsam und gesetzmäßig vorzugehen. Doch dagegen hat sich Ihre Beamtenschaft teilweise ausgesprochen – aus mir rational nicht nachvollziehbaren Gründen.

Da gibt es Beamte, die sitzen mit dem Rücken zur Wand hier in diesem Hohen Hause und denken sich: Sollen doch die Abgeordneten reden! Der eine scheidet schon aus, der andere weiß ohnehin nicht, worum es geht, der dritte ist auf meiner Seite, der würde niemals über einen Beamten etwas kommen lassen! Ja, ich meine damit den Herrn Abentung und andere.

Meine Damen und Herren! Das ist vielleicht unfair von mir, aber wissen Sie, wenn ich stundenlang mit dem Kollegen Auer, mit dem Kollegen Gradwohl und mit Vertretern der Förderstelle zusammensitze und wir zu einem politischen Konsens kommen und dann die Beamten in Ihrem Büro sich aus welchen Gründen auch immer weigern, rationale Argumente vorzutragen, warum diese Gesetze nicht so geändert werden können, und dann als Lösung der älteste Trick hier im Hohen Haus, in diesem politischen Geschäft, vorgeschlagen wird, indem gesagt wird: Wir richten eine Arbeitsgruppe ein!, dann ist meine Haltung doch verständlich.

Da heißt es: Dann setzen wir uns wieder ins kleine Kämmerchen, und dort reden wir wieder darüber! Da sitzt dann niemand dabei, der uns stört, kein Oppositioneller, und da können wir uns wieder alles miteinander ausmachen. Wenn die anderen ihren Geschäften nachgehen, dann können wir wieder unser eigenes Geschäft durchsetzen!

Das ist das, was meines Erachtens Herr Löschnak gemeint hat, als er gesagt hat: Es ist in den letzten Jahrzehnten nicht gelungen, aus der Verwaltung, aus der Bürokratie eine Servicestelle zu machen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.)

Allzuviele Beamte – ich meine nicht alle; es gibt viele Beamte, die hervorragende Arbeit leisten – glauben, sie können sich mit ihrer Ärmelschonermentalität durchsetzen, und sie sagen sich: Die Legislative, die hat ja wenig Mitarbeiter, wenig Juristen, wenig Fachleute. Wir wissen, was für das Volk gut ist, und wir setzen das durch!

Herr Bundesminister! Aus diesem Grund bringen wir einen Abänderungsantrag ein, der politisch akkordiert ist, der aber von Ihren Beamten gemeinsam mit gut oder schlecht informierten Beamten des Umweltministeriums offensichtlich verhindert werden soll.

Dieser Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wabl und Smolle betreffend den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1999) (2078 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der dem Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft (2078 der Beilagen) angeschlossene Gesetzentwurf für ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (WRG-Novelle 1999), wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Umweltförderungsgesetz geändert werden (WRG-Novelle 1999)

2. Artikel I wird eine Ziffer 49a eingefügt:

"49a. § 103 Abs. 1 lit. b wird (nach dem Wort Wasserbautenförderungsgesetz) angefügt: ‚und nach diesen Vorschriften erforderliche Unterlagen, insbesondere die Ergebnisse der Variantenoptimierung nach dem Stand des technischen Wissens;‘"

3. Die Artikel II und III erhalten die Numerierung III und IV; der neue Artikel II lautet:

"Artikel II

Das Umweltförderungsgesetz BGBl.Nr. 185/1993, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 79/1998, wird wie folgt geändert:

Im § 18 Z 1 wird das letzte Wort ‚und‘ durch einen Beistrich ersetzt, im § 18 Z 2 der Punkt am Ende des Satzes durch ein ‚und‘ ersetzt und § 18 folgende Z 3 angefügt:

‚3. dem Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung (§ 103 WRG 1959) eine nach diesem Bundesgesetz erforderliche Variantenoptimierung nach dem Stand des technischen Wissens zugrunde gelegt ist.‘"

*****

(Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Smolle und Schaffenrath.)

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie werden sicher jetzt antreten, um wieder wie eine Mauer vor Ihren Beamten zu stehen. Sie werden wieder sagen, daß Sie über die Sommermonate sorgfältigst überprüfen werden, wie man dieses Gesetz ändern kann. Ich halte es für eine Zumutung, wenn nach zwei Jahren intensiver Diskussion in der Kommission für Siedlungswasserwirtschaft und nach einem klaren politischen Konsens in diesem Hohen Hause Beamte aus Ihrem Hause aufgrund irgendwelcher Intrigen innerhalb des Hauses versuchen, Gesetze, die die Legislative haben möchte, zu torpedieren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Wabl verlesen hat, steht mit in Verhandlung; er wurde ordnungsgemäß eingebracht.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.47

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich werde heute noch einmal das Wort ergreifen, um zum Inhalt der Wasserrechtsgesetz-Novelle Stellung zu nehmen.

Herr Abgeordneter Wabl! Ich möchte jetzt nur festhalten, daß das, was Sie gesagt haben, nicht vielleicht unfair ist, sondern unfair ist. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Aufgabe, nach bestem Wissen und Gewissen einerseits mich zu beraten, andererseits aber auch sicherzustellen, daß im Bereich der Gesetzwerdung und der Gesetzgebung eine optimale Situation gewährleistet ist. Und die heute von Ihnen kritisierten Damen und Herren, Herr Abgeordneter, sind genau jene, die etwa die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997, die Sie damals sehr gelobt haben, erarbeitet haben, und es sind jene, die im Bereich der Typisierung und Verordnungsermächtigung genau diese Initiative ergriffen haben.

Sie können davon ausgehen, Herr Abgeordneter, daß diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in optimaler Weise versuchen werden, Zielsetzungen auch bei zukünftigen Novellen zu erreichen. Und es ist ihre Pflicht, Herr Abgeordneter – und darauf lege ich Wert, davon gehe ich aus, daß das meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun (Beifall bei der ÖVP) –, bei angestrebten Novellen, meine Damen und Herren, den Gesamtzusammenhang nicht außer acht zu lassen.

Ich habe Ihnen schon im Ausschuß und auch in der heutigen Fragestunde gesagt, daß ein Gesamtzusammenhang zwischen dem Wasserrechtsgesetz und dem Umweltförderungsgesetz gegeben ist. Dieser Gesamtzusammenhang ist bei einer Gesamtnovelle zu berücksichtigen – übrigens eine Haltung und eine Stellungnahme, die auch die Österreichische Kommunalkredit einnimmt.

Herr Abgeordneter Wabl! Ich muß das sagen, weil ich weiß, in welcher Art und Weise meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Aufgabe erfüllen, und zwar in hervorragender Weise. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Das ist ein Schreiben Ihres Ministeriums! Da wird das Gesetz nicht einmal richtig zitiert!)

10.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kampichler zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.49

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzter Kollege Wabl, wir alle nehmen zur Kenntnis, daß der Bereich Umwelt in unserer Gesellschaft heute eine gewaltige Rolle spielt. Wir alle sind sensibilisiert worden, und die Umweltschützer haben da sicherlich Großartiges geleistet! Aber Umweltschützer gibt es nicht nur in einer Partei – ich gebe schon zu, daß die Grünen da einen Löwenanteil stellen (Abg. Schwarzenberger: Der Löwenanteil ist zu bezweifeln!) –, sondern in jeder Partei gibt es Umweltschutzorientierte.

Schuldzuweisungen in der Richtung, in die Sie sie vorgenommen haben, sind meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt, Herr Kollege Wabl. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wasserrecht ist das Ordnungsinstrument der Wasserwirtschaft. Es gewährleistet die vielfältige Nutzung unserer Gewässer und sichert und schützt vor allem die Qualität unseres Trinkwassers und des Trinkwassers der kommenden Generationen. Meine Vorredner haben zum Großteil schon darauf hingewiesen.

Wir haben in Österreich dafür sehr strenge Regelungen. Die Gemeinden und die Wasserverbände verwalten die Wasserent- und -versorgung, und ich meine, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß das Wasser bei den Gemeinden und bei den Verbänden in guten Händen ist. Sie sorgen mit sehr viel Gewissenhaftigkeit dafür, daß unsere Anlagen funktionsfähig sind und daß unseren Bürgern hundertprozentig gesundes Trinkwasser zur Verfügung steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 85 Prozent der Bevölkerung sind bereits an zentrale Wasserversorgungsanlagen angeschlossen. Diese werden zum Großteil von den Gemeinden verwaltet.

Es gibt aber im Bereich des Wasserrechtes zwei Probleme, die ich hier ganz kurz ansprechen möchte.

Zum einen ist es der Stand der Technik, der uns als Kriterium im Gesetz immer wieder unterkommt. Die Dynamik, die im Bereich der Wassertechnik gegeben ist, hat bis jetzt oft zu Schwierigkeiten geführt. Es war oft so, daß sich während eines Genehmigungsverfahrens für eine Anlage der Stand der Technik geändert hat, und dann, wenn es soweit war, hat die Anlage nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen.

Mit der heutigen Gesetzesnovelle schaffen wir die Möglichkeit, daß Normanlagen künftig typisiert werden können, und das bringt Fortschritte im Genehmigungsverfahren. Es wird schneller gehen, es gibt weniger bürokratische Hürden, sodaß man leichter imstande ist, dem Stand der Technik zu entsprechen.

Dieser Punkt der Gesetzesänderung ist zu begrüßen und wurde auch von meinen Vorrednern bereits positiv erwähnt.

Es gibt aber noch einen zweiten Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, der uns Schwierigkeiten bereitet, vor allem uns im Süden Niederösterreichs, und zwar im Bereich der Mitterndorfer Senke. Die Altlastensanierung unterliegt ebenfalls dem Wasserrecht. Nun geht das Wasserrecht vom Vorsorgegedanken für das Schutzgut Wasser aus, und das Gesetz stellt sehr hohe Anforderungen. Das heißt, daß es so ist, daß unmittelbar neben jeder Deponie hohe Wasserqualität, das heißt Trinkwasserqualität, verlangt wird. Diese Latte ist zwar wunderbar, aber wir sind derzeit nicht imstande, sie zu überspringen.

Das strenge Wasserrechtsgesetz zwingt uns, jede Altlast zu sanieren. Das heißt, daß jede Deponie ausgeräumt werden muß, obwohl ein Großteil dieser Mülllagerstätten als unbedenklich eingestuft wird.

In der Mitterndorfer Senke gibt es zirka 100 solcher Altlasten, die saniert werden müssen. Ein Beispiel ist die Sanierung der Berger-Deponie. Sie befindet sich in der Abschlußphase und hat den Steuerzahler 1,2 Milliarden Schilling gekostet. Weitere 200 Millionen Schilling werden nur deswegen noch erforderlich, weil auch der Untergrundaustausch vorgenommen werden müßte. Grund dafür ist eine organische Belastung, die ungefährlich ist und die mittelfristig von selbst abgebaut werden würde, aber das Gesetz zwingt uns derzeit, auch diese 200 Millionen Schilling zu investieren, obwohl dieses Geld in anderen Bereichen dringend eingesetzt werden müßte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch ganz kurz auf die gestrigen Ausführungen des Herr Abgeordneten Heinzl eingehen, der die Sanierung der Berger-Deponie kritisiert hat. Ich möchte zunächst klar und deutlich feststellen, daß dafür der Innenminister zuständig ist, und zweitens möchte ich feststellen, daß die Beamten in diesem Bereich – sie gehören zur Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt, und Bezirkshauptmann-Stellvertreter Heinz Zimper ist ein großer Experte infolge der Beschäftigung mit den Problemen, mit denen er in diesem Zusammenhang konfrontiert worden ist, geworden – überaus korrekt vorgehen. Sie haben sogar erreicht, daß durch ständige Nachverhandlungen die Preise um 250 Millionen Schilling reduziert werden konnten.

Herr Heinzl läßt sich da offensichtlich von der Müllverbrennungslobby vor den Karren spannen, und ich rate ihm, sich diese Sache sehr gut zu überlegen. Ich möchte die Kritik, die er geäußert hat, auf das Entschiedenste zurückweisen. (Abg. Dr. Keppelmüller: Ist zutreffend!) – Herr Kollege! Meine Redezeit geht leider schon zu Ende, wir können uns aber nachher darüber unterhalten.

Wir würden ein Wassergesetz brauchen, das die Mittel gezielt einsetzt, damit wir wirklich dort sanieren können, wo eine Sanierung notwendig ist – zum Wohle der Bevölkerung und zum Schutze unseres Grundwassers. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Keppelmüller: Sie gehören offensichtlich zur Deponielobby!) 

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

10.56

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bedauerlich, daß es die wenigen hochintelligenten Kollegen, die sich tatsächlich auskennen und den Inhalt dieser Regierungsvorlage (der Redner hält diese in die Höhe) tatsächlich begriffen haben, vorgezogen haben, dieser Debatte nicht länger beizuwohnen. Ich meine damit Herrn Kollegen Smolle, der hier in einer Art und Weise andere Meinungen abqualifiziert hat, wie ich es in diesem Hohen Haus noch selten erlebt habe. Ich finde es feig, daß er sich dieser Debatte jetzt nicht mehr stellt und es vorzieht, draußen zu sein, um nicht das hören zu müssen, was er hören sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde es genauso feig vom Kollegen Kiss, daß er, der offensichtlich auch die Weisheit oben hineingeschüttet bekommen hat, jetzt den Schauplatz dieser Debatte verlassen hat, in welcher es darum geht, einfach aufzuklären. Aber ich bin froh darüber, Herr Bundesminister, daß Sie hier sind und mir, der ich hier als ein Staatsbürger stehe, der offensichtlich das, was Inhalt dieses Gesetzes ist, nicht begriffen hat, das jetzt erklären werden.

Ich habe dieses Gesetz durchgelesen und finde in den Erläuterungen folgenden Satz – ich zitiere –:

"Einen weiteren Schwerpunkt der vorliegenden Novelle bildet der Ausbau der wasserwirtschaftlichen Planungsinstrumente im Interesse der Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben, ..." (Ruf bei den Freiheitlichen: Was ist das?)

Herr Bundesminister! Darin steht: "im Interesse der Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben". – So gut, so schlecht, wie man sieht. Es liegt jetzt an Ihnen, Herr Bundesminister, mir als Staatsbürger zu erklären, was mit dieser Wasserrechtsgesetz-Novelle möglich und was nicht möglich ist? (Abg. Dr. Krüger: Ein Blankoscheck!)

Liefern Sie den verständlichen Nachweis dafür, daß die Ängste, die von Kollegin Aumayr – sie ist doch da das Sprachrohr für viele Österreicher, die genau so fühlen; auch beim Kollegen Wabl ist ähnliches herausgekommen – geäußert wurden, völlig unbegründet sind, und wir werden wieder ruhig schlafen können! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer.) Gut, Herr Bundesminister.

Schauen wir uns den § 55 einmal an, wonach Programme aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen vom Bund auszuarbeiten und umzusetzen sind. Diese Programme sind allgemein im öffentlichen Interesse zu berücksichtigen. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft – Sie, Herr Bundesminister! – können durch Verordnung jene Maßnahmen anordnen, die zur Erfüllung dieser EU-Programme notwendig sind. – Gut.

In der Regierungsvorlage lese ich außerdem, daß die Vorteile im öffentlichen Interesse absoluten Vorrang haben. Die Vorteile im öffentlichen Interesse! Nun möchte ich wissen: Was versteht man unter "öffentlichem Interesse": Ist es das öffentliche Interesse des Staates Österreich? Ist es das öffentliche Interesse der Europäischen Union? – Ich kann mir vorstellen, Herr Bundesminister, daß es zwischen diesen beiden öffentlichen Interessen Unterschiede gibt: zwischen dem öffentlichen Interesse des österreichischen Staates und den öffentlichen Interessen der Europäischen Gemeinschaft.

Herr Bundesminister! Es liegt an Ihnen, jetzt klar zu definieren, um wessen öffentliches Interesse es sich im § 55 Abs. 2 handelt. Es würde mich sehr interessieren, das zu erfahren (Abg. Haigermoser: Mich auch, Herr Kollege Schweitzer!), weil Sie ja in der Lage sind, durch Verordnung jene Maßnahmen anzuordnen, die der Erfüllung solcher Programme dienen. Und bei der Erfüllung der Programme sind eindeutig EU-Programme angesprochen, wenn ich das richtig verstanden habe. Das verstehe sogar ich als einfacher Staatsbürger, da brauche ich nicht so hochintelligent zu sein wie Kollege Smolle oder Kollege Kiss. Das verstehe sogar ich.

Herr Bundesminister! Interessant ist auch, daß es da weiters heißt, daß die Nachteile, die unter Umständen für betroffene Dritte entstehen können, keine Rolle spielen, wenn die Vorteile im öffentlichen Interesse sind. – Da taucht es noch einmal auf, dieses öffentliche Interesse. Und wieder meine Frage: Welches öffentliche Interesse ist damit gemeint?

Es sind nämlich substantielle und dauernde Eingriffe in fremde Rechte zulässig. Ich wiederhole: Es sind substantielle und dauernde Eingriffe in fremde Rechte zulässig! Das heißt, obwohl der andere im Recht ist, sind da Eingriffe zulässig – und der andere kann sich "brausen" gehen. So verstehe ich es jedenfalls. (Abg. Dr. Krüger: Das ist verfassungswidrig!) So ist es!

Ist das wirklich verfassungskonform, Herr Bundesminister? Können Sie mit Sicherheit behaupten, daß das, was da steht, verfassungskonform ist, daß man in die Rechte derer eingreifen kann, die im Recht sind, daß ihre Rechte nicht gewahrt sind, weil es da ein Gesetz gibt, das eigentlich sagt: Ihr könnt euch mit eurem Recht "brausen gehen"? Da gibt es ein öffentliches Interesse der EU, und da fahren wir drüber. – Ist das so oder nicht? Diese Erklärung hätte ich von Ihnen, Herr Bundesminister, gerne in einer Form, daß auch ich sie verstehe als jemand, der nicht für sich in Anspruch nimmt, so intelligent zu sein wie der Kollege Smolle, daß auch ich, der Durchschnittsintelligenzler der österreichischen Bevölkerung, das versteht.

Wenn es – mein letzter Satz, meine Damen und Herren ... (Abg. Rosemarie Bauer: Ich begreife das, Herr Kollege!) Frau Kollegin Bauer! Sie haben sich damit nicht auseinandergesetzt. Begreifen würden Sie es ja, aber Sie setzen sich damit nicht auseinander. (Abg. Rosemarie Bauer: Ich begreife das, ohne daß ich mich damit auseinandersetze!) Sie wollen nicht wissen, wie die EU über uns drüberfährt! Sie wollen es einfach nicht wissen! Sie wollen nicht wissen, wie Sie in Ihren Rechten beschnitten werden. Aber ich will es wissen, Frau Kollegin Bauer! (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Letzter Satz, Herr Bundesminister ... (Abg. Rosemarie Bauer: Ich verstehe, was "im öffentlichen Interesse" heißt!) Kollegin Bauer, hören Sie sich das noch an!

Letzter Satz: Nach Abs. 1 sind die zu Verpflichtenden vor der Anordnung von Maßnahmen, wenn es um dringende Fälle geht, nicht einmal anzuhören! Sie haben nicht einmal das Anhörungsrecht, wenn es um EU-Anliegen geht! – So schaut es aus! Das ist der Inhalt dieser Wasserrechtsgesetz-Novelle. Und es ist äußerst bedenklich, daß die Alarmglocken der Regierungsparteien noch nicht läuten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.04

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle des Wasserrechtsgesetzes beinhaltet eine Reihe von guten, von richtigen Punkten – meine Vorredner haben auf die meisten schon hingewiesen –: Sie enthält das Ordnungsinstrumentarium für die Wasserwirtschaft, um den Grundsatz zu erfüllen, das Wasser vor den Menschen zu schützen, aber auch umgekehrt, den Menschen vor dem Wasser zu schützen, die Verbände und Genossenschaften sind im Wasserrecht klar geregelt, es sind die Strafbestimmungen neu geregelt, es ist die Straffung dieser Bestimmungen geregelt – wobei zu hoffen ist, daß die Wasserrechtsbehörde auch diese Bestimmungen konsequent anwenden wird.

Weiters ist darin die schon erwähnte Typengenehmigung, also die Sicherstellung, daß Anlagen wirklich dem Stand der Technik entsprechen, enthalten, es sind die Fristen für den Anschluß der noch nicht angeschlossenen Bereiche und Gemeinden an die Kanalisationsanlagen geregelt, und es ist auch eine Verbesserung im Lebensmittelgesetz, eine Verbesserung in bezug auf die Information der Bürger über die Trinkwasserqualität darin enthalten, mit dem schon zitierten dreijährigen Bericht des Bundeskanzlers. Die Menschen sollen über die Qualität des für den menschlichen Gebrauch bestimmten Wassers informiert werden, und zwar jedenfalls dann zwingend, wenn mindestens 5 000 Personen versorgt werden.

Das, Herr Minister, ist genau der Punkt, aufgrund dessen ich diese Novelle des Wasserrechtsgesetzes als eine "Novelle light" bezeichne. Warum? – Die Konsumenten, die über die Versorgungsunternehmungen versorgt werden, wurden auch bisher schon von den Verantwortlichen in den Gemeinden und in den Verbänden informiert. Sie haben diese Information auch eingefordert, und zwar vor allem dann, wenn sich die Brunnen in einem verordneten Sanierungsgebiet befinden, wie dies in den Gemeinden des ersten österreichischen Sanierungsgebietes, Machland-West im Mühlviertel, in Oberösterreich, der Fall ist. Und das ist ein Beispiel von vielen in Österreich.

Seit 1996, Herr Bundesminister, ist dieses Sanierungsgebiet verordnet. Das heißt, daß dort Maßnahmen zur Schwellenwertunterschreitung bei Nitratwerten von 45 Milligramm und bei den Pestiziden von 0,1 Mikrogramm gesetzt werden sollten. Dieser Wasserversorger, von dem ich hier rede, ist der Wasserverband Mühlviertel. Er versorgt 44 Gemeinden und 50 000 Einwohner. Im Sanierungsgebiet befinden sich zehn Gemeinden und rund 40 000 Einwohner. Die Menschen, die dort leben, wurden laufend über die Werte ihres Trinkwassers informiert und sind gerade deswegen stark beunruhigt.

Der Fernwasserverband, der Versorger, kann mit Maßnahmen nicht warten, bis das Ping-Pong-Spiel zwischen dem Ministerium und dem zuständigen Landesrat in Oberösterreich ausgespielt ist und eine Maßnahmenverordnung in Kraft ist, die eine Verbesserung der dortigen Trinkwassersituation mit sich bringen würde. Die vorliegende Wasserrechtsgesetz-Novelle trägt – und deshalb meine Bezeichnung "light" – dazu überhaupt nichts bei. Die Nitratwerte liegen nach wie vor zwischen 40 und 60 Milligramm, Tendenz, wenn ich es vorsichtig ausdrücken darf, gleichbleibend bis leicht steigend, die Pestizidwerte liegen bei 0,5 Mikrogramm, der Grenzwert wäre, wie schon gesagt, 0,1 Mikrogramm.

So sieht die Realität aus, obwohl alle Güllegruben von den Sachverständigen der Bezirksbauämter, unter Assistenz der Bezirksbauernkammer, auf ihre Dichtheit überprüft wurden. Die öffentliche Kanalisation ist kamerabefahren, das heißt, auch dort wurde die Dichtheit klar attestiert. Auch die wenigen häuslichen Senkgruben wurden überprüft. – Und trotzdem steigt der Nitratwert. Atrazinausbringung ist verboten – und trotzdem bleibt der Pestizidwert gleich. Woher, so frage ich mich, kommen diese Werte, wenn nicht aus der Luft oder vielleicht doch aus einer unsachgemäßen landwirtschaftlichen Bearbeitung?

Die Versorger müssen reagieren, wenn keine behördlichen Maßnahmen gesetzt werden. Die Reaktion des Versorgers, meine Damen und Herren, besteht darin, daß ein Kohlefilter gebaut werden mußte; Kostenpunkt 20 Millionen Schilling oder 1 S pro Kubikmeter Wasser laufend. Für die Senkung des Nitratwertes bleibt uns nichts anderes übrig, als neue Wässer zu erschließen. Wir haben auch neue Wässer, ich darf nur nicht sagen, wo, denn wenn ich das hier sagen würde, würde der Preis für diese Wässer enorm steigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man spricht in diesem Zusammenhang von Einmalzahlungen von 100 000 S pro Sekundenliter oder, wie es in Salzburg angeblich der Fall ist – ich habe das nicht überprüft – 15 S pro Kubikmeter laufend. Mit diesen Kosten werden die Konsumenten belastet.

Meine Frage hiezu, Herr Minister: Warum geht man nicht endlich auch dieses Kapitel an und erklärt Wasser zum öffentlichen Gut, um vor allem die Kosten für die Konsumentinnen und Konsumenten zu senken? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Meines Wissens gibt es noch zwei Länder in Europa, Österreich und einen BENELUX-Staat, aber die letzte Meldung war, es gebe nur mehr ein Land, nämlich Österreich, wo Wasser ... (Abg. Haigermoser: Wissen Sie, wer in Salzburg ressortmäßig dafür verantwortlich ist? – Die Sozialdemokratie!) Nein, das weiß ich nicht, aber wer auch immer dafür zuständig ist: Dieser Preis ist einfach nicht haltbar. Wer auch immer dafür zuständig ist, Herr Kollege, wir müssen danach trachten, Wasser für die Menschen, für die Konsumentinnen und Konsumenten billiger zu machen. Der ausgabendeckende Wasserpreis, heute kalkuliert, ohne die Maßnahmen, die von mir zitiert wurden, liegt bei 17 S pro Kubikmeter. Sie können sich also ausrechnen, wie es mit dem Wasserpreis weitergehen wird.

Was die Konsumenten dazu sagen, brauche ich, glaube ich, den Abgeordneten hier nicht zu sagen. Eine Aussage ist mir aber in Erinnerung geblieben: Ihr könnt Steuerreformen machen, soviel ihr wollt, wenn ihr uns das Geld durch Gebühren auf der anderen Seite wieder wegnehmt, hat das keinen Sinn. Ich meine, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Bundesminister, wir schulden den Menschen, den Konsumenten, keine Wasserrechtsgesetz-Novelle light, sondern eine, mit der diese Probleme wirklich in Angriff genommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.12

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Ja, aus der Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten schaut die Wasserproblematik etwas anders aus als aus der Sicht der Landwirtschaft, obwohl eigentlich beide Bereiche an einem Strang ziehen sollten und der eine ohne den anderen nicht leben kann.

Mein Vorredner hat schon besonders auf das Problem Atrazin im Grundwasser, Atrazin auch in Oberflächengewässern hingewiesen, und ich habe mich wiederholt mit dieser Problematik auseinandergesetzt, weil konkret in unserem Bundesland, in Oberösterreich, Herr Landwirtschaftsminister, allein 88 Ausnahmegenehmigungen erteilt wurden. Dort wurden nämlich im Trinkwasser in den verschiedenen Wasseraufbereitungsanlagen teilweise bis zu 20fache Überschreitungen des Grenzwertes von 0,1 Mikrogramm gemessen, und das wird aufgrund dieser Ausnahmegenehmigungen fast schon zum Dauerzustand.

Die Ausnahmegenehmigungen dienten ja dazu, daß man wartet, bis sich das Atrazin, das vor vier, fünf, sechs, sieben Jahren in den Boden drang, auflöst beziehungsweise verflüchtigt oder abgebaut wird. Nur: Unser Problem, wie bereits Herr Kollege Gaßner angesprochen hat, ist, daß es immer wieder illegal eingetragen wird, obwohl es verboten ist, obwohl auch der gewerbliche Import verboten ist.

Herr  Minister!  Eine ganz konkrete  Frage  –  ich  bin  seit  zwei  Tagen hinter der  Antwort  her,  weil ich die zuständigen Herren in Ihrem Ministerium noch nicht ausfindig machen konnte –: Ist jetzt der private Import von Atrazin eigentlich noch erlaubt? Die Behörde im Land Oberösterreich hat mir den Hinweis gegeben, daß das privat importiert werden kann. Atrazin ist ja nicht verboten in Italien, nicht verboten in Ungarn, sehr wohl aber verboten in Deutschland. Inwieweit ist jetzt der private Import erlaubt?

Ich weiß, es ist das Auftragen verboten, es ist das gewerbliche Vertreiben und Verbreiten von Atrazin verboten, aber wie das mit den privaten Kofferräumen ist, das weiß ich nicht. Wir sind ja Schengen-Land, und insofern ist auch die Kontrolle sehr, sehr schwach. Und wenn dann die Kontrolle zuschlägt, nämlich nach fünf Jahren, wenn die Grundwasser- und Trinkwasserwerte gemessen werden, ist es natürlich reichlich spät.

Sie wissen sehr gut, daß es immer wieder sogenannte schwarze Schafe in bezug auf den Maisanbau gibt, weil Atrazin das billigste Pestizid und vergleichsweise auch gut wirksam ist. Es ist einfach verlockend, nur ist es eben so verlockend, daß es nicht verschwindet und daß wir ständig diese Ausnahmegenehmigungen haben. Gerade unlängst, am 1. Juli 1999, mußten in Oberösterreich einige verlängert werden, sonst hätte dieser teure Weg der Aufbereitung über Filterkohle beschritten werden müssen.

Deswegen möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und FreundInnen betreffend Aufhebung der Trinkwasser-Ausnahmeverordnung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz wird ersucht, die Trinkwasser-Ausnahmeverordnung, BGBl. 384/1993 in der Fassung 287/1996, aufzuheben, um die gesundheitliche Unbedenklichkeit des österreichischen Trinkwassers sicherzustellen und in weiterer Folge auch Maßnahmen zur Verhinderung des Eintrags gesundheitsgefährdender Stoffe in das Grundwasser auszulösen.

*****

Wir haben schon immer gesagt, bereits bei der Verabschiedung dieses Lebensmittelgesetzes beziehungsweise der entsprechenden Ausnahmeverordnung, daß uns diese Verordnung das Problem bescheren wird, daß der Sanierungsdruck zu gering ist. Wir waren damals schon dagegen. Ich persönlich habe durchaus zugestanden, daß wir eine Übergangsregelung brauchen, nur wird diese Übergangsregelung zum Dauerzustand. Deshalb auch unser Antrag, daß insgesamt keine Ausnahmegenehmigungen mehr erteilt werden, damit der Druck in Richtung Sanierung einfach höher wird. – Das wäre der eine Bereich, der Nachtrag zum Bereich Atrazin.

Der zweite Problemkreis beim Grund- und Trinkwasser ist sicherlich die Nitratbelastung. Sie, Herr Minister, haben wiederholt auch in Anfragebeantwortungen mir gegenüber festgehalten, daß sehr wohl Sanierungsschritte gesetzt werden sollten und könnten. Sie wissen auch, daß die entsprechenden Verordnungen für die Nutzungseinschränkungen auch in Händen des dafür zuständigen Landesrates in Oberösterreich liegen. Dieser – Sie wissen es – redet sich immer darauf aus, daß es von Ihrer Seite keine Förderungsrichtlinien gibt, nach denen die Bauern entschädigt werden können, die Nutzungseinschränkungen verordnet bekommen.

Ich habe Sie, Herr Minister Molterer, heute im Zusammenhang mit ÖPUL gefragt, und Sie sagten, das habe keinen Zusammenhang. – Das wird sicherlich stimmen. Ich möchte jetzt aber einen Antrag stellen, damit dieser Bereich nicht mehr sozusagen in der Luft hängt, sondern wirklich Förderungsrichtlininen beschlossen werden.

Dieser Antrag wurde bereits im Ausschuß behandelt, ist dort aber abgelehnt worden. Ich finde, daß diese Ablehnung mehr oder weniger wieder ein Freibrief dafür ist, daß die Grundwassersanierung verzögert wird, auf die lange Bank und auf die freiwillige Ebene geschoben wird. Auf freiwilliger Ebene dauert es wieder lang, und wir haben immer dieses kontinuierlich verlängerte und ständig schwelende Problem.

Das nächste, was ich ansprechen wollte, ist – darauf hat auch mein Kollege Wabl schon hingewiesen –, daß dadurch, daß es auf EU-Ebene, im Rahmen der Agenda 2000, jetzt auch noch die Erarbeitung eines Programms zur Entwicklung des ländlichen Raumes geben wird. Wir halten dieses Programm für den ländlichen Raum auch für sehr, sehr wesentlich, und es sollte entsprechend dem ÖPUL, wo es das auch gibt, ein Beirat zur Beratung installiert werden, der sowohl Vorschläge für die Ausschüttung macht als auch evaluiert. Nach diesem Modell ÖPUL-Beirat wollen wir auch einen Beirat zur Entwicklung des ländlichen Raumes installieren, und ich möchte dazu folgenden Antrag vortragen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Wabl, Smolle und FreundInnen betreffend die Einrichtung eines Beirates zur ländlichen Entwicklung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der §-7-Kommission LWG – analog zum ÖPUL-Beirat – einen Beirat zur ländlichen Entwicklung einzurichten mit dem Aufgabenbereich Entwicklung, Begleitung, Bewertung und Überprüfung der Umwelt- und Naturschutzaspekte im österreichischen Programm zur ländlichen Entwicklung.

*****

Das ist für uns der Weg, der gegangen werden sollte, damit nicht nur die Beamten im Ministerium entscheiden, sondern damit dieses Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes breiter getragen wird. Am liebsten wäre es uns natürlich, wenn das Parlament noch eine Möglichkeit hätte.

Heute hat das Parlament sicherlich noch eine wesentliche Möglichkeit, auch im Zusammenhang mit Wasser, denn der Wald ist ein großer Wasserspender beziehungsweise ein großes Wasserreservoir, der Wald dient dazu, daß Wasser nicht zu schnell abfließt, und der Wald hat auch eine Erholungsfunktion.

Die Landwirtschaft trägt auch dazu bei, diesen Erholungscharakter des Waldes mit zu erhalten. Meist hat die Landwirtschaft allerdings auch Erträge aus der Jagd, weshalb sie ihre Bereiche, so zum Beispiel auch den Wald, sehr stark für die Jagd öffnet, und da kollidieren eben die Interessen. Es gibt eine breite Interessengemeinschaft von Naturschützern, von Naturfreunden, von Alpenvereinsmitgliedern, von Wanderern, die die Einschränkungen der Wanderwege dadurch, daß Waldstücke abgeschlossen, eingezäunt, eingehegt, ja sogar mit Stacheldraht verbarrikadiert werden, als massive Einbuße ihrer Freizeitqualität empfinden. Diese Einschränkung ist auch ökologisch nicht gerechtfertigt, weil solche Einzäunungen nur dazu dienen, den Wildbestand zu erhöhen, und Sie, Herr Minister, wissen selbst aus Ihren Waldberichten, wozu der erhöhte Wildbestand letztendlich führt.

Deshalb möchte ich noch einen Entschließungsantrag einbringen, der auch von den Sozialdemokraten formuliert wurde:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird ersucht, diese für die erholungssuchenden Menschen in unserem Land bedenklichen Tendenzen zu unterbinden sowie die grundsätzlich freie Begehbarkeit des Waldes, wie im Forstgesetz festgeschrieben (§ 33 (1) Jedermann darf, unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten), sicherzustellen.

Er wird darüber hinaus aufgefordert, bei der Vollziehung des Wasserrechtsgesetzes darauf zu achten, daß die Schutzfunktion des Waldes sichergestellt werde.

*****

Ich ersuche um Annahme dieses Antrages, weil das vor allem jetzt zur Sommerzeit wirklich viele Leute betrifft. Es geht darum, daß wir die Qualität des Tourismuslandes, die Qualität des Erholungslandes Österreich wirklich in vollem Umfang beibehalten und Österreich nicht sektoral abzäunen, nur damit sich das Wild vermehren kann und mehr zum Abschuß kommt und daß vielleicht dann die oberen Zehntausend, die gewisse Jagdleidenschaften haben, in Abwesenheit von Spaziergängern ungetrübt durch die Gegend ballern können. Ich ersuche um Annahme. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Entschließungsanträge, die Frau Abgeordnete Dr. Moser vorgetragen hat, sind geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Zweytick das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.21

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn an diesem Vormittag soviel über das gute Wasser gesprochen wird, kommt man wirklich auf den Geschmack dieses Wassers, ohne daß ich mir jetzt ein Glas einschenke; ich habe ich mir schon vorher einen Schluck geholt.

Es geht uns wahrscheinlich hier in diesem Saale nicht anders als der gesamten Öffentlichkeit, nämlich daß wir oft dieser so wertvollen Ressource Wasser, dieser natürlichen Ressource in Österreich nicht die entsprechende Wertschätzung zuteil werden lassen. Wie gut Wasser schmeckt, das kann ich besonders gut beurteilen. Ich vergleiche es nicht mit anderen Getränken wie Kollege Wabl. Aber gerade beim Kollegen Wabl bin ich ein bißchen irritiert. (Abg. Wabl: Na geh!) Doch, schon, weil die Forderung, was Abwasserentsorgungsanlagen im ländlichen Raum und das damit verbundene Kopfzerbrechen vieler Menschen in diesem Raum und die sehr hohen Kosten betrifft, nicht unbegründet, sondern berechtigt ist. Es ist ja eigentlich eine alte Forderung der Grünen, die ihr euch auf eure Fahnen geheftet habt, eine saubere Umwelt zu erhalten, zu schützen, zu schonen und entsprechend strenge Richtlinien zu schaffen.

Ist das der heutige Zustand der Grünen?, frage ich mich, denn das ist doch eine relative Kehrtwendung. Keiner in diesem Land macht es sich leicht, was dieses Problem betrifft, aber das Ganze ist eben mit Kosten verbunden. Ich glaube, so packen wir das Problem an der Wurzel an, denn erst dann, wenn das Wasser etwas kostet, wird es kostbar und werden die Leute mit der Ressource Wasser entsprechend bewußt umgehen. (Zwischenruf des Abg. Wabl.) Es sind nicht die einzelnen Bergbauern in den Regionen, die Belastungen oder Sanierungsgebiete verursachen, es sind vor allem die Ballungsgebiete, wo man im dichtverbauten, engen Raum damit nicht richtig umgeht oder nicht richtig umzugehen gelernt hat. Sicherlich sind es nicht die Bauern. Um die mußt du dir keine Sorgen machen. (Abg. Wabl: Du bist dafür, daß teuer gebaut wird!) Nein, nicht teuer! Das Kopfzerbrechen kommt nicht von irgendwoher, aber so billig, wie du es dir machst, geht es auch nicht!

Ich glaube, bei dieser von der Kollegin Moser gerade vorgebrachten Forderung, daß man den Wald nicht einzäunen, sondern ihn auch zugänglich halten soll, weil er einen großen Erholungseffekt für die Menschen hat, muß man auch sehen, daß eine völlige Öffnung auch Nachteile hat, etwa das Mountainbiken, eine ewige Forderung so mancher Kollegen.

Die Jagd wird immer in Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichen, dem Geschäftlichen gesehen. Man tut so, als würde man im Wald Wildtiere züchten und mästen, weil es einem so großen Spaß macht. – So ist es nicht! So ist es wirklich nicht! Die einzige Verantwortung für den Wald tragen nicht die Grünen, sondern die Bauern, die Grundbesitzer selbst. Das sind jene, die auf den Wald schauen, den Wald schonen und ihn auch erhalten. (Abg. Smolle: Winzer, bleib bei deinen Reben!) Sie wissen genau, was es heißt, unruhiges Wild im Wald zu haben, das Schäden an diesem Wald verursacht. Verbiß- und Fegeschäden kommen daher, daß das Wild keine Ruhezonen mehr hat. Umso mehr ist das der Fall, wenn man den Wald völlig öffnet, nämlich auch für Mountainbiker öffnet. (Beifall bei der ÖVP.)

Möglichkeiten zur Erholung im Wald gibt es für jeden Menschen zur Genüge, man muß sie nur ausnützen. Aber es ist völlig falsch, immer die Forderung nach einer völligen Öffnung des Waldes zu erheben. So kann es nicht gehen! (Abg. Wabl: Das heißt, Schalldämpfer für die Jäger!)

Der Schutz der Gewässer ist nicht nur euer Anliegen, sondern das Anliegen von uns allen, gerade im ländlichen Raum. Der Schutz der Gewässer sollte doch ernster genommen werden. Wasser ist Leben, und ein Land ohne Wasser kann nicht leben. Die Probleme in den Ländern Europas, in denen es kaum Wasser gibt, kennen wir ja. Wir können uns glücklich schätzen, im reichen Österreich zu leben, in dem Wasser wirklich kein Thema ist in dem Sinne, daß wir keines oder zuwenig hätten. Aber es ist uns sehr wohl bewußt, wie wertvoll Wasser ist. Und daß etwas, was wertvoll ist, auch entsprechend viel kostet, das, glaube ich, muß man akzeptieren, besonders wenn man an jene denkt, die Wasser nicht so reichlich zur Verfügung haben wie wir. In Wirklichkeit ist es immer noch relativ billig.

Es gibt immer wieder Anfragen betreffend die Wasserverbringung, den Wasserverkauf in andere Länder Europas. Darin liegt auch ein riesiges ökonomisches Potential, das wir noch nicht ausgeschöpft haben. Da fehlen uns, glaube ich, die Kreativität, die Phantasie und auch das Durchsetzungsvermögen. Auf der anderen Seite steht die Forderung, Wasser als Allgemeingut zur Verfügung zu stellen, das allen gehört, sodaß Grundbesitzer auch nicht auf die Idee kommen, dieses Wasser zu verkaufen.

Wasser, das wir zur Genüge haben, ist also auch unter ökonomischen Aspekten zu sehen. Andererseits können wir auch Plagen und Probleme mit zuviel Wasser haben. Wir brauchen nur an die letzten Wochen und Monate zu denken, in denen es durch zuviel Regen Rutschungen und Hochwasserschäden gegeben hat. Aber wir könnten auf der anderen Seite aus diesem Wasser doch mehr Kapital schlagen, als das derzeit der Fall ist, und nicht nur die Probleme sehen.

Herr Kollege Gaßner sprach im Zusammenhang mit dieser heute zu beschließenden Wasserrechtsgesetz-Novelle von einer "Novelle light". Wir von der ÖVP und auch der Minister mit seinem Team – dank Dr. Vogel und Dr. Abentung – haben uns bemüht und das nicht auf die leichte Schulter genommen: Im Gegenteil: Wir haben es uns eher schwerer gemacht, weil noch viel mehr Probleme in der Zukunft zur Lösung anstehen. Und je schneller wir sie lösen, desto besser – auch im Sinne der Ökonomie. Aber wir konnten nicht alles lösen. Man könne ja im Herbst weiterreden, hat es – vor allem von SPÖ-Seite – geheißen. Deshalb vielleicht eine Novelle "light".

Ich denke, diese Vorgangsweise ist in diesem Parlament schon lange gang und gäbe, aber damit verschiebt man sehr wichtige Maßnahmen für dieses Land und für jene, die vom Wasser leben, und das ist in diesem Fall gerade die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist davon betroffen, sie hält nicht nur die Wirtschaft in diesem Land intakt, sondern sie muß von diesem Wasser auch leben, denn ohne Wasser wächst ja bekanntlich nichts. Gerade die Gruppe der Landwirte hat höchstes Interesse daran, Wasser einzusetzen, um ihre Existenz in diesem Land zu sichern, aber darüber hinaus selbstverständlich auch die der gesamten Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf mich noch bedanken für die Bemühungen seitens des Ministeriums. Ich war ja auch im Ausschuß, ich konnte dort einiges mitverfolgen. Ich glaube, es ist ein großer Schritt gelungen, wie zum Beispiel die Typisierung, die ein Riesenvorteil ist, gerade was die Ökonomie und die Kosten, die großes Kopfzerbrechen verursachen, betrifft. Dieses Gesetz ist auch in deinem Sinn, Andreas Wabl, und im Sinn vieler Wassernutzer und Wasserbesitzer in unserem Land, letztlich im Sinne von allen, weil wir alle Wasser brauchen. – Herr Minister, herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Koller. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.29

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! (Abg. Wabl spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Molterer.) – Entschuldigen Sie, Herr Kollege Wabl, ich habe jetzt eine Frage an den Herrn Minister.

Ihre Antwort, Herr Minister, in der Fragestunde bezüglich der Superabgabe war unzureichend und ausweichend. Die Deutschen zahlen einen Schilling weniger pro Kilogramm gelieferter Milch als die Österreicher; das ist Tatsache. Das können Sie jetzt drehen und wenden, wie Sie wollen, Tatsache ist, daß der Sozialdemokrat Funke besser verhandelt hat als der Christdemokrat Molterer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Die Sitzung des Landwirtschaftsausschusses vom 8. Juli begann mit einem Chaos. Kollege Gradwohl verlas einen Abänderungsantrag zum Wasserrechtsgesetz, der von den Abgeordneten Schwarzenberger und Gradwohl stammte. Dieser wurde aber an die Abgeordneten der Oppositionspartei nicht verteilt. Erst nach ... (Abg. Schwarzenberger: Der wurde schon drei Wochen früher der Opposition überreicht!) – Ja, ein anderer Antrag, aber nicht dieser! – Erst nach einer Sitzungsunterbrechung bekamen die Oppositionsparteien diesen Antrag. Das ist großkoalitionäres Drüberfahren über die Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In der landwirtschaftlichen Bodennutzung wurde von ursprünglich ökologisch wertvollen Kreislaufnutzungen zu industriell orientierten Produktionssystemen übergegangen. Durch intensive Bewirtschaftungsformen ergaben sich fallweise negative Umwelteffekte, insbesondere durch eine nicht bedarfsgerechte Düngung, durch einen übermäßigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, durch die Anlage von Monokulturen und durch mechanische Bodenbearbeitung und wenig schonenden Maschineneinsatz.

Dieser Entwicklung gilt es gegenzusteuern. Schon seit dem Jahre 1959 ist im Wasserrechtsgesetz verankert, daß alle Gewässer einschließlich des Grundwassers so reinzuhalten sind, daß Grund- und Quellwasser als Trinkwasser verwendet werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! § 55b des Wasserrechtsgesetzes besagt, daß Programme vom Landwirtschaftsminister so auszuarbeiten sind, wie Brüssel es will. Damit können die transeuropäischen Wassernetze mittels Verordnung des Landwirtschaftsministers, also ohne Nationalrat, ohne Bundesrat, ohne Landtag und ohne Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt kaltschnäuzig durchgezogen werden. Wer das beschließt, handelt bürgerfeindlich!

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden uns vehement gegen den Ausverkauf der österreichischen Wasserressourcen zur Wehr setzen. § 32a Abs. 4, der wie folgt lautet, werden wir unsere Zustimmung geben: "Die Einleitung von Klärschlamm in Oberflächengewässer, insbesondere von Schiffen oder durch Leitungssysteme, ist verboten."

Deshalb bringe ich das Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Ziffern 8 und 13 ein. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer mit einer Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

11.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte ganz kurz auf die Rede von Karl Schweitzer eingehen. Gestern wurde er für seine Vorsitzführung im Umweltausschuß gelobt – seine heutige Rede habe ich als Durchschnittsbürger nicht verstanden; ich weiß nicht, was er damit gemeint hat.

Wasser in die EU zu exportieren, ist kein Thema. Das heißt also, man macht zunächst eines daraus, um dann zu fordern, daß das nicht passiert. Das ist schon mehrmals geschehen. Andererseits ist es ein Kennzeichen des österreichischen Wasserrechtes, daß Grundwasser Privatgewässer ist. Ich habe das so verstanden: Es darf zu keinem Schutz des Grundwassers kommen, weil in private Rechte nicht eingegriffen werden darf. – Also, wie gesagt, was er damit gemeint hat, war mir unverständlich.

Noch ein paar Worte in Richtung des Kollegen Wabl. Ich hatte das Vergnügen, an diesen "Geheimverhandlungen" teilzunehmen. Ich glaube nämlich von meiner beruflichen Praxis her, im Wasserrecht nicht nur bei den Beamten, sondern manchmal auch bei den Politikern eine Kompetenz zu sehen und mich als kleiner Fachmann bezeichnen zu dürfen. Ich bin also gerne bereit, über diese "Geheimverhandlungen", hauptsächlich zum § 33f, ein bißchen Auskunft zu geben.

So, wie sich Kollege Wabl das vielleicht vorstellt, nämlich daß die Abgeordneten der Regierungskoalition unvorbereitet in einen Ausschuß gehen, nicht wissen, was sie wollen, dort zu streiten beginnen und dann auf den Deus ex machina Wabl warten, der ihnen die Linie vorzeigt, und sich dann dafür bedanken, daß sie nun wissen, wie es geht, das hat es in dieser Koalition nicht gegeben – und wird es wahrscheinlich auch in zukünftigen Koalitionen nicht geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Meine Damen und Herren! Zurück zum § 33f. Es ist bereits bei Kollegen Auer angeklungen, daß die Ziele, die erreicht werden sollen, recht schnell gefunden waren und wir uns darüber auch einig waren. Kollege Auer hat auch die Verursacher angesprochen. Diesbezüglich haben wir im Wasserrecht eine Zweiteilung: Wenn der Verursacher bekannt ist, also bei Tankwagenunfällen, bei punktförmigen Kontaminationen, schlägt das Wasserrecht in seiner vollen Härte zu, und es ist diesbezüglich ein durchaus taugliches Instrument, das sich seit 1959 entwickelt hat.

Anders sieht es aus, wenn der Verursacher nicht feststellbar ist, wenn es großflächige Kontaminationen gibt. Für diesen Fall haben wir in verschiedenen Novellen versucht, eine Verbesserung mit dem § 33 zu erreichen. Wir wissen heute, daß wir hier einen Gordischen Knoten vor uns haben – er ist bereits angesprochen worden –, da es aufgrund der geltenden Rechtslage nicht möglich ist oder nicht möglich erscheint, Zwangsmaßnahmen binnen kurzer Zeit durchzusetzen, siehe Oberösterreich. Das zu bereinigen, haben sich die Koalitionsparteien vorgenommen. Da gibt es auch klare Ziele, die wir erreichen wollen – über den Weg sind wir noch unterschiedlicher Ansicht. Über diese Ziele möchte ich Sie noch kurz informieren.

Wir bekennen uns dazu, daß es unfinanzierbar ist, alle in den Grundwasserberichten ausgewiesenen kontaminierten Flächen im Ausmaß von 6 000 Quadratkilometern auf einmal zu sanieren. Das wird nicht funktionieren. Wir sind uns daher einig, daß es zur Festlegung von Prioritäten kommen muß, wir sind uns darüber einig, daß ein Schritt nach dem anderen gesetzt werden muß. Wir sind uns weiters darüber einig, daß wir alle Förderungsmittel, auch aus dem europäischen Raum, in Anspruch nehmen wollen. Wir sind uns ebenso darüber einig, daß das Schutzgut Grundwasser an die Trinkwasserqualität herangeführt werden muß.

Nicht einigen konnten wir uns über die Schritte dazwischen. Es ist meiner Ansicht nach nicht notwendig, weitere große Beobachtungsräume einzuführen, da wir seit der Grundwassererhebung 1992 ausreichendes und gut abgesichertes Datenmaterial vorliegen haben. Und es ist meiner Ansicht nach unbedingt notwendig, klarzumachen, daß irgendwann – über den Zeitpunkt können wir noch diskutieren – zwingende Maßnahmen zu setzen und durchzuführen sind, um die Schutzziele zu erreichen.

Es wird in diesem Sinne im Herbst weitere Verhandlungen geben, es wird im Zusammenhang mit der UVP, die auch stimmig und schlüssig für alle österreichischen Gesetze sein soll, versucht werden, das Ziel zu erreichen.

Ich persönlich wünsche mir noch weitere Schritte. Ich persönlich wünsche mir die Einführung eines Abwasserbeauftragten, der ähnliche Erfolge bringen kann wie der Abfallbeauftragte, der im Abfallwirtschaftsgesetz verankert ist. Ich persönlich wünsche mir in einem Materiengesetz die Darlegung von Definitionen, damit klar und eindeutig ist, über welche Begriffe gesprochen wird.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Ich hoffe, jetzt einen Schlußsatz zu finden, aus dem nicht hervorgeht, daß ich meinen Abgang aus diesem Haus beabsichtige. Wir werden diesen Weg in der neuen Legislaturperiode fortsetzen. Ich darf mich aber bei Ihnen für die gestrigen lobenden Worte in diesem Hause noch einmal herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ich danke für die Richtigstellung. Ich freue mich riesig, daß Sie dem Hohen Hause weiterhin angehören werden (Abg. Dipl-Ing. Kummerer: Wollen! Wollen!), aber in Anbetracht der vielen Abschiedsreden verliert man allmählich die Übersicht hier am Präsidium. (Heiterkeit.)

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Klein mit einer Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

11.39

Abgeordnete Anneliese Klein (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Eine der größten Bedrohungen für die Menschheit im nächsten Jahrtausend nennt das renommierte amerikanische World Watch Institute den Mangel an Trinkwasser auf der Erde. Auch die Weltwetterorganisation veröffentlichte eine Prognose, wonach im Jahre 2025 in 34 Ländern der Erde das Wasser knapp wird. Als Auslöser für die zunehmende Wasserknappheit werden vor allem Bevölkerungswachstum, klimatische Veränderung und besonders umweltschädigende Aktivitäten des Menschen angeführt.

Genau diesen fahrlässigen Umgang mit der Natur praktizieren österreichische Politiker am Semmering. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Im Zuge des Tunnelbaues versiegen viele Quellen. (Abg. Ing. Tychtl: Straßentunnel?) 2,6 Millionen Liter bestes Quellwasser werden täglich aus dem Sondierstollen gepumpt. Es ist ein Skandal, daß dieses kostbare Gut, unser Trinkwasser, verschwendet wird, indem es den Bach hinunterfließt!

Was Sie von den Regierungsparteien mit unserem guten österreichischen Wasser vorhaben, ist nicht minder skandalös. Sie behaupten, daß wir in Österreich ohnehin nur 6 Prozent unserer Wasserressourcen nutzen. Sie sind es, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die für eine Pipeline eintreten, die unser Wasser in trockene Regionen Europas leiten soll. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Maier: Unsinn!) Und das Ganze womöglich noch gratis! – Den Wein aus Spanien und Portugal müssen wir ja ebenfalls bezahlen.

Statt dessen sollten Sie sich um die Probleme der Österreicherinnen und Österreicher kümmern. Das Landwirtschaftsministerium hätte schon lange einen Altlastenkatalog herausgeben müssen, damit man diese Zeitbomben, die das Grundwasser gefährden, entschärfen und entsorgen kann. Es ist sehr schwer, eine Qualitätsgarantie für Grundwasser abzugeben, wenn man noch nicht weiß, wo überall es verseucht ist und nicht mehr unbedenklich getrunken werden kann.

Das sind die wirklichen Probleme Österreichs. Da besteht dringender Handlungsbedarf!

Es muß endlich zu einer Harmonisierung zwischen dem Wasserrechtsgesetz und dem Altlastensanierungsgesetz kommen, um die dringende Sanierung auf Kosten der Gemeinden und ihrer Bürger durchzuführen. Dazu fehlt leider das Geld. Bloße Ankündigungen, und dann geschieht nichts – das ist zuwenig!

Meine Damen und Herren! Mit dieser Wasserrechtsgesetz-Novelle, die den Wassergenossenschaften und -verbänden mehr Satzungsautonomie und größere Handlungsfreiheit einräumt, ohne den Charakter der Körperschaften öffentlichen Rechts mit wasserwirtschaftlicher Selbstverwaltung in Frage zu stellen, wird für Wasserverbände ein eigenes Organisationsrecht geschaffen.

Es bleibt jedoch ungewiß, wo bei einem Beitritt zu einem Wasserverband die Grenze zwischen Zwang und Freiwilligkeit zu ziehen ist, wenn es um das Ausscheiden aus dem Wasserverband geht, und welche unterschiedlichen Konsequenzen dann ausgelöst werden. Da sind die Regierungsparteien aufgerufen, endlich tätig zu werden und nicht ihre Versäumnisse auf die österreichische Bevölkerung abzuwälzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie kommen die Österreicherinnen und Österreicher dazu, diese Zeche zahlen zu müssen? – Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Scheibner, Klein und Kollegen betreffend Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1. keiner Änderung des EG-Vertrages zuzustimmen, mit der vom Einstimmigkeitsprinzip in Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung der Wasserressourcen (Artikel 130s) abgegangen wird, und

2. bei Abstimmungen über Maßnahmen der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung von Wasserressourcen die Bestimmung des § 105 Abs. 1 lit. k Wasserrechtsgesetz einzuhalten."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Sauer mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.44

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte kurz auf den Debattenbeitrag von Frau Kollegin Moser eingehen; sie ist jetzt leider nicht im Saal.

Frau Kollegin Moser hat darauf hingewiesen, daß die Ruhezonen im Wald ein Vergehen sind. Gerade ihr möchte ich sagen, daß ich es schlimm finde, wenn man bei Tierschützern – und sie ist ja ein sehr großer Verfechter des Tierschutzes – erleben muß, daß sie den Wildtieren, die auch zu den Tieren gehören – nicht nur die Tiere, die in der Land- und Forstwirtschaft gehalten werden, sondern auch die Wildtiere sind Tiere in diesem Zusammenhang –, die Ruhezonen verweigern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ruhezonen für das Wild sind in etwa gleichzusetzen mit den Schlafräumen oder Ruhezonen des Menschen. Niemand – auch niemand von den Grünen – würde sich erdreisten, in die Schlafräume oder Ruhezonen anderer einzudringen. So soll dies auch dem Wildtier als Kreatur, als gleichwertiger Kreatur, zur Verfügung gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: In die Ruhezone darf man nur mit dem Schießprügel rein!) Und wenn immer wieder ... (Abg. Mag. Kammerlander: Mit dem Gewehr in das Schlafzimmer!)

Herr Kollege Wabl! Nicht nur mit dem Schießprügel! (Abg. Mag. Kammerlander: Das war ein schlechter Vergleich!) Auch Lärmende mit Kassettenrekordern sind im Wald genauso – vielleicht sogar mehr – gefährdend für das Wild wie diejenigen, die mit dem "Schießprügel" – wie Sie es nennen, Herr Kollege Wabl – lenkend in die Natur eingreifen. (Abg. Wabl: Ich habe nur etwas gegen Massentierhaltung ...! – Abg. Mag. Kammerlander: Einen Kassettenrekorder ...!)

Herr Kollege Wabl, Sie haben immer etwas gegen Massen. (Abg. Schwarzenberger: Auch gegen Wählermassen hat er etwas!) Wenn Sie auch die "Massenmenschenhaltung" im weitesten Sinn so bezeichnen, dann bedauere ich das sehr. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Massennutztierhaltung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß wir bei dieser Wasserrechtsgesetz-Novelle einiges berücksichtigen müssen. Man spricht immer wieder davon – Kollege Auer hat das in seinem Debattenbeitrag ganz besonders hervorgehoben –, daß die Landwirtschaft einer der größten Verursacher der Kontaminierung des Grundwassers ist.

Ich nenne Ihnen hier ein Beispiel, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich habe mich in der Zeit meiner Tätigkeit im Niederösterreichischen Landtag auch mit dieser Thematik sehr eingehend auseinandergesetzt, weil immer wieder der Vorwurf kam, daß die Landwirtschaft ein sehr wesentlicher Verursacher des Nitrateintrages im Grundwasser ist. Damals habe ich meinen Überlegungen sehr fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde gelegt.

Im Pulkautal in Niederösterreich trat in den zwanziger Jahren ein massives Kindersterben auf. Es waren das die sogenannten blauen Babies – das heißt, Nitrate im Grundwasser und auch Nitrate in der Muttermilch. Diese Gemeinden ließen Untersuchungen anstellen und fanden heraus, daß Nitrate in erhöhtem Maß in den Hausbrunnen, im Grundwasser vorkommen. Diese Gemeinden beschlossen daraufhin, eine Wasserleitung zu bauen, und zwar schon in den zwanziger Jahren.

Jeder hier herinnen wird mir sicherlich zugestehen, daß in dieser Zeit der Eintrag von Nitraten durch die Landwirtschaft noch nicht möglich war, weil es damals keine Überdüngung der landwirtschaftlichen Flächen gab. Das heißt mit anderen Worten, der Nitrateintrag mußte von woanders hergekommen sein.

Meine sehr Verehrten, ein zweites Beispiel: Bei uns im Waldviertel gibt es eine Gemeinde, die ihre Wasserversorgung aus einem Brunnen mitten in einem Waldgebiet bezieht, einem geschlossenen Waldgebiet von mehreren 100 Hektar Größe. Mitten im Waldgebiet liegt dieser Brunnen, aber er wurde geschlossen, weil der Nitrateintrag so hoch war, daß die Grenzwerte bei weitem überschritten wurden. Auch da gibt es keinerlei Möglichkeit, der Landwirtschaft die Schuld daran zu geben. (Abg. Dr. Khol: Eben!)

Ein drittes Beispiel im Zusammenhang mit dem Nitrateintrag, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ich habe Wasseruntersuchungen vornehmen lassen, und zwar von Wasser, das aus meinem eigenen Hausbrunnen, aus Hausbrunnen in unserer Ortschaft, in unserer Gemeinde und aus einer Drainage-Anlage stammt, die vom Grundstück her eigentlich den höchsten Eintrag an Nitraten haben sollte. – Das Ergebnis war folgendes: Der Nitratgehalt in den Hausbrunnen war um ein Zehnfaches höher als der in der Drainage-Anlage.

Das heißt mit anderen Worten: Die Landwirtschaft kann sicherlich dazu beitragen, daß der Nitrateintrag zurückgestellt wird. Das sagen auch unsere ÖPUL-Maßnahmen, die wir immer wieder in Anspruch nehmen. Das heißt aber auch, daß andere Verursacher vorhanden sein müssen, damit dieser Nitrateintrag zustande gekommen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich stehe heute sicher zum letzten Mal an diesem Rednerpult und habe die Ehre, vor Ihnen zu reden. Ich möchte hier einige Feststellungen treffen.

Ich durfte zur Kenntnis nehmen, daß sich alle bemühen, ihre Aufgabe so gut wie möglich zu erfüllen, ich mußte aber feststellen, daß auch einige dabei sind, die kein einziges Mal ein positives Wort über die Lippen gebracht haben. Wenn man nicht positiv reden kann, kann man auch nicht positiv denken. (Abg. Mag. Posch: Umgekehrt ist das!) Diese Leute, liebe Freunde, tun mir leid!

Ich möchte aber nicht mit negativen Gedanken aus dem Hohen Hause scheiden, sondern mich immer wieder gerne an die positive Zeit, an die positiven Erlebnisse zurückerinnern: an die guten Freunde im eigenen Klub, an die guten Freunde in den anderen Klubs, an die Erfolge, die erzielt werden konnten, und an die vielen brillanten Reden, die ich hier gehört habe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir, noch zwei Wünsche zu äußern: Das eine ist, daß in dieses Hohe Haus wieder eine Sprachkultur einkehren möge, die dieses Hauses würdig ist. Ich habe mir die Ordnungsrufe der letzten Gesetzgebungsperiode ausheben lassen. Viele, ja zu viele waren es. Ein bißchen mehr Achtung dem anderen gegenüber, das wäre ein Wunsch! (Abg. Dr. Keppelmüller – auf den vor der Regierungsbank stehenden und mit Bundesminister Mag. Molterer sprechenden Abg. Wabl hinweisend –: Herr Präsident! Das ist ungehörig!)

Der zweite ist folgender: Ich wünsche allen, die mit mir ausscheiden, alles erdenklich Gute, vor allem aber Gesundheit. Und ich wünsche denen, die auch in der nächsten Gesetzgebungsperiode für uns arbeiten werden, viel Erfolg. Eine Bitte noch: Nehmt die Neuen als gleichwertige Kollegen an! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

11.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Sauer! Ich möchte Ihnen auch im Namen des Präsidiums alles Gute für Ihre Zukunft wünschen!

Jeder, der aus diesem Hause ausscheidet, hat gute und schlechte Erinnerungen. Ich hoffe wirklich, daß die guten bei Ihnen sehr überwiegen. Sie waren jedenfalls ein Abgeordneter, der hier vom Rednerpult aus immer bewiesen hat, daß es ihm um Sachlichkeit und um Dialogkultur geht. Dadurch haben Sie, so meine ich, einen wichtigen Beitrag in Ihrer Tätigkeit in diesem Hause geleistet. Ich möchte Ihnen noch einmal dafür danken. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Madl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.54

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe zu 2078 der Beilagen folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Aumayr, Koller, Klein und Kollegen betreffend Gebarungskontrolle der Wasserverbände

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zwecks Schonung der Finanzmittel der Gebietskörperschaften und somit der Steuerzahler, aber auch der von Projekten der Wasserverbände betroffenen Bürger wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dringend aufgefordert,

für Wasserverbände eine wirkungsvolle und an die Verwaltung der enormen Finanzmittel angepaßte Rechnungsprüfung und Gebarungskontrolle verpflichtend vorzuschreiben,

die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Vorhaben und Projektabwicklungen der Wasserverbände zu verstärken,

die begleitende Kontrolle bei der laufenden Gebarung sicherzustellen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Madl verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die vorliegende Wasserrechtsgesetz-Novelle ist brauchbar und notwendig, obwohl sie sicherlich nicht alles enthält, was wir uns gewünscht hätten. Insbesondere ist uns ein Fortschritt bei der Grundwassersanierung – § 33f – nicht gelungen, Herr Bundesminister, und zwar aus verschiedenen Gründen, auf die ich dann noch eingehen werde.

Ich bin aber relativ froh über § 12c, "Typengenehmigung", weil er sicherlich eine bürokratische Erleichterung bringt. Eigentlich müßte er auch Kollegen Wabl dienlich sein, weil es darin um Kleinanlagen für den ländlichen Raum geht. (Abg. Wabl nickt zustimmend.)

Kollege Wabl! Ich glaube, daß die Beamtenbeschimpfung von dir in diesem Ausmaß nicht gerechtfertigt war. (Abg. Wabl: In diesem Ausmaß nicht?) Ich bin ja auch Mitglied der Kommission und kenne die Problematik aus der Praxis. Zwar gebe ich zu, daß es vielleicht auch Planer gibt, die weniger gut sind, aber seitens der Behörde und seitens der ÖKK wird doch sehr genau darauf geachtet, daß zunehmend gute Lösungen zum Tragen kommen. Es gibt bei den Kanälen schon deutliche Veränderungen – du weißt, daß es etwa Druckkanäle mit geringerem Durchmesser gibt –, auch gibt es Übernahmestellen für Gülle.

Ich gebe dir zum Beispiel darin recht: Es ist nicht einzusehen, daß es in der Landwirtschaft immer noch Bereiche gibt, in denen sich landwirtschaftliche Betriebe, obwohl ein Kanal vorhanden ist, nicht anzuschließen haben. Das zum Beispiel stört mich, das sollte man beseitigen. Ich gestehe dir zu, daß es, wie ich gehört habe, offensichtlich eine "Gütegemeinschaft Wasser" gibt – ich bin gerade dabei, zu eruieren, was das ist –, die verhindert, daß Projektanten, die dort keine Mitgliedsbeiträge zahlen, auch zum Zuge kommen. Solche Dinge sollten wir uns anschauen.

Aber im großen und ganzen wehre ich mich dagegen, daß man die Beamten relativ pauschal verurteilt, wie du das gemacht hast, Kollege Wabl. (Abg. Wabl: Pauschal sind die nicht verurteilt worden! Nicht pauschal!) Das ist sicherlich nicht gerechtfertigt.

Ich freue mich auch darüber – darauf wird ein Kollege aus Kärnten noch eingehen –, daß es uns gelungen ist, dieses spezifische Kärntner Problem zu lösen. (Beifall und Bravo!-Ruf des Abg. Leikam.) Es wird aber durchaus auch für andere Bundesländer zum Tragen kommen. Ich möchte nur darauf hinweisen, Herr Bundesminister, daß uns da nicht etwas passieren soll. Plötzlich gibt es in Kärnten Plakate darüber, daß, seit es einen Landeshauptmann Haider gibt, das Abwasserproblem in Kärnten für die Gemeinden gelöst wurde. Das stimmt so sicherlich nicht, denn die Lösung ist im wesentlichen meinem Klubsekretär Schnattinger eingefallen und dann von uns allen getragen worden. (Abg. Haigermoser: Wo ist das Problem?)

Die Lösung, die Kollege Schweitzer für Kärnten vorgeschlagen hat, war eine einfache und Haider-gemäße, nämlich folgende: Nehmen wir das Geld der anderen Bundesländer aus dem Fonds und schichten wir es um, oder der Bund soll zusätzlich etwas bezahlen. – Kollege Schweitzer! Unsere Lösung ist wirklich eine gescheite und praktikable. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Leikam: Bravo!)

Als Sozialdemokraten sind wir selbstverständlich auch sehr froh darüber, daß es künftig den Trinkwasserbericht geben wird. Dieser wird die Voraussetzung dafür sein, Herr Bundesminister, daß wir die Problematik beim Grundwasser wirklich angehen. Es ist ja unerträglich, daß wir zwei Grundwassersanierungsgebiete ausgewiesen haben und der Ball leichtfertig zwischen Molterer und Achatz hin- und hergeschupft wird. Ich behaupte jedoch, daß bei genauer Kenntnis der Lage der Hauptball sicherlich bei Landesrat Achatz liegt. Er könnte zumindest einmal untersuchen lassen, er könnte einen Maßnahmenkatalog darüber erarbeiten lassen, was dort zu geschehen hätte. Damit sage ich noch nicht, daß er die Maßnahme verordnen muß; man kann später noch über das Geld reden. Aber da ist der Herr Landesrat aus politischen Gründen sicherlich säumig.

Frau Kollegin Aumayr! Ich bin auch froh über den § 55b und sehe darin keine Probleme. Denn die Wassergeschichte, die Sie da skizziert haben, übertrifft noch die "Schildlaus" und die "Blutschokolade". Ich stelle mir die kilometerlangen Rohrleitungen vor, die von Österreich zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen nach Portugal und Spanien führen. Man muß sich das vorstellen! Wobei freilich Kompensationsgeschäfte mit dem Röhrenwerk Kindberg durchaus interessant wären, wenn das technisch möglich wäre.

Aber Sie haben ja Ihren Fraktionskollegen Hofmann, er ist vom Fach und könnte einmal durchrechnen, wie das mit den Rohrleitungen genau ausschauen könnte.

Abgesehen davon haben wir, Frau Kollegin Aumayr, 90 Milliarden Kubikmeter nutzbares Wasser in Österreich, davon sind 30 Milliarden Kubikmeter Grundwasser. 1,6 Milliarden Kubikmeter – also 5 Prozent davon! – werden für Haushalte, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft genützt. Das heißt, wir haben gewaltige Wasserreserven!

Ich sage Ihnen ganz offen: Wenn es uns gelingen könnte, unser hochwertiges Wasser vielleicht in Flaschen abgefüllt – und durchaus sozial abgestuft nach den jeweiligen Ländern – zu verkaufen, sodaß zum Beispiel Kolleginnen und Kollegen, die eine kleine Wohnung in Spanien oder irgendwo anders haben, in ihrer Pension das hochwertige Trinkwasser aus Österreich auch dort genießen könnten, würde ich mich sehr darüber freuen. (Abg. Koppler: Ein typischer Dipl.-Ing. Dr.!)

Abschließend noch etwas in Richtung der Kollegen Kampichler und Sauer. Ich habe einen "Förderungsdienst" vom März 1995, aus dem eindeutig hervorgeht, daß der Hauptstickstoffeintrag in Österreich – vor allem ins Grundwasser – aus der Landwirtschaft kommt, logischerweise aber auch aus Altlasten und undichten Kanälen. Daher möchte ich dem Kollegen Kampichler, der meinen Kollegen Heinzl kritisiert hat, sagen: Schauen wir uns wirklich genau an, was bei der Berger-Deponie passiert ist, was dort vererdet wurde! Wir wollen doch in Wirklichkeit nichts anderes, als daß bei der Sanierung der Fischer-Deponie eine Kontrolle durch das Umweltbundesamt erfolgt, denn damit hätten wir die Gewähr, daß dort nicht nur Geschäfte gemacht werden und dubiose Vererdungen stattfinden! (Beifall bei der SPÖ.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schwarzenberger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.02

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die FPÖ geht bei solchen Debatten immer nach dem gleichen Rezept vor: Sie vermeiden die sachliche Auseinandersetzung und stellen statt dessen ein Thema in den Vordergrund, das Emotionen hervorruft, wie etwa eine Ableitung des österreichischen Wassers nach Spanien beziehungsweise Portugal. Wir kennen diese Befürchtungen schon von der Diskussion vor der Volksabstimmung über einen EU-Beitritt. Damals hieß es: Wenn Österreich der EU beitritt, dann wird österreichisches Wasser nach Spanien abgeleitet, das Joghurt nur mehr Schildläuse beinhalten, und es wird nur mehr "Blutschokolade" geben.

Österreich ist nun bereits das fünfte Jahr Mitglied der Europäischen Union, aber keine dieser Voraussagen ist bisher eingetroffen. (Abg. Madl: Seither haben wir das Dioxin dazubekommen! – Abg. Jung: Und der Euro ist "hart" geblieben!) Ich kann Ihnen mit Gewißheit sagen, daß die Donau auch noch in 20 Jahren ins Schwarze Meer fließen und nicht nach Spanien beziehungsweise Portugal umgeleitet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn die BrauAG, die auch das Gasteiner Mineralwasser abfüllt, ihre Erfolgsbilanzen, also um wieviel der Export von Mineralwasser gestiegen ist, verkündet, applaudieren alle. Das kann doch nicht auf einmal ganz schlecht für die österreichische Bevölkerung sein!

Diese Wasserrechtsgesetz-Novelle beinhaltet einige Änderungen, die seit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 notwendig geworden sind, darunter – das ist bereits angeschnitten worden – die Verlängerung von Fristen. Gemäß der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 hätten mit 31. Dezember 1998 die Einzelanlagen dem Stand der Technik entsprechen müssen. Es war allerdings in dieser kurzen Zeit nicht möglich, alle zu sanieren, zumal wir auch die dazu nötigen Förderungskredite nicht zur Verfügung haben.

Der Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter Schiller hat in einem Brief mitgeteilt, daß 53 Kärntner Gemeinden noch überhaupt keine Kommunalanlage haben und diese auch in den nächsten Jahren unmöglich herstellen können. Die Folgerung daraus ist selbstverständlich, daß man auch die Fristen für die Einzelanlagen bis zum Zeitpunkt des Aufschubs für die kommunalen Anlagen verlängern muß, denn es wäre finanzpolitisch wirklich unsinnig, würden wir jedem eine biologische Einzelanlage aufzwingen und ihn dann, vielleicht in drei, vier Jahren, wenn eine kommunale Anlage errichtet worden ist, zwingen, an diese anzuschließen.

Auch im Bundesland Salzburg sind im heurigen Frühjahr von den Wasserrechtsbehörden mehr als 5 000 Schreiben an Besitzer von Objekten mit der Aufforderung ergangen, noch in diesem Jahr eine Planung eines Ziviltechnikers einzureichen, mittels welcher jede dieser Anlagen auf eine vollbiologische Anlage umgebaut werden sollte. Wenn wir für diese 5 000 Anlagen die Förderungsmöglichkeiten ausschöpfen würden – etwa für Kleinanlagen 35 000 S an Bundesmitteln, wenn auch das Land ebensoviel zur Verfügung stellt –, dann hätten wir allein für die Kleinanlagen einen Bedarf an Förderungsmittel von bereits 350 bis 400 Millionen Schilling gehabt. Dieses Geld ist aber nicht vorhanden! Aus diesem Grund ist die Erstreckung dieser Fristen sinnvoll.

§ 33 wird deshalb, was den Fristenlauf betrifft, so verändert, daß Einzelanlagen und Gemeinden über 2 000 Einwohner bis zum 31. Dezember 2005 ihre Wasserversorgungsanlage auf den Stand der Technik gebracht haben müssen. Für Gemeinden unter 2 000 Einwohner, die zumindest die sozusagen niedrigeren Vorgaben der EU erfüllen, kann der Fristenlauf bis zum Jahre 2012 aufgeschoben werden.

Noch ein Wort zum heftig diskutierten § 33f, Grundwassersanierung. Es war bereits ein Abänderungsantrag formuliert, in dem dieser § 33f verankert war, und zwar dahin gehend, daß wir Möglichkeiten der ÖPUL-Finanzierung auf freiwilliger Basis ausnützen und nur dann, wenn diese Maßnahmen nicht greifen, Zwangsmaßnahmen einsetzen. Mit diesen Lösungen war unser Regierungspartner, die sozialdemokratische Fraktion, leider nicht einverstanden. Mir ist aber klar, daß wir das Problem der Grundwassersanierung in der nächsten Legislaturperiode und hoffentlich auf dieser Basis, nämlich unter Schonung der österreichischen Gelder und unter Heranziehung der ÖPUL-Förderungsmittel der Europäischen Union, lösen können. (Beifall bei der ÖVP.)

12.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.08

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Für Kärnten ist die vorliegende Regierungsvorlage, mit der § 33 des Wasserrechtsgesetzes geändert wird, von ganz besonderer Bedeutung, weil 30 Prozent der Kärntner Bevölkerung in 53 Gemeinden – das sind alles Gemeinden unter 2 000 Einwohnern – noch ohne Kanalanschluß sind. Mit der nunmehr vorgesehenen Verlängerung der Frist bis zum Jahre 2012 wird es finanziell und organisatorisch möglich sein, die Kanalisierung analog dem Prioritätenkatalog des Landes fertigzustellen.

Erfreulich ist, daß – und da werden Tausende Kärntner Hausbesitzer aufatmen – außerdem für jene, deren Objekte sich außerhalb des Kanalpflichtbereiches befinden, für den Umstieg auf eine vollbiologische Anlage eine Verlängerung der Frist von bisher 1998 auf 2005 erreicht werden konnte. Die ehemalige freiheitliche Kärntner Landesrätin Dr. Sickl hat sich, obwohl dafür zuständig, dieser Sache jahrelang nicht angenommen. Gott sei Dank gibt es aber sozialdemokratische Abgeordnete, die ihre Verantwortung wahrnehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein besonderes Dankeschön unserem Landwirtschaftssprecher Heinz Gradwohl und unserem Bundesminister Molterer, die diese für Kärnten so erfreuliche Fristerstreckung ermöglichten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Bundesminister Mag. Molterer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

12.10

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf die Wasserrechtsgesetz-Novelle und noch offene Fragestellungen eingehe, möchte ich Herrn Abgeordneten Koller noch eine Information nachreichen.

Wir haben in Österreich bei der Milchquote eine Überlieferung von etwa 104 Prozent, die Aprildaten aus Deutschland verweisen auf eine Überlieferung von 100,3, das heißt, 0,3 Prozent, daraus resultieren die unterschiedlichen Belastungen. Sie haben von 69 Pfennigen Superabgabe in Österreich gesprochen. Ich kann dieses Zahl nicht nachvollziehen. Es sind in Österreich 2,85 S, die als Superabgabe bezahlt werden, das entspricht in etwa 40 Pfennigen, wenn mein Rechengedächtnis richtig ist.

Meine Damen und Herren! Zur Wasserrechtsgesetz-Novelle ist schon viel gesagt worden. Ich möchte auf die einzelnen Punkte nicht mehr im Detail eingehen, weil ich glaube, daß die Abgeordneten des Hohen Hauses heute sehr präzise über die Inhalte dieser Novelle informiert haben, sondern vielmehr die Gelegenheit dazu nutzen, auf offene Fragen aus dieser Diskussion einzugehen.

Die erste Fragestellung, mit der ich konfrontiert war, betrifft § 55b. – Herr Abgeordneter Schweitzer, Sie haben so manche Frage dazu gestellt, die ich gerne beantworte. § 55b soll den Rechtsrahmen dafür ermöglichen, daß wir Programme der Europäischen Union in Österreich auf einer entsprechenden rechtlichen Basis umsetzen können. Und was ist das? – Das betrifft zum Beispiel die Wasserrahmenrichtlinie, über die in der Europäischen Union bereits in der Endphase verhandelt wird. Diese Wasserrahmenrichtlinie sieht vor, den Gewässerschutz so zu organisieren, daß die Kriterien zukünftig Einzugsgebiete von Gewässern sind. Einzugsgebiete sind grenzüberschreitend, daher brauchen wir diese Rechtsbasis! Also: Gewässerschutz!

Ein zweites Beispiel ist die Frage der Fischgewässer-Richtlinie. Diese Richtlinie sieht vor, daß wir Fischgewässer ausweisen und eine entsprechende Qualitätssicherung vorgenommen wird. § 55 soll nun der Rechtsrahmen dafür sein. Auch die Richtlinie über gefährliche Stoffe, die Programme zur Sicherung der Gewässerqualität auf spezifischen Gewässerstrecken beinhaltet, soll § 55 ermöglichen.

Im Wasserrechtsgesetz, Herr Abgeordneter Schweitzer, gibt es den umfassenden § 105, welcher das öffentliche Interesse im Rahmen des österreichischen Wasserrechtsgesetzes sehr exakt definiert. Es ist weder in den bisherigen Programmen, noch in den Diskussionen um die Gewässerschutzrichtlinie in der Europäischen Union irgend etwas angedacht, was die Frage des Wassertransfers betrifft.

Meine Damen und Herren! Ich halte fest, daß die Einstimmigkeit in der Frage der Wassermengenbewirtschaftung außer Streit steht und die österreichische Bundesregierung für diese Einstimmigkeit eintritt. Daher sind sämtliche Befürchtungen, die heute bezüglich § 55 geäußert wurden, nicht gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur zukünftigen Novelle des Wasserrechtsgesetzes noch zwei Klarstellungen: Ich bin dankbar dafür, daß Abgeordnete hier erklärt haben, daß die Bereitschaft besteht, an der anstehenden Novelle zu § 33f weiterzuarbeiten. Ich halte es für gut, daß wir den Sommer dafür nutzen und für die nächste Legislaturperiode eine neuerliche Novellierung des Wasserrechtsgesetzes mit § 33f angestrebt wird, und ich kann aus meiner Sicht die hier geäußerten Zielsetzungen bezüglich § 33f weitgehend teilen. Über die Schritte zur Umsetzung dieser Ziele werden wir meiner Ansicht nach auch Einvernehmen erzielen.

Herr Abgeordneter Wabl! Zur Frage der Wasserrechtsgesetz-Novelle im Zusammenhang mit der Variantenoptimierung kann ich nur nochmals sagen, daß ich diese für eine grundsätzlich richtige Zielsetzung halte. Daraus resultiert aus meiner Sicht ja auch die Novelle des Wasserrechtsgesetzes. Es ist aber nicht ausreichend, nur das Wasserrechtsgesetz zu novellieren, sondern wir müssen eine harmonische Novelle zwischen Wasserrechtsgesetz und Umweltförderungsgesetz erreichen. Dem dient diese Arbeit, die aus meiner Sicht notwendig ist, damit wir eine von einem breiten Konsens getragene Novelle zustandebringen. Sie wissen genauso wie ich, daß diese Haltung beispielsweise auch von der Österreichischen Kommunalkredit als richtig angesehen wird. Daher bin ich sicher, daß wir in absehbarer Zeit diesen nächsten Schritt der Novellierung des Wasserrechtsgesetzes vornehmen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle beim Hohen Hause hier sehr herzlich dafür bedanken, daß in dieser Legislaturperiode im Landwirtschaftsausschuß ein exzellentes Kooperationsklima zwischen den Abgeordneten und dem Landwirtschaftsressort bestanden hat. Dem verdanken wir gute Novellen wie beispielsweise das Wasserrechtsgesetz, das heute beschlossen werden kann, ebenso aber auch die Weingesetz-Novelle, die in guter Atmosphäre und ansprechender Zeit verwirklicht werden konnte.

Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, mich insbesondere bei jenen Kolleginnen und Kollegen für die gute Zusammenarbeit persönlich zu bedanken, die dem Hohen Hause in dieser Legislaturperiode das letzte Mal angehören. Ich möchte mich für diese ausgezeichnete Zusammenarbeit persönlich bedanken und die guten Wünsche, die mir entgegengebracht wurden, erwidern. – Alles Gute für die Zukunft! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

12.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister, für Ihre Worte.

Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen nun zur Abstimmung, und zwar erfolgt diese über jeden Ausschußantrag getrennt.

Als erstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird; es ist dies 2078 der Beilagen.

Die Abgeordneten Aumayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht; die Abgeordneten Wabl und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise einen Abänderungsantrag.

Es liegt auch ein Verlangen des Abgeordneten Koller auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde, wie es üblich ist, zunächst über jene Teile des Gesetzentwurfes, die von den Zusatz- und Abänderungsanträgen betroffen sind, abstimmen lassen und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile.

Die Abgeordneten Wabl und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 49a in Artikel I sowie die Einfügung eines neuen Artikel II eingebracht.

Wer für den Antrag Wabl ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Es ist daher auch keine Abstimmung über die beantragte Titeländerung des Gesetzentwurfes sowie die Änderungen der Artikelbezeichnungen erforderlich.

Wir kommen jetzt zur getrennten Abstimmung über Artikel I Ziffern 8 und 13 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die genannten Gesetzesstellen sind in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Aumayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Artikel I Ziffern 20, 22 und 56 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer dem zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Diese Teile des Entwurfes sind in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Schließlich stimmen wir ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dafür ist, möge ein bejahendes Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über die eingebrachten Entschließungsanträge, und zwar zunächst über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Aufhebung der Trinkwasser-Ausnahmeverordnung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl, Smolle und Genossen betreffend Einrichtung eines Beirates zur ländlichen Entwicklung.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir noch ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Gebarungskontrolle der Wasserverbände.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nun stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hydrographiegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2080 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Entwurf aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in zweiter Lesung mehrheitlich angenommen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 2079 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, möge ein Zeichen geben. – Dieser Bericht wird mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Die Grünen stimmen gegen ihren eigenen Antrag!)

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird, samt Titel und Eingang in 2081 der Beilagen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. Dieser Entwurf ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1761 der Beilagen): Entwurf eines Bundesgesetzes über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) (2050 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1762 der Beilagen): Entwurf eines Bundesgesetzes über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12) (2051 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht verlangt worden.

Als erstem Redner in dieser Debatte erteile ich Herrn Abgeordneten Mag. Trattner das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.23

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht bei diesen beiden Regierungsvorlagen um zwei Bereiche der Entwicklungshilfe, und zwar in folgenden Größenordnungen: bei der Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds um 363 Millionen Schilling und bei der Wiederauffüllung der IDA 12 um 1 145 Millionen, das heißt, es geht insgesamt um Entwicklungshilfe in der Höhe von 1,5 Milliarden Schilling.

Die grundsätzliche Einstellung der Freiheitlichen Partei dazu ist, daß wir diesen Regierungsvorlagen unsere Zustimmung verweigern werden, so lange diese Mittel nicht effizient eingesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat keinen Sinn, immer wieder Wiederauffüllungen zu beschließen beziehungsweise Beitragszahlungen an die Fonds die Zustimmung zu gewähren, in Kenntnis der Tatsache, daß dieses Geld nicht ordnungsgemäß verwendet wird.

Jetzt kommt die Meldung von Köln: Schuldenerlaß in der Größenordnung von zirka 30 000 Milliarden Schilling. 30 000 Milliarden Schilling – das bedeutet einen jährlichen Schuldendienst von 3 000 Milliarden. Was soll denn damit geschehen? – Wenn diese durch den Schuldenerlaß freigemachten Mittel dazu verwendet werden, Waffen zu kaufen, wie das zum Beispiel Tansania macht, so ist das nicht richtig.

Tansania kauft jährlich Waffen in der Größenordnung der Höhe der Bedienung der Staatsverschuldung. Das bedeutet, es macht gar keinen Sinn, diesen Ländern nach wie vor Geld zu geben, wenn sie nur Waffen kaufen, nicht aber versuchen, die Armut zu bekämpfen beziehungsweise das Humankapital zu unterstützen, sodaß es den Menschen dort besser geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist die grundsätzliche Einstellung der Freiheitlichen Partei.

Es macht auch gar keinen Sinn, Herr Finanzminister, immer wieder mit irgendwelchen Regierungsvorlagen ans Hohe Haus heranzutreten, ganz genau wissend, daß vier Parteien dem ohnedies zustimmen, ohne aber die Kritikpunkte seitens der Freiheitlichen Partei überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Sie nehmen aber nicht nur die Kritikpunkte seitens der Freiheitlichen Partei nicht zur Kenntnis, sondern Sie nehmen auch das, was die UNO-Wirtschaftskommission über Afrika gesagt hat, nicht zur Kenntnis.

Die UNO-Wirtschaftskommission über Afrika hat zum Ausdruck gebracht, daß fast 40 Prozent des Bruttosozialproduktes des Kontinents Afrika gar nicht im Lande sind, sondern sich im Ausland befinden. Das heißt: In den letzten zehn Jahren sind etwa 2 800 Milliarden Schilling nicht in den dortigen Ländern zur Bekämpfung der Armut eingesetzt worden, sondern diese 2 800 Milliarden Schilling liegen auf Konten von Schweizer Banken!

Und das ist die Aufforderung: Zuerst muß man einmal schauen, wohin dieses Geld geflossen ist. Das ist nicht Geld aus irgendwelchen wirtschaftlichen Erträgen, sondern Geld, das vom Entwicklungshilfegeld abgezweigt wurde und das den Machthabern dort zu Reichtum verholfen hat. Dieses Geld ist im Ausland angelegt: als Bankguthaben beziehungsweise in Villen. – Und Sie schauen dabei zu!

Bei den Verhandlungen sagen Sie immer: Wir müssen das beschließen, damit den Ärmsten der Armen auf der Welt geholfen werden kann!, und schauen zu. Auch wir sind dafür, daß den Ärmsten und den Armen auf der Welt geholfen wird, aber es soll in der Form geholfen werden, daß das Geld jenen zugute kommt, die es wirklich brauchen – und nicht den reichen Machthabern, die nur Reichtümer für sich schaffen wollen beziehungsweise Waffen einkaufen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Solange es in diesem Bereich kein Umdenken Ihrerseits beziehungsweise der Bundesregierung gibt, wird die Freiheitliche Partei keine Zustimmung geben. Wir werden dem erst dann zustimmen, wenn diese Mittel auch wirklich den Bedürftigen zukommen – sonst nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.27

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das ist meine letzte Rede hier im Hohen Hause (Abg. Haigermoser: Was sagt der Herr Vizebankdirektor?), und angesichts der Tagesordnung werde ich meine Ausführungen kurz halten. Ich wäre dem Herrn Präsidenten aber dankbar, wenn er mit dem "Ruf zur Sache!" heute nicht allzu streng umginge. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Das Problematische und natürlich auch ein bißchen Faszinierende an diesem Parlament sind die ständige Dynamik und die damit einhergehende schwierige Planbarkeit. Meine eigene Abschiedsrede ist ein Beispiel dafür.

Ich wollte meine Abschiedsrede ursprünglich zum Wirtschaftsbericht der Bundesregierung halten, dieser ist jedoch der Zeitplanung für diese Tage zum Opfer gefallen, was ich bedauere (Abg. Haigermoser: Die Frau Tichy-Schreder hat das zu verantworten!), denn es hätte einen durchaus erfreulichen Leistungsbericht der Regierung gegeben. Ich glaube, wir können stolz darauf sein, was gerade in dieser Legislaturperiode in wirtschaftspolitischer Hinsicht erreicht wurde. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bis gestern nachmittag habe ich dann gedacht, daß ich meine Abschiedsrede zum Thema Getränkesteuer halten werde – das wäre auch ein gutes Thema gewesen (Abg. Haigermoser: Jetzt wird er noch witzig zum Schluß!), denn ich darf sagen, daß ich mich in meiner gesamten politischen Tätigkeit immer sehr bemüht habe, für die Gemeinden entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen davon ausgehen, daß die Gemeinden tatsächlich eines der wichtigsten Zentren des politischen Lebens gerade für die Bürgerinnen und Bürger sind. Es ist daher wichtig, daß die Gemeinden über gesunde, stabile Finanzen verfügen, um ihren Aufgaben entsprechen zu können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir sind jetzt mit einem möglichen Urteil des Europäischen Gerichtshofes konfrontiert, wobei ich ganz offen sagen muß: Die Stellungnahme des Generalanwaltes, die uns jetzt vorliegt, ist meines Erachtens ein Beispiel – wenn ich das mit aller Vorsicht sagen darf – eines gewissen juristischen Zynismus gegenüber dem praktischen Leben. (Abg. Dr. Krüger: ... greift in ein nicht abgeschlossenes Verfahren ein!) – Das habe ich als meine persönliche Meinung gesagt, und diese darf ich wohl sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, wir müssen daraus überhaupt lernen: Je politischer die obersten Gerichtshöfe auf allen Ebenen werden, desto stärker müssen sie sich auch einer politischen Diskussion stellen. Dazu stehen wir. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll. – Abg. Mag. Trattner: Wissen Sie, was Sie jetzt gesagt haben?) Das sagt aber in keiner Weise etwas gegen den Respekt gegenüber diesen Gerichtshöfen und die Tatsache, daß selbstverständlich sie das letzte Wort haben. Das ist in einem Rechtsstaat selbstverständlich. In einem Rechtsstaat ist es aber auch notwendig, entsprechend zu diskutieren. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

In der aktuellen Situation ist es notwendig, Vorkehrungen dafür zu treffen, damit es nicht zu der Situation kommt, daß die Gemeinden Steuern an Unternehmen zurückzahlen müssen, obwohl diese Steuern aus wirtschaftlicher Sicht bereits von den Konsumenten getragen wurden. Das heißt, konkret geht es darum, eine wirkliche Bereicherung zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist im Prinzip ja auch für jeden einsichtig, leider hat aber nun doch eine kleine Gruppe versucht, sich Sondervorteile herauszuholen.

Ich möchte damit schon aufhören und in meiner Abschiedsrede nicht weiter auf kontroversielle Aspekte eingehen, darf aber dem Hohen Hause doch berichten, daß sich gestern nachmittag sowohl der Generalsekretär des Städtebundes als auch der Generalsekretär des Gemeindebundes, der ja, wie bekannt ist, nicht unserer Fraktion angehört, persönlich bei Klubobmann Kostelka und mir für den Einsatz bedankt haben, den wir da für die Gemeinden geleistet haben. – Es tut mir leid, daß diese Bemühungen letztlich doch nicht zum Ziel führen konnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe jedenfalls meine Abschiedsrede heute zu den Mittelzuführungen zur Internationalen Entwicklungsorganisation und zum Afrikanischen Entwicklungsfonds zu halten. Das sind natürlich wichtige Bereiche, die das internationale Engagement Österreichs betreffen.

Aber es geht hier auch – das möchte ich jetzt doch wieder etwas allgemeiner sehen – um Bereiche von weiterführender Bedeutung. Die größte Änderung, die das Parlament in jenen 21 Jahren, denen ich in dem Hohen Hause angehören durfte, erfahren hat, ist die immer stärkere internationale Verflechtung, und zwar im wirtschaftlichen Bereich, aber auch im Bereich der Gesetzgebung.

In jenem Ausschuß, in dem ich die Ehre hatte, Vorsitzender zu sein, im Finanzausschuß also, ist es so, daß schon ungefähr die Hälfte aller Gesetze, die wir beschließen, Gesetze mit internationalem Bezug sind. In einem ganz zentralen Bereich des Finanzausschusses, im Bereich des Kreditwesens, sind es praktisch 100 Prozent der Gesetze, bei denen es darum geht, Richtlinien der EU in österreichisches Recht zu übertragen.

Das ist insgesamt eine Herausforderung in die Richtung, wie wir mit dieser Internationalisierung, im speziellen mit der EU umgehen können. Und da müßten wir, glaube ich, noch einiges lernen, denn das Verhalten gegenüber der EU ist zum Teil eine Mischung aus Unterwerfung auf der einen Seite und Aggressivität auf der anderen Seite. Zu lernen, daß wir in und mit der EU arbeiten müssen, ist eine Herausforderung, die sich uns allen stellt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem bestimmten Bereich werde ich mich persönlich dieser Herausforderung stellen. Ich bin natürlich, wenn ich meine Aufgabe im Rahmen der Europäischen Investitionsbank antrete, dort kein Vertreter Österreichs, aber ich werde mich in meiner Tätigkeit immer Österreich verpflichtet fühlen. Ich werde mich auch immer mit diesem Parlament, in dem ich viele gute und einige weniger gute Tage verbracht habe, verbunden fühlen.

Ich möchte mich bei allen meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Finanzausschuß bedanken. Es ist uns gelungen, im Finanzausschuß eine Atmosphäre der professionellen, seriösen Zusammenarbeit zu schaffen; sie hat sich nur nicht immer ganz ins Plenum übertragen. Ich habe auch heute gesehen, daß ich die Ehre habe, in Ihrer Dringlichen Anfrage genannt zu werden, mir ist jedoch die fachliche und sachliche Anerkennung wichtiger, die ich erfreulicherweise von allen, auch von den Oppositionsparteien, in der letzten Sitzung des Finanzausschusses bekommen habe. Ich möchte mich dafür sehr herzlich bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte mich auch bei den vielen Menschen bedanken, die mir – so wie uns allen – die Arbeit hier in diesem Hause ermöglicht haben, den Bediensteten des Hauses.

Es ist jetzt nicht die Stunde sentimentaler Abschiede, sondern ich möchte nur sagen: Ich wünsche dem Parlament, dieser Vertretung des Volkes Österreichs, weiterhin viel Erfolg im Interesse unseres Landes. Alles Gute! – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

12.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Nowotny! Es ist fast ein Paradoxon, daß man bei dieser reichhaltigen Tagesordnung nach einem Punkt suchen muß, zu dem man eine Abschiedsrede halten kann.

Zu Ihren Anmerkungen zum "Ruf zur Sache!" möchte ich sagen: Vielleicht kann man bei einer künftigen Geschäftsordnungsreform berücksichtigen, daß man die Abschiedsrede als eigene Kategorie einführt (Heiterkeit), denn dann gibt es damit überhaupt keine Probleme mehr, da bei einer Abschiedsrede die Sache eben der Abschied ist. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Erlauben Sie mir – mit Erlaubnis des Plenums – einige persönliche Sätze.

Herr Abgeordneter Dr. Nowotny! Wir sind, das kann ich sagen, in diesem Hause eigentlich ein Stück des Weges gemeinsam gegangen. Trotz mancher Differenzen in der Sache war mein Verhalten und meine Einstellung Ihnen gegenüber immer auch von einer außergewöhnlichen persönlichen Wertschätzung für Ihren Intellekt, Ihre persönliche Kultur und auch Ihre Haltung in diesem Hause geprägt. An dieser meiner Einschätzung wird sich nichts ändern. Ich hoffe, daß wir uns auch in Zukunft sehen werden; wir haben genügend Möglichkeiten.

Ich möchte Ihnen auch im Namen des Hauses dafür danken, was Sie im Rahmen Ihrer parlamentarischen Tätigkeit gemacht haben.

Sie gehen ja einen neuen Schritt in eine neue Zukunft, und ich hoffe, daß er für Sie erfolgreich sein wird. Noch einmal herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.38

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Auch ich wünsche Ihnen, Herr Professor Nowotny, für Ihre künftige Tätigkeit viel Schaffenskraft in Ihrem Interesse, weil Sie ja letztlich auch Österreich repräsentieren, aber auch im Interesse unserer Republik, sodaß wir in den kommenden Jahren ordentlich vertreten sind. Alles Gute!

Es war allerdings sehr beklemmend, als Sie wörtlich etwa gemeint haben – das war von demaskierender Ehrlichkeit –: Je politischer die Gerichtshöfe werden, desto deutlicher muß sich die Politik auf allen Ebenen artikulieren. (Rufe bei der SPÖ: Nein! Nein!) – Wir bekommen das Protokoll. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Vor wenigen Monaten haben wir mit hochkarätigen Juristen hier über "dissenting opinion" gesprochen – Frau Karlsson, schreien Sie nicht so laut, ich höre Sie auch so –, eine "Dissenting-Opinion-Diskussion" geführt, in der seitens der Opposition immer wieder darauf hingewiesen wurde, wie verpolitisiert unsere Gerichtshöfe sind. Das wurde immer entschieden zurückgewiesen, und es hieß: Es gibt keinen politischen Einfluß!

Es ist nur schade, daß das immer wieder Menschen sagen, die aus diesem Parlament ausscheiden, etwa auch Kollege Löschnak, der aus dem Nationalrat ausscheidet. Auf einmal fällt ihm alles mögliche ein – er war jahrelang an der Spitze einer Partei, auch eines Ministeriums. Letztlich kommt aber die Wahrheit an den Tag.

Es ist nur zu hoffen, daß in Hinkunft gerade auch dieser Satz und dieses Denken endlich einmal im Interesse unserer Republik Österreich und ihrer Bevölkerung zurückgestellt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Legen Sie doch ehrlicherweise den Mantel der Parteipolitik in entscheidenden Lebensfragen, die die Österreicherinnen und Österreicher betreffen, ab! Das ist mir wichtig und wesentlich, auch wenn es sich hier um das Thema der internationalen Entwicklungshilfe handelt, zu der wir uns alle bekennen.

Es ist immer etwas Gutes, für humanitäre Zwecke einzutreten. Wenn aber mit Milliardenbeträgen subventioniert wird, wäre es schon ehrlicher zu sagen, daß man einen verlorenen Zuschuß ganz gezielt in irgendein Land für ein Projekt gibt – als in einen Topf einzuzahlen, in den wir dann 1,25 Prozent abliefern dürfen und letztlich jener Fall eintritt, den mein Kollege Trattner schon erwähnt hat, daß nämlich Hunderte Milliarden Schilling durch Familienclans weltweit in Banken "geparkt" werden, die Bevölkerung jedoch keinen Schritt in der Humanisierung, in der Ökologisierung, im Gesundheitswesen und im wirtschaftlichen Bereich weiterkommt!

45 Prozent der Afrikaner leben in tiefster Armut. Es ist schon eine internationale Aufgabe, dabei zu helfen und einzuschreiten. Die Kriminalitätsrate steigt, die Illegalität steigt. Und es steigt auch die Zahl menschenverachtender Systeme, die Vertreibungen von Millionen von Menschen und ähnliches mehr. Aber die ganze Welt schaut zu und erkauft sich ihr ruhiges Gewissen mit viel Geld, mit viel Steuergeld, das letztlich seinen Zweck nicht erfüllt.

Es ist nicht nur die österreichische FPÖ oder andere Oppositionsparteien, die das kritisieren. Es kritisiert diese Situation auch der Europäische Gerichtshof. Er meint, man sollte die Investitionen in Drittländer ernst nehmen, man sollte Schwachstellen aufzeigen, und man sollte das vor allem auch transparent machen, denn nachzuweisen, daß ein Teil des Geldes ordentlich eingesetzt worden ist, ist immer möglich. Man kann das auch dreimal gleichzeitig machen, wie wir von anderen Projekten ja wissen.

Wir Freiheitlichen stehen für Entwicklungshilfe, wir stehen für Humanität, wir stehen aber auch für Nachvollziehbarkeit und Treffsicherheit von Unterstützungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

12.42

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Professor Nowotny, es wären nicht Sie selbst, hätten Sie nicht auch Ihre Abschiedsrede dazu verwendet, aus Ihrer Sicht politische Markierungen zu setzen. – Das ist Ihr gutes Recht.

Es ist aber auch mein gutes Recht, gegen eine politische Meinung eine andere zu setzen, weil ich glaube, daß Dinge, auch wenn man sie noch so oft wiederholt, deswegen nicht richtiger werden. Es gibt jedoch wie immer Punkte, bei denen wir uns finden.

Wir finden uns in der Frage der Bedeutung der Gemeindefinanzierung, und zwar hier insbesondere bei der direkten Gemeindefinanzierung, bezüglich derer wir es leider in den letzten Jahren verabsäumt haben, neue Wege zu gehen. Weder die Anzeigenabgabe noch die Kommunalabgabe noch die Getränkesteuer sind eine taugliche Basis für die direkte Gemeindefinanzierung. Mit der ersten werden die Kommunikations- und Informationsgesellschaft, mit der zweiten die Arbeit besteuert, und mit der dritten wird Wettbewerbsverzerrung innerhalb des Euro-Raumes erzeugt. Das alles wissen wir, aber weder der Städtebund noch der Gemeindebund, den ich von diesem Pult aus mehrfach öffentlich auffordern durfte, doch einmal selbst darüber nachzudenken, wie man die direkte Gemeindefinanzierung, die unverzichtbar ist, auf neue Beine stellen könnte, haben sich dazu bereit erklärt. – Im Gegenteil: Der Gemeindebund hat den schönen Satz geprägt: Ich liege und besitze, laßt mich schlafen.

Und nun kommen der "böse" Europäische Gerichtshof und der "juristische Zynismus" – unter Anführungszeichen, Zitat Nowotny – des Herrn Generalanwaltes.

Die Frage, die wir diskutieren sollten – ich töne sie nur ganz kurz an, dann komme ich schon zum eigentlichen Thema – lautet: Kann auch der Staat unrechte Steuern einheben? – Das ist die erste Frage. Wenn ein Bürger Steuern zu Unrecht nicht bezahlt, muß er sie nachbezahlen. Aber es kann offensichtlich auch ein Staat Steuern einheben, die keine Rechtsgrundlage haben. Die Republik weiß ja seit dem Jahre 1995 von dieser Drohung der Union.

Die zweite Frage lautet: Gibt es noch eine Vollkostenkalkulation, Herr Professor? Gibt es diese noch? Sind wir nicht heute im Verdrängungswettbewerb, bei dem mehr Angebot weniger Nachfrage gegenübersteht? Sind wir nicht schon lange bei einem "target costing", das heißt, bei einer Zielkalkulation, bei der all jene Bestandteile, die jetzt vom Unternehmen wegzuzahlen sind, an wen auch immer – Mehrwertsteuer, Getränkesteuer, Lohnkosten, Lohnnebenkosten, Strom, Wäscherei; was immer Sie wollen –, in einem vom Markt vorgegebenen Preis unterzubringen ist?

Ich meine, daß Ihnen alle modernen Betriebswirte und Marketingleute sagen müssen, daß die Vollkostenkalkulation schon lange durch die Grenzkostenkalkulation, die Deckungsbeitrag- und Zielkostenkalkulation abgelöst wurde. – Soviel zur Frage der Bereicherung.

Ich komme gerne zum Thema internationale Verflechtung. Globalisierung, Information, Verkehr und Arbeitsteiligkeit schreiten voran; auch unsere Verantwortung schreitet voran, nämlich die gemeinsame Verantwortung des Teilens. Es ist nicht populär, das zu sagen: Entwicklungshilfe, meine Damen und Herren, heißt teilen! Das heißt, daß die wohlhabenden Länder dieses Globus auch aus eigenem Interesse sagen, wir müssen einen – hoffentlich wachsenden und steigenden – Anteil unseres Wohlstandes weitergeben, um den anderen Nationalstaaten, Ländern und Regionen auf diesem Globus eine Entwicklung zu ermöglichen, die uns ökonomisch ausgeglichen leben läßt, die uns soziale Sicherheit, die nur eine globale Sicherheit sein kann, weiter genießen läßt und die vor allem das ökologische Problem in den Griff bekommt. Wir alle leben nun einmal nur auf einer Erde.

Ich glaube nicht, daß das nur über einzelstaatliche Maßnahmen geht. Ich glaube sehr wohl, wie Herr Gaugg gesagt hat, daß es möglich ist, daß Österreich zwei oder drei Partnerstaaten in Schwarzafrika hat – wir haben sie ja! –, in denen wir ganz konkrete Einzelaktivitäten setzen. Das finde ich richtig, aber wir werden – und da setze ich mich in klaren Gegensatz zur Position der Freiheitlichen – die internationalen Organisationen dazu brauchen. Der österreichische Beitrag dort ist mir aber zu niedrig.

Wir haben Verantwortung für unsere Kinder – selbst hier im Lande –, denn Entwicklungshilfe ist die Sicherung der Lebensbasis unserer und der nächsten Generation. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Kontrolle der Mittelverwendung ist auch mir da und dort zu lax, wobei ich davor warne, sie immer mit österreichischen Exporten zu junktimieren. Natürlich ist es unser ureigenstes Interesse, daß durch Entwicklungshilfegelder möglichst viele Aufträge nach Österreich gebracht werden – keine Frage. Aber das darf nie der Hauptzweck sein; es ist der Nebenzweck, der zweite Zweck. Und die Überprüfung der Ergebnisse muß verbessert werden. All das können wir jedoch nur in internationalen Organisationen tun. Ich fordere die Bundesregierung daher dazu auf, in diese Sache mehr als bisher tätig zu werden.

Wir werden beiden Vorlagen zustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

12.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.47

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich dem, was mein Vorredner hier bezüglich Bedeutung der multilateralen Entwicklungspolitik und Zusammenarbeit gemeint und zusammengefaßt hat, durchaus anschließen.

Es sei noch einmal ein Wort an die Freiheitliche Partei gerichtet: Ich halte es auch für wichtig, einerseits immer wieder unsere Beiträge in multilateralen Organisationen kritisch zu hinterfragen, und zwar wohin sie führen, wofür sie verwendet werden, inwieweit auch ein Maß an Demokratie und Demokratisierung eingehalten und erreicht wird, aber andererseits dürfen Sie sich nicht der trügerischen Hoffnung hingeben, daß wir uns gerade in heutigen Zeiten einer zunehmenden Globalisierung, einer zunehmenden Vernetzung ausschließlich darauf zurückziehen und beziehen können, auf einer bilateralen Ebene diese Probleme, diese Fragen, diese Thematiken abzuhandeln.

Sie von den Freiheitlichen haben das immer wieder in all den Jahren in entwicklungspolitischen Diskussionen eingebracht. Ich werde manchmal – das möchte ich auch zum Ausdruck bringen – nicht so ganz den Verdacht los, daß wir dann, wenn wir wirklich darauf angewiesen wären, alle Maßnahmen und alle Anstrengungen ausschließlich im bilateralen Bereich zu setzen, in einem gewissen Umfang einer Debatte ausgeliefert wären, die sehr populistisch geführt werden und bei der genau jenes Ziel und jener Aspekt, der Entwicklungspolitik beinhaltet, zu kurz kommen würde.

Herr Präsident! Das ist heute für mich eine partielle Abschiedsrede, weil Entwicklungspolitik nur ein Bereich meiner Tätigkeit war und ich morgen noch einmal zur Frauenpolitik Bezug nehmen möchte. Ich möchte aber diese Gelegenheit dazu nutzen, hier im Rückblick oder im Vorwärtsschauen noch zwei, drei Dinge in dem Zusammenhang zu sagen, der natürlich auch mit dieser Tagesordnung gegeben ist.

Ich habe in diesen vier, fünf Jahren erlebt, daß Entwicklungspolitik leider immer nur ein Randthema war, ein Thema, das, wenn ich zurückblicke, eigentlich nur im Zusammenhang mit diesen multilateralen Organisationen, im Zusammenhang mit – eigentlich im engeren Sinn – finanzpolitischen Entscheidungen gestanden ist. Ich bedauere das zutiefst, weil genau dieser Trend, daß Entwicklungspolitik nicht im Parlament, nicht in parlamentarischer Öffentlichkeit, nicht hier im Plenum diskutiert wird, dazu führt, daß die Gefahr, daß wir eben solchen populistischen Tendenzen ausgesetzt sind, immer größer wird.

Ich würde mir wünschen, daß Sie in der nächsten Legislaturperiode darangehen, die Entwicklungspolitik in einem Vollausschuß, in einem eigenen Ausschuß zu etablieren, und daß Sie diesem Ausschuß auch all jene Agenden zuweisen, die mit Entwicklungspolitik zu tun haben. (Beifall bei den Grünen.)

Entwicklungspolitik ist eine Querschnittmaterie. Sie müssen sich damit befassen, daß Sie vielleicht manche Bereiche, die heute in anderen Ausschüssen behandelt werden, eben in einem solchen Vollausschuß behandeln. Aber ich hielte es für wichtig, daß wir uns nicht nur als Abgeordnete mit dem Drei-Jahres-Programm im Parlament in einem Vollausschuß befassen, diesbezüglich tatsächlich nicht nur mitbestimmen, sondern daß wir auch einem Minister, einem Staatssekretär, einer Staatssekretärin durch Beschlüsse die entsprechende – fast möchte ich sagen: legislative – rechtliche Rückendeckung für solche Drei-Jahres-Programme geben.

Ich würde mir auch wünschen – und ich kann mir vorstellen, daß das an der Zeit wäre –, daß in einem solchen Vollausschuß für Entwicklungspolitik eben alle Fragen der multilateralen Organisationen etabliert werden, wie etwa die Frage der Beteiligung Österreichs an multilateralen Organisationen, wie auch die Frage – nur zum Beispiel, was jetzt wieder aktuell ist – der WTO, der Verhandlungen der Millenniumsrunde der WTO. Hochaktuell: Wir stehen wieder vor einer Debatte, wir stehen wieder vor einer Auseinandersetzung, ähnlich wie im vergangenen Jahr. Man braucht nur zu lesen und zu hören, was in diese Vorverhandlungen der Millenniumsrunde jetzt schon an zum Beispiel neuerlichen Vorläufen und Anstößen in Richtung Investitionsschutzabkommen eingebracht wird.

Ein Vollausschuß für Entwicklungspolitik, eine parlamentarische Behandlung des Drei-Jahres-Programmes wie des Berichtes über Entwicklungspolitik hier in diesem Hause, in der parlamentarischer Öffentlichkeit, das wären die adäquaten parlamentarischen Mittel.

Ich glaube auch, daß es richtig, notwendig und an der Zeit wäre, nicht nur Beschlüsse dahin gehend zu fassen, daß unser Anteil an der Entwicklungspolitik höher als 0,3 Prozent sein sollte, sondern daß es wichtig wäre, eine tatsächlich längerfristige Bindung für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit vorzusehen – und diese so vorzusehen, daß sie sukzessive, Schritt für Schritt, Jahr für Jahr ansteigt und eine steigende Tendenz aufweist.

Es gibt noch ein weiteres Anliegen, das ich Ihnen mit auf den Weg geben möchte. Ein neuer Entwurf eines Entwicklungshilfegesetzes steht jetzt in Form einer Vorbegutachtung im Raum. Er wird in der nächsten Legislaturperiode, so denke ich, behandelt werden.

Es ist mir ein großes Anliegen – das möchte ich Ihnen noch mitgeben –, daß Sie bei diesem Entwicklungshilfegesetz nicht nur kleine technokratische Korrekturen, sprachliche Korrekturen vornehmen, sondern daß Sie sich dazu durchringen, einen wirklich großen Entwurf und Wurf zu machen, der tatsächlich darauf hinweist, was in unserem heutigen Verständnis Entwicklungspolitik sein sollte und ist. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Peter.)

Ich stelle fest und bemerke immer wieder in den Debatten, daß in Österreich heute Entwicklungspolitik noch immer einen sehr starken karitativen Aspekt hat. Ich meine, es wäre höchst an der Zeit – der Entwurf eines Entwicklungshilfegesetzes könnte das notwendige und richtige Mittel dafür sein –, Entwicklungspolitik so zu definieren, daß klar wird, daß es da um internationale Beziehungen, um internationale Zusammenarbeit zwischen gleichberechtigten Partnern geht. Das halte ich für ganz wichtig und für eine Voraussetzung des Verständnisses dafür, daß es auch um wirtschaftliche Beziehungen zwischen gleichberechtigten Partnern geht und daß wir immer weiter ein Stück von diesem Verständnis wegkommen, das sich – noch! – ausschließlich nach der Hilfeleistung orientiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich wünsche meinen Kolleginnen und Kollegen, die in der Entwicklungspolitik tätig sind, für die nächsten Jahre viel Mut, viel Geduld, viel Kraft und viel Energie, sich auch in ihren eigenen Fraktionen mit dieser bei den großen Parteien etwas unbeliebten Materie durchzusetzen.

Ich bedanke mich bei Ihnen für die Zusammenarbeit im entwicklungspolitischen Unterausschuß, die zumindest dort immer sehr gut und sehr konstruktiv war. Aber ich bedauere es, daß manche meiner Anträge – betreffend ILO, Menschenrechtskonvention, Absetzbarkeit von Spenden, Regenwald-Initiative – nicht so beschlossen, umgesetzt oder durchgeführt wurden, wie ich das gerne gehabt hätte.

Ich wünsche Ihnen in diesem Sinne alles Gute für die nächsten Jahre. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

12.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander! Sie haben jetzt die Schwierigkeiten, die sich für das Präsidium bei Abschiedsreden ergeben, noch verdoppelt, indem Sie die partielle Abschiedsrede eingeführt haben. (Heiterkeit.) Aber ich werde jedenfalls noch Gelegenheit dazu haben, mich bei Ihnen zu bedanken.

Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.56

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Auch ich muß Ihre Großmut etwas in Anspruch nehmen. Ich halte zwar keine Abschiedsrede, aber (Heiterkeit bei den Grünen und bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wer weiß?) Ewald Nowotny scheidet aus dem Nationalrat aus, und seitdem ich im Parlament bin, war er mein Vorsitzender – natürlich nur im Finanzausschuß. Ich glaube, das verdient schon ein paar Worte.

Ich weiß nicht, wie viele Jahre du Vorsitzender des Finanzausschusses warst – sehr viel länger jedenfalls, als ich hier im Parlament bin –, aber ich nütze diese Gelegenheit dazu, protokollarisch festzuhalten, daß ich meine, daß deine Vorsitzführung und Sitzungsleitung unparteiisch, korrekt, sachkundig – no na! – und neutral war – auch aus der Sicht einer Oppositionspartei –, und daß du dadurch sicherlich wesentlich dazu beigetragen hast, daß das Diskussionsklima im Finanzausschuß so war, wie du es schon geschildert hast. Ich kann dem nur beipflichten. (Beifall bei den Grünen, bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber aus der Sicht einer Oppositionspartei schon hinzufügen, daß sich dieses angenehme Diskussionsklima im wesentlichen auf das Gespräch zwischen den Abgeordneten der Oppositionsparteien einerseits und dem anwesenden Minister beziehungsweise Staatssekretär andererseits beschränkt, Verhandlungen als solche oder Gespräche zwischen Abgeordneten der Regierungsparteien und den Oppositionsparteien aber de facto kaum stattfinden. Das ist jedoch sicherlich nichts besonders Typisches für den Finanzausschuß, sondern ist eines der Strukturprobleme des Parlamentarismus.

Sehr begrüßt habe ich auch eine Reform, die unter deiner Vorsitzführung stattgefunden hat, nämlich im Rahmen der Diskussion zur Steuerreform, daß wir zuerst ein Gespräch über die Sache, über verschiedene Sachfragen mit den Beamten der Himmelpfortgasse geführt haben und dann sozusagen die politische Debatte mit dem Minister beziehungsweise Staatssekretär gefolgt ist. Das hat sich sehr bewährt, diese Vorgangsweise sollten wir auch in Zukunft fortführen.

Wenn ich etwas bedauere, dann vielleicht, daß deine Sachkundigkeit im Ausschuß eigentlich nicht beziehungsweise selten in Form von Debattenreden zum Ausdruck gekommen ist, weil du quasi durch die Vorsitzführung blockiert warst. Es ist auch nicht zu übersehen – bevor wir hier alle in Tränen ausbrechen, wie schön alles war –, daß der Finanzausschuß an denselben Strukturproblemen wie andere Ausschüsse auch leidet. Eines davon ist, daß die Mehrheit das exekutiert, was die Regierung vorgibt. Ein zweites ist, daß keine Verhandlungen – wie es vielleicht einmal die Idee der Verfassungsgeber und Geschäftsordnungsmacher war – zwischen den Parteien im Ausschuß stattfinden, sondern daß eine in der Regel sehr interessante und sachorientierte Diskussion zwischen den Abgeordneten der Oppositionsparteien und dem Minister beziehungsweise dem Staatssekretär stattfindet, sich die Abgeordneten der Regierungsparteien aber meist vornehm zurückhalten. Herr Stummvoll sei da ausgenommen, weil er mich gerade so mahnend anschaut. – Aber hier ist jetzt nicht der Ort, das zu vertiefen.

Ewald Nowotny und ich haben außerhalb dieses Hauses unzählige Stunden bei Podiumsdiskussionen verbracht, etliche davon – wenn nicht die meisten – bei Fragen über die öko-soziale Steuerreform oder über die Energiesteuerreform. Zu meinem Gram ist es mir nicht gelungen, ihn vollends davon zu überzeugen, wie sinnvoll diese Reform ist. Zum Glück gilt das wechselseitig – zum Glück für die Idee, finde ich. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Ganz verloren gehst du mir ja nicht. Für die Kolleginnen und Kollegen darf ich mir die Anmerkung erlauben, daß das Nowotny-Lehrbuch der Finanzwissenschaft immer noch ein Teil der Prüfungsliteratur für meine Studentinnen und Studenten ist.

Es macht mir hin und wieder diebische Freude, nachzuschauen, wo denn gewisse Diskrepanzen zwischen den Anforderungen der Theorie und der täglichen Praxis vorliegen. Kurzum, lieber Ewald, du hast eine große neue Aufgabe vor dir. Wir wünschen dir jeden Erfolg und alles erdenkliche Glück, das du in deiner neuen Funktion vielleicht auch brauchen wirst. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen reicht Abg. Dr. Nowotny zum Abschied die Hand.)

13.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stummvoll. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir gerade gesehen und seinen Worten auch entnommen haben, daß unser Herr Präsident die Geschäftsordnung großzügig auslegt, auch wenn wir noch keine eigene Kategorie von Abschiedsreden haben und auch mein Vorredner keinen einzigen Satz zum eigentlichen Thema gesagt hat, möchte ich diese Großzügigkeit, Herr Präsident, dazu verwenden, auch namens meiner Fraktion und vor allem im eigenen Namen dir, lieber Ewald Nowotny, wirklich zu danken für die Zeit, in der wir als die beiden Fraktionssprecher der Regierungsparteien im Finanzausschuß zusammengearbeitet haben. Ich darf sagen, aus unserer Sicht beziehungsweise aus Sicht der ÖVP-Fraktion und auch aus meiner persönlichen Sicht waren es Jahre einer menschlich sehr sympathischen und sachlich sehr konstruktiven Zusammenarbeit, für die ich mich wirklich recht herzlich namens der gesamten ÖVP-Fraktion bedanken möchte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich habe bei der ebenfalls spontanen Sekteinladung deinerseits nach der letzten Sitzung des Finanzausschusses gemeint – und das habe ich wirklich so gemeint, wie ich es gesagt habe –: So wie Ewald Nowotny den Vorsitz im Finanzausschuß geführt hat – unparteiisch, korrekt, seriös, immer auf Ausgleich bedacht, als Vorsitzender nie parteipolitische Positionen beziehend –, stelle ich mir einen idealen Ausschußvorsitzenden vor. Und ein größeres Kompliment, lieber Ewald, kann man dir eigentlich gar nicht machen!

Wir haben natürlich als ÖVP-Fraktion, wie immer bei solchen Anlässen, das berühmte lachende und weinende Auge zugleich: das weinende Auge, weil wir einen solchen Vorsitzenden und einen solch sachkundigen und auch menschlich sympathischen Gesprächspartner hier im Parlament verlieren, das lachende Auge, weil wir wissen, lieber Ewald, daß du eine sehr bedeutende europäische Funktion im Finanzwesen übernehmen wirst. Wir wissen, du bist nicht der Vertreter Österreichs, aber wir haben sehr wohlwollend und sehr dankbar registriert, daß du gesagt hast, du wirst nie vergessen, wo du deine Heimat hast. Das ist, glaube ich, für unser Land sehr wichtig.

Wir wünschen dir wirklich für die nächsten Jahre der gewaltigen Herausforderungen auf europäischer Ebene, daß du erfolgreich bist! Das wünschen wir auch ein wenig aus egoistischen Gründen, sage ich ganz offen, weil wir davon überzeugt sind, daß durch deine Persönlichkeit die Entscheidungen zumindest nicht zuungunsten Österreichs getroffen werden.

In diesem Sinne gratulieren wir dir, wünschen dir alles Gute für die Bewältigung der gewaltigen europäischen Herausforderungen und sind sicher, daß dieses Amt in der Europäischen Investitionsbank bei dir in sehr guten Händen liegt. Alles Gute! (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll reicht Abg. Dr. Nowotny zum Abschied die Hand.)

13.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich muß aber jetzt doch einen Satz für künftige Präsidialkonferenzen, denen ich nicht mehr angehören werde, sagen, nämlich daß diese Debatte kein Präzedenzfall ist, wenn es in den kommenden Diskussionen wieder um den "Ruf zur Sache!" geht. (Heiterkeit.)

Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens des Berichterstatters ist nicht verlangt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und zwar stimmen wir über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Zunächst stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds samt Titel und Eingang in 2050 der Beilagen.

Wer für diesen Gesetzentwurf ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. In zweiter Lesung mehrheitlich angenommen. (Von der Galerie werden Flugblätter geworfen.)

*****

Ich bitte, zu veranlassen, daß dieses Herunterwerfen eingestellt wird! Die Bediensteten des Hauses mögen etwas aufmerksamer sein! (Abg. Parnigoni: Paßt vorher auf! – Weitere Zwischenrufe.)

*****

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

*****

Meine Herren vom Haus! Während des Abstimmungsvorganges kassieren Sie jetzt bitte nicht die Zettel! Gehen Sie aus den Bankreihen! Wir werden uns im übrigen darüber noch unterhalten, das möchte ich gleich sagen!

*****

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation samt Titel und Eingang in 2051 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Gesetzentwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1906 der Beilagen): Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße-Aktiengesellschaft (2054 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1651 der Beilagen): Änderungen des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge (Genf, 18. Mai 1956) (2055 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1855 der Beilagen): Bundesgesetz betreffend die Übertragung des Bundesanteils an der Olympia-Eissportzentrum Innsbruck Ges.m.b.H. sowie die Übertragung von unbeweglichem Bundesvermögen (2053 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 7 bis 9 der Tagesordnung.

Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Herrn Dr. Andreas Khol als Erstredner das Wort mit einer Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

13.08

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche heute zu Ihnen als Abgeordneter der Stadt Innsbruck und bitte den Hohen Nationalrat um Zustimmung dazu, daß das Olympia-Eissportzentrum in das Eigentum des Landes Tirol und der Gemeinde Innsbruck übertragen wird. Das sind Anlagen aus der Zeit der Olympischen Spiele der sechziger Jahre. Der Bund hat seitdem nicht mehr das Geld gehabt, in diese Anlagen zu investieren. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Wir brauchen in Innsbruck ein neues Fußballstadion, wir brauchen in Innsbruck ein neues Eisstadion und eine neue Olympiahalle. Auch die Bobbahn in Igls ist dringend reparaturbedürftig. Das Land Tirol und die Gemeinde Innsbruck sind bereit, diese Investitionen zu leisten. Damit das möglich wird, bitte ich um Zustimmung zu diesem Bericht des Finanzausschusses. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte auch um Zustimmung dazu, daß die Timmelsjoch-Hochalpenstraße-Aktiengesellschaft privatisiert wird. Als ich als 15jähriger Bub dort im Straßenbau bei Eis und Schnee tätig war, hätte mich meine Tätigkeit mit 3,40 S Stundenlohn wesentlich mehr gefreut, hätte ich gewußt, daß die Straße einmal Tirol gehören wird. (Beifall bei der ÖVP.)

13.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhacker. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.09

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Präsident, ich darf auch um etwas Nachsicht bitten für ein paar ganz persönliche Worte.

Sehr geehrter Herr Professor Nowotny! Als einer, der in der Sache inhaltlich nicht immer einer Meinung mit Ihnen war, möchte ich doch diese Gelegenheit dazu nützen, Ihnen – das wurde heute auch schon gesagt – dafür zu danken, daß Sie den Vorsitz im Finanzausschuß objektiv, sachlich, korrekt und ausgewogen geführt haben. Ich möchte mich aber auch dafür bedanken, daß Sie meinen Wunsch aufgegriffen haben – vielleicht war es unser gemeinsamer Wunsch, auch das wurde schon gesagt –, in schwierigen Steuerrechtsfragen vor dem Unterausschuß und vor dem Vollausschuß entsprechende Beratungen mit hochrangigsten Beamten des Finanzministeriums durchzuführen.

Ich meine, die Praxis hat bewiesen, daß konstruktive Gespräche geführt wurden, wiewohl ich zugeben muß, daß die Wünsche der Opposition nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt wurden.

Herr Professor Nowotny! Betrachten Sie es als kleine Fußnote, wenn zu all diesem Lob auch die eine oder andere Anregung kommt. Es ist Ihnen bedauerlicherweise nicht gelungen, eine Überfrachtung der Tagesordnung zu verhindern. Es ist Ihnen nicht gelungen – aber dafür können Sie wahrscheinlich nichts –, zu verhindern, daß Regierungsvorlagen in letzter Sekunde, in letzter Minute eingebracht wurden. Sie haben auch wahrscheinlich nichts dafür gekonnt, daß Abänderungsanträge in umfassender Form während der Verhandlungen eingebracht wurden, die von der Opposition nicht mehr entsprechend geprüft werden konnten.

Im großen und ganzen aber darf ich mich bei Ihnen noch einmal sehr herzlich dafür bedanken, daß Sie auch die Opposition in ausreichendem Maße im Finanzausschuß zu Wort kommen haben lassen und auch immer wieder bereit waren, entsprechende Anträge umzusetzen.

Herr Professor Nowotny! Sie haben gemeint, Sie hätten gerne Ihre Abschiedsrede zur Getränkesteuerreform gehalten. Seien Sie froh – seien Sie wirklich froh! –, daß dies nicht der Fall war, denn was sich da in den letzten Tagen abgespielt hat, ist wahrlich ein Trauerspiel! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Professor! Den Antrag Nowotny, Stummvoll betreffend Änderung der Bundesabgabenordnung haben Sie sich wirklich nicht verdient. Es ist unwahrscheinlich, wieviel Schwachsinn da drinnen steht. Es ist bedauerlich, daß es wahrscheinlich Ihr letzter Antrag hier im Hohen Hause ist. Werfen Sie diesen Antrag in den Mülleimer der Geschichte, Herr Professor, das wäre besser!

Daher noch einmal: Ich wünsche Ihnen ganz persönlich, aber auch im Namen meiner Fraktion für Ihre persönliche und berufliche Zukunft alles Gute! Ich hoffe, wir sehen einander gelegentlich einmal wieder. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter.

Bevor sich jetzt jeder Redner vielleicht bei mir entschuldigt, weil er nicht zur Tagesordnung spricht, stelle ich fest, wir behandeln heute offenbar überall eine Querschnittsmaterie mit, die "Abschiednehmen" heißt. Also es bedarf keiner Entschuldigung, es wird das toleriert.

Bitte, Herr Abgeordneter.

13.13

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Da ich hoffe, dem Nationalrat wieder anzugehören, werde ich keine Abschiedsrede halten. (Abg. Haigermoser: Da mußt du dich an den Wähler wenden!) Richtig, Herr Haigermoser, du hast vollkommen recht, dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Bund trennt sich von nichtbetriebsnotwendigen Beteiligungen. Das ist richtig. Das Eissportzentrum Innsbruck soll dem Land Tirol und der Stadt Innsbruck gehören.

Einige kritische Bemerkungen in Richtung des Herrn Khol, der jetzt leider nicht hier ist. Die Stadt Innsbruck macht mir aus touristischen Gründen Sorge. Sie haben das Kapital zweier Olympischer Spiele verspielt. Die Stadt Innsbruck hat es nicht zustande gebracht, der Bevölkerung eine dritte Kandidatur schmackhaft zu machen. Es ist offensichtlich eine Stadt der Landesbediensteten, die dort ihre Friedhofsruhe haben wollen – und nicht eine Stadt der wirtschaftlichen Dynamik.

Ich hoffe, daß die beginnende touristische Entwicklung von Innsbruck in der Partnerschaft mit den Umlandgemeinden unter dem sehr, sehr engagierten Obmann des Verbandes Dr. Klingan langsam wieder greift. Es ist ein Neustart notwendig. Das Eissportzentrum wird dort eine ganz, ganz große Rolle spielen.

Zum zweiten Punkt, der Timmelsjoch-Hochalpenstraße. Vielen Dank für die Unterlagen zur Bilanz 1998 der Geschäftsführung. Dieser Aktiengesellschaft ist nur zu gratulieren, (Bundesminister Edlinger: Rasch und präzise!) Präzise, ich bedanke mich.

Die Zahlen sind phantastisch. Von einem Anlagevermögen von 52 Millionen Schilling sind 33 Millionen Finanzanlagen. Die "Braut" ist herausgeputzt; die Firma muß man kaufen. 50 Millionen Schilling Eigenkapital, nahezu kein Fremdkapital, ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 60 Prozent vom Umsatz – das nennt man ein attraktives Unternehmen, Herr Finanzminister. Ich hoffe, daß vor allem die ÖIAG dafür den nötigen Erlös bekommt. Aus dieser "Braut" müßte einiges herauszuholen sein. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Bundesminister Edlinger: Bundesbetriebe werden immer gut geführt! – Abg. Mag. Peter: Keine Verallgemeinerungen!)

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Moser. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.15

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Wir stimmen gerne diesem Straßenverkauf zu, erwarten allerdings, Herr Finanzminister, daß Ihnen das Timmelsjoch wirklich die Bundeskasse ordentlich füllt. Keine Frage: Diese Gesellschaft wirtschaftete hervorragend; mein Vorredner hat ja bereits darauf hingewiesen. Bitte trachten Sie danach, wirklich den verdienten Erlös zu erhalten, denn wir brauchen ihn dringend!

Beim Verkauf der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße-Aktiengesellschaft gilt es wirklich, ordentliche Summen einzustreifen. Auf der anderen Seite ist der Verkauf des Innsbrucker Sportstadiums sicherlich eine Sache, die Sie sehr gerne vornehmen. Besser wäre es wahrscheinlich, wenn Sie es verschenkten, da in diesem Fall der Stadt Innsbruck ein sehr sanierungsbedürftiges Areal überlassen wird, das hohen Finanzaufwand erfordert. Seitens des künftigen Betreibers, des künftigen Besitzers wird sicherlich einiges zu investieren ein, was er dann womöglich aus eigener Tasche leisten muß. Ich glaube, die Überlegungen bei künftigen Finanzausgleichsverhandlungen müssen in die Richtung gehen, daß im Sinne der Subsidiarität nicht nur die Lasten und Pflichten wieder nach unten verteilt werden, sondern auch die Finanzmittel dafür bereitgestellt werden, das auch erfüllen zu können.

Also Zustimmung sowohl was die Sache Timmelsjoch betrifft, als auch zum Verkauf der Sportinstitutionen. Ich hoffe, daß sowohl die Straße als auch das Eislaufstadion einer guten Zukunft entgegensehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

13.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.17

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Anlage, wie sie in Innsbruck vorhanden ist, um dem Eissport, dem Bobsport, dem Skeletonsport oder dem Rodelsport dienlich zu sein, hat nicht nur touristische Komponenten, sondern selbstverständlich eine wesentliche sportliche Bedeutung, und dazu möchte ich einige wenige Sätze sagen.

Es ist für einen nationalen Sport – ich bin auch Präsident des Österreichischen Rodelverbandes – auch wichtig, solche Heimstätten zu haben, wie sie eben diese Bob- und Rodelbahn in Innsbruck/Igls, die zu diesem Gesamtkomplex gehört, darstellt. Sie ist nicht seit dem Jahre 1964, wie es bei dem Eisstadion der Fall ist, in Betrieb, sondern hat erst, ab dem Jahre 1974 gebaut, bei den Olympischen Spielen im Jahre 1976 Verwendung gefunden und ist für den österreichischen Sport von großer Bedeutung. Sie hat immerhin bereits fünf Weltmeister aus Österreich in der allgemeinen Klasse und drei Weltmeister aus Österreich bei den Junioren hervorgebracht. Das heißt, solche Einrichtungen motivieren junge Menschen nicht nur dazu, diese zu benützen, sondern es werden dadurch auch Spitzensportlerinnen und Sportler hervorgebracht.

Deswegen bin ich froh darüber, daß nun mit dieser Transaktion in die Hände, in das Eigentum der Stadt Innsbruck beziehungsweise Tirols wiederum sichere Formen des Weiterbestandes gegeben sind. In den Verhandlungen zwischen dem Bund und den beiden anderen Gebietskörperschaften wurde auch eine entsprechende Betreibungspflicht verankert. Ich meine, daß damit zweifellos wiederum ein Fundament geschaffen wird, das vieles für die Zukunft verspricht.

Es ist richtig – das wurde bereits betont –, daß eine Generalsanierung ansteht. Alleine die Bob- und Rodelbahn benötigt im Jahre 2001 eine den neuesten Erfordernissen entsprechende Sanierung, was sehr aufwendig ist.

Es ist ja nicht mehr nur im Winter in Betrieb, sondern jetzt auch schon im Sommer. Wir haben seit fünf Jahren diese Bob- und Rodelbahn im Sommer in Betrieb. Es werden bereits über 2 000 Gästefahrten im Sommer absolviert, das heißt, es ist das eine durchaus genützte und benützte Strecke. Sie ist jeweils auch immer Austragungsort großer und größter internationaler derartiger Veranstaltungen, zumindest zwei Weltcups pro Saison, und eine Weltmeisterschaft oder eine Weltjuniorenmeisterschaft in den drei Disziplinen Bob, Rodeln und Skeleton finden hier statt.

Das heißt, wir sagen eindeutig ja dazu – in der Hoffnung, daß damit ein neues Fundament, finanziell gesichert und für den Sport mit großer Hoffnung versehen, gelegt wird, und wir stimmen gerne diesem Antrag zu. (Beifall bei der ÖVP.)

13.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.21

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Seitens der freiheitlichen Fraktion darf ich sagen, daß wir zu den gegenständlichen drei Tagesordnungspunkten unsere Zustimmung erteilen werden, ich darf aber doch ein paar kritische Anmerkungen machen.

Erstens zum Olympia-Eisstadion beziehungsweise zu den Sportstätten in Innsbruck. Da wurde alles versäumt. Das ist ein Antiquitätenhandel. Das Eisstadion wurde im Jahre 1961 gebaut; das Fußballstadion wurde Anfang 1950 gebaut; die Bob- und Rodelbahn ist altertumswürdig; die Eisschnellaufbahn ist einer Olympiastadt nicht würdig. – Das muß man Ihnen vorwerfen.

Sie haben in Österreich keinen Sportstättenplan, der in die Zukunft weist, erstellt, sondern einfach all diese Dinge sozusagen vor sich hin schmoren lassen. Erst wenn es gar nicht mehr gegangen ist, hat man gesagt: Jetzt müssen notwendige Investitionsvorhaben getätigt werden! – Deswegen sind wir froh darüber, daß das jetzt endlich geschieht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch eine Anmerkung: Es hat hier nur Lob für Herrn Professor Nowotny gegeben. Man muß aber schon auch feststellen, welche Gesetze im Finanzausschuß beraten wurden und welche Dinge einfach liegengeblieben sind, welche Vorhaben man zwar geplant hat, was im Endeffekt aber dann doch nicht geschehen ist.

Gehen wir ganz einfach zum Thema Getränkesteuer, Herr Professor Nowotny. Bei der Getränkesteuer hat es seinerzeit eine Unterschriftenaktion seitens der Wirtschaftskammer gegeben. Das Ganze ist jetzt drei Jahre her. Es wurden 310 000 Unterschriften für die Abschaffung der Getränkesteuer gesammelt. Damals sind Herr Präsident Maderthaner, Generalsekretär Stummvoll, Herr Sektionsobmann Hansjörg Kröll, Herr Erich Lemler vom Handel und so weiter beim Herrn Bundeskanzler für die Abschaffung der Getränkesteuer eingetreten. Man hat entsprechende Vorschläge eingebracht, daß ein Arbeitskreis eingesetzt wird, und dieser Arbeitskreis sollte noch vor dem Sommer zu arbeiten beginnen, denn es gibt bereits Expertengutachten, daß die Getränkesteuer nicht halten wird.

Das Ganze ist vor drei Jahren gewesen. Was ist geschehen? – Nichts! Die damals seitens des Obmannes der Bundessektion Tourismus und Freizeitwirtschaft, Hansjörg Kröll, vorgebrachten Kritikpunkte wurden nicht beachtet. Er hat darauf aufmerksam gemacht, daß der Verwaltungsaufwand für die Einhebung der Getränkesteuer immens hoch ist. Er sagte damals: Der Verwaltungs- und Prüfaufwand für die Gemeinden ist gewaltig. Ich kenne persönlich Fälle, so Kröll, wo der Aufwand sogar höher liegt als der erzielte Steuererfolg.

Seit drei Jahren ist Ihnen das bekannt, aber gemacht haben Sie nichts! Und dann haben Sie noch unterschrieben, Herr Professor Nowotny. Das war – das muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen – der wohl peinlichste Antrag Ihrer ganzen Karriere überhaupt, denn dieser Antrag, den Sie da eingebracht haben, hat allen verfassungsrechtlichen Bedingungen widersprochen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: Sie haben als Vorsitzender des Finanzausschusses auch durchgehen lassen, daß wir über ein Gesetz abstimmen, wonach die Stempelmarken abgeschafft werden sollen. Ich finde, das ist ein vernünftiges Gesetz. Das ist in Ordnung. Der Herr Finanzminister feiert ein Fest: "Aus’pickt is!" (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) – Ab 1. Juli 1999, so heißt es hier, sind die Stempelmarken in Österreich abgeschafft. Finanzminister Edlinger und Staatssekretär Ruttenstorfer haben sich durchgesetzt und laden Sie zur Abschiedsparty für Stempelmarken und Schwammerl ein. Am 14. Juli, Filmstadt Wien, Rosenhügelstudios und so weiter. SPÖ, die Sozialdemokraten.

Da feiert man die Abschaffung der Stempelmarken "Aus’pickt is!" (Bundesminister Edlinger: Ist das verboten?) Gar nichts ist verboten, alles ist erlaubt. (Bundesminister Edlinger: Eben!) Aber im gleichen Moment, Herr Finanzminister (Bundesminister Edlinger: Das war eine gute Veranstaltung!), geben Sie einen Erlaß heraus, in dem Sie die Finanzämter auffordern – ich zitiere –:

Zur Gewährleistung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Stempelmarken – diese werden ungeachtet der Möglichkeit, Gebühren auf andere Weise zu entrichten, weiterhin benötigt – ist es erforderlich (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath) – geben Sie eine Ruh! –, in den Finanzkassen der Wiener Finanzämter sowie der Finanzämter Linz und Klagenfurt einen Stempelmarkenkleinverkauf einzurichten. – Zitatende.

Auf der einen Seite geben Sie diesen Erlaß hinaus, auf der anderen Seite aber feiern Sie mit Würsteln und Bier – es ist Ihnen alles gegönnt! – und mit Schwammerln (Abg. Dr. Krüger: Ein Wahnsinn!), und dann geben Sie noch ein herrliches Formular aus, das alle auszufüllen haben, denn es bekommt jetzt nämlich jeder 100 000 S in Form von Stempelmarken, er bekommt 5 000 S Bargeld, und dann kann er jeden Tag eine genaue händische Buchführung machen, wie viele Stempelmarken er verkauft, was er an Stempelmarken ausgegeben, was er eingenommen hat; er muß bitte ein Kassabuch führen wie im Jahre 1950 oder 1955.

Auf der einen Seite ein Fest "Aus’pickt is!" – auf der anderen Seite ein Erlaß, mit dem man einen Stempelmarkenverkauf in den Finanzämtern einrichtet. – Herr Finanzminister und Herr Obmann des Finanzausschusses, das muß ich Ihnen einfach vorhalten! Sie haben Sie etwas zugelassen, Sie haben seitens der Abgeordneten der Regierungsparteien Gesetze beschließen lassen, die einfach nicht zu administrieren sind.

Hätten Sie doch ehrlich gesagt: Das geht noch nicht, wir können das nicht machen, aber wir machen eine ordentliche Vorbereitung, damit der elektronische Zahlungsverkehr anstelle dieser Stempelmarken in den Finanzämtern über die Bühne gehen kann! Das geht nicht so schnell, das müssen wir für drei Monate verschieben! – Das wäre in Ordnung gewesen. Aber auf der einen Seite feiern – und auf der anderen Seite wieder Erlässe für Stempelmarken hinausgeben! Diese Politik werden Sie der Bevölkerung nicht erklären können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.27

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich jetzt ganz kurz mit der Veräußerung der Anteile des Bundes an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße-Aktiengesellschaft befassen.

Wie im Ausschuß werden wir dieser Regierungsvorlage auch hier im Plenum zustimmen, Herr Bundesminister, allerdings möchte ich doch noch auf Ihre Antwort auf meine Frage im Ausschuß eingehen. Ich habe erklärt, daß der zuständige Geschäftsführer der Timmelsjoch-Hochalpenstraße AG, Manfred Tschopfer, auf meine Anfrage völlig überrascht reagierte und als Verantwortlicher nicht wußte, daß der Bund die Absicht hat, diese Anteile zu veräußern. (Abg. Dr. Kostelka spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Edlinger.)

Er hat dann eine Kopie der Regierungsvorlage von mir erhalten, und für mich war die Unwissenheit des Herrn Tschopfer aber auch deshalb interessant, Herr Bundesminister ... (Abg. Aumayr: Das interessiert den Herrn Bundesminister nicht!) Herr Klubobmann Khol! (Abg. Dr. Kostelka: Kostelka! Kostelka bitte!) Ich würde, da ich den Herrn Minister gerade anspreche, bitten, daß Sie zumindest so lange Ihre Diskussion beenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das war deshalb interessant, Herr Bundesminister, weil Herr Tschopfer als Beamter der Tiroler Landesregierung – das Land Tirol ist selbst ja auch mit 15 Prozent an der Timmelsjoch-Hochalpenstraße AG beteiligt –, auch nicht informiert war, und ich gehe daher davon aus, daß offensichtlich auch das Land Tirol nicht von dieser Absicht des Bundes betreffend Verkauf informiert war. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Edlinger.) Gut, okay.

Die Antwort von Ihnen war: Als Eigentümer bin ich niemandem Rechenschaft schuldig, was ich mit meinen Anteilen mache. (Bundesminister Edlinger: Nein, das habe ich nicht gesagt!) Jedenfalls haben Sie gesagt, der Eigentümer muß nicht informieren.

Genau das ist aber der Punkt. Denn bei jedem privaten Wirtschaftstreibenden oder Industriellen, der Anteile verkauft und nicht Gott und die Welt davon informiert, wird gerade seitens der Sozialdemokratie der Zeigefinger gehoben und dies als eine kapitalistische Vorgangsweise gegeißelt. – Aber genau das, Herr Bundesminister, haben Sie gemacht.

Natürlich sind Sie als Eigentümer niemandem rechenschaftspflichtig. Ich gestehe Ihnen dies auch zu, weil ich diese Meinung selbst auch teile, aber bitte kritisieren Sie dann auch nicht private Unternehmer, wenn diese ohne Information der eigenen Belegschaft oder gar des eigenen Managements über ihr Eigentum selbst entscheiden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Als positiv denkender, grundsätzlich entscheidungsfreudiger und nach Lösungen suchender, aber auch als älterer und vielleicht abgeklärterer Mensch möchte ich meine letzte Rede von dieser Stelle aus – Herr Präsident, wenn Sie das gestatten! – nicht mit Kritik beenden, vor allem nicht mit persönlicher Kritik oder Belehrung. Solches steht mir weder zu, noch entspricht es meinem Naturell. Andere Meinungen sind und waren für mich immer Anstoß für eigene Kreativität.

Meine Sicht der Dinge habe ich in Rede und Diskussion mit mehr oder weniger Emotion dargelegt beziehungsweise in einigen Publikationen auch veröffentlicht. Ich bin eigentlich dankbar dafür, eine kurze und "normale" Gesetzgebungsperiode hier im Hause und zusätzlich fast zwei Jahre lang im Europäischen Parlament erlebt zu haben. Die Erfahrungen daraus sind für mich persönlich unschätzbar. Für jene, für die ich mich hier in diesem Hause eingesetzt habe, hoffe ich, zumindest Teilerfolge eingefahren zu haben.

Das, frei nach Niki Lauda, "Im-Kreise-fahren-Syndrom" ist natürlich bei einem Oppositionspolitiker stärker ausgeprägt, vor allem wenn man einer großen Zweidrittelmehrheit gegenübersitzt. Aber gleichzeitig steigt die Kreativität, diese Spur und dieses Oval auch zu verlassen.

Jedenfalls danke ich allen, die mir hier im Hohen Hause zugehört haben, danke ich allen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Ich danke allen Ausschußvorsitzenden – ich möchte sie jetzt gar nicht im Detail nennen –, ich danke den Präsidenten, die mich mit Ordnungsrufen verschont haben. Ich danke aber auch den Mitarbeitern in diesem Hause, und ich danke dem Stenographendienst und der Parlamentskorrespondenz, die es wahrscheinlich nicht immer leicht haben.

Ich wünsche jenen, die diesem Hause nicht mehr angehören werden, viel Erfolg auf dem weiteren Lebensweg, jenen, die die Bürger Österreichs weiter in diesem Hause vertreten werden, verantwortungsvolles Wirken, allen aber vor allem Gesundheit und Wohlergehen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

13.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Nußbaumer! Gestatten Sie mir eine Bemerkung: Was das Verschonen mit Ordnungsrufen betrifft, liegt das ganz bei Ihnen; Sie dürfen sich da bei sich selbst bedanken.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grollitsch. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.33

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, wir sollten die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes betreffend Veräußerung der Olympia-Sporthalle, der Entlassung aus der Bundesverwaltung nicht vorbeigehen lassen, ohne eindeutig festzustellen, daß damit doch eine gewisse Bankrotterklärung der österreichi-schen Bundessportstättenverwaltung gegeben ist.

Es hat mit Graz-Liebenau begonnen: Zum Segen dieses Stadions wurde es der Bundesverwaltung entzogen und der Stadt übergeben, und Gott sei Dank funktioniert die Verwaltung, die der Bund nicht kann, dort inzwischen ausgezeichnet.

Wir wünschen auch den Innsbruckern, daß sie ähnliche Erfolge mit dieser Anlage in Zukunft erzielen, wie das die Grazer machen, können aber wirklich nicht umhin, festzuhalten, daß der Bundessportstättenplan nicht nur keine Fortsetzung findet – wie höchste Absichtserklärungen immer wieder bestätigt haben –, sondern er zu einer Bankrotterklärung wurde.

Seitens der Freiheitlichen haben wir uns bemüht, daß man die Ausgliederung der Bundessportheime vorantreibt. Von mancher Bundessporteinrichtungsstelle "duftet" ja geradezu der Schimmelgeruch her; auch da wird demnächst neben der Ausgliederung vor allem mit den abgewirtschafteten, in Bundessportstätten-Verwaltungshänden abgewirtschafteten Heimen ein ähnliches Schicksal wie das von Innsbruck herannahen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, prüfen Sie bitte die Vorschläge, die die Freiheitlichen im Zusammenhang mit den Bundessportheimen gemacht haben! Sie haben uns die Möglichkeit genommen, in Ausschüssen darüber endgültig zu befinden; Sie haben über die "berühmte" Vertagungsmethode dieses Thema ausgeklammert. Wir laden Sie ein, auch in einer neuen Regierungsperiode, in einer neuen Gesetzgebungsperiode dieses Thema aufzugreifen und vielleicht auch so konstruktiv und positiv zu beenden, wie das im Falle von Innsbruck zu erhoffen ist. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Edlinger. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.35

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur in aller Kürze zu ein paar aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen, teilweise analog zu dem, was ich auch im Ausschuß zu diesen Vorlagen, die breite Zustimmung finden, gesagt habe.

Zunächst einmal zu jener Frage, die Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer angesprochen hat. Ich habe das im Ausschuß natürlich nicht so gesagt; aber wenn es so aufgefaßt worden ist, dann möchte ich das doch noch einmal selber und authentisch interpretieren.

Ich habe nicht gesagt, daß es niemanden etwas angehe, wenn der Bund Eigentumsübertragungen durchführt oder sich, wie im konkreten Fall, ermächtigen läßt, Anteile zu verkaufen, sondern Sie haben mich konkret gefragt, wieso der Geschäftsführer davon nichts wußte. – Daraufhin habe ich geantwortet: Der Geschäftsführer ist nicht der Gesprächspartner des Eigentümers, wenn dieser über sein Eigentum disponiert.

Da heute keine Eigentumsübertragung stattfindet, sondern eigentlich nur eine Ermächtigung, eine Veräußerung dieser Straße zu betreiben, und das in einem sehr frühen Stadium und in der größten öffentlichen Transparenz, die überhaupt möglich ist, nämlich dem österreichischen Parlament gegenüber, darüber berichtet wird, noch bevor eigentlich eine Maßnahme ergriffen wird, daß dieser Schritt erfolgen soll, so glaube ich, daß auch ein Maximum an öffentlicher Ankündigung gewährleistet ist.

Es hinkt daher der Vergleich ein bißchen, wenn Sie meinen, Private werden mitunter von Angehörigen meiner Partei kritisiert, wenn sie im geheimen verkaufen. Ich nehme nicht an, daß ich Sie so interpretieren darf, daß Sie meinen, daß künftighin auch Private im österreichischen Parlament über Eigentumsübertragungen berichten sollten, um eine größtmögliche Transparenz zu erreichen.

Also noch einmal – und ganz ernst –: Ich glaube, daß das der korrekte Weg ist. Selbstverständlich sind die anderen Eigentümer über Überlegungen der Republik Österreich informiert. Wir werden öffentlich ausschreiben. Es wird das bestmögliche Angebot faktisch wahrgenommen, und ich glaube – das haben Sie auch resümierend festgestellt –, daß dies eine gute Vorgangsweise darstellt.

Zum zweiten, zum Komplex Innsbruck und Sportanlagen: Ich glaube nicht, daß man das so interpretieren darf, wie das Herr Abgeordneter Grollitsch gemeint hat, daß sich der Bund aus irgendeiner Verantwortung verabschieden würde, sondern: Der Bund wird nennenswerte Investitionen mitfinanzieren. Ich bin allerdings ganz ehrlich der Überzeugung, daß es langfristig richtig ist, wenn die Betreibergesellschaft vor Ort situiert ist. Ich glaube, daß auch ein Mehr an Verantwortung für Geldausgaben wahrgenommen wird, wenn man weiß, daß man das Geld allein und ausschließlich verdienen muß und daß es nicht den Bund gibt, der letztendlich für allfällige Verluste zu einem nicht unerheblichen Teil aufzukommen hat.

Das entspricht jener Philosophie, daß dort die Verantwortung wahrgenommen werden soll, wo letztendlich auch der Effekt einer solchen Investition zum Tragen kommt.

Daher hat es da überhaupt keine Kontroverse gegeben, sondern ich habe das – und das ist sowohl vom Innsbrucker Bürgermeister als auch von den zuständigen Organen des Landes Tirol so empfunden worden – in sehr großer Offenheit auf den Tisch gelegt und gesagt: Mir ist lieber, der Bund engagiert sich um einen Schuß mehr bei den Einmalinvestitionen, die dort erforderlich sind, hat aber künftighin für die Betreibergesellschaft und deren wirtschaftliche Gestion keine Verantwortung, das heißt er tritt in keine Zahlerfunktion.

Ich meine, das ist ökonomisch, das ist richtig, und daher bekenne ich mich auch zu dieser Vorgangsweise und bin auch froh darüber, daß dies eine solch breite Zustimmung gefunden hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine dritte Anmerkung in Richtung des Herrn Abgeordneten Mag. Trattner: Ich bin eigentlich verblüfft, daß Sie die Tatsache einer Veranstaltung, die eine politische Partei organisiert, zum Gegenstand einer Parlamentsdebatte machen. Aber ich gebe schon zu, daß man eine solche Argumentationslinie, weil Sie sie hier vertreten haben, verfolgen kann.

Ich habe das auch gestern bei einer Veranstaltung, bei der übrigens sehr viele Menschen und vor allem auch sehr viele Vertreter, die das in der Öffentlichkeit kommunizieren, anwesend waren, gesagt. Ich bedauere, daß Sie sich von dieser Einladung nicht angesprochen gefühlt haben. Sie haben auch schon andere Veranstaltungen besucht, bei denen ich gesprochen habe. (Abg. Haigermoser: Wir waren im Parlament! Es war Sitzung!) – Bitte? (Abg. Böhacker: Es war Sitzung! Wir waren im Parlament!) – Das habe ich jetzt nicht bedacht. Die Anwesenheit Ihrer Fraktion ist tatsächlich immer maximal. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das haben Sie jetzt gebraucht!) – Aber das wollte ich ja jetzt gar nicht sagen, sondern möchte auf das Motiv eingehen, und ich habe das in aller Offenheit auch dort gesagt. (Abg. Haigermoser: Das nehmen Sie zurück!) – Was soll ich zurücknehmen? (Abg. Haigermoser: Unsinn! Schnapsidee!)

Entschuldigen Sie, Sie werden mir doch nicht unterstellen, daß ich glaube, daß Sie immer da sind. Das wird nicht leicht möglich sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber das werfe ich Ihnen nicht vor; das war ja nur eine Bemerkung am Rande. – Ich nehme es also zurück und stelle fest, daß es ein Irrtum ist, wenn irgend jemand sagt, daß Herr Mag. Trattner manchmal nicht anwesend sei. Wenn Sie es so interpretiert haben wollen, dann nehme ich das gerne zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ganz ernsthaft: Natürlich hatte diese Veranstaltung symbolhaften Charakter, und es ist auch überhaupt keine Frage, daß die Stempelmarke ausgedient hat, obwohl die Stempelmarke vom Ursprung her eine sehr positive Sache war.

Vor 150 Jahren wurde die Stempelmarke, die übrigens eine österreichische Erfindung ist – Sie sehen, wie kreativ die Verwaltung immer war –, erfunden, und es wurde das dann von sehr vielen Staaten übernommen, um Fälschungen, die in amtlichen Urkunden zu dieser Zeit deshalb leicht vorgenommen werden konnten, weil die Papierdruckstempel leicht nachmachbar waren, hintanzuhalten. Dafür ist diese Stempelmarke erfunden worden.

Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen, ich glaube, daß es nicht mehr das modernste Instrument zur Einhebung von Gebühren darstellt, wenn man Marken klebt, und daher ist es auch die Zielsetzung, Stempelmarken schrittweise abzuschaffen. Die diesbezügliche Verordnung wurde mit 1. Juli wirksam. Es ist aber ganz einfach unmöglich, alle Behörden, die letztendlich solche Gebühren benötigen, um entsprechende Dokumente auszustellen, auf einmal mit diesen modernen Einrichtungen – nicht nur das Bargeld ist modern, sondern auch zum Beispiel Scheck und Kreditkarten – auszustatten.

Es ist das ein Symbol, ein Signal, damit soll auch ein bißchen darauf hingewiesen werden, daß sich in der Verwaltung sehr viele Veränderungen abspielen. Es wurde gestern ja auch gestern erwähnt, in welch enorm großen Tempo Verwaltungsinnovation betrieben wird. Und das war ein symbolischer Anlaß dazu; ich bekenne mich dazu. Es war das eine Veranstaltung, die darauf ausgerichtet war, aufzufallen. Ich bedauere zutiefst, daß Sie sich darüber geärgert haben, Herr Mag. Trattner! Das war nicht die Absicht der Veranstalter, die diese Veranstaltung organisiert haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Möglicherweise – ich erlaube mir, zwei Bemerkungen zu machen, die nicht zur Tagesordnung gehören – ist das mein letzter Debattenbeitrag in dieser Legislaturperiode. Erstens war für mich in meiner ursprünglichen Befindlichkeit, als ich als Wiener Politiker hier ins Hohe Haus gewechselt habe, eine große Umstellung damit verbunden. Ich möchte auch nicht anstehen, zu sagen, daß ich die Diskussionen und das zum Teil auch durchaus ansprechende Niveau der inhaltlichen Auseinandersetzungen sehr begrüßt habe. Das gilt für alle Fraktionen, allerdings nicht im gleichen Ausmaß. Aber ich habe es genossen, in diesen zweieinhalb Jahren das Vertrauen dieses Hauses zu haben und als Finanzminister dieser Republik tätig gewesen zu sein. Ich danke Ihnen dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da hier einige Abgeordnete Abschiedsreden gehalten haben und ich davon ausgehe, daß ich nicht mehr das Vergnügen haben werde, mit diesen Persönlichkeiten – egal, ob sie meiner Partei oder einer anderen angehören – intellektuelle und politische Auseinandersetzung zu führen, möchte ich mich bei ihnen in ganz besonderem Maße bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum.)

13.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister, für Ihre Ausführungen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort seitens der Berichterstatter.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung, und zwar wird diese über jeden Ausschußantrag getrennt durchgeführt.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1906 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinheitlich angenommen.

Wir kommen daher gleich zur dritten Lesung.

Sofern Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht mit Stimmeneinhelligkeit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 1651 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses ist stimmeneinhellig erteilt. Das ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1855 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es erfolgt einhellig. Angenommen.

Wir kommen daher gleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses erfolgt einhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

*****

Ich möchte noch darauf hinweisen, daß wir beim nächsten Tagesordnungspunkt keine Redner gemeldet haben. Ich möchte Sie daher bitten, zur Abstimmung im Saal zu bleiben.

10. Punkt

Regierungsvorlage: Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich (1836 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe den 10. Punkt der Tagesordnung auf.

Von der Vorberatung im Ausschuß wurde gemäß § 28a der Geschäftsordnung Abstand genommen.

Es gibt, wie bereits angekündigt, dazu keine Wortmeldung, und wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung.

Gegenstand dieser Abstimmung ist die Genehmigung des Abschlusses des Staatsvertrages: Änderung der Anhänge I und II samt Beilagen des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen samt Erklärung der Republik Österreich in 1836 der Beilagen.

So Sie zustimmen wollen, bitte ich um eine entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt einhellig. Die Zustimmung ist damit erteilt.

Wir gelangen zur Abstimmung gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz, daß die Änderung in französischer Sprache dadurch kundgemacht wird, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für Finanzen aufliegt.

Für den Fall Ihrer Zustimmung zu diesem Antrag bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses erfolgt einhellig, daher angenommen.

11. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1765 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden (2025 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nun gelangen wir zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir haben keine mündliche Berichterstattung und gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Als Erstredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.50

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Dieser Bericht des Verfassungsausschusses befaßt sich mit dem Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Gehaltsgesetz, die Reisegebührenvorschrift und das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert werden.

Allein der Titel dieser Gesetzesvorlage zeigt schon den unglaublichen Bürokratiewust, der damit verbunden ist, und letztlich manifestiert dieses Stück wieder einen kleinen Teil österreichischer Bürokratie. Im wesentlichen beinhaltet es auch einen Handlungsspielraum für die entsprechenden Organe. Ich meine, daß das, wenn all das niedergeschrieben werden muß, für ein Unternehmen nicht unbedingt von Vorteil ist.

Wenn ich dieses Gesetz in Summe betrachte, dann habe ich das Gefühl, daß dabei die Mitarbeiter ein wenig auf der Strecke bleiben und man den sogenannten Organen Instrumente in die Hand gibt, ohne die sie offensichtlich nicht so agieren können, wie sie es gerne möchten.

Jetzt frage ich mich: Wozu hat man insgesamt dieses Poststrukturgesetz, Post-Betriebsverfassungsgesetz und ähnliches mehr geschaffen? – Von Ihrem Staatssekretär Ruttenstorfer wird ständig von Bürokratieabbau, ständig von Verwaltungsreform gesprochen. In Wirklichkeit wird da aber verzweifelt an etwas festgehalten, das zwar ein verstaatlichtes Unternehmen war, sich aber nunmehr auf dem Weg in eine private Gesellschaft befindet. Trotzdem muß das, was dort geschieht, noch staatlich geregelt werden. Die Mitarbeiter dieser Unternehmen werden zum Spielball jener, die heute den Aktienkurs im Mittelpunkt haben. Das mag auch teilweise Auftrag der Unternehmen sein.

Wenn ich daran denke, daß der Retorten-Ökonom Ditz, der sein Leben lang nie in der Privatwirtschaft tätig war, einer der Federführenden dafür war, daß 9 000 Mitarbeiter in der Post keine Beschäftigung mehr gefunden haben, dann kann ich mich über das Verhalten der Sozialdemokraten nur wundern – auch in dieser Frage.

Es werden Selbstverständlichkeiten gesetzlich niedergeschrieben: freier Spielraum oder Konkurrenzverbot. Da frage ich mich – wenn man den Mitarbeitern Konkurrenzverbote in die Dienstverträge schreibt –: Wovor hat man Angst? Die freie Wirtschaft beziehungsweise die freie Entscheidungsmöglichkeit eines einzelnen Mitarbeiters kann doch nicht durch solche Konkurrenzverbote eingeschränkt werden.

Ich kann mich da wirklich nur wundern. Es hat nämlich der Personalvertretungs-Obmann der Post vor wenigen Monaten gesagt, daß diese Form der Veränderung niemals in Frage kommen werde. Der Tag "Niemals" ist heute. Heute wird zu Lasten der Mitarbeiter ein Poststrukturgesetz vorgelegt, das ausschließlich dem Kapital zu dienen hat.

Die besonderen Bürokratie-Blüten, die es enthält, möchte ich erst gar nicht erwähnen. Man gründet nämlich in der Telekom und in der Post Personalämter – allein das ist schon bezeichnend. Man wehrt sich überall gegen den Namen "Amt", aber da wird er wieder neu eingeführt. Außerdem findet man darin Sätze, die einfach nicht nachvollziehbar sind. Ein kleiner Auszug daraus – ich zitiere –:

"Künftig sollen jedoch Aufnahmen in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis und Überstellungen aus anderen Besoldungsgruppen in diesem Bereich in das A-Schema erfolgen, da sich das Verwendungsbild in diesem Bereich grundsätzlich nicht von anderen Verwendungen des Verwaltungsdienstes unterscheidet und daher schon aus Gründen einer ökonomischen Personalvertretung eine vom allgemeinen A-Schema abweichende Regelung nicht gerechtfertigt erscheint." – Das ist ein einziger Satz. Ich frage mich schon, wozu man solche Dinge festhält.

Man hat zwar den Firmennamen geändert, aber das alte Denken ist geblieben. Ich meine, es wäre eine lohnende Aufgabe besonders auch für diese Regierung, die noch einige Monate an Tätigkeit vor sich hat, verstärkt an die Menschen zu denken – und weniger an die Aktionäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.54

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich zur Regierungsvorlage das Poststrukturgesetz betreffend zu Wort melden und möchte, bevor ich auf den Inhalt zu sprechen komme, meinem Vorredner eines klar und deutlich sagen: Die Kolleginnen und Kollegen in diesem Bereich werden sich bedanken. Wie Sie wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauchen wir, wenn wir öffentlich Bedienstete, Beamtinnen und Beamte, in ausgegliederten Bereichen, also außerhalb des Bundes, verwenden, dafür Regelungen.

Gestern haben wir in einem ganz anderen Zusammenhang über die Verwendung von Beamten für andere Tätigkeiten diskutiert, und da haben alle, die sich zu Wort gemeldet haben, gemeint, da muß man für die Zukunft eine Regelung treffen. Und um eine solche Regelung handelt es sich hiebei.

Mit diesem Gesetzeswerk werden – das wurde bereits von meinem Vorredner angesprochen – das Poststrukturgesetz, das Post- Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtgesetz, die Reisegebührenvorschrift und das Bundesfinanzgesetz geändert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser Änderung wird der Bundesgesetzgeber ermächtigt, den personalwirtschaftlichen Handlungsspielraum von Organen der Post und Telekom Austria AG oder ihrer Tochtergesellschaften gegenüber Beamten, die dem Konzern zur Dienstleistung zugewiesen sind, an den gegenüber Angestellten bestehenden abzuändern. Gleichzeitig wird von dieser Ermächtigung für den Konzernbereich Gebrauch gemacht.

Weiters sollen folgende Regelungen Platz greifen: die Übernahme des Konkurrenzverbotes aus dem Angestelltengesetz für die dem PT-Konzern zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten, die Gleichstellung von dienstlichen und betrieblichen Interessen, eine Einschränkung des Versetzungsbegriffes auf die Versetzung an einen anderen Dienstort, soweit die Versetzung innerhalb des PT-Konzerns erfolgt. Die Wartefrist für den Erhalt außerordentlicher Zulagen und der Dienstalterszulagen für PT-Beamte soll um jeweils ein Jahr verkürzt werden. Die Beamten des PT-Schemas der Post und Fernmeldehoheitsverwaltung sollen in eine gesonderte Besoldungsgruppe übergeleitet werden.

Hinsichtlich der angeführten Maßnahmen betreffend der Überleitung in das PF-Schema ist es mit Rücksicht auf die für den Bereich der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingeräumte Ermächtigung erforderlich, vom allgemeinen Beamten-Dienstrecht abweichende Regelungen zu treffen.

Diese Ermächtigung betrifft den größten Teil der Beamten des PT-Schemas, nämlich jene, die in ausgegliederten Bereichen verwendet werden, nicht aber die im Bereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, in der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung verwendeten Beamten, die ebenfalls dem PT-Schema angehören.

Das Dienst- und Besoldungsrecht dieser Beamten wird von den der PTA eingeräumten Gehaltsmöglichkeiten nicht erfaßt und kann sich daher künftig durchaus vom Dienst- und Besoldungsrecht der Beamten und dem PTA-Bereich unterscheiden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um zu vermeiden, daß für Beamte derselben Besoldungs- und Verwendungsgruppe ein unterschiedliches Dienst- und Besoldungsrecht gilt, ist es erforderlich, die Beamten der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung von Gesetzes wegen in eine gesonderte Besoldungsgruppe überzuführen.

Für diese Besoldungsgruppe ist die Bezeichnung "Beamte der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung", kurz PF-Schema, vorgesehen. Künftig sollen jedoch Aufnahmen in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis und die Überleitung aus anderen Besoldungsgruppen in diesem Bereich in das A-Schema erfolgen, da sich das Verwendungsbild in diesem Bereich grundsätzlich nicht von anderen Verwendungen des Verwaltungsdienstes unterscheidet und daher schon aus Gründen einer ökonomischen Personalverwaltung eine vom allgemeinen A-Schema abweichende Regelung nicht gerechtfertigt erscheint.

Den vorhandenen Beamten des PF-Schemas wird eine Optionsmöglichkeit in das A-Schema eingeräumt, doch können sie sich auch für den Verbleib im PF-Schema entscheiden. Innerhalb des PF-Schemas bleibt die volle Bewegungsfreiheit gewahrt, das heißt, es können auch künftige Überstellungen von einer Verwendungsgruppe in eine andere Verwendungsgruppe des PF-Schemas stattfinden.

Um die Gewinnung einschlägiger Fachleute aus dem PTA-Bereich zu erleichtern, wird außerdem vorgesehen, daß künftig auch Überstellungen aus dem PT-Schema in das PF-Schema möglich sind. In allen anderen Fällen sollen die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und Überstellungen aus anderen Besoldungsgruppen in der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung, wie bereits ausgeführt, in das A-Schema erfolgen.

Geschätzte Damen und Herren! Die vorgesehenen Veränderungen sind in Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten mit dem Dienstgeber ausverhandelt worden und bedeuten einen notwendigen und wichtigen Schritt für einen zeitgemäßen, zukunftsorientierten Dienstbetrieb, wie es die heutige Zeit erfordert. Durch dieses Gesetz wurden die Rechte der Bediensteten zeitgemäß neu geregelt und abgesichert und in guter Tradition österreichischer Sozialpartnerschaft ausverhandelt.

Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nützen, Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister, sowie Ihren Beamtinnen und Beamten für die sicherlich nicht leichte, aber für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sehr wichtige Arbeit sehr herzlich danken.

Aus den von mir vorgetragenen Gründen stimmt meine Fraktion diesem Gesetzentwurf gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die in Verhandlung stehende Regierungsvorlage ist nicht ganz unproblematisch. Ich möchte nicht so stark argumentieren wie mein Vorvorredner, aber sie ist nicht ganz unproblematisch. Sie ist zum Beispiel rechtspolitisch und demokratiepolitisch problematisch, weil die Diensthoheit auf demokratisch nicht legitimierte Organe übertragen wird.

Es gibt einige derartige Schönheitsfehler, aber im Kern stellt sich heraus, daß es ein Fehler ist, wenn man Ausgliederungen macht und dabei nicht einmal eine Optionsmöglichkeit einbaut in der Form, daß die Mitarbeiter der früheren öffentlich-rechtlich konzipierten Verwaltungseinheit in andere Arbeitsrechtsverhältnisse umsteigen können. Auch die mangelnde Harmonisierung der Arbeits- und Dienstrechte ist ein kritikwürdiger Punkt. Wenn wir im Gesamtkontext Fortschritte erzielen würden, hätten wir auch im Teilproblem, um das es hier geht, weniger starke Diskrepanzen.

Ich möchte aber einen Aspekt besonders betonen und auch in dieser öffentlichen Debatte hervorheben. Es ist seit Bad Aussee üblich geworden und macht auch Sinn, daß in allen Regierungsvorlagen eine Passage aufgenommen wird, die da heißt: "Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich." – Ich darf Ihnen zitieren, was in der Regierungsvorlage, bezogen auf dieses Gesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz und so weiter geändert wird, steht. Darin steht – ich zitiere wörtlich –:

"Die Flexibilisierung der personalwirtschaftlichen Möglichkeiten der ausgegliederten Einrichtungen sollte jedenfalls deren Konkurrenzfähigkeit am heimischen und auch am internationalen Markt stärken und damit positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich haben."

Das hört sich gut an. Das ist das geradezu klassische Element einer Sonntagsrede. Bedauerlicherweise wird die Auswirkung auf die Beschäftigung mit keinem Wort gestreift. Offenbar ist man der Meinung, daß man sich bei einem solch gewichtigen Gesetz zu der Frage, wie sich das tatsächlich numerisch auf die Beschäftigungsverhältnisse auswirkt, denn so war das in Bad Aussee gemeint, einfach herumdrücken kann und sich überhaupt nicht dazu zu äußern braucht.

Ich muß sagen, das ist im politischen Raum sozusagen ein fauler Kompromiß, wenn man nicht sagt, was man glaubt, daß es bewirken wird. Es kann doch wohl nicht gemeint sein, daß sich das überhaupt nicht auf die Beschäftigungspolitik auswirkt – weder negativ noch positiv –, wenn das überhaupt nicht erwähnt wird. Es war mir wichtig, das von dieser Stelle aus hier festzuhalten.

Im übrigen wollen wir hoffen, daß sich die Modernisierung der Strukturen im Bereich dessen, was früher die Post war, auf den Wirtschaftsstandort Österreich günstig auswirkt. Wir wollen das hoffen.

Eines hätten wir allerdings seinerzeit schon nicht machen dürfen: Wir hätten, obwohl wir ein Arbeitsverfassungsgesetz hatten, kein Post-Betriebsverfassungsgesetz machen dürfen. Wir hätten wohl im Arbeitsverfassungsgesetz auf bestimmte Aspekte, die sich durch die Ausgliederung der Post ergeben haben, Bedacht nehmen müssen, hätten aber damals kein Post-Betriebsverfassungsgesetz machen dürfen, sodaß es jetzt mehrere Arbeitsverfassungsgesetze nebeneinander gibt – noch dazu weiß man, daß über 80 bis 90 Prozent der Passagen völlig wortidentisch sind und wir durch das unterschiedliche Novellieren dieser Gesetze jetzt noch mehr gespaltenes Arbeitsrecht schaffen.

Aus diesen guten Gründen wird die liberale Fraktion diese Regierungsvorlage ablehnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.05

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zwei kurze Bemerkungen zu dieser Regierungsvorlage. Thema Nummer 1: Wenn man ein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umwandelt, bedeutet das, daß in Zukunft andere – unter Anführungszeichen – "Gesetze" für ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen gelten. Das hat auch Konsequenzen für die Mitarbeiter; das ist uns klar.

Besonders relevant dabei ist aber natürlich, wie vor allem der Übergang funktioniert, das heißt, für jene, die noch im alten System gekommen sind und jetzt in ein neues übergeleitet werden. Die Vorschläge, die uns vorgelegen sind, waren für die Mitarbeiter zum Teil auch hart. Herr Staatssekretär Ruttenstorfer hat aus seiner Sicht eine sehr ambitionierte Linie vorgegeben. Ich bin froh darüber, daß gerade in bezug auf den Versetzungsschutz, den Kollege Pendl angesprochen hat, mein Kollege Feurstein eine Regelung erreichen konnte, die da heißt: Versetzungsschutz bleibt Versetzungsschutz. Meine Damen und Herren! Das halte ich für unsere Fraktion fest. Das ist auch eine sinnvolle Maßnahme für die Mitarbeiter, die damals zur Post gekommen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Die zweite Bemerkung betrifft die Zukunft. Wir ändern heute das Poststrukturgesetz. Wenn man darüber redet, sieht man schon, welche Schatten vorausgeworfen werden, wenn es um die neue Struktur der Postämter geht. Es gibt ambitionierte Pläne, das Postämternetz in Österreich völlig zu verändern, und zwar in der Richtung, Basispostämter – zwei Drittel der Postämter sollen das einmal sein – einzuführen, die zukünftig sozusagen nur eine sehr eingeschränkte Dienstleistung übernehmen werden. Da höre ich schon im vorhinein, wie sich das abspielen wird.

Schritt Nummer eins wird sein, von den 2 200 Postämtern zwei Drittel zu Basispostämtern zu erklären, die Öffnungszeiten und die Dienstleistungen, die dort geboten werden, einzuschränken. Dann kommt Schritt zwei, daß man nämlich völlig überraschend feststellt, daß die Kundenfrequenz bei diesen Postämtern weniger geworden ist. Daraus folgt dann als Konsequenz der unmittelbare Schritt drei, daß man diese Postämter eigentlich schließen muß. Das ist eine Folge, mit der wir nicht einverstanden sind. Das darf ich in aller Klarheit hier sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Regionen in Österreich brauchen verschiedene Lebensnerven. Regionen haben auch öffentliche Lebensnerven. Diese werden Stück für Stück durch vielleicht begründbare Argumente einer Rationalisierung und Veränderung abgeschnitten, aber man darf mit dem Bade nicht das Kind ausgießen, wie es so schön heißt. Das scheint mir in diesem Fall durchaus ein Ansatzpunkt zu sein, den wir mitberücksichtigen müssen.

Die Postämter sind auch Lebensnerven der Regionen. Man darf sie nicht einfach "abkappen" und dabei übersehen, daß damit die Attraktivität des ländlichen Raumes Stück für Stück abnimmt. Es hat nicht nur der Ballungsraum eine Lebensberechtigung, sondern auch der ländliche Raum ist ein Wert an sich, den wir von der Österreichischen Volkspartei jedenfalls auch in Zukunft erhalten wollen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlußwort.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung, und zwar gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2025 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich fest, daß das von der Bundesverfassung vorgesehene Anwesenheitsquorum gegeben ist.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen. Ich stelle ausdrücklich fest, daß die von der Verfassung vorgesehene Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit.

Ich stelle abermals fest, daß die von der Verfassung vorgesehene Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

12. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2064 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun Punkt 12 der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen daher sogleich zur Debatte.

Als Erstredner gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.11

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Freiheitliche Partei wird der Änderung zum Telekommunikationsgesetz zustimmen. Wir sind der Auffassung, daß der Kernpunkt dieser Änderung, nämlich das Verbot unverlangter Bewerbungen per Internet beziehungsweise per E-Mail, eine höchst fällige beziehungsweise überfällige Maßnahme ist, und daß sozusagen einem Trend der Zeit ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben werden muß. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, der Konsument – das ist auch die konsumentenschützerische Seite dieses Punktes – kann sich in vielen Fällen nicht wehren, wenn er mit diesen Dingen überhäuft wird. Es kann nicht sein, daß ein Internet-Konsument, ein E-Mail-Konsument, der mit anderen kommuniziert, zum "Müllabfall" wird und dann, wenn er seine "Kiste" aufdreht, 20, 30, 50 Nachrichten findet, in denen er mit Angeboten überhäuft wird – bis hin zu abenteuerlichen Dingen.

Ich meine aber, Herr Bundesminister, daß dieses Gesetz, diese Änderung nur ein erster Schritt sein kann. Da ist jetzt einmal der Datenmistkübel, den man sozusagen versucht, in den Griff zu bekommen. In Zukunft, so glaube ich, bedarf es noch einer anderen oder mehrerer Maßnahmen, denn es ist bekannt, daß mit dem Datenverkehr natürlich leider auch sehr viel Mißbrauch betrieben wird. Die berühmten Cookies, Herr Bundesminister, sind jene Einrichtungen, mit denen ein Gerät, ein Computer identifiziert wird, und sie sorgen dann dafür, daß die Internet-Adressen, die E-Mail-Adressen im Cyberspace sozusagen herumschwirren, und dabei wird leider Gottes sehr viel Mißbrauch getrieben.

Ein unbeantworteter Punkt ist auch jener: Was tut man, wenn die ungewollte Werbung aus dem Ausland kommt? – Natürlich haben wir in Europa einen Gleichklang in der Gesetzgebung, aber die Welt besteht aus mehr als nur aus Europa. Aber dessen ungeachtet sollte es uns nicht daran hindern, dieses Gesetz jetzt zu beschließen. Es ist dies, wie gesagt, ein erster wichtiger Schritt, und so soll er auch aufgefaßt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.13

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch die Liberalen werden, so wie die meisten Fraktionen in diesem Hause, dieser Materie ihre Zustimmung geben. Wir halten es für sinnvoll, daß es dann, wenn man schon die Mailboxen mit Werbemails "zugeknallt" bekommt, wenigstens etwas sein muß, dem man vorher zugestimmt haben soll. Denn immer, wenn man das abruft, muß man sein eigenes Geld hinlegen. Deshalb meinen wir, daß es gerechtfertigt ist, daß sich diejenigen, die Werbung über E-Mail betreiben wollen, vorher das Einverständnisses derer holen, derer sie sich dann bedienen. Daher werden wir dieser Vorlage zustimmen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch auf etwas anderes eingehen, an das Sie sich sicherlich noch erinnern, weil es gestern am Abend in der Diskussion "mitgeschwungen" hat, und auch der Herr Bundesminister saß auf der Regierungsbank.

Es ging darum, daß gestern in einer tatsächlichen Berichtigung des Herrn Abgeordneten Krüger behauptet wurde, daß ich ihn mit der Behauptung falsch zitiert hätte, daß er Konzentrationslager mit Straflagern gleichsetzt. – Da es offensichtlich eine besondere Art Ihrer Kommunikation ist, tatsächlich zu berichtigen, wo es nichts tatsächlich zu berichtigen gibt, darf ich jetzt aus dem Stenographischen Protokoll vom 8. Februar 1995, 20. Sitzung der XIX. GP, Seite 97, zitieren, als Sie gesagt haben:

"Es geht darum, geschätzte Frau Kollegin Stoisits, daß heute unser Klubobmann" – gemeint war Dr. Haider – "bitter beklagt hat, daß vor 50 Jahren in den Straflagern des Nationalismus ethnische Minderheiten fast vernichtet wurden. (Abg. Fuchs: Konzentrationslager! ... )" – Sie, Herr Abgeordneter Krüger, sagen darauf: "Ich danke Ihnen für diesen Zwischenruf. Genau darauf wollte ich nämlich jetzt eingehen.

Ist es nicht furchtbar, welche semantische Masturbation Sie hier betreiben? Was ist denn der Unterschied zwischen Straflager und Konzentrationslager?"

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter Barmüller: Tagesordnungspunkt ist das Telekommunikationsgesetz. Sie machen so etwas wie eine tatsächliche Berichtigung. Aber ich nehme an, Sie kommen wieder zum Thema zurück.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Genau, Herr Präsident, ich spreche über die Kommunikation, weil ich gestern über das Internet das Protokoll nicht abfragen konnte, weil dieses aus der XIX. GP ist. Daher mußte ich es kopieren und konnte unmittelbar in der Diskussion nicht berichtigen.

Ich möchte daher nur abschließend sagen, daß es Herr Abgeordneter Krüger war ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger.) Mir ist das wichtig, meine Damen und Herren, und zwar deshalb, weil ich sonst nicht mehr die Gelegenheit haben werden, zu belegen, daß Herr Abgeordneter Krüger gestern hier beim Rednerpult unter Benützung einer tatsächlichen Berichtigung mich a) der Lüge geziehen und b) persönlich beschimpft hat, wobei ich belegen kann, daß das ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Barmüller! Das ist wirklich nicht das Thema! Verzeihen Sie, daß ich Ihnen das mit aller Deutlichkeit sage!

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Bin ich am Wort, Herr Präsident?

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Aber aus meiner Sicht steht ein "Ruf zur Sache!" im Raum. (Abg. Gaugg: Entschuldige, aber alleweil geht es nicht!)

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Ich zitiere weiter: "Was ist denn der Unterschied zwischen Straflager und Konzentrationslager?" (Abg. Gaugg: Alleweil geht es nicht! Was ist denn los mit Ihnen? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter, ich rufe Sie zur Sache! Sprechen Sie bitte zum Thema und nicht zu Vorfällen, die gestern hier im Hause stattgefunden haben und die vielleicht gestern für Sie ein Grund für eine tatsächliche Berichtigung gewesen wären!

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Herr Präsident! Wenn Sie das nicht zulassen, entziehen Sie mir letztlich die Gelegenheit ... (Abg. Gaugg: Thema verfehlt!)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Sie haben einen "Ruf zur Sache" bekommen, und Sie können jetzt weiterreden – zum Thema oder auch nicht.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Ich werde weiterreden. Herr Abgeordneter Krüger hat gesagt (heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen): "Was ist ein ‚Konzentrationslager‘? – Konzentrationslager ist das Straflager für Zivilisten. Wir haben doch überhaupt keine Veranlassung, dabei einen Unterschied zu sehen."

Das ist zitiert aus dem Stenographischen Protokoll. Beurteilen Sie bitte selbst, wer gestern hier an diesem Pult die Unwahrheit gesagt hat. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zweiter Ruf zur Sache, Herr Abgeordneter Barmüller! (Abg. Mag. Barmüller: Danke schön!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Krüger – in Richtung des Abg. Barmüller –: Du wirst viel Zeit haben zum Nachdenken! – Abg. Mag. Barmüller: Rechtsanwalt sein und so viel da "umadumlügen" ...! – Rufe bei den Freiheitlichen: Hallo! Hallo)

Herr Kollege Barmüller! Bitte! Das Wort "Lüge" – das wissen Sie doch sicher – zieht eigentlich einen Ordnungsruf nach sich. Wenn Sie sich das bitte vielleicht mit Kollegen Krüger sozusagen "unter Anwälten" – unter Anführungszeichen – außerhalb des Sitzungssaales ausmachen würden! Das entspricht wirklich nicht der Würde dieses Hauses, besonders nicht vor der Galerie!

Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser, Sie sind jetzt am Wort.

14.18

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Rechtsanwälte (Heiterkeit) und Rechtsanwaltsanwärter! Das Werbeverbot im Internet als Fünfparteienbeschluß hat einen Initiator, und ich glaube, es ist wichtig, diesen herauszustreichen. Es wird gemeinhin immer behauptet, die Grünen seien technologiefeindlich. Aber gerade dadurch, daß wir das Werbeverbot für das Internet vorschlugen und Sie sich von den vielen Argumenten überzeugen ließen, die per Internet von den verschiedenen Initiativen, die dafür sorgen wollten, daß Ihr Computer, Ihr Netz beziehungsweise Ihr Internetzugang nicht durch Werbeeinschaltungen blockiert beziehungsweise belegt und dann auf Ihre Kosten geworben wird, zu Ihnen gekommen sind, ist eindeutig nachweisbar, daß das auf unsere Initiative zurückzuführen war. Das ist ein Signal dafür, wie aufgeschlossen wir dieser Technik gegenüberstehen, die sehr viele Vorteile hat.

Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel bringen, was passiert, wenn kein Werbeverbot in diesen modernen Technologie- und Kommunikationsinstrumenten existieren würde. Da gibt es ein Inserat: "Möchten Sie Waren oder Dienstleistungen im Internet verkaufen? Betreiben Sie einen Versandhandel? Möchten Sie Massenwerbungen? – Wir versenden täglich über 1,5 Millionen Rundschreiben via E-Mail in Deutschland und Europa. Auch Ihre Werbung können wir schnell und kostenlos im Internet verbreiten. 50 000 E-Mail-Adressen inklusive Versand kostet bei uns nur schlappe 150 D-Mark!"

Das wäre die Billigstwerbung gewesen. Gott sei Dank gibt es das in Österreich nicht. Gott sei Dank können wir dem einen Riegel vorschieben. Aber das hätte eine Werbeflut am PC, eine Werbeflut am Bildschirm auf eigene Kosten bedeutet, weil man die Leitung bezahlt, während die Werbung hereinläuft. Diese Werbefirma hätte dann massiv abgesahnt, weil ihre Versandkosten nur ein minimaler Betrag von diesen 150 D-Mark sind, die sie dann von demjenigen kassiert, für den sie werben soll.

Ich bin sehr froh darüber, daß die verschiedenen E-Mails und die verschiedenen Aussendungen der Institutionen, die das Internet vorantreiben wollen, doch einen solch großen Erfolg gehabt haben.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch bei diesen Institutionen und Initiativen bedanken, nämlich bei den Organisationen "Eurocauce", "media-nexus", "quintessenz", "public netbase" sowie beim Verein der Internet-User "VIBE auf". Diese Organisationen haben gezeigt, daß Internet auch demokratische Prozesse auslösen, demokratische Prozesse auch beeinflussen kann und daß es im Prinzip auch bei Internet liegt, insgesamt zur Demokratisierung unserer Gesellschaft beizutragen und massiven wirtschaftlichen Werbeinteressen auch Einhalt zu gebieten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.21

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist für uns selbstverständlich, daß wir nicht ungebeten Werbeanrufe bekommen wollen, und wir haben das in der Rechtsordnung auch verankert, und zwar im Telekommunikationsgesetz. Es ist für uns auch selbstverständlich, daß wir nicht ungebeten Werbung über unser Fax bekommen wollen, kilometerlange Werbefaxe, die wir nicht bestellt haben. Auch das ist im Telekommunikationsgesetz verboten worden.

Es war daher im Justizausschuß selbstverständlich, daß die Anregung – die zugegebenermaßen von den Grünen kam –, daß man die Bestimmung gegen ungebetene Werbung auch für E-Mails zur Geltung bringen sollte, von allen fünf Fraktionen als positiv angesehen wurde. Niemand hat Interesse daran, daß private E-Mail-Adressen mißbraucht werden und man womöglich stundenlang zuerst einmal die ungebetene Werbung aussortieren muß, bis man vielleicht eine wichtige Nachricht lesen kann.

Der Justizausschuß bemüht sich immer, wenn es mehrheitsfähige Anträge gibt – ich betone: auch dann, wenn sie von der Opposition kommen –, einen gemeinsamen Konsens zu finden, und der vorliegende Antrag ist der beste Beweis dafür. In diesem Fall ist ein Fünfparteienantrag daraus geworden, und ich glaube, daß die Bevölkerung diesen Schutz gegen ungebetene Werbung bei privaten E-Mail-Adressen begrüßt. Werbung im Internet ist natürlich zulässig, aber private E-Mail-Adressen sollen vor ungebetenem Zugriff geschützt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

14.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.23

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Nur ganz kurz: Es ist bereits erwähnt worden, daß diese Änderung tatsächlich eine qualitative Verbesserung des gesamten Telekommunikationsbereiches darstellt, weil es einfach nicht wünschenswert ist, daß man auf dem Personal Computer mit E-Mails sozusagen zugeschüttet wird.

Ich möchte dabei nur hervorstreichen, daß diese Lösung, die wir gefunden haben, nicht von selbst gekommen ist, sondern letztlich nur im Rahmen der Diskussion, die von der Sozialdemokratischen Partei forciert wurde, erzielt werden konnte. Es ist ein Konsens erreicht worden, aber es hat im Vorfeld dieser Diskussion – das möchte ich hier hervorstreichen – seitens der Wirtschaft vehemente Einwendungen dagegen gegeben.

Ich sage das deshalb, weil wir gestern über notwendige Verbesserungen – Öffentlichkeit, Publizität beim Aktienrückerwerb – gesprochen haben. Dabei ist es nicht gelungen, mehr Publizität durchzusetzen. Das ist zwar nicht 1 : 1 vergleichbar, aber es geht hier darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, die für Anwender nützlich und sinnvoll sind, die aber von der Wirtschaft ebenfalls bekämpft wurden.

Beim vorliegenden Antrag ist eine gute Lösung letztlich geglückt; gestern ist es nicht geglückt. Beim Thema Aktienrückerwerb, das unter dem nächsten Tagesordnungspunkt diskutiert wird, sollte es wieder gelingen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Es wird kein Schlußwort seitens der Frau Berichterstatterin gewünscht.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2064 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit, daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt mit Stimmeneinhelligkeit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

13. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Übernahmegesetz geändert wird (2067 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu Punkt 13 der Tagesordnung.

Es sind dazu nur drei Redner gemeldet, wir werden daher gleich wieder eine Abstimmung haben; ich möchte nur darauf hinweisen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Erstredner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.26

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Justizminister! Hohes Haus! Noch selten zuvor hat es eine derart rasche und übereilte Änderung eines Gesetzes gegeben, das ja erst 1998 hier im Hohen Hause beschlossen wurde, wie eben die vorliegende Änderung des Übernahmegesetzes. Nebenbei bemerkt: Die FPÖ war ja damals die einzige Partei, die dagegen gestimmt hat, und zwar auch damals in den Expertengesprächen. An diesen Expertengesprächen hat ja, glaube ich, auch Herr Kollege Barmüller teilgenommen.

Die Ausführungen von Professor Doralt waren damals offensichtlich nicht in allen Punkten ganz richtig, denn aus seiner Hand stammt ja dieses Gesetz. Wir haben damals schon darauf hingewiesen, daß das eine oder andere gesetzwidrig sein könnte, und die Lehre hat uns ja jetzt recht gegeben, wenngleich wir diesen Punkt nicht herausgegriffen haben. So überheblich, das zu behaupten, möchte ich sicherlich nicht sein.

Wir werden dieser Novelle beitreten, das ist überhaupt keine Frage, weil wir für eine Klarstellung der Kompetenzen und für eine Klarstellung des Rechtsmittelzuges sind. Die Übernahmekommission hat ja zwei Kompetenzen: einerseits im Verwaltungsweg nach dem AVG zu entscheiden und andererseits als Strafbehörde.

Wenn sie als Strafbehörde mit einem Straferkenntnis vorgeht, dann ist jetzt ganz klar, daß es dagegen die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat gibt. Wenn es um Verwaltungssachen geht, dann gibt es nur die VfGH-Beschwerde, weil die Übernahmekommission eine sogenannte Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag ist, wie Kollege Barmüller wahrscheinlich bestätigen wird. Wir waren ja Kollegen, zumindest 1985, als ich zuletzt Rechtsanwaltswärter war. Seit damals bin ich eingetragen in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter. 1985 waren wir jedenfalls noch Kollegen. (Abg. Mag. Barmüller – ein Stenographisches Protokoll in die Höhe haltend –: Es ist kein Verlust, wenn Sie ...!)

Herr Kollege! Darf ich noch folgendes sagen: Ich glaube, ... (Abg. Mag. Barmüller: Krüger, immer bei der Wahrheit bleiben! Das Protokoll!) – Ja, du wirst jetzt viel Zeit zum Nachdenken haben. (Rufe bei den Freiheitlichen – in Richtung des Abg. Barmüller –: "Wabl!")

Meine Damen und Herren! Ich glaube dennoch, daß diese Novelle nicht ausreichend sein wird, und zwar deshalb nicht, weil wir damit neuerlich eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag geschaffen haben. Wir alle kennen ja das vielzitierte Telekom-Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, der den Gesetzgeber kritisiert und sagt, es kann nicht zulässig sein, in so weitgehenden Bereichen immer wieder Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag einzurichten, gegen deren Entscheidung es ja ausschließlich die Verfassungsgerichtshofsbeschwerde und nicht die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gibt. In der Verfassungsgerichtshofsbeschwerde können eben nur Verfassungswidrigkeiten geltend gemacht werden und nicht Verletzungen des einfachen Gesetzes. – Ich glaube, das hätte auch beseitigt gehört.

Insofern ist auch im Bericht die Bezugnahme auf das Regionalradiogesetz – richtig heißt es Privatradiogesetz – unzutreffend, weil wir für den Bereich des Privatradiogesetzes ja die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde eingeführt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.29

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Drei Bemerkungen, meine Damen und Herren, aus der Sicht eines Wirtschaftssprechers.

Erstens: Wir stimmen der Vorlage zu.

Zweitens: Ich weiß nicht, ob es sehr klug ist, wenn Kollege Krüger hier seinen Standesdünkel als Rechtsanwalt gegenüber jemandem ausdrückt, der noch keine Rechtsanwaltsprüfung hat. Ich halte das für ziemlich unerträglich. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Drittens: Kollege Krüger hat sich gestern in einer ähnlichen Debatte über die Frage des Rückkaufs eigener Aktien geäußert und die Stock options in Frage gestellt. Daher melde ich mich als Wirtschaftssprecher zu Wort: Ich halte das für eine falsche und unhaltbare Position.

Ganz im Gegenteil: Unternehmertum und der Beruf des Managers wachsen immer mehr zusammen. Gerade Stock options sind das, was Unternehmertum und Management mehr und mehr in ein Boot bringt, und wer ein bißchen modern denkt, wird verstehen, daß die alten Grenzen verschwimmen. Es kann also diese Äußerung des Herrn Krüger von gestern nicht so stehen bleiben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.30

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich darüber, daß Herr Kollege Krüger in den letzten Minuten vom Kontraredner doch noch zum Proredner geworden ist. Daran sieht man, daß auch Pausengespräche durchaus Sinn machen können.

Worum geht es bei dieser Novelle? – Eigentlich geht es um ganz wenig. Im § 35 Abs. 4 des Übernahmegesetzes ist ein Instanzenzug in Strafverfahren wegen Übertretungen des Gesetzes an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Bundesministerium für Finanzen vorgesehen.

Nun ist aber die Übernahmekommission, wie schon gesagt, eine Behörde nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG, der auch Richter angehören, und für solche Behörden ist ein Instanzenzug über Verwaltungseinrichtungen allein nicht ausreichend. Experten sehen darin eine Verfassungswidrigkeit, und um diese Bedenken zu zerstreuen und weil man Strafverfahren nicht mit Verfassungswidrigkeit bedrohen möchte, soll dieser Abs. 4 nunmehr gestrichen werden, obwohl derzeit kein Anlaßfall vorhanden ist.

Eigentlich gibt es dazu nichts anderes zu sagen, als diesem Anliegen beizutreten und dieses Anliegen zu unterstützen. Dies hätte auch, wie seinerzeit vorgesehen, gestern im Zusammenhang mit dem Aktiengesetz miterledigt werden sollen und miterledigt werden können. (Abg. Dr. Fekter: Ganz richtig, das wäre gescheiter gewesen!)

Einen Satz muß ich aber jetzt noch sagen: Wenn schon debattiert wird, dann hätte ich mir im Interesse der Zeitökonomie und auch im Interesse der Kollegenschaft wirklich gewünscht, daß bei der Erstellung der Tagesordnung ein bißchen mehr sachliches Gespür aufgebracht worden wäre. – Ich danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Ganz richtig!)

14.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es liegt auch kein Wunsch auf ein Schlußwort der Frau Berichterstatterin vor.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2067 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt einhellig. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt stimmeneinhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

14. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (1969 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (2060 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 847/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend den Bau der Bundesstraße B 67b, Kalvariengürtel, Kalvarienbrücke-Grabenstraße (Nordspange Graz) in Graz, Steiermark, Aufhebung der Verordnung (2061 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Als Erstredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.34

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir hatten vor etwa zehn Tagen tatsächlich ein sehr interessantes Ausschußgespräch, in dem zuerst die Bundesstraßengesetz-Novelle und dann auch das Mietrecht behandelt wurde. Wir hatten im Ausschuß Gelegenheit, nicht nur über die Bundesstraßengesetz-Novelle selbst zu sprechen, sondern auch über das Umfeld, das wirtschaftliche Umfeld, das allgemeine Umfeld zum Thema Straße und Straßenbau. Diese Diskussion war insofern interessant, als es aktuelle Ereignisse gibt und wir Gelegenheit hatten, auch darüber ausführlich zu diskutieren. Ich habe das sehr begrüßt.

Herr Bundesminister! Zunächst zum Straßenfinanzierungsgesetz. Es ist Ihnen bekannt, daß, was die Finanzierung des österreichischen Bundesstraßennetzes und insbesondere des hochrangigen Straßennetzes betrifft, große Finanznöte herrschen. Das heißt, es kreist der permanente Pleitegeier über der weiteren Finanzierung und dem Ausbau dieser wichtigen Verkehrsverbindungen, ohne daß von Ihrer Seite ein klares Bekenntnis dazu vorliegt, wie man wirklich zügig weiter vorgeht und dieses Problem löst, ohne die Österreicherinnen und Österreicher weiter zur Kasse zu bitten.

Herr Bundesminister! Wir werden daher, mit Verlaub gesagt, dieser Novelle nicht die Zustimmung erteilen. Solange die Finanzierung nicht klipp und klar geregelt ist, und zwar eine Finanzierung, die nicht auf eine Belastung der Österreicher hinausläuft, kann es von unserer Seite zu diesen Plänen keine Zustimmung geben.

Herr Bundesminister! Ich möchte diese Gelegenheit aber auch dazu nützen, über das Umfeld im Bereich des Straßenbaues zu sprechen. Es gibt da zwei große Schwerpunkte, die tagesaktuell sind, und die, wie ich meine, in dieser Debatte auch nicht zu Ende diskutiert werden können.

Der erste Bereich ist dieses fürchterliche Baustellenchaos, das sich derzeit quer durch Österreich zieht. Es ist nicht Ihre Schuld, Herr Bundesminister, daß es dieses Unglück im Tauerntunnel gegeben hat. Das ist nicht die Schuld des Ministeriums, es gab da andere Gründe. Vielleicht hätte man etwas vorsichtiger sein können bei den Sicherheitsausführungen, aber das ist eine ganz andere Frage.

Herr Bundesminister! Wenn man aber in der Hauptreisezeit nicht dafür sorgt, daß zügig gearbeitet wird, daß an den Baustellen rund um die Uhr gearbeitet wird, dann kommt es zu diesem unseligen Nadelöhr, wo die Menschen dann mit kurzen Unterbrechungen zehn Stunden lang im Stau stehen! Bei einer Baustelle wartet man zwei Stunden lang, dann kann man 100 Kilometer weiterfahren, und dann steht man wieder drei Stunden lang im Stau. Das ist ein Planungsfehler, das ist ein Koordinierungsfehler Ihres Ministeriums! Hier können Sie nicht so wie im Ausschuß sagen: Ich habe mich geärgert!, und das war es.

Herr Bundesminister! Wir alle haben uns geärgert, aber ärgern alleine löst das Problem nicht. Wenn es ... (Abg. Auer: Das nächste Mal ist Minister Farnleitner schuld, wenn jemand mit dem Auto einen Patsch’n hat!) – Kollege Auer, gib Ruhe, ich habe nicht so viel Redezeit!

Wenn es darum geht, meine Damen und Herren, daß man in der Hauptreisezeit eine Art Krisenmanagement bewältigen muß, ist es mir zu wenig, wenn Sie, Herr Minister, sagen: Naja, langsam wird es eng für einige Manager im Baustellenbereich des Ministeriums. – Das haben Sie gesagt. Sie sind mit Ihrer Geduld am Ende. Aber was nützt es, wenn Sie mit Ihrer Geduld am Ende sind, Herr Bundesminister, wenn dann nichts geschieht?!

Das mahne ich ein, Herr Bundesminister, denn das ist Ihre Ressortverantwortlichkeit, und Sie können sich um diese Ressortverantwortlichkeit nicht drücken. Bitte, Herr Bundesminister, beseitigen Sie durch Weisung und durch ein Krisenmanagement jetzt endlich – fünf Minuten vor zwölf oder eigentlich schon fünf Minuten nach zwölf – dieses Chaos im Bereich der österreichischen Autobahnen! Bitte sorgen Sie dafür, daß der Verkehr wieder verflüssigt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde, daß auch ein zweiter Punkt diskutierenswert ist. Dieser betrifft die Aussagen rund um die Vignette. Herr Bundesminister, es ist ein starkes Stück, was Sie da geliefert haben. Sie sitzen im Ausschuß und tun so, als hätten Sie von all dem keine Ahnung. Ihre Vorstandsdirektoren von der ASFINAG haben zwei Stunden, bevor die Ausschußsitzung begonnen hat, eine Pressekonferenz abgehalten und haben salopp Wünsche formuliert.

Ich zeigte Ihnen im Ausschuß die Pressemitteilungen: Vignette wird erheblich teurer! Von 30 Prozent war die Rede, und zwar nicht erst im Jahre 2002 oder 2003, sondern wahrscheinlich schon im nächsten Jahr. Und Sie sagen, Sie hätten davon nichts gewußt!

Herr Bundesminister! Ich muß Sie daran erinnern, welche Regeln im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ... (Abg. Mag. Kukacka: Das ist doch eine eigene Aktiengesellschaft!) Aber, Herr Kollege, wo leben Sie denn? Leben Sie auf dem Mond, Herr Kollege Kukacka? (Abg. Kiss: Sie haben keine Ahnung! Auf der einen Seite wollen Sie eine Privatisierung, und dann passen Ihnen die Aktiengesellschaften auch wieder nicht! – Abg. Mag. Kukacka: Sie haben keine Ahnung! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Ich habe schon eine Ahnung. (Abg. Mag. Kukacka: Überhaupt keine!) Ich habe schon eine Ahnung, Herr Kollege! Sie haben keine Ahnung! (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Mag. Kukacka.) Sie müßten eigentlich wissen, wie die Gepflogenheiten im Wirtschaftsministerium sind. Der Herr Kabinettchef des Bundesministers hat sich verbeten, daß irgendein Bediensteter, irgendein Beamter im Ministerium oder eine nachgelagerte Dienststelle eine Pressekonferenz zu Belangen des Wirtschaftsministeriums gibt. Also wird der Herr Kabinettchef den Minister vielleicht nicht informiert haben! (Weitere Zwischenrufe.) Kommen Sie mir nicht mit diesen Ausreden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kukacka, Sie haben keine Ahnung! Sie haben keine Ahnung. (Abg. Kiss: Si tacuisses ...!, kann ich nur sagen! – Abg. Dr. Puttinger: ... philosophus mansisses!) Herr Bundesminister! Wenn Sie nach der Ausschußsitzung hinausgehen und vor laufender Kamera sagen: Ich habe nichts gewußt, das Ganze war so eine Art Sommerhitzeschlag!, dann frage ich mich, wen der Sommerhitzeschlag ereilt hat. (Abg. Dr. Khol: Wer schreit, hat unrecht! – Abg. Kiss: Gebt ihm ein Schaffel Wasser, damit er seine Haxen hineinstellen kann!) Wer hatte da einen Sonnenstich, Herr Bundesminister?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich halte das für ein skandalöses Täuschungsmanöver! Sie, Herr Bundesminister, konnten mit keinem Wort entkräften, daß Sie sehr wohl informiert waren. Das können Sie bitte jemand anderem erzählen!

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie hätten sehr wohl verhindern können, daß es zu dieser Diskussion um eine neuerliche Anhebung der Vignettenpreise kommt. (Abg. Kiss: Das ist jetzt der richtige Ton!) Hätte man unsere Vorschläge ein bißchen ernster genommen, nämlich die Mineralölsteuer herunterzufahren, dann hätte man ... (Abg. Eder: Noch weniger Geld!) Nein, dann hätte man mehr Geld, Herr Kollege! Es würden nämlich jene, die jetzt nur durch Österreich durchfahren, wieder in Österreich tanken, und wir würden uns so manches Problem ... (Abg. Marizzi: Sie sind mir aber ein Experte! – Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Herr Kollege, Benzin ist in Österreich billiger als in Deutschland!) Da lachen Sie! (Abg. Marizzi: Spielt’s da jetzt "Lumpazivagabundus"? Sie sind ja ein Retortenökonom! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Eder, wenn Sie die Mineralölsteuer um 30 Prozent senken, so wie wir das verlangt haben, dann kommt es zu einer großartigen Belebung der österreichischen Wirtschaft. Aber Sie haben keine Ahnung davon! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie die Mineralölsteuer senken, dann werden Sie die berühmten Umwelteffekte haben. Aber das alles wollen Sie ja gar nicht hören! (Abg. Dr. Puttinger: Eine Fludder tax ist das!) Aber bitte, wenn Sie es nicht hören wollen – ich meine, der Wähler, meine Damen und Herren, der wird das gerne hören! (Weitere Zwischenrufe.) Die einzige Partei, die die Mineralölsteuer senken will, und die einzige Partei, die die Interessen des Autofahrers vertritt, ist die Freiheitliche Partei, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte.

14.44

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe zwar zu diesen Dingen bereits im Ausschuß dasselbe gesagt, aber ich wiederhole es, vielleicht hört mir Herr Abgeordneter Firlinger heute zu.

Zum "tankbaren" Österreich: Wenn Sie in den letzten Wochen einmal über die Grenze gefahren sind, werden Sie bemerkt haben: Es tanken alle Italiener in Österreich. Es gibt Staus vor der Grenze an unseren Tankstellen, desgleichen in Salzburg und Vorarlberg. Dank meiner Politik des Drucks auf die Mineralölfirmen hinsichtlich der Benzinpreise ist Österreich im Europaschnitt das fünftbilligste Land geworden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sogar die Ungarn, österreichische LKW-Flotten, die in Ungarn angemeldet sind, tanken wieder in Österreich. Ich darf einmal auf diesen Sachverhalt hinweisen. Vielleicht schauen Sie sich ... (Abg. Mag. Firlinger: Woher nehmen Sie das?) Ich gebe Ihnen gerne alle Unterlagen. Österreich ist tankbar, aber sicher nicht dankbar geworden. Das kennen wir! – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: zur Vignette. Ich wiederhole, was ich gesagt habe: Das muß ein Sommerhitzekoller gewesen sein. Es handelt sich hiebei um Aktiengesellschaften. Wer sich bei Aktiengesellschaften auskennt, weiß, daß der Mehrheits- oder Eigentümervertreter kein Weisungs- beziehungsweise Durchgriffsrecht hat. (Abg. Schwarzenberger: Da kennt sich der Firlinger halt nicht aus! – Abg. Mag. Trattner: Also bitte!)

Ich war von der Pressekonferenz der Vorstände außerordentlich überrascht. Das sage ich auch gegenüber der Öffentlichkeit, falls jemand zuhört. (Abg. Gaugg: Was soll denn das heißen?) Es ist nicht Aufgabe der ASFINAG, die Höhe der Vignettenpreise festzulegen, sondern bis zur Publikation der Novelle des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes jene des Hohen Hauses selbst und danach Sache meines Ministeriums im Einvernehmen mit dem Finanzministerium – ab der nächsten Erhöhung. Ich habe bereits gesagt: Es gibt im Augenblick keinen Grund, von einer Vignettenpreiserhöhung zu reden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Damit komme ich zu einer weiteren Behauptung: Es ist schlechthin wirtschaftsschädigend – darf ich das wiederholen –, der ASFINAG vorzuwerfen, über ihr schwebe der Pleitegeier. Wir haben die ASFINAG hinreichend mit Eigenkapital ausgestattet, sodaß es nicht den geringsten Anlaß dafür gibt, derzeit solche Gerüchte in die Welt zu setzen. Freilich, meine Damen und Herren, wenn Sie heute das Bundesstraßengesetz beschließen, mit all den Projekten, die darin vorgesehen sind, wird es notwendig sein, im Zuge der nächsten mittelfristigen Finanzplanung der Regierung die erforderlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. (Abg. Mag. Trattner: Reden wir in zwei Jahren weiter!)

Ich wiederhole einige Details, die ich im Ausschuß genauso gesagt habe: Unser gemeinsamer Vorstoß dahin gehend, daß die EU ein obligatorisches vollautomatisches System bei Road-Pricing akzeptiert, würde die Ergiebigkeit dieses Systems vom ersten Jahr an erhöhen. Dabei geht es um Milliarden!

Es ist völlig klar, daß das Road-Pricing für LKW per se etwas bringen wird. Ich habe in jedem meiner Gespräche mit den Landeshauptleuten, die betroffen sind, gesagt: Wir müssen auch eine Sonderdotierung, etwa aus Privatisierungserlösen, für den Straßenbau schaffen. (Abg. Jung: Was tun Sie konkret? – Abg. Kiss: Mein Gott, Jung!) Ich denke an Privatisierung in der Verbundgesellschaft. Es gibt genug, was wir noch privatisieren könnten. Daher: Es besteht nicht der geringste Anlaß, jetzt eine Diskussion über die Vignetten zu führen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Also nochmals: Wir haben der ASFINAG 8 Milliarden Schilling an Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Diese 8 Milliarden stehen noch lange zur Verfügung. Es kann daher von Pleitegeiern nicht die Rede sein. Ich halte das nochmals ausdrücklich fest! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Nicht 8 Milliarden!)

Herr Abgeordneter Trattner, auch Sie wissen – und keiner weiß es besser als Sie! –, daß all die neuen Straßenprojekte, die wir jetzt besprechen, erst mit einem Nutzervertrag an die ASFINAG übertragen werden müssen. Das ist die Ebene, auf der die ASFINAG beim Verhandeln zu sagen haben wird: Bund, du kannst mir neue Projekte nur überantworten, wenn du mir eine Finanzierungsperspektive bietest. So ist doch die Reihenfolge! (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.) Ich erzähle nichts anderes! Vielleicht wird es jetzt einmal akzeptiert. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zweiter großer Bereich: Baustellenchaos. Ich habe im Ausschuß nicht nur gesagt, daß ich mich darüber ärgere, sondern ich habe auch gesagt, daß wir bereits mehrere Gesprächsrunden darüber hatten.

Zum Befund eine kurze Feststellung: Es geht hier um die Ebene der ASFINAG, um die Ebene der ÖSAG und der ASG in Tirol, um ... (Abg. Mag. Firlinger: Was soll diese Aufzählerei?) Wenn es Sie ohnehin nicht interessiert, darf ich es wenigstens den anderen erklären? Es geht um die Ebenen der Länder, und es geht dann auch noch um die jeweiligen Straßenmeistereien, 50 an der Zahl, die zum Teil bis jetzt in Eigenregie Baustellen organisiert haben.

Wir haben gestern in einer Besprechung, auch aufgrund der vielen Beschwerden, die bei mir eingelangt sind ... (Zwischenruf des Abg. Marizzi.) Bleiben wir bei der Süd Autobahn, Abgeordneter Marizzi, damit wir gleich darauf eingehen: Es ist so, daß nunmehr zwei Unarten blitzartig abgestellt sind, und zwar das Abgrenzen von Straßenbaustellen am Freitag nachmittag, wenn am Montag in der Früh zu arbeiten begonnen wird, und das Abgrenzen am Mittwoch nachmittag, wenn aufgrund eines Donnerstag-Feiertages erst am folgenden Montag gearbeitet wird (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es ist sichergestellt, daß die Abgrenzungen erst kurz vor Baubeginn in verkehrsschwachen Zeiten, also etwa in der Nacht, vorgenommen werden. Wir haben allerdings noch Probleme, um das fairerweise auch zu sagen, online bis zum letzten Straßenbaumeister auch für kleine Reparaturmaßnahmen sicherzustellen, daß diese aufeinander abgestimmt laufen. Dafür werden konkrete Maßnahmen in den nächsten Tagen vorgestellt werden.

Eine weitere Bemerkung: Wir haben leider nur eine relativ kurze Zeit im Sommer, um die notwendigen Reparaturen an der zum Teil außerordentlich beanspruchten Straßeninfrastruktur Österreichs durchzuführen. Es laufen jetzt Verhandlungen. Die Widerstände kennen Sie alle: Weder Baufirmen noch Gewerkschaften wollen einen 24-Stunden-Rhythmus. Wir wollen keine Samstag-, Sonntagarbeit, beziehungsweise wir können sie auch nicht durchsetzen. Jetzt reden wir zumindest über ein Modell, daß die dringenden Reparaturarbeiten – wie es am Tauerntunnel bereits geschieht – in Tag- und Nachtschichten gemacht werden, aber neue, große Projekte halt im normalen Arbeitsrhythmus. Damit kann man auch Kapazität erhöhen.

Ich teile das hier mit, das ist bereits fixiert, und ich hoffe, daß sich damit die Dinge verbessern. Ein Beispiel von der Süd oder West Autobahn: Es gibt die Unart, auf eine Spur zu reduzieren und dann zu warten, bis der Stau kommt, obwohl man mit zwei Spuren auch arbeiten könnte. Ich habe dafür die Verantwortung übernommen. Wir haben die notwendigen Gespräche geführt. Die Einsicht ist da. (Abg. Scheibner: Herr Minister! Da hat es doch einmal einen Erlaß von Ihrem Vorgänger gegeben, daß so etwas nicht vorkommen darf! Haben Sie diesen Erlaß von Schüssel aufgehoben? – Abg. Jung: Das ist doch jedes Jahr dasselbe!)

Ich erkläre es noch einmal: Es gibt unterschiedliche Kompetenzvarianten. Es gibt ja auch Baustellen, für die nicht Bundesgesellschaften zuständig sind. Ich teile hier also mit, daß bei den Autobahn- und Schnellstraßenbaustellen das nicht mehr das Problem sein sollte. Ich bitte auch jeden, der sich darüber ärgert, mit mir unmittelbar Kontakt aufzunehmen. Ich spreche zu lange, ich entschuldige mich dafür, aber ich muß noch betonen: Pleite ist die ASFINAG bei Gott nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.51

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Danke einmal fürs erste, Herr Bundesminister, für die positiven Mitteilungen hinsichtlich der Baustellen, dies ist durchaus erfreulich zu hören. Wenn in Zukunft aufgrund längerer Arbeitszeit die Bauarbeiten in kürzerer Zeit zu einem Ende kommen werden, ist alles bestens. (Abg. Marizzi: LKW-Road-Pricing kommt!)

Meine Damen und Herren! Mit der Novelle zum Bundesstraßengesetz setzt Österreich jedenfalls ein deutliches wirtschaftliches und politisches Signal auch in Richtung unserer Nachbarstaaten. Das ist wesentlich. Es wird hiebei im Sinne der EU-Erweiterung der Entwicklung der freien Wirtschaft in unseren Nachbarländern Rechnung getragen, indem man einem erhöhten Verkehrsaufkommen durch bessere und schnellere Verbindungsstraßen begegnet. Das ist ein wichtiges und positives Signal. (Beifall bei der ÖVP.)

So wird beispielsweise durch die Aufwertung der bisherigen B 7, der Brünner Straße, um nur ein Beispiel zu nennen, zur Autobahn A 5, der neugeplanten Nord Autobahn, die Verbindungsstrecke zwischen Österreich und der Tschechischen Republik endlich deutlich verbessert. Das hat natürlich auch auf die österreichische Exportwirtschaft, die häufig arbeitsteilig und "just in time" arbeiten muß, positive Auswirkungen. Oder denken Sie nur an den Wirtschaftsstandort Wien, der vom Ausbau gerade dieser Straße sicherlich enorm profitiert.

Ein weiterer wirtschaftlich interessanter Punkt sind die Ausbaumaßnahmen bei den von der Novelle betroffenen Bundesstraßen. Das Gesetz teilt die österreichischen Bundesstraßen in drei Kategorien ein: in Autobahnen, Schnellstraßen und herkömmliche Bundesstraßen. Für jede dieser drei Straßentypen wird in dem besagten Gesetz ein Verzeichnis geführt. Wird eine Straße in ein höherwertiges Verzeichnis aufgenommen, so erfordert das auch bautechnische Verbesserungen dieses Verkehrsweges. Die aus dieser Gesetzesnovelle resultierenden Investitionen werden rund 10,4 Milliarden Schilling betragen. Ich werte das Gesetz daher als Erfolg und positiven Impuls auch oder gerade für die heimische Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber noch einen weiteren Aspekt dieser Gesetzesnovelle erwähnen. Diese Novellierung muß auch unter dem Gesichtspunkt des geplanten Mautstreckensystems für LKW gesehen werden. Durch dieses Gesetz werden einige Bundesstraßen B mit einer Anmerkung versehen, die sie für das höherwertige Straßennetz vorsieht. Diese Aufwertung der Bundesstraße B hätte automatisch natürlich auch eine Bemautung dieser Straßen zur Folge. Als Vertreter der Wirtschaft habe ich diesbezüglich immer meine Bedenken geäußert und gefordert, daß ein Mautstreckensystem aus Wettbewerbsgründen nur im Rahmen einer gesamteuropäischen Lösung festgelegt werden darf.

Im ursprünglichen Entwurf dieser Gesetzesnovelle wären derart viele Bundesstraßen B von dieser Regelung betroffen gewesen, daß die meisten Bundesländer mit Fahrzeugen über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht nur mehr über bemautete Strecken erreichbar gewesen wären.

Die jetzt vorliegende Fassung wurde dahin gehend korrigiert, daß sichergestellt ist, daß auch in Zukunft die wichtigsten Bundesstraßen B mautfrei sind, und das ist, wie ich meine, auch wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nochmals fest, daß das Gesetz durch diese Novelle auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht mehrfach den neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung trägt. So finden die veränderten Wettbewerbsbedingungen endlich auch im Bundesstraßengesetz Eingang. Ein zu begrüßender Nebeneffekt dieses Gesetzes ist auch, daß in Zukunft Werbetafeln auch innerhalb einer Entfernung von 100 Metern entlang der Autobahn errichtet werden dürfen.

Meine Damen und Herren! Ganz wichtig in dieser Novelle ist, daß die behördlichen Genehmigungen zum Ausbau der Straßen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung von der Behörde in einem Verfahren durchgeführt werden. Das bringt Zeitersparnis, damit weniger Kosten und ist ein Beispiel für Bürokratieabbau.

Das novellierte Bundesstraßengesetz ist daher ein erster Schritt, Österreichs Verkehrswege zukunftsgerecht auszubauen, denn der Güterverkehr ist sozusagen der Blutkreislauf der Wirtschaft, und gut ausgebaute, leistungsfähige Verkehrswege dienen gerade diesem Ziel. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle gemeldet. Es stünden Ihnen knappe 5 Minuten zur Verfügung. Wollen Sie diese nützen, Herr Abgeordneter? (Abg. Smolle: Würde ich nachher noch einmal drankommen?) Da würde ich vorschlagen, verzichten Sie jetzt auf Ihre Wortmeldung und melden Sie sich nochmals zu Wort. Da können wir die 5 Minuten jetzt nützen.

Herr Abgeordneter Smolle! Nehmen Sie jetzt Ihre Wortmeldung wahr oder nicht? (Abg. Smolle: Ich nehme sie wahr!) – Bitte, ich werde Sie dann um 15 Uhr unterbrechen. (Abg. Dr. Khol: Er wird "Visoki Dom!" sagen!)

14.56

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Gospod minister! Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich habe mich vor allem deshalb jetzt gleich gemeldet, weil ich ein bißchen die Firlinger-Stimmung ausnützen möchte. Ich möchte kurz skizzieren, was die freiheitliche Verkehrspolitik ist. Sie besteht aus der Formel: Weg mit den Baustellen, weg mit der Vignette und mehr Wurstsemmeln für die Fernfahrer! – Das ist die Formel, die wir von Herrn Firlinger immer wieder vorgesetzt bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Was haben Sie gegen Fernfahrer?)

Meine Damen und Herren! Ich möchte einmal sagen: Verkehrspolitik ist zu ernst, als daß man sie so schlampig betreiben und nur an einzelnen populistischen Punkten festmachen kann. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.) 

Die Kritik, die ich hier zum Bundesstraßengesesetz anbringen möchte, stützt sich vor allem auf die unkritische Übernahme der GSD-Studie, meine Damen und Herren. Herr Minister! Ich halte grundsätzlich die Ausgangsposition, Wirtschaftsräume zu verbinden, als Basis für die Überlegungen für ausgezeichnet und richtig, und das ist der Punkt, wo ich auch Positives an dieser Studie finde, aber die negativen Punkte müssen hier auch erwähnt werden. Es gibt keine klare Aussage zur Hebung der Verkehrssicherheit, es gibt keine Aussage hinsichtlich Verkehrsvermeidung, keine Aussage zum Verkehrssplitting, zu der Frage, welche Waren mit welchem Transportmittel auf welcher Strecke. Es fehlen klare Aussagen zu Umweltauswirkungen, zu Wirtschaftsentwicklungen, dazu, welche Daten als Basis genommen wurden. Nichts wird dazu gesagt! Und es fehlt die Behandlung der Frage, wie Unfallshäufungsstellen entschärft werden könnten. Es wird auch nichts gesagt zur Einbindung von Güterterminals, Personenterminals, überhaupt des Personenverkehrs.

Herr Minister! Der Hauptkritikpunkt richtet sich einfach darauf, daß Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Ihre eigenen Entschließungen nicht ernst nehmen. Wir haben im Entschließungsantrag, den damals wir Liberalen mitgetragen haben, doch eindeutig festgelegt, daß die beiden Minister einen gemeinsamen Verkehrswegeplan vorzulegen haben. Und jetzt prescht der eine Minister sozusagen mit seinen Verkehrswegen vor, während der andere Minister seine Verkehrswege festlegt, nur um sein Territorium abzusichern.

Ich darf Ihnen die Hauptpassage aus Ihrer eigenen Entschließung vorlesen: Weiters sollen Sie gemeinsam festlegen, welche Verkehrsverbindungen unter Beachtung der Osterweiterung notwendig sind, und so weiter. – Ich muß das nicht weiter im Detail vorlesen. Es handelt sich ja um einen von Ihnen selbst vorgeschlagenen Entschließungsantrag, meine Damen und Herren.

Die Regierungsparteien nehmen nicht einmal ihre eigenen Entschließungsanträge ernst! Meine Damen und Herren, das ist das Problem! Auch ein Minister kann das dann natürlich "vergessen". Ich weiß nicht, ob die Freiheitlichen nicht bemerken, daß er aufgrund ihres Populismus noch fester im Sattel sitzt, als er es ohnehin schon tut. Davor fürchtet er sich doch nicht, bitte! Verbal kann er Ihre Verbalattacken sofort erledigen, es geht doch um Inhalte, Kollege Firlinger.

Es wäre wichtig, Herr Minister Farnleitner, daß Sie sich endlich mit Herrn Minister Einem zusammensetzen und danach trachten, ein gemeinsames Konzept vorzulegen, und dann erst sozusagen mit Ihren Novellen ins Haus kommen, denn dann weiß man erst über die Verkehrswege Bescheid.

Mit Kollegen Maderthaner bin ich einer Meinung: Wichtig ist eben auch die Anbindung an die Nachbarländer und deren Wirtschaftsräume.

Da ist einiges geschehen, Herr Minister. Aber Sie sollten zumindest die Entschließungsanträge der Sie angeblich stützenden Fraktionen ernst nehmen und nicht einfach darüber hinweggehen und knapp vor Ende dieser Legislaturperiode das Hohe Haus sozusagen zum Narren halten. Das hat ja keinen Sinn! Wir haben gemeinsam beschlossen: Wir machen erst dann weiter, wenn ein gemeinsamer Verkehrswegeplan vorliegt. Das wäre vernünftig und richtig! Dann hätten wir eine klare Grundlage für Kritik, aber vielleicht auch für Zustimmung. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

15.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen über die Punkte 14 und 15 der heutigen Tagesordnung.

Bevor wir mit der Behandlung der Dringlichen Anfrage beginnen, möchte ich das neugewählte Staatsoberhaupt der Slowakei, unseres Nachbarstaates, Herrn Präsidenten Rudolf Schuster, der als Gast unseres Bundespräsidenten auf offiziellem Besuch in Österreich ist, als einen guten Freund Österreichs auf das herzlichste begrüßen. (Präsident Rudolf Schuster erhebt sich von seinem Platz und erwidert den Gruß mit einer Verbeugung. – Allgemeiner Beifall.)

Herr Präsident Schuster spricht fließend deutsch und braucht daher keinen Dolmetscher und keine Übersetzung.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Proporz und Postenschacher feiern fröhliche Urständ" (6621/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zur Behandlung der Dringlichen Anfrage 6621/J an den Herrn Bundeskanzler.

Die schriftliche Anfrage ist an alle Abgeordneten verteilt worden, es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Knapp zwei Jahre sind vergangen, seit Bundeskanzler Klima das Ende des parteipolitischen Postenschachers verkündete und mit seinen 5 Punkten Besserung gelobte. Demnach sollte in Zukunft folgendes gelten:

1. Lückenlose öffentliche Ausschreibung aller Geschäftsführer- und Vorstandsfunktionen.

2. Leistungsorientierte Standardverträge für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder. Ausarbeitung durch eine Expertenkommission bestehend aus Wirtschaftstreuhändern, Rechtsexper-ten und Personalberatern, nach dem Vorbild der Kommission zur Reform der Politikerbezüge.

3. Festlegung marktgerechter Bezüge durch die Aufsichtsräte nach verpflichtenden nationalen und internationalen Branchenvergleichen.

4. Namentliche Veröffentlichung der verantwortlichen Entscheidungsträger (Aufsichtsräte).

5. Vollständige Offenlegung aller Einkommen von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern.

Nach einiger Zeit fanden diese Punkte Niederschlag im sogenannten Stellenbesetzungsgesetz (BGBl. I Nr. 26/1998), das aber im wesentlichen nur die Regelungen wiederholte, die seit 1982 ohnehin geltendes Recht waren, jedoch offenbar bei den Repräsentanten der Koalitionsparteien in Vergessenheit geraten waren (vgl. BGBl. Nr. 521/1982).

Ausgelöst wurde diese Scheinaktivität durch den tragischen Selbstmord von Kontrollbank-Vorstandsdirektor Gerhard Praschak, der in der österreichischen Innenpolitik ein beispielloses Erdbeben ausgelöst und die Österreicherinnen und Österreicher über alle Maßen aufgebracht hat. Der Nachlaß Praschaks legte die Realverfassung Österreichs wieder einmal klar, die von Proporz und Postenschacher gekennzeichnet ist. Die im internationalen Vergleich einzigartige Aufteilung Österreichs in einen SPÖ-dominierten und einen ÖVP-dominierten Bereich ist allen interessierten Beobachtern der österreichischen politischen Landschaft seit langem wohlbekannt; sie wurde immer wieder von ihren Nutznießern als gleichsam sakrosankt, gottgewollt und unabänderlich verteidigt.

Die Nachteile dieser Art der Herrschaftsausübung durch SPÖ und ÖVP, die sich logischerweise mit allen zu Gebote stehenden Mitteln gegen jegliche Veränderungen sträuben, sind längst offenkundig geworden: Konservierung längst überholter Strukturen und damit leichtfertiges Verschenken der Chancen Österreichs und massiver Anpassungsdruck gegenüber den Bürgern.

In der letzten Zeit hat der Postenschacher zwischen Rot und Schwarz einen neuen Höhepunkt erreicht: denn immer ungenierter wird auch offen zugegeben, daß nicht die beste Qualifikation entscheidend sei, sondern die Zugehörigkeit zum roten oder schwarzen Lager. ,Junktimierung‘ und ,Paketlösung‘, das sind die Zauberworte, nach denen SPÖ und ÖVP im beiderseitigen Interesse vorgehen.

Die folgende Tabelle enthält nur einige Fälle von Postenschacher seit 1997:

Unternehmen

SPÖ

ÖVP

Creditanstalt

Generaldirektor

Erich Hampel

Vizepräsident

Attila Fenyves

ÖBB: Vorstand von 3 auf 5 erweitert

Anton Hoser

Gerhard Stindl,

Pröll-Sekretär

Oesterreichische Nationalbank: Direktoren

Gertrude Tumpel-Gugerell

Wolfgang Duchatczek

Oesterreichische Kontrollbank

Rudolf Scholten,

Vranitzky Sekretär

Johannes Attems

PSK

Max Kothbauer,

Vranitzky-Sekrektär

Karl Stoß

HL-AG und Schieneninfrastrukturgesellschaft

DI Brenner,

Klima-Sekretär

 

Pensionsversicherung der Angestellten

Heinz Vogler,

Ex-AK-Präsident

 

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Willi Fuhrmann,

Ex-Klubobmann

 

Europarat-Generalsekretär

 

Walter Schwimmer,

ÖVP-Multifunktionär

Europäische Zentralbank – Präsidium

Ewald Nowotny,

SPÖ-Finanzsprecher

 

OMV

Marc Hall,

Klima-Sekretär

 

 

Das typische Proporz-Postenschacherspiel wurde auch bei der Nachbesetzung der Vorstandsposten der Staatsholding ÖIAG getrieben. Lange bevor das Ausschreibungsverfahren begonnen hatte, wurden bereits die künftigen Stelleninhaber genannt: Rudolf Streicher, Ex-Minister der SPÖ und Johannes Ditz, Ex-Minister der ÖVP. Ohne Rücksicht auf andere höchstqualifizierte Bewerber galt es längst als ausgemacht, daß die beiden Ex-Minister in großkoalitionärer Eintracht die hochdotierten Funktionen erhalten müßten. Zu Recht wird diese Vorgangsweise, die das Ausschreibungsverfahren zu einer Farce macht, von namhaften Wirtschaftsexperten als Katastrophe bezeichnet.

Weitere Beispiele aus den letzten Tagen belegen, daß offenbar alles getan wird, um noch rasch vor der Nationalratswahl die Einflußbereiche zu erweitern und den rot-schwarzen Proporz zu zementieren: In übler Manier wurde über die fällige Neubestellung von OeNB-Generalräten ebenso nach parteipolitischen Gesichtspunkten entschieden wie über einen zweiten Geschäftsführer der Österreich Werbung, nachdem der ÖVP bewußt geworden war, daß der bisherige Alleingeschäftsführer SPÖ-Mitglied ist. Damit alles seine Richtigkeit hat, mußte auch die Post und Telekom Austria AG – hoffentlich nicht zum Nachteil des Unternehmens, das sich nun im Wettbewerb gegen starke internationale Konkurrenz behaupten muß – neben dem roten Sindelka den schwarzen Vorstandszwilling Stiegler aus dem Wirtschaftsministerium bekommen, während gleichzeitig ein Massenabbau von Dienstnehmern erfolgt. Klar ist, daß die Flughafen Wien AG, deren bisheriges rot-schwarzes Vorstandsduo, wie der Rechnungshof aufgedeckt hat, wegen Verschleuderung von vielen Millionen untragbar geworden ist, wieder einen parteipolitisch austarierten Vorstand erhalten hat. In Erinnerung ist auch das Lavieren der Koalitionsparteien bei der jüngsten Neubestellung des ORF-Kuratoriums, als die SPÖ bei der Auswahl der Vertreter der Hörer- und Sehervertretung intensive Überlegungen zum Erhalt der Kuratoriumsmehrheit anstellte.

Es ist nicht verwunderlich, daß in Österreich auch die Kunst zur Spielwiese parteipolitischer Personalentscheidungen geworden ist. Unwidersprochen geblieben ist die Feststellung, daß die Leitung der ausgegliederten Bundestheatergesellschaften an politische Günstlinge vergeben wurde. Ein aktuelles Beispiel ist die Ausschreibung der Leitung der Graphischen Sammlung Albertina: Obwohl sie das größte Graphikinstitut der Welt ist, wurde keine internationale Ausschreibung durchgeführt. In der 5köpfigen Kommission gab es nur einen Kunsthistoriker, aber dafür zwei weisungsgebundene Beamte des Unterrichtsministeriums. Nur im Vergleich: Für die Neubesetzung der Direktion des Van Gogh Museums in Amsterdam hat man sich bei der Ausschreibung ein Jahr Zeit genommen, diese wurde auch international durchgeführt, und es haben sich insgesamt 200 Bewerber gemeldet. Die gesamte Albertina-Ausschreibung wurde auf die Person von Klaus Albrecht Schröder zugeschnitten, der als kaufmännischer Direktor des Leopold-Museums ausgeschieden ist. Er stand somit als neuer Albertina-Direktor von vornherein fest: Die Bestellung durch Frau Bundesminister Gehrer war nur noch Formsache.

Der Postenschacher macht aber auch nicht vor dem Fachhochschulrat halt: Wissenschaftsminister Einem und Unterrichtsministerin Gehrer können sich nicht einigen, wer in Zukunft an die Spitze dieses Gremiums berufen werden soll: Auch hier sind nicht anerkannte Fachleute, sondern Ex-Politiker (Lacina, Hawlicek, Lukesch) im Gespräch, auch hier ist nicht in erster Linie die Qualifikation entscheidend sondern die politische Farbenlehre. Der scheidende Präsident des Fachhochschulrates Prof. Günther Schelling dazu: ,Wir sind über eine solche Vorgangsweise in der Politik schockiert!‘

Es ist zu befürchten, daß ähnliche Vorgänge auch der Bestellung des zukünftigen Akkreditierungsrates vorangehen werden.

Legendär ist der seit Jahren betriebene Postenschacher um die Richterstellen beim Verfassungsgerichtshof: Einer alten Abmachung zwischen SPÖ und ÖVP zufolge werden die Richterstellen bei diesem Höchstgericht zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt, was unlängst sogar der Präsident dieses Gerichtes Prof. Adamovich kritisiert hat. Bewerber ohne Naheverhältnis zu diesen Parteien gelten von vornherein als nicht qualifiziert. Diese Parteien halten allerdings das Funktionieren des Verfassungsgerichtshofes nicht für besonders wichtig. Sonst wäre es nicht möglich gewesen, daß eine freigewordene Richterstelle ein Jahr lang unbesetzt geblieben ist und diese Verzögerung von Bundeskanzler Klima dem Parlament gegenüber mit einem ,bürokratischen Versehen‘ begründet wird.

Der rot-schwarze Proporz wird jedoch nicht nur bei Personalentscheidungen sichtbar, sondern er tritt auch bei der Kompetenzverteilung der Ressorts deutlich zutage, und zwar insbesondere dort, wo es um politischen Einfluß und Fördertöpfe geht. All dies muß zwischen den Koalitionären geteilt werden – sachgerechte Argumente müssen dabei in den Hintergrund treten –, und wenn eine Einigung nicht erzielt wird, dann ist jede Reform gestorben. Bestes Beispiel: die Forschungs- und Technologiepolitik. Bereits im Sommer 1997 beauftragten Bundeskanzler Klima und Vizekanzler Schüssel zwei Männer aus der Praxis damit, den Dschungel an Förderungsfonds zu roden. Siemens-Generaldirektor Albert Hochleitner und TU-Professor Arno Schmidt legten daraufhin ein umfangreiches Konzept vor – es verschwand schon nach kurzer Diskussion für immer in der Schublade.

Besonders befremdlich mutet auch die koalitionäre Vorgangsweise bei der Neubesetzung von 34 Führungsfunktionen aus dem Bereich des Außenministeriums an: Nicht weniger als 22mal scheiterte der diesbezügliche Antrag von Außenminister Schüssel, weil er die Personalwünsche seines Koalitionsfreundes Klima nicht zureichend erfüllte. Schließlich aber konnte, nachdem bis ins Detail abgeklärt wurde, welche Botschaft und welche Sektion "rot" zu sein hat und welche "schwarz", eine Einigung im Postenschacher erzielt und als Draufgabe sogar der schwarze EU-Kommissar Franz Fischler gemeinsam für eine weitere Amtsperiode nominiert werden.

Franz Fischler stellt diesen Postenschacher nicht in Abrede, sondern verteidigt die üble Praxis noch, indem er trocken zugibt: ,Solche Absprachen – wie die um meine Person – muß es in einem Land, in dem eine Koalition regiert, ganz einfach geben, politische Posten müssen politisch besetzt werden – also muß man dealen‘ (,profil‘ Nr. 28/1999).

Nicht unerwähnt darf bleiben, daß dieser Postenschacher letztlich auf dem Rücken vieler qualifizierter Bewerber um die Funktionen ausgetragen wurde, die entweder gar nicht zum Zuge kamen oder erst nach langer Verzögerung bestellt wurden.

Höchst berechtigt ist die immer heftiger werdende Kritik der Medien an diesen Vorgängen. Treffend schreibt der ,Kurier‘ am 30. Juni 1999:

,Diese Postenvergabe im diplomatischen Dienst ist längst zur Posse verkommen. Die SPÖ blockiert seit Monaten die Verabschiedung im Ministerrat, weil sie sich von der ÖVP in der Außenpolitik ausgegrenzt glaubt. Die Entscheidungen sollen parteipolitisch austariert werden – obwohl ein großer Teil der Kandidaten formell gar nicht Mitglied einer Regierungspartei ist.

Die Zurückdrängung der Parteipolitik aus dem staatlichen und staatsnahen Bereich ist nicht mehr als eine feierliche Verlogenheit. Das belegen Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit.‘

Von Insidern wird allerdings kolportiert, daß als Preis für die Zustimmung der SPÖ Zurückhaltung der ÖVP im Euroteam-Ausschuß des Nationalrates gefordert worden war. In diesem Ausschuß waren parteipolitische Verflechtungen und Günstlingswirtschaft im Bereich der SPÖ aufgedeckt worden und sogar von seiten von ÖVP-Abgeordneten der Verdacht von Parteienfinanzierung zugunsten der SPÖ erhoben worden. Das Beziehungsgeflecht zwischen Euroteam-Gruppe und engsten Mitarbeitern von Bundeskanzler Klima hat dazu geführt, daß die Euroteam-Gruppe unter Umgehung einschlägiger Vergabevorschriften öffentliche Aufträge in Millionenhöhe erhalten hat. Bundeskanzler Klima kam auf Grund der massiven Verdachtsmomente nicht darum herum, die Flucht nach vorn anzutreten und den Rechnungshof um Prüfung von Vergaben im Rahmen seiner angeblichen Lehrlingsoffensive zu ersuchen. Er versuchte auch eine nachträgliche Distanzierung, indem er erklärte, er hätte die Auftragsvergabe an Euroteam verhindert, wenn er gewußt hätte, daß dort sein Sohn eine Funktion innehabe. Dies unterstreicht einmal mehr die Richtigkeit der Auffassung, daß die Vorgänge um die Euroteam-Gruppe im Filz zwischen SPÖ-Politik und lukrativen Geschäften höchst aufklärungsbedürftig sind.

Dieses Sittenbild um Bundeskanzler Klima ist laut ,Standard‘ (14. Juli 1999) eine typische österreichische Geschichte: ,Eine Haberer-Partie, wie man in Wien sagt. Der eine Haberer macht dem anderen den Rechnungsprüfer für einen Verein, der zur Koordination der lauthals angekündigten ,Lehrlingsoffensive‘ der Regierung gegründet wurde. Ein anderer Haberer ist zeitweise Vorstandsmitglied des Vereines, ein weiterer Obmann-Stellvertreter, ein dritter Aufsichtsratsmitglied. Alle kennen sich von früher, aus diversen Vorfeld- und Jugendorganisationen der SPÖ. Alle sind mittlerweile ein bißchen weitergekommen in der Partei, sind Sekretäre geworden oder haben dieses Zwischenstadium der politischen Verpuppung schon verlassen, um irgendwo im parteinahen und -beeinflußten Bereich herumzuflattern. Bunte Falter. Und plötzlich wundern sich die Haberer, daß die anderen, vornehmlich die Opposition, genau hingeschaut haben. Wundern sich, daß ihre Aktivitäten ganz besonders genau unter die Lupe genommen werden. Daß ,die anderen‘ natürlich besonders akribisch nach- und vorrechnen, welche Leistungen für 42 Millionen Schilling an Förderzusagen von der Euroteam-Gruppe tatsächlich erbracht wurden – oder eben nicht. Die Partei ist beleidigt, wenn der Verdacht der Vettern- und Freunderlwirtschaft, also die höflichere Umschreibung für den Hauptzweck des Haberer-Seins, geäußert wird.

Dazu besteht überhaupt keine Ursache. Vielleicht sollten die Herren einmal überlegen, was sie da sagen, wenn gerade sie als künftige Politiker, zurzeit noch aktuelle Nachwuchshoffnungen der SPÖ, so großgoschert von einem neuen politischen Klima, in Transparenz in allen Bereichen daherbrabbeln. Entweder Transparenz oder Filz. Beides zusammen schafft nur eine eingeschweißte Haberer-Partie.‘

Die Koalitionsregierung ist jedoch auch in der EU mit ihrem Export des Proporzwesens und des Postenschachers unangenehm aufgefallen. Beispielsweise haben erst vor einiger Zeit die in Wien akkreditierten Botschafter der EU-Mitgliedstaaten ein nicht besonders schmeichelhaftes Resümee der österreichischen Ratspräsidentschaft gezogen, wenn sie u.a. eine ,Verlagerung ungelöster interner österreichischer Probleme einschließlich Proporz-Denkens auf EU-Ebene‘ (,profil‘, 3/99) kritisierten. Wieder einmal eine typisch österreichische Posse mit internationaler Blamage. In dieses Bild, der besonderen Expertise rot-schwarzer Politiker in Proporzfragen, fügt sich beispielsweise die österreichische Vorgangsweise bei der Nominierung von sechs zur Disposition stehende Direktorenposten nahtlos ein: Unsere Regierung hatte, im Gegensatz zur Praxis anderer EU-Mitgliedstaaten, genau sechs Kandidaten präsentiert – drei rot, drei schwarz. Kaum verwunderlich erscheint es daher, daß etwa der finnische EU-Kommissar Liikanen oder der belgische Wettbewerbskommissar van Miert diese bereits zu Beginn der österreichischen EU-Mitgliedschaft praktizierte Vorgangsweise massiv kritisierten.

Die vorstehende Darstellung der koalitionären Praxis bei Proporz und Postenschacher erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Betroffen macht aber vor allem auch die Ungeniertheit, mit der in der letzten Zeit allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz vorgegangen wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR an den Bundeskanzler nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Teilen Sie die Auffassung von Kommissär Fischler, daß politische Posten politisch besetzt werden müssen und man daher ,dealen‘ müßte?

Wenn ja, warum und welche Funktionen sehen Sie als politische Posten an?

Wenn nein, wie erklären Sie sich die diesbezüglichen öffentlichen Aussagen Fischlers?

2. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das von Kommissär Fischler verwendete Wort ,dealen‘?

3. Können Sie bestätigen, daß es um die Funktion von Kommissär Fischler politische Absprachen gibt?

Wenn ja, wie ist der Inhalt dieser Absprachen?

4. Umfaßt der ,Deal‘, von dem Kommissär Fischler gesprochen hat, auch die kolportierten zukünftigen Aufgabenbereiche der beiden SP-nahen Botschafter Nowotny und Sucharipa?

5. Welche konkreten Vorteile werden sich für Österreich aus der Nominierung Fischlers ergeben?

6. Welche Personen standen von seiten der SPÖ und ÖVP bei der Entscheidungsfindung neben Fischler noch zur Diskussion?

7. Trifft es zu, daß von seiten der SPÖ-Regierungsmitglieder Botschafter Petritsch als zukünftiger Kommissär favorisiert wurde?

Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?

8. Trifft es zu, daß Sie ursprünglich die Nominierung von Kommissär Fischler von der Bestellung eines SPÖ-nahen Diplomaten zum Leiter der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU abhängig gemacht haben?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, wie erklären Sie sich die überzeugenden Medienberichte, in denen dies immer wieder behauptet wurde?

9. Welche konkreten Vorteile hätten sich für Österreich aus der Bestellung eines SPÖ-nahen Diplomaten zum Leiter der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU ergeben?

10. Trifft es zu, daß Sie und die anderen SPÖ-Regierungsmitglieder das sogenannte Botschafterpaket 22mal im Ministerrat blockiert haben?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, wie erklären Sie sich die überzeugende Medienberichte, in denen dies immer wieder behauptet wurde?

11. Teilen Sie die Auffassung des Delegationsleiters der SPÖ im Europäischen Parlament Hannes Swoboda, daß Außenminister Schüssel bei der Besetzung wichtiger europäischer Funktionen ,parteipolitisch vorgeht und ausgezeichnet qualifizierte Sozialdemokraten von Positionen ausschließt‘?

Wenn ja, was werden Sie dagegen unternehmen?

Wenn nein, wie erklären Sie sich die Aussagen Swobodas?

12. Wie viele Unternehmen und wie viele Mitglieder der Leitungsorgane fallen derzeit in den Geltungsbereich des Stellenbesetzungsgesetzes?

13. In wie vielen Fällen der Bestellung von Mitgliedern der Leitungsorgane wurde das Stellenbesetzungsgesetz bisher angewendet?

14. Wie beurteilen Sie den Umstand, daß in zahlreichen Fällen, so auch bei der Neubestellung des Vorstandes der ÖIAG, die neuen Funktionsinhaber bereits vor Beginn des Ausschreibungsverfahrens feststanden?

15. Teilen Sie die Auffassung, daß dadurch das Ausschreibungsverfahren zur Farce wird und den betroffenen Unternehmen großer Schaden zugefügt wird?

Wenn ja, was werden Sie dagegen unternehmen?

Wenn nein, warum nicht?

16. Trifft es zu, daß Sie diese Praxis voll unterstützen, um den parteipolitischen Einfluß der SPÖ zu zementieren?

Wenn nein, warum haben Sie bisher nichts dagegen unternommen?

17. Teilen Sie die Auffassung, daß seit Inkrafttreten des Stellenbesetzungsgesetzes keine wesentliche Änderung der Situation und insbesondere auch keine Erhöhung der Transparenz von Personalentscheidungen erzielt werden konnte?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen?

Wenn nein, warum nicht?

18. Besteht eine Abmachung zwischen SPÖ und ÖVP bezüglich der Besetzung der Richterstellen am Verfassungsgerichtshof?

Wenn ja, wie lautet diese Abmachung und wer hat sie abgeschlossen?

Wenn nein, wie erklären Sie sich den Umstand, daß diese Abmachung immer wieder Gegenstand von Medienberichten ist und jüngst sogar vom Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Prof. Adamovich angesprochen wurde (vgl. ,Die Presse‘, 30. April 1999)?

19. Teilen Sie die Kritik, die Professor Adamovich bezüglich des Parteieneinflusses bei der derzeitigen Praxis der Bestellung von Höchstrichtern des Verfassungsgerichtshofes (vgl. ,Die Presse‘, 30. April 1999) vorgebracht hat?

Wenn ja, was werden Sie konkret unternehmen, um diese Praxis zu ändern?

Wenn nein, warum?

20. Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die parteipolitische Zuordnung der führenden Mitglieder des Fachhochschulrates für die Funktionsausübung außerordentlich wichtig ist?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, weshalb werden für diese Funktionen Ex-Politiker als aussichtsreiche Bewerber genannt und wurde bisher keine Einigung erzielt?

21. Was werden Sie unternehmen, um ehestmöglich eine von parteipolitischen Überlegungen freie Entscheidung über den Fachhochschulrat herbeizuführen?

22. Was werden Sie unternehmen, um dem zukünftigen Akkreditierungsrat nach dem Universitäts-Akkreditierungsgesetz parteipolitische Personalentscheidungen zu ersparen?

23. Weshalb haben Sie es zugelassen, daß bei den Postenbesetzungen im staatlichen und staatsnahen Bereich nach parteipolitischen Gesichtspunkten vorgegangen wurde?

24. Was werden Sie unternehmen, um eine derartige Praxis für die Zukunft zu verhindern?

25. Teilen Sie die Auffassung, daß eine Fortführung dieser Praxis sich letztlich schädlich für Österreich auswirken würde?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen?

Wenn nein, warum nicht?

26. Weshalb haben Sie es zugelassen, daß im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Förderungsmaßnahmen teilweise ohne ein ordnungsgemäßes Ausschreibungs- und Vergabeverfahren durchzuführen Förderungswerber begünstigt wurden, die ein Naheverhältnis zu Ihrer Person bzw. zur SPÖ aufweisen?

27. Teilen Sie die Auffassung, daß die Vorgänge, die auch Gegenstand der Prüfung durch den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses des Nationalrates waren, vor allem im Hinblick auf ungerechtfertigte Begünstigung von Förderungswerbern und sparsamen Umgang mit Fördermitteln schonungslos aufzuklären sind?

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen?

Wenn nein, warum nicht?

28. Wie ist Ihre Aussage zu verstehen, daß Sie, wenn Sie von der Verstrickung Ihres Sohnes Jan Klima in die Euroteam-Gruppe gewußt hätten, eine Auftragserteilung an diese Gruppe verhindert hätten?

29. Was ist bzw. war die Funktion von Lukas Stuhlpfarrer als (laut Selbstdarstellung) ,Beauftragter des Bundeskanzlers für die Lehrlingsoffensive der österreichischen Bundesregierung‘ und wann hat der Genannte diese Funktion mit welchem Erfolg ausgeführt?

30. Weshalb haben Sie nichts unternommen, um die Bereicherung einzelner durch eine korrekte Auftragsvergabe und effiziente Überprüfung der Durchführung auszuschließen und was beabsichtigen Sie diesbezüglich für die Zukunft?

Es wird beantragt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR dringlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Begründung erhält der Erstanfragesteller, Herr Abgeordneter Scheibner, das Wort. Die Redezeit beträgt nach § 93 GOG 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.02

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Ich bin sehr froh darüber, daß Sie wenigstens heute zu der Behandlung der Dringlichen Anfrage der Freiheitlichen gekommen sind. Ich weiß nicht, welchem Umstand wir das zu verdanken haben, vielleicht müssen wir uns bei Herrn Präsidenten Schuster dafür bedanken, daß Sie heute hier bei uns sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident Schuster! Wenn es so ist, dann vielen Dank! Eine Botschaft nur als freiheitlicher Parlamentarier: Ich hoffe, daß Sie sich in dieser Ihrer neuen Funktion sehr für die Aufhebung der Beneš-Dekrete und Amnestiegesetze einsetzen werden. (Neuerlicher Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Folgende Frage muß ich Ihnen doch stellen: Warum sind Sie erst heute dazu bereit, dem Parlament, den Parlamentariern Rede und Antwort zu stehen? Warum haben waren Sie nicht bereit, im Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses zur Causa "Euroteam" auszusagen? Warum waren Sie nicht bereit, am Dienstag dieser Woche hier bei zwei Debatten anwesend zu sein, als es darum ging, auch zu Ihrer Verantwortung im Bereich "Euroteam", der ja auch ein Ausfluß des Proporzes und der Parteibuchwirtschaft in diesem Lande ist, Stellung zu nehmen?

Kollege Kiss hat gestern gesagt, als es um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gegangen ist, dieser Untersuchungsausschuß sei gar nicht notwendig, denn die politische Verantwortung sei für ihn und für seine Fraktion schon klar: sie läge bei Ihnen, Herr Bundeskanzler.

Kollege Steindl hat sogar gesagt, es liege der Verdacht der Parteienfinanzierung bei der SPÖ nahe.

Das alles waren bis jetzt keine Gründe für Sie, hier im Parlament Stellung zu nehmen. Wir haben einige Anträge gestellt, daß Sie hierherkommen sollen. Sie haben früher gesagt, daß Sie sich darauf freuen, dem Ausschuß Rede und Antwort zu stehen – aber dann haben Sie doch wieder nur Ihren Staatssekretär geschickt.

Herr Bundeskanzler! Heute werden wir Ihnen diese Aufgabe nicht ersparen, daß Sie nämlich endlich hier Aufklärung bringen, inwieweit Sie beteiligt sind beziehungsweise inwieweit Sie als Person für die Causa "Euroteam" Verantwortung haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es kann doch nicht so sein, daß Ihre Spin-Doktoren der Meinung sind, es wäre jetzt nicht günstig, wenn sich der Bundeskanzler auf die Ebene des Parlaments "herunterbegibt" und zu so unangenehmen Vorwürfen Stellung nimmt. Da sei es schon besser, wenn er für das Internet und für ähnliche "wichtige" Dinge wirbt.

Herr Bundeskanzler! Wir haben gestern hier eine Debatte über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema "Euroteam" geführt und einen solchen verlangt. Vielleicht haben Ihnen das Ihre Spin-Doktoren verschwiegen.

Herr Bundeskanzler! Ich zitiere nun aus der heutigen Ausgabe der "Salzburger Nachrichten", und ich meine, daß dieser Artikel ganz deutlich Ihr Verhältnis zum Parlamentarismus aufzeigt. Darin wird angesprochen, daß auch Ihr Vorgänger Vranitzky ein Problem mit dem Parlament hatte. Das haben wir immer wieder gesehen, wenn er dagewesen ist und zu Oppositionsanträgen gesprochen hat: Da war er immer sehr schlecht gelaunt. Aber er war wenigstens anwesend und hat sich seiner Verantwortung gestellt. (Abg. Mag. Posch: Er ist auch da!) Sie lassen sich, wann immer es geht und dann, wenn es Ihnen unangenehm ist, durch Herrn Staatssekretär Wittmann vertreten.

In diesem Kommentar steht sehr schön geschrieben – ich zitiere –:

"Der Kanzler ist ein mächtiger Mann. Sein Agieren in der Causa Euroteam deutete darauf hin, daß er sich als mehr als das sieht: als überlegen und übermächtig. Beide Wörter gelten dem Duden nach als Synonyme für präpotent. Das trifft es ziemlich gut: Was sich in der Causa Euroteam bisher offenbart hat, ist die unerträgliche Präpotenz der Macht." – Zitat eines Journalisten, heute in einer Tageszeitung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Ich glaube schon, daß es Ihnen unangenehm ist, daran erinnert zu werden, was Sie gerade in dieser Causa der Lehrlingsbeschäftigung öffentlich zugesagt haben, als es darum gegangen ist, eine Trendumkehr bei der Lehrlingsbeschäftigung einzuleiten. Sie haben im Frühjahr 1997 gesagt und garantiert, daß im Herbst kein Lehrling ohne Lehrstelle dastehen wird.

Herr Bundeskanzler! Was haben Sie gemacht? (Bundeskanzler Mag. Klima: Gearbeitet!) – Sie haben nicht die Ursachen erforscht. Sie haben keine klaren Reformen, um diese Trendumkehr zu erreichen, eingeleitet. (Abg. Schieder: Gearbeitet!) – Sie haben ganz "wunderbar" gearbeitet, Herr Kollege Schieder! Sie haben 3 Milliarden Schilling – 3 Milliarden Schilling! – in ein Lehrlingsprogramm investiert.

Was ist das Resultat – wir haben die Zahlen des Arbeitsmarktservice vom Mai 1999 ja hier schon diskutiert – dieser Ihrer Tätigkeit? – 17 000 Lehrlinge ohne Lehrstelle, Herr Bundeskanzler! 17 000 Lehrlinge ohne Lehrstelle: Das ist das Ergebnis Ihrer Lehrlingsinitiative! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Brix: Das stimmt doch nicht! Sie haben keine Ahnung!)

Einen Bruchteil von den 3 Milliarden Schilling, die Sie dafür aufgewendet haben, haben wir jetzt bei der Causa "Euroteam" geortet, nämlich fast 50 Millionen Schilling. Es besteht der gravierende Verdacht, daß zumindest von diesen 50 Millionen Schilling der Großteil zweckwidrig verwendet worden ist.

Herr Bundeskanzler! Sie haben gesagt, Sie hätten mit all dem nichts zu tun. Ihre Partei habe damit nichts zu tun, alles sei zufällig gewesen. Also kann man sagen: Der Herr Stuhlpfarrer ist nur zufällig Ihr Lehrlingsbeauftragter. Der Herr David Mock ist nur zufällig Ihr Pressesprecher. Der Herr Jan Klima ist wahrscheinlich nicht zufällig Ihr Sohn, aber zufällig Rechnungsprüfer des "Euroteam" geworden. Davon hat er aber nicht gewußt. Er hat zwar gesagt, daß er vorab zugestimmt habe, daß er Rechnungsprüfer wird, aber dann habe er sich darum nicht mehr gekümmert und habe dann zu seiner großen Überraschung aus den Medien erfahren, daß er Rechnungsprüfer ist.

Also lauter Zufälligkeiten in diesem Bereich. Man konnte nichts verhindern. Es gibt dort anscheinend keine Hauptversammlungen, es gibt keine Meldungen an die Vereinsbehörde, es gibt anscheinend keine Rechnungsabschlüsse, aber trotzdem fließen 50 Millionen Schilling an öffentlichen Subventionen an eine derartige Organisation. Alles Zufälligkeiten! Sie wissen von nichts, Herr Bundeskanzler, Sie haben damit nicht zu tun, sagen Sie.

Aber heute werden Sie uns hier Rede und Antwort stehen müssen, denn es geht darum, den Lehrlingen diese Förderungen wirklich zukommen zu lassen, dafür zu sorgen, daß die jungen Menschen eine Anstellung bekommen und nicht in irgendwelchen Kursen versteckt werden und von Leuten à la Stuhlpfarrer mißbraucht werden, indem sich diese die Subventionen für Lehrlinge zuschanzen. Diese Leute reagieren hier im Parlament auf eine Art und Weise – wir haben das auch schon diskutiert –, die wirklich beschämend ist, wobei es einen wundert, daß so etwas überhaupt möglich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Aber ich glaube, daß all das nur die Spitze eines Eisbergs ist. Wir wollen heute hier selbstverständlich auch die Causa "Euroteam" genau beleuchten, aber insgesamt eine Systemfrage stellen, Herr Bundeskanzler: Wie sieht denn das System aus, in dem solche Dinge möglich sind? – Das kann doch wohl nur dann möglich sein, wenn sich die Beteiligten an all diesen Dingen sehr sicher fühlen und davon überzeugt sind, daß all das relativ leicht funktioniert. Sie haben quasi den Freibrief eines Systems, den Freibrief eines Bundeskanzlers, wo man keine Kontrolle fürchten muß, wo man keine Aufklärung fürchten muß, denn – siehe die gestrige Abstimmung über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses – es gibt ja hier eine starke Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen, und damit wird jede Kontrolle unterbunden. Die können da alle schön weitermachen. Vielleicht findet man ein paar Bauernopfer, die man dann entfernen muß, aber das System wird nicht geändert.

Herr Bundeskanzler! Dieses System, daß das Synonym "Proporz" führt, hat die Zweite Republik im großen Ausmaß geprägt. Am Anfang war das vielleicht berechtigt, nämlich in der Zeit des Wiederaufbaus, in welcher die beiden großen Parteien zusammengearbeitet haben und in der man vor allem im Bereich der Verstaatlichten Industrie versucht hat, Aufbauarbeit zu leisten. Es mag sein, daß das damals berechtigt gewesen ist und auch Erfolge gezeitigt hat.

Nur, meine Damen und Herren, Sie haben sich an diese Machtpositionen gewöhnt. Sie haben gesehen, daß man damit etwas bewegen kann. Daß dann Leute, wenn sie sehen, daß parteipolitische Einflußnahme möglich ist, eben sehr gerne das eine oder andere Parteibuch annehmen und Ihnen damit wieder Stimme und auch finanzielle Zuwendungen und Machtmöglichkeiten geben, daran haben Sie sich in den letzten Jahrzehnten gewöhnt.

Aber anstatt dieses System, das später mangels einer Krisensituation nicht mehr notwendig gewesen war, rückzuführen und die Allmacht der Parteien und des Staates aus der Gesellschaft und auch aus der Wirtschaft herauszunehmen, haben Sie dieses System verfeinert, ausgebaut und in allen Bereichen Österreichs umgesetzt. Sie, SPÖ und ÖVP, haben sich dieses Land aufgeteilt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) 100 Prozent der Macht haben Sie sich aufgeteilt: von der Kinderbetreuung bis zum Altenheim, von der Wohnungs- bis zur Postenvergabe ist alles parteipolitisch im Bund und in den Ländern organisiert.

Meine Damen und Herren! Wir von den Freiheitlichen bekämpfen das seit Jahren. (Ruf bei der SPÖ: KELAG!) – Ich danke Ihnen für das Stichwort "KELAG", das habe ich gehört. Damit haben Sie sich, meine Damen und Herren von der SPÖ, wirklich entlarvt. Anstatt klein beizugeben und zu sagen: Wir konnten Jörg Haider als Landeshauptmann nicht verhindern, wir haben zwar 13 Jahre lang gegen ihn gekämpft, weil er gegen dieses System des Proporzes aufgestanden ist und weil er uns immer wieder an der Nase genommen und gesagt hat, dieses System der Machtaufteilung müsse der Vergangenheit angehören!, gehen Sie diesen Weg weiter. Aber Sie konnten Jörg Haider als Landeshauptmann von Kärnten nicht mehr verhindern. 42 Prozent der Kärntnerinnen und Kärntner haben sich für einen Landeshauptmann Jörg Haider ausgesprochen, weil sie gewußt haben, daß er mit diesem Parteienproporz Schluß machen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Statt klein beizugeben und zu sagen: Gut, wir unterstützen ihn dabei, wir geben jetzt zu, daß die vergangene Politik schlecht gewesen ist, jetzt unterstützen wir ihn bei dieser Trendwende!, verteidigen Sie noch Ihre letzten Bastionen in Kärnten. (Abg. Edler: Haider zeigt, was Macht ist!)

Meine Damen und Herren! Jörg Haider hat es Ihnen vorgemacht. Er hat Ihre Blockadepolitik gebrochen. Er hat den KELAG-Aufsichtsrat mit unabhängigen Experten besetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was ist denn mit der angedrohten Ministeranklage? Wo bleibt sie denn? – Sie bringen keine ein, weil Sie genau wissen, daß Sie nicht nur rechtlich keine Chance haben, sondern auch vom Wähler noch sozusagen eine ordentliche draufbekommen würden. Es versteht niemand, meine Damen und Herren (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), daß Sie sich da für einen Herrn Ambrozy und andere SPÖ-Funktionäre auf die Schienen legen, während auf der anderen Seite die Freiheitlichen dafür sorgen, daß unabhängige Experten in diese Aufsichtsräte hineinkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Mag. Posch: Zu 100 Prozent Konservative sind im Aufsichtsrat!)

Dadurch wird ermöglicht, daß nicht nur die Privilegien abgeschafft werden, wie zum Beispiel die Aufsichtsratsgebühren, sondern auch möglichst rasch die Strompreise gesenkt werden. (Abg. Mag. Posch: Zu 100 Prozent Konservative im Aufsichtsrat!) Da sollten wir Sie doch eigentlich als Partner haben, meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß Sie endlich zur Einsicht kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben dieses Proporzsystem jahrelang bekämpft. Sie haben auch deshalb so gegen die Freiheitlichen agiert, weil Sie von diesem System gut leben. Aber Ihre demokratische Legitimierung hat bei dieser Machtaufteilung abgenommen, meine Damen und Herren: Während Sie früher noch 95 Prozent an Wählerstimmen und 100 Prozent der Macht hatten, haben Sie jetzt gerade noch 60 Prozent der Wählerstimmen, aber trotzdem noch 100 Prozent der Macht in diesem Bereich der öffentlichen Unternehmen.

Es ist Ihnen auch ganz egal – vielen von Ihnen, nicht allen –, wie die Wahlergebnisse aussehen, Hauptsache, es gibt noch eine Mehrheit von zumindest 51 Prozent von SPÖ und ÖVP in diesem Lande. Das ist doch jenseits aller Scheingefechte die Klammer dieser Koalition. Diese Koalition ist wichtig, denn wenn Sie nicht mehr in dieser Koalition sind, dann wären der Proporz und die Machtaufteilung, von der Sie doch alle so profitieren, um vieles schwieriger. Deshalb sage ich Ihnen: Scheingefechte in Ehren vor Wahlen, aber die große Koalition ist zementiert, weil Sie von diesem System leben, weil Sie nicht bereit sind, dieses System aufzugeben.

Wir haben auch erlebt, daß das vor Wahlen ganz besonders zum Tragen kommt. Ich erinnere mich daran, wie die SPÖ Wien vor der Landtagswahl, als relativ klar war, daß sie die absolute Mehrheit verlieren wird, noch rasch in all den ausgegliederten Unternehmen in den mittleren und höheren Positionen SPÖ-Funktionäre, SPÖ-Parteibuchgänger mit Posten – auch in den Magistratsdienststellen – versorgt hat. Junge Leute hat man da in mittlere und höhere Positionen gebracht. Ein ganz klares Signal: Egal wie der Wähler entscheidet, auf 20, 25 Jahre hinaus sind die Machtpositionen in diesen wichtigen Unternehmen gesichert. (Ruf bei den Freiheitlichen: Pfui!) Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren von der SPÖ, aber auch jene von der ÖVP!

Meine Damen und Herren! In einer heutigen SPÖ-Aussendung wird die Parteibuchwirtschaft der ÖVP in Niederösterreich kritisiert. Schön aufgeteilt nach Länderwesen wird dort mit den Positionen herumjongliert. Auf Bundesebene ist man sich einig, daß man sich das schön aufteilen muß.

Jüngste Beispiele sind bekannt: Streicher und Ditz bei der ÖIAG, Herr Abgeordneter Kaufmann bei der AUA. Bei der Österreich Werbung wurde ein zweiter Direktor bestellt, denn es ist besonders unangenehm, wenn man glaubt, einen Unabhängigen in einer führenden Position eingesetzt zu haben und sich der Bestellte plötzlich doch als Parteigänger einer der beiden Parteien herausstellt. Dann muß man sofort eine zweite Position schaffen, damit man das Gleichgewicht wiederherstellt (Abg. Haigermoser: Gleichgewicht des Schreckens!), und dann muß man dort einen zweiten Direktorenposten, der dann der ÖVP zugesprochen wird, schaffen und entsprechend absichern, denn die Unabhängigen, die nicht genau zuzuordnen sind, sind ja besonders gefährlich. (Abg. Müller: Eure Funktionäre!)

Meine Damen und Herren! Es muß immer wieder gesagt werden: Landeshauptmann Haider steht für die Entpolitisierung (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) im öffentlichen Dienst, im Landesdienst. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.)

Herr Kollege, das war doch der wahre Grund, warum Sie ihn 1991 abgesetzt haben. Das war doch der wahre Grund! Einen Tag nach der Absetzung des Landeshauptmannes Jörg Haider im Jahre 1991 wurde die Postenvergabe wieder nach dem Parteienproporz gesichert. Das war Ihre erste Maßnahme, die Sie damals gesetzt haben. Tun Sie hier doch nicht so, als ob Sie nicht wüßten, daß die Freiheitlichen die einzigen sind, die ganz konsequent die eigenen Forderungen nach der Wahl umsetzen! Aber das tut Ihnen ja so weh! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Sie selbst haben es eingestanden, daß dieses System vorhanden ist. 1997, nach dem schrecklichen Selbstmord von Herrn Praschak, haben Sie ein Fünfpunkteprogramm zur Abschaffung des Parteienproporzes präsentiert. Sie haben wörtlich gesagt: Mit diesem Fünfpunkteprogramm ist die politische Proporzschieberei in Zukunft ausgeschlossen. – Immerhin haben Sie damit zugegeben, daß bis 1997 diese politische Proporzschieberei in Österreich an der Tagesordnung war.

Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Leider haben Sie Ihren Ankündigungen wieder einmal keine Taten folgen lassen, denn kurze Zeit nach der Ankündigung dieses Fünfpunkteprogramms – wahrscheinlich nicht zufällig die Hälfte des Zehnpunkteprogramms von Bundeskanzler Kreisky zur Entflechtung der Proporzwirtschaft – wurde Herr Exminister Scholten zum Kontrollbankchef bestellt, gab es Postenbesetzungen nach dem Proporz in der CA und im ÖBB-Vorstand, der sogar noch von drei auf fünf Personen erhöht werden mußte, damit man auch die ÖVP bedienen kann. In der Hochleistungs-AG haben Sie einen Sekretär von Ihnen untergebracht, in der Nationalbank auch und wo immer sonst noch.

Meine Damen und Herren! Das ist es, was wir kritisieren. Vielleicht sind Sie in der Geiselhaft Ihrer Institutionen. Aber Sie haben bisher immer nur angekündigt und keine Taten gesetzt, die diesen Proporz wirklich in die Schranken gewiesen hätten.

Daß letztlich da der Bürger zum Handkuß kommt und die Zeche dafür zahlen muß, sieht man im Bereich der gesamten Wohnbauwirtschaft, wo dieses Konglomerat zwischen parteipolitisch beeinflußten Banken und parteibuchbeeinflußten Wohnbaugenossenschaften ganz klar zu verzeichnen gewesen ist. (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Warum wird denn jetzt erst, nachdem die Freiheitlichen das aufgezeigt haben, darüber diskutiert, daß bis jetzt durch Jahre hindurch die reduzierten Zinsen nicht an die Mieter der Genossenschaftswohnungen weitergegeben worden sind? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum wird denn erst jetzt, da die Freiheitlichen das aufgezeigt haben, darüber diskutiert, warum die Mieter von Genossenschaftswohnungen auch dann noch hohe Mieten zahlen müssen, wenn die Kredite schon zurückgezahlt wurden? Es ist doch wohl auch kein Zufall, daß hier die roten Banken mit den roten Genossenschaften zusammenarbeiten und die schwarzen Banken mit den schwarzen Genossenschaften und jeweils dieselben Funktionäre in beiden Institutionen sitzen.

Meine Damen und Herren! Zu Lasten der Bürger halten Sie dieses System aufrecht. Aber Sie haben es auch auf die internationale Ebene gesetzt. Herr Bundeskanzler Klima! Das ist vielleicht die Neuerung, die im Jahre 1997 noch nicht absehbar gewesen ist: Sie haben jetzt den Parteienproporz von der nationalen Ebene auf die internationale Ebene gehoben.

In diesem Zusammenhang gab es ja schon Kritik seitens der Europäischen Union. 800 Posten, die Österreich zur Verfügung hatte, sind proporzmäßig besetzt worden, und der Gipfel war sicherlich die Bestellung des Herrn Kommissar Fischler, der ja selbst zugegeben hat, daß es da einen Deal gegeben hat, daß die Zustimmung der SPÖ zum EU-Kommissar Fischler mit der Besetzung der 34 Posten im Außenamt junktimiert worden ist.

Die Betreffenden mußten 23 Ministerratssitzungen abwarten, bis sie bestellt werden konnten, bis diese Funktionen entsprechend umgesetzt werden konnten, Herr Bundeskanzler. Dieser Proporz, dieses Gleichgewicht zwischen ÖVP und SPÖ ist zu einem Gleichgewicht des Schreckens geworden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben die Menschen in diesem Land unfrei gemacht, und Sie sind nicht bereit, Ihre Machtstellungen zu räumen und endlich der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Freiheit zum Durchbruch zu verhelfen.

Meine Damen und Herren! Parteien sollten – und das sollte nicht nur in Sonntagsreden verankert werden – Plattformen für Ideen sein, wo Bürger mitarbeiten können, wo Maßnahmen, wo positive Initiativen gesetzt werden können, wo sich Menschen aus Idealismus engagieren. Aber Parteien dürfen kein Machtimperium sein, wo man Menschen zwingt, Mitglied zu werden, damit sie eine Chance haben, Karriere zu machen, damit sie eine Zukunftsperspektive haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hinaus mit dem Parteienproporz, hinaus mit dem Parteieneinfluß aus allen Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft, in denen diese Parteien, vor allem diese beiden Parteien, die sich in den letzten 40 Jahren in diesem System bedient haben, absolut nichts verloren haben! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der gestellten Fragen hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.22

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, daß ich Gelegenheit habe, zu zwei Themen Stellung zu nehmen, die Sie ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die hätten Sie schon früher gehabt, diese Gelegenheit! Vorgestern, gestern schon haben wir auf Sie gewartet! – Abg. Haigermoser: Eine Freude hätten Sie schon vorgestern haben können und gestern auch, so haben Sie also jeden Tag Ihre Freude! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir haben gestern schon auf Sie gewartet! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich habe es mir ausheben lassen: Dreiviertel der Fragestellungen hier im Parlament habe ich selbst beantwortet, bei einem Viertel war ich aufgrund meiner "Nebenfunktion" – nämlich als Bundeskanzler der Republik – verhindert und habe mich vom Herrn Staatssekretär vertreten lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Dreiviertel der Anfragen habe ich selbst beantwortet, und wann immer ich Gelegenheit dazu habe – da können Sie sicher sein –, werde ich selbst die Chance wahrnehmen, mit Ihnen zu diskutieren, weil ich das für wichtig halte. Ich halte es für wichtig, mit Ihnen zum Beispiel über die Grundfrage im Bereich der Jugendausbildung, der Lehrlingsausbildung zu diskutieren, und ich finde es schade, daß man auf dem Rücken der Jugendlichen Parteipolitik betreibt. (Beifall bei der SPÖ. – Lebhafter Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Nehmen Sie das zurück! – Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! "Gentlewomen" und Gentlemen sollten sich an Fakten halten. Es ist wohl eine Tatsache – und ich glaube, wir können zu Recht darauf stolz sein –, daß Österreich aufgrund der guten Ausbildung die geringste Jugendarbeitslosigkeitsrate in der Europäischen Union hat. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.) Wenn Sie sich einigermaßen objektiv und fair daran erinnern, wie die Situation war, als ich Anfang 1997 meine Funktion als Bundeskanzler übernommen habe, werden Sie sehen: Wir waren damals mit einer höchst unerfreulichen Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt konfrontiert. Es gab damals in diesem Bereich eine bereits seit Jahren sinkende Tendenz, und es bestand tatsächlich im ersten Halbjahr 1997 die Gefahr, daß Zehntausende Jugendliche auf der Straße stehen. Und ich werde immer – immer! – dafür eintreten, daß wir in der Politik engagiert dagegen arbeiten, daß Jugendliche direkt von der Schule in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haller: Darum haben wir den Herrn Stuhlpfarrer gebraucht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt in der Politik eine Reihe von Verantwortungen, die wir haben, aber ich glaube, eine der größten Verantwortungen, die wir haben, ist es, der Jugend eine Chance zu geben, der Jugend eine Zukunft zu geben und der Jugend eine Ausbildung zu geben. Und dafür tritt diese Bundesregierung, trete ich besonders ein. (Neuerlicher lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haller: Und der Herr Stuhlpfarrer!)

Weil eben in der ersten Hälfte des Jahres 1997 diese Gefahr bestand, haben wir gemeinsam etwas unternommen, und dabei haben viele mitgewirkt: Es haben die Unternehmen mitgewirkt, die Sozialpartner, die Arbeiterkammer, die Gewerkschaften, die Bundeswirtschaftskammer, die Gemeinden und die Länder. Sie alle haben an einer nationalen Kraftanstrengung für Jugendausbildung mitgewirkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muß auch ganz offen sagen, daß wir damals aufgrund der gegebenen Situation ein Zuschußsystem für Unternehmen hatten, das etwas ungerecht war. Jene Unternehmen, die am Anfang brav Lehrlinge aufgenommen haben, waren eigentlich benachteiligt, denn jene, die am längsten gewartet haben, haben die höchsten Pro-Kopf-Förderungen für Lehrlinge bekommen. Wir haben es damals, 1997, geschafft, statt 36 000 Lehrstellen 40 000 Lehrstellen zu schaffen, also erstmals eine Trendumkehr zu erreichen.

Wir haben gelernt, ich glaube, sehr gut gelernt. Wir haben gemeinsam mit den Sozialpartnern für die Jahre 1998 und 1999 ein neues System von Lehrlingsunterstützung durch betriebliche Anreize geschaffen. Wir haben es zum Beispiel möglich gemacht, auch jetzt im Rahmen der Steuerreform, den Unternehmen 60 000 S Freibetrag für Lehrlinge zu geben. (Abg. Gaugg: Wozu haben Sie denn dann den Herrn Stuhlpfarrer und Ihren Sohn gebraucht?) Wir haben eine bürokratische Entlastung vorgenommen. Wir haben eine Schiedsstelle eingerichtet. Wir haben gemeinsam neue Lehrberufe verabschiedet. Alle diese Maßnahmen haben zu einer Verbesserung der Situation beigetragen.

Aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir in der Bundesregierung sehr klar und deutlich gesagt: Wir wollen nicht mehr in eine Situation der Erpreßbarkeit kommen, und daher bekennen wir uns dazu, daß wir dieses Sicherheitsnetz für überbetriebliche Lehrwerkstätten, Stiftungsmodelle und Berufsausbildungslehrgänge geschaffen haben. Das primäre Ziel ist weiterhin die duale Ausbildung, und ich möchte daher, daß die Unternehmen die nun gegebenen Chancen – es war noch nie so kostengünstig, es war noch nie so einfach, Lehrlinge aufzunehmen! – auch wirklich wahrnehmen. Sie haben schließlich eine Verantwortung für den Wirtschaftsstandort Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bekenne mich aber auch dazu, daß wir, bis die demographische Spitze, die wir nun haben, wieder abklingt, dieses Sicherheitsnetz aufrechterhalten müssen, um tatsächlich jedem Lehrstellensuchenden, jedem, der eine Lehrstelle will, auch ein Angebot machen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran, was Herr Scheibner vor kurzem ausgeführt hat. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die offizielle Statistik des AMS: Wir hatten Ende Juni eine nahezu ausgeglichene Situation auf dem Lehrstellenmarkt. Wir hatten in etwa 2 100 Lehrstellensuchende und etwa 2 000 offene Lehrstellen, also eine nahezu ausgeglichene Situation. Es ist jedes Jahr im Juli und August – weil die Schüler plötzlich Lehrstellen suchen (Abg. Scheibner: Die sind da noch gar nicht drin!) – so, daß die Zahl der Lehrstellensuchenden wieder zunimmt, aber ich hoffe, daß sie, wenn wir uns gemeinsam anstrengen, auch wieder sinken wird.

Ich habe manchmal den Eindruck, da wird auf dem Rücken der Lehrstellensuchenden, auf dem Rücken der Jugend so eine Art Ideologie betrieben. (Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Haller: Zur Sache, Herr Bundeskanzler! Reden Sie doch über den Proporz, reden Sie zur Sache!) Da gibt es auf der einen Seite eine starke Kapitalismuskritik in der Form, daß man sagt, den Unternehmen soll man gar nichts geben, man soll zuschauen, wie diese Unternehmen in ihrer Pflicht versagen, und dann werden wir schon sehen, was für ein Problem entsteht.

Es gibt aber auch auf der anderen Seite Kritik, indem man sagt: Bitte schön, das regelt ja alles nur der freie, liberale Markt, da soll überhaupt nicht anders eingegriffen werden. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wie lange gedenken Sie, an der gestellten Anfrage noch vorbeizureden?)

Ich glaube, diese Politik, die die Bundesregierung hier verfolgt, nämlich sich zu beidem zu bekennen – erstens zu Förderungen und Anreizen für die Unternehmen und die Wirtschaft und zweitens zu einem Sicherheitssystem in der Form, daß jeder Jugendliche einen Ausbildungsplatz bekommt –, ist durchaus erfolgreich, und das dürfen wir uns auch gemeinsam nicht schlechtmachen lassen, meine Damen und Herren. (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen nun zum ersten Teil Ihrer Frage, zur Frage der Postenbesetzungen und ähnlichem mehr, noch allgemein etwas sagen. Ich freue mich auch (Ruf bei den Freiheitlichen: Schon wieder!), daß ich hier Gelegenheit habe, eine Reform zu diskutieren, die mir persönlich ein sehr großes Anliegen war, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich dieses gemeinsam im Nationalrat beschlossene Fünfpunkteprogramm für Offenheit, Klarheit und Kontrolle.

Ich weiß, wie wichtig es ist – und ich sage das in aller Deutlichkeit –, daß der Staat dort, wo er einen beherrschenden Anteil an Unternehmen hat, seine Eigentümerverantwortung und seine Eigentümerrechte auch wahrzunehmen hat, und zwar in einer offenen und transparenten Form. Er kann sich nicht, wie das Dirndl vom Tanz, von seiner Eigentümerverantwortung verabschieden, ausgezeichnete Manager und ausgezeichnete Aufsichtsorgane einzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben dieses Fünfpunkteprogramm vorgelegt, und ich bin sehr froh darüber, daß es vor und auch während der parlamentarischen Bearbeitung ausführlich mit Personalberatern und anderen diskutiert und auch hier im Hohen Haus beschlossen wurde. Wir haben nun ein Gesetz, eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung, die Transparenz und Kontrolle absichert, und ich bin dem Hohen Hause auch sehr dankbar dafür, daß dieses mein Anliegen auch tatsächlich umgesetzt wurde. (Abg. Haigermoser: Weihnachten, Ostern und Pfingsten an einem Tag!)

Der Vollzug dieses Gesetzes liegt, wie bei allen anderen Gesetzen auch, natürlich bei den jeweiligen Unternehmensorganen. Diese fünf Punkt sind: lückenlose Ausschreibung aller Geschäftsführer- und Vorstandsfunktionen (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen – Abg. Scheibner: In den Banken auch?), moderne, leistungsorientierte Standardverträge für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder, Festlegung marktgerechter Bezüge durch die Aufsichtsräte nach verpflichtenden nationalen und internationalen Branchenvergleichen, namentliche Veröffentlichung der verantwortlichen Entscheidungsträger und vollständige Offenlegung aller Einkommen von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern.

Mir würde es viel Freude bereiten, wenn dieses Gesetz, wenn diese fünf Punkte auch für die Vergabe in einem südlichen Bundesland zur Anwendung kämen. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie und wir als Bundesregierung haben den gesetzlichen Rahmen für diese Offenheit, Klarheit und Transparenz vorgegeben, und ich bin überzeugt davon, daß die entsprechenden Organe diese Gesetze auch einhalten.

Was mich selbst betrifft, so wissen Sie, daß ich als Verstaatlichtenminister, sowohl was die Neustrukturierung, die Privatisierung der Verstaatlichten Industrie als auch die Postenbesetzungen angeht, sehr klar und professionell vorgegangen bin, Manager nach einen klaren System bestellt habe, und ich bin sicher, so wird heute in den Ministerien auch verfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich jetzt zur Detailbeantwortung der einzelnen Fragen komme.

Ich darf die Fragen 1 bis 9 beantworten. (Rufe bei den Freiheitlichen: Hallo! He!) Die in diesen Fragen beinhalteten Behauptungen sind weder neu noch originell (Beifall bei der SPÖ), und sie werden auch durch fortdauernde Wiederholungen nicht richtiger. (Abg. Scheibner: Sagt dann Fischler die Unwahrheit?) Ich darf Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber informieren, wie diese Nominierungsverfahren ablaufen.

Der Vertrag von Amsterdam sieht vor, daß die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten die Persönlichkeiten, die sie zu Mitgliedern der Kommission zu ernennen beabsichtigen, im Einvernehmen mit dem designierten Präsidenten benennen, und schließlich haben sich der Präsident und die übrigen Mitglieder der Kommission, die auf diese Weise benannt worden sind, als Kollegium dem Europäischen Parlament zu einem Zustimmungsvotum zu stellen.

Für die Ernennung des österreichischen Mitgliedes der Europäischen Kommission sieht die österreichische Bundesverfassung ein besonderes, insbesondere auch das Parlament maßgeblich beteiligendes Verfahren vor. Artikel 23c B-VG bestimmt, daß die Mitwirkung an dieser Ernennung der Bundesregierung obliegt, die dabei das Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates herzustellen hat. Die Bundesregierung hat den Hauptausschuß des Nationalrates und den Bundespräsidenten gleichzeitig davon zu unterrichten, welche Personen sie zu ernennen beabsichtigt. Schließlich ist aufgrund der Bundesverfassung auch der Bundesrat über das nach diesem Verfahren namhaft gemachte Mitglied der Kommission zu unterrichten.

In der Praxis – und das geschah tatsächlich – werden auch schon vor der formalen Befassung des Hauptausschusses alle im Hauptausschuß vertretenen Parteien informiert, wie dies auch bei der Beratung der diesbezüglichen Regierungsvorlage gewünscht wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie sehen also, daß die österreichische Bundesverfassung ein Verfahren für die Bestellung des österreichischen Kommissionsmitgliedes vorsieht, das eine Nominierung in einer transparenten Art und Weise auf breiter politischer Basis und unter maßgeblicher Einbeziehung des Parlaments sicherstellt.

Wie ich bereits berichtet habe, kommt im neuen Ernennungsverfahren aufgrund des Vertrages von Amsterdam auch dem designierten Präsidenten der Kommission ein maßgebliches Mitspracherecht zu.

Diese Verfahrensvorschriften gewähren meiner Ansicht nach die größtmögliche Sicherheit und Transparenz bei der Bestellung der gesamten Europäischen Kommission und insbesondere des österreichischen Mitgliedes.

Selbstverständlich haben wir in diesem Verfahren bei der neuerlichen Nominierung von Dr. Franz Fischler auf Punkt und Beistrich die rechtlichen Bestimmungen eingehalten, und Sie können davon ausgehen, daß das aufgrund dieses Verfahrens schließlich benannte österreichische Mitglied, nämlich Agrarkommissar Franz Fischler, die beste erzielbare Lösung für Österreich darstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich füge noch hinzu: Es ist schon der Wunsch eines kleinen Staates, ein möglichst interessantes und wichtiges Ressort zu bekommen. Wir haben eine gemeinsame Überlegung angestellt, wie wir am besten das Agrarressort für Österreich sicherstellen können (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen), weil wir ein wichtiges Ressort wollen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber eine Zeitlang haben Sie nein gesagt!)

Ich trete dafür ein, daß Österreich nicht ein unwichtiges Ressort bekommt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir wußten, daß Franz Fischler ein akzeptierter Fachmann auf dem Agrargebiet ist. (Abg. Haigermoser: Das ist kabarettreif!) Es hat sich, wie ich glaube, sehr, sehr bewährt, daß Österreich diese Strategie, sich auf die Landwirtschaft zu konzentrieren, fortgesetzt hat und daß wir nicht signalisiert haben, uns mit jedem x-beliebigem Ressort zufriedenzugeben, denn das hat sichergestellt, daß Österreich ein wichtiges Ressort bekommt und einen guten Kommissar für dieses Ressort. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Haben Sie vergessen, was Sie den Journalisten gesagt haben? – Ruf bei den Freiheitlichen: Da applaudiert nicht einmal die ÖVP!) Ja, auch nicht beim "guten Kommissar". (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist der Herr Bundeskanzler! – Bitte.

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima (fortsetzend): Damit es Gelegenheit gibt, zu applaudieren, sage ich noch einmal, daß wir froh darüber sind, das Agrarressort zu haben – und einen guten Agrarkommissar Franz Fischler. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Fragen 10 und 11:

Erlauben Sie mir, klarzustellen, daß es schon aufgrund der unterschiedlichen Verfahren bei der Bestellung der Kommission – da war im wesentlichen Kommissionspräsident Prodi Taktgeber – und bei der Botschafterbestellung zwei unterschiedliche zeitliche Abläufe gab, und ich darf Ihnen auch sagen, daß dieses zeitliche Zusammentreffen der Bestellung von Franz Fischler mit dem "Botschafterpaket" schon aufgrund dieses Verfahrens für jeden ersichtlich nicht steuerbar war und ist. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Jung: Ach so! Zufällig! 29mal zufällig!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten eine umfangreiche Botschafterliste zu besetzen, eine Botschafterliste, die 25 Leitungsfunktionen enthielt, die für Ende 1999 vorgesehen waren. (Abg. Jung: Teilweise!) Mein Begehren als Regierungschef war nichts anderes, als daß ich ersuchte, auch die vier Posten, die bereits Mitte des Jahres zu besetzen sind, in die Ausschreibung zu bringen und in das gesamte Beschlußpaket der Bundesregierung mit einzubeziehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichts anderes war mein Begehr.

Ich kann Ihnen das auch zeitlich sehr klar nachweisen: Nachdem die vier Posten, die mit 1. Juli 1999 zu besetzen sind – zum Beispiel Kopenhagen, Pretoria, Madrid und Brüssel –, ausgeschrieben worden sind und Mitte Juni, nach der Beratung der Vergabekommission, die Vorschläge vorgelegen sind, haben wir innerhalb von wenigen Tagen in der Bundesregierung die entsprechenden Beschlüsse gefaßt. Innerhalb von wenigen Tagen! Ich glaube, das war ein durchaus ordnungsgemäßes Vorhaben, in dem ich das erreicht habe, was ich wollte, daß nämlich alle Entscheidungsgrundlagen vorliegen, und nicht über jene Posten nicht entschieden wird, die gleich zu besetzen sind, aber über jene entschieden wird, die erst Ende des Jahres zu besetzen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 12:

In den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über Transparenz bei der Stellenbesetzung fallen alle Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Ausschlaggebend ist der Beteiligungsanteil der öffentlichen Hand. Das Gesetz gilt für alle Unternehmen, an denen der Bund alleine oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 Prozent des Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund alleine oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

Der Umfang der betroffenen Unternehmen, an denen der Bund direkt beteiligt ist, sehr geehrter Herr Abgeordneter Scheibner, ist zu groß, um sie alle hier anzuführen. Ich verweise daher auf die Beilage N "Amtsbehelf des Bundesfinanzgesetzes", in der alle Beteiligungen enthalten sind. Ich bräuchte sonst wahrscheinlich zwei Stunden, um sie aufzuzählen.

Einer derartigen finanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten.

Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich auch auf Unternehmen jeder weiteren Stufe, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen. Das ist im Artikel 126b B-VG geregelt.

Die Verwaltung der Anteilsrechte des Bundes an Unternehmen fällt nicht ausschließlich in meine Zuständigkeit, wie diese Anfrage vermuten läßt, sondern ist nach dem Bundesministeriengesetz 1986 und anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen auf mehrere Bundesministerien aufgeteilt. Ich kann daher nur über jene Unternehmungen Auskunft geben, die in die Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes fallen. Das sind im konkreten: Bundessporteinrichtungen GmbH, Bundestheater-Holding GmbH, Wiener Staatsoper GmbH, Burgtheater GmbH, Volksoper GmbH, Theaterservice GmbH, Austria Film und Video GmbH, Wiener Zeitung GmbH und das Österreichische Filminstitut.

Bei den Bühnengesellschaften sind zwei Leitungsorgane vorgesehen, bei den übrigen zuvor aufgezählten Unternehmungen jeweils ein Leitungsorgan. Somit fallen von diesen Unternehmungen im Zuständigkeitsbereich des BKA insgesamt 12 Leitungsorgane unter das Stellenbesetzungsgesetz.

Zur Frage 13:

Ich gehe davon aus, daß bei der Besetzung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern von den zuständigen Organen der staatsnahen Unternehmungen die Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes (Abg. Gaugg: ÖIAG! Was ist mit der ÖIAG, Herr Bundeskanzler?) und die Bestimmungen der Verordnung betreffend Vertragsschablonen gemäß dem Stellenbesetzungsgesetz eingehalten wurden.

Soweit die in Frage 12 angeführten Unternehmungen betroffen sind, wurden die Stellen der Geschäftsführer der Bundessporteinrichtungen GmbH, der Österreichischen Filminstitut GmbH und so weiter nach dem Inkrafttreten des Stellenbesetzungsgesetzes ausgeschrieben, wobei sogar vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Vorgaben meines Fünfpunkteprogramms im BKA eingehalten wurden.

Ich sage Ihnen, daß sie auch bei der ÖIAG eingehalten wurden. Nur formal erkläre ich Ihnen zu den Fragen 14, 15 und 16, daß, wie Sie wissen, die ÖIAG nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzlers fällt. (Abg. Dr. Graf: Der Bundeskanzler weiß wieder einmal von gar nichts!)

Zur Frage 17:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, sehr klar zu sagen, daß ich diese Auffassung, die Sie in Ihrer Anfrage dargestellt haben, nicht teile und ich sehr klar davon ausgehe, daß sich die dafür verantwortlichen Organe bei den Besetzungen von Vorstandsmitgliedern der Geschäftsführung an die Bestimmungen dieses Stellenbesetzungsgesetzes beziehungsweise der entsprechenden Verordnung halten. Bei Unternehmungen, die in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes fallen, ist das jedenfalls der Fall.

Zu den Fragen 18 und 19:

Das Verfassungsgerichtshofgesetz sieht in § 1 Abs. 2 vor, daß die offenen Stellen des Präsidenten, des Vizepräsidenten oder eines der übrigen Mitglieder oder der Ersatzmitglieder des Verfassungsgerichtshofes im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" auszuschreiben und in den für amtlichen Kundmachungen bestimmten Landeszeitungen zur allgemeinen Bewerbung auszuschreiben sind.

Weitere gesetzliche Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit der Ernennung eines Mitgliedes des VfGH bestehen nicht.

Fällt das Recht auf Erstattung eines Ernennungsvorschlages der Bundesregierung zu, so muß der diesbezüglich von mir zu stellende Antrag natürlich vom Konsens der gesamten Bundesregierung getragen sein.

Zur Frage 20:

Neben den gesetzlichen Voraussetzungen des § 7 Fachhochschul-Studiengesetzes betreffend die Qualifikation der Mitglieder des Fachhochschulrates – die eine Hälfte der Mitglieder muß wissenschaftlich durch eine Habilitation qualifiziert sein, die andere Hälfte der Mitglieder muß über den Nachweis einer mehrjährigen Tätigkeit in den für Fachhochschul-Studiengängen relevanten Berufsfeldern verfügen – und den Frauenanteil wird bei der Besetzung des Fachhochschulrates auf eine angemessene Vertretung der für dieses Fachhochschulwesen relevanten Fächer – Technik, Wirtschaft/Recht, Gesellschaftswissenschaften – geachtet sowie auch auf eine Berücksichtigung der Bundesländer Bedacht genommen.

Das Gesetz sieht vor, daß die Mitglieder des Fachhochschulrates im Einvernehmen zwischen dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr und der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nach diesen sachlichen Gesichtspunkten zu bestellen sind.

Die Fachhochschulen bringen in besonderer Weise forschungs- und wissenschaftsgeleitete Praxiserfordernisse mit sich, weshalb für die Bestellung des Fachhochschulrates die Berufung von Praktikern mit wirtschaftlich-technischer Kompetenz einerseits und Wissenschaftern andererseits vorgesehen ist.

Der Erstellung des vorliegenden Vorschlages liegen keine parteipolitischen Überlegungen zugrunde. Ein Parteibuch ist weder eine Voraussetzung, noch darf politisches Engagement oder eine politische Tätigkeit ein Ausschließungsgrund sein.

Zur Frage 21:

Die erforderlichen Gespräche zwischen den betroffenen Ressortchefs sind im Gange und werden im Lichte der oben genannten Bedingungen geführt.

Zur Frage 22:

Das Universitäts-Akkreditierungsgesetz sieht vor, daß die Bundesregierung nach sachlichen Gesichtspunkten qualifizierte Personen zu bestellen hat, wobei vor allem auch darauf zu achten sein wird, daß die auszuwählenden Personen über Kenntnisse des internationalen Universitätswesens verfügen.

Die Frage nach parteipolitischer Zugehörigkeit wird dabei keine Rolle spielen, wenngleich politisches Engagement, wie schon erwähnt, kein Ausschließungsgrund sein darf.

Zu den Fragen 23 bis 25 erlaube ich mir, Sie auf die einleitend getroffenen Feststellungen zum Fünfpunkteprogramm hinzuweisen. Diese jetzt im Gesetz festgelegten und von mir vorgeschlagenen Regeln bringen Klarheit, Offenheit und Kontrolle bei der nötigen Postenvergabe durch die öffentliche Hand.

Zur Frage 26:

Wie bereits im Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses und in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage vor zwei Tagen dargelegt worden ist, erfolgte die Auftragsverteilung durch das Bundeskanzleramt entsprechend den Vergabevorschriften.

Zur Frage 27:

Ich darf Ihnen versichern, daß ich selbstverständlich für größtmögliche Transparenz in diesem Fall eintrete. Aus diesem Grund habe ich aus Eigeninitiative den Rechnungshof ersucht, die Auftragsvergabe im Zusammenhang mit der Lehrlingsoffensive einer Sonderprüfung zu unterziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 28:

Erlauben Sie mir, daß ich vorab etwas zur Wortwahl sage. Ich habe selbstverständlich nie das Wort "Verstrickungen" gebraucht, wie Sie es hier dargestellt haben, weil es Verstrickungen meines Sohnes in diese Aktivität nicht gab. Mein Sohn hat alle an ihn im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses gerichteten Fragen beantwortet und ausführlich klargestellt, daß er in diesem Verein niemals aktiv war, daraus keinerlei Vorteil gezogen hat und auch niemals einen Schilling erhalten hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das hat die SPÖ dem Habsburg auch vorgeworfen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wurde wohl von allen, die in diesem Unterausschuß tätig waren, in sehr fairer Form zur Kenntnis genommen. Ich erlaube mir, auch hier die Feststellung zu wiederholen, daß nach den mir vorliegenden Informationen alle meine Beamtinnen und Beamten des Bundeskanzleramtes die Ausschreibungsvorschriften klar beachtet haben und keine dieser Ausschreibungsvorschriften mißachtet wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einmal sagen, daß ich als Bundeskanzler die Information habe, daß bei der von mir zu verantwortenden Auftragsvergabe alle Vorschriften von meinen Beamtinnen und Beamten beachtet wurden und alles rechtmäßig abgewickelt wurde. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, um völlig sicherzugehen, habe ich selbst den Rechnungshof eingeschaltet. Als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei kann ich Ihnen noch sagen, daß nie ein Schilling an die Sozialdemokratische Partei geflossen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Und bei "Euroteam"?)

Ich sage sehr klar und deutlich, daß ich es nicht zulassen werde, daß wegen möglicher Probleme in einem Unternehmen das engagierte Arbeiten der Bundesregierung für die Jugendausbildung, für die Lehrlingsausbildung diskreditiert wird. Das werde ich nicht zulassen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Kollege Steindl glaubt das nicht! – Abg. Haigermoser: Aber nicht nur er nicht!)

Erlauben Sie mir, noch eines zu sagen, weil das vorgestern auch angesprochen wurde. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Sohn hat, so glaube ich, sein Studium an der Montanuniversität mit sehr gutem Erfolg, mit Auszeichnung abgeschlossen. (Abg. Jung: Und dann mußte die Promotion verschoben werden!) Er ist einer der wenigen Platzerring-Träger der Montanuniversität in Österreich, und er hat aufgrund seines Engagements eine Funktion bei einem international tätigen ausländischen Unternehmen. Und ich sage Ihnen: Wenn jemand hier etwas anderes behauptet hat, nämlich daß er bei der ÖIAG oder sonstwo eine Aufgabe hätte, dann ist das eine glatte Lüge, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Edler – in Richtung der Freiheitlichen –: Schämen Sie sich! – Abg. Scheibner: Herr Präsident!)

Ich erlaube mir, auch zu sagen, weil Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht auch Mutter oder Vater sind, daß dieser junge Mann, der aufgrund seines ausgezeichneten Studiums immer schon darauf geachtet hat, daß er ja nicht in so eine Situation kommt, immer vermeiden wollte, was jetzt passiert, nämlich daß er in eine Schlammschlacht hineingezogen wird, nur weil sein Vater Bundeskanzler und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Österreichs ist. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte jetzt wieder als Bundeskanzler hier weitersprechen und Ihnen die Fragen 29 und 30 beantworten. Ich darf Ihnen sehr klar und deutlich sagen, daß Herr Stuhlpfarrer seitens des Bundeskanzleramtes nicht zum Lehrlingsbeauftragten der Bundesregierung bestellt wurde. (Abg. Jung: Wieder ein Zufall!) Es wurde von den Mitarbeitern des Bundeskanzleramtes mit der "L. S. Beratungsgesellschaft" ein Projektmanagementvertrag abgeschlossen, nach dem dieses Unternehmen eine geeignete Person – Herrn Stuhlpfarrer oder eine gleich geeignete qualifizierte Person – zur Abwicklung des Projektes heranziehen konnte.

Zum Zwecke der Abrechnung der Stunden wurden von der "L. S. Beratungsgesellschaft" genaue Zeitaufzeichnungen vorgelegt, in denen auch die Art der ausgeübten Tätigkeiten angeführt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich und hoffe, daß ich – ich habe die Redezeit leider etwas überzogen; ich bitte um Entschuldigung dafür – diese beiden wichtigen Punkte beantworten konnte. – Danke schön. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

15.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich wende mich kurz an Herrn Abgeordneten Scheibner, um folgendes klarzustellen: Wenn in diesem Haus jemandem der Vorwurf gemacht wird, er sei ein Lügner, er lüge, er belüge das Haus, gibt es einen Ordnungsruf – ohne jede Ausnahme.

Im Falle einer objektivierenden Feststellung, also wenn gesagt wird: Wenn die Behauptung, jemand hätte eine Gage von wo bezogen, aufrechterhalten werde, dann sei das eine Lüge, dann haben wir das einheitlich immer so gehandhabt, daß der subjektive Vorwurf geahndet wird, nicht aber die Feststellung.

Herr Abgeordneter Scheibner! Ich habe Sie so verstanden, daß Sie das urgiert haben, und daher bin ich Ihnen diese Klarstellung schuldig.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Seine Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

15.54

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat heute hier im Hohen Hause mehrfach erwähnt, wie sehr er dafür dankbar sei, daß er hier sprechen dürfe. Er hat seine Stellungnahme mit den Worten beendet: Herzlichen Dank, daß Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, hier Stellung zu nehmen. (Abg. Dr. Antoni: Ein freundlicher Mensch! – Abg. Sophie Bauer: Von Ihnen erwarten wir das nicht!)

Herr Bundeskanzler! Wer glaubt Ihnen denn das? Denn das, was Sie jetzt gesagt haben, wie sehr Sie sich gefreut haben, zu den Vorwürfen Stellung nehmen zu können, diese mangelnde Glaubwürdigkeit steht stellvertretend für die Qualität Ihrer Beantwortung und Ihres gesamten Debattenbeitrages. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Auch wenn Sie sich jetzt den Schweiß wegwischen vor lauter Freude über die Gelegenheit, daß Sie hier reden durften: Sie haben das Wort "Euroteam" nicht ein einziges Mal in Ihrer Stellungnahme erwähnt. Ich stelle dazu fest, Herr Bundeskanzler: Am Dienstag waren Sie körperlich nicht anwesend hier im Hohen Hause, heute sind Sie inhaltlich nicht anwesend. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich stelle weiters fest, daß es das Hohe Haus geradezu als Verhöhnung empfinden muß, wenn Sie die Beantwortung der Anfrage pauschal mit wenigen Worten so durchführen: Zu den Fragen 1 bis 9 sage ich dieses und jenes. – Das ist eine Verhöhnung des Hohen Hauses, meine Damen und Herren, und das kann sich dieses Hohe Haus nicht gefallen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Sophie Bauer: Die Wahrheit vertragen Sie nicht! Das ist es! Die Wahrheit tut Ihnen weh!)

Herr Bundeskanzler! Ich glaube, Sie sind in dieser Sache – wie auch in anderen im übrigen – von Ihren Spin-Doktoren schlecht beraten: Am Dienstag einfach unterzutauchen, am Donnerstag wieder aus der Versenkung aufzutauchen und nach dem Motto "Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!" vorzugehen, dieses Verhalten richtet sich von selbst, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es mehren sich in der letzten Zeit auch die kritischen Stimme in den Medien. Diese sagen: Das, was der Herr Bundeskanzler sagt, meint er doch nicht so. – Immer mehr kommt die Bevölkerung und kommen die Wähler darauf, daß das, was er sagt, nicht mit dem übereinstimmt, was er denkt. Das ist ja direkt eine Art virtueller Bundeskanzler, den wir hier haben (Beifall bei den Freiheitlichen), der wie ferngesteuert von seinen Spin-Doktoren hierherkommt und die Frage "Euroteam" mit keinem einzigen Wort erwähnt. Dieses Wort ist Ihnen keinerlei Erwähnung wert, sehr geehrter Herr Bundeskanzler.

Wenn Sie glauben, mit der hervorragenden Ausbildung Ihres Sohnes auf die Tränendrüse drücken zu können, dann darf ich Ihnen sagen, ich glaube Ihnen das alles, daß Ihr Sohn eine hervorragende Ausbildung genossen hat und daß er sie ausgezeichnet absolviert hat. Aber was veranlaßt ihn dann, in einem derart dubiosen Firmengeflecht, im Holdingverein, der für alles verantwortlich ist, die Position des Rechnungsprüfers zu übernehmen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Am Dienstag sind Sie infolge Ihrer Abwesenheit Antworten auf wesentliche Fragen schuldig geblieben. Ich frage Sie jetzt: Wer hat im Hause Klima recht? Jan Klima, Ihr Sohn, oder Sie selbst? – Im Pressedienst der sozialdemokratischen Fraktion sagt Jan Klima junior, er wollte einem Freund, dem Herrn Stuhlpfarrer, einen Gefallen tun und hat die Position des Rechnungsprüfers übernommen (Bundeskanzler Mag. Klima schüttelt verneinend den Kopf), und in ein und derselben Presseaussendung sagt der Herr Bundeskanzler, sein Sohn habe davon nichts gewußt. Bitte, wie glaubwürdig sind Sie in dieser Frage? – Das weiß doch heute jeder, daß man die Funktion eines Rechnungsprüfers nicht ungefragt übernehmen kann. Da gibt es ein Gründungsprotokoll eines Vereins, da gibt es Unterschriften, da gibt es eine Generalversammlung, eine Gründungsversammlung, da gibt es einen Nichtuntersagungsbescheid. (Bundeskanzler Mag. Klima: Da war er nicht dabei!)

Herr Bundeskanzler! Sie sagen, er war nicht dabei. – Das ist doch nicht richtig! Sein Name war dabei! (Bundeskanzler Mag. Klima: Ah so!) Und ich sage Ihnen: Der Name Klima, der bei Förderungsansuchen in Höhe von 40, 50 Millionen Schilling ins Treffen geführt wird, ist, nur weil der Name Klima erwähnt wird, bereits ein Garant dafür, daß diese Förderungen ausbezahlt werden. So schaut es aus, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Glauben Sie im Ernst, daß sich Herr Stuhlpfarrer aus Jux und Tollerei mit dem Namen Jan Klima in diesem Verein schmückt? Glauben Sie im Ernst, daß er umsonst Ihren Sekretär, Herrn David Mock, in den Verein mit aufnimmt? Glauben Sie, daß der Sekretär Gerstbauer von Frau Hostasch umsonst hier mitmischt? Wenn man mit diesen Damen und Herren bei einem öffentlichen Förderungsansuchen aufwartet, dann braucht man keine Intervention mehr, denn da sind die Namen Intervention genug, damit die Förderungsmillionen ins Rollen kommen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist wirklich interessant: Aus Ihrem Hause stammen von diesen 46 Millionen Schilling etwa 4 Millionen Schilling, und aus dem Ministerium von Frau Hostasch 44 Millionen Schilling. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Da schau her!) Die Namen Jan Klima, Gerstbauer und Mock, also zwei Namen aus Ihrem unmittelbaren Umfeld, scheinen da auf. (Abg. Mag. Kukacka: Die Vornamen, bitte!)

Das alles ist von Frau Hostasch abgesegnet worden. Wenn man berücksichtigt, daß Frau Hostasch – wie hinter vorgehaltener Hand sogar von den Sozialdemokraten zugegeben wird – seit eineinhalb Jahren innerparteilich praktisch eine politische Abschußkandidatin ist, dann frage ich mich schon, ob sie sich nicht vielleicht das Wohlwollen des Herrn Bundeskanzlers dadurch sichert, daß sie gegenüber einem Verein, einem Konglomerat, in dem Jan Klima als Rechnungsprüfer des Holdingvereins auftritt, 44 Millionen Schilling ausschüttet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es braucht sich hier niemand darüber zu beklagen, daß er nicht die Gelegenheit gehabt hätte, Stellung zu nehmen. Sie, Herr Bundeskanzler, haben am Dienstag die Gelegenheit dazu verabsäumt und haben Ihren Staatssekretär geschickt, so unter dem Motto: Jetzt schicken wir einmal den Staatssekretär hin und schauen uns an, was dort gesagt wird; lassen wir uns ja nicht mit irgendwelchen Äußerungen festhalten und mit irgendwelchen Positionen festnageln! – Sie, Herr Bundeskanzler, haben heute noch einmal die Gelegenheit, dazu Rede und Antwort zu stehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie sagen, daß wir diese Dringliche Anfrage sozusagen auf dem Rücken der Lehrlinge austragen, so ist das wirklich eine Verhöhnung der Österreicherinnen und Österreicher. Das ist eine wirklich unglaubliche Unterstellung, da es bei dem Geflecht "Euroteam" um eine der größten politischen Geldwäschen der letzten Jahre geht! – Und da sagen Sie, daß hier ein Politikum daraus gemacht wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Mit persönlicher Sympathie – diese strahlen Sie zweifellos aus – kann man nicht auf Dauer Politik machen. Immer mehr Wähler kommen darauf, daß das, was Sie sagen, eigentlich nicht aus Ihrem Inneren kommt. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) Genauso, wie Sie heute hier gesagt haben, daß Sie mit großer Freude vor dieses Hohe Haus treten und alles erklären können: Herr Bundeskanzler – nicht böse sein! –: Das nimmt Ihnen niemand ab! (Abg. Dr. Mertel: Und wenn er böse ist?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf die Packelei zu sprechen kommen. Der Name "Praschak" wurde heute schon erwähnt. Ich möchte noch kurz den "Konsum" in Erinnerung rufen. Genau dieses Modell, das im "Konsum" etabliert war, erlebt jetzt wieder fröhliche Urständ – jenem "Konsum", in dem Herr Benya sagte: Schickt uns einen herüber, der uns kontrollieren soll! – Daraufhin schickte man einen Standesbeamten aus Traun, der keine Ahnung hatte.

Wenn Herr Kommissar Fischler ausdrücklich vom "Dealen" spricht, von einer Packelei, die er ausmacht, von einem Postenschacher zwischen Rot und Schwarz, wenn er den Begriff "Dealen" verwendet, dann, Herr Bundeskanzler – nicht böse sein! – wundert es mich nicht, daß Frau Karlsson gestern hier ans Rednerpult getreten ist und verkündet hat, daß sie einen Krimi-nalroman schreibt. Auf welche Idee soll sie denn kommen, als darauf, einen Kriminalroman zu schreiben? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Bei der Umgebung, bei diesem Geflecht kann man ja nur zu einem Kriminalroman inspiriert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines möchte ich noch sagen, weil hier das "südliche Bundesland" angesprochen wurde. Ich nehme an, Sie haben Kärnten gemeint. Das Stichwort "KELAG" wurde geliefert. Als Kollege Scheibner hier die Erfolgsmeldungen aus Sicht der FPÖ, aber auch aus Sicht vieler Unabhängiger referiert hat, ist das Wort "KELAG" in diesen Reihen (in Richtung SPÖ) verstummt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie schon uns nicht glauben, möchte ich Ihnen nur einige Zitate vorlesen, beispielsweise von Frau Ulla Schmid im "profil". Ich denke, das "profil" ist nicht gerade eine Zeitung, die der FPÖ besonders gut gesinnt ist, hat doch vor einigen Jahren sogar der Herausgeber gesagt: Es ist Blattlinie, gegen die FPÖ zu sein.

Im letzten "profil" schreibt Ulla Schmid (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen): "Der Kärntner SPÖ gebührt für ihre Ankündigung ..." (Abg. Edler: Aus is’!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz! Das ist jetzt schon die definitive Redezeit. (Abg. Nürnberger: So gut war’s nicht, daß man noch länger zuhört!)

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Der "SPÖ gebührt" in Sachen KELAG "der ‚Blecherne Fettnapf‘". – Dem ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten; die maximale Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Sie wissen auch nichts vom Proporz in Österreich? Gibt’s nicht! Der einzige, der keine Ahnung davon hat, ist bei uns Bundeskanzler!)

16.04

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat eindrucksvoll nachgewiesen, daß die Postenvergabe in Österreich auf rechtsstaatlicher und vernünftiger Basis funktioniert und zu Ergebnissen kommt (Abg. Dr. Graf: Das hat er nicht gesagt! Er hat auch keine Ahnung!), mit denen die Wirtschafts- und Sozialgeschichte Österreichs bisher außerordentlich erfolgreich gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Wie beim "Konsum"!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist auch etwas sonderbar, wenn man sich ein bißchen die Doppelbödigkeit dieser Dringlichen Anfrage zu Gemüte führt. Vor ungefähr eineinhalb Stunden wurde mit großen Lobesreden – zu Recht – unser Kollege Abgeordneter Nowotny aus dem Hohen Haus verabschiedet. Zum selben Zeitpunkt bringt die "F" eine Dringliche Anfrage ein, in der sie es als Ausdruck des Postenschachers kritisiert, daß Kollege Nowotny eine hohe Funktion in der Europäischen Investitionsbank bekommt. – Vorher das Lob, und dann, wenn er etwas wird, Gegenstand einer Dringlichen Anfrage! (Abg. Dr. Graf: Die ÖVP hat ihn gelobt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genauso geht es in Ihrer Liste weiter. Um die Liste durchzugehen: Wenn Sie darin zum Beispiel anführen, daß Kollege Schwimmer es geschafft hat, Generalsekretär des Europarates zu werden, muß ich sagen: Es müßte eigentlich eine Freude für die Mitglieder des Hohen Hauses sein, daß ein Österreicher auf Basis des demokratischen Votums von frei gewählten Abgeordneten der 40 Mitgliedstaaten des Europarates gewählt wird. Das kann doch nicht Ausdruck eines Postenschachers sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Aber ihr habt ihn nicht gewählt!)

Es war ein geheimes Wahlrecht, Herr Kollege Khol. Sie werden nicht wissen, welcher einzelne Abgeordnete wie abgestimmt hat. (Abg. Dr. Khol: Schieder hat über ihn im "Standard" vom Vortag gesagt, daß er "ungeeignet" ist! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie sich die Praktiken in entwickelten Marktwirtschaften ansehen, müssen Sie doch eines ganz klar sehen: In den Vereinigten Staaten von Amerika – aufgrund ihrer Produktivität mit Recht eine sehr gepriesene Marktwirtschaft mit verschiedenen sozialen Schattenseiten – steht es völlig auf der Tagesordnung, daß es ein offenes System zwischen Wirtschaft und Politik gibt und daß Menschen aus der Wirtschaft in die Politik gehen. Wenn Menschen dann sozusagen aus der Politik wieder aussteigen ... (Abg. Ing. Langthaler: Aber mit Hearings!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Langthaler! Nennen Sie mir nur einen einzigen amerikanischen Politiker, der nach seiner Zeit im Senat, im Repräsentantenhaus oder in der amerikanischen Regierung nicht nahtlos in ein amerikanisches Wirtschaftsunternehmen übergetreten ist, weil es dort völlige Flexibilität gibt! (Abg. Ing. Langthaler: Nicht in ein staatliches! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: ... für Rot und Schwarz!)

Diese Flexibilität wird es in Zukunft auch in Österreich in einem stärkeren Ausmaß geben und geben müssen. Es ist doch völlig klar, daß, je kürzer die Abgeordneten im Hohen Haus anwesend sind – und heute sind die Abgeordneten meist nicht mehr 20 Jahre lang hier, sondern, wie Kollegin Langthaler, vielleicht nur acht oder neun Jahre –, viele Abgeordnete nach ihrer Tätigkeit im Hohen Haus versuchen werden, weiterhin beruflich erfolgreich zu sein. (Abg. Dr. Graf: So wie Bangemann!)

Ich frage Sie alle: Halten Sie sich insgesamt für so unfähig, daß Sie glauben, daß Sie nach Ihrer parlamentarischen Tätigkeit für keine wirtschaftliche Position in diesem Land mehr geeignet sind, meine sehr verehrten Damen und Herren? Wo ist Ihr parlamentarisches Selbstbewußtsein? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Warum haben Sie Bangemann nicht zitiert? – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß es in einem Land, in dem es mehr als 1 Million Menschen gibt, die in irgendeiner der fünf parlamentarischen Parteien Mitglieder sind, auch vorkommen kann, daß diese mehr als 1 Million Mitglieder von österreichischen Parteien, bei rund 3,3 Millionen Beschäftigten in unserem Lande, irgendwann auch einer Beschäftigung nachgehen und es nicht akzeptieren können, daß ein Drittel der erwerbsfähigen Bevölkerung, nur weil sie Mitglieder von Parteien sind, von jeglicher Beschäftigung in diesem Land ausge-schlossen werden sollen, ist auch ein demokratiepolitisches Problem. (Abg. Ing. Langthaler: Immer von zwei Parteien?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Welches Signal wird denn gesetzt, wenn jeder, der ein Parteibuch hat, keine Funktion im wirtschaftlichen Bereich in diesem Land mehr erhalten soll? – Das heißt doch in Wirklichkeit, daß man die Leute von der politischen Beteiligung weg-bekommen will. Und das ist gegen die Demokratie! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Leute ... (Abg. Dr. Graf: Sie und Ihre Kollegen brauchen die Parteibücher ...!) Auch die Lautstärke macht die Argumente nicht besser! (Abg. Mag. Peter: Warum schreien Sie so?) Da Herr Kollege Krüger in diesem Zusammenhang hier von Dingen wie "politischer Geldwäsche" und so weiter spricht, möchte ich ihm folgendes sagen: Herr Kollege Krüger, von einem Anwalt sollte man eigentlich erwarten können, daß er weiß, mit welchen Kategorien er operiert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger.) Ich gehe davon aus, daß Sie sich offensichtlich dessen nicht bewußt sind, was "politische Geldwäsche" heißt und bedeutet.

Im übrigen sage ich Ihnen: In der ganzen "Euroteam"-Causa ist völlig klar, daß jetzt der Rechnungshof und der Staatsanwalt am Wort sind. Alle Verfahren sind eingeleitet. Falls es irgend etwas gegeben hat, was da nicht in Ordnung war, wird auf Basis dieser Berichte die Konsequenz gezogen werden. Das ist völlig klar, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Einigermaßen sonderbar finde ich aber schon, daß sich die Kollegen von der "F" als die großen Verteidiger der zukunftsorientierten Wohnpolitik aufführen, gerade nach dem Desaster, das das "Freie Wohnen" in Niederösterreich geliefert hat. (Ruf bei den Freiheitlichen: Jetzt kommt wieder der Rosenstingl!) Nachdem aus ihren Reihen der Kollege Rosenstingl, der Drahtzieher eines der größten Wirtschaftsverbrechen in der Geschichte der Zweiten Republik, gekommen ist (Abg. Haigermoser: "Konsum"!), die Chuzpe zu haben, sich hier herauszustellen und auf erfolgreiche Verwaltung öffentlicher Mittel verweisen zu wollen, das finde ich unerhört, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: ... Beteiligung am Proporz!)

Ich gebe Kollegen Grollitsch einen freundschaftlichen Rat, wenn er ein Ehrenmann ist – er ist offensichtlich einer falschen Information aufgesessen –: Auf Basis der Information, die ihm der Bundeskanzler gegeben hat, würde es ihm gut anstehen, sich hier von diesem Pult aus beim Herrn Bundeskanzler zu entschuldigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Wieso beim Herrn Bundeskanzler? Wenn schon, dann bei Jan Klima!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zwei abschließende Bemerkungen: Wenn Sie glauben, daß Kollegin Hostasch eine "Abschußkandidatin" ist, täuschen Sie sich. Kollegin Hostasch ist die Spitzenkandidatin der Wiener Sozialdemokraten für die kommende Nationalratswahl. (Beifall bei der SPÖ.) Sie ist dies nicht wegen irgendwelcher Gefälligkeiten (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer), sondern deswegen, weil sie die verantwortliche Ministerin dafür ist, daß wir die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt geschafft haben und daß wir eine der niedrigsten Arbeitslosenraten in ganz Europa haben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie, Herr Kollege Krüger, in diesem Zusammenhang den Namen "Klima" in den Mund genommen und gesagt haben, was der Name "Klima" bedeutet, möchte ich Ihnen sagen, daß ich für Sie einen besseren Formulierungsvorschlag gehabt hätte. Er lautet: Der ältere Klima, nämlich der Viktor, ist ein erfolgreicher Bundeskanzler, sein Sohn Jan ein erfolgreiches österreichisches Talent in einem internationalen Konzern. Der Name "Klima" bürgt für Qualität! (Beifall bei der SPÖ.)

16.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.13

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Wenn man sich die heutigen Zeitungen ansieht, dann findet man Schlagzeilen vor wie die folgende: "Die unerträgliche Präpotenz der Macht" – "Salzburger Nachrichten"; "Präpotenz" – "Oberösterreichische Nachrichten"; "Wie lange noch?" – "Kleine Zeitung"; "Lauschangriff im Nationalrat" oder "Euroteam setzt nun auch Abgeordnete unter Druck".

Das sind Schlagzeilen des heutigen und des gestrigen Tages. Das widerspiegelt auch das Klima, nämlich das Klima der Diskussion um "Euroteam" (Abg. Gaugg: Das Klima der Koalition!), um die ganze Arbeitsmarktproblematik und selbstverständlich auch – Herr Bundeskanzler, das muß ich betonen – einer Diskussion um Ihre Person, da Sie zu wichtigen Diskussionen hier im Parlament nicht erschienen sind. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber ihr habt ja letztes Mal ...! – Abg. Gaugg: Das ist ja lächerlich! Er jammert! Wir haben einen Antrag gestellt! – Ironische Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir haben in den letzten Wochen und Tagen sehr viele Fragen aufgeworfen, Herr Abgeordneter Scheibner. (Abg. Scheibner: Ihr seid genauso umgefallen!) Wir verhehlen nicht, daß wir für die Lehrlingsoffensiven sind, weil jeder Lehrplatz, der kein Lehrplatz ist, einen Arbeitslosen zuviel bedeutet. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ihr von der ÖVP aufführt, ist eine lächerliche Vorstellung!) Wir kritisieren hier nur die Art und Weise, wie mit Geldern betreffend Lehrlingsoffensive umgegangen wurde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Lächerlich!) Sie waren ja nicht im Unterausschuß. (Abg. Gaugg: Aber ich war genauso dort!)

Ich möchte betonen, daß der Unterausschuß seine Aufgabe voll erfüllt hat, nämlich mit der Feststellung, daß es zu einigen Unzulänglichkeiten gekommen ist. (Abg. Gaugg: Parteifinanzierung war der Vorwurf!) Das ist eine ganz wichtige Feststellung, die auch seitens der SPÖ-Mandatare mitgetragen wird. Es wird im Zusammenhang mit der "Euroteam"-Gruppe ... (Abg. Gaugg: Du hast behauptet, es gebe Parteifinanzierung!) Herr Kollege Gaugg, hören Sie zu! (Abg. Gaugg: Leg es auf den Tisch, wenn du Parteifinanzierung vorwirfst!) Es werden konkret folgende Kritikpunkte angesprochen, Herr Bundeskanzler, nämlich Kritik an der Art und Weise der Vergabe von Werkverträgen im Zusammenhang mit der Lehrlingsinitiative. Da müssen Sie auch zugeben, daß Fehler passiert sind. (Abg. Gaugg: Wo?)

Es wird auch das Naheverhältnis der "Euroteam"-Gruppe zu einer politischen Partei und zu Mitarbeitern im Bundeskanzleramt und im Sozialministerium kritisiert. (Abg. Scheibner: Zu welcher Partei?) Zur SPÖ. Es ist eindeutig bewiesen worden – und das wurde auch mit den Unterschriften der SPÖ-Abgeordneten bezeugt –, daß es da ein Beziehungsgeflecht gegeben hat, nämlich "Euroteam" in diesem Bereich: einerseits Personen, die der SPÖ nahestehen und die in Ministerien sehr wohl ein gewichtiges Wort als Auftraggeber haben – und auf der anderen Seite als Auftragnehmer.

Es ist daher zu einem unzulässigen Startvorteil für die "Euroteam"-Gruppe gekommen. Diese politische Wertung finden Sie in diesem Bericht. Daher hat der Unterausschuß des Rechnungshofausschusses volle Arbeit geleistet. Am Wort sind jetzt die Gerichte und der Rechnungshofausschuß. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas ist heute bereits betont worden, und das muß man aufzeigen. Ich gebe Ihnen recht, Herr Bundeskanzler, man sollte jetzt nicht auf Jan Klima losgehen. Das wäre mir auch nicht recht, und ich würde das ebenso verteidigen. (Abg. Leikam: Vor zwei Tagen habe ich etwas anderes gehört!) Aber es geht gar nicht um Jan Klima. Ich glaube ihm auch, daß er nicht gewußt hat, daß er Rechnungshofprüfer bei "Euroteam Vienna", bei "Euroteam Burgenland" war.

Aber es geht um das System, Herr Bundeskanzler, und Sie haben dafür die Verantwortung! Wie kann es dazu kommen, daß ein Verein, eine Firmengruppe Personen als Funktionäre beschäftigt oder im Vereinsregister aufscheinen läßt und diese Personen aber gar nichts davon wissen? – Und das über Jahre, nämlich über vier Jahre hinweg, wobei 47 Millionen Schilling an Steuergeldern geflossen sind! Das ist aufklärungsbedürftig. (Abg. Dr. Graf: Wie bei Habsburg!) Dazu haben Sie keine Stellungnahme abgegeben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte im besonderen auf Herrn Gerald Gerstbauer eingehen. Er hat mir, nachdem ich hier heraußen seine Funktionen dargelegt habe, über seinen Rechtsanwalt die Nachricht zukommen lassen, daß er mich klagen wird, wenn ich noch einmal etwas sage. Herr Bundeskanzler! Ich meine – und da spreche ich nicht für mich allein, sondern für alle Abgeordneten in diesem Hause –, wir dürfen uns hier im Hohen Hause nicht mundtot machen lassen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: ... "F" in Kärnten! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es sind noch sehr viele Dinge aufzuklären. Gerade Herr Gerald Gerstbauer war, so höre ich, maßgebend an der Fachhochschule "BFI Euroteam" in Wien-Floridsdorf beteiligt. Dort gibt es den Studienlehrgang "Bank und Finanzwirtschaft" – Herr Bundeskanzler, wußten Sie das? –, den es vorher in Salzburg gab. Dieser Studienlehrgang ist in Salzburg gescheitert. Es stellt sich die Frage, warum er in Wien – mit Steuermitteln! – genehmigt wurde. Das muß man eindeutig klären. (Abg. Gaugg: Im Unterausschuß wäre das besser gewesen, oder?!) Ich hoffe, Sie werden heute noch eine Stellungnahme dazu abgeben.

Oder – ich spreche Sie jetzt als SPÖ-Vorsitzenden an – wußten Sie, daß es in der Praterstraße – Nummer 70 – ein Haus gibt, in dem sich "Euroteam" eingenistet hat? – Das Haus Praterstraße Nummer 70 gehört angeblich der Gemeinde Wien.

Dieses Haus wurde, wie ich höre – und das muß man auch offen sagen – der Firma "Euroteam" unentgeltlich zur Verfügung gestellt. (Rufe bei der ÖVP: Oh!) Was ist da gelaufen? Das ist höchst aufklärungsbedürftig! (Abg. Gaugg: Das wird für einen Untersuchungsausschuß eine interessante Frage!) Auch zu diesen Fragen sollten Sie Stellung nehmen, dazu müssen auch der Rechnungshof und die Gerichte, wenn sie das untersuchen, Stellung nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber es geht gar nicht um Herrn Gerstbauer als Person – ich kenne ihn gar nicht –, sondern es geht darum, Herr Bundeskanzler, daß Herr Gerstbauer als politischer Sekretär sehr wohl Einfluß hat. Was ist denn bitte ein politischer Sekretär in einem Ministerium? (Abg. Dr. Fekter: Ministersekretär!) Er ist ein Ministersekretär! Er ist eine Vertrauensperson, ein Koordinator. (Abg. Dr. Fekter: Übt Druck auf Abgeordnete aus!) Er versucht, verschiedene Arbeiten vorzuerledigen. Das heißt, er hat eine wichtige Rolle!

Wenn nun Frau Ministerin Hostasch meint, sie habe von all dem nichts gewußt, dann fragt man sich natürlich, ob sie ihre politische Aufgabe auch entsprechend wahrgenommen hat. Und wenn Herr Gerstbauer auf der einen Seite Auftraggeber ist – denn vom Ministerium werden die Mittel vergeben –, und auf der anderen Seite innerhalb des "Euroteam"-Geflechtes Auftragnehmer, so gehört das auch untersucht! Wir haben größtes Interesse daran, daß diese Sachen schnellstens aufgeklärt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt aber zu einer Delikatesse. Nachdem Herr Stuhlpfarrer mir hier sogar ins Wort gefallen ist, habe ich Herrn Präsidenten Fischer mehrere Anfragen geschickt, die – danke schön, Herr Präsident! – schnellstens beantwortet wurden. So ist es etwa sehr interessant, zu erfahren, daß Herr Stuhlpfarrer dadurch ins Haus gelangen konnte, daß er sich auf Herrn Abgeordneten Gusenbauer berufen hat. (Rufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen: Da schau her! Rein "zufällig"!)

Herr Abgeordneter Gusenbauer – er ist gar nicht mehr da –, es wäre Ihre Aufgabe gewesen, hier herauszugehen und nicht ein Plädoyer für sich zu halten, sondern aufzuklären (Abg. Dr. Nowotny: Was soll er dagegen tun?), wie Herr Stuhlpfarrer überhaupt darauf kommen konnte, unter Berufung auf Kollegen Gusenbauer hier hereinzukommen! Jeder Abgeordnete weiß (Abg. Schieder: Seid froh, daß er nicht "Steindl" gesagt hat!), daß ihn nur dann jemand hier im Hause besuchen kann, wenn er sich für ihn verbürgt und das auch unterschreibt. (Abg. Silhavy – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Abgeordneter Gusenbauer hat das sofort klargestellt!) Ich frage nun: Wer hat unterschrieben, daß Herr Stuhlpfarrer hereinkommen kann? (Abg. Kiermaier – ein Schriftstück auf das Rednerpult legend –: Da, lesen Sie vor, was da steht!) All diese Dinge müssen aufgeklärt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Präsident! Es gibt sehr viele Fragen in diesem Zusammenhang. Interessant ist nur, daß der Lehrlingsbeauftragte des Bundeskanzlers, jemand, der sehr viele Fördergelder kassiert hat (Abg. Dr. Nowotny: Jetzt haben Sie schon wieder die Unwahrheit gesagt!), im Parlament ein Hausverbot für sechs Monate bekommen hat. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die ganze Situation. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Graf: Da werden wir aber genau schauen, ob es eine tatsächliche Berichtigung ist!)

16.23

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Abgeordneter Steindl hat behauptet, Herr Stuhlpfarrer wäre auf Basis meiner Genehmigung hier ins Hohe Haus gekommen. (Abg. Kiss: Das hat der Präsident des Nationalrates geschrieben!) – Das ist nicht richtig! (Abg. Dr. Graf: Das hat er auch nicht behauptet! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Wahr ist vielmehr, daß – wie ich heute früh in einer Presseaussendung klargestellt habe – Herr Stuhlpfarrer hier ins Haus gekommen ist (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ja ungeheuerlich! – Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), sich auf mich berufen hat, ohne jemals bei mir beziehungsweise bei meinem Büro um einen Termin angesucht oder einen solchen gar erhalten zu haben, und mich während seiner gesamten Anwesenheit hier im Hohen Hause nicht kontaktiert, nicht getroffen hat. (Abg. Gaugg: Ah, Sie kennen ihn gar nicht!) Ich habe Herrn Stuhlpfarrer erst gesehen, als er oben auf der Galerie gesessen hat, und er hat das Haus verlassen, ohne auch nur ein einziges Mal mit mir Kontakt gehabt zu haben.

Die Frage, die ich mir nun stelle – und sie gilt für alle Abgeordneten im gleichen Maße –, ist (Abg. Jung: Ist das eine tatsächliche Berichtigung?): Wie ist es möglich, daß jemand hier ins Haus kommt ...

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gusenbauer! In einer tatsächlichen Berichtigung kann man keine Fragen stellen! (Zwischenrufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, es wird immer verlangt, man solle die Abgeordneten verteidigen. Ich möchte daher folgendes sagen: Lesen Sie den Text der Anfrage, und lesen Sie den Text der Anfragebeantwortung. Darin ist der Sachverhalt nach bestem Wissen und Gewissen dargestellt – einschließlich der Tatsache, daß sich dieser Herr Stuhlpfarrer auf Herrn Abgeordneten Dr. Gusenbauer berufen hat, ohne daß Kollege Gusenbauer in irgendeinem Kontakt mit ihm gestanden ist. (Abg. Scheibner: Aber wie kann er dann hereinkommen? Das muß doch geklärt werden!)

Ich muß fairerweise dazusagen, daß es, hätte er gesagt, er gehe Herrn Dr. Fischer besuchen, mir genauso gegangen wäre wie Dr. Gusenbauer. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das bin ich, glaube ich, den Mitgliedern dieses Hauses schuldig. (Abg. Dr. Gusenbauer steht weiterhin beim Rednerpult.) – Die tatsächliche Berichtigung ist beendet, Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Bei uns wird rückgefragt!)

16.26

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mächtige klonen sich gerne, momentan aber streiten die Mächtigen gerade. Es ist wohl überhaupt in der Politik und zu allen Zeiten der Geschichte so, daß Mächtige immer versucht haben beziehungsweise versuchen, sich zu klonen, sich durch Vergabe von Positionen zu vermehren.

Was ist der Unterschied zur Republik Österreich? – Offensichtlich der Umstand, daß die Mächtigen hier schon zu lange an der Macht sind! Das heißt, daß sich die Macht perpetuiert hat, daß Oberösterreich schwarz und Wien rot ist, und daß der Bundeskanzler seit fast 30 Jahren von den Sozialdemokraten gestellt wird. (Abg. Dr. Antoni: Gott sei Dank!)

Die Verteidigungsreden des Herrn Bundeskanzlers und die Erklärungen des Herrn Gusenbauer, die wir heute hören konnten, strafen doch all jene Leute Lügen, die in vielen, vielen Kommentaren festgestellt haben, daß Österreich offensichtlich das am ärgsten von Parteipolitik durchsetzte Land Europas ist. Oder haben alle anderen unrecht, etwa die vom Internationalen Währungsfonds, die harsche Kritik am österreichischen Finanzsektor üben und Staats- und Parteieinfluß in den Kreditinstituten orten? Es gebe stillschweigende Übereinkommen, allein durch die Reichweite der Einflußsphären der politischen Parteien werde illustriert, daß große Teile der Bankenlandschaft in rote und schwarze Institute aufgeteilt sind, kritisiert der Internationale Währungsfonds. Ist das alles nicht wahr? Ist das alles ein Zufall?

Herr Gusenbauer hat heute wortreich versucht, das alles wegzureden. – Das Gesetz werden Sie auch noch brechen, Herr Gusenbauer von den Sozialdemokraten! (Abg. Dr. Niederwieser: Wieso denn?) Sie haben gesagt, es passiere alles auf rechtsstaatlicher Grundlage, und es wäre bisher erfolgreich gewesen. – Ja, aber erfolgreich in Ihrem Sinne, und die rechtsstaatliche Grundlage werden Sie hoffentlich doch einhalten!

Aber worum geht es wirklich in Österreich? – Die Parteien, nämlich ÖVP und SPÖ, haben sich schon lange aus ihrer dienenden Rolle in eine herrschende Rolle begeben. Teile des Landes gehören ihnen. Die Wirtschaftskammer gehört den Schwarzen, die Arbeiterkammer gehört den Roten, diese Wohnbaugesellschaft gehört den Schwarzen, jene gehört den Roten, dieses Bundesland gehört den Schwarzen und jenes den Roten, und so weiter und so fort! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und die Ministerien! – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und Probleme bekommen Sie dann, meine Damen und Herren, wenn sich irgendwo auf einmal die Machtverhältnisse ändern. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Silhavy: Haben Sie ein Problem damit, Wahlen zu akzeptieren?) Nein, ich habe kein Problem damit, Wahlen zu akzeptieren, Frau Kollegin. (Abg. Silhavy: Tatsächlich?) Ich habe aber ein großes Problem mit der Präpotenz der Macht, durch die vergessen wird, daß Parteien eine dienende und keine herrschende Rolle haben, und daß bei Besetzung von Positionen das Kriterium nicht das Parteibuch, sondern der Mensch ist, der dahinter steht. (Abg. Reitsamer: Nur weil er ein Parteibuch hat, ist er weniger wert?) Wissen Sie, es widerspricht nämlich meiner Auffassung nach sogar den Menschenrechten, Positionen danach zu besetzen, ob jemand "rot" oder "schwarz" ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Gusenbauer hat uns wissen lassen, daß es in Österreich immer noch weit über 1 Million Parteimitglieder gibt. Das hat schon seinen Grund, denn die meisten der 3,3 Millionen unselbständig Beschäftigten wissen, daß sie, wollen sie im öffentlichen oder halböffentlichen Bereich etwas erreichen, halt das Parteibuch brauchen, sonst ist ihre Karriere gleich doppelt so schwierig. (Abg. Koppler: Schnee von gestern!) Das ist ja eigentlich nichts anderes als der Beweis dafür! Wissen Sie, Herr Koppler, daß es in diesem kleinen Österreich gleich viele Parteimitglieder gibt wie in der großen Bundesrepublik Deutschland? (Abg. Silhavy: Gibt es bei Ihnen eine Parteimitgliedschaft?) – Liebe Frau Kollegin! Parteimitgliedschaft halte ich für etwas ganz Ausgezeichnetes (Abg. Dr. Mertel: Sie sind doch keine Partei!), weil das Menschen sind, die sich der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, die bereit sind, ihrem Land zu dienen. (Abg. Reitsamer: Ja!)

Wenn aber die Parteimit... (Abg. Schieder: Sie haben darin ja schon mehrfach Erfahrung!) Richtig! Und wenn die Parteimitgliedschaft ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Reitsamer.) Wenn aber, liebe Frau Reitsamer, die Parteimitgliedschaft der Schlüssel zur Karriere oder dazu wird, eine Wohnung zu bekommen, wenn dadurch dort oder da für einen interveniert wird, wenn offensichtlich ein Drittel der Unselbständigen in Österreich – über 1 Million Menschen! – Parteimitglieder sind, so ist die Präpotenz der Macht offensichtlich. Spätestens dann stellt sich die Frage, wie lange Österreich in diesem Zustand verharren will.

Ausschreibungen in der Wirtschaft werden zur Farce! – Aber natürlich, sie sind ganz gesetzlich abgelaufen, und es sind auch gute Persönlichkeiten herausgekommen. Herr Bundeskanzler, ich stehe nicht an, zu sagen, daß ein Herr Dr. Ditz und ein Herr Dr. Streicher ohne Zweifel zwei Persönlichkeiten des österreichischen Wirtschaftslebens sind, die Fähigkeiten haben. (Abg. Reitsamer: Warum wollen Sie die dann ausschließen?) – Ja merken Sie denn nicht, daß sich unter den Bedingungen, unter denen Sie Ausschreibungen machen, überhaupt kein anderer mehr bewirbt, da schon drei Monate vorher feststeht, wer es werden wird?! (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Die Parteibuchwirtschaft ist meiner Ansicht nach nichts anderes als Kleinkorruption, also für ganz kleine Vorteile! Man sagt: Wie können wir es uns denn richten? Wie können wir uns denn in der Macht weiter klonen? – Die Parteibuchwirtschaft ruiniert zudem nachhaltig den Ruf der Politik und führt tendenziell zu suboptimalen Entscheidungen bei der Besetzung von Stellen, weil nicht die Fachkriterien der Personen im Vordergrund stehen. Das weiß Frau Dr. Mertel, das weiß auch Dr. Khol, und die Roten und Schwarzen wissen das selbstverständlich, weil nicht die Frage der Qualifikation im Vordergrund steht – obwohl sie schon auch mit gilt –, sondern immer nur die Frage: Wo gehört denn da einer hin? – Ein Roter, ein Schwarzer – ein Schwarzer, ein Roter! Irgendwann einmal sollten Sie sich bei aller parteipolitischen Macht fragen, ob Sie damit dem Land nicht einen Bärendienst erweisen.

Nun zur Frage "Euroteam". Dies ist eine wohl in höchstem Maße unappetitliche Geschichte. Daß Staatsanwalt und Rechnungshof eingeschalten sind, halte ich für wirklich gut und wichtig. Daß eine Causa "Euroteam" nur dort entstehen kann, wo der vorauseilende Gehorsam, wie wir ihn in vielen Bereichen in diesem Land erleben, wo die parteipolitische Bindung und das Wort, der Name die Tür öffnet, das wissen wir auch. Ich hoffe, daß der Rechnungshof und der Staatsanwalt sehr bald und sehr rasch sagen werden, was in dieser Sache richtig oder falsch ist.

Abschließend: Herr Bundeskanzler! Daß Sie sich dagegen verwahren, daß man Ihren Sohn in die ganze Sache hineinzieht, dem stimme ich zu. Und wir Liberalen werden das auch nicht tun. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte.

16.32

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben heute gesagt, Sie freuen sich, Stellung zu nehmen. – Vorgestern, anläßlich der Dringlichen Anfrage der Grünen zur Causa "Euroteam", haben Sie sich leider nicht gefreut, Stellung zu nehmen. Das ist schade!

Herr Bundeskanzler! Es ist zwar schön und gut, daß Sie uns heute eine zehnminütige Vorlesung über den Lehrstellenmarkt und die Jugendarbeitslosigkeit gehalten haben, aber das Thema der Dringlichen am Dienstag war weder die Jugendarbeitslosigkeit noch der Lehrstellenmarkt, sondern das Thema waren die Machenschaften des Vereins "Euroteam" und seines Firmengeflechts, eines Vereins, der nach allem, was ich sagen kann, den Namen "Klima" benutzt und mißbraucht hat – benutzt und mißbraucht, ohne daß Sie das so zu stören scheint, wie man es erwarten müßte, nämlich nicht im Verhältnis zur Oppositionspartei FPÖ oder im Verhältnis zu den Oppositionsparteien Grüne und Liberale, sondern im Verhältnis zum Verein "Euroteam" und dessen Firmen.

Ich möchte aber die Diskussion vom Dienstag heute nicht wiederholen. Wenn Sie damals schon keine Zeit gehabt haben, zu kommen, werden Sie jetzt vielleicht die Zeit haben, das Protokoll der Debatte vom Dienstag durchzulesen. Ich kann mich jedenfalls nur darüber wundern und fragen, welche Ihre Gründe sein mögen, sich gegenüber der Firma "Euroteam" in dieser Weise zurückzuhalten, einer Firma, die nachweislich – das kann man wohl heute schon sagen: nachweislich! – das Urheberrecht mißachtet und geistiges Eigentum gestohlen hat. Sie brauchen nur die letzte Seite der abweichenden Stellungnahme des Kollegen Öllinger zu lesen. (Abg. Ing. Langthaler: Ich glaube, der Bundeskanzler liest gerade das Protokoll vom Dienstag! – Ruf bei der ÖVP: Besser jetzt als nie!) Besser jetzt als nie! (Bundeskanzler Mag. Klima: Danke für den Tip!)

Das heutige Thema der Dringlichen lautet: "Proporz und Postenschacher feiern fröhliche Urständ". Das Wort "fröhlich" ist sicherlich sarkastisch gemeint, denn fröhlich können diesbezüglich nur SPÖ und ÖVP sein. Ich möchte nun anhand von einem oder zwei Beispielen auf einen bestimmten Bereich eingehen, und zwar auf eines meiner gerne gewählten Beispiele, nämlich die Oesterreichische Nationalbank beziehungsweise deren Funktionäre.

Meine Damen und Herren! Die Bestellung der Funktionäre der Notenbank wird durch das Notenbankgesetz geregelt, das glaubt sicherlich zumindest ein Student des Verfassungsrechts aus dem fernen Südostasien, wenn er nach Österreich kommt und hier studiert.

Die Wirklichkeit schaut so aus – ich zitiere –:

"Vereinbarung:

1. Es besteht Einvernehmen, zum Präsidenten der Nationalbank" Herrn XY "zu ernennen. Das Vorschlagsrecht für den 1. Vizepräsidenten hat jene große Fraktion, die nicht den Präsidenten stellt.

2. Das Vorschlagsrecht der beiden großen Fraktionen zur Sicherung der Parität im Generalrat und Direktorium gilt weiterhin als vereinbart. Dies impliziert ein Vorschlagsrecht bis jeweils zur Hälfte der existierenden Funktionen in beiden Gremien.

3. Es gilt als vereinbart, daß das Vorschlagsrecht für den Generaldirektor jener großen Fraktion zugebilligt wird, die nicht den Präsidenten stellt. Das Vorschlagsrecht für den stellvertretenden Generaldirektor hat jene große Fraktion, die den Präsidenten nominiert.

Es wird vereinbart, daß keine der beiden großen Fraktionen die jeweils andere im Generalrat, im Direktorium oder im Exekutivkomitee majorisiert. Dies heißt auch, daß vom Dirimierungsrecht kein Gebrauch gemacht wird." – Zitatende. Es ist schön, wenn das auch einmal im Stenographischen Protokoll steht, denke ich.

Falls Sie rätseln, wer mit den "beiden großen Fraktionen" gemeint sein könnte: Das sind SPÖ und ÖVP! Unterschrieben wurde diese Vereinbarung von den beiden Parteivorsitzenden Vranitzky und Mock, und zwar am 12. Juli 1988, "bestätigt ,in allen Punkten‘" – lese ich hier – 1990 von Nationalbankpräsidentin Maria Schaumayer. Im übrigen stammt dieses Dokument aus der "Presse" vom 8. September 1993. – Das ist die Wirklichkeit.

Ich habe vor genau zwei Jahren eine Serie von Anfragen an den Bundeskanzler, den Vizekanzler und an den Finanzminister gerichtet, ob ihnen diese Vereinbarung, die auf dem sogenannten Honolulu-Abkommen beruht, bekannt ist, ob das immer noch gültig ist und wie sie dazu stehen. Und ich habe natürlich die erwartete Antwort darauf bekommen, nämlich sinngemäß: Geh dich brausen, Kollege, denn erstens sind wir nicht zuständig, zweitens ist die Angelegenheit, nach der du fragst, keine der Vollziehung und drittens kennen wir das Ganze nicht!

Diese Anfragebeantwortung hat mich ein bißchen gekränkt, denn eines hasse ich wie die Pest – das können Sie mir glauben –, nämlich wenn man mich für blöd hält (Abg. Dr. Fekter: Das tut niemand, Herr Professor!) oder verkaufen will. – Es ist sehr freundlich von Ihnen, Kollegin Fekter, wenn Sie das sagen, aber diese Art der Anfragebeantwortung ließ mich doch auf etwas anderes schließen. (Abg. Ing. Langthaler: Die verkaufen uns nur für blöd!)

Der Proporz – darauf hat Kollege Peter, glaube ich, schon sinngemäß hingewiesen – hat einige fähige und einige unfähige Leute an die entsprechenden Stellen in der Verwaltung und vor allem in staatsnahen Unternehmungen befördert. Zu den fähigen Leuten zähle ich zum Beispiel Gertrude Gugerell in der Nationalbank von den Roten oder Johannes Ditz in seinen verschiedenen Funktionen bei den Schwarzen.

Darum geht es aber nicht, sondern es geht darum, daß zum Beispiel mein Kollege Georg Winckler, Professor der Volkswirtschaftslehre, Spezialist für Banken und Währung, als er sich vor zwei Jahren für das Direktorium der Nationalbank beworben hat, "natürlich" keine Chance hatte. Warum hatte er keine Chance? – Kein Mensch hat seine Qualifikation bezweifelt – das wäre auch schwer möglich gewesen –, aber er war parteipolitisch schwer zuordenbar. Deswegen hatte er keine Chance! (Abg. Scheibner: Das ist ganz gefährlich!)

Und wenn sich etwa der allenfalls ausscheidende Abgeordnete Van der Bellen um – sagen wir – den dritten Goldbarrenzählerposten in der Nationalbank bewerben würde (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie hätten keine Chance!), hätte er keine Chance, weil er parteipolitisch zuordenbar ist – nur leider der falschen. Es gibt eben nach wie vor Institutionen im öffentlichen und staatsnahen Bereich, in denen Rot und Schwarz von der Spitze bis zum Portier alle Posten ausbalanciert haben. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie hier das Gegenteil behaupten – so deutlich hat es ja Gott sei Dank noch keiner gemacht! –, dann würden Sie mich wieder kränken, denn dann würden Sie mich für blöd verkaufen wollen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Bundeskanzler, das müssen Sie doch wissen!) Jeder weiß, daß das so ist: Es gibt eben in Österreich noch diese Reste des Feudalstaates – so muß man das wohl nennen – oder eine Neugeburt des Feudalstaates, in dem die Spitzen von SPÖ und ÖVP glauben, ihren Gefolgsleuten bestimmte Lehen auf Zeit zuteilen zu können. Und genau das ist das Verheerende des Proporzes, nicht daß da jedesmal irgendein Unfähiger sozusagen ans Ruder kommt.

Bis heute verstehen die Sozialdemokraten und die Volkspartei die Wut der Oppositionsparteien und des nicht rot-schwarzen Teiles der Bevölkerung über diese Art der Personalpolitik nicht!

Der von mir sehr geschätzte Finanzminister Edlinger sagte hier im Nationalrat vor zwei Jahren: Ihr Vorwurf – und so weiter –, es habe möglicherweise eine parteipolitische Postenbesetzung in der Nationalbank stattgefunden, wäre nur dann zutreffend, wenn es sich um Persönlichkeiten handelte, die der Aufgabe nicht gewachsen sein könnten. – Ein Blödsinn! Diese Logik ist verquer.

Es geht nicht darum, daß die Personen, die dann gewählt wurden, ihrer Aufgabe nicht gewachsen sein könnten, sondern es geht darum, daß prinzipiell nur Rote oder Schwarze zum Zug kommen – andere eben nicht. Das ist die Schweinerei! Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! Es geht nicht um den Vorwurf, daß bestimmte Persönlichkeiten unfähig seien.

Auch Kollege Gusenbauer hat heute hier das Thema völlig verfehlt. Was haben die USA mit den österreichischen Verhältnissen zu tun? Dort wechseln die Leute in Firmen der Privatwirtschaft – es kommen auch genug Korruptionsfälle vor; das steht auf einem anderen Blatt. Es geht dort aber nicht darum, daß sie in staatsnahe Unternehmen wechseln, wo die gleichen Parteien, die hier im Hause den Ton angeben, dort dasselbe tun. Das ist doch etwas ganz anderes! (Beifall bei den Grünen.)

Mit der Zeit wird die Feudalisierung Österreichs ein Ende nehmen. ÖVP und SPÖ bestreiten heute, daß es das überhaupt gibt. – Das widerspricht dem Hausverstand, das widerspricht der Erfahrung jedes einzelnen gelernten Österreichers, jeder einzelnen gelernten Österreicherin. Wir alle wissen, daß es das gibt! – Danke. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Traurig! Traurig!)

16.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Van der Bellen, ich nehme an, Sie wollten "Skandal" sagen, als Ihnen irrtümlich das Wort "Schweinerei" herausrutschte. (Zwischenruf des sich auf seinen Platz begebenden Abg. Dr. Van der Bellen.) Okay.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.42

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte dort fortsetzen, wo Professor Van der Bellen seine Ausführungen beendet hat.

Bei uns geht das ja schon weiter, man hat das Spiel der Feudalherrschaften schon verfeinert: Wenn ein Landeshauptmann in Österreich bei einer Elektrizitätsgesellschaft den Parteienproporz ausschließt, droht ihm eine Ministeranklage. – Das ist der einzige Grund, den man in Kärnten gefunden hat, um unabhängige Wirtschaftstreuhänder, Rechtsanwälte und Unternehmer daran zu hindern, im Interesse der Bevölkerung Österreichs endlich mit diesem Parteienproporz aufzuhören! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nur weil Herr Ambrozy nicht als Aufsichtsrat in die KELAG kommt, gibt es eine Ministeranklage. (Zwischenruf des Abg. Leikam.) Sie machen sich mit dieser Maßnahme europaweit lächerlich und bleiben auch übrig, denn sogar die ÖVP ist so weit, daß sie dabei nicht mitmacht. (Abg. Leikam: Lauter blaue Jungs!)

Herr Bundeskanzler, aber jetzt zu Ihnen! Sie sprechen von Beschäftigung – und schaffen Arbeitslosigkeit! Sie sprechen von Lehrlingsbeschäftigung – und begünstigen die Freunderlwirtschaft! – Das ist Ihr Ergebnis von Beschäftigungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Sie wollen Rote heraus, Blaue hinein!)

Heute wurde hier vor Ihrem Erscheinen ein Flugblatt von der Galerie heruntergeworfen. (Der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe.) Darauf ist Ihre Unterschrift. Ich nehme an, es ist die echte Unterschrift; man weiß ja heute nicht mehr, ob gewisse politische Mandatare zu ihren Unterschriften stehen.

Hier fragen die Mitarbeiter von Waagner-Biró, wieviel die Unterschrift eines österreichischen Politikers wert ist. Sie fragen, wieviel Ihre Unterschrift wert ist, weil sie ohne Beschäftigung dastehen, weil Sie ständig und immer wieder damit beschäftigt sind, ihre ehemaligen Parteifreunde in Ihrem Einsatzbereich irgendwo unterzubringen – bis zu Herrn Streicher, den muß man auch noch irgendwo unterbringen. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Oder aus dem Unternehmen, aus dem Sie kommen, aus der OMV: Dort gibt es zwei Vorstandsdirektoren, Schenz und seinen Stellvertreter, beide sind 61 Jahre alt, stellen sich jetzt um einen weiteren Fünfjahresvertrag an, sind aber jene, die in den letzten Jahren Hunderte 45- bis 50jährige Arbeitnehmer auf die Straße gesetzt haben. Da können Sie doch nicht tatenlos zuschauen und so tun, als würde Sie das alles nichts angehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Hätte es nicht klingende Namen bei einem dubiosen Verein wie jenem von Herrn Stuhlpfarrer, bei "Euroteam" also, gegeben, hätte Stuhlpfarrer als Person aufgrund seiner Qualifikation nie im Leben auch nur einen einzigen Förderungsschilling bekommen. Heute haben wir 43 Millionen Schilling zu beklagen – sie sind weg! Es waren jedoch ausschließlich er selbst und sein unmittelbares Umfeld begünstigt; im Hinblick auf Jugendbeschäftigung konnte kein Erfolg erzielt werden.

Es mag schon sein, daß Ihr Sohn, Herr Bundeskanzler, zufällig – vielleicht – oder auf Anfrage ein paar Monate davor gefragt wurde, ob er den Rechnungsprüfer in diesem Verein macht. Es war so. (Bundeskanzler Mag. Klima: Fünf Jahre davor!) – Fünf Jahre davor! Aber das müßte doch einen Aufschrei von Ihnen verursachen. Sie müßten Herrn Stuhlpfarrer und all jene, die da mit dabei sind, einmal zur Verantwortung ziehen. Man kann doch nicht fünf Jahre lang irgendwo Rechnungsprüfer sein und zuschauen, aber letztlich nicht handeln!

Sie hätten gut daran getan, Ihren Abgeordneten hier im Hohen Hause zu empfehlen, der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen! Das wäre viel ehrlicher, viel direkter! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Man könnte in diesen Fragen viel freier agieren. Es ist nicht richtig, zu sagen: Nein, da ziehen wir uns zurück! (Zwischenruf des Abg. Leikam.)

Sie verteidigen noch Herrn Stuhlpfarrer – aus mir völlig unerklärlichen Gründen – und kümmern sich nicht darum! Heute erscheinen Sie bei der Frage des Proporzes und der Freunderlwirtschaft und erklären uns alles zum "Euroteam" und ähnlichem. Wir hatten einen Antrag gestellt, daß Sie in den Unterausschuß kommen mögen, um genau diese Dinge zu klären, aber damals hatten Sie keine Zeit, weil Sie den Zeitungen Interviews geben mußten, und an und für sich haben Sie ja einen Staatssekretär, der diese Aufgaben bestens erledigen kann. – Kann er nicht, denn er ist nicht verwandt mit Ihrem Sohn. Da geht es um Ihre Familie, und da hätte ich mir etwas mehr an persönlichem Einsatz erwartet und vor allem eine rasche Aufklärung! (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima.)

Es ist auch noch so, daß der Auslöser für die Förderungen letztlich Ihr Bundeskanzleramt war. Es mag schon sein, daß die Ausschreibung rechtlich korrekt ist, aber wenn man dann dreimal hintereinander in Summe sehr wohl die Ausschreibungskriterien überschreitet, ist es zumindest moralisch bedenklich und verwerflich. Ich bin überzeugt davon, es hätte viel Licht ins Dunkel kommen können, hätte man die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses zugelassen.

Letztlich ist es im Interesse unserer jugendlichen Beschäftigten, daß das Geld, das zur Verfügung gestellt wird, auch an die richtige Adresse kommt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.47

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Gaugg hat natürlich viel Erfahrung mit Ungereimtheiten. Ich erinnere nur an den vergeblichen Versuch, als der Pressedienst der Freiheitlichen, die "Kärntner Nachrichten", überprüft hätten werden sollen – es waren weit und breit keine Unterlagen mehr vorhanden! (Abg. Leikam: Da hat sich nichts mehr gefunden! Da war alles fort!)

Meine Damen und Herren! Nachdem der Herr Landeshauptmann von Kärnten Haider gestern die Dringliche Anfrage angekündigt hatte, wurde sie auch heute von seiner Fraktion hier herinnen vollzogen. Das ist eine durchsichtige Aktion und total vordergründig.

Man liest mit Erstaunen die Namen, die Sie in Ihrer Dringlichen Anfrage anführen, dieses Sammelsurium an Behauptungen, Bösartigkeiten und Unterstellungen; das sind Bösartigkeiten der besonderen Art. (Abg. Haigermoser: Dann hätte ja der Herr Kanzler das widerlegen können! Warum hat er das nicht ausgeräumt?) Man merkt die Absicht. Ich meine, man sollte bestürzt sein – wenn es nicht so grauslich wäre! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Steindl sagt, daß jetzt der Rechnungshof und die Staatsanwaltschaft am Wort sind. – Dem kann ich mich nur anschließen und sagen: Lassen wir den Rechnungshof und auch die Staatsanwaltschaft diese Angelegenheit überprüfen. (Abg. Dr. Graf: Reden wir nicht darüber! Fünf Jahre ...!) – Wir reden darüber, wir reden auch heute darüber.

Aber ich frage: Wann ist in letzter Zeit von anderen Parteien hier in diesem Hause, wenn Ungereimtheiten aufgebrochen sind, der Antrag an den Rechnungshof gestellt worden, diese Angelegenheit zu überprüfen? Darf ich das den Koalitionspartner fragen? (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler wehrt sich zu Recht – zu Recht! – dagegen, daß sein Sohn mit Unrat beworfen wird und der Name "Klima" benützt wird. Ich kann nur folgendes dazu sagen: Das liegt auf Ihrer Linie, wahrscheinlich auf der germanischen: Sippenhaftung! Nichts anderes als Sippenhaftung machen Sie! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Wer hat denn den Auftrag vergeben an den Stuhlpfarrer?!)

Wenn Herr Steindl hier beklagt, daß er von einem Rechtsanwalt bedroht wird, und sagt, er wolle nicht mundtot gemacht werden, dann schließe ich mich dem an. Wir Abgeordnete dürfen nicht mundtot gemacht werden – auch nicht mit so sinnlosen und lächerlichen Drohungen! (Abg. Scheibner: Der Vorwurf der Sippenhaftung ist auch nicht in Ordnung!) Der Vorsitzende des Immunitätsausschusses Franz Steindl weiß bitte ganz genau, daß er hier herinnen äußern kann, was er will, ohne gefährdet zu sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Herr Kiss das gestern als gefährliche Bedrohung gewertet hat, so war das eine starke Überbewertung. Herr Franz Steindl! Ich glaube, es geht weder um eine gefährliche noch um eine ungefährliche Drohung, auch nicht um die Sache, nicht um Personen, Gerstbauer oder Gusenbauer, sondern es geht einfach um Ihre Profilierungsneurose als Vorsitzender des Immunitätsausschusses. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das ist eine böse Unterstellung gewesen!)

Als Kärntnerin – nach Herrn Gaugg haben Sie sich ja schon an die Mundartklänge gewöhnt – kann ich nur sagen: Nach 100 Tagen FPÖ-Herrschaft in Kärnten sieht man, das ist ein glänzendes Beispiel für Postenschacher und Günstlingswirtschaft. (Abg. Gaugg: Gewesen! Bis März gewesen!) Das beste Beispiel nach wie vor. Das ist ganz stark hervorgebrochen. (Abg. Gaugg: Lesen Sie einmal die Namen der Aufsichtsratsmitglieder der KELAG vor!)

Herr Gaugg! Das, was Sie vorhaben, ist Entdemokratisierung durch sogenannte Entpolitisierung. Das haben Sie vor. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wenn man Herrn Scheibner zuhört, meint man, man hätte eine besondere Art von Persönlichkeitsspaltung vor sich. Er macht uns etwas vor – "Er" groß geschrieben, nämlich Haider. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Dabei wird deutlich, daß die FPÖ und vor allem der Führer, ah, ihr Führer, von einem etwas versteht: von Macht. (Abg. Gaugg: Sie sollten Büttenrednerin werden!) Die FPÖ versteht nichts von der tragenden Rolle politischer Parteien in einer Demokratie. Die Interessen unserer Bevölkerung entstehen ja nicht im luftfreien Raum, formieren sich nicht irgendwo frei schwebend, sondern entstehen innerhalb der bestehenden Strukturen, der organisierten Interessenvertretungen, denen Sie, Herr Gaugg, auch nach wie vor angehören, soviel ich weiß, die Sie selbst allerdings bekämpfen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Das reicht vom einfachen Betriebsrat bis zu den politischen Parteien, und das macht eine fundierte politische Kultur aus, allerdings natürlich nur in einem demokratischen Land.

Wenn es nach den Vorstellungen der FPÖ ginge, dürften kein Mann, keine Frau, die sich einmal politisch engagiert haben – "engagiert" hat man sich nach FPÖ-Sicht sogar schon dann, wenn man nur ein Parteibuch hat; außer es ist eines von Ihren Mitgliedern; das ist natürlich klar –, jemals wieder an einer qualifizierten Stelle im öffentlichen oder privaten Bereich eingesetzt werden. Das sind die "demokratischen" Vorstellungen der FPÖ. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.) – Das bedeutet aus meiner Sicht aber die Vergeudung von Qualifikations- und Aktivitätsressourcen. (Beifall bei der SPÖ.)

In Kärnten finden Sie keine Spur von objektiver und transparenter Auswahl bei Führungskräften. Qualifikationskriterien sind: Sparringpartner des Herrn Haider auf dem Tennisplatz – es ist ganz nützlich, wenn man das ist – und ideologische Nähe zum Herrn "F"-Chef.

Das Strickmuster ist immer das gleiche: Die FPÖ bezichtigt die anderen politischen Parteien in jedem Zusammenhang mit den unsachlichen Anwürfen "Klientel- und Freunderlwirtschaft" – das ist ihr Lieblingswort: "Freunderlwirtschaft". So lange Sie von den Freiheitlichen selbst nichts mitzureden haben, solange behaupten Sie das, aber kaum sind Sie an der Macht, ist Ihnen jedes Mittel recht, um Ihre eigenen Wünsche durchzusetzen – noch dazu kaltblütig und rücksichtslos! (Beifall bei der SPÖ.)

Dort, wo die FPÖ keinen Einflußbereich hat und sich auch keiner aufbauen läßt, heftet sie Entpolitisierung auf ihre Fahnen, macht das zur politischen Lehre und tut so, als wäre sie selbst keine politische Partei, sondern eine "Saubermannbewegung" – alle anderen sind schlecht. Dabei tritt dann erst noch das Faustrecht in Kraft, wie dies kürzlich bei der Kärntner Elektrizitätsgesellschaft der Fall war (Rufe bei den Freiheitlichen: Ambrozy!), bei der Bestellung der Aufsichtsräte der KELAG in Kärnten. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das heißt: alles Experten, sogar wenn sie FPÖ-Günstlinge sind wie Veit Schalle oder Pöschl. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie stehen der FPÖ nahe!

Bei der KELAG haben wir es mit einem glatten Rechtsbruch zu tun, meine Damen und Herren! Es gibt ein Gutachten der Grazer Universität, die das Vorgehen des Herrn Landeshauptmannes Haider als glatten Rechtsbruch bewertet. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir haben Österreich – das können wir Sozialdemokraten mit Stolz sagen – wirtschafts- und sozialpolitisch zu dem gemacht, was es ist: eine Erfolgsstory! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaugg.) Die Freiheitlichen haben dazu nichts beigetragen, nicht das geringste!

Die Freiheitlichen sprechen von einer "Habererpartie" – man kann sich nur darüber wundern, daß Sie diesen Ausdruck verwenden. Denn man kann im Kärnten am eigenen Leib verspüren, daß dort die "Habererpartie" am Werk ist: Das geht von der Kulturpolitik über die Verwaltung bis hin zur Arbeit im Landtag! Da ist Ihnen jedes Mittel recht, Einfluß und Macht zu erringen, und da setzt Haider sein Naheverhältnis, das er zu Personen hat, ein. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das zeigt sich zum Beispiel bei Andreas Mölzer. Für Andreas Mölzer, Rechtsaußen-Ideologe, wurde eigens die Funktion eines "Kulturberaters" geschaffen. Monatliche Kosten: 30 000 S! (Abg. Koppler: Das ist ein Wahnsinn! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das wäre dir zuwenig, Koppler! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der Leiter der Straßenbauabteilung wird aus der ÖSAG abgezogen, um einen freiheitlichen Gemeinderat Platz zu machen.

Der Leiter der Kulturabteilung wird gezwungen, in Pension zu gehen – zuerst war er krank, und dann hat man ihn gezwungen, in Pension zu gehen. (Abg. Haigermoser: Es ist jetzt Transferzeit von einer Partei zur anderen! Smolle kandidiert jetzt für die SPÖ!) Und durch wen ersetzt man ihn? – Einen Koordinator setzt man ein, der keinem Objektivierungsverfahren unterliegt!

Das gleiche macht die FPÖ bei der EDV-Abteilung.

Der Landesamtsdirektor, der im Krankenstand ist, wird einfach durch einen freiheitlichen Gemeinderat – ohne Objektivierungsverfahren! – ersetzt. Obwohl er noch im Krankenstand ist, montiert man schon sein Namensschild ab, vergißt aber, daß der Landtag zustimmen muß, wenn einer ersetzt wird. (Abg. Gaugg: Danke schön, Ihre Zeit ist leider abgelaufen!) – Diese Aufzählung ließe sich noch fortsetzen.

Ein Blick zurück sei mir noch gestattet: der 24-Stunden-Pakt zwischen den Freiheitlichen und der ÖVP; Inhalt: die Aufteilung der detaillierten Posten in ganz Kärnten. Das geht vom Landesschulratspräsidenten bis zu der Übereinkunft, daß die Büros des Landeshauptmannes und seines Stellvertreters gleich gestaltet und eingerichtet werden müssen – also eine Durchorganisation. (Abg. Gaugg: Gnädige Frau! Ihre Uhr steht auf rot!) – Diese Aufzählung ließe sich noch beliebig fortsetzen.

Haiders Fortgehen – der Schlußsatz, Herr Präsident ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Sie haben noch eine Minute Redezeit zur Verfügung, daran können auch Zurufe nichts ändern, denn zuerst, das war die freiwillige Redezeitbeschränkung, und die Höchstredezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen, diese Geschichte ist bereits eine unendliche Geschichte. Es ist das eine Geschichte der brutalen Einflußnahme und der politischen Rücksichtslosigkeit nach 100 Tagen Herrschaft. (Abg. Haigermoser: Eine "Herrschaft" ist das?)

Von einem Fünfpunkteprogramm, wie es sich die SPÖ vorgegeben hat, nicht einmal auch nur annähernd eine Spur. (Beifall bei der SPÖ.)

Beim Thema Postenschacher schießt sich die FPÖ ein Eigentor, denn das Vorgehen Haiders ist diktatorisch. Er befindet sich, wie Khol sagen würde, außerhalb des "Verfassungsbogens"! (Beifall bei der SPÖ.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ofner gemeldet. Er kennt die Bestimmungen. (Abg. Smolle: Ofner, berichtige den Mölzer, bitte!)

16.58

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine unmittelbare Vorrednerin hat den Obmann der Freiheitlichen Partei als "Führer" bezeichnet. (Abg. Dr. Mertel: Nein!) Sie hat ihn als "Führer" bezeichnet – wohlwissend, daß der "Führer" der Chef einer verbrecherischen Organisation in einem verbrecherischen Staat war.

Ich berichtige: Die Freiheitliche Partei hat an der Spitze keinen "Führer", sondern einen "Obmann".

Und den Obmann der Freiheitlichen als "Führer" zu bezeichnen, ist nach gängiger Praxis in diesem Haus einen Ordnungsruf wert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. (Abg. Haigermoser: Haß ist immer ein schlechter Berater! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

16.58

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Mertel hat sich wirklich mit gutem Grund mit dem Proporz in Kärnten auseinandergesetzt (Abg. Smolle: Mölzer, Frau Kollegin, Mölzer!), denn es hat dort immerhin bis zum Jahre 1989 die Sozialistische Partei die Alleinregierung innegehabt, 1989 ist dann die Österreichische Volkspartei dazugekommen und hat noch das Ihrige dazu getan, um dort wirklich ein Proporzsystem zu entwickeln, von dem die schädlichen Auswirkungen eben jetzt noch zu spüren sind.

Jörg Haider kann nicht in drei Monaten das gesamte skandalumwitterte Proporzsystem dort ändern. Das muß doch jeder einsehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere jene von der Sozialistischen Partei! Eine sehr treffende Äußerung zum Proporz hat ein sehr hoher Funktionär der Sozialdemokratischen Partei gemacht, der ein sehr hohes Amt eingenommen hat. Er hat gesagt: Der Lehrerproporz ist "zum Kotzen"! – Und das war das niemand Geringerer als Bürgermeister Zilk in Wien.

Dieser Bürgermeister hat das bei seinem Amtsantritt in einer Stadt und einem Bundesland, das seit mehr als 50 Jahren unter sozialdemokratischer Alleinherrschaft gestanden ist und noch steht, geäußert. Er war es auch, der tiefen Einblick in das gesamte Vergabewesen hatte. Er hat auch gewußt, was sich da in Wien abspielt. (Zwischenruf des Abg. Leikam.) Und Herr Bürgermeister Zilk hat auch ganz genau gewußt, was die Bevölkerung stört, denn er hat ein Gespür dafür gehabt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz dieser großen Worte des Herrn sozialistischen Bürgermeisters Zilk hat sich leider nichts geändert! (Abg. Wabl: Wie heißt der Landesschulratspräsident von Kärnten?) Ganz im Gegenteil: Dieses Proporzdenken in Wien ist noch stärker geworden, und zwar im Jahre 1996, als die Österreichische Volkspartei in die Landesregierung gekommen ist. (Abg. Smolle: Wie heißt der Präsident des Landesschulrates?) Seit damals wird um jeden Direktorsposten, um alle AHS-Direktoren und um die Landesschulinspektoren noch mehr gemauschelt und gepokert, weil es ganz einfach zum System dieser beiden Parteien gehört, alle Stellen nach dem Proporz auszuschreiben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn es einmal eine Schule gibt, in der sich die Eltern dagegen wehren, daß sie einen Direktor bekommen, der nach dem Proporzsystem vorgesehen ist (Abg. Smolle: ... Direktor! Die erste Tat, die Haider gesetzt hat, ist, daß er ...!), daß dieser nicht Direktor werden soll, dann regt man sich auf und sagt, das darf doch gar nicht sein, und man sabotiert die Eltern. (Abg. Smolle: Hören Sie mir doch zu!) – Herr Smolle! Passen Sie doch auf und reden Sie mir nicht ununterbrochen drein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Bundeskanzler hat heute blauäugig erklärt, es gebe Ausschreibungsbedingungen, und es komme überhaupt nicht zu einer ausschreibungswidrigen Besetzung. – Aber, Herr Bundeskanzler, ich halte Ihnen vor, daß die Schulbehörde bestimmt, wer überhaupt zu einer Computeranalyse zugelassen wird. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ordnungsruf für Frau Mertel!) Da wird von der Schulbehörde bestimmt, wer zu dem Interview gehen darf – und dann reden Sie davon, daß es zu einer objektiven Besetzung kommt, Herr Bundeskanzler! Ich glaube, Sie sollten sich wirklich einmal informieren, wie es tatsächlich bei der Lehrerbestellung zugeht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das wird man nämlich aufzeigen müssen!)

Ganz deutlich und ganz offensichtlich, wie sich der rot-schwarze Proporz abspielt, ist es ja im Jahre 1996 in Wien geworden, als die ÖVP in die Regierung gekommen ist. Da hat es einen sogenannten Side-Letter gegeben, eine Nebenabsprache zur offiziellen Regierungserklärung. Darin haben sich ÖVP und SPÖ ganz genau darauf geeinigt, welche Positionen von der SPÖ zur ÖVP gehen sollen und welche Finanzierungen der ÖVP aufgrund des neuen Proporzes zustehen sollen. Es ist in diesem "Side-Letter" sogar darüber gesprochen worden, was das "Wiener Hilfswerk", das der Österreichischen Volkspartei zuzuordnen ist, bekommt, und was die "Volkshilfe", die wiederum der Sozialistischen Partei zuzuordnen ist, an Förderungen bekommen soll. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

So ist das nämlich! Und in diesem "Side-Letter" wird Punkt für Punkt aufgelistet, welche Positionen sich Rot und Schwarz da ausgehandelt haben. (Abg. Leikam – in Richtung des Abg. Scheibner –: Aber der Side-Letter in Kärnten zwischen FPÖ und ÖVP ist inzwischen auch bekannt! Es wurde jede Funktion im Land aufgeteilt zwischen ÖVP und FPÖ!)

Herr Bürgermeister Häupl ist damals bei einer Diskussion aufgefordert worden zu sagen, daß das Vorhandensein dieses "Side-Letters" nicht stimmt. Der Herr Bürgermeister hat aber in der entsprechenden Verhandlung im Rathaus geschwiegen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist doch nichts anderes als ein Schuldbekenntnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie bei den Lehrern die Posten nach dem Proporz aufgeteilt werden, genauso ist es auch bei den Vergnügungen. Beispielsweise läßt sich in Wien die Sozialistische Partei ihr "Donauinselfest" mit 20 Millionen Schilling fördern, dafür erhält die Österreichische Volkspartei für ihr "Stadtfest" 10 Millionen Schilling. So spielt es sich nämlich ab. Das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen!

Hier im Parlament – das wissen Sie ja ganz genau, jetzt werde ich Ihnen folgendes sagen ... (Abg. Edler: Was kriegt die FPÖ?) – Die hat überhaupt nichts bekommen, weil sie bei dieser Packelei nicht mittut. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir tun nicht mit bei ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nehmen Sie das zur Kenntnis! Wir tun nicht mit bei einer derartigen Packelei! Und Sie sollten ... (Abg. Dr. Ofner: Das übersteigt das Vorstellungsvermögen! – Abg. Dr. Mertel: Wider besseres Wissen!)

Sie können offensichtlich nur in folgenden Kategorien denken: Was kriegt die SPÖ, was kriegt die ÖVP? (Beifall des Abg. Dr. Ofner.) Sie können überhaupt nicht mehr anders überlegen. Für Sie gibt es nur die rot-schwarze parteipolitisch motivierte Denkungsart! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.)

Sie sollten sich von dieser Denkungsart verabschieden! Betrachten Sie Österreich nicht weiterhin als in Ihrem Eigentum stehend, und betrachten Sie nicht die Macht, die Sie haben (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), als eine Macht, die Sie im Parteiinteresse ausüben dürfen, sondern Sie sollen diese Macht im Interesse der Staatsbürger ausüben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Keppelmüller! Ich bin ein Innviertler wie du! Dafür habe ich nicht so große Ohren wie du!)

17.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, ich möchte auch einige Worte an Sie hier richten; eine solche Gelegenheit bietet sich ja nicht oft. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Eine der unappetitlichsten Sachen ist es, wenn sich SPÖ, ÖVP und auch die FPÖ gegenseitig Fälle von Parteibuchwirtschaft vorrechnen. Wenn etwas negativ zum Bild der Politik, der Parteipolitik in unserem Lande beiträgt, dann sind es diese gegenseitigen Aufrechnungen. Wenn ich die Gelegenheit hätte, Ihnen das ausführlicher erklären zu können, dann würde ich das auch tun wollen, meine Damen und Herren (Abg. Aumayr: Herr Öllinger! Der Bundeskanzler hört nicht zu!), denn es gibt an und für sich nur eine Anmerkung: Es ist nichts dagegen zu sagen – das sei hier auch einmal festgehalten –, daß Menschen mit einer parteipolitischen Einstellung eine Funktion ausüben. Das ist nicht das Problem, sondern das Problem ist vielmehr, daß sie manchmal auch Funktionen ausüben, für die sie nicht geeignet beziehungsweise nicht gewünscht sind.

Und damit bin ich beim ersten und einzigen Punkt, bei dem ich mich bei diesem breiten Thema aufhalten will. (Abg. Aumayr: Der Bundeskanzler hört nicht zu!) Herr Bundeskanzler! Ich spreche die Direktorenbestellungen an. Es ist schon auffällig, Herr Bundeskanzler, daß in jenen Wiener Schulen, in denen in den letzten Monaten Eltern, Lehrer und manchmal auch Schüler ein Votum für einen bestimmten Direktor abgegeben haben, der Wiener Stadtschulrat – in der Konsequenz die Frau Bundesministerin, die ja diese Bestellungen schon genehmigt hat –, dies nicht einmal beachtet hat. Das wird ignoriert. Den Eltern, den Lehrern und auch den Schülern, die ein Votum abgegeben haben, wird ein Direktor oder eine Direktorin vorgesetzt, der beziehungsweise die mit der ursprünglichen Bestellung, mit dem Wunsch der Schulpartner nichts – aber auch überhaupt nichts! – zu tun hat.

Ich höre noch immer all diese Worte des früheren Wiener Bürgermeisters, das "kotze" ihn an. Ich habe das noch im Ohr. Aber was sind die Konsequenzen daraus?! Es kotzt das so viele Menschen in unserem Lande an, aber von diesem Prinzip wird nicht abgegangen. Dabei geht es nicht darum, daß es die Eltern und Schüler in den Schulen ausschließen wollten, daß da jemand mit einer parteipolitischen Einstellung Direktor wird – darum geht es nicht! –, sondern es geht darum, daß dann, wenn festgelegt ist, diese Schule ist schwarz und diese Schule ist rot, gar nichts anderes mehr in Frage kommt, Herr Bundeskanzler. So muß an der schwarzen Schule ein schwarzer Direktor bestellt werden, auch wenn der rote Direktor besser geeignet wäre. Und so muß an der roten Schule ein roter Direktor bestellt werden, auch wenn sich die Eltern in diesem Fall vielleicht einen unpolitischen, parteipolitisch nicht fixierten oder einen schwarzen Direktor wünschen würden. Das sind die Zustände, die nicht nur den früheren Bürgermeister Zilk ankotzen, sondern sehr, sehr viele Menschen in unserem Land. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte aber jetzt nicht die zahlreichen Beispiele von Parteibuchwirtschaft noch um weitere vermehren, sondern möchte Ihnen in diesem Zusammenhang nur folgendes auf den Weg geben – die Sache liegt jetzt angeblich schon beim Bundespräsidenten –: Allein dieser Umstand, daß ein Votum der Schulpartnerschaft vom Stadtschulrat und von der Unterrichtsministerin ignoriert wird und daß für die Eltern als letzte Konsequenz offensichtlich nur noch der Bundespräsident als Ausweg übrigbleibt, sollte Ihnen zu denken und vielleicht auch Anlaß zum Handeln geben.

Ich möchte aber jetzt auf die Sache, die Sie vor zwei Tagen nicht zu diskutieren bereit waren, übergehen. Ich fange generell einmal bei den Versprechen an, Herr Bundeskanzler.

Eines dieser Versprechen – und das ist irritierend – hat Kollege Gaugg bereits erwähnt. Das ist Ihre Unterschrift auf einer Liste, auf einer Unterschriftenliste gegen die Zerschlagung von Waagner-Biró, auf der Sie genauso wie der Wiener Stadtrat Faymann, wie Herr Swoboda, wie Präsident Fischer, wie Herr Blecha, wie der Herr Finanzminister und auch wie der Herr ÖGB-Präsident eben gegen diese Zerschlagung von Waagner-Biró Stellung genommen haben. Aber Waagner-Biró wird zerschlagen, und es ist nichts passiert. Die Menschen – wahrscheinlich nicht nur bei Waagner-Biró, sondern alle, die mit diesem Fall befaßt sind (Abg. Dr. Graf: Oder von Grundstücksspekulation!) – fragen sich: Was ist die Stimme, die Unterschrift eines Bundeskanzlers, eines Präsidenten, eines Finanzministers, die alle sagen, wir wollen alles Mögliche tun, um gegen diese Zerschlagung Stellung zu nehmen (Abg. Dr. Graf: 200 000 Quadratmeter!), um Konzepte zu entwickeln, die den Menschen dort die Arbeitsplätze sichern, noch wert? – Das ist das erste Versprechen, mit dem ich mich beschäftigen wollte und in das Sie verwickelt sind.

Das zweite ist das Versprechen aus dem Jahre 1997, das Sie schon angesprochen haben, nämlich die Lehrlinge: Kein junger Mensch soll auf der Straße stehen! – Das stört mich nicht, das stört hoffentlich niemanden in diesem Hause. Das wäre ein absolut gutes und richtiges Versprechen gewesen, eines, das jeder in diesem Land unterstützen kann. Das Problem aber ist: Sie haben dieses Versprechen mit untauglichen Mitteln eingelöst. Sie haben es selbst heute zugegeben, daß vor allem im Rahmen der "Lehrlingsoffensive 1" auf Teufel komm raus gefördert wurde. Die Unternehmen haben teilweise Förderungen erhalten, die in keiner Relation zum Beschäftigungseinsatz stehen. – Das wäre der erste Punkt.

Mit dem zweiten Punkt kommen wir zur Causa "Euroteam". Herr Bundeskanzler, wenn man sich das alles dokumentieren läßt, sieht man, daß die Bundesregierung und auch Sie offensichtlich nur in höchster Panik gehandelt haben können, denn sonst wäre es nämlich nicht möglich gewesen, dieses Unternehmen mit den Vorbereitungen und der Projektkoordination in diesem Zusammenhang zu beauftragen. Es gibt niemanden mehr – offensichtlich auch nicht mehr in der sozialdemokratischen Fraktion –, der die Beauftragung von "Euroteam" mit der Lehrlingsoffensive, mit der Projektkoordination unkritisch sieht. Es gibt hoffentlich auch niemanden mehr in diesem Hause, der nicht sieht, daß es da nicht nur um einige Unzulänglichkeiten, sondern um schwerwiegende Verstöße geht.

Und dennoch, Herr Bundeskanzler, haben Sie die Debatte darüber – und nur darauf war unsere Dringliche Anfrage ausgerichtet – verweigert und damit ein weiteres Versprechen gebrochen.

Vorige Woche, Herr Bundeskanzler, haben Sie noch über den Pressedienst des Bundeskanzleramtes ausrichten lassen, und zwar über Ihren Pressesprecher Kalina, der Bundeskanzler stehe jederzeit für eine Debatte im Hohen Hause zum Thema "Euroteam" zur Verfügung.

Herr Bundeskanzler! Das war Ihre Aussage. Und wenn Sie nicht wissen, was Ihr Pressesprecher gesagt hat, dann ist das möglicherweise einmal mehr ein Problem. Aber die Aussage war relativ deutlich; sie war im Kontext mit der Forderung des Herrn Klubobmannes Khol zu sehen, der gesagt hat, der Herr Bundeskanzler und die Frau Sozialministerin sollen sich dem Parlament stellen. – Daraufhin haben Sie antworten lassen: Ich werde nicht einfach kommen, aber wenn das Parlament es wünscht, bin ich jederzeit zu einer solchen Aussprache bereit.

Sie waren nicht da, Herr Bundeskanzler (Abg. Seidinger: Jetzt ist er da!) – und das, ohne einen Grund anzugeben. Jetzt kann es schon sein, Herr Bundeskanzler – und das würde ich auch respektieren wollen –, daß es das Problem war, daß Sie nicht in eine Auseinandersetzung über Ihren Sohn hineingezogen werden wollten. Aber wenn Sie uns, Herr Bundeskanzler, nachweisen wollen, daß wir das beabsichtigt hätten, dann müßten Sie schon einen Beweis erbringen. Dieses Problem hat Kollege Van der Bellen schon sehr deutlich charakterisiert: Das Problem liegt darin, daß Ihr Sohn im Vorstand eines Vereines war, in dem er nach eigener Aussage gar nicht dabei war. Er war in diesem Verein gemeldet und hat sich dann aus dieser Vorstandsfunktion abgemeldet. Aus einer Vorstandsfunktion muß man sich aber nicht abmelden, wenn man nie dabei war!

Ich würde an Ihrer Stelle und an der Stelle Ihres Sohnes mit dem Verein "Euroteam" eine andere Auseinandersetzung führen. Ich ließe es mir nicht gefallen, als Vorstandsmitglied in einem Verein gemeldet zu sein, von dem ich nicht einmal weiß, daß ich in ihm Vorstandsmitglied und Rechnungsprüfer bin. – Aber das sei hier nur nebenbei angemerkt.

Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, der mir nicht unwichtig zu sein scheint. Im Zusammenhang mit dem Kollegen Gusenbauer ist das schon angesprochen worden; auch er ist eine der handelnden Personen in diesem Zusammenhang. – Nicht Kollege Gusenbauer, Entschuldigung, sondern Kollege Gerstbauer (Heiterkeit bei den Freiheitlichen) vom Stab des Bundesministeriums für Soziales ist gemeint.

Kollege Gerstbauer ist nicht nur ein Mitarbeiter der Frau Bundesministerin, ist nicht nur einer, der Briefe an Abgeordnete schreibt, sondern er ist auch Mitglied des Verwaltungsrates des AMS und in dieser Funktion für die Aufträge des AMS zuständig, die im Zusammenhang mit der Lehrlingsoffensive an die Firma "Euroteam" gegangen sind.

In dieser Funktion als Mitarbeiter der Frau Ministerin ist er offensichtlich auch für Interventionen gegenüber dem AMS zuständig, mit denen versucht wurde, dem AMS diese Aufträge sozusagen hineinzudrücken. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Präsident! Eine abschließende Bemerkung: Herr Stuhlpfarrer ist möglicherweise nicht über den Kollegen Gusenbauer in das Parlament hereingekommen – das kann ich schon akzeptieren –, aber es wäre genauso gut möglich, daß er über die Mitarbeiter des Ministerbüros, mit denen er dann in trauter Eintracht diesen Saal verlassen hat, hereingekommen ist. Und allein dieser Umstand, daß man die traute Eintracht zwischen Ministerbüro und Stuhlpfarrer auch noch demonstriert, zeigt, daß hier noch einiges aufzuklären ist. (Beifall bei den Grünen.)

17.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt eine Wortmeldung des Abgeordneten Wabl vor. Die Redezeit, die noch auf Ihren Klub entfällt, beträgt 6 Minuten. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Ich glaube, zum Thema "Euroteam" hat Kollege Öllinger schon klar und deutlich das ausgesprochen, was da nicht nur schiefgelaufen ist, sondern was in besonderem Ausmaße skandalös ist. Zur Frage des Proporzes hat Kollege Van der Bellen mit aller Deutlichkeit klargemacht, wie weit die Kleinkorruption in Österreich gediehen ist.

Meine Damen und Herren! Was mich persönlich und als politischen Menschen an der ganzen Debatte furchtbar aufregt, ist folgender Umstand: Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, Sie haben in den letzten Jahrzehnten dieses Land in Machtsphären aufgeteilt, wo Sie von der obersten bis zur untersten Position – bis zur einflußlosesten Position – parteipolitisch besetzt haben. Die Frage lautet: Was haben Sie damit angerichtet, und was haben Sie damit im Zusammenhang mit dem politischen Engagement des einzelnen Bürgers bei den Österreicherinnen und Österreichern ausgelöst?

Meine Damen und Herren! Es notwendig, daß wir in Österreich eine klare Trennung zwischen politischen Posten und jenen Posten vornehmen, bei denen die politische Einstellung sekundär ist – nicht nur sekundär ist, sondern überhaupt nicht von Interesse sein kann –, wobei jeder Staatsbürger, der die Gesetze einhält, selbstverständlich das Recht hat, diesen Posten zu besetzen.

Das Tragische an dieser heutigen Diskussion ist jedoch folgendes, meine Damen und Herren – das sage ich vor allem in Richtung SPÖ, aber auch in Richtung ÖVP –: Sie haben mit Ihrem Beispiel des Proporzes in allen Bereichen enormen Schaden angerichtet. Ich meine jetzt nicht den Kommissar in der EU-Kommission, denn das ist ein politischer Posten, der selbstverständlich ausgehandelt werden muß; nicht "gedealt", denn das erinnert zu Recht an Rauschgifthändler, sondern der Posten eines EU-Kommissars ist ein politischer Posten, der politisch besetzt werden muß, bei dem die Frage der Ideologie eine entscheidende Frage sein muß. Ich setze doch nicht einen Menschen, der niemals eine politische Meinung gehabt hat und nicht zuordenbar ist, auf einen solch wichtigen politischen Posten. (Beifall bei den Grünen.) Aber warum muß man Posten bei Aufräumpersonal, bei Portieren, bei Chauffeuren politisch besetzen? – Da hat die Sozialdemokratie großen Mißbrauch betrieben und die demokratischen Institutionen in Mißkredit gebracht – gemeinsam mit dem Koalitionspartner ÖVP! (Beifall bei den Grünen.)

Aber was ist jetzt angesagt? – Jetzt, meine Damen und Herren, wird ganz schüchtern seitens der Regierung zu verschweigen versucht, daß man noch politische Posten besetzen will, daß da gehandelt und auch ausgehandelt wird, anstatt daß man klar trennen würde: hier die politischen Posten und da jene Posten, in denen nur Qualifikation zählt.

 

Das Tragische dabei ist, daß wir heute, hier und jetzt erleben und in den letzten Jahren dauernd mit ansehen mußten, daß das, was Sie von SPÖ und ÖVP gemacht haben, unter dem Titel "Entpolitisierung" eins zu eins von der Freiheitlichen Partei kopiert wird! Dieser unglaubliche Vorgang in unserer Demokratie schaut dann so aus, meine Damen und Herren:

Vereinbarung zwischen FPÖ Kärnten und ÖVP Kärnten. Der Herr Landesschulratspräsident ist der FPÖ vorbehalten. (Abg. Gaugg: Das hast du aus dem Museum!) Nein, das war kein Parteimitglied? Entschuldigung! Kein Parteimitglied, er war nur im Komitee für die Wiederwahl Haiders. (Abg. Dr. Mertel: Ha, ha, ha!)

Der nächste Posten im Kärntner Wirtschaftsfonds. Ah, da gibt es die Gelder für die Wirtschaftstreibenden. Wer ist dort der Vorsitzende? – Der wird der FPÖ zugesprochen.

Vorsitzender im Arbeitnehmerförderungsbeirat, wo die Arbeitnehmer gefördert werden sollen: Wieder ein Freiheitlicher! (Abg. Gaugg: Das ist ein Schwarzer!) So ein Zufall! Verdammt noch einmal! (Abg. Gaugg: Das ist ein Schwarzer! Ein ÖVPler!) Wo hat die Entpolitisierung hingeführt?! (Abg. Gaugg: Falsch informiert! Das ist ein Schwarzer!)

Ich zitiere aus Ihrem Vertrag mit der ÖVP. (Abg. Gaugg: Abgelehnt haben wir den!) Daß Sie sich nicht überall durchgesetzt haben mit ihrem schmutzigen Geschäft, ist eine andere Sache! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gaugg: Den haben wir abgelehnt!)

Die Bildung der Landesholding wird umgehend realisiert. Der Vorsitz? – Der bleibt der FPÖ! Na selbstverständlich!

Beim Landesintendanten: Bei der Landeshauptmannkonferenz (Abg. Gaugg: Der Draxler ist ein Roter!), da sagen Sie, meine Damen und Herren, man muß sich das alles nur ... (Abg. Mag. Schweitzer: Der Draxler Gerhard ist ein ordentlicher Roter!) Der gesamte Fonds, sämtliche Verbände, Beiräte, Landesgesellschaften, Hypobank, Herr Schweitzer, alles wird aufgeteilt! (Abg. Gaugg: Bei der Hypobank ist ein Roter und ein Schwarzer!) Ja, und die Freiheitlichen in Zukunft. (Abg. Gaugg: Nein!)

Meine Damen und Herren! Sie von den Freiheitlichen haben jenes Phänomen, das Sie jahrzehntelang vorgeführt bekommen haben, eins zu eines übernommen! Ich rede jetzt nicht vom politischen Geniestreich, daß Sie bei der KELAG den ganzen Aufsichtsrat hinausgeworfen haben. (Abg. Gaugg: Danke schön! Das ist nett!) Das war ein politischer Geniestreich. Sie haben hier den Eindruck erweckt, Sie seien politisch handlungsfähig und hätten gleichzeitig jene Personen hineingesetzt, die endlich den politischen Willen durchgesetzt haben. (Abg. Gaugg: Das ist es!) Das war nicht schlecht. Aber bitte glauben Sie nicht, daß alle in diese Falle der Entpolitisierung hineingehen. Mit dem Trick arbeiten Sie in Kärnten. (Abg. Gaugg: Das ist kein Trick! Das war eine notwendige Maßnahme!)

Bei den Schuldirektoren kommt der Herr Haider her und sagt, wir wollen in der zweisprachigen Schule jetzt nicht mehr Lehrer haben, die zwei Sprachen beherrschen (Abg. Gaugg: Das hat er nie gesagt!), denn das wäre eine Diskriminierung der Deutschkärntner, meine Damen und Herren. – Und das verstehen die Herrschaften der FPÖ unter "Entpolitisierung"! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren und von der Sozialdemokratie und von der ÖVP! Lassen Sie sich dieses Spiel nicht weiter aufzwingen! Ich verstehe, daß Sie in der Defensive sind mit Ihrer Kleinkorruption der letzten Jahrzehnte. Aber wenn Sie dieses Spiel weiterhin mitspielen, dann werden die politischen Bereiche privatisiert werden, die Banken, Beiräte, "Euroteam" und sonstiges, und dort sitzt dann überall die ÖVP drinnen, sitzen die Schwarzen drinnen, und dort, wo die FPÖ Einfluß hat, wird es die FPÖ machen. (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Und dann, meine Damen und Herren ... (Abg. Mag. Schweitzer: Punkt! Punkt! Punkt! Genug! Genug! Genug!) – Herr Kollege Schweitzer! Ich verstehe schon, das tut Ihnen weh. (Abg. Mag. Schweitzer: Genug, du Schwätzer!) Das tut Ihnen weh.

17.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter, die Redezeit ist abgelaufen. (Abg. Wabl: Meinetwegen! – Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Wabl. – Abg. Mag. Schweitzer: Andreas, der Gerhard Draxler ist ein Ultraroter!)

Es hat sich jetzt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, auf Ihren Klub entfällt noch eine Redezeit von 8 Minuten. – Bitte.

17.24

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): An die Adresse der Freiheitlichen gerichtet: Sie haben schon bessere Tage gehabt bei Ihren Dringlichen Anfragen. Sie haben schon bessere Tage gehabt, das war heute sehr schwach. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Cap, der Mutmacher!)

Wissen Sie, bloß als verkleidete blaue Engerl da im Entenmarsch hereinzukommen und so zu tun, als würden Sie erst heute mit der Politik beginnen, das glaubt schon aufgrund des Schwefelgeruches niemand. (Ironische Oh!-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Gaugg: Bei euch gibt es Modergeruch!) Ihr Schwefelgeruch ist politischer Rufmord als Politik-Ersatz. Das ist Ihr Schwefelgeruch. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Herr Cap, der Herr Bundeskanzler hat gelacht! Der Kanzler hat gute Laune!)

Auch wenn Sie das verdrängen sollten – und nicht zufällig wurde diese berühmte Vereinbarung aus dem Jahre 1994 aus Kärnten hier immer wieder zitiert; nicht zufällig –: Da würden sich die Väter des Proporzes im Grab umdrehen (Abg. Haigermoser: Noch etwas Lustiges, damit der Kanzler gute Laune hat!), wenn sie dieses Proporzbeispiel aus dem Jahre 1994 sehen würden, für das Sie stehen, meine Kollegen von der FPÖ! (Abg. Gaugg: Das ist ja aus dem Museum! Das ist museumsreif!)

In jedem Satz heißt es hier, "die FPÖ besetzt", "die FPÖ erhält", "es wird einvernehmlich bestellt", "es verbleibt bei der FPÖ". So geht es ununterbrochen! (Abg. Dr. Ofner: Kollege Cap, aus welchem Jahr ist das?) Jedes Detail wird da drinnen geregelt. (Abg. Dr. Ofner: Aus welchem Jahr?)

Immer wieder, wenn ich hier Reden zu halten habe, zitiere ich andere Stellen aus diesem blauen Fundus aus Kärnten, zum Beispiel diesen Satz – die Pressefreiheit ist da besonders gefordert –: Die Sendung des Landeshauptmannes im ORF wird neu gestaltet und steht auch dem Landeshauptmann-Stellvertreter von der FPÖ zur Verfügung. (Abg. Gaugg: Das wurde abgelehnt!) Also am besten überhaupt gleich selbst gestalten. (Abg. Scheibner: So war es vor 1994!)

Oder da steht drinnen: Gleiche Höhe der Repräsentationsmittel für Landeshauptmann, Landeshauptmann-Stellvertreter. Klammer. Wird intern geregelt. – Ich habe ohnehin nicht angenommen, daß das in der Zeitung steht. Da wird mit Steuergeldern umgegangen, daß gar nur mehr "intern geregelt" wird. Da kann der Kollege Scheibner mit seinem Babytimbre daherkommen und so tun, als würde er die Politik jetzt erst kennenlernen – wir glauben es ihm einfach nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Steht deine Unterschrift da oder nicht?)

Was ist Ihr Schmäh? – Ihr Schmäh ist ganz einfach: verdeckte Macht ausüben, indem man Freunderl auf Positionen setzt. Was hat der Herr Gaugg versucht? – Er wollte uns da irgend etwas aufs Aug’ drücken, indem er sagt: Proporzende in der KELAG! Jetzt sind dort nur mehr die ganz sauberen, unabhängigen Experten und so weiter. (Abg. Gaugg: Lauter anerkannte Leute!) Die marschieren da auf. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. – Abg. Scheibner: Der hat immerhin ein erfolgreiches Unternehmen!) Gerade, daß sie es nicht verlost haben unter der Kärntner Bevölkerung. Gerade, daß hier nicht gerubbelt wurde um die Mitgliedschaft im KELAG-Vorstand. (Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

So kommen Sie daher! Und was wird daraus? – Ein Freunderl-Vorstand des Herrn Haider wird daraus! Das ist verdeckte Machtausübung! Sie sollten sich wenigstens einmal hier herstellen und ehrlich sagen: Ja, wir wollen verdeckte Machtausübung; der Bürger soll es nicht wissen, wann wir Einfluß ausüben. Wir wollen es heimlich machen. Er soll aufwachen, und plötzlich liegt er im blauen Bett, er soll ins Badezimmer gehen, und plötzlich hat er einen blaue Seife dort. Alles wird eingebläut!

Das ist die Strategie, die Sie haben, aber da machen Sie einen Fehler. Da machen Sie einen schweren Fehler! (Beifall bei der SPÖ.)

Hier sitzen keine Idioten, die das durchgehen lassen. Da müssen Sie woanders reden. Vielleicht haben Sie solche Gremien, in denen lauter Idioten sitzen, denen Sie das einreden können. Hier in diesem Hause sitzen keine Idioten, und daher werden Sie hier immer wieder von uns vorgeführt werden für die Politik, für die Sie stehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Herr Bundeskanzler hat es schon eilig, Herr Kollege Cap!)

Es hat eine einzige Gruppe gegeben, das war die Gruppe "Morgenmuffel", oder waren es die "Rebellen vom Ylang Shang Po" an der Hochschülerschaft, die haben jedenfalls die gewonnenen ÖH-Mandate immer bei den Hörerversammlungen verlost. Dieses Beispiel kenne ich. Es hat sich nicht bewährt. (Abg. Scheibner: Ja, an die GRM haben sie es vergeben!) Das ist auch kein demokratiepolitischer Zugewinn. Das ist absurd! Ihre Politik besteht darin, Sand in die Augen zu streuen. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daher bin ich eher dafür, daß man sagt: Die politischen Parteien, die legitimiert sind durch Wahlen und die in Wirklichkeit durch diese Legitimation auch ihre Politik umsetzen wollen, sollen und müssen, weil es der Wählerauftrag ist, haben auch politische Positionen politisch zu besetzen, und zwar transparent, geordnet, gesetzlich geregelt, so wie es hier ist. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Offen, ehrlich, transparent – und nicht mit dem Schmäh, wie Sie das hier die ganze Zeit machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Schuldirektoren!)

Natürlich gibt es Schmeißfliegen im Umfeld der Politik. Natürlich! (Abg. Mag. Schweitzer: Rote Schmeißfliegen!) Bei Ihnen hat es einen Schmeißadler gegeben, den Herrn Rosenstingl, der war ja gleich Abgeordneter. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Man muß ja nicht gleich übertreiben, daß man die Schmeißfiguren gleich zu Abgeordneten macht. – Wieso ist es jetzt plötzlich so still? Wieso ist es so still beim Namen Rosenstingl? Wieso ist da plötzlich so eine Demut eingekehrt? Einkehr, Meditation! Woran denken Sie gerade? (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich möchte gerne dieses Engagement von Ihnen hören, wenn hier das Thema Rosenstingl diskutiert wird. Nein, da ist klösterliche Stille auf dieser Seite. Und es ist zu Recht klösterliche Stille. Sie sollten sich geißeln, Sie sollten den Rücken frei machen und sich geißeln, denn das ist die einzig richtige Schlußfolgerung! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dann sagt doch Klubobmann Scheibner mit dem Babytimbre: Es gibt Idealisten in der FPÖ. Das war die beeindruckendste Passage seines heutigen fulminanten Auftrittes. Mir rasten die Namen nur so durch den Kopf: nicht nur Rosenstingl, auch Mentil, Gratzer, auch Klaus Lukas, ein ganz aktiver Mitarbeiter, der es nachher wieder machen wollte. Der hat halt die Frage der beruflichen Ausübung nach seinem politischen Mandat anders gelöst, auf seine Art und Weise. Es rasseln die Namen. Von der Kärntner FPÖ fällt mir gleich ein ganzer Haufen Namen ein, die man unter die berühmten Idealisten stellen könnte. (Abg. Gaugg: Warum haben Sie den Ausserwinkler weggeschickt? Der ist jetzt in Amerika!)

Dafür sollten Sie auch die moralische und politische Verantwortung übernehmen, wenn Sie sich schon da herstellen und gar zu moralisieren beginnen. Das ist ja etwas, wovon einem ja ganz übel wird, wenn Sie das Wort "Moral" in diesem Zusammenhang in den Mund nehmen. (Abg. Gaugg: Nehmen Sie einen Unterberg! – Jetzt geht der Herr Bundeskanzler! Das kann er sich nicht mehr anhören!)

Also sage ich: Rufmord als Politik-Ersatz richtet sich selbst! Und Sie haben sich heute einmal mehr selbst gerichtet. Die Selbsthinrichtungen von Haider und Ewald Stadler waren allerdings herausfordernder und in einem gewissen Sinn auch beeindruckender als der Auftritt, den diese Truppe heute geboten hat. (Abg. Aumayr: Der Bundeskanzler geht!) Sie sollten sich die nächsten Dringlichen ernsthafter überlegen als diese heutige! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Josef! Selbst ein schwacher Cap sticht noch heraus aus dieser Riege! – Ruf bei den Freiheitlichen: Rechberger!)

17.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. 4 Minuten beträgt die Restredezeit, die Ihrem Klub noch zur Verfügung steht. – Bitte.

17.31

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist Herrn Kollegen Cap doch nicht gelungen, den Herrn Bundeskanzler ganz zu vertreiben. Es hatte schon fast den Anschein, als wollten Sie, Herr Bundeskanzler, den Plenarsaal fluchtartig verlassen, aber es ist vielleicht ganz gut, wenn Sie noch ein bißchen dableiben. (Abg. Dr. Mertel: Nur weil Sie reden?)

Herr Kollege Cap! Sie haben nicht nur heute einen schlechten Tag, sondern Sie haben schlechte Tage schon während all der letzten Monate. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) In den letzten Debatten, die ich mit Ihnen erlebt habe, sind Sie ja von einem Bauchfleck in den anderen gelandet. Das letztemal bei der Presseförderung sind Sie nur mehr dagesessen und zusammengezuckt, als ich Ihnen vorgelesen haben, welche Presseförderung seitens des Bundeskanzlers direkt an den ORF und an die Medien gehen.

Herr Kollege Cap! Frau Kollegin Langthaler hat vollkommen recht gehabt mit Ihrer Aussage, daß sie nicht so enden will wie Josef Cap. Und das sagt eine Oppositionspolitikerin! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Eine Oppositionspolitikerin sagt das einem Mitglied einer Regierungspartei. Und sie schreibt noch weiter: Cap hat seine Überzeugung in der Garderobe abgegeben und stimmt nur das ab, was er abstimmen muß, um wieder ein Mandat zu bekommen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Grabner: Sehr schwach!) – Aber Sie fühlen sich legitimiert, da herauszugehen und den Freiheitlichen vielleicht irgendwelchen Postenschacher vorzuwerfen. Sie haben sich selbst disqualifiziert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Ich bin ganz auf Ihrer Seite und ganz Ihrer Meinung, wenn Sie das Gefühl haben, daß Ihr Sohn Jan ungerechtfertigt behandelt worden ist. Aber dann gibt es nur eine Möglichkeit: Dann muß er klagen! (Abg. Grabner: Soll er klagen, was hier herinnen gesagt wird?) Passen Sie auf! Das geht ja nicht nur hier herinnen, sondern das Ganze ist ja medial ausgetragen worden. Als mich Herr Kollege Kostelka beschuldigt hat, bei irgendwelchen dubiosen Finanzkonsortien dabeigewesen zu sein, habe ich ihn geklagt. Das Ergebnis werde ich Ihnen präsentieren. – Und das erwarte ich auch von Ihrem Sohn, daß er das tut. Sonst brauchen Sie hier nicht beleidigt zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie schon die Sache ernst nehmen, dann sollten Sie sich auch diese Projektfinanzierungen einmal anschauen. Da gibt es ein Projekt im Bundesland Tirol, Größenordnung 5,3 Millionen Schilling. Der Träger ist eine Gesellschaft mit dem Namen "ibis acam". Man schaut nach im Firmenbuch: "ibis acam", Gemeinnütziges Institut für berufsbezogene Information und Schulung. Man schaut dann weiter nach: Wer ist der Gesellschafter? – Der Gesellschafter ist dann die "ibis acam", Privates Institut für berufsbezogene Information und Schulung GmbH mit den Geschäftsführern Rainer und Margot Schons. Dann schaut man hier weiter: Wer sind jetzt die Gesellschafter der "ibis acam", Privates Institut für berufsbezogene Information und Schulungs GmbH? – Man kommt weiter und landet bei der "ibis acam", Holding GmbH & CO KG, Amtsgericht Trier. Also das geht nach Deutschland. Man geht jetzt weiter zu dieser Firm "ibis acam", Holding GmbH & Co KG. Wo kommt man dann hin? – Man landet wieder bei einer Verwaltungsholding mit Kommanditisten; alles deutsche Staatsbürger.

Das heißt, Projektkosten in der Größenordnung von über 5 Millionen Schilling werden von Unternehmen abgewickelt, die nicht einmal ihren Sitz im Inland, sondern die ihren Sitz im Ausland haben. Die Erträge wandern ins Ausland ab, und das Ganze wird halbe-halbe vom AMS beziehungsweise vom Sozialfonds der EU gefördert. (Abg. Dr. Krüger: Das ist ja unglaublich!)

Und das sollten Sie sich einmal anhören, Herr Bundeskanzler – und nicht hier im Hohen Hause beleidigt herumlamentieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu einer kurzen Debatte, und zwar betrifft diese den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kier, dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Bericht des Bundesministers für Inneres betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O., III-199 der Beilagen, eine Frist bis 23. September 1999 zu setzen.

Über diesen Fristsetzungsantrag wird nach Schluß dieser Debatte abgestimmt.

Wir beginnen jetzt mit dieser Debatte. Ich erinnere Sie daran, daß der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten hat, alle anderen Abgeordneten eine Redezeit von 5 Minuten. Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre sollen sich in ihren Wortmeldungen auch nicht länger als 10 Minuten äußern.

Herr Abgeordneter Dr. Kier, Sie haben das Wort mit einer Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

17.37

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Am Montag dieser Woche ist der Bericht des Bundesministeriums für Inneres eingelangt, der dem Bundesminister durch eine Entschließung dieses Hauses vom 10. Mai 1999 aufgetragen wurde.

Das ist eine angemessen lange Frist, denn es sind doch über zwei Monate zwischen der Entschließung und dem Bericht verstrichen, und das hat aus der Sicht der liberalen Fraktion vor allem einen wirklichen Schönheitsfehler: Dadurch wird es, wenn wir keine besonderen Beschlüsse fassen, nicht möglich sein, diesen Bericht im Innenausschuß zu besprechen. Wenn man zudem berücksichtigt, daß eigentlich sogar vorgesehen oder zumindest intendiert ist, daß dieser Bericht im Innenausschuß enderledigt werden soll, ist das besonders unangenehm.

Daher stellt die liberale Fraktion den Antrag, dem Innenausschuß zur Behandlung dieses Berichtes eine Frist bis 23. September dieses Jahres zu setzen. Diese Frist ist so gewählt, daß, soferne keine Enderledigung im Innenausschuß erfolgen sollte, noch die theoretische Möglichkeit bestünde, in diesem Haus über den Bericht des Innenausschusses zu debattieren. – Soweit zur Form.

Damit das möglich ist, wird die liberale Fraktion darüber hinaus einen Antrag auf Permanenterklärung des Innenausschusses zu diesem Punkt noch gesondert einbringen.

Damit ist, glaube ich, der Verständnisrahmen aufgemacht, was hier intendiert ist, und ich glaube, es wäre wichtig, nützlich und wertvoll, wenn der Bericht des Herrn Bundesministers für Inneres zum tragischen Tod des Marcus Omofuma hier im Hause, zumindest im Innenausschuß, auch wirklich debattiert werden könnte, denn das war wohl die Intention dieser Entschließung, die seinerzeit immerhin von den Kollegen Kostelka, Khol, Leikam und Kiss beantragt wurde und die in diesem Hause auch die entsprechende Mehrheit gefunden hat.

Damit Sie ein besseres Verständnis dafür haben, warum wir der Meinung sind, daß das einer Diskussion bedarf, halte ich fest: Die Entschließung ist durch den Bericht des Innenministers nicht erfüllt worden. Wir müssen daher verhindern, daß der Umstand, daß der Entschließung durch Herrn Bundesminister Schlögl nicht entsprochen wurde, nicht auch noch ein Verschweigen dieses Umstandes folgt, indem wir es nicht einmal diskutieren können.

Was sind die gravierenden Mängel des Berichtes? – Er ist spät gekommen und hat den Punkt 1 der Entschließung, der gelautet hat, die Umstände des Falles der Abschiebung des Marcus Omofuma in Kooperation mit der Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten einer umfassenden Aufklärung zuzuführen, nicht einmal andeutungsweise erfüllt, denn in diesem Bericht sind diesem Punkt ganze zehn Zeilen gewidmet. Es wird darin Bezug genommen auf eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft vom 3. Mai 1999, ohne daß diese Sachverhaltsdarstellung diesem Bericht auch nur beigelegt wäre.

 

Ich meine, wenn der Herr Bundesminister diesem Hause über eine von ihm erstattete Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft berichtet – das ist die eigentliche Aussage, die er da trifft –, dann wäre mit Fug und Recht zu erwarten gewesen, daß er diese Sachverhaltsdarstellung dem Bericht anschließt, also zu einem Teil des Berichtes macht, und damit das Hohe Haus wenigstens davon in Kenntnis setzt, welchen Sachverhalt er und die Beamten seines Hauses hier unterlegt haben, als sie die Staatsanwaltschaft damit befaßt haben.

Daß gleichzeitig – geradezu selbstverständlich – nicht einmal mit einer halben Zeile auf die politischen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit diesem Todesfall eingegangen wird, ist ein weiterer Mangel dieses Berichtes. Ich meine, es wäre wichtig, wenn sich das Hohe Haus noch vor den Wahlen am 3. Oktober mit diesem Bericht formgerecht auseinandersetzen könnte. Das ist die Intention unseres Fristsetzungsantrages.

Ich halte weiters fest: Zu Punkt 2 der Entschließung, bei dem die Frage hinsichtlich der dienstrechtlichen Maßnahmen für die betroffenen Beamten aufgeworfen und mit dem Ersuchen um Berichterstattung thematisiert wurde, wird nur lapidar das Ergebnis dieser dienstrechtlichen Maßnahmen festgehalten, nämlich daß schlußendlich eine Suspendierung erfolgt ist. Mit keiner Zeile wird aber darauf eingegangen, welche Vorgänge dazu notwendig waren und daß nicht von der Möglichkeit der sofortigen Außerdienststellung Gebrauch gemacht wurde, sondern daß erst in einem zweiten Anlauf suspendiert wurde. Das wäre in diesem Hause, im Innenausschuß mit dem Herrn Bundesminister zu erörtern – mit der Möglichkeit, es anschließend im Plenum zu besprechen.

Weiters: Auch Punkt 3 dieser Entschließung – ich halte noch einmal fest: diese Entschließung wurde von den Kollegen Kostelka, Khol, Leikam und Kiss beantragt –, der sich mit dem Menschenrechtsbeirat befaßt, ist diskussionsbedürftig. Die Entschließung hat vorgesehen, der Herr Bundesminister möge einen provisorischen Menschenrechtsbeirat einsetzen, und hat einen Pfeil in Richtung Sicherheitspolizeigesetz gemacht. Wir haben das Sicherheitspolizeigesetz in dieser Woche auf der Tagesordnung, und es ist davon auszugehen, daß es die Mehrheit der Regierungsparteien finden wird.

Der Herr Bundesminister hat quasi einen Menschenrechtsbeirat eingesetzt. Er hat ihn auch schon politisch verkauft; er hat ihn als unabhängig verkauft. Die Wahrheit ist aber, daß dieser Menschenrechtsbeirat, so, wie er auf der Rechtsgrundlage des Bundesministeriengesetzes eingesetzt wurde – das gilt aber auch für jenen, den er dann auf der Rechtsgrundlage des novellierten Sicherheitspolizeigesetzes einsetzen können wird –, kein unabhängiger Beirat ist, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: In beiden Fällen wird dieser Beirat ausschließlich aus Mitgliedern bestehen, die jederzeit vom Bundesminister abberufen werden können.

Sie wissen, was es bedeutet, wenn ein Beirat aus Mitgliedern besteht, die jederzeit vom Bundesminister abberufen werden können. Dann ist das kein unabhängiger Beirat. Mögen die Personen in diesem Beirat noch so integer sein: Sie sind bedroht von der jederzeitigen Abberufung, und das hat allemal Folgen. Nicht zuletzt deswegen findet auch überall dort, wo man von unabhängigen Einrichtungen spricht – zum Beispiel bei der Richterschaft die Unabsetzbarkeit, der Rechnungshofpräsident wird für eine bestimmte Amtsperiode gewählt und so weiter –, die Unabhängigkeit auch in der Qualität, nicht abberufen werden zu können, ihre Absicherung.

Es gibt also keinen unabhängigen Beirat, und auch das ist Gegenstand des Berichtes, und auch das sollte in diesem Hause im zuständigen Innenausschuß und noch von diesem Haus besprochen werden können – wenn man davon absieht, daß Sie wissen, daß hier eingebrachte Berichte mit Ablauf der Legislaturperiode verfallen und in der nächsten Periode nicht neuerlich aufgegriffen werden können, es sei denn, wir fordern den Herrn Bundesminister nochmals auf, einen Bericht zu erstatten. Aber das wäre, so glaube ich, doch der etwas umständlichere Weg.

Ich halte fest, daß sich die Mehrheit dieses Hauses, also die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ, bis zuletzt hartnäckig geweigert hat, einen Untersuchungsausschuß in dieser Sache einzusetzen. Wir sind daher derzeit als österreichischer Nationalrat ausschließlich auf diesen Bericht angewiesen. Einen Untersuchungsausschuß haben Sie bisher abgelehnt. Ermöglichen Sie wenigstens die Diskussion dieses Berichtes!

Bleiben die Punkte 4, 5 und 6 der Entschließung. Diese sind jedenfalls dringlich zu diskutieren. Darin gibt es immerhin ein paar qualitätsvolle Aussagen, mit denen wir zwar nicht einverstanden sind, aber diese gilt es zu diskutieren. Ermöglichen Sie auch diese Diskussion in diesem Hause, und zwar durch dieses Haus in diesem Ausschuß! Ich halte das für wichtig.

Es bleibt mir eine Schlußbemerkung, damit Sie die Wichtigkeit dieses Anliegens, das noch zu diskutieren ist, voll nachvollziehen können. Mit keinem Wort teilt uns Herr Bundesminister Schlögl in diesem Bericht mit, was nach seinen Anweisungen zu geschehen hat, wenn sich in künftigen Abschiebungsfällen irgend jemand nicht wohlverhalten sollte. Er hält den rechtsfreien Raum offenbar aufrecht. Er ist offenbar in dieser Frage im Einklang mit seinem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Sika, der meint, wenn es keine Regeln gibt, gilt der rechtsfreie Raum, und sei es unter Verletzung der Menschenrechte. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Leikam. Herr Abgeordneter, für Sie und für die folgenden Debattenredner gilt eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

17.46

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Sozialdemokraten wird diesem Fristsetzungsantrag nicht die Zustimmung erteilen, und ich darf das auch begründen.

Wenn hier vom Abgeordneten Kier eingefordert wird, den Fall Marcus Omofuma im Parlament zu behandeln, so darf ich daran erinnern, daß es dazu eine eigene Sondersitzung gegeben hat (Abg. Dr. Schmidt: Wozu gibt es dann den Bericht? Hat man ihn für den Papierkorb geschrieben?), daß also am 10. Mai 1999 in einer Dringlichen Anfrage sehr ausführlich Gelegenheit für die Abgeordneten dieses Hauses bestand, über den Fall Marcus Omofuma hier im Parlament zu diskutieren. Das Ergebnis dieser Sondersitzung war letztendlich auch diese Entschließung, die heute offensichtlich wieder Anlaß ist, neuerlich eine Debatte im Nationalrat zu verlangen und den Innenausschuß für permanent zu erklären. Dem können wir nicht folgen. Es hat genügend Gelegenheit gegeben. (Abg. Dr. Schmidt: Entschuldigen Sie! Wozu hat es dann den Bericht gegeben? – Abg. Dr. Kier: Der Bericht ist zugewiesen worden!)

Wenn Sie hier vom Menschenrechtsbeirat sprechen (Abg. Dr. Schmidt: Für wen ist der Bericht gemacht?) – Frau Kollegin Schmidt, Sie müssen nur zuhören und vielleicht auch ein bißchen lesen –, so darf ich doch in Erinnerung rufen, daß gerade der Inhalt der Verordnung des Menschenrechtsbeirates, so wie sie bis morgen noch gilt – morgen werden wir Gelegenheit haben, bei der Debatte zum Sicherheitspolizeigesetz auch über den Menschenrechtsbeirat zu reden –, wie er vom Innenminister erstellt wurde, von Amnesty International als beispielhaft für alle europäischen Staaten hingestellt wurde. Das gibt es sonst nirgends, was der Innenminister in dieser Verordnung zum Menschenrechtsbeirat alles verankert hat. Das sollten auch Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren vom Liberalen Forum! Von allem Anfang an – das betone ich ausdrücklich – hat der Innenminister dafür gesorgt, daß größtmögliche Transparenz beim Fall Marcus Omofuma gegeben war. Größtmögliche Transparenz! (Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.) Es ist nichts verheimlicht worden, es ist nichts vertuscht worden, obwohl heute diese Sprachregelung hier in diesem Hause immer wieder gebraucht wurde. (Abg. Dr. Schmidt: Warum wollen Sie dann über den Bericht nicht reden?) Es ist hier größtmögliche Transparenz geschaffen worden.

Am 1. Mai hat sich dieser äußerst tragische und bedauerliche Vorfall ereignet, und bereits am 2. Mai hat der Herr Innenminister die Öffentlichkeit nach seinem damaligen Wissens- und Erkenntnisstand über das Ergebnis informiert. (Abg. Dr. Gredler: Und niemanden suspendiert!) Was er sagen konnte, ist am 2. Mai der Öffentlichkeit bekannt geworden. Am selben Tag wurde an die Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt. Das heißt, seit diesem Zeitpunkt, seit 2. Mai, ist dieser Fall auch gerichtsanhängig.

Meine Damen und Herren vom Liberalen Forum! Sie sollten doch noch so viel Geduld aufbringen, zu warten, bis zumindest die Erhebungen und Ermittlungen durch die Justizbehörden abgeschlossen sind. Bis heute ist noch nicht einmal ein amtliches Obduktionsergebnis bekannt: weder in Österreich noch im Ausland. Nichts ist bekannt, aber Sie wollen im Parlament schon wieder weiterdiskutieren.

Es kommt auch von Ihnen immer wieder der Hinweis: noch in dieser Legislaturperiode und noch vor der Nationalratswahl! Warum machen Sie das so offen? (Abg. Dr. Schmidt: Weil das Ihre politische Verantwortung ist, Herr Kollege Leikam!) – Sie geben direkt zu, Sie wollen noch in dieser Legislaturperiode weiterdiskutieren. Diese Sondersitzung hat Ihnen nicht genügt. Es hat Ihnen nicht gereicht, daß Sie hier bereits Gelegenheit hatten, sehr ausführlich über diesen Fall zu diskutieren.

Parallel zur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft hat es aber auch die Bildung einer Sonderkommission im Innenministerium gegeben, die den Vorfall intern klärt. Karl Schlögl als Innenminister hat auch seit diesem Zeitpunkt Maßnahmen gesetzt. Es wurden Richtlinien erlassen, wie künftighin eine Abschiebung vor sich zu gehen hat. Ich gehe nicht in Details ein, denn das wäre viel zu lang und meine Redezeit dafür viel zu kurz.

Der Innenminister hat die Einsetzung eines Menschenrechtsbeirates verordnet, weil er nicht warten wollte, bis das Sicherheitspolizeigesetz im Parlament beschlossen wird. Er hat es verordnet! Morgen werden wir Gelegenheit haben, das auch noch zu beschließen.

Meine Damen und Herren! Was soll der Innenminister noch mehr tun? – Ich meine, daß alles gemacht worden ist, was gemacht werden konnte. Wir sollten jetzt abwarten, was die Justizbehörden bei diesem Fall herausbringen, wie sie ermitteln und was dann letztendlich hängenbleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. – Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

17.51

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Wir von der ÖVP haben für den Fall Omofuma eine sehr klare und eindeutige Linie: Wir bedauern selbstverständlich den tragischen Tod des Herrn Omofuma, und es muß alles unternommen werden, daß so etwas nicht mehr passiert und so etwas nie mehr wieder vorkommt.

Unser tiefes Mitgefühl – das möchte ich immer wieder sagen – gilt selbstverständlich der Familie, den Angehörigen des Herrn Omofuma und all jenen, die Herrn Omofuma nahegestanden sind. Aber unabhängig von diesem Vorfall haben wir natürlich auch Verständnis für jene Exekutivbeamten, die diese Abschiebungen durchführen müssen – sei es das fremdenpolizeiliche Büro, seien es die Beamten in Schwechat, seien es auch jene Beamten, die diese schwierige Tätigkeit durchführen. Wir müssen uns vor Augen halten, daß Abschiebungen eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt sind, welche Exekutivbeamte durchführen müssen. Daher gilt unser Verständnis auch – unabhängig von diesem Vorfall – jenen Beamten.

Ich sage in aller Deutlichkeit: Auch in Zukunft müssen unbedingt Abschiebungen durchgeführt werden, insbesondere auch dann, wenn sich jemand der Abschiebung widersetzt. Glauben Sie mir: Wenn wir nachgeben, wenn sich jemand der Abschiebung widersetzt, dann werden wir katastrophale Zustände bekommen. Das ist unsere Meinung, und dazu stehen wir. In einem Rechtsstaat hat der Bürger das Recht, daß auch diese Dinge gemacht werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kier: Bericht!)

Meine Damen und Herren! Damit Abschiebungen auch ordentlich durchgeführt werden können, damit die Beamten nicht sozusagen im luftleeren Raum stehen, waren Richtlinien dringend notwendig. Ich erinnere mich daran, daß der Minister aufgrund einer verständlichen Nervosität Husch-Pfusch-Richtlinien erlassen hat. Ich denke beispielsweise an den Helm, der vorgeschlagen wurde, Herr Kollege Leikam (Abg. Leikam: Das ist nie erlassen worden!), zu dem wir gesagt haben, so kann es nicht gehen, das ist nicht das Maß aller Dinge. Wir haben das kritisiert, haben aber auch unsere Mitarbeit angeboten. Ich bin froh darüber, daß unsere Experten der ÖVP eine Richtlinie erarbeitet haben, die das Innenministerium übernommen hat. Ich glaube, daß wir nun gute Richtlinien haben, anhand derer die Exekutivbeamten wissen, was sie zum gegebenen Zeitpunkt zu tun haben.

Wichtig ist meiner Meinung nach, daß künftig auch Charterflüge durchgeführt werden – das wurde schon einmal gemacht –, insbesondere wenn sich Leute Abschiebungen widersetzen. Charterflüge sind die einzige Möglichkeit, daß diese Maßnahmen durchgeführt werden können. Ich halte es auch aus Kostenersparungsgründen für dringend notwendig, daß das im Konsens und gemeinsam mit allen anderen Ländern gemacht wird.

Morgen – Kollege Leikam hat es bereits mitgeteilt – wird es eine Beschlußfassung über die Installation des Menschenrechtsbeirates geben, eines Beirates, der ein unabhängiges Gremium ist und die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden beobachten und überprüfen wird, damit eben die Menschenrechte gewahrt bleiben. Das halte ich für ein sehr wesentliches und wichtiges Instrument. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend sei gesagt: Seit Bekanntwerden des Falles Omofuma wurde zweifellos vieles gemacht, vieles getan – auch in Absprache mit den verschiedenen Interessengruppen. Wir von der ÖVP werden dem Fristsetzungsantrag deshalb keine Zustimmung erteilen, weil die politischen Konsequenzen umgesetzt worden sind, weil wir von der ÖVP für einen starken Staat stehen – und dem Wahlkampfgetöse des Liberalen Forums keine Plattform geben wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Höbinger-Lehrer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

17.55

Abgeordnete Dr. Liane Höbinger-Lehrer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte meinen, daß in den letzten Wochen und Monaten in diesem Hause praktisch in jeder Plenarsitzung der Fall Omofuma – so traurig er auch ist – thematisiert wurde. Ich glaube aber, daß es in Wahrheit gar nicht so sehr um die Sache selbst geht, sondern eher um die immer noch im Raum stehende Demontage des Innenministers, der Ihnen nicht genehm ist, weil er eine Asylpolitik betreibt, die eben nicht in Ihr Konzept paßt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß dieser Antrag einzig und allein darauf abzielt, wieder einmal eine Aufweichung dieser Asylpolitik zu erreichen und Österreich zu dem zu machen, was weder die österreichische noch die in unserem Lande lebende ausländische Bevölkerung will. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Krüger: So ist es! Genau!)

Der Herr Innenminister, der heute nicht anwesend ist, weil sich eine solche Kurzdebatte dafür sicherlich nicht lohnt, hat nach einer Schrecksekunde – Gott sei Dank! – richtig reagiert und wieder die normale Abschiebungspraxis eingeführt, die aber sicherlich nicht unter jenen Voraussetzungen stattfinden darf, wie man sie Herrn Omofuma sozusagen angedeihen ließ. Aber ich glaube, daß jetzt der Moment ist, daß man zur Normalität zurückkehren sollte. Es ist ein normales Gericht, ein unabhängiges Gericht dazu aufgerufen, diese Sache aufzuklären. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Anträge gestellt, und ein Sachverständiger, der über jeden Zweifel erhaben ist, wird ein Gutachten erstellen. Diese Sache sollte man jetzt endlich einmal abwarten und nicht immer durch neue Anträge stören. Man muß einmal die unabhängigen Gerichte arbeiten lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, was mir bei der ganzen Sache so traurig vorkommt: Wir alle bedauern, was Herrn Omofuma passiert ist, und wir alle sind an einer Aufklärung interessiert, aber ich höre nie einen Aufschrei, wenn ein armer Mensch auf der Straße durch einen Raser stirbt. Ich höre keinen Aufschrei und sehe keine Demonstration, wenn ein Verbrecher einen Unschuldigen ermordet. Da gibt es nichts, da geht man zur Tagesordnung über. Nur dort, wo Sie glauben, daß es Ihren Zwecken dient, entrüsten Sie sich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es dient Ihren Zwecken nicht, denn die Bevölkerung will gar nichts mehr von dieser Geschichte wissen, das ist das Faktum. Ich höre es draußen. Wenn man den Namen auch nur nennt, sagen die Leute: Mein Gott, schon wieder! – Es ist bedauerlich, daß dem so ist, aber das ist die Realität.

Ich meine, man sollte jetzt endlich einmal in Ruhe das Ganze betrachten und fragen: Was war denn tatsächlich? – Daß all das nicht zu dulden ist, ist selbstverständlich, aber der Innenminister hat in Wirklichkeit auch reagiert. Er hat sofort – ich will das nicht wiederholen – eine Sachverhaltsdarstellung gemacht. Er hat jetzt sogar mittels Verordnung, was eigentlich gar nicht üblich ist, diesen Menschenrechtsbeirat eingeführt, den Sie in diesem Hohen Hause seit Ende Oktober letzten Jahres behandeln hätten können; dann wäre er schon längst eingeführt gewesen, dann wäre all das vielleicht nicht passiert. Das ist durchaus möglich, wurde aber blockiert – sicherlich nicht von Ihnen, sondern das wurde dadurch blockiert, daß man sich über andere Fragen nicht einigen konnte. Über den Menschenrechtsbeirat hat es sicherlich nie eine besondere negative Diskussion gegeben. Aber ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem man die Sache sowieso einem Gremium überlassen kann, das dafür gewisse Voraussetzungen, wenn auch vielleicht nicht alle, mitbringt.

Wir werden diesem Fristsetzungsantrag aber dennoch zustimmen, denn uns interessieren ein paar andere Dinge, wie etwa: Wer hat die Reise der Familienmitglieder Omofuma bezahlt? Wer hat das Hotel bezahlt? Wieso sind die Leute beim Außenminister empfangen worden? Ich habe, wie gesagt, in meiner mehr als 25jährigen Praxis bei der Staatsanwaltschaft nie gesehen, daß irgend jemand eingeflogen oder vom Außenminister empfangen wurde, nur weil an ihm ein Verbrechen geschehen ist. Darüber wollen wir auch Aufklärung, und darum werden wir Ihrem Fristsetzungsantrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste und letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

18.00

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Tagesordnung überzugehen, wie es hier mehrfach verlangt wurde, ist nicht so einfach. Kollegin Höbinger-Lehrer hat in ihrem Debattenbeitrag gesagt, sie habe es noch nie erlebt, daß der Herr Außenminister Angehörige eines durch die Strukturen der österreichischen Verwaltung und der Beamten Getöteten empfangen hat.

Gott sei Dank, Frau Kollegin Höbinger-Lehrer, war das noch nie notwendig, denn es ist unseres Wissens nach der erste tote Schubhäftling in Österreich, der unmittelbar in Gewahrsam der österreichischen Polizei gestorben ist. Aber ich möchte mich nicht mit Frau Kollegin Höbinger-Lehrer beschäftigen, denn dafür ist die Zeit zu schade.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, worum es geht, ist, die politische Verantwortung zu klären. Wenn sich der oder die eine oder andere die Mühe gemacht hätte, diese lapidaren dreieinhalb Seiten durchzulesen, dann würden Sie eine Ahnung davon haben, warum Kollege Kier und auch wir über diese lapidaren dreieinhalb Seiten so empört sind, und zwar nicht nur, weil diese dreieinhalb Seiten absolut nichtssagend sind, sondern was mich noch mehr empört, ist, daß Kollege Leikam, immerhin – immerhin! – Ausschußvorsitzender des Innenausschusses, gesagt hat: Genügt es Ihnen nicht, daß es eine Sondersitzung zum Thema Omofuma gab?

Herr Kollege Leikam! Am 1. Mai ist dieser bedauerliche Fall passiert. Am 2. Mai ist auch etwas passiert, nämlich die erste Falschmeldung, die erste Desinformation ist über den Äther gelaufen. Am 2. Mai hat der Korpsgeist, das Blocken, das Nur-ja-nichts-Weitersagen begonnen. Der Herr Bundesminister ist noch zehn Tage später mit betroffenem Gesicht hier gesessen und mußte im Parlament erfahren, daß ihn seine eigenen Beamten hinters Licht führen, daß sie ihm etwas anderes sagen als das, was tatsächlich die Wahrheit ist.

Das, meine Damen und Herren, sind nur einige Details aus diesem sogenannten Fall Omofuma, der nicht nur ein Fall Omofuma ist, weil Marcus Omofuma gestorben ist, und zwar in Begleitung und unter Beihilfe österreichischer Exekutivbeamter, sondern weil er aufgrund eines Systems gestorben ist, das diesen Fall zugelassen hat. Darum ist es, sehr geehrter Herr Vorsitzender des Innenausschusses, nicht die Frage einer Sondersitzung, einer dringlichen Anfrage der Opposition, sondern die Frage des Ernstnehmens der Probleme, die in diesen Strukturen stecken. (Beifall bei den Grünen.)

Das sind nicht lapidare dreieinhalb Seiten, mit denen sich weder die Menschenrechtsbewegung in Österreich noch auch die Kritiker in Ihren eigenen Reihen zufriedengeben werden. Mit dreieinhalb Seiten ist diese Sache nicht erledigt!

Darum unterstützen wir Ihre Fristsetzung, Kolleginnen und Kollegen der Liberalen, und darum unterstützen wir auch den Vorschlag, den Ausschuß für permanent zu erklären, denn da wären noch so viele Details zu klären, von denen wir unter Umständen heute noch gar nichts wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Eine zweite Feststellung: Es geht nicht allein um die drei Herren, die Marcus Omofuma – jetzt wörtlich genommen – in den Tod begleitet haben. Da haben Sie schon recht, und das haben alle gesagt: Die Gerichte sind aufgerufen, die strafrechtlich relevante Seite dieses Falles zu klären, die Gerichte sind aufgerufen, Recht zu sprechen über die drei, gegen die jetzt die Untersuchungen laufen. Aber keine Staatsanwaltschaft, Frau Kollegin Höbinger-Lehrer, untersucht die Strukturen, die das zulassen. Keine Staatsanwaltschaft hat sich bisher dafür interessiert, was eigentlich davon zu halten ist, daß man 1995 in Berichten an den Herrn Bundesminister für Inneres und jährlichen Berichten von "amnesty international" von groben Menschenrechtsverletzungen in den österreichischen Polizeistrukturen lesen konnte, und keiner kümmert sich darum. Das ist es, womit es sich zu beschäftigen gilt, das es aufzuklären gilt.

Wir werden – das kann ich Ihnen versprechen – hier den Mund nicht halten. Wir werden ihn so stark aufreißen wie nur möglich! Denn ich will nicht in einem Land leben, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten werden, in dem nur Korpsgeist in der Polizei herrscht!

Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, für mich ist Polizeireform das Wesentliche. Für mich ist die Frage der Sicherheit eine Frage der Demokratie. Demokratie braucht Sicherheit, aber Sicherheit braucht auch Demokratie. Das ist es. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, und ich wiederhole, über welchen Antrag abgestimmt wird, nämlich dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Bericht des Bundesministers für Inneres betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O., III-199 der Beilagen, eine Frist bis 23. September 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über die Punkte 14 und 15 der Tagesordnung – sie betreffen das Bundesstraßengesetz sowie den Entschließungsantrag 847/A (E) – wieder auf.

Nächster Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Kurt Eder mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

18.07

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich komme wieder zurück auf die unterbrochene Debatte betreffend das Bundesstraßengesetz und möchte dazu drei Anmerkungen machen.

Die erste Anmerkung ist, daß ich es sehr begrüße, daß es im Rahmen der gesamten Verhandlungen GSD sehr rasch zu einer Vorlage betreffend Bundesstraßen gekommen ist. Diese Vorlage beinhaltet ein gewisses Neuordnungssystem des gesamten hochrangigen Straßennetzes, aber darüber hinaus wurden auch einige EU-Richtlinien eingearbeitet.

Meine drei Punkte, die ich anführen möchte, beziehen sich allerdings auf eine für Wien äußerst wichtige Straße, die nunmehr in diesem Gesetz enthalten ist, und das ist die Nordostumfahrung Wien. Diesbezüglich haben Abgeordnete wie Kollege Edler und einige andere eine Petition eingebracht. Dieser Petition wird nunmehr durch dieses Gesetz Rechnung getragen. Man kann sehen, daß es dann, wenn sich einige Abgeordnete für eine wichtige Straße Wiens einsetzen, auch sehr rasch zu einer Erledigung kommt, und das ist zu begrüßen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der zweite Punkt, zu dem ich sprechen möchte, ist – das ist auch von den Oppositionsrednern gefragt worden –, wie all das finanziert werden soll. Darauf gibt es eine sehr einfach Antwort: Dieses ganze System kann natürlich mit Mitteln des LKW-Road-Pricings finanziert werden. Daher appelliere ich an Sie, Herr Bundesminister – wir haben das auch schon sehr oft in anderen Gremien, vor allem auch im Ausschuß, diskutieren können –, doch danach zu trachten, dieses LKW-Road-Pricing so rasch wie möglich zu installieren.

Die Frage, die wir immer diskutieren, nämlich ob man warten soll, bis EU-weit ein gemeinsames integriertes technisches System kommt, kann auch ein bißchen in die Richtung gehen, daß das Ganze immer wieder aufgeschoben wird, weil man nie genau weiß, wann Road-Pricing für LKW im Rahmen der Europäischen Union oder in unserem Nachbarland Deutschland tatsächlich eingeführt werden wird.

Eines darf ich auch sehr deutlich sagen: Als die Meldung von Vorstandsdirektoren der ASFINAG kam, daß sie sich wünschen, die Vignettenpreise zu erhöhen, habe ich das sofort in einer Reaktion schärfstens zurückgewiesen, weil es absolut nicht Aufgabe des Managements ist, über Preiserhöhungen der Vignette zu reden, sondern sie wissen ganz genau, im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz ist klar geregelt, daß der Herr Wirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Finanzminister über diese Preisgestaltung zu befinden hat. Daher haben sich Vorstandsdirektoren nicht das Recht herauszunehmen, diese Diskussion in der Öffentlichkeit zu führen.

Zum dritten möchte ich sagen – damit bin ich schon mit meinem Beitrag fertig –, daß ich es sehr begrüße, was der Herr Bundesminister heute gesagt hat, nämlich daß nunmehr auf den hochrangigen Straßen, Autobahnen und Schnellstraßen, ein entsprechendes Baustellenmanagement installiert werden soll, sodaß der Verkehr in diesen Bereichen möglichst störungsfrei funktioniert. Ich kann nur an Sie appellieren, Herr Bundesminister, daß Sie tatsächlich ernsthaft darauf einwirken, daß die Vorstandsdirektoren in der ASFINAG, ÖSAG und ASG nicht über Preise nachdenken, sondern darüber, wie man es den Autofahrern erleichtert, auf Autobahnen und Schnellstraßen von Punkt A zu Punkt B zu kommen. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser mit einer gewünschten Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

18.11

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Heute wird wieder etwas beschlossen, dessen Finanzierung in den Sternen steht – konkret: auch in den Sternen der Europäischen Union. Herr Präsident Maderthaner hat gesagt, Road-Pricing komme erst dann, wenn europäischer Gleichklang bestehe. Herr Minister Farnleitner hat immer darauf hingewiesen, wir könnten nur dann Straßen bauen, wenn wir sie finanzieren können, und wir bräuchten die Form des Road-Pricing, die er mit der ASFINAG ausverhandelt hat, und es soll ab 2002 möglich sein. (Abg. Marizzi: Zuerst muß man es planen!)

Wie paßt das zusammen? – ÖVP-Mandatare – nicht nur Herr Präsident Maderthaner – sagen immer wieder: im europäischen Gleichklang. Es könnte sehr wohl etwas Zusammenpassendes daraus entstehen, und zwar dann, wenn man den europäischen Gleichklang sozusagen durch ein "Nachziehen" mit den Nachbarstaaten Italien, Frankreich, Spanien oder Portugal herstellt, in denen schon längst der LKW-Verkehr und auch der PKW-Verkehr in stärkerem Ausmaß fahrleistungsabhängig bemautet werden. Das ist eigentlich der europäische Gleichklang. (Abg. Mag. Kukacka: Sind Sie für die PKW-Maut, Frau Kollegin?)

Wir sollten mit den Ländern, in denen das schon eingeführt ist, nachziehen und nicht den "europäischen Gleichklang" sozusagen als Floskel dafür zu verwenden, daß man das Road-Pricing zur selben Zeit wie Deutschland einführen will. (Abg. Mag. Kukacka: Sind Sie für die PKW-Maut, Frau Kollegin?) – Ja selbstverständlich! Ich bin für die kilometerabhängige (Abg. Mag. Kukacka: PKW-Maut!), für die PKW-fahrleistungsabhängige Abgabe im Zusammenhang – das ist ganz wesentlich, Herr Kollege Kukacka! – mit der ökosozialen Steuerreform, das heißt im Zusammenhang mit einem 10 000-S-Bonus an jede Person. Das ist ganz wesentlich. (Abg. Mag. Kukacka: Sie sind für die PKW-Maut! Das werden wir den Autofahrern sagen!)

Wir sind gegen die Benzinpreiserhöhung. Wir haben immer gesagt, es müssen die wahren Kosten bezahlt werden. Das habe ich Ihnen gegenüber schon sehr häufig erwähnt, und ich habe auch mindestens so häufig schon darauf hingewiesen, daß fahrleistungsabhängige Abgaben erforderlich sind. (Abg. Mag. Kukacka: 16 S Benzinpreis!) – Nein, das ist nie von uns gekommen. (Abg. Rosemarie Bauer: Ah geh!)

Allerdings soll es parallel dazu die Entlastung durch den Ökobonus geben. Damit wäre das sogar eine Art Nullsummenspiel, das Anreiz dazu bietet, sein Auto weniger oft einzusetzen und dafür mehr vom Ökobonus zu konsumieren. Das wäre unsere verkehrspolitische Dimension, die auch im Verkehrsbereich Kostenwahrheit einführt und die Ihnen, Herr Minister Farnleitner, vielleicht zum Teil die Finanzierungssorgen nehmen könnte.

Aber Sie beschreiten einen anderen Weg. Ihr Road-Pricing ist infrastrukturmäßig sehr teuer. Es ist baupolitisch sehr schwierig, sich gegen die Interessen mancher Bundesländer durchzusetzen. Es hat vor allem ein sehr großes Problem: Ihre eigene Partei läßt Sie mit Ihrer Road-Pricing-Variante im Stich, ja hat Sie schon im Stich gelassen, weil das Jahr 1998 der ursprüngliche Termin war. Jetzt gehen wir auf das Jahr 2000 zu, und noch immer fahren LKW so billig wie noch nie. Daß sie in Österreich so billig fahren wie noch nie, haben Sie wiederholt im Ausschuß und auch hier im Plenum festgehalten. Sehr zu Ihrem Leidwesen fahren sie halt so billig, aber sie fahren.

Die Straßen, die Sie bauen, beschleunigen diese Entwicklung natürlich noch. Das Fahren wird leichter. Herr Präsident Maderthaner hat gesagt, man muß das Ganze als positives Signal in Richtung der Nachbarländer werten. Herr Präsident! Haben Sie sich nicht die GSD-Studie durchgesehen, die durchaus auch im Interesse des Wirtschaftsministeriums erstellt worden ist, in der immer wieder darauf hingewiesen wird, daß es darum geht, intermodale Verkehrsbeziehungen anzubieten, intermodale Verkehrssysteme zu entwickeln, damit die einzelnen Ballungsräume verbunden werden, und daß es notwendig ist, sozusagen verkehrsträgerübergreifend zu planen?

Diese GSD-Studie mit diesen verkehrsträgerübergreifenden Komponenten ist dann von Ihnen und auch von Ihnen, Herr Kollege Kukacka, auf ein reines Straßenbauprogramm reduziert worden. Das Straßenbauprogramm, das jetzt beschlossen werden soll, widerspricht im Endeffekt vielen Passagen und vielen Seiten dieser GSD-Studie, und es ist an sich eine Lüge, wenn man sagt, es gehe mit der GSD-Studie konform. Es übersteigt und übertrifft sogar das Ausbauprogramm, das in der GSD-Studie vorgestellt wird.

Die Menschen, gerade im Zentralraum von Wien, werden es Ihnen nicht danken, daß Sie diesen Ost-West-Transit durch den Ausbau der Straßenachsen noch verstärken. Sicherlich könnten Sie ohne weiteres einwenden, der LKW-Verkehr mache vielleicht nur 8 oder 10 Prozent aus, aber das Problem ist, er macht eben diesen Umfang aus. Das Hauptproblem ist aber, daß dann, wenn Sie die Straßen verbessern, immer mehr PKWs fahren, und im Endeffekt stecken sie jetzt und dann wieder in fünf bis sechs Jahren im Stau.

Das ist eine tödliche Spirale in der Verkehrspolitik, die Sie mit Ihren Gesetzen immer wieder ankurbeln, die Sie mit Ihren Gesetzen immer wieder hinaufschrauben und die im Endeffekt dazu führt, daß wir nie das Klimaschutzziel erreichen werden und daß wir auch nie das erreichen werden, was an sich ein Grundrecht für die Anrainer an Straßen ist, nämlich daß sie auch ein Leben in Ruhe führen und genießen können. Das wäre für mich schon eine wesentliche politische Aufgabe.

Zum Problembereich Werbung neben der Autobahn: Ich fürchte – das soll auch ein Teil dieses Gesetzes sein, wie ich heute hörte –, daß das im Endeffekt die Verkehrssicherheit zusätzlich beeinträchtigt. Natürlich, schöner ist schon zumeist die Landschaft, aber interessanter ist häufig die Werbung – vielleicht wenn noch dazu die Werbung "Schiene statt Verkehrslawine" neben der Autobahn plaziert würde; das wäre durchaus eine sehr reizvolle Perspektive.

Heute habe ich auch noch das Argument gehört, dieser Straßenbau sei unbedingt notwendig, um die wirtschaftliche Entfaltung zu gewährleisten, um Impulse zu geben. Dazu empfehle ich: Beschäftigen Sie sich mit wissenschaftlichen Studien, lesen Sie zum Beispiel Publikationen des Süddeutschen Instituts für nachhaltige Wirtschaft, und dann werden Sie feststellen, daß eine Korrelation zwischen der Arbeitslosigkeit und der Zunahme des Straßenverkehrs besteht. In der Region wird nicht nur produziert, sondern aus der Region fahren auch die Leute weg, und aus der Region wird Produktion in die Zentralräume verlagert. Das ist das Problem. (Abg. Rosemarie Bauer: Da kann ich Ihnen genau das Gegenteil beweisen!) Dieses sozusagen Herausziehen der Wirtschaftskraft aus der Region durch verbesserte Straßenbauangebote heizen Sie an, und das ist an sich kontraproduktiv – teilweise auch kontraproduktiv für Ihre regionalwirtschaftlichen Vorstellungen.

Dann gibt es noch ein Dogma oder eine Glaubenswahrheit, die da lautet: Mehr Verkehr heißt mehr Wirtschaftswachstum. – Lesen Sie in den EU-Broschüren nach! Darin ist deutlich deklariert, daß die Zunahme des Bruttoinlandsproduktes bei weitem geringer ist als die Zunahme im Verkehrsbereich und vor allem als die Zunahme der CO2-Emissionen aus dem Verkehrsbereich. Also es ist schon längst keine Korrelation im positiven Sinn mehr, sondern es ist eine Korrelation im negativen Sinn.

Deshalb sprechen sehr viele Gründe dafür, daß man dieser Novelle des Bundesstraßengesetzes negativ gegenübersteht. Ich brauche gar nicht erst auf die Auswirkungen im Hinblick auf die Ennsnahe Trasse einzugehen. Das wird mein Kollege Wabl übernehmen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur noch erwähnen, daß der Antrag von Kollegen Wabl betreffend Nordspange in Graz ein rechtliches Problem aufwirft. Die Nordspange in Graz wird gebaut, und zwar jetzt, 18 Jahre nachdem ein Bescheid erlassen worden ist – das muß man sich vorstellen –, der eine andere Trasse behandelt. Jetzt wird eine Unterflurtrasse geplant. Die Rechtsgrundlage spricht von einer normalen Straße.

Jetzt wird sozusagen acht Meter in die andere Richtung versetzt gebaut. Der Bescheid spricht von einer anderen Variante. Wir haben da praktisch – das ist schon relativ einmalig – ein Bauen ohne Rechtsgrundlage. Unser großes Problem ist allerdings: Wie kann ich den Bund zivilrechtlich klagen? – Das ist eine Lücke in der Gesetzgebung oder auch in der Verfassung. Daß Sie mit solch einer Politik bei den Anrainern, bei den betroffenen Leuten und insgesamt bei der Bevölkerung nicht auf Widerhall stoßen werden, wird Ihnen auch der 3. Oktober weisen.

Ich möchte im Hinblick auf den 3. Oktober – weil es darum geht, nicht zusätzlich Verkehr nach Österreich zu holen – noch einen Entschließungsantrag vorbringen, der darauf abzielt, daß das TEN-Netz auf Österreichs Straßen und Österreichs Territorium nicht erweitert wird. Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Verzicht auf Aufnahme österreichischer Straßenverkehrswege in den Rang der TEN

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, keine zusätzlichen Straßenverbindungen als TEN-Strecke deklarieren zu lassen.

*****

Diesen Antrag stellen wir vor allem im Hinblick darauf, daß auf diesen Strecken wahrscheinlich das Wochenend-, Nacht- und Feiertagsfahrverbot fällt oder eingeschränkt wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Dr. Moser eben vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

18.20

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte Sie nach der Rede der Kollegin Moser wieder auf den Boden der politischen Realität zurückholen und mit einem Leserbrief, der am 14. Juli dieses Jahres im "Neuen Volksblatt" abgedruckt war, ein wenig auf die Problematik einstimmen, der sich die Bürger draußen gegenübersehen.

Da schreibt Herr Hermann Würflingsdorfer aus Braunau – ich zitiere –:

Als Geschäftsführer eines Betriebes mit 140 Mitarbeiterinnen weiß ich über die Sorgen und Wünsche der Angestellten und Arbeiter durch viele Gespräche einigermaßen Bescheid. Man wünscht sich hier im flachen Land sicher keinen immens teuren Ausbau der ÖBB, sondern ganz intensiv die Herstellung besserer Straßenverbindungen. Viele Wirtschaftsbetriebe mit Zweigwerken oder Filialen in Tschechien beklagen die chaotischen Verkehrsverhältnisse zwischen Ende der Mühlkreis Autobahn und Wullowitz. – Zitatende.

Herr Würflingsdorfer trifft, wie ich meine, mit diesem Leserbrief den Nagel auf den Kopf. Denn es gibt kein "entweder Straße oder Schiene", sondern nur ein Sowohl-Als-auch.

Wir haben in der letzten Sitzung die GSD-Studie beraten, und ich möchte auch heute dem Herrn Bundesminister und seinem Ministerium diesbezüglich sagen, daß mit dieser Studie verantwortungsvoll vorausgeschaut wurde, um die Entwicklungen abzusehen, die jedenfalls auf uns zukommen werden, ob wir das wollen oder nicht. Die Empfehlung, den Kopf in den Sand zu stecken und "Management by Vogel Strauß" zu betreiben, wäre hier absolut falsch! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die GSD-Studie hat festgestellt, daß das Verkehrsaufkommen immens zunehmen wird, daß es sich verdoppeln wird und daß sowohl Schiene als auch Straßensystem – und da insbesondere das höherrangige – ausgebaut werden müssen. Wir können nicht fragen: Wollen wir das? Wollen wir das nicht? Wünschen wir uns das? Wünschen wir uns das nicht? Haben wir damit Freude oder haben wir keine Freude?, sondern wir müssen verantwortliche und verantwortungsbewußte Vorschau und Politik betreiben, indem wir diesem Trend und dieser vorausgeplanten und voraussehbaren Entwicklung Rechnung tragen.

Daher wird heute mit der Novellierung des Bundesstraßengesetzes der zweite Schritt vollzogen und definiert, welche höherrangigen Bundesstraßen aufgrund dieser GSD-Studie ausgebaut werden sollen.

Meine Damen und Herren! Die Alternative Schiene – damit meine ich nicht die "alternative Schiene", sondern die Alternative Schiene – ist eine notwendige Ergänzung und ein wichtiger Teil im Gefüge des Gesamtverkehrs und des Gesamttransportes.

Meine Damen und Herren! Aber bevor die Akzeptanz in Richtung mehr Transport auf der Schiene möglich ist, gehört natürlich die Infrastruktur ausgebaut. Es gehört nicht nur geworben, wie wir es jeden Tag hören, sondern es gehört vor allem etwas getan! Wenn beispielsweise ein Frächter, der für Mercedes Benz fährt, von Neumarkt am Hausruck bis Stuttgart mit seinem LKW im Durchschnitt sieben Stunden braucht, aber dann, wenn er die "rollende Landstraße" benützt, 21 Stunden unterwegs ist oder wenn gar, wie man hört, die Transporte von Graz nach Stuttgart, von Mercedes-Werk zu Mercedes-Werk, 48 Stunden auf der "rollenden Landstraße" brauchen, dann ist das zum momentanen Zeitpunkt wirtschaftlich nicht vertretbar, und es wäre wirtschaftlich ein Unsinn, die Alternative Schiene zu wählen.

Meine Damen und Herren! Daher gehört da nicht mit Werbeargumenten geworben. Der Slogan "Schiene statt Verkehrslawine" bringt keinen einzigen weiteren LKW auf die Schiene. Ich habe zumindest keinen weiteren gesehen. Vielleicht sollte sich der Herr Verkehrsminister einmal, wenn er wieder einen LKW wegzaubert, in diesen LKW hineinsetzen und, wenn er weggezaubert wird, schauen, wo er landet. Sicher nicht auf der Schiene, denn dort ist die Anzahl der LKW nicht größer geworden.

Die Schweizer haben einen Versuch gemacht. Der betreffende Artikel ist in der gestrigen Ausgabe der "Presse" nachzulesen, meine Damen und Herren. Darin heißt es: "Schweiz: Kein Verzicht auf das Auto. Anti-Stau-Kampagne wurde ein Flop." – Da wollte man mit einer sündteuren Kampagne in Zürich dem Verkehrsstau begegnen. Die Schweizer Bundesbahnen haben in diesen sechs Tagen nur 120 Karten verkauft. Kein einziger Pendler ist auf die Bahn umgestiegen. (Abg. Mag. Kukacka: Nicht einmal die Grünen!)

Meine Damen und Herren! Nicht einmal in der Schweiz geht so etwas! Daher würde ich dem Herrn Verkehrsminister empfehlen, er soll die Kampagne, die er macht – "Schiene statt Verkehrslawine" –, die vielleicht originell ist, aber letzten Endes überhaupt nichts bringt, sein lassen und diese Millionen lieber dem Herrn Wirtschaftsminister geben, damit er vielleicht die eine oder andere dringende Ortsumfahrung oder Bezirksumfahrung realisieren kann. Da wären diese Werbemillionen besser angelegt! (Beifall bei der ÖVP.)

18.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte.

18.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es ist unbestritten – wir alle sind derselben Meinung –, daß eine gut ausgebaute Infrastruktur in Form von Straßen ganz besonders wichtig für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort ist, und zwar auch für den Wirtschaftsstandort Österreich. Und wenn wir uns darüber einig sind, dann frage ich mich: Warum sind dann die österreichischen Straßen in einem derart bedenklichen, schlechten und unausgebauten Zustand, Herr Minister?

Wenn wir heute das zu beschließende Gesetz anschauen, dann sehen wir, es ist über weite Strecken lediglich eine Wunschliste, wie auch der Rechnungshof in seiner Stellungnahme festgestellt hat, in der es heißt: Mit der Aufnahme der neuen Straßenzüge in das Bundesstraßengesetz werden jedenfalls langfristig massive Kostenfolgen verbunden sein. Die Entscheidung über eine derart umfangreiche Erweiterung des Bundesstraßennetzes bedarf daher seines Erachtens einer ausführlichen Darstellung der Schätzkosten der einzelnen neuen Strecken im Entwurf des Gesetzes, in dem zurzeit lediglich die Schätzkosten für zwei Vorhaben angeführt sind.

Es wurde nachgebessert, es wurden weitere Projekte in die Schätzung einbezogen. Gesamtbedarf: 10,4 Milliarden Schilling. Hinsichtlich dieser 10,4 Milliarden sagt das Finanzministerium in einer Stellungnahme – ich zitiere –:

"Es wäre von besonders großem Interesse zu erfahren, wie sich das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten die Finanzierung der für das hochrangige Straßennetz vorgesehenen Projekte vorstellt. Bekanntlicherweise sind die derzeitigen Einnahmen der ASFINAG schon für die Verwirklichung des bestehenden Lückenschlußprogramms nicht ausreichend." – Zitatende.

Herr Minister! Das ist also eine Wunschliste. Es ist kein Geld da, und die wesentlichen weiteren Inhalte des Gesetzes beschäftigen sich im großen und ganzen mit der Frage: Wie stellt man die mögliche Einhebung der Maut auf eine gesetzliche Basis? – Es geht darum, daß die Mautanlagen als Bestandteile der Straßen akzeptiert werden und daß es möglich wird, von Unternehmen, wie es da heißt, bei Mehrkosten durch die Art und Häufigkeit der Benützung Beiträge zu kassieren. Es geht also wieder ums Kassieren!

Herr Minister! Ich sage Ihnen ganz ehrlich, die Unternehmen werden diese Beiträge nicht zahlen, so wie Sie es im Ausschuß gesagt haben, sondern es werden die Gemeinden, das Land und die Wirtschaftsförderung oder wer auch immer diese Beiträge zahlen, weil sie daran interessiert sind, daß sich auf ihrem Gemeindegebiet weitere Firmen ansiedeln können und ein Anschluß an die Straße gewährleistet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht weiters um einen Ziffernkreis im Bereich der B 301 bis 320, wo zwei Landesregierungen der Meinung sind, daß es Pläne gibt, auch diese Straßen mittelfristig einer Bemautung unterziehen  zu  können.  Dabei  wurde  aber  übersehen,  daß es,  wenn  man  schon so etwas macht,  auch mautfreie Alternativen  geben muß, die aber zum Großteil  wahrscheinlich  aus Platz-, aber auch aus Geldgründen nicht realisiert werden können.

Herr Minister! Noch einmal zur Maut. Unserer Meinung nach "brauchen" wir diese Maut, vor allem auch die Maut für die LKW, so wie der Steirer den Kropf. So "notwendig" haben wird das! Die Länder wissen das, und sie wissen auch, daß man damit in erster Linie die kleinen Spediteure und Frächter trifft, denen es noch nicht gelungen ist, ihren Standort aus Österreich oder aus dem innerösterreichischen Raum über die Grenze ins neue Ausland zu verlegen, wie es große Firmen tun. Diese kleinen Firmen wird es besonders treffen. Darum verhindern oder verzögern die Länder im wesentlichen ihre Zustimmung zur Maut, obwohl Sie die Einführung des Road-Pricing mit dem Ausbau der Tunnelröhren junktimiert haben.

Wissen Sie, Herr Minister, die Katastrophe im Tunnel ist vorbei, die Opfer sind inzwischen beerdigt, und es ist relativ still geworden um den Ausbau der Tunnels. Aber wir hoffen, es geht trotzdem etwas weiter.

Erklärbar ist auch eine gewisse Nervosität, die im Zuge der Ausschußsitzung aufgetreten ist, als die Pressemeldung des von Ihnen als "kleiner Angestellter" bezeichneten Herrn Schragl über die Verteuerung der Vignette hereingekommen ist. Herr Minister, Sie haben gesagt, das ist ein kleiner Angestellter mit Hitzschlag, aber für den gelernten Österreicher heißt das im Klartext: Nach der Wahl wird die Vignette teurer werden.

Wissen Sie, was die Leute interessiert, Herr Minister? – Welche Lücken werden geschlossen? Wann werden die Straßen fertig? Was kostet mich das Autofahren? Wie komme ich zu meinem Arbeitsplatz? Wie lange werde ich im Stau stehen? – Das sind die Fragen, die sich die arbeitende Bevölkerung stellt, und auf diese Fragen gibt auch dieses Gesetz keine Antwort. Im Gegenteil: Es wird über weitere Belastungen nachgedacht. Dieses Gesetz ist eigentlich das Papier nicht wert, auf dem es steht. – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.31

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! So schlimm wie Herr Kollege Schöggl sehe ich es nicht. Herr Kollege Schöggl, wir haben 1 650 Kilometer Autobahnen, 340 Kilometer Schnellstraßen und rund 10 000 Kilometer Bundesstraßen in Österreich. Es werden jährlich 19 Milliarden Schilling investiert; seit 1995 sind rund 24 Milliarden Schilling investiert worden. Das ist doch eine stolze Bilanz. Ich meine, daß es notwendig ist, auf der GSD-Studie aufzubauen und Projekte zu planen und zu finanzieren.

Heute geht es um das Straßennetz, um weitere 181 Kilometer bis zum Jahre 2006. Ich glaube, das wird zu schaffen sein. Es ist auch notwendig, das zu schaffen, denn die Straße ist genauso wie die Bahn sicherlich eine der wichtigsten Lebensadern unserer Wirtschaft.

Ich möchte jetzt aber zu einem anderen Punkt kommen, und zwar zum meistgebrauchten Wort dieses Sommers, nämlich "Stau". Meine Damen und Herren! Ich habe mir dazu die Pressemeldungen der letzten Tage herausgesucht. Da heißt es etwa im "Format": "Programmiertes Chaos auf unseren Straßen." – Oder im "Kurier": "Baustellenzirkus auf der A 2 begann mit Stau – größter Stau, Umleitungen, Kolonnen, Wartezeit, täglicher Verkehrsinfarkt auf der Süd Autobahn." – Ich bin froh, daß der Herr Bundesminister heute in seinem ersten Diskussionsbeitrag gesagt hat, er hat das abgestellt oder wird etwas dagegen machen.

Aber wenn auch "Die Presse" schreibt: "Und täglich grüßt der Stau", dann gibt das zu denken. Ich verstehe schon, Herr Bundesminister, daß die Straßen repariert werden müssen und daß viel gemacht werden muß. Aber Sie haben selbst auf den Mißstand hingewiesen – und wir waren im Ausschuß einer Meinung darüber –, daß zum Beispiel eine Baustelleneinrichtung am Freitag installiert wird, aber erst am Montag mit der Arbeit begonnen wird, und Samstag, Sonntag wird dort der Verkehr auf eine Spur oder auf zwei Spuren reduziert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist schlicht und ergreifend ein Witz! Auch die Autofahrerklubs schlagen schon Alarm. 500 Millionen Schilling jährlich kostet die Volkswirtschaft der Stau auf unseren Straßen! Allein auf der Tangente gehen im Jahr 2,6 Millionen Stunden im Stau verloren, und 3,5 Millionen Liter Treibstoff werden verbraucht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Herr Häupl soll was tun, eine Entlastung herbeiführen!) – Ja, Frau Kollegin, aber da sind viele Grüne dagegen! Sie wissen, wie lange diese das beeinspruchen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dann muß er sich halt durchsetzen, verhandeln oder wie auch immer!)

Frau Kollegin! Natürlich wird er sich durchsetzen und verhandeln, und Sie können auch davon ausgehen, daß die B 301 gebaut wird. Damit bin ich schon bei der Finanzierung. Frau Kollegin Partik-Pablé! Ihre Partei spricht sich immer gegen das Road-Pricing aus. (Abg. Dr. Ofner: Peter, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es Leute gibt, die ganz froh über die Einsprüche sind, weil sie sich das Geldausgeben ersparen wollen!) – Kann auch sein. Aber ich bin für das Road-Pricing.

Kollege Ofner! Ich werde dir jetzt ein Beispiel sagen. Für einen 38-Tonner, also einen schwerer Brummi, mußte man im Jahre 1995 82 000 S ausgeben, damit er fahren kann. Heuer, im Jahr 1999, bezahlt man dafür 55 000 S. Und weißt du, was ein Ost-LKW bezahlt? (Abg. Dr. Ofner: Nichts!) – 80 S am Tag! Und ihr von den Freiheitlichen seid gegen das Road-Pricing!

Du als Niederösterreicher, Kollege Ofner, müßtest wissen, daß in den letzten Jahren der Osttransit um 15 Prozent jährlich gestiegen ist, und diese Fahrzeuge sollen nach eurer Meinung gratis durch Österreich fahren und unsere Straßen ruinieren dürfen! Das ist euer Wunsch! (Beifall bei der SPÖ.) – Okay, dann sagt es der Bevölkerung, daß ihr die Osttransitler gratis durch unser Land fahren lassen wollt! Das wollt ihr ja letztendlich! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Eine andere Methode fällt dir nicht ein?)

Herr Bundesminister! Ich bin froh darüber, daß Sie auch in die Vignetten-Diskussion korrigierend eingegriffen haben. Ich bin froh, daß Sie eingegriffen und zu Ihren Direktoren gesagt haben, sie sollen endlich einmal den Mund halten. Sie haben gesagt, das ist ein Sommerhitzschlag. Wir Politiker werden immer wieder geprügelt für alle Aussagen und all das, was diese Direktoren machen. Herr Bundesminister! Wenn sie unfähig sind, dann sollen sie auch einmal gehen! Sie sollen nicht auf ihren Sesseln kleben. Diese Direktoren produzieren mit ihrer Falschplanung die Staus. Sie, die Herren Direktoren oder Generaldirektoren, machen Aussagen bezüglich Vignettenpreiserhöhungen, und wir, die Politiker – egal, ob von Schwarz, Blau oder Rot –, können es ausbaden! Herr Bundesminister, da erwarte ich mir von Ihnen einmal eine härtere Haltung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.36

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bau der B 67b, der sogenannten Nordspange, ist eines der wichtigsten Verkehrsprojekte der Stadt Graz. Diese Nordspange wird schon im nächsten Jahr die Stadtteile im Norden von Osten nach Westen und von Westen nach Osten in Form einer umweltschonenden Unterflurtrasse verbinden, und damit wird dann endlich ein wesentlicher Teil des Grazer Verkehrskonzeptes verwirklicht sein.

Herr Bundesminister! Ich möchte aber wie schon im Ausschuß die Gelegenheit wahrnehmen, darauf hinzuweisen, daß es mit der Nordspange allein nicht getan ist. Wir brauchen in Graz auch den Südgürtel zur Verwirklichung des übergeordneten Straßennetzes.

Die Geschichte der Nordspange ist tatsächlich, wie Frau Abgeordnete Moser bereits gesagt hat, sehr alt und reicht bis in das Jahr 1972 zurück. Schon damals ist das erste Detailprojekt beim Bautenministerium eingereicht worden und wurde dann nach jahrzehntelanger Diskussion und mehreren Umplanungen im vergangenen Jahr endlich in Angriff genommen. Die Nordspange hat nicht nur eine große wirtschaftliche Bedeutung für Graz. Darauf hat auch die Bürgerinitiative "Pro Nordspange" immer wieder hingewiesen. Die Umweltstudie von Universitätsprofessor Marth zeigt nämlich, daß durch die Unterflurtrasse auch für die Bewohner des Bezirkes Geidorf im Umweltbereich erhebliche Verbesserungen zu erwarten sind.

Für fast 7 000 Bewohnerinnen und Bewohner des dritten Grazer Stadtbezirkes wird eine Reduzierung der Lärm- und auch der Schadstoffbelastung erwartet. Daß eine kleine Gruppe von Personen, die sich vorwiegend in der "IG Carnerigasse" zusammengefunden haben, seit Jahren mit allen Mitteln versucht, diese Trasse – meiner Ansicht nach nach dem Florianiprinzip – zu verhindern oder zumindest zu verzögern, ändert nichts an den Fakten.

Für den Bau der Nordspange liegen zwei Gemeinderatsbeschlüsse aus den Jahren 1991 und 1995 vor. Es liegen alle rechtlichen Genehmigungen vor, die von der Volksanwaltschaft auch überprüft wurden und nicht beanstandet worden sind. Auf Wunsch der "IG Carnerigasse" hat die Stadt Graz im März 1996 freiwillig das umweltmedizinische Gutachten in Auftrag gegeben. Abänderungen von Professor Marth sind nicht vorgenommen worden. Die von der BUWOG beauftragten Gegengutachten konnten die Grazer Gutachten nicht erschüttern. Und in zahlreichen Bürgerversammlungen ist dieses Projekt auch ausführlich diskutiert und dargestellt worden.

Einen solchen Bau jetzt einzustellen wäre wirtschaftspolitisch, aber auch umweltpolitisch unverantwortlich. Daher hoffen wir auf die zügige Fertigstellung dieses Projekts. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Haigermoser hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Geschäftsordnung. – Bitte.

18.39

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Präsident! Ich habe eine unrichtige Behauptung des Herrn Kollegen Marizzi richtigzustellen. Er hat behauptet, daß die Freiheitliche Partei für die Gratisdurchfahrt von Ost-LKW durch Österreich sei. – Diese Behauptung ist unrichtig

Richtig ist vielmehr, daß wir für eine Besteuerung dieser meist auch umweltschädlichen Ost-LKW-Fahrten durch Österreich sind. (Abg. Mag. Kukacka: Wie geht denn das?)

Richtig ist aber, Herr Kollege Marizzi, daß insbesondere der Freie Wirtschaftsverband, eine sozialistische Unternehmerorganisation – der diesbezügliche Antrag liegt mir vor –, gemeinsam mit der ÖVP für die freie Fahrt von Ost-LKW eingetreten ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Marizzi: Okay, ich nehme es zurück! Schwach!)

18.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.40

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle fest: Die Voraussetzung zur Absicherung und Weiterentwicklung unseres Sozialsystems ist das kontinuierliche Wachsen unserer Wirtschaft. Eine prosperierende Wirtschaft braucht unbedingt eine gut ausgebaute, funktionierende Infrastruktur. Das heißt, daß wir, da Österreich ein Binnenland ist, vor allem für den bestmöglichen Ausbau unseres Straßen- und Schienennetzes sorgen müssen.

Mit dem heute zu beschließenden Bundesstraßengesetz gehen wir ein gutes Stück in Richtung Verbesserung und Ausbau des österreichischen Straßennetzes, und das ist dringend notwendig. Wir brauchen die bestmöglichen Straßen- und Schienenverbindungen. Beide Bereiche müssen wir ausbauen beziehungsweise den Erfordernissen anpassen.

Daher fordere ich, daß im künftigen Budget mehr Mittel für den Ausbau der Infrastruktur und da vor allem für den Straßenbau vorgesehen werden. Ich verlange auch den durchgehenden Ausbau der A 1 auf sechs Spuren.

Viele von Ihnen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wissen von ihren eigenen Wien-Fahrten, daß das Vorankommen auf dieser Autobahn immer schwieriger wird. In diesem Zusammenhang fordere ich wie Sie, Herr Bundesminister, ein besseres und professionelleres Baustellenmanagement.

Meine Damen und Herren! Es wird sicher niemand bestreiten, daß im Bereich des Schienenverkehrs in Österreich großer Nachholbedarf besteht. Doch wenn der Verkehrsminister schon seit Monaten "Schiene statt Verkehrslawine" trommelt, das heißt, daß er für die Benützung der Eisenbahn massivste Werbung machen muß, und das trotz der laufenden Zuschüsse an die Bahn aus Budgetmitteln in beträchtlichem Ausmaß, dann gewinnt man den Eindruck, daß in den vergangenen Jahren von den SPÖ-Verkehrsministern Streicher, Klima und Einem vieles nicht gemacht wurde, daß viele Versäumnisse aus dieser Zeit immer noch existieren. Dies versucht man nun mit massivem Einsatz von Werbung und Steuergeldern auszumerzen. Doch die Umsatzerlöse der ÖBB im Personalverkehr und auch im Güterverkehr sinken, und die Bundeszuschüsse für Infrastruktur und gemeinwirtschaftliche Leistungen der ÖBB sind höher als die von den Kunden erzielten Erlöse.

Trotzdem halte ich den von ÖBB-Generaldirektor Draxler und Minister Einem angekündigten forcierten Ausbau des Güterschienenverkehrs für richtig. Ich halte auch die angekündigte Wachstumspolitik für richtig. Nur, wenn dieses Wachstum durch Zukäufe von Speditionen namens Express und Interfracht, also von Unternehmen, die ehemals im Mehrheitsbesitz der Kommunistischen Partei Österreichs gestanden sind, erreicht werden soll, bin ich mehr als skeptisch, denn damit erreicht man keine Mehrauslastung des Schienengüterverkehrs, sondern stockt massiv die LKW-Flotte der ÖBB auf, und diese werden auf diese Weise zu einem der größten LKW-Frächter Österreichs. Diese Verkehrspolitik ist doppelbödig und wird noch dazu zum Teil mit Steuergeldern finanziert. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich weise noch einmal darauf hin: Die österreichische Wirtschaft kann neben anderen Maßnahmen nur dann funktionieren, wenn ihr die bestmögliche Infrastruktur zur Verfügung steht. Deshalb brauchen wir sowohl ein gut ausgebautes Schienennetz als auch ein gut ausgebautes Straßennetz.

In diesem Bundesstraßengesetz, das uns heute hier vorliegt, sind sowohl die Ergebnisse der GSD-Studie berücksichtigt, es wurden darin aber auch die Bundesstraßenverzeichnisse angepaßt und ein Verfahren zur Anhörung der Bevölkerung eingeführt. Meine Fraktion wird daher diesem Gesetz gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.44

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Gestatten Sie mir, zuvorderst einen einzigen Satz im Zusammenhang mit der Debatte über die Dringliche Anfrage zu sagen. Aus reinem Redezeitmangel konnte ich den Bundeskanzler auf das Thema im Zusammenhang mit seinem Sohn nicht mehr anreden. Wenn ich da irgendwelchen Falschmeldungen aufgesessen bin, werde ich nicht anstehen, diese zu korrigieren; das versteht sich von selbst. Übrigens hat der Herr Bundeskanzler es selbst zu verantworten, daß der Name seines Sohnes in diesem Zusammenhang in den Raum gekommen ist. (Abg. Marizzi: Ich habe mich bei Haigermoser entschuldigt!)

Nun aber zum Thema selbst: Mit dieser Novelle zum Bundesstraßengesetz 1971 werden besonders bedeutende Bundesstraßen B definiert, die zusammen mit den Autobahnen und Schnellstraßen das hoch- und höchstrangige Straßennetz bilden.

Besondere Bestimmungen regeln die restriktive Anbindung dieser Bundesstraßen an öffentliche Straßen und Wege.

Wenn man sich dieses hoch- und höchstrangige Bundesstraßennetz genauer ansieht und die einheitliche Numerierung B 301 bis B 320 verfolgt, dann entdeckt man die Verbindung Schladming – Liezen, die ehemalige B 146, Herr Bundesminister, und bei mir, der ich im Rechnungshof die Kriminalgeschichte der Ennsnahen Trasse miterleben durfte, läuten in diesem Zusammenhang die Alarmglocken.

Was mit der B 146 über nunmehr 27 Jahre nicht gelang, nämlich das Ennstal mit einer Autobahn oder autobahnähnlichen Straße zu zerschneiden, soll möglicherweise mit dieser Umbenennung auf B 320 gelingen; zumindest nähren Berichte aus der Steiermark diese Sorge.

Herr Bundesminister! Die Situation im Ennstal ist in der Tat unerträglich. Jedes fünfte Auto ist ein LKW, und diese blasen 70 Prozent der verkehrsbedingten Stickoxide aus. 90 Prozent dieses Verkehrs sind als reiner Transitverkehr einzuordnen, 10 Prozent dienen der Regionalversorgung. (Abg. Marizzi: Warum seid ihr gegen das LKW-Road-Pricing?)

Wir sind der Meinung, daß man endlich die Pyhrn Autobahn fertigbauen muß. Außerdem muß man die zweite Röhre beim Tauerntunnel bohren. Man muß weiters einen bestandsnahen Ausbau der B 320 durchführen. Man muß darüber hinaus die Umfahrung Stainach und Liezen realisieren. Man muß auch einen begleitenden Wirtschaftsweg bauen. Dann kann man die LKWs weg vom Ennstal großräumiger ableiten.

Wenn Sie meine Sorge entkräften können, Herr Bundesminister, wenn die Sorge wirklich eine Spiegelfechterei ist, dann sagen Sie uns bitte, was Sie, was die EU mit dem Ennstal konkret vorhaben! Die Menschen dort, die leidgeprüften Ennstaler haben sich eine Antwort verdient. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Müller. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.47

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Verehrter Herr Präsident! Herr Wirtschaftsminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich in meinem Debattenbeitrag ebenfalls auf die Novelle des Bundesstraßengesetzes, die ja neben einigen Anpassungen an das EU-Recht eine Neugestaltung des Bundesstraßenverzeichnisses vorsieht. Positiv ist, daß die Umsetzung neuer Infrastrukturprojekte wichtige Impulse für den Bausektor und damit auch Impulse für mehr Beschäftigung bedeutet. Andererseits wird die Realisierung dieses Straßenbaupaketes mit rund 25 Milliarden Schilling veranschlagt, und es wäre sehr interessant, zu erfahren, wie der zuständige Wirtschaftsminister diese Projekte finanzieren möchte.

Die ASFINAG sieht nämlich für diese zusätzlichen Straßenbauprojekte massive Finanzierungsprobleme. Die bisher geltende Formel, daß mit den Einnahmen aus der LKW-Maut alle künftigen Aufgaben finanziert werden können, sei nicht mehr zu halten, läßt sich vernehmen. Sie selbst, Herr Wirtschaftsminister – diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen –, haben die geplante Einführung des Road-Pricing bisher, zumindest aber seit 1998, nicht in Angriff genommen und dadurch zugelassen, daß der PKW-Verkehr auch weiterhin den LKW-Verkehr quersubventioniert.

Ich warne auch davor, die nunmehr für das Jahr 2002 geplante Einführung der elektronischen LKW-Maut unter dem Deckmäntelchen der Notwendigkeit eines von Schüssel und Kukacka geforderten europäischen Gleichklanges, wie es heißt, noch weiter zu verschleppen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist zwar richtig, daß Österreich auf die europaweite Zunahme der wirtschaftlichen Verflechtungen und der Verkehrsbeziehungen mit dem Ausland mit dem Ausbau der notwendigen Straßenverbindungen reagieren muß, aber trotzdem haben wir viel zu geringe Verlagerungsraten auf die Schiene und stehen mittlerweile vor einer Situation, die für die regionale Bevölkerung in verschiedenen Bereichen völlig untragbar geworden ist. Ursache sind auch die rasche Zunahme des LKW-Verkehrs und auch die damit verbundene Unfallhäufigkeit, die für die übrigen Straßenbenützer eine Gefährdung darstellt.

Daher ist es, glaube ich, legitim, zu fordern, daß jene Verkehrsteilnehmer, die die meisten Straßenschäden verursachen, nämlich der LKW-Verkehr, auch entsprechend zur Kasse gebeten werden sollen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Da ich dem nächsten Nationalrat nicht mehr angehören werde, bedanke ich mich bei den Bediensteten dieses Hauses wie auch bei allen Beamten der Ministerien, aber natürlich auch bei Ihnen allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die gute Zusammenarbeit und wünsche dem Hohen Haus für die nächste Gesetzgebungsperiode alles Gute. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Hans Helmut Moser.)

18.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Müller! Ich möchte mich auch vom Präsidium aus äußern und Ihnen herzlich danken. Es ist ja heute hier unter einem anderen Tagesordnungspunkt von einem Ihrer Haupttätigkeitsbereiche in diesem Hause gesprochen worden, nämlich vom Wasserrechtsgesetz. Sie sind Bürgermeister. Ich glaube, daß es ganz wichtig ist, daß in diesem Haus auch Bürgermeister vertreten sind, weil Bürgernähe und parlamentarische Verantwortung in einer sehr guten Verbindung zu sehen sind.

Ich möchte Ihnen, sehr verehrter Herr Abgeordneter, für Ihre weitere Tätigkeit, vor allem auch für jene, die Sie als Bürgermeister ausüben, alles Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

Es hat sich jetzt Herr Bundesminister Dr. Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

18.51

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich will dem Abgeordneten Müller nur folgendes mitgeben: Es hat nicht der Wirtschaftsminister das LKW-Road-Pricing blockiert, Herr Abgeordneter, sondern es hat der Verfassungsgerichtshof die rechtliche Basis für die Road-Pricing-Mautstreckenverordnung, § 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz, aufgehoben. Dieses Gesetz ist gestern im Bundesgesetzblatt saniert erschienen. Ich darf auch Sie bitten, in Ihren neuen Verwendungen vor Ort in den Bundesländern jetzt die Errichtung der Mautstellen zu unterstützen. In allen Bundesländern wird von vielen die Einführung des LKW-Road-Pricing verlangt, aber jede einzelne Mautstelle mit den landesgesetzlichen Bestimmungen bis zum Höchstgericht bekämpft. Ich glaube, daß es da nur eine einheitliche Vorgangsweise geben kann, dann werden wir den Termin, den wir gemeinsam mit Deutschland aus sehr normalen logistischen Gründen anstreben, auch halten können.

Zur Ennsnahen Trasse, weil ich diesbezüglich von Herrn Abgeordneten Grollitsch angesprochen worden bin: Mehrere Augenscheine vor Ort zeigen, daß es sich sehr wohl um einen vitalen Wirtschaftsverkehr des Salzburger und Grazer Wirtschaftsraumes handelt. Wir werden ihn nicht auf andere Strecken verlagern können. Ob das jetzt eine Autobahn, autobahnähnliche oder andere Straßen sind, wir werden dort eine Lösung finden müssen, weil wir uns nicht auf Dauer von dem berühmten Vogelpärchen-Krächzkrächz blockieren lassen können. Denn sonst wird in diesem Fall immer die Bevölkerung dafür gestraft, daß wir keine Entscheidungen treffen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Trattner hat sich als nächster Redner zu Wort gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.53

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben sich gewundert, Herr Wirtschaftsminister, daß wir kritisiert haben, daß es bei der Gebarung der ASFINAG sicherlich Probleme geben wird, und zwar werden diese schneller kommen, als Sie es sich ausgerechnet haben. Hinsichtlich des Eigenkapitalzuschusses in der Größenordnung von 8,5 Milliarden Schilling haben Sie im Jahre 1997 eine Planrechnung erstellt, wonach sich das jetzt bis zum Jahre 2002 ausgeht. Dann kann man eine LKW-Maut einführen, und dann wird man das Schiff hinüberbringen.

Aber mittlerweile stellt sich das Ganze so dar, daß per Bilanz 1998 nur mehr 7 Milliarden Schilling Eigenkapital da sind und Verlustvorträge in der Höhe von 3,25 Milliarden Schilling bestehen. Der Verlust im Jahre 1998 wird mit 1,1 Milliarden Schilling beziffert, und der Verlust im Jahre 1999 wird wahrscheinlich gut 2 Milliarden Schilling ausmachen. Das heißt, daß das Eigenkapital bereits Ende 1999 aufgezehrt ist. Dann ist nur mehr ein Luftpolster von 700 Millionen Schilling vorhanden, und dieser wird sicherlich nicht ausreichend sein.

Deswegen ist auch völlig richtig, was Kollege Firlinger gesagt hat, nämlich daß Sie jetzt beabsichtigen, die Vignettengebühr zu erhöhen, damit Sie die Möglichkeit haben, der ASFINAG entsprechende Mittel durch höhere Mauteinnahmen zuzuführen, damit sie überhaupt überleben kann, denn das Eigenkapital ist aufgebraucht. Deswegen ist die Kritik unserer Fraktion durch unseren Verkehrssprecher Firlinger völlig berechtigt gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie können nicht immer einfach darüber hinweggehen und so tun, als gäbe es da nichts Besorgniserregendes. Tatsache ist: Diese Situation ist nicht lustig, sie ist ernst zu nehmen, man kann sie nicht wegdiskutieren. Herr Bundesminister, Sie haben die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen und dafür zu sorgen, daß dieses Schiff nicht sinkt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.55

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als aufmerksame Zuhörerin dieser Debatte erscheinen mir zwei Widersprüche aufklärungsbedürftig, aber ich kann sie mir schon selber beantworten. Auf der einen Seite werden auf Teufel komm raus Forderungen für Straßenbauprojekte aufgestellt, auf der anderen Seite kommt der fast zynische Hinweis, daß kein Geld vorhanden wäre. Herr Kollege Müller hat hier beklagt, daß die PKW-Fahrer die Zeche für die LKW-Fahrer zu zahlen hätten. Nicht angesprochen wurde meiner Meinung nach der Umstand – und diesen halte ich für einen Skandal –, daß nämlich für den Bereich Schiene und den öffentlichen Verkehr eine Unmenge von Geld vorhanden ist, während sich die Autofahrer ihre Strecken selber zahlen müssen. Außerdem ist zu sagen, daß von jenen, die darauf Einfluß nehmen könnten, eine Veränderung zu bewirken, Forderungen aufgestellt werden, die nicht erfüllbar sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich – ich habe mich auch deswegen heute auf die Rednerliste setzen lassen –, daß für meinen Wahlkreis und meinen unmittelbaren Lebensraum, nämlich das Weinviertel, in diesem Bundesstraßengesetz einige ganz wichtige Maßnahmen und Vorhaben enthalten sind, die diesen Lebensraum beziehungsweise Wirtschaftsraum beleben können. Sie schaffen letztendlich auch gute Verbindungen zu unseren nördlichen Nachbarn, zu Tschechien und zur Slowakei, wo ja seinerzeit durch den Eisernen Vorhang die Verkehrsadern abgeschnitten waren. Die sind aber für einen wirtschaftlichen Aufschwung und Ausbau letztendlich ungeheuer notwendig und erfüllen uns natürlich mit sehr viel Hoffnungen.

Die Nord Autobahn beziehungsweise die B 303, eine Bundesstraße, die uns mit dem Raum Znaim verbindet und letztendlich die kürzeste Verbindung von Wien nach Prag – diese hat schon Mozart benützt, allerdings nicht auf den heutigen Straßen – und weiter nach Berlin, in den nördlichen EU-Raum, darstellt, ist, so glaube ich, von ganz enormer Wichtigkeit. Die Bewohner all der Gemeinden, die an dieser Straßenverbindung liegen, haben nach der Ostöffnung Ungeheures mitgemacht, und zwar nicht nur eine starke Lärmbelastung, sondern auch eine Belastung durch die große Zahl an PKWs und LKWs, sodaß mancher Orts- beziehungsweise Gemeindebewohner nicht einmal die Straße queren konnte, ohne sich zu gefährden.

Wir glauben daher, daß im Sinne der Verkehrssicherheit und einer zu erwartenden steigenden Verkehrsfrequenz, vor allem dann, wenn die Osterweiterung stattfindet, dort eine Verbreiterung in Form von vier Spuren vorgenommen werden soll und ein kreuzungsfreier Bereich notwendig ist, um die Bevölkerung und letztendlich auch die Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden.

Ich begrüße aber auch den Ring um Wien, weil er unmittelbar auch die Erschließung des Gebietes bedingt.

Ich freue mich mit Ihnen, Herr Bundesminister, daß wir diese Dinge wirklich durchgesetzt haben. Ich war lange Zeit in Sorge, daß dies nicht möglich sein wird, denn Kollege Edler hat, soweit ich mich erinnern kann – ich weiß nicht, ob Kollege Kummerer auch mit dabei war –, an den Verkehrsminister eine parlamentarische Anfrage zur Unterstützung eines besseren Straßenausbaues, Ring um Wien, gestellt und hat einen ähnlichen Brief bekommen, wie ihn unsere Bürgermeister erhalten haben, einen Brief, der sinngemäß folgendermaßen lautete: Ihr könnt euch brausen mit euren Vorhaben, die Schiene ist wichtiger! Solche Dinge kommen nicht in Frage!

Ich freue mich, daß auch der Ministerrat eine einhellige Zustimmung dazu gegeben hat, und bedanke mich ganz herzlich im Namen der Bevölkerung im allgemeinen, aber vor allem im Namen der Weinviertler für diese Straßenbauvorhaben. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, sie termingemäß zu beginnen und auch termingemäß abzuschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.59

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die wichtigste Neuerung dieses Bundesstraßengesetzes ist die Zusammenfassung von besonders bedeutenden Bundesstraßen – die zusammen mit den Autobahnen und Schnellstraßen das hoch- und höchstrangige Straßennetz bilden – in einer einheitlichen Darstellung als B 301 bis B 320.

Gleichzeitig erfordert die geänderte UVP-Richtlinie entsprechende Anpassungen wie auch Verfahrensvereinfachungen, die Ziel dieses Gesetzes sind. Damit werden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, den künftigen Straßenbau kostengünstig und rasch zu ermöglichen, und das ist gut so, denn die Verbesserung des Straßennetzes hat großen Einfluß auf die Möglichkeit, neue Betriebsansiedlungen zu schaffen und bestehende Standorte abzusichern, und verbessert auch die Wettbewerbssituation der österreichischen Wirtschaft.

Diejenigen, die mit Ansiedlungsverhandlungen zu tun haben, werden wissen, daß ganz oben auf der Prioritätenliste der Firmen, die sich ansiedeln wollen, nicht, wie in der Öffentlichkeit immer diskutiert, geschenkter Grund oder Steuernachlässe stehen, sondern die Prioritätenliste wird angeführt von den Voraussetzungen hinsichtlich technischer Infrastruktur, Synergieeinrichtungen und vor allem entsprechender Verkehrsanbindung für Straße und Schiene.

Das Road-Pricing, heute schon mehrfach genannt, ist ein ganz wesentlicher Beitrag, diese Straßen finanzieren zu können, und es sollte da, Herr Bundesminister, nicht noch mehr Zeit verlorengehen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Erhöhung des Vignettenpreises zur Finanzierung der Straßen ist heute durch den Herrn Bundesminister klargestellt worden, daß das nicht zur Debatte steht. Ich gehe davon aus, daß diese Meinung des Bundesministers auch über das Jahr 2000 hinaus gilt.

Viel wichtiger ist es, das Rationalisierungspotential im Rahmen der Straßenbaugesellschaften auszuschöpfen, wie es die SPÖ seit Jahren verlangt, zum Beispiel durch die Zusammenlegung von ASFINAG, ÖSAG und ASG zu einer einzigen Gesellschaft. Es ist auch schwer erklärbar, daß für nur rund etwa 1 500 Kilometer hochrangiges Straßennetz drei Sondergesellschaften tätig sind. Daher ist die ASFINAG angehalten, ihre gesamte Energie für die Umsetzung des Road-Pricing für Lkw einzusetzen, damit es endlich zu einer gerechten Kostenverteilung kommt.

Herr Bundesminister! Auch Sie sind zumindest mit gefordert, diese Punkte umzusetzen, und zwar sowohl die Zusammenlegung der Sondergesellschaften wie auch die Umsetzung des Road-Pricing.

Auch das Baustellen-Chaos wurde heute hier schon des öfteren erwähnt. Ich möchte mich damit nicht weiter auseinandersetzen. Es ist gut, Herr Bundesminister, wenn Sie den Auftrag geben, die Baustelleneinrichtung so anzusetzen, daß sie mit dem Beginn der Arbeiten zusammenfällt. Es gibt aber eine Reihe von anderen Problemen auf diesen Baustellen, und daher wäre es auch sinnvoll, die Organisation der Baustellen permanent zu kontrollieren.

Abschließend: Ich bin froh darüber, daß sich die Wünsche des Burgenlandes in diesem Gesetz wiederfinden. So wird zum Beispiel die B 50 im Abschnitt Kittsee – Parndorf als B 307 höher gereiht. Damit soll eine leistungsfähige Anbindung von der A 4 bei Parndorf über Kittsee nach Preßburg geschaffen werden. Die Kostenschätzung von 750 Millionen Schilling kann natürlich erst nach konkreter Planung und Durchführung der UVP konkretisiert werden. Erwähnen möchte ich hier auch noch die S 31, die als hochrangige Bundesstraße bis zur Staatsgrenze verlängert werden wird.

Ich hoffe und erwarte mir von Ihnen, Herr Minister, oder einem etwaigen Nachfolger, daß beide Maßnahmen im Interesse des Burgenlandes und seiner Menschen möglichst rasch in Angriff genommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstatter ist nicht gewünscht worden.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, und zwar stimmen wir über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2060 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Verzicht auf Aufnahme österreichischer Straßenverkehrswege in den Rang der TEN.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Seitens des grünen Klubs ist nur Abg. Öllinger im Saal anwesend.) – Eine Stimme dafür. (Ruf: Einstimmig! – Heiterkeit.) Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2061 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

16. Punkt

Bericht und Antrag des Bautenausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999) (2056 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 1013/A der Abgeordneten Karl Smolle und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) geändert wird (2059 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 1061/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau (2057 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 1106/A (E) der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen betreffend die Notwendigkeit von Maßnahmen im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus (2058 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 16 bis 19 der Tagesordnung.

Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Mag. Firlinger mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 8 Minuten das Wort. – Bitte.

19.06

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werte es als einen Erfolg freiheitlicher Politik, daß das Thema Mietensenkungen im Bereich der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften überhaupt zur Debatte steht und heute hier im Plenum behandelt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So gesehen freut es mich, daß auch die Regierungsparteien grundsätzlich die Notwendigkeit erkannt haben, in diesem Bereich endlich tätig zu werden. Allerdings ist jenes Reförmchen, jenes Vorhaben, auf die sich die Koalitionsparteien dann geeinigt haben, bei Gott nicht das, was sich die Mieter und Mieterinnen Österreichs, die Mieter von 400 000 gemeinnützigen Wohnungen erwartet und verdient haben. Es ist bestenfalls ein erster Schritt, ein kleines Wahlgeschenk für einen Teil der Betroffenen, um nach außen hin zu dokumentieren, etwas gemacht zu haben.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen wollen uns nicht mit einer kleinen Senkung in diesem Bereich zufriedengeben, sondern wir wollen eine deutliche Absenkung der Mieten, und zwar für alle Wohnungen in diesem Bereich und in einem Ausmaß bis zu 30 Prozent. Das, meine Damen und Herren, ist unsere Linie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt mehrere wesentliche Unterschiede, und diese möchte ich ganz kurz ansprechen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Was die Altbauten betrifft, so hat sich die Koalition auf einen Höchstbetrag von 35,10 S geeinigt. Ich meine, meine Damen und Herren, es ist besser als der Zustand vorher mit 47 S, aber im Grunde genommen wird jetzt nur teilweise repariert, was man mit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz angerichtet hat. Dadurch wurde nämlich den Mietern etwas weggenommen, und jetzt gibt man ihnen die Hälfte wieder zurück.

Zweiter Punkt: Bei den Auslaufannuitäten gibt es einen sehr wesentlichen Unterschied zwischen dem freiheitlichen Ansatz und dem der Regierung. Die Regierungsparteien wollen eine Begrenzung der Auslaufannuitäten, wir wollen, daß nach vollständiger Ausfinanzierung dieser Wohnungen überhaupt keine Miete mehr eingehoben wird. Wir wollen, daß dann die Miete auf den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag beschränkt bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das heißt also: kein Körberlgeld von Mietern, die ihre Wohnungen bereits ausbezahlt haben.

Dritter Punkt: Im neuen Gemeinnützigkeitsgesetz ist festgehalten, daß der Mieter mehr Rechte bekommen soll, Herr Kollege Eder, was den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag betrifft. Wir sind der Meinung, mehr Rechte sind gut und schön, und es ist auch grundsätzlich gerechtfertigt, daß der Mieter genauer wissen soll, welche Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden, und daß man hier einfach nicht mehr hemmungslos zugreifen kann, aber ich glaube, die Höhe ist zu diskutieren. Ich kann eigentlich nicht verstehen, daß Sie der Koalitionspartner da in die Pflicht genommen hat, denn in Ihrem ursprünglichen Antrag, den Sie gemeinsam mit Frau Kollegin Bures vorgesehen haben, ist sehr wohl auch die Rede von einem maximalen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag von 11,50 S. – Das ist genau die freiheitliche Linie, meine Damen und Herren!

Ein vierter Punkt, ein viertes wesentliches Unterscheidungsmerkmal: die Verpflichtung zur Nachverhandlung überhöhter Kredite. Sie haben eine Formulierung gefunden, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die vieles offenläßt. Das ist so ein bißchen eine "No na"-Verpflichtung. Man fordert auf, nachzuverhandeln, aber es ist nicht konkret, es ist nicht greifbar. Wir stellen uns das so vor, daß es eben keine allzu langen Laufzeiten und Fristen mehr geben soll, was die Zinsbindung anlangt, denn da gibt es ganz gute statistische Erfahrungen: Zinsen schwanken im Zeitablauf, und je länger die Zinsbindung ist, desto nachteiliger für den Konsumenten, für den Mieter. Da gibt es recht interessante Studien von der Arbeiterkammer, und es schmerzt mich eigentlich, daß diese in Ihre Überlegungen keinen Eingang gefunden haben.

Abgesehen von diesen vier Punkten, meine Damen und Herren, ist es ein ganz wesentliches Manko Ihres Regierungsantrages, daß Sie die von uns geforderte Entflechtung des gemeinwirtschaftlichen Wohnungswesens, die Entflechtung von Politik, von Parteibuchwirtschaft, die Entflechtung von den Banken und den Versicherungskonzernen nicht einmal im mindesten gedanklich vorweggenommen haben. Diesen Bereich, die Pfründewirtschaft, wollen Sie weiter schützen, da wird überhaupt kein Jota aufgemacht. Da bleibt alles so, wie es ist, meine Damen und Herren. Für uns ist das nicht akzeptabel! Wir sehen ganz klare Unvereinbarkeiten in diesem Bereich. Banken und Versicherungen gehören heraus, und auch Manager haben dort in den Aufsichtsgremien nichts verloren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, die Beispiele sprechen für sich; ich möchte daher jetzt nicht näher darauf eingehen. Wir haben Ihnen das alles einmal schon vorgeführt. Ich appelliere nur an Sie: Wenn Sie gescheit sind, dann überlegen Sie sich das wenigstens bei der nächsten Reform. Wir werden nämlich nicht nachlassen, das von Ihnen einzufordern, meine Damen und Herren.

In diesem Sinne möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Mieten im Gemeinnützigen Wohnbau um bis zu 30 Prozent

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Maßnahmen zu setzen, die eine Entpolitisierung des Gemeinnützigen Wohnbaus bewirken und durch die eine massive Senkung der Mietkosten im Bereich des Gemeinnützigen Wohnbaus um bis zu 30 Prozent erreicht wird, wie unter anderem durch:

1. Novellierung des § 9 des WGG in der Hinsicht, daß Beteiligungen der Geld-, Versicherungswirtschaft, Interessenvertretungen und politischen Parteien an GBV ausgeschlossen sind

2. Ausschluß von Führungsfunktionären von den unter Zif. 1 angeführten Institutionen von der Mitgliedschaft in Organen der GBV, zum Beispiel Geschäftsführung und Aufsichtsrat

3. Entflechtung der derzeitigen Doppelfunktion des Revisionsverbandes als Interessenvertretung und Kontrollinstanz, um eine unabhängige Prüfung der GBV sicherzustellen

4. Verpflichtung zur Weitergabe eventueller Preisnachlässe, welche Gemeinnützige Bauvereinigungen von den Baufirmen erhalten, an die Mieter

5. Keine Einhebung eines Grund- und Baukostenanteils von Mietern Gemeinnütziger Wohnungen

6. Absenkung des mit dem 3. WÄG festgelegten wertgesicherten Erhaltungsbeitrages in der Höhe von derzeit maximal 17,20 S/m2 auf 11,20 S/m2

7. Änderung des § 15 WGG in der Hinsicht, daß Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte die Möglichkeit haben, Eigentum an den aus öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen unabhängig vom Errichtungszeitpunkt erwerben zu können

8. Verpflichtung zum Abschluß von jederzeit nachverhandelbaren und tilgbaren Hypothekardarlehen ohne Fixzinssatzbindung und den damit verbundenen langen Laufzeiten."

*****

Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Reformen in diesem Bereich ernst nehmen wollen, wäre es hoch an der Zeit, den Vorstellungen von uns Freiheitlichen zu folgen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.14

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat, wie zu erwarten, kein gutes Haar an der Wohnrechtsnovelle 1999 gelassen, und wenn er paradoxerweise doch ein gutes Haar gefunden hat, dann war es angeblich ein blaues. Ich könnte jetzt seine Rede nach Strich und Faden zerreißen, tue dies aber nicht. Ich bin heute milde gestimmt, weil das meine letzte Rede hier nach fast 28 Jahren Zugehörigkeit zu diesem Hause ist.

Aber folgendes möchte ich dem Kollegen Firlinger, der in dem von mir so geliebten Bautenausschuß wahrscheinlich weiterhin tätig sein wird, doch ins Stammbuch schreiben – ich habe dieses Haus von beiden Seiten kennengelernt. Von den acht Gesetzgebungsperioden, die ich diesem Hause angehört habe, war ich viermal auf der Oppositionsbank, dreimal gegenüber SPÖ-Alleinregierungen, einmal gegenüber SPÖ/FPÖ-Regierung, und vier Legislaturperioden, allerdings davon eine kurze, auf der Seite der Regierungsparteien –: Ich glaube, daß die Opposition eine wichtige demokratische Rolle hat, auch im Gesetzgebungsprozeß. Diese Rolle kann aber nicht sein, alles schlechtzumachen, sondern die Rolle der Opposition ist es, die Regierung herauszufordern, die Regierungsparteien durch bessere Vorschläge herauszufordern, an einer Verbesserung mitzuarbeiten. Das ist der wesentlich bessere Weg der Opposition, als einfach alles schlechtzumachen, Kollege Firlinger. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich kann auch sagen: Man fährt nicht schlecht dabei. Ich weiß es, wie gesagt, aus eigener Erfahrung.

Ich freue mich, daß wir mit dieser Wohnrechtsnovelle weitere Verbesserungen im Wohnrecht beschließen können. Die Wohnrechtsreformen 1994 und 1997 haben sich bewährt. Es gab sehr lange im Wohnrecht und im Mietrecht ein Tauziehen zwischen zwei grundverschiedenen Vorstellungen: da mehr staatliche Regulierung, mehr staatliche Eingriffe, dort mehr Markt, mehr Freiheit auf dem Wohnungsmarkt.

Es ist uns mit den Reformen 1994 und 1997 gelungen, eine fast unmögliche, aber doch funktionierende Symbiose herbeizuführen, nämlich mehr Markt, mehr Flexibilität zu erreichen und gerade dadurch einen preisdämpfenden Einfluß auszuwirken.

Das Wohnungsangebot ist größer geworden, die Preise sinken. Vermieter beklagen sich heute, daß oft der Richtwert nicht mehr erzielbar ist. Das zeugt an sich vom Funktionieren des Marktes und einer sozialen Schutzfunktion des Wohnrechtes, wie ich es mir vorstelle, und ich glaube, dieser Weg sollte auch in Zukunft weitergegangen werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wichtig ist dabei aber auch, daß es ein ausreichendes Angebot gibt. Natürlich funktioniert ein Markt ohne ausreichendes Angebot nicht entsprechend. Daher bekenne ich mich – und auch das möchte ich weitergeben – zu einer funktionierenden, guten Wohnbauförderung – das ist die Aufgabe des Staates in der Wohnbaupolitik –, vielleicht mit neuen Zielsetzungen. Vielleicht wird es in Zukunft weniger wichtig sein, neue Wohnungen zu bauen, als vielmehr dafür zu sorgen, daß ein ausreichendes Angebot an gutem Wohnraum durch entsprechenden Einsatz von Mitteln der Wohnbauförderung in der Sanierung erhalten bleibt und das Angebot nicht sinkt.

Ich bekenne mich also zur Wohnbauförderung, und dort, wo Wohnbauförderung mithilft, ist der Staat natürlich auch berechtigt, aus sozialen Gründen Einfluß auf die Mietzinsbildung zu nehmen. Dort kann es keine absolut freie Mietzinsbildung geben, und genau das tun wir mit dieser Novelle. Wir sorgen mit dieser Novelle dafür, daß günstige Konditionen, die die Wohnbauträger auf dem Kapitalmarkt erzielen, erzielen könnten oder erzielen sollten, auch tatsächlich erzielt werden und an die Mieter weitergegeben werden, mit der Verpflichtung, daß nachverhandelt wird, daß die besten Zinsen zugunsten der Mieter ausgehandelt werden. Das war ein Vorschlag der ÖVP, und wir haben uns auch darauf geeinigt, daß die Genossenschaften nachverhandeln müssen und diesen Vorteil an die Mieter weitergeben müssen.

Nicht nur das: Der Vorteil muß auch dort weitergegeben werden, wo bisher der Förderungsgeber, die öffentliche Hand, von Zinssenkungen profitiert hätte, nämlich nach dem Bundes-Sonderwohnbaugesetz. Wir haben das einvernehmlich beschlossen, und zwar rückwirkend mit 1. Jänner 1999, damit auch dort, wo bisher schon Zinsen gesenkt wurden, was aber zur Kürzung der Förderung geführt hätte, der Mieter etwas davon hat.

Es werden noch sehr viele Mieter von Genossenschaften in den Genuß dieser Mietenreduktion kommen. Das wird aber natürlich nicht in allen Fällen möglich sein. In einer heutigen Zeitung heißt es, bei Wohnungen aus den fünfziger Jahren macht die Senkung bloß 1 bis 2 S aus. Wenn die Miete sehr niedrig ist, wenn die Miete 10 S pro Quadratmeter beträgt, was wollen Sie dann senken? Einnahmen sind eben auch notwendig, um die Substanz zu erhalten und nicht verfallen zu lassen. Bei solchen Wohnungen wird man also keine großen Mietensenkungen vornehmen können.

Daß manche Wohnbauträger keine Freude mit verordneten Senkungen haben, habe ich heute beim Lesen der Zeitung auch gemerkt. 1 Milliarde Schilling im Jahr, die den Mietern zugute kommt, ist wirklich keine Kleinigkeit und kann man nicht so abtun, wie das mein Vorredner gemacht hat.

Ich freue mich auch darüber, daß wir ein wesentliches Problem der Wohnungseigentümer in dieser Novelle regeln konnten. Es kommt nämlich immer häufiger vor – in einem Fall aus Unvermögen, in manchen Fällen auch spekulativ aus Nichtwollen –, daß Miteigentümer ihren finanziellen Verpflichtungen – sei es die Begleichung der Betriebskosten, seien es Zahlungen für den Erhaltungsfonds – gegenüber der Gemeinschaft nicht nachkommen. Da das Haus weiter in Schuß gehalten werden muß, da das Haus weiter erhalten werden muß, müssen die anderen einstweilen dafür aufkommen, weil es keinen "reichen Onkel aus Amerika" gibt, der das in der Zwischenzeit zahlen würde. Bis man auf den eigentlich Schuldigen zurückgreifen konnte, war der Eigentumsanteil meist weit überschuldet und vom Miteigentümer sonst auch nichts mehr zu holen.

Wir schaffen jetzt ein Vorzugspfandrecht, sodaß der, der seinen Verpflichtungen nachkommt, gegen den, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, wirklich etwas in der Hand hat und letzen Endes die zahlenden Wohnungseigentümer und die Wohnungseigentümergemeinschaft zu ihrem Geld kommen, wenn auch vielleicht mit etwas Verspätung. Aber die Position der Wohnungseigentümer wird damit wesentlich gestärkt.

Mehr möchte ich zum Inhalt dieser Novelle nicht sagen. Ich glaube, das, was ich gesagt habe, ist an sich Grund genug, sich darüber zu freuen und dieser Novelle die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Natürlich wäre es auch an der Zeit – und wir haben uns schon einmal in einer Entschließung, 1994, so etwas gewünscht; der Wunsch ist bisher nicht erfüllt worden –, daß es zu einer Harmonisierung des Wohnrechtes, zu einer Zusammenfassung der diversen Vorschriften kommt.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Schwimmer, Eder, Dr. Maria Fekter, Doris Bures und Kollegen betreffend Rechtsbereinigung und Verbesserung des legistischen Standards des Wohnrechtes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, unter Beiziehung von Vertretern der Wissenschaft und von Praktikern des Wohnrechts Beratungen zu einer Erneuerung dieses Rechtsgebiets, vor allem unter dem Aspekt der Rechtsbereinigung und der Verbesserung des legistischen Standards, einzuleiten und dem Nationalrat auf Basis der Beratungsergebnisse Vorschläge für eine Vereinfachung und Konsolidierung, besonders des Miet- und des Wohnungseigentumsrechts und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten auch des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, für eine Verbesserung der legistischen Qualität und der Transparenz dieser Normen sowie für eine zeitliche Harmonisierung unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung der elementaren wohnrechtlichen Schutzinstrumentarien zu unterbreiten.

*****

Ich hoffe, es wird in der nächsten Legislaturperiode dazu kommen. Ich werde nicht mehr dabeisein, weil ich mich heute vom Hohen Hause verabschiede.

In den letzten Tagen ist einiges gesagt und auch einiges beklagt worden, was die Qualität der Arbeit in diesem Haus betrifft. Ich habe auch meine Meinung dazu, und ich sage Ihnen aus meiner Erfahrung: Das hängt sehr stark von der einzelnen Abgeordneten, vom einzelnen Abgeordneten selbst ab. Ich habe mich dort, wo ich mich engagiert, wo ich mitgearbeitet habe, in den Ausschüssen, nie unter das Kuratel der Regierung oder unter die Vormundschaft der Sozialpartner oder von sonst irgend jemandem gestellt gefühlt, sondern habe auf die Materien, die ich mit beraten habe, nach meinem besten Wissen und Gewissen Einfluß genommen, diese mitgestaltet. (Abg. Wabl: Sind Sie nicht Funktionär der Sozialpartnerschaft?)

Ich habe in "meinen" Ausschüssen – es waren immerhin drei Ausschüsse, die ich führen konnte – dafür gesorgt, daß es ein offenes Diskussionsklima gibt und daß jeder – egal, ob er der Opposition oder einer Regierungspartei angehört – die gleiche Möglichkeit zur Mitarbeit hat. Ich habe nachgedacht, und mir sind etliche Gesetze eingefallen, die ich wirklich mitgestaltet habe: sei es im Gesundheitsausschuß das Gesetz für medizinisch-technische Berufe oder das Gentechnikgesetz gewesen, seien es die Wohnrechtsgesetze oder – ein wichtiges Gesetz für unsere Arbeitsmöglichkeiten – das Parlamentsmitarbeitergesetz gewesen, bei dem ich ganz aktiv selbst mitgearbeitet und mit formuliert habe.

Es liegt also – das sage ich jenen, die hier bleiben – in Ihrer Hand, ob Sie selbstbewußte, starke Abgeordnete sind oder ob Sie sich unter irgendein Kuratel stellen lassen. Das ist mein Rat, den ich Ihnen mitgeben möchte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum.)

Eine Bitte noch zum Abschluß. Ich habe immer die harte Auseinandersetzung geliebt. Ich halte es mit dem richtig zitierten Heraklit: Der Streit ist der Vater aller Dinge. Wenn man über etwas streiten kann, dann kommt am Schluß auch etwas heraus. Was ich nie verstanden habe – und was in den letzten Tagen wieder so vereinzelt hier aufgetreten ist –, das sind die persönliche Diffamierung, die persönliche Verleumdung und der persönliche Angriff. Diese passen nicht zur Würde dieses Hauses. Man kann eine harte Auseinandersetzung auch ohne persönliche Diffamierung führen.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne möchte ich mich bei Ihnen allen für die Zusammenarbeit bedanken, auch für manche harte, aber fruchtbare Auseinandersetzung. Ich möchte mich bei den Mitarbeitern dieses Hauses bedanken, bei den Mitarbeitern meiner Fraktion, des ÖVP-Klubs – es waren sehr gute Mitarbeiter; der erste Klubsekretär, der für meine Ausschüsse zuständig war, hieß Wolfgang Schüssel –, bei den Parlamentsmitarbeitern, bei meiner Parlamentsmitarbeiterin, die seit Anfang dieser Legislaturperiode für mich gearbeitet und mich sowohl in meiner Europaratstätigkeit als auch in meiner Ausschußtätigkeit sehr unterstützt hat, Mag. Tatjana Weiler. Ich wünsche Ihnen allen, die nach mir ausscheiden werden – ich werde kurz vor dem Ende dieser Legislaturperiode ausscheiden –, weiterhin viel Erfolg in Ihrem Leben, und allen, die in dieses Haus wiedergewählt werden, gute Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, der demokratischen Republik Österreich, in einem friedlichen, stabilen Europa. (Allgemeiner Beifall.)

19.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und entsprechend unterstützt; er steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.27

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod a ministra! Visoki dom! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Herren Minister! Kollege Schwimmer, ich gehe in einigen Dingen, vor allem, was deine herzliche Ansprache zum Abschluß betrifft, mit dir konform, aber was die Wohnrechtsnovelle betrifft, muß ich sagen, es tut mir leid, daß es deine letzte Rede war, denn da hätte ich schon gerne einige Zwischenrufe angebracht. (Abg. Dr. Schwimmer: Hätten mich nicht gestört!) Ich habe mich zurückgehalten. (Ruf bei der ÖVP: Können Sie schriftlich einreichen!) Ich bin relativ gut erzogen und habe mich zurückgehalten. Aber ich werde versuchen, das jetzt in meinem Vortrag darzustellen.

Ich bin nicht ganz so zufrieden mit der Arbeit der Koalitionsregierung, wie du dir vorstellen kannst. Es ist doch etwas verwunderlich, wenn ihr heute – am vorletzten Sitzungstag dieser Legislaturperiode! – einen Antrag auf Vereinfachung des Mietrechtes einbringt. Ich weiß nicht, wohin das führen, wem das nützen soll. Vier Jahre lang hattet ihr jetzt Zeit, diesbezüglich etwas zu unternehmen, und jetzt am vorletzten Tag kommt ihr mit einer Entschließung daher, mit der man dann draußen bei den Wählerversammlungen wacheln und wo man sagen kann: Schaut, das ist die stolze Regierung, das haben wir im Parlament beschlossen. – Das ist einfach zu spät und nicht ganz fair gegenüber der Bevölkerung.

Du sagst, du hast Wünsche gehabt. Ja, mein Gott, Wünsche an wen? Ihr seid ja die Regierungsparteien. Da sitzen ja angeblich lauter Freunde von euch. Ihr hättet das doch in diesen vier Jahren zustande bringen können. Dieser Ruf nach dem Weihnachtsmann ist nicht verständlich, wenn man selbst in der Regierung sitzt. Wärst du in der Opposition, wäre das etwas anderes. Wir können leider nur Wünsche äußern, weil wir keine Mehrheit haben. Das ist klar. Unsere Wünsche sind erlaubt, aber die Regierung hat zu regieren und hat Wünsche, die sie selbst hat und für vernünftig findet, zu realisieren, indem sie die entsprechenden Materien ins Haus bringt.

Nun zum Gesetz selbst. Meine Herren Minister! Da möchte ich Ihnen beiden klar sagen: Auch diese Novelle ist so unlesbar wie das gesamte Mietrecht. Am selben Tag, an dem man einen Entschließungsantrag einbringt, der darauf abzielt, das Mietrecht lesbarer zu gestalten, haben wir es mit einer Materie zu tun, die genauso unlesbar ist. Ich möchte jetzt gar nicht berichten, wie sie entstanden ist, wie sie über eine Regierungsvorlage sozusagen darübergestülpt wurde; diese Geschichten interessieren die Leute draußen nicht. (Abg. Dr. Graf: Das Mietrecht hat nicht so viele Paragraphen, das könnte man schon lesen! Vielleicht haben Sie es noch nicht gelesen! So schwer verständlich ist es nicht!)

Ja, ich weiß schon, daß man es lesen kann. Ich kann auch lesen, das habe ich schon gelernt, es ist nur schon 50 Jahre her. Das ist also nicht das Problem. Es geht nicht um die Lesbarkeit einer Geschichte oder eines Märchens, sondern darum, daß Gesetze so verständlich formuliert sein sollen, daß sie der Bürger auch versteht. Sie sind ja für den Bürger, lieber Kollege Graf. Das sollte sich auch bis zu dir schon herumgesprochen haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Gesetze haben ja einen Adressaten, nämlich den Bürger, die Institutionen, den sogenannten kleinen Mann, um den ihr euch immer solche Sorgen macht. Deshalb verstehe ich deinen Einwand nicht. Du muß zuerst denken und dann sprechen. Das ist ein Prinzip, an das man sich halten muß.

Meine Damen und Herren! Es gibt zweifelsfrei auch Vorteile und Verbesserungen durch diese Novelle. Es wird zu einer Senkung der Mieten kommen; aber dazu noch später. Aber dieses Gesetz betrifft nur einen Teil der gemeinnützigen Wohnungen. Die Mieten werden nicht ex tunc, sondern ex nunc gesenkt, und das ist auch unverständlich. Die Zinsenersparnis hätte man schon längst weitergeben müssen, und man hätte sie auch weitergeben können, auch heute noch. Das heißt, die günstigen Verträge haben die Wohnungsgenossenschaften längst schon abgeschlossen. Die Zinsen sind ja nicht plötzlich mit heutigem Tag gesunken. (Abg. Dr. Schwimmer: Darf ich einen Zwischenruf machen?) Ja, mach ihn, bitte! (Abg. Dr. Schwimmer: Jene Genossenschaften, soweit es nicht unter das Sonderwohnbaugesetz fällt, die schon früher günstigere Vereinbarungen schließen konnten, haben das auch weitergeben müssen! Das war schon das bisherige Recht!) Das sind ein, zwei!

Der Mieter sieht doch auf seinem Zettel nur die "nackte" Miete. Ich komme dann noch auf unseren eigenen Antrag zu sprechen, denn das ist ganz anders.

Ganz klar ist, es kommt zu einer Senkung der Mieten, das ist in Ordnung, die Kostenersparnis ist jetzt an den Mieter weiterzugeben, weil jetzt weniger Kosten anfallen, aber natürlich sollten die Sollzinsen ab dem Zeitpunkt an den Mieter weitergegeben werden, zu dem sie fallen, und das tun sie schon eine ganze Weile. Ich habe genug Schulden, daß ich weiß, seit wann Kreditzinsen fallen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. (Abg. Dr. Graf: Sie verwechseln Mietrecht mit Wohnrecht!) Ich weiß schon, das ist nicht so ein Problem.

Diese Wohnrechtsnovelle bringt auch zuwenig Markt. Unseres Erachtens sollte die Wohnung zumindest einmal jährlich zum Kauf angeboten werden, das sollte verbindlich sein. Es sollte sich dadurch auch eine Wirkung ergeben: Wenn die Wohnung nämlich nicht verkauft werden kann, wird sich vielleicht auch das Angebot verbessern. Das heißt, die Genossenschaft, der Anbieter, wird sich bemühen, möglichst gute Wohnungen zu erhalten, zu schaffen, wird eher Wohnungsverbesserungen durchführen, wenn er sie zum Verkauf anbieten muß.

Diese Novelle bringt auch nicht eine entsprechende Senkung der Nebenkosten. Herr Minister, da bin ich mit Ihnen einer Meinung, daß man all diese Angelegenheiten wie Maklergebühren et cetera dem Markt überlassen soll. Dieser wird das selbst regeln, davor muß man sich nicht fürchten. In diesem Sinne war, glaube ich, Ihre Initiative gut, aber letztlich ist es doch mehr Initiative als tatsächliche Aktion.

Insgesamt sollten wir auf gesetzlicher Basis die gemeinnützigen Gesellschaften immer mehr den freien Bauträgern annähern. Und das hat mir jetzt auch Kollege Schwimmer bestätigt, wir haben es hier nämlich schon mit einem Angebotsüberschuß zu tun. Das heißt, es wäre wichtig, auch die Marktchancen gleich zu gestalten und nicht eine Gruppierung immer zu bevorzugen. Diese Entscheidung war in der Nachkriegszeit natürlich richtig. Damals sollten möglichst viele Wohnungen möglichst rasch entstehen. Das ist nunmehr erreicht, und daher sind manche Privilegien, die Gemeinnützige aus dieser Zeit haben, heute nicht mehr gerechtfertigt, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind. Dabei handelt es sich sozusagen nur mehr um Privilegienrelikte, die gegenüber den freien Anbietern einfach nicht fair sind. Und wenn man da Gleichheit herstellt, dann könnten sich auch die Preise der freien Anbieter und der Gemeinnützigen ein wenig einpendeln, dann wäre so manche Miete auch bei den freien Bauträgern etwas günstiger.

Diese Novelle bringt auch keine Förderung des Übergangs von Miete zu Eigentum.

Betreffend Darlehen wäre es ganz wichtig gewesen, daß den Mietern die Möglichkeit der Einsichtnahme in die sie betreffenden Darlehensverträge eingeräumt wird. Da würde so mancher Mieter staunen, wie lange die gemeinnützige Genossenschaft schon günstiger fährt, als sie es ihm in Form der Miete verrechnet. Damit könnte man auch eine Gesamtstärkung der Mieter erreichen.

Diese Novelle bringt auch zuwenig Stärkung der Rechte der Genossenschaftsmitglieder. Das ist eine langjährige Forderung, denn die Mitglieder sind ja im großen und ganzen nur Statisten in der Genossenschaft. Sie haben ihren Beitrag zu zahlen und leben dann ihr bescheidenes genossenschaftliches Leben. Es wäre wichtig gewesen, diese ihre Rechte zu stärken, wenn man schon diesen Weg weitergehen will.

Auch die Problematik des Eintrittes der Lebensgefährten, und zwar unabhängig vom Geschlecht, ist wichtig. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karel Smolle und weiterer Abgeordneter zu TOP 16

In Artikel II wird nach Ziffer 2 folgende Ziffer 2a eingefügt:

"2a. Der § 14 Abs. 3 2. Satz lautet:

"Lebensgefährte im Sinne dieser Bestimmung ist, wer unabhängig vom Geschlecht mit dem bisherigen Mieter bis zu dessen Tode durch mindestens drei Jahre hindurch in der Wohnung in einer Wirtschafts- und Haushaltsgemeinschaft gelebt hat."

*****

Meine Damen und Herren! Wir sehen nicht ein, warum das im Kleingartengesetz geht und hier nicht, und deshalb haben wir getrennte Abstimmung verlangt, weil wir sehen, daß hier doch ein mutiger Schritt gemacht wurde. Auch im StGB, im Strafrecht, ist ganz klar formuliert, wer zu den Angehörigen zu zählen ist: Personen, die miteinander in Lebensgemeinschaft leben, werden wie Angehörige behandelt, Kinder und Enkel und so weiter. – Ich muß das nicht noch weiter vorlesen. Das ist geltendes Recht. Hier hätte man also auch einen mutigen Schritt setzen können.

In diesem Zusammenhang streiche ich die Bestimmung im Kleingartengesetz hervor. Da steht ganz klar: Unterpächter und so weiter eines Kleingartens kann nur entweder eine einzelne natürliche Person oder können Ehegatten oder Lebensgefährten gemeinsam sein. – So hätte man das ja auch in das Mietrecht hineinschreiben können, ganz einfach formuliert, man muß das nicht ... (Abg. Eder: Jetzt machen wir es, und es ist dir wieder nicht recht!)

Nein, da haben wir getrennte Abstimmung verlangt, weil wir dem zustimmen werden, Kollege Eder. Das ist ja das Markenzeichen der Liberalen – ich habe es in der Früh schon gesagt –: Das Gute loben wir, und das Mangelhafte bringen wir hier zur Sprache. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das ist echte Opposition. Das ist die Opposition, die dieses Haus braucht. Also keinen Populismus, kein Daherreden, kein "Schwafeln", wie Cap früher gesagt hat, sondern eine klare Sprache: Was wir vernünftig finden, unterstützen wir.

Erlauben Sie mir im Zusammenhang damit, daß der Mieter die Möglichkeit hat, zum Eigentümer seiner Wohnung zu werden, auf meinen eigenen, auf den Antrag der Liberalen hinzuweisen, den wir auch abzustimmen haben, und vielleicht könnte der eine oder andere mutige Vertreter aus den Regierungsparteien – ich hoffe, auch die Freiheitlichen gehen da mit – diesen Antrag mittragen. Ich möchte aus Zeitgründen nur einige Passagen daraus vorlesen.

"Mieter und sonstige Nutzungsberechtigte ..., ... die Beiträge zur Finanzierung des Bauvorhabens oder später anteilige Tilgung der Darlehen zur Finanzierung des Bauvorhabens einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln ... bezahlt haben, erwerben hierdurch den Anspruch auf Einräumung des Wohnungseigentums an ihrer Wohnung ..." – Das wäre ein ganz mutiger Schritt, das ist klar, einfach und verständlich formuliert, ganz im Sinne meiner früheren Ausführungen.

Wichtig wäre vor allem auch die vorzeitige Rückzahlung der Darlehen. Zu wissen, wie hoch der Anteil des Darlehens an einer Miete ist, und die Möglichkeit, dieses vorzeitig zurückzahlen zu können, wäre ganz wichtig und würde auch die Bautätigkeit der Gemeinnützigen wieder ankurbeln.

Obwohl mir schon seitens meines Klubkollegen "Theodor" gezeigt wird, weil die Zeit bereits abläuft, möchte ich noch die letzte Seite meines vorbereiteten Vortrages verkürzt darbringen.

Kollegin Bures, bitte nicht böse sein, daß ich Sie zitiere, Sie haben mir den Satz sozusagen in den Mund gelegt: kein großer Wurf, hat Frau Bures im Ausschuß gesagt. Also wenn sogar Vertreter der Regierungspartei sagen, das ist kein großer Wurf, was soll dann ein Oppositioneller sagen, wenn er anständig und ehrlich ist? Frau Bures ist ehrlich, ich bin es auch, daher kann ich als Oppositioneller dieser Vorlage nicht zustimmen, wenn sogar Frau Bures sagt: kein großer Wurf. An Ihrer Stelle hätte ich mich nicht so sehr gefreut, es hätte mich ein wenig erschüttert, wenn ich aus der eigenen Reihe eine derartige, nicht ganz erfreuliche Äußerung höre. Kollegin Bures ist ein kritischer Mensch, eine sehr ernstzunehmende Frau, die gerade in diesem Bereich weiß, wovon sie spricht.

In diesem Sinne würde ich daher sagen: Nicht allzu viele Lorbeeren auf eure Häupter, besser ein bißchen Asche. Ein zu kurzer Wurf, sagt das Liberale Forum. Mietkauf wird einfach nicht ernst genommen. Die Verbesserung der Wohnqualität ist nicht gegeben. Was die Mietensenkung betrifft, okay, so soll das jetzt auf 35 S heruntergehen. Eigentlich, Kollege Eder und Kollege Schwimmer, geht es dabei ja nicht um eine Mietensenkung, sondern eigentlich geht es darum, daß Sie jene Kosten, die den Gemeinnützigen gar nicht entstehen, endlich weitergeben, nämlich als Senkung der Miete! Darum geht es! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Gehen Sie bitte nicht hausieren damit, daß Sie jetzt die Mieten gesenkt haben, sondern sagen Sie, wir haben ehrlich Einkehr gehalten und gesagt: Kosten, die wir nicht haben, soll auch der Mieter nicht verrechnet bekommen. Wir brauchen und wollen kein – "Körberlgeld" wäre ein sanfter Ausdruck für soviel Geld – Geld, wir wollen sozusagen kein unrechtes Gut in unseren Reihen. Damit meine ich jetzt das moralische Unrecht – damit ich keinen Ordnungsruf bekomme. – Das ist die zentrale Frage.

Ich hoffe, Sie beide und somit auch die Regierungsfraktionen werden diesen Gesetzentwurf nicht für den Wahlkampf verwenden, weil er sich nicht dafür eignet, sondern Sie werden, wenn Sie das schon im Wahlkampf thematisieren, ehrlich erklären: Ja, in diesem Bereich gibt es Versäumnisse, einiges haben wir schon verbessert, aber der große Wurf – auch in Ihrem Sinne, Frau Kollegin Bures – ist eben nicht gelungen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Erlauben Sie mir noch einen Schlußsatz – das ist jetzt wirklich der letzte Satz von mir –: Ich trete in diesem Hause nicht mehr auf. (Abg. Gaugg: Wer weiß? Wer weiß bei dir?) Es ist dies meine letzte Rede. Ich sage dasselbe, was ich auch im Kreise des Liberalen Forums gesagt habe: Weinet nicht, aber freuet euch auch nicht zu sehr! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Wabl.)

19.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der zuvor verlesene Abänderungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.42

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rede von Kollegen Smolle hätte mich jetzt natürlich sehr dazu animiert, in vielen Details in die Diskussion einzutreten, und es wäre auch ganz interessant, wenn mir das möglich wäre. Es würde mich nur zuviel Redezeit kosten, die mir dann bei den Dingen, die ich auch noch sagen möchte, fehlen würde. Aber ein paar Akzente will ich fairerweise schon setzen.

Kollege Smolle hat gleich zu Beginn seiner Rede gemeint: Wem soll das nützen? – Dazu kann man schon klar und deutlich sagen, daß das, was wir hier vorgelegt haben und heute beschließen werden, ausschließlich den Mietern in gemeinnützigen Wohnungen und auch im Wohnungseigentum nützt, aber auch dort, wo es um Kleinigkeiten im Bereich des Mietrechts geht, nützlich sein wird. Kollegin Bures wird ja dann auch noch einige Anmerkungen dazu machen.

Es klingt immer so charmant, überhaupt aus dem Mund Liberaler, wenn man sagt: Die Wohnungen sollten einmal jährlich zum Kauf angeboten werden. – Das klingt fürs erste ein bißchen faszinierend. Andererseits müssen wir uns aber schon auch aus sozialpolitischer Sicht überlegen, daß wir doch eine beachtliche soziale Manövriermasse im Wohnbereich brauchen, um auch günstigere und billigere Wohnungen an junge Familien weitergeben zu können. Gerade in diesem Bereich haben wir durch die Regelung betreffend die Wiedervermietung eine beachtliche Mietensenkung, die ich dann noch erklären werde, erreicht. Das nützt jenen jungen Familien, die eben noch kein Eigentum bilden können, aber doch auch in eine Wohnung, die sie sich leisten können, einziehen wollen. Das ist schon sehr wichtig.

Auch was den Gedanken Liberaler betrifft, bei dem es darum geht, die Gemeinnützigkeit abzubauen und die Gemeinnützigen auf dem Markt konkurrieren zu lassen und mit den privaten Bauträgern möglichst gleichzuschalten, muß man ein klares Wort sagen: Von den Wohnbauförderungsmitteln, die verteilt werden, werden zum Beispiel in Wien bereits an die 50 Prozent auch an private Wohnbauträger verteilt, die allerdings dann am Ende beziehungsweise nach dem Auslaufen der Annuität einen anderen Weg gehen als die Gemeinnützigen, und das muß man dann auch sehen und deutlich erklären. Das heißt aber, daß es da bereits auch einen gewissen Marktausgleich gibt.

Wenn die Rede davon war – und dann möchte ich mich anderen Dingen zuwenden –, daß das Gesetz kein großer Wurf ist, wie das ja auch Kollegin Bures bestätigt hat, dann muß man bedenken, daß die Einschätzung dieses Gesetzes auf der einen Seite aus der Sicht der Mietervereinigung, also der reinen Mietervertretung, getroffen wird, auf der anderen Seite aus gesamtwohnpolitischer Sicht, drittens vielleicht aus der Sicht der Vermieterseite und viertens aus der Sicht der gemeinnützigen Bauträger, und all diese verschiedenen Blickwinkel führen zu unterschiedlichen Perspektiven und jeweils anderen Aussagen zu diesem Thema.

Wenn es aber schon kein großer Wurf war, Herr Kollege Smolle, dann war es sicherlich doch ein großer Schritt in Richtung Mietensenkung und in eine Richtung, die auch Sie uns bestätigt haben – ich denke da nur etwa an die Kleingartenregelung. Dies in dieser Form zustande zu bringen, war nicht so einfach.

Ich möchte überhaupt sagen, daß die wohnpolitischen Verhandlungen, die wir in den letzten zehn Jahren immer wieder geführt haben, nie einfach waren. Es war nie davon auszugehen, daß man mit einem Wohnrecht den Stein der Weisen findet, sodaß alle in dem Land glücklich sind. Das ist nicht möglich, weil da ganz einfach die unterschiedlichen Auffassungen zwischen jenen, die Wohnraum zur Verfügung stellen, und jenen, die die Wohnungen dringend brauchen und sie sich teilweise kaum leisten können, sozialpolitisch aufeinanderprallen. Dieser Ausgleich ist hier zu suchen, und diese Diskussion ist natürlich laufend zu führen, und wir werden sie auch in Zukunft weiterführen. Das ist sicherlich nicht die letzte Novelle im wohnpolitischen Bereich. Das sind politische Felder, an denen man immer wieder arbeiten muß und die immer wieder den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepaßt werden müssen.

Es geht uns Sozialdemokraten vor allem um ein sozial gerechtes und leistbares Wohnen in Österreich. Wenn wir auch nur einen Schritt in diese Richtung machen und wenn es immer weitere Schritte in diese Richtung gibt, dann haben wir schon sehr viel erreicht.

Ich darf daher schon klar betonen, wovon wir hier reden, und das geht auch ein bißchen in Richtung dessen, was Kollege Firlinger gesagt hat. Wenn ich nur über die klare Begrenzung der Auslaufannuität spreche, dann bedeutet das nämlich im Klartext folgendes – und das ist ein sozialpolitisch sehr wichtiger Hintergrund –: Es ist in Österreich derzeit geltendes Recht – und das macht in gewissem Sinne auch die Problematik in dieser Frage aus –, daß wir neun verschiedene Modelle von Landesförderungen haben. Die Förderungen werden also nicht zentral vom Bund aus geregelt, sondern sind verländert, und die einzelnen Bundesländer – und das ist gut so – sollen ihrem Land angepaßt entsprechende Fördermodelle anbieten. Nur gibt es innerhalb der unterschiedlichen Bundesländer eine Reihe von Förderungsmodellen, die nach derzeitigem Recht so aussehen, daß die Miete gerade am Schluß, also nach Auslaufen aller Annuitäten, am höchsten ist, sodaß die Menschen in die Situation kommen, daß sie dann, wenn sie älter werden und irgendwann auch in Pension gehen, eine hohe Miete zu bezahlen hätten, die sie sich vielleicht aufgrund des Einkommensverlusts beim Übergang vom Aktiveinkommen zum Pensionseinkommen nicht mehr leisten könnten.

Daher war das ein völlig richtiger Schritt, daß wir gesagt haben: Wenn alle Annuitäten ausgelaufen, alle Schulden getilgt sind, dann ist die Miete auf einen bestimmten Betrag zu senken. Dieser ist nicht zufällig entstanden, sondern um diesen Betrag haben wir lange verhandelt und gerungen. Schließlich sind wir dann zu dem Schluß gekommen, daß wir den niedrigsten Richtwert, den es in Österreich gibt – das ist eine Größenordnung, die ganz einfach in der wirtschaftspolitischen Landschaft gegeben ist –, nehmen und von diesem Richtsatz einen Prozentsatz abschlagen, sodaß wir in etwa auf diese rund 35 S, der dem Satz der Kategorie A alt entspricht, kommen.

Ich muß jetzt nur der Ordnung halber erwähnen, daß heute in Wien der Wohnpolitische Ausschuß eine Sitzung abgehalten hat, in der eine Forderung der Freiheitlichen Partei, die in Wien aufgestellt wurde, nämlich in etwa auf diese 35 S zu senken, einstimmig, also auch mit den Stimmen der Freiheitlichen, angenommen worden ist, weil das auch dort – und das ist okay, wenn ich das so sage – eine Forderung gewesen ist, die man sich zu Herzen genommen hat. In Wien hat man schon seit einigen Jahren vor allem eines getan, nämlich an die Gewährung der Wohnbauförderung die Bedingung geknüpft, daß die Wohnbauträger diese Verträge mit ihren Bewohnern freiwillig in diese Richtung abschließen. Das heißt, in Wien ist es zum Beispiel ... (Abg. Gaugg: Gut, daß es uns gibt!)

Ja, das ist ja in Ordnung! Noch einmal: Ich bin der letzte, der vernünftige Forderungen nicht auch gerne diskutiert und sie zugunsten der Menschen und zum Nutzen der Mieter umzusetzen versucht. (Abg. Mag. Firlinger: Da müssen Sie eben öfter mit uns verhandeln!)

Nur eines – und das kommt jetzt dazu, Kollege Firlinger –: Im Ausschuß haben Sie einen Antrag gehabt, der auch so ähnlich gelautet hat – ich habe ihn hier – und in dem von Ihnen ebenfalls diese 35 S verlangt wurden. Das war der Entschließungsantrag 1061A (E) vom 21. April 1999. Einen ähnlich lautenden Entschließungsantrag habe ich noch vom Kollegen Schöll, der sicherlich von dieser Materie auch viel verstanden hat – er war ja selber in diesem Bereich aktiv tätig – und der hier bereits 1996 eine gleichlautende Forderung – Erhaltungsmiete in Höhe des Kategorie-A-Satzes – gestellt hat. Aber jetzt haben Sie im Ausschuß gesagt: Das gilt alles nicht mehr, wir bringen einen handgeschriebenen Abänderungsantrag ein und verlangen 17,20 S. (Abg. Mag. Firlinger: Da waren auch semantische Fehler drinnen!) Das aber, Herr Kollege Firlinger, halte ich für nicht sehr seriös, weil das eine Lizitationspolitik nach unten ist. Nicht einmal die Wiener Freiheitlichen haben das gewußt, denn diese haben heute einem anderen Betrag zugestimmt als jenem, den Sie hier schnell mit einem Abänderungsantrag, so aus der Hüfte geschossen, gefordert haben. Ich halte das nicht für gut.

Der nächste Punkt, den man hier auch erwähnen muß, ist, daß wir eine neue klare Begrenzung der Mieten bei Wiedervermietung von älteren gemeinnützigen Wohnungen eingeführt haben. Bisher war es einem Bauträger, der von einem Altmieter eine Miete von unter 35 S erhielt, bei Neuvermietung dieser Wohnung möglich, die Miete auf 35 S plus einem Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag anzuheben, sodaß er auf rund 48 S Miete gekommen ist. Durch diese Maßnahme schrauben wir diesen Betrag jetzt wesentlich herunter, nämlich um rund 12,90 S, und bei 100 m2 sind das dann, über den Daumen gerechnet, um 1 200 S weniger Miete für eine junge Familie, die eine Wohnung neu anmietet. Auch das muß man hier einmal klar und deutlich sagen.

Ich könnte jetzt noch eine Reihe von Punkten anführen: Die ganze Zinsendiskussion fällt in diesen Bereich – Kollege Schwimmer hat das schon ausgeführt. Wir haben auch im Zusammenhang mit dem Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag Überlegungen dahin gehend angestellt, daß dieser nicht mehr – das haben auch Sie für in Ordnung gehalten, Kollege Firlinger – willkürlich eingehoben werden kann, sondern den Mietern entsprechend mitgeteilt werden muß, warum man Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge verlangen muß. (Abg. Mag. Firlinger: Aber er muß nicht 17 S sein!) Wir haben weiters gesagt, daß, wenn es um Verbesserungen geht, sogar 25 Prozent der Mieter Einspruch erheben und noch einmal von Sachverständigen prüfen lassen können, ob das notwendig ist. (Abg. Mag. Firlinger: Aber er muß nicht 17 S sein!) Über die Beträge habe ich auch verhandeln wollen, und darüber muß man weiterverhandeln – da bin ich auf Ihrer Seite, nur das ging eben noch nicht in einem Aufwaschen, und wir werden uns weiter überlegen, wie sinnvoll das ist. (Abg. Mag. Firlinger: Verhandeln Sie nächstes Mal mit uns!)

Nur folgendes, Kollege Firlinger, darf ich nicht zulassen, nämlich daß wir aufgrund von FPÖ-Anträgen, die sehr populistisch sind, womöglich eine Anleitung zum Freien Wohnen zusammenbringen. Denn das kann es wohl nicht sein. Das heißt, man muß hier auch einen gewissen wirtschaftlichen Gedanken mit berücksichtigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Schluß meiner Ausführungen möchte ich mich auch noch einmal kurz dem widmen, was Kollege Schwimmer hier gesagt hat, nämlich daß er uns hier verlassen wird. Das Schicksal, das ich hier habe, ist, daß Kollege Schwimmer mittlerweile der zweite Bautensprecher auf koalitionärer Ebene ist, der mich verläßt. Mein Schicksal ist es dann immer, allein in der politischen Landschaft das verteidigen zu müssen (Abg. Mag. Firlinger: Ich bin ja da!), was wir gemeinsam ausgemacht haben. Aber das scheint eben hier ein bißchen mein Schicksal zu sein. (Abg. Mag. Firlinger: Ich bin ja jetzt da!)

Ich hoffe nur, daß der nächste Bautensprecher der ÖVP – sollte es wieder zu einer gemeinsamen Arbeit in dieser Form (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sehr wahrscheinlich!) oder in welcher Form auch immer kommen: irgendeine Zusammenarbeit wird es sicherlich geben (Abg. Dr. Graf: Es wird die ÖVP schon wieder im Hause vertreten sein!) – ein "Mix" zwischen Keimel und Schwimmer ist, denn dann hätten wir wieder eine sehr gute Basis für die Zusammenarbeit zum Wohle und zum Nutzen jener, für die wir das doch tun.

So darf ich mir auch erlauben, lieber Walter Schwimmer, für diese Zusammenarbeit und vor allem auch dafür zu danken, daß gerade der Bautenausschuß immer sehr professionell geführt wurde, auch wenn ich manchmal einspringen mußte, er ist trotzdem professionell weitergeführt worden. Ich glaube auch, daß die Arbeit des Bautenausschusses dann auch immer wieder die entsprechende Würdigung hier im Plenum gefunden hat.

Also alles Gute auf deinem weiteren Lebensweg. Die Aufgaben, die auf dich zukommen werden, werden sicherlich nicht leichter sein als jene, die du bisher gehabt hast; die "Bühne" wird eine größere sein. Ich darf dir, Kollege Schwimmer, auch namens meiner Fraktion alles Gute für diesen weiteren Lebensweg wünschen, und für das, was wir gemeinsam hier erarbeitet haben, darf ich herzlich danken.

Auch Kollegen Smolle darf ich für seine Arbeit hier namens meiner Fraktion herzlich danken, und auch ihm wünsche ich auf seinem weiteren Lebensweg alles erdenklich Gute! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Herr Kollege, es ist in der nächsten Legislaturperiode Wurscht, denn da ist das Wohnrecht dann im Justizressort! – Abg. Eder: Dort bin ich auch Mitglied!)

19.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.54

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Wirtschaftsminister! Herr Justizminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Schwimmer hat sich verabschiedet. Ich wünsche ihm selbstverständlich persönlich auch alles Gute. Ich habe seine Tätigkeit als Ausschußvorsitzender ein bißchen Revue passieren lassen. Zuerst einmal sind mir da große Unterschiede, vielleicht sogar scheinbare Widersprüchlichkeiten aufgefallen. Abgeordneter Schwimmer hat damals – ich erinnere mich gut daran, obwohl das schon sehr lange her ist – jenen Ausschuß geleitet, der ein Gesetz über die medizinisch-technischen Dienste erarbeitet hat. Das waren aus meiner Sicht immer noch die besten parlamentarischen Beratungen, an denen ich teilgenommen habe, weil sich hier ein Ausschuß wirklich der Mühe unterzogen hat, in sehr vielen Unterausschußsitzungen für verschiedene Berufsbilder sachgerechte Lösungen zu erarbeiten. Bei diesen Beratungen, so denke ich, wußten die teilnehmenden Abgeordneten dann, warum die eine oder andere Textierung gewählt wurde, wo ein Kompromiß notwendig war und wo sich eben eine bestimmte Meinung nicht durchgesetzt hat.

Dann hingegen habe ich Kollegen Schwimmer im Zusammenhang mit Wohnrechtsangelegenheiten erlebt, wo oft genau das Gegenteil der Fall war, und zwar insofern, als die Oppositionsabgeordneten in der Ausschußsitzung oder ganz knapp davor umfangreiche Abänderungsanträge bekommen haben, als man Regierungsvorlagen quasi nur als "Trägerraketen" verwendet hat, um im Ausschuß dann etwas ganz anderes zu tun, und als eigentlich die Teilhabe der Opposition nicht wirklich erwünscht war. Das war jedenfalls mein Eindruck.

Ich habe mir gedacht: Wie gibt es das? Wie kann es zu so unterschiedlichen Vorgangsweisen kommen? Ich glaube, daß das auch einen Zusammenhang mit der sonstigen Tätigkeit von Abgeordnetem Schwimmer hat, und mir ist in diesem Zusammenhang – und ich sehe das nicht nur negativ – immer der Ausdruck "Lobbyist" eingefallen. Sie kommen ja aus der Sozialpartnerschaft, und da es dort ein Anliegen ist, auch die Kosten zu dämpfen und zum Beispiel die Wünsche der Ärzte nicht in den Himmel wachsen zu lassen, war es aus dieser Position heraus sehr sinnvoll, auch die anderen Gesundheitsberufe aufzuwerten. Zum anderen aber kenne ich die Versicherungen als institutionelle Anleger, gerade im Immobilienbereich, und daß das Gesetz eher deren Anliegen widerspiegelt als die der Wohnungsnutzer, ist aus meiner Sicht evident! (Beifall bei den Grünen.)

Ich begründe das, wie folgt: Sie haben zwar diese Novelle des Wohnrechts auf der sehr plakativen Position "Die Genossenschaftsmieten müssen sinken!" aufgehängt. Einerseits glaube ich das nicht wirklich, wenn ich mir den Text des Gesetzes ansehe. Die immer wieder apostrophierten 35,10 S sind keine absolute Obergrenze, auch nicht nach diesem Gesetz. Es kommt noch die angemessene Verzinsung von Eigenmitteln der Bauvereinigung dazu: Die Bauvereinigung darf ein bißchen günstiger rechnen, wenn es um ihre Eigenkapitalverzinsung geht. Das Geld der Mieter, das sie für die Renovierung des Hauses in Reserve hält, darf sie hingegen ein bißchen schlechter verzinsen. Das heißt, die Bauvereinigungen werden auch ... (Abg. Eder: Das war aber bisher gar nicht verzinst!) Wenn man schon Verbesserungen anstrebt, warum muß es dann hier eine Zinsdifferenz geben? Die Bauvereinigung kann sich also hier ein Körberlgeld verschaffen, so quasi bankartige Geschäfte machen. Daß das eher den Bauvereinigungen dient als den Mietern, schmerzt mich dabei. Wenn man schon in ein und demselben Gesetz sagt, man verzinst Kapitalien, die angelegt werden, dann bitte für beide Seiten gleich! – Das wäre meine Antwort.

Daß dieses Gesetz auch eher den institutionellen Anlegern dient, ergibt sich für mich ganz stark aus der Textierung. Es ist das Wohnrecht als eine Rechtsmaterie, die wie kaum eine andere dem Schutz der finanziell Schwächeren dienen soll – und das sind in der Regel die Nutzer von Wohnungen und nicht die Eigentümer oder jene, die die Wohnungen bauen und im großen Stil verwalten –, für die, die es schützen soll, absolut unverständlich geworden, und es wird mit jeder Novelle noch unverständlicher. Ja, man hat mit dieser Novelle nicht einmal das bewirkt, was man angeblich wollte, nämlich einen Mietzins auf 35,10 S, oder seien es 40 S, zu bringen, und ich frage mich: Warum schreibt man das nicht so hinein? Das würde doch jede und jeder verstehen! – Nein! Wie textieren die Regierungsparteien?

Das muß ich Ihnen wirklich vorlesen, denn das ist bitte ein soziales Schutzgesetz. § 13 Abs. 6 – die zentrale Bestimmung – lautet:

"Bei Überlassung von Wohnungen der Ausstattungskategorie A oder B gemäß § 15a Abs. 1 Z 1 und 2 des Mietrechtsgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 800/1993 kann abweichend von Abs. 1 und 2 für die Entgeltsbestandteile gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 bis 3 und 5 in Summe ein jeweils höherer Betrag im Entgelt vereinbart werden, der sich aus einer Minderung des mit der Verordnung des Bundesministers für Justiz BGBl. Nr. 140/1994 festgesetzten Richtwertes um 30 vH und der Wertsicherung dieses Richtwertes gemäß § 5 des Richtwertgesetzes in der Fassung des BGBl. Nr. 800/1993 ergibt, wobei eine Neufestsetzung des Richtwerts (§ 6 RichtWG) unbeachtlich bleibt. Die Berechnung des Betrages erfolgt unter sinngemäßer Anwendung des zweiten Satzes des § 5 RichtWG. Die angemessene Verzinsung von Eigenmitteln der Bauvereinigung, die zur Finanzierung von Grundstückskosten verwendet wurden, kann zusätzlich verrechnet werden."

Das ist bitte ein Wohnrechtsgesetz aus dem Jahre 1999! Wen schützt dieses Gesetz? Wer kann es lesen? (Abg. Haidlmayr: Ein Wahnsinn! – Abg. Eder: Das braucht doch der Mieter nicht zu lesen!)

Der für das Mietrecht zuständige Sprecher der SPÖ wirft ein, der Mieter brauche das nicht zu lesen! – Ich beziehungsweise die Grünen haben hier einen anderen Zugang, was Demokratie betrifft. (Abg. Eder: Die komplizierte Formulierung braucht er wirklich nicht zu lesen! Das macht der Bauträger!) Selbstverständlich ist es so, daß man nicht überall Expertenwissen haben kann (Abg. Öllinger: Er soll es auswendig lernen, zur Strafe!), und es gibt natürlich komplizierte Bestimmungen, aber diese ist völlig unnötig kompliziert. (Abg. Wabl: Er soll es zur Strafe auswendig lernen!) Wenn Sie wollten, daß die Leute 35,10 S oder meinetwegen 40 S zahlen, dann könnten Sie doch hineinschreiben: "Der Mietzins darf 40 S nicht übersteigen." – Wieso verweisen Sie auf die Verordnung, den Richtwert des Burgenlandes betreffend? (Abg. Wabl: Herr Schwimmer! Auswendig lernen!) Ärger geht es nicht mehr! Das ist absurd! Das ist legistisch absurd! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Eder.)

Ich sage, da sitzen eben verschiedene Partner. Da ist, wie ich meine, die Eigenschaft von Herrn Abgeordnetem Schwimmer als Lobbyist der institutionellen Anleger zum Tragen gekommen. Denn wenn ich als Mieterin das sehe und dann der Rechtsanwalt erklärt, das alles ist ziemlich kompliziert und unsicher – und es gibt noch dazu auch nach diesem Gesetz einige Bereiche, die überhaupt keinem Rechtsschutz mehr unterliegen, weder dem streitigen noch dem außerstreitigen Verfahren –, dann, so muß ich sagen, muß ich passen. Denn daß ich medial und was die Durchsetzung betrifft, auf dem kürzeren Ast sitze, weiß ich als Wohnungsnutzerin.

Daher sage ich: Ein Schutzgesetz muß verständlich, muß anwendbar sein. – Das aber haben wir lange verlassen.

Dazu, daß wir jetzt am vorletzten Tag dieser Legislaturperiode in Form eines Regierungsantrages eine Verbesserung der legistischen Qualität des Wohnrechts in der nächsten Gesetzgebungsperiode beschließen sollen, kann ich nur sagen: Am Abend wird der Faule fleißig. Aber dieser Fleiß nützt den Mieterinnen und Mietern leider nichts mehr.

Es wären vielmehr Fairneß und Transparenz angesagt. Ich habe es als einen Fehler empfunden, daß die SPÖ überhaupt auf das Richtwertsystem eingestiegen ist, denn damit wird eine Klassengeographie geschaffen, und damit werden Renditen zugelassen, die nicht begründet sind. Ich bin durchaus dafür, daß Renditen möglich sind, aber ich sehe nicht ein, warum jemand, der zufälligerweise etwa durch den Großvater ein Haus in Simmering bekommen hat, erstens einmal so wenig Erbschaftssteuer zahlt und zweitens weniger verdient als der, der das Glück hatte, den Großvater in Grinzing zu haben.

Ich sehe das nicht ein! Vor allem schafft man damit ja weiterhin politische Probleme, denn dadurch entsteht eine Tendenz zur Slumbildung, eine Tendenz zur Herausbildung schlechter Wohnviertel, und dann muß man wieder mit gewaltigem politischen Aufwand – der Regionalförderung und so weiter – gegensteuern.

Warum nicht gleich anders, indem man sagt, Eigentümer sollen einen Anreiz haben, Häuser zu sanieren!? Sie sollen dann mehr verdienen können. Daß man aber solche Extrazuckerln für die besseren Wohngegenden schafft, scheint mir sozial und sachlich nicht gerechtfertigt zu sein. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Allerletztes: Herr Abgeordneter Schwimmer! Wir haben nie schwarzweiß gemalt, aber es ist natürlich schwierig, wenn man nicht in die Verhandlungen einbezogen wird. Ich sehe Verbesserungen im Wohnungseigentumsgesetz, aber ich vermisse sie im Wohnrechtsgesetz ganz stark.

Ich gebe Ihnen zum Schluß zu bedenken: Die Obdachlosigkeit steigt, und daher ist offenbar auch der Einsatz der Wohnbauförderungsmittel nicht ganz treffsicher. (Abg. Eder: Das ist eine sozialpolitische Frage!) – Ja, aber wenn sich das Wohnrecht völlig vom Sozialrecht abkoppelt (Abg. Eder: Das ist ja nicht so!), dann werden wir diese Frage sozialpolitisch auf Dauer nicht lösen können.

Ich plädiere wirklich wieder für ein soziales Wohnrecht: ein soziales Wohnrecht, das leistbare Wohnungen bietet und das für die Betroffenen verständlich ist. – Da werden wir noch viel zu tun haben! (Beifall bei den Grünen.)

20.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.05

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn wir heute über das Reformpaket Wohnen debattieren und wichtige Vorlagen beschließen, dann muß uns folgendes klar sein: Das Wohnen ist eines der elementarsten Grundbedürfnisse eines jeden Menschen. Es ist daher sehr wichtig, daß der Lebensmittelpunkt, das wichtigste Erholungs- und Rückzugsfeld – die Wohnung – in Ordnung ist. Die Volkspartei tritt für leistbares Wohnen mit einem ausreichenden Angebot ein, für Eigentumsförderung und für die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen im Wohnbau und in der Sanierung.

Wir halten, was wir versprechen: Schon bei den Wohnrechtsreformen 1994 und 1997 haben wir für ein besseres Funktionieren und für mehr Transparenz in den Bereichen Wohnen und Wohnungsmarkt gesorgt. Mit den heute zu beschließenden Gesetzesänderungen können einige schon längst fällige Reformvorhaben verwirklicht werden, die zur Mietensenkung, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Sicherung des Eigentums beitragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Miete für ältere Genossenschaftswohnungen ist nunmehr gesetzlich mit 35,10 S pro Quadratmeter fixiert; der Erhaltungsbeitrag ist darin inkludiert. Das gilt ab sofort und trägt zur Entlastung der Mieten bei, sodaß sich auch junge Leute, junge Familien diese dann günstigeren Wohnungen leisten können.

Herr Kollege Smolle! Es gibt sehr wohl Verbesserungen beim Erwerb geförderter Eigentumswohnungen, beim sogenannten Mietkauf. Für zukünftig aus öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen besteht ein Rechtsanspruch auf Eigentumserwerb nach zehnjähriger Mietdauer, wenn in den ersten fünf Jahren ab Bezug der Wohnung die auf diese Wohnung entfallenden Grundkosten zum überwiegenden Teil neben dem Entgelt eingehoben wurden. Für den gestundeten Teil dürfen keine Zinsen mehr verlangt werden.

Eine Mietensenkung haben wir auch durch die nunmehr klare Begrenzung der Auslaufannuitäten erreicht, die ebenfalls im Wohnrechtspaket enthalten ist.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben auch erreicht, daß die Genossenschaften verpflichtet sind, die günstigen Kreditzinsen und die damit verbundenen Kosteneinsparungen auch tatsächlich an ihre Mieter weiterzugeben. Damit müssen der geförderte und der gemeinnützige Wohnbau stärker ihren öffentlichen Verpflichtungen nachkommen.

Noch ein wesentliches Vorhaben konnte erreicht werden: Wohnbaugenossenschaften können nunmehr auch zur Althaussanierung beitragen. Sie sind berechtigt, Zinshäuser zu kaufen, zu sanieren und wieder zu vermieten. Damit werden Arbeitsplätze im Wohnungsbau beziehungsweise im Bereich der Sanierung geschaffen und gesichert.

Wir können nicht immer nur den Bau neuer Häuser fördern und nur in diesen investieren; die Intention muß sein, daß Altbauten, ältere Zinshäuser und Einfamilienhäuser auch umwelttechnisch den Erfordernissen und Möglichkeiten der Zeit angepaßt werden. Beinahe zwei Drittel des Wohnungsbestandes – das sind immerhin 1,5 Millionen Wohnungen – stammen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und sind dringend verbesserungsbedürftig.

Die Aufteilung der verbrauchsabhängig bestimmten Bewirtschaftungskosten, wie zum Beispiel der Kaltwasserkosten, wird ebenfalls durch die heute zu beschließenden Gesetzesänderungen möglich. Unter der Voraussetzung, daß zwei Drittel der Mieter für die Verbrauchsmessung sind, können gemäß den nunmehr im Mietrecht, aber auch im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vorgesehenen Bestimmungen Meßvorrichtungen installiert werden. Oftmals sind es nämlich genau die Wasserkosten, die von den Bewohnern als ungerecht empfunden werden. Während sich der eine Mieter bemüht, sorgsam mit der Ressource Wasser umzugehen, verschwendet der andere. Deshalb, so meine ich, sollte da mehr Gerechtigkeit einkehren. (Beifall bei der ÖVP.)

Erreicht haben wir auch einen besseren Schutz des Eigentums, indem Minderheitseigentümer in parifizierten Wohnhäusern eine stärkere Position gegenüber den Mehrheitseigentümern erhalten und indem die Rechte jener Wohnungseigentümer, die noch nicht ins Grundbuch eingetragen sind, ebenfalls verbessert werden.

Es wurde also eine Vielzahl von Verbesserungen erreicht. Ich glaube daher, schon vermerken zu können, daß wir Wort gehalten haben und daß trotz der Unkenrufe, die von verschiedenen Oppositionsparteien kommen, sicherlich in vielen Bereichen Verbesserungen geschaffen wurden. Ich darf hier trotzdem noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Schwimmer, Eder und Kollegen zum Bericht und Antrag des Bautenausschusses (2056 der Beilagen) über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, die Exekutionsordnung, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Kleingartengesetz, das Bundessonderwohnungsbaugesetz 1982 und das Bundessonderwohnungsbaugesetz 1983 geändert werden (Wohnrechtsnovelle 1999 – WRN 1999)

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Artikel I lautet die Z 26 wie folgt:

In § 14d Abs. 2 Z 1 und 2 und Abs. 3 wird die Wortfolge "die Baubewilligung" jeweils durch die Wortfolge "das Erstbezugsdatum" ersetzt; in § 14d Abs. 3 entfällt die Wortfolge "für das Gebäude" und wird die Wortfolge "vor weniger als zehn Jahren erteilt worden ist" durch die Wortfolge "weniger als zehn Jahre zurückliegt" ersetzt.

*****

Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

20.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Gaugg. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.11

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Geschätzte Damen und Herren! Es wäre natürlich verlockend, sehr ausführlich über den WEB-Skandal in Salzburg, über Herrn Sauerzopf, der der Fraktion des Herrn Schwimmer angehört, und ähnliches mehr zu reden. (Zwischenruf des Abg. Kampichler.)

Uns als Oppositionspartei freut es – auch wenn Vorredner gemeint haben, daß die Oppositionsparteien in diesem Hause immer alles schlecht machen würden –, daß letztlich doch einiges in Bewegung gekommen ist. Es geschieht jetzt etwas zugunsten der Mieter in jenen Häusern, in denen Sie jahrelang überhöhte Mieten verrechnet haben. Sie haben jahrelang gewartet, bis der öffentliche Druck so groß wurde und die FPÖ die Senkung von Miete und Strom zum Wahlkampfthema machte. Ohne die FPÖ wäre es nicht so schnell gegangen!

Bereits vor zehn Jahren wurde immer wieder betont, daß die Genossenschaften über Milliarden Schilling an Rücklagen verfügen, und Ihr damaliger Vizebürgermeister Mayr in Wien hat einmal zugegeben, daß es sich um 6,5 Milliarden Schilling handelt. (Zwischenruf des Abg. Eder.) Jetzt sind Sie von Ihrer Selbstherrlichkeit und von Ihrem Elfenbeinturm einmal heruntergestiegen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.) Fragen Sie in Niederösterreich!

Herr Eder! Wissen Sie, was mich freut? – Mich freut, daß Sie von Ihrem Elfenbeinturm einmal heruntergeholt worden sind, denn Sie haben mit einer Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit sondergleichen agiert! Es hat rote und schwarze Genossenschaften gegeben, in welche die ehemaligen Politiker mit Millionengagen abgeschoben wurden, die letztlich alle die Mieter bezahlen mußten! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Die Mieten in Österreich waren deswegen so hoch, weil Sie Ihre abgetakelten Politiker irgendwo "entsorgen" mußten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Wo ist denn Schreiner hingekommen?)

Es war jahrzehntelang üblich, daß öffentliche Förderungsmittel ... (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.) Edler ist ein anderer! (Abg. Eder: Wo ist der Schreiner?)

Die Mietwohnungen waren in Österreich auch deshalb so teuer, weil Wohnbauförderungsmittel ausschließlich an parteipolitisch orientierte Wohnbaugenossenschaften vergeben wurden. Wohnbauförderungsmittel gingen in allen Bundesländern ausschließlich an Wohnbaugenossenschaften mit parteipolitischer Couleur. Erst nach der Öffnung durften auch Private Wohnungen mit Wohnbauförderungsmitteln errichten. Dadurch wurde der Interessentenkreis größer, ist die Wohnqualität verbessert und sind die Kosten gesenkt worden.

Zur Frage der Weitergabe von Skonto und Rabatt gibt es auch einen Antrag von mir. Es ist wirklich unverschämt, zu kassieren – und nicht weiterzugeben! Es hat jahrelang gedauert, aber steter Tropfen höhlt den Stein. Letztlich ist Ihnen die Weitergabe aber erst unter dem Druck der Öffentlichkeit eingefallen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ja Diebstahl! Bezahlen Sie es doch zurück! Zahlen Sie all jenen das Geld zurück, das Sie jahrelang widerrechtlich behalten und mit welchem Sie Ihre Privilegien in den Wohnbaugenossenschaften bezahlt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich werde Ihnen, bevor Sie sich zu sehr aufregen, ein aktuelles Beispiel dafür nennen, daß Sie noch immer nicht lernfähig sind. In der "Kronen Zeitung" findet sich ein hochaktueller Artikel unter dem Titel "Dienstauto, Villa, Abfertigung, 7 Millionen Pension." Es geht um den Geschäftsführer einer Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft in der Steiermark, den Mann einer Exabgeordneten der ÖVP, nämlich um Herrn Ing. Kálnoky. Er ist am 31. März 1997 als Geschäftsführer aus dem Betrieb ausgeschieden und hat dafür eine Abfertigung erhalten. (Abg. Fuchs: Das ist nur der Neid!) – Gnädige Frau! Zuhören ist auch eine Fähigkeit! Ich weiß, daß ihr über eure Privilegien nichts mehr hören wollt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Fuchs.)

Ihr gratuliert einem, der jetzt den Saal verlassen hat, aber einer der größten Privilegienritter ist. Den habt ihr in eurer ach so großartigen Bezügereform nämlich übersehen! Ich meine Herrn Abgeordneten Schwimmer: Er wird sich über etliche 100 000 S Monatsbezug freuen können. Applaudiert ruhig weiter! Das ist großartig! Weiter so, damit wir weiter mehr Mindestrentner und weiter mehr Kinder in der Armut haben! Das ist eure Form der Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das hat nichts mit Neid zu tun, sondern mit eurer verluderten Politik, die ihr in den letzten Jahren betreibt! Das ist unglaublich! Die Damen und Herren gesättigten Funktionäre und Abgeordneten ... (Abg. Dietachmayr: Beruhigen Sie sich, sonst bekommen Sie einen Herzinfarkt!) Es sitzen einige hier, die nicht einmal den Mindestlohn für die Leistungen, die sie erbringen, verdienen würden! Aber jene Dinge, die man in diesen Fragen aufzeigt ... (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal. – Zwischenruf der Abg. Fuchs. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Haben Sie auch eine Frage, gnädige Frau, oder schwätzen Sie nur? (Abg. Parnigoni: Sie sind unglaublich präpotent!)

Wer sind Sie überhaupt?! – Ich werde Ihnen etwas sagen: Dienstauto, Villa, Abfertigung und 7 Millionen Schilling Pension finden natürlich Ihre Zustimmung, denn in Ihren Reihen sitzen ja die gleichen Nehmer mit Millionenbeträgen! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Hört jetzt einmal zu, vielleicht interessiert es euch! Auch Sie kandidieren ja am 3. Oktober, aber Sie lassen es noch immer zu, daß ein Geschäftsführer, der am 31. März 1997 ausgeschieden ist, 7,015558 Millionen Schilling kassiert und am 1. April mit einem Bruttogehalt von 50 000 S – für halbtags – plus Dienstauto und Dienstvilla wieder eingestellt wird! Das ist Ihre Form von Politik!

Ich sage Ihnen: Die Opposition und wir von der FPÖ werden solange keine Ruhe geben, solange solche Sümpfe nicht trockengelegt sind! Das sage ich Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Bures. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.17

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gaugg, es gelingt Ihnen immer wieder, hier mit Unwahrheiten herumzuwerfen! (Abg. Gaugg: Was war an meiner Rede nicht wahr?) Ich glaube aber, daß Ihnen dieses Ablenkungsmanöver, das Sie permanent in wohnpolitischer Unerfahrenheit und Unwissenheit betreiben, ohnedies weder ein Mieter noch ein Wähler in Zukunft abnehmen wird! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich werde Ihnen dann einige Beispiele dafür nennen.

Lassen Sie mich aber zuerst kurz auf das eingehen, was heute beschlossen wird. Wir können heute sehr viele positive Regelungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz beschließen, mit denen wir natürlich auch seriös umgehen. Wenn wir davon gesprochen haben, daß es nach Rückzahlung aller Darlehen für eine gemeinnützige Wohnung zu einer Senkung und Reduzierung der Miete kommen soll, dann hat das dort, wo Sozialdemokraten in den Ländern dafür verantwortlich sind – wie etwa in Wien mit Wohnbaustadtrat Faymann –, seit 1995 auch gegriffen! Seit 1995 zahlt keiner, der in Wien eine Genossenschaftswohnung hat, nach der Rückzahlung der Darlehen mehr als die heute schon erwähnten 35,10 S. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Steiermark, wo es seit 1991 – es kommt also bald zum zehnjährigen Jubiläum! – einen freiheitlichen Wohnbaulandesrat gibt, werden hingegen überhöhte Mieten bezahlt, weil dieser nicht handelt und sich das Geld auf Kosten der Mieter geholt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Die Verantwortlichkeit betreffend die Bezüge von Direktoren von gemeinnützigen Wohnbauträgern – und Kollege Gaugg hat ja einen aus der Steiermark genannt – obliegt im übrigen der Landesregierung, sie obliegt in diesem Fall Herrn Dipl.-Ing. Michael Schmid, der bekanntlich FPÖ-Wohnbaulandesrat ist. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.) Das heißt: "Freies Wohnen" war erst der Anfang! Wohnpolitisch sind Sie völlig ahnungslos! (Beifall bei der SPÖ.)

Das hat sich auch gezeigt, wann immer lizitiert wurde. Wenn wir von 35,10 S als Maximalmiete ausgegangen sind, damit sich die Menschen das Wohnen auch leisten können, dann hat sich die FPÖ an das angehängt, was in Wien seit 1995 passiert ist und hat Anfragen gestellt, wie etwa: Sind Sie dafür, daß Maßnahmen gesetzt werden, damit nach Rückzahlung aller Darlehen die Nettomiete mit dem Kategoriezins begrenzt wird? – Das war eine Forderung der Freiheitlichen Partei Wien.

Herr Kollege Gaugg! Heute sagen Sie hier, daß alles ganz anders ist, daß Sie nur Erhaltungsmittel wollen und daß das ein Irrtum gewesen sein muß. – Dann müssen aber auch die Anträge der FPÖ-Penzing betreffend Senkung der Mieten nach Rückzahlung der Errichtungskosten auf die Kategoriemiete ein Irrtum gewesen sein! Sie sind unglaubwürdig und ahnungslos in wohnpolitischen Fragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber da die Sozialdemokratie keinen so unseriösen Zugang zu diesen Fragen hat, sondern dieses sensible Thema immer sehr ernsthaft behandelt hat, möchte ich darauf eingehen, warum ich davon gesprochen habe, daß diese Novelle meiner Ansicht nach nicht der große Wurf war.

Der Grund dafür ist nicht, daß es im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – wie Herr Kollege Eder ausgeführt hat – in vielen Bereichen einerseits zu günstigeren Mieten und andererseits auch zu mehr Rechtssicherheit kommt. Vielmehr meine ich, daß ein sehr wesentliches Segment des Wohnungsmarktes leider nicht im wünschenswerten Maße geregelt wird.

Ich habe hier eine Liste, wie viele Wohnungen in Wien unter welche gesetzliche Bestimmung fallen. (Die Rednerin hält eine Graphik in die Höhe.) Der kleine gelbe Balken betrifft die Wohnungen, die unter das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz fallen, für die wir Maßnahmen setzen, in dem wir für korrekte Mieten eintreten. Der große blaue Balken betrifft die Wohnungen in Wien, die unter das Mietrechtsgesetz fallen.

Wir treten zum Beispiel gegen befristete Mietverträge ein. Wir haben es in diesem Bereich mit überhöhten Mieten und überhöhten Betriebskosten zu tun. Die Mietervereinigung erstreitet allein hinsichtlich illegal verrechneter Beträge jährlich 40 Millionen Schilling in diesem Segment zurück. Daher besteht hinsichtlich des Mietrechtsgesetzes unserer Ansicht nach Handlungsbedarf.

Wir wollen nicht wieder irgendwelche rigiden Obergrenzen einführen. Aber zwischen rigiden Obergrenzen und freiem Markt ist ein großer Spielraum, daher stellen wir die Forderung, den Richtwert mit einer maximalen Zuschlagsbegrenzung einzuführen, damit die Mieterinnen und Mieter wissen, ob das, was sie an Miete zu bezahlen haben, in Ordnung ist.

Das gilt nicht nur für den gemeinnützigen Wohnungsbereich, sondern auch für das Segment des privaten Althauses. Zu diesem Bereich habe ich von Ihnen nichts gehört! Ich kenne keine Forderungen nach Absenkung der Mieten im privaten Althausbereich! Da zahlen die Mieter oft 100 S. (Abg. Mag. Firlinger: Sie zahlen auch Einkommensteuer, bei den Genossenschaften hingegen nicht!) Da gibt es keine einzige Forderung nach Absenkung. Ganz im Gegenteil: In diesem Bereich sind Sie für den freien Markt. Dazu sage ich Ihnen: Gerade bei den wohnpolitischen Themen gilt für uns, daß der Markt den Menschen zu dienen hat – und nicht umgekehrt.

Ich möchte noch zwei Punkte anschneiden. Meiner Ansicht nach stellt die Novellierung auch hinsichtlich der Maklerprovisionen keinen großen Wurf dar. 50 000 Mietverträge werden im Schnitt pro Jahr abgeschlossen. Wir haben europaweit die höchsten Maklerprovisionen mit durchschnittlich fast 30 000 S. Ein Wohnungswechsel ist mit hohen Kosten verbunden, und die Maklerprovision hat daran einen extrem großen Anteil.

Dazu ein Beispiel: In Frankreich sind für die Leistung eines Maklers durchschnittlich 4 300 S zu bezahlen, in Schweden sind es 1 800 S. In Österreich muß jedoch, wie gesagt, teilweise zehnmal soviel bezahlt werden. In diesem Bereich sitzen nur Ihre Lobbyisten, und ich kenne keine Forderung von Ihnen, die da lautet, daß endlich geringere Maklerprovisionen für die Mieter in Österreich anfallen sollten. Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist das aber ein sehr wesentliches Anliegen.

Abschließend möchte ich noch auf jenen Entschließungsantrag eingehen, der heute dazu eingebracht wird. Auch ich meine, daß es auf die Formulierung der Gesetze ankommt, weil man sein Recht nur dann durchsetzen kann, wenn es auch gelingt, die legistische Qualität – in diesem Fall des Mietrechtes – zu verbessern. Diesbezüglich hat es viele ambitionierte Versuche gegeben, und ich meine, wir sollten diese Versuche nicht aufgeben.

Ich freue mich ganz besonders, daß wir auch formuliert haben, daß es nicht darum geht, Schutzbestimmungen zu streichen, damit das Gesetz kürzer ist. Damit ist es nämlich noch nicht besser. Wir haben vielmehr in diesem Entschließungsantrag festgehalten, daß es um die Verbesserung der legistischen Qualität des Mietrechtsgesetzes geht, vor allem aber auch darum, die elementaren wohnrechtlichen Schutzbestimmungen aufrechtzuerhalten. Meiner Auffassung nach sind diese noch auszubauen.

Das heißt: Wir SozialdemokratInnen sehen nicht nur ein Wohnsegment. Wir sagen auch nicht, daß die Mieten billiger werden. – Sie sind jedoch dafür, daß jeder zweite Mieter in Wien in Zukunft doppelt soviel zahlt wie jetzt. Dafür ist die Freiheitliche Partei verantwortlich. – Ich als Sozialdemokratin stelle mir bei meinem politischen Handeln immer die Frage: Wofür stehen wir? Für wen machen wir Gesetze? – Die Antwort ist für mich klar: im Interesse der Mieterinnen und Mieter Österreichs! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Blünegger: Wer ist denn in der Regierung?)

20.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl gemeldet. Die Bestimmungen der Geschäftsordnung sind bekannt. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Bures hat bereits wiederholt tatsachenwidrig behauptet, daß es in der Steiermark unter der Führung des erfolgreichen steirischen Wohnbaureferenten, Herrn Architekten Michael Schmid, zu überhöhten Mieten kommt. – Das ist unrichtig.

Richtig ist vielmehr, daß es aufgrund der erfolgreichen Förderungspolitik inzwischen zu Wohnkosten von unter 30 S pro Quadratmeter gekommen ist und die Probleme vielmehr auf die Wohnnebenkosten zurückzuführen sind, die stark überhöht sind. Und für diese Rahmenbedingungen ist die Koalition verantwortlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister für Justiz Dr. Michalek. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.26

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Hohes Haus! Der Gesetzesantrag, der Gegenstand der heutigen Beratungen ist, basiert zum Teil auch auf der vom Bundesministerium für Justiz vorbereiteten und im März dieses Jahres im Ministerrat verabschiedeten Regierungsvorlage für eine Wohnrechtsnovelle 1999. Aber auch insofern, als der Antrag in seinen justitiellen Teilen über den Inhalt dieser Regierungsvorlage hinausgeht, wurde er im Zusammenwirken mit dem Bundesministerium für Justiz ausgearbeitet.

Er sieht durchaus bedeutsame und aus meiner Sicht sehr begrüßenswerte Änderungen auch in den Justizmaterien des Mietrechtes und des Wohnungseigentumsrechtes vor, etwa das heute schon erwähnte Mehr an Flexibilität im Bereich der Kosten des Hauses, deren Abrechnung und Aufteilung, oder eine verbesserte Delogierungsprävention. Ich bedauere allerdings, daß die in der Regierungsvorlage vorgesehene Einschränkung der auf die Mieter überwälzbaren sogenannten fiktiven Hausbesorgerkosten in den nunmehrigen Gesetzentwurf keinen Eingang gefunden hat.

Die vorgeschlagenen Änderungen im Wohnungseigentumsrecht stehen großteils unter dem Aspekt eines verbesserten Schutzes des einzelnen Wohnungseigentümers beziehungsweise Wohnungseigentumsbewerbers. Besonders deutlich kommt der Schutzgedanke im neu geschaffenen Vorzugspfandrecht sowie im zeitlichen Vorziehen der Geltung vieler wohnungseigentumsrechtlicher Regelungen bereits in die Vorphase der Wohnungseigentumsbegründung und im neu geschaffenen Recht des Wohnungseigentumsbewerbers auf Rechnungslegung zum Ausdruck.

Die Weiterentwicklung des Wohnrechtes – das wurde heute schon gesagt – kann freilich mit dieser Novelle nicht einmal auf absehbare Zeit abgeschlossen sein. Neben weiteren Überlegungen zu inhaltlichen Reformbedürfnissen wird vor allem auch danach zu trachten sein, dieses wichtige Rechtsgebiet zu vereinfachen, systematischer und transparenter zu gestalten, damit es vor allem durchschaubarer und verständlicher wird.

Wie ich im Hohen Hause schon bei anderer Gelegenheit in Aussicht gestellt habe, beabsichtigt das Bundesministerium für Justiz daher, noch heuer einen grundlegenden und umfassenden Reflexions- und Diskussionsprozeß zur durchgreifenden Erneuerung des Wohnrechtes einzuleiten, der in erster Linie unter dem Aspekt der Rechtsbereinigung, der legistischen Standardverbesserung und der Konsolidierung dieses Rechtsbereiches stehen soll.

Gleichsam als Impulsgeber für dieses Projekt veranstaltet das Bundesministerium für Justiz im Herbst dieses Jahres ein zweitägiges Symposium zur Erneuerung des Wohnrechts, zu welchem ich auch die Parlamentsparteien einladen werde und bei dem in einer Reihe von Themenblöcken grundsätzliche, dogmatische und systematische Fragen behandelt werden sollen, die für eine zielgerichtete Rechtsfortbildung wesentliche Bedeutung haben, in der rechtspolitischen Diskussion aber keinen ausreichenden Raum finden können.

Ich bin mir natürlich im klaren darüber, daß dies kein Ersatz für eine breit angelegte öffentliche Meinungsbildung vor allem auch im Rahmen eines stattzufindenden allgemeinen Begutachtungsverfahren sein kann. Und selbstverständlich, Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer, kann dies auch kein Ersatz für eine eingehende und abschließende parlamentarische Diskussion unter Teilnahme – wie ich mir erlauben möchte, doch auch zu empfehlen – auch von Mitgliedern des Justizausschusses sein.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich den heute eingebrachten Entschließungsantrag – dieser geht in die von uns ebenfalls angestrebte Richtung –, weil wir uns dadurch mit unserem Vorhaben nun auch auf den ausdrücklichen Wunsch des Gesetzgebers berufen können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Blünegger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.31

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Ich möchte in meinem heutigen Debattenbeitrag einen Satz zitieren, der im morgigen "Kurier" steht – in einem Kommentar von Norbert Stanzel – und lautet:

"Hätte die FPÖ nicht den Strompreis und die Mieten zum Wahlkampfthema gemacht, wären wohl kaum so rasch Reformen beschlossen worden." – Ich glaube, das ist genau das, was wir heute hier gehört haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Da spricht ein Journalist die Wahrheit und beweist damit, daß diese Wohnrechtsnovelle 1999 eigentlich den Ausspruch des Kollegen Schwimmer nicht verdient, der gesagt hat, daß er die Rede von Herrn Abgeordneten Firlinger am liebsten zerreißen möchte. Ich meine aber, daß man auch diese Wohnrechtsnovelle 1999 nicht zerreißen sollte, weil in ihr auch etwas Positives enthalten ist.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren von der Koalition! Mit Ihrem Reformpaket Wohnen erfüllen Sie zwar einige jahrelange freiheitliche Forderungen, aber Sie tun dies äußerst halbherzig. Es handelt sich dabei nicht um echte Reformen, sondern – wie wir es jetzt in den Debattenbeiträgen gehört haben – um echte Wahlzuckerln, die Sie noch rasch verteilen wollen. Das wird Ihnen der Wähler aber nicht abnehmen!

Wir Freiheitlichen haben schon immer die Forderung gestellt, daß die Mieten gesenkt werden sollen. Es fehlt dieser Koalition aber nach wie vor der Wille zu einer echten Reform im Bereich der Gemeinnützigen. Wir haben darauf hingewiesen, daß wir eine Entflechtung zwischen Banken, Versicherungen und den Gemeinnützigen anstreben, aber Sie wollen natürlich nicht, daß die bestehenden Pfründen angetastet werden. Einige Beispiele wurden ja hier schon erwähnt.

Sie sind auch nicht bereit, die Auslaufannuitäten abzuschaffen. Wir alle sind aber dafür verantwortlich, daß Wohnungen, die bis jetzt beinahe schon zweimal bezahlt wurden, wirklich billiger werden. (Abg. Dr. Mertel: Wir haben jeden Ihrer Vorschläge aufgegriffen und umgesetzt! Wir haben auf Ihre Vorschläge gewartet, um Sie dann sofort zu verwirklichen!)

Diese Novellierung greift nur langsam, und es werden auch Ihre Privilegien und die politisch Begünstigten in den Genossenschaften weiterhin nicht abgebaut. Beispiele dafür haben wir heute schon gebracht. Frau Kollegin Bures! Daran ist sicherlich nicht die Freiheitliche Partei schuld, denn jene Verträge, die jetzt zum Greifen kommen, wurden von Ihnen schon vor Jahren beziehungsweise Jahrzehnten beschlossen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine gänzliche Umsetzung der Forderungen der Freiheitlichen würde nämlich eine Mietensenkung von 30 Prozent bewirken. (Abg. Eder: Verlangen Sie das einmal von Ihren Vermietern!) Das wäre unser Ziel. In diesem Sinne sollten wir heute dieses Gesetz beschließen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.) Kollege Eder! Ich habe leider keine längere Redezeit, aber wir können uns danach weiter darüber unterhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kröll. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.34

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Justizminister! Herr Bautenminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede zu diesem umfangreichen Wohnrechtspaket 1999 möchte ich dem scheidenden Ausschußobmann Dr. Walter Schwimmer sehr herzlich und mit voller Überzeugung für sein erfolgreiches Wirken über Jahre hindurch und für die konstruktive Zusammenarbeit danken! Lieber Walter! Ich verbinde diesen Dank mit den besten Wünschen für deine neue Tätigkeit als dritter österreichischer, als christdemokratischer Generalsekretär des Europarates! Ich freue mich darüber und bin stolz darauf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte der Parteien sollten wir uns doch darüber freuen, daß wir, nachdem sich jemand einer harten demokratischen Wahl gestellt – dieses Amt bekommt man nämlich nicht geschenkt – und es einen Gegenkandidaten gegeben hat, diese Wahl letztlich gewonnen haben! Da haben wir doch allen Grund zur Freude. Daher bin ich, lieber Kollege Gaugg, enttäuscht darüber, in welchen Zusammenhang du die Berufung von Walter Schwimmer nach Straßburg bringst! Sei mir nicht böse! Ich möchte darauf nichts erwidern, weil dies meine letzte Rede hier ist, sondern nur sagen, daß ich darüber sehr enttäuscht bin!

Nach langen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner konnte eine vernünftige Einigung erzielt werden. Die in der Wohnrechtsnovelle 1999 vorgesehenen Änderungen reichen von Anpassungen an die Gewerbeordnungsnovelle über rechtliche Verbesserungen beim Erwerb von Kleingärten bis hin zu Maßnahmen bei der Wiedervermietung älterer Wohnungen. Das Wohnrechtspaket 1999 bringt geringere Wohnungskosten im gemeinnützigen Bereich und auch mehr Rechte für Wohnungseigentümer und Mieter.

Diese Wohnrechtsnovelle, die ich nicht als klein, sondern als bedeutend bezeichnen möchte, umfaßt Änderungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, des Wohnungseigentumsgesetzes 1975, des Mietrechtsgesetzes, des Bundessonderwohnbaugesetzes und des Kleingartengesetzes.

Ich bringe eine kurze Ausführung zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Die Genossenschaften werden nunmehr verpflichtet, bei Sinken des Zinsniveaus mit den Banken über ältere Darlehen neu zu verhandeln und dabei den bestmöglichen Zinssatz zu erzielen, wobei diese Zinssenkung zur Gänze an die Mieter weiterzugeben ist. Zusätzlich müssen die Mieter über die tatsächliche Höhe der Darlehenszinsen informiert werden und können auch rechtlich gegen erhöhte Darlehenszinsen vorgehen.

Die Weitergabe von Zinssenkungen an die Mieter soll nicht nur für gemeinnützige Bauträger, sondern auch für die Republik Österreich gelten. Die Bundessonderwohnbaugesetze aus den Jahren 1982 und 1983 werden insofern geändert, als bei sinkenden Zinsen nicht nur die Förderung gekürzt wird, wodurch sich die Mietbelastung für die Mieter tatsächlich verringert, sondern die sinkenden Zinsen jedenfalls den Mietern und nicht nur dem Finanzminister zugute kommen müssen.

Für den Mieter einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung besteht nach insgesamt zehnjähriger Mietdauer ein Rechtsanspruch auf Eigentum, wenn die in den ersten fünf Jahren – bisher waren es drei Jahre – ab Bezug der Wohnung die auf diese Wohnung entfallenden Grundkosten zum überwiegenden Teil neben dem Entgelt eingehoben wurden. Darauf wurde schon hingewiesen. Meine Kollegen, insbesondere unser Dr. Walter Schwimmer, haben ausführlich zu allen Einzelheiten Stellung genommen.

Meine Damen und Herren! Als Bürgermeister, der dieses Amt schon lange Zeit einnimmt, konnte ich nach zehnjähriger Tätigkeit im steirischen Landtag und nach dieser einen Legislaturperiode hier im Hohen Hause durchaus eine gewisse Zusammenschau über die politischen Zusammenhänge gewinnen. Wir haben zu Recht auch in den vergangenen Tagen viel über Arbeit gesprochen, und überhaupt und insbesondere heute sehr viel über das Wohnen. Beide Themenkreise betreffen elementare Notwendigkeiten für das Glück der Menschen in ihrer Heimat, welche in erster Linie die Gemeinde ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich meine, es ist ein schöner Ansatz für meine Schlußrede von diesem Pult im Hohen Hause aus, daß ich, wenn hier über Arbeit und Wohnen gesprochen wird, sehr herzlich für die vielen Begegnungen danke, die ich mit Ihnen haben konnte! Ich hoffe, daß ich in diesen wenigen Jahren niemanden beleidigt habe. Wenn es trotzdem passiert sein sollte, dann war es sicherlich unabsichtlich. Ich habe mich wirklich über jede Begegnung gefreut.

Meine Damen und Herren! Ich habe zwei große Bitten für die Zukunft an diejenigen, die hier weiter die Verantwortung tragen: Vergessen Sie bei all Ihren Beschlußfassungen die Behinderten nicht, und zwar weder die mental noch die körperlich Behinderten! Und vor allem, meine Damen und Herren: Vergessen Sie die Gemeinde und die Stellung der Bürgermeister für ihre Heimat und für diese Republik nicht! Denken Sie an die Gemeinde als Heimat!

Der Finanzausgleich 2001 steht an. In diesen Tagen spricht man immer viel über die Getränkesteuer.

Vergessen wir nicht, daß eine autonome, eine freie Gemeinde auch die Ausstattung mit finanziellen Mitteln braucht, damit die Infrastruktur bestehen kann, damit die Bürgergesellschaft, die Kultur und die Freizeitwirtschaft leben können. Vom Kindes- bis ins Greisenalter spielt sich das Leben in einer Gemeinde ab.

Ich bitte Sie sehr, sehr herzlich darum, daß bei allen Ihren Entscheidungen auch in Zukunft praktikable Regelungen getroffen werden. Es wird diesem Hause vorbehalten bleiben, auch zu beweisen, daß die Gemeinden mit ihren Sorgen nicht allein sind, sondern durch dieses Hohe Haus die entsprechende Unterstützung erfahren, damit sie weiterhin das tragende Fundament für die Länder und für unsere Heimat, die Republik Österreich, bleiben.

Glückauf für Ihr weiteres Dasein! (Allgemeiner Beifall.) Glückauf für Ihre Tätigkeit hier im Hohen Hause, und viel Freude, wenn wir uns da oder dort wiedersehen! (Allgemeiner Beifall.) Ich lade Sie alle ein, als Gäste zu uns zu kommen, zum Schifahren oder zu sonst etwas; momentan spielen wir Blasmusik. Alles Gute! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

20.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.40

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz kurz – aufgrund der wenigen Redezeit, die ich zur Verfügung habe – nur einen Satz in Richtung der Kollegin Bures, und zwar betreffend Immobilienmakler beziehungsweise Immobilienverwalter: Ich finde es nicht angebracht, daß Sie in diesem Bereich permanent Ihren Klassenkampf heraushängen und permanent die Immobilienmakler zu schwarzen Schafen stempeln, und zwar pauschaliert. (Abg. Dr. Mertel: Wieso "heraushängen"? Was hängt sie heraus?!)

Ich gebe schon zu, daß es in allen Berufsbranchen schwarze Schafe gibt; das wissen wir alle. Aber es gibt nicht eine ganze Berufsbranche, die man immer und ausschließlich verteufeln muß. Es gibt eine Höchstgrenze, die man verlangen kann. Da kann man vieles verbessern oder vielleicht anders gestalten. Aber Sie machen ja die Gesetze, nicht wir in erster Linie. Sie sitzen in der Regierung! (Abg. Bures: Sind Sie für niedrigere Maklerprovisionen?)

Aber wenn Sie schon den Mietern Kosten ersparen wollen, dann könnten Sie auch woanders einsparen, vor allem bei Vergebührungen, bei Kreditsteuern, bei Stempelmarken – die jetzt vielleicht nicht mehr in dieser Form vorhanden sind – et cetera. (Abg. Bures: Sind Sie für niedrigere Maklerprovisionen? Ja oder nein?) Sie könnten vielleicht auch Änderungen vornehmen, damit die Wettbewerbsbedingungen verbessert werden. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Es kann und soll nicht so sein, daß die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften jetzt plötzlich in Branchen tätig werden (Abg. Dr. Mertel: Da haben Sie einige "Erfolge"! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), in denen an sich die Immobilienverwalter tätig sind, und daß Gemeindebauwohnungen verstärkt durch Gemeinnützige verwaltet werden, die ohnehin privilegiert sind, die keine Einkommensteuer zahlen et cetera. (Abg. Bures: Sind Sie für niedrigere Maklerprovisionen?)

Man kann lange und viel darüber sprechen. Wenn man das beleuchtet, dann muß man alles beleuchten und darf den Schwarzen Peter nicht immer nur einer Branche zuschieben. Das ist billig, und das ist Klassenkampf! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Beziehen Sie Position, Herr Abgeordneter Graf!)

Zum Antrag des Kollegen Smolle noch ein kurzes Wort: Wir werden das nicht mittragen, aber nicht aus den Gründen, die Sie vielleicht dahinter vermuten, sondern schlicht und einfach aus folgendem Grund: Wir halten es nicht für zielführend, wenn wir die Lebensgemeinschaft in jedem Gesetz anders definieren. Wenn, dann muß man sich zu einer allgemeinen Regelung durchringen, wie auch immer sie aussehen mag. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.) Sie muß allgemein sein. Es kann nicht sein, daß die Lebensgemeinschaft in jedem einzelnen Gesetz anders definiert wird.

Das leitet schon über zu meinem dritten Punkt, der in diesem Zusammenhang zu beleuchten ist. Wir werden der Gesetzesnovellierung zum Bereich der Kleingärten zustimmen. Da ist es nämlich wirklich so, daß in einem kleinen, schlummernden Bereich – und jetzt spreche ich insbesondere über den Wiener Bereich – damit begonnen wird, etwas bestimmtes aufzubrechen. Es wird damit begonnen, die Allmacht eines Zentralverbandes und von Vereinsobleuten aufzubrechen. Das ist gut so, und da wird sicherlich einiges in Bewegung geraten. Das ist ein erster großer Schritt, möchte ich sagen, und diesem kann man durchaus zustimmen.

Es wird künftig so sein, daß man quasi Betriebskostenabrechnungen und Budgetvorausschauen wird legen müssen. Das wird die meisten Obleute von Kleingartenvereinen – sie sind ja meist Parteiapparatschiks – überfordern. Sie laufen uns ohnehin schon in allen Parteien die Türen ein, weil sie gegen diese Regelung sind.

Das bedeutet erstens Arbeit, zweitens sind sie überfordert, und drittens können sie damit wahrscheinlich nicht umgehen. Diesen Leuten kann ich heute schon ausrichten, daß sie eben ihr Amt niederlegen sollen. Aber es wird mehr Rechtsicherheit und mehr Schutz für den Kleingartenpächter geben, und das ist wichtig und gut. (Zwischenruf der Abg. Bures.)

An diese Adresse muß man auch einmal sagen: Das ist in diesen Bereichen nur ein erster Schritt, den wir gehen sollten und auch gehen werden. Es ist ganz einfach notwendig, in dieser Hinsicht auch noch vieles andere zu erreichen. In diesen Bereichen wurden schon gute Gesetze verabschiedet, etwa das ganzjährige Wohnen in Kleingärten – um auf Wien hinzuzielen –, aber das scheitert oftmals auch an den Obleuten. 7 000 Pächter warten im wesentlichen auf die Umwidmung, und das wird meist von den Obleuten verhindert, weil sie auch damit nicht umgehen können.

Daher mein Appell: weitermachen in diese Richtung! Diese Passage werden wir mittragen. Ich hoffe, daß wir damit einen letzten verpolitisierten Bereich aufbrechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist schließlich Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.45

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Es ist zum Inhalt dieser Gesetzesänderungen schon viel gesagt worden. Ich möchte mich nur noch ganz kurz auf einen Themenbereich konzentrieren.

Es gibt mehr Rechte für die Mieter. Daher ist es meiner Ansicht nach wichtig, auch darauf hinzuweisen, daß es eine Abstimmung im Bereich der Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zwischen den Mietern und den Vermietern, also den Wohnbaugenossenschaften und den Mietern geben muß.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang weiters, daß es zu einem Miteinander kommt, auch zu einem Miteinander der Entscheidungen. Einseitige Veranlassungen von Hausverwaltungen und Wohnbauträgern führen meist zu Unverständnis, zu Kritik und zu Protest. Ich denke daher, daß es wichtig ist, daß wir auch einmal die Frage der Mietermitbestimmung und ihrer Grundlagen diskutieren. Ich denke, es wäre auch im Zusammenhang mit jenen Aktivitäten, die der Herr Bundesminister für Justiz bei einer Enquete angesprochen hat, wichtig, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.

Ich denke, daß die Stadt Wien hiefür ein gutes Beispiel gibt. Dort gibt es gute Erfahrungen. Die Stadt Wien ist ja der größte Hausherr Europas und hat schon seit einigen Jahren Erfahrungen damit, wie weitreichende Mitbestimmung sowie weitreichende Kontrollrechte situiert werden können und welche Vorteile für beide Seiten das mit sich bringt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe momentan Herrn Abgeordneten Gaugg nicht hier im Saal, möchte aber zu seinem Diskussionsbeitrag eine Bemerkung machen. Er hat von "verluderter Politik" gesprochen. – Ich denke, es ist wichtig, dem Hohen Haus auch einmal zu sagen, wie er selbst es einschätzt, was seine Schnorrbrief-Aktion an Unternehmer bedeutet und was das gebracht hat. (Abg. Blünegger: Das ist ein alter Hut!)

Kollege Blünegger, danke für den Zwischenruf! Aber es wäre interessant, zu wissen, wieviel Geld hereingekommen ist und wer das Geld bekommen hat. Ist es noch bei Herrn Abgeordnetem Gaugg? – Es wäre interessant, das einmal zu erfahren. Vielleicht ist es im Sinne der ehrlichen und anständigen Politik der Freiheitlichen möglich, uns das einmal mitzuteilen.

Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Im übrigen bin ich dafür, die "Aktion Fairness" und damit gleiche Rechte für Arbeiter und Angestellte rasch umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es wurde kein Schlußwort seitens des Herrn Berichterstatters gewünscht.

Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung.

Da Sie im Augenblick noch die Plätze aufsuchen, gestatten Sie mir bitte folgende Bemerkung: Es war mir hier vom Präsidium aus nicht möglich, mit Ihnen zu applaudieren, wenn Sie Kolleginnen und Kollegen, die sich verabschiedet haben, mit Applaus bedacht haben. Ich möchte all denjenigen, die sich verabschiedet haben, selbstverständlich ebenfalls sehr herzlich alles Gute wünschen!

Da Sie jetzt alle Ihre Plätze eingenommen haben, kommen wir zur Abstimmung; ich werde diese über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2056 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Schwimmer, Eder und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Smolle und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Schließlich haben der Abgeordnete Mag. Firlinger sowie der Abgeordnete Smolle jeweils ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Artikel VI gestellt.

Wir werden daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag und von den beiden Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Schwimmer, Eder und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 26 eingebracht.

Wer dem beitreten möchte, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Die Abgeordneten Smolle und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 2a in Artikel II bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung hinsichtlich Artikel VI des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang, nun in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Mieten im gemeinnützigen Wohnbau um bis zu 30 Prozent.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem beitreten wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Schwimmer, Eder und Genossen betreffend Rechtsbereinigung und Verbesserung des legistischen Standards des Wohnrechtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 211.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2059 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Damit ist dieser Bericht zur Kenntnis genommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2057 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie ihn zur Kenntnis nehmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 2058 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit gleichfalls zur Kenntnis genommen.

Damit ist dieses Abstimmungsverfahren beendet.

20. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1898 der Beilagen): Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999) (2074 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1170/A der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Günther Kräuter, Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird (2075 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 171/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Büro für Internationale Forschungs- und Technologiekooperation (BIT) (2076 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 367/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird (2077 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen zu den Punkten 20 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Als Erstredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. (Abg. Haigermoser – auf dem Weg zum Rednerpult –: 6 Minuten!) 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.53

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist das alte Lied der ÖVP, Frau Kollegin Tichy-Schreder: Im Rahmen der Interessenvertretungen, insbesondere in der Wirtschaftskammer, werden Beschlüsse und Resolutionen gefaßt. Die Abgeordneten der ÖVP-Regierungspartei, die in diesen Gremien sitzen, beschließen mit und verkünden lautstark, diese Dinge im Parlament umsetzen zu wollen. Wenn es aber im Ausschuß oder hier im Plenum sozusagen ans Eingemachte geht, dann fallen sie regelmäßig um. (Abg. Rosemarie Bauer: Keine Polemik vom Rednerpult! – Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, es wäre höchst an der Zeit, daß man die Polemik noch stärker einsetzt! Denn Ihre Umfaller stellen sich so dar, daß Sie sogar im Kriechen noch umfallen. Und es ist eine große Kunst, das überhaupt tun zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Diese Kunst hat der Haigermoser unter Steger schon ...!)

Immer wieder heißt es dann zur Begründung – auch von Maderthaner, Stummvoll und Co. –, man müsse hier im Hohen Hause sitzen, damit man die Interessen der Wirtschaft vertreten könne. – Diese Schutzbehauptung stimmt schon lange nicht mehr!

Besonders augenscheinlich – ich muß Ihnen das auch an Ihrem vorletzten Sitzungstag sagen, Frau Kollegin Tichy-Schreder – wird dieses Hinters-Licht-Führen der Zwangsmitglieder in der Wirtschaftskammer an folgendem Beispiel. Da gibt es Resolutionen zuhauf – unter anderem eine des österreichischen Schuhhandels vom 10. Mai 1999 –, in welchen flehentlich darum ersucht wird, daß in Österreich die Saisonschlußverkaufsregelung nach deutschem Muster eingeführt wird. Flehentlich ersuchen dort alle drei Fraktionen darum: die Sozialdemokraten, die ÖVP und die freiheitlichen Wirtschaftstreibenden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller.)

Das ist dem Herrn Keppelmüller, der im geschützten Bereich unterwegs ist, aber Wurscht, weil er auf seiner Pfründe sitzend ohnehin unkündbar und auf dem freien Markt eigentlich nicht vorhanden ist. (Abg. Dr. Keppelmüller: Selbstverständlich! So wie die Krawattenhändler!) Das ist ein Problem. Natürlich lacht man dann über Probleme von Handelswirtschaftstreibenden und deren Mitarbeitern, meine Damen und Herren, weil es einem egal ist! Man ist ohnehin unter der "Käseglocke" der Koalition. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Da gibt es Beschlüsse, die dann an die Präsidialabteilung der Bundeswirtschaftskammer, an Herrn Präsidenten Maderthaner, gerichtet wurden. Sie wurden einstimmig beschlossen. Auch Kollege Teller, der erst seit kurzem hier im Hohen Haus ist, hat sie unterschrieben, weil er von der Angelegenheit des Handels etwas versteht. Ich werfe ihm nicht vor, daß er sich in dem halben Jahr in seiner Fraktion nicht so durchsetzen konnte, aber zumindest hat er sich öffentlich zu diesem Anliegen des klein- und mittelständischen Handels bekannt.

Meine Damen und Herren! Zu diesem Anliegen hat auch Herr Maderthaner – ich habe das Protokoll darüber vor mir, als sich einer seiner Parteigänger am Kammertag der Wirtschaft darüber erklärte – gesagt: Danke, ich nehme das in der vorgetragenen Form gerne an und auf!

Was tut er nun heute, und was tun seine Vertreter im Wirtschaftsausschuß? – Sie sind dagegen! Frau Kollegin Fekter, die immer so forsch unterwegs ist, wenn es um den Schotter-Lobbyismus geht, hat hier berichtet: Ihre Bekannte, eine Boutiquebesitzerin, hat gesagt, das brauchen wir nicht; außerdem hatte sie selbst auch schon einmal eine Boutique. – Da war das kein Thema mehr. Meine Damen und Herren! Wenn das kein Thema ist: Warum beschließen und bejubeln Sie dann auf Ihren Kammertagen all diese Forderungen des mittelständischen Handels? (Abg. Mag. Schweitzer: Warum eigentlich?)

Frau Kollegin Fekter! Diese dürftige, hanebüchene Begründung werden wir während des Sommers herumtragen, damit die Wirtschaftstreibenden endlich wissen, was Sie wirklich tun: nämlich umfallen und den Wirtschaftstreibenden, denen Sie über die KU 1 und KU 2 Beträge in Milliardenhöhe abnehmen, in den Rücken fallen. Das ist die Doppelbödigkeit dieser Österreichischen Volkspartei, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen sind auf der Seite der Handelstreibenden! 444 000 Mitarbeiter sind in diesem Bereich tätig. Insbesondere in den Betrieben von 1 bis 99 Mitarbeitern wurden in neun Jahren immerhin plus 8 Prozent an Arbeitsplätzen geschaffen. Die Lehrlinge werden dort ausgebildet. Wenn es aber darum geht, legistisch einen kleinen Wink der Zuneigung beziehungsweise der Hilfestellung zu geben, dann sind Sie auf Tauchstation und vergessen alle Ihre Versprechen!

Meine Damen und Herren! Der Handel will keinen Glassturz. Er will keinen Schutz, er hat ihn ohnehin nicht mehr. Er ist dem harten Konkurrenzkampf ausgesetzt. Was der Handel aber will, sind gleiche Rahmenbedingungen, wie sie zum Beispiel in Deutschland vorherrschen, meine Damen und Herren – nicht mehr und nicht weniger! Keinen einzigen Schilling würde das den Steuerzahler kosten. Die deutschen Vorschriften sind klar, deutlich und marktkonform, und zwar auch für den Konsumenten, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten!

Daher verstehe ich es überhaupt nicht, daß Sie im Ausschuß dagegen gestimmt und gemeint haben, Ihnen sei das egal. Das ist bedauerlich. Denn immer wieder betont auch Präsident Verzetnitsch seitens des ÖGB, daß es wichtig sei, die kleinen und mittelständischen Betriebe zu unterstützen: sie nicht zu schützen im Sinne von Hinter-dem-Wald-Sein, sondern im Sinne moderner, fortschrittlicher Vorschriften. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sind nicht auf der Seite des Manchester-Liberalismus, wie ihn Helmut Peter immer predigt. Er sagt: Das alles wird der Markt regeln. – Wenn dem so wäre, dann gäbe es in Amerika kein Anti-Trustgesetz. Wir brauchen in der Wirtschaft Ordnung – und nicht Unordnung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Peter: Kannst du "Manchester" buchstabieren?)

Es ist daher mehr als je zuvor zu bedauern, daß Sie hier nicht bereit sind, die marktmächtige Stellung der Multis einzudämmen und dem mittelständischen Handel das zu geben, nach dem er ruft. Sie sollten nicht den Beschaffungsdeals zugunsten von Billigprodukten aus Drittländern das Wort reden. Das sind Produkte, die sehr oft durch Kinderarbeit hergestellt werden und dann quasi in den Saisonschlußverkauf einfließen, wodurch Arbeitsplätze und Lehrlingsausbildungsplätze vernichtet werden, ohne daß der Verbraucher etwas davon hat.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe es – abschließend gesagt – überhaupt nicht, daß Sie von der ÖVP hier Ihren eigenen Versprechungen nicht gefolgt sind und vor allem Ihren Mitgliedern in der Wirtschaftskammer in den Rücken fallen, Frau Tichy-Schreder! Das ist wahrlich kein schönes Abschiedsgeschenk, das Sie jenen mitgeben, denen Sie versprochen haben, ihnen zur Seite zu stehen. Das ist die traurige Begleiterscheinung Ihres vorletzten Tages in diesem Hohen Hause! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.00

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Wirtschaftsminister – und auch dem Herrn Finanzminister – sehr dankbar, denn er hat uns einen Wirtschaftsbericht vorgelegt, obwohl wir heute nicht den Bericht zur wirtschaftlichen Lage behandeln.

Ich bin froh darüber, daß alle Abgeordneten diesen Wirtschaftsbericht in ihren Fächern vorgefunden haben. Dieser zeigt deutlich, wie sich die österreichische Wirtschaft entwickelt hat, und er ist außerdem eine gutes Nachschlagewerk. Ich hoffe, die Abgeordneten können sich über die Sommerpause damit beschäftigen und sich darüber freuen, daß sich die österreichische Wirtschaft so gut entwickelt hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Heindl.)

Wir haben unter diesen Tagesordnungspunkten zwei Gesetze zu verabschieden. Aber ursprünglich hätte diese Materie am heutigen Tag wesentlich ausführlicher behandelt werden sollen. Es sollte auch das Betriebsanlagenrecht novelliert werden. Ich bedauere es außerordentlich, daß wir die dafür geplanten drei Gesetze in der Koalition schließlich nicht zustande gebracht haben, obwohl wir in manchen Bereichen schon sehr weit waren.

Ich hoffe, daß das, was wir bis jetzt verhandelt haben – nämlich die Umsetzung der Seveso-Richtlinie und der IPPC-Richtlinie –, als Basis für die Herbstverhandlungen herangezogen wird, wenn der neue Nationalrat tagen wird. Es ist notwendig, daß wir hier richtige und gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, für die Umwelt und für die Menschen schaffen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Heindl.)

Meine Damen und Herren! Wir haben aber auch ein wichtiges Gesetz zu verabschieden; der Jahrestag des Unglücks von Lassing naht. Dabei geht es um ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes dahin gehend, daß im Mineralrohstoffgesetz nicht dafür vorgesorgt worden ist, daß Menschen, die im Berg verunglücken, geborgen werden können.

Da der entsprechende Antrag des Wirtschaftsministeriums beeinsprucht worden ist, haben wir hier einen Dreiparteienantrag eingebracht. Ich möchte nach der Diskussion, die wir im Ausschuß darüber geführt haben, zunächst folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Eder und Kollegen zum Antrag 1170/A der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kräuter, Mag. Dr. Grollitsch und Genossen in der Fassung des Ausschußberichtes betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird (2075 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

§ 177a Abs. 2 lautet:

"(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann unter Beachtung anerkannter betriebswirtschaftlicher Grundsätze nähere Bestimmungen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit, über die Voraussetzungen für einen allfälligen Ersatz der erwachsenen Bergungskosten durch den Bund und über die Beiziehung von Sachverständigen durch Verordnung erlassen."

*****

In der Begründung dazu wird die Erklärung abgegeben, daß der Bundesminister unter gewissen Prämissen den Auftrag erteilen kann, eine Bergung vorzunehmen, und daß auch Ersatzforderungen an den Betreiber gestellt werden können. Das alles muß aber unter dem Gesichtspunkt gesehen werden, inwieweit die Verunglückten geborgen werden können.

Ich bin dem Herrn Bundesminister dankbar dafür, daß er während des vergangenen Jahres – seit das Unglück in Lassing geschehen ist – Mitarbeiter seines Hauses besonders in Lassing eingesetzt hat, die mit den Betroffenen ständig in Kontakt sind, um sie laufend über die Berge- und Sicherungsmaßnahmen in diesem Bergwerk zu informieren. Ich bin froh darüber, daß das im Einvernehmen darüber geschieht, daß die Betroffenen und Hinterbliebenen in Lassing auch weiter betreut werden. Ich meine, daß wir ihnen das schuldig sind.

Wir sind es ihnen auch schuldig, eine Möglichkeit zur Bergung der Toten zu schaffen, wenn das gelingen kann. Aber das muß auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit geschehen, unter Beachtung der Frage, ob es tatsächlich möglich ist, in den Berg hineinzugehen oder hineinzufahren. Ich bin jedenfalls froh darüber, daß wir mit diesem Gesetz die Möglichkeit dazu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haigermoser hat auf einen Wunsch des Handels speziell Bezug genommen. Ich "freue" mich darüber, daß er auf die Antwort so "neugierig" ist, daß er bereits den Saal verlassen hat, möchte ihm aber folgendes sagen: Herr Abgeordneter Haigermoser ist schon lange genug im Handelsausschuß – im jetzigen Wirtschaftsausschuß –, um zu wissen, daß wir gerade die Ausverkaufsregelung auf Wunsch der Wirtschaft vor einigen Jahren abgeschafft haben. Er weiß auch ganz genau, daß es zwar Resolutionen von einzelnen Wirtschaftstreibenden gibt, daß es aber nicht die durchgängige Meinung des Handels und der Handelstreibenden ist, auch nicht der Klein- und Mittelbetriebe ... (Abg. Haigermoser: Das ist etwas Unerhörtes! Ist Herr Lemler der Sprecher des Handels oder nicht? Ist Herr Lemler Sektionsobmann in der Sektion oder nicht?) – Herr Abgeordneter Haigermoser! Lassen Sie mich einmal aussprechen und lernen Sie auch, zuzuhören!

Es geht darum, daß nicht alle Händler, nicht alle Klein- und Mittelbetriebe an strengen Ausverkaufsregeln festhalten wollen. Folgendes darf ich Ihnen schon sagen: Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Abgeordneter Haigermoser, kenne ich die Situation der Klein- und Mittelbetriebe im Handel auch in Deutschland. (Abg. Haigermoser: Beim Saisonschlußverkauf ist das etwas anderes! Sie haben null Ahnung, wenn Sie vom "Ausverkauf" sprechen! Der Schlußverkauf ist am Schluß der Saison! Dann ist die Saison zu Ende!) Gerade in Deutschland werden die fixen Ausverkaufszeiten nicht in dem Ausmaß wahrgenommen, wie Sie es darstellen. (Abg. Haigermoser: So etwas von ahnungslos! Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses und keine Ahnung! Peinlich ist das!) Das war dort genauso wie in Österreich, als wir fixe Ausverkaufszeiten hatten: Manche haben schon vorher Ausverkauf gemacht und sich nicht daran gehalten. (Abg. Haigermoser: "Saisonschlußverkauf" heißt das!)

Herr Abgeordneter Haigermoser! Wir haben im Justizausschuß etwas viel Wichtigeres verabschiedet, und zwar praktisch das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis. Das hilft den Klein- und Mittelbetrieben wesentlich stärker.

Gerade der Herr Wirtschaftsminister hat versucht, auch eine Regelung in bezug auf die Einkaufszentren zu finden. Das hilft den Klein- und Mittelbetrieben wesentlich mehr. Aus diesem Grund haben wir den Antrag, den Sie ursprünglich von uns abgeschrieben hatten, abgelehnt, weil wir eben schon im Kartellgesetz Vorsorge getroffen haben. (Abg. Haigermoser: Jetzt sind Sie auch schon gegen sich selbst! Das ist der reinste Masochismus!)

Herr Abgeordneter Haigermoser! Die Ausverkaufsregelung allein ist kein Garant für den mittelständischen Handel. Ich denke, dem mittelständischen Handel ist wesentlich mehr geholfen, wenn man manches anders und kreativ neu regelt. (Abg. Haigermoser: Fragen Sie Herrn Teller, was er davon hält!) Ich weise nur auf einen Artikel von Frau Canaval in den "Salzburger Nachrichten" hin. Darin sind einige Anregungen dazu gegeben worden, wie es dem mittelständischen Handel vielleicht gelingen könnte, in Zukunft besser zu reüssieren. (Abg. Haigermoser: Sagt jetzt Frau Canaval, was das Parlament beschließt?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht aber auch – und es freut mich, daß wir das mit dem Herrn Bundesminister ebenfalls im Ausschuß besprochen haben – um eine Neuregelung des BIT, des Büros für Internationale Forschungs- und Technologiekooperation. Dessen Mittel konnten aufgestockt werden, und das 5. Rahmenprogramm der EU kann in diesem Rahmen ausgezeichnet durchgeführt werden. Die Förderungsmittel für das BIT seitens des Wirtschaftsministeriums sind von 14,3 Millionen Schilling im Jahre 1996 auf 32,8 Millionen Schilling im Jahre 2000 aufgestockt worden.

Das ist ein wesentlicher Beitrag dazu, daß die innovative mittelständische Wirtschaft an den Rahmenprogrammen im technologischen Bereich teilnehmen kann. Dafür bin ich dem Herrn Bundesminister sehr dankbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Tichy-Schreder vorgetragen hat, wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.08

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vier Vorlagen beraten wir jetzt. Es gibt die Zustimmung der Lieberalen zum Notifikationsgesetz.

Einige ernste Bemerkungen möchte ich zu jenem Gesetzentwurf machen, den Sie uns in der Causa Lassing vorlegen. Bei aller Betroffenheit über das Schicksal der Menschen, die dort bei einem Bergwerksunglück zu Tode gekommen sind, halte ich das, was Sie uns hier vorlegen, für eine reine Anlaßgesetzgebung, und zwar eine Anlaßgesetzgebung mit rückwirkenden Verfassungsbestimmungen. Es lohnt nicht, aus Anlaßgründen die Rechtssicherheit in unserem Lande auszuhöhlen und letztlich über eine rückwirkende Verfassungsbestimmung auch Rechtsunsicherheit zu erzeugen.

Die politische Zusage des Ministers Farnleitner und des Bundeskanzlers Klima, alles zu tun, um die Toten zu bergen, ist eigentlich von der Realität überholt worden: erstens von der Realität der Fachleute, die uns leider mitteilen, daß dieser Unfall viel zu schnell und zu kraß vor sich gegangen ist, um heute noch Tote bergen zu können, zweitens von der realistischen Möglichkeit, was die Sicherheit der Menschen betrifft, die diese Bergung vornehmen wollen, und drittens selbstverständlich auch von der Frage der Kosten. Auch das ist ein Thema. Ich finde, wir sollten uns klar dazu bekennen, daß wir diesen Menschen ein Mahnmahl als ewige Erinnerung an ihr Schicksal setzen, daß wir mitfühlen, aber daß wir eine Bergung unter diesen neuen Gesichtspunkten nicht durchführen können; das ist meiner Ansicht nach nicht sinnhaft.

Ich halte es daher für doppelt bedauerlich, daß Frau Tichy-Schreder diesen zusätzlichen Abänderungsantrag verlesen hat. Und schon gar diese wirklich abstruse Ausschußfeststellung läßt doch jeden Parlamentarier fragen: Was soll das bitte? Durch diese Ausschußfeststellung wird Artikel 2 des Gesetzentwurfes in einer Art und Weise relativiert, die das Ganze nur mehr zum gesetzlichen Konstrukt macht, das rechtsstaataushöhlend ist und Rechtsunsicherheit erzeugt.

Ich meine bei aller wirklichen Betroffenheit, bei wirklichem Mitgefühl für das, was den Menschen dort widerfahren ist, bei all den Fragen der Schuld, die noch zu klären sind – aber dazu haben wir Gerichte –, daß eine Bergung aus diesem Grund nicht notwendig sein wird. Im Unterschied zu allen anderen vier Fraktionen dieses Hohen Hauses kann ich mit aller Deutlichkeit sagen, daß sich die Liberalen zu einer solchen Anlaßgesetzgebung mit rückwirkenden Verfassungsbestimmungen ganz sicherlich nicht hergeben werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der Antrag des Kollegen Schöggl bezüglich des BIT ist insofern überholt (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Er ist erst drei Jahre alt!), als der Herr Bundesminister jetzt die Finanzierung schriftlich zugesagt hat. Ich glaube, ob wir ihm zustimmen oder ihn ablehnen, es wird nichts daran ändern! Jedenfalls freut es mich, daß die Finanzierung des BIT jetzt nachhaltig bis zum Jahre 2003 gesichert ist.

Noch einige wenige Worte – die weniger traurig sind als jene zu Lassing und daher auch angriffiger – zu einem anderen Thema. Meine Damen und Herren! Glauben Sie wirklich, mit Ausverkaufsschutzbestimmungen und Regelungen gegen den Verkauf unter dem Einstandspreis mehr ernten zu können als da und dort die Wählerstimmen von ein paar Händlern?! Merken Sie denn nicht, was sich auf den Märkten tut, und daß Sie Märkte nicht auf diese Art und Weise reglementieren können?!

Ausverkauf findet nicht dann statt, wenn der Händler lustig ist, weil er sein altes Klumpert wegbringen will, sondern dann, wenn die Konsumenten Spaß daran haben. Geschäfte haben keinen Eigennutz! Geschäfte sind ausschließlich für die Kunden da! Wenn sie sich an ihren Kunden orientieren, wenn sie professionell und gut und kundenorientiert arbeiten, dann werden sie auch Kunden haben!

Zu glauben, man könne – egal, ob im Kartellgesetz, Frau Präsidentin Tichy-Schreder, oder in sonstigen Regelungen – den Verkauf unter dem Einstandspreis regeln, ist eine Schimäre und nichts anderes! Jener große Händler, der heute sagt, ich will 100 Photoapparate oder 500 Kleider oder was auch immer unter dem Einkaufspreis verkaufen, wird von seinem Lieferanten, von dem er das um die zehn-, hundert-, ja tausendfache Summe eingekauft hat, die entsprechende Rechnung bekommen, auf der steht, daß er diese Ware zu diesem Preis gekauft hat. Wissen Sie, das ist Popanz! Das ist Politik für die Auslagenscheibe, aber nicht Politik, die dieses Hohen Hauses würdig ist! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie können weder den Verkauf unter dem Einkaufspreis reglementieren noch – und das schon gar nicht – den Ausverkauf. Hören wir endlich auf, herumzureglementieren, sondern denken wir an unsere Kunden! Herr Schwemlein sagt, ich muß jetzt aufhören, damit schließe ich. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schwarzenberger: Also doch die "Ampelkoalition"!)

21.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.13

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gerade der letzte Debattenbeitrag hat gezeigt, worum es bei uns im Wirtschaftsausschuß immer gegangen ist. Natürlich gibt es auf diesem Gebiet ein großes Spannungsfeld! Um nur ein Thema der Oppositionsseite aufzugreifen, nämlich den Verkauf unter dem Einstandspreis: Es wird nie eine Regelung geben, die alle Betroffenen zufriedenstellt, Herr Kollege Peter! Kollege Haigermoser hat in einem anderen Zusammenhang moniert, es so wie in Deutschland zu machen. Die jetzige Kartellrechtsänderung ist zwar eine Anpassung an das deutsche Gesetz, wird aber auch kritisiert.

Ich möchte jetzt nicht auf weitere Details eingehen, denn ich habe mich eigentlich zu Wort gemeldet, weil ich offenkundig keine Gelegenheit mehr haben werde, einige Worte in Richtung Frau Kollegin Tichy-Schreder zu richten. Sie ist vorhin einfach vom Rednerpult weggegangen, ohne kundzutun, daß sie hier zum letzten Mal das Wort ergriffen hat. Ich habe darüber nachgedacht, wie lange wir schon miteinander im Ausschuß arbeiten, aber ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur eines: Kollegin Tichy-Schreder ist seit dem Jahre 1991 Vorsitzende dieses Ausschusses, und als solche hat sie sich – ich glaube, das kann ich namens aller Fraktionen sagen – immer bemüht, diesen Vorsitz ausgeglichen, objektiv und sachlich zu führen. Das war nicht immer leicht, nicht einmal innerfraktionell, wie wir wissen. Und ich stehe nicht an, zu sagen, daß ich weiß, wie schwer Sie es auch innerfraktionell gehabt haben, Frau Kollegin Tichy-Schreder, denn natürlich – das meine ich nicht als Kritik, sondern als Feststellung – sind Sie auf der einen Seite Interessenvertreterin und auf der anderen Seite eine sachlich orientierte und sachbezogene Politikerin.

Ich möchte mich nicht nur für diese Vorsitzführung bedanken, sondern vor allem dafür, daß wir, wie ich glaube, in den letzten Jahren vieles zuwege gebracht haben, auch wenn es uns da oder dort noch zu wenig erscheint. Ich möchte das jetzt gar nicht alles aufzählen, und natürlich wäre mir in der Gewerbeordnung bei manchen Fragen anderes lieber gewesen. Aber wir sind einige Schritte weitergekommen! (Abg. Mag. Peter: Aber nur kurze Schritte, Herr Doktor!) – Aber wesentliche, Herr Kollege Peter!

Zum Anlagenrecht – wir haben den letzten Schritt leider, sage ich, nicht mehr gemacht; ich hoffe, wir werden ihn bald machen können – kann ich Ihnen nur sagen, daß Sie, wenn Sie sich umhören, erfahren werden, daß heute in 80, 90 Prozent der Fälle – im vereinfachten Verfahren! – eine Anlage in sieben, acht Wochen genehmigt ist! Nennen Sie mir Länder, wo das auch so funktioniert! Trotzdem: Man kann immer noch etwas mehr machen, das habe ich immer wieder betont. (Abg. Mag. Peter: Drittvergleich heißt, sich an den Besten zu messen und nicht an den Schlechtesten!) Herr Kollege, ich will mich heute mit diesen Themen nicht mehr sachlich auseinandersetzen, es wäre noch einiges anzuführen.

Frau Kollegin Tichy-Schreder, wir haben hunderte Stunden im kleinsten Kreis verhandelt, und es waren immer harte Gespräche. Ich bedanke mich zum einen für Ihre Sachlichkeit, vor allem aber dafür, daß wir bei aller Unterschiedlichkeit der Interessenlagen – und es hat immer Spannungsverhältnisse gegeben, überhaupt keine Frage, etwa beim Thema Wirtschaftstreuhänder und Buchhalter – vieles zuwege gebracht haben. Wenn wir etwas ausgemacht haben, ist Frau Kollegin Tichy-Schreder immer dazu gestanden, auch wenn sie intern dadurch Probleme bekam.

Für diese Verläßlichkeit, für Ihre Sachlichkeit und für die wirklich sachorientierte Vorsitzführung und Zusammenarbeit sage ich herzlichen Dank. Ihr Nachfolger wird es schwer haben. Wir werden Sie vermissen! – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

21.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dem darf ich mich herzlich anschließen, Frau Kollegin. Danke schön.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Kollege Haigermoser hat die Problematik um die Ausverkaufsregelung angesprochen und das diesbezügliche Abstimmungsverhalten der ÖVP im Ausschuß dokumentiert. Als es in einem Antrag betreffend den unlauteren Wettbewerb darum ging, diesen Saisonschlußverkauf einer Regelung zuzuführen, sagten Sie, Frau Kollegin Tichy-Schreder – und Ihre Antwort war, wie ich meine, demaskierend und außerdem ein richtiger "Ohrenschmaus"! (Beifall bei den Freiheitlichen) –, folgendes: Sie hätten gegen diesen Antrag Haigermoser, der sich gegen den unlauteren Wettbewerb richtete, gestimmt, einen Antrag, der ja ohnedies nur von Ihrem abgeschrieben sei! – Das ist richtig! Das dokumentiert aber auch exakt die Doppelbödigkeit der ÖVP-Wirtschaftspolitiker in diesem Hause! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind es, die in der Wirtschaftskammer deren Zwangsmitglieder glauben machen will, daß Sie die Interessen der klein- und mittelständischen Unternehmungen vertreten. Es werden Resolutionen verfaßt, es werden Anträge gestellt, es wird klar Position bezogen. Wenn es aber darum geht, hier in diesem Hause Nägel mit Köpfen zu machen, dann unterliegen Sie welchen Zwängen auch immer. Jedenfalls stimmen Sie dann immer wieder – und dabei erwischen wir Sie auch immer wieder – gegen die Interessen der Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Tichy-Schreder! Ihren Vergleich mit Deutschland, wo manche Unternehmen die Ausverkaufszeiten nicht in Anspruch nehmen, lassen wir nicht als Ausrede gelten. Selbstverständlich stünde das den Unternehmen auch hier in Österreich frei. Aber Sie sollten dabei bedenken, daß unter dieser Politik, die Sie betreiben, die klein- und mittelständischen Unternehmungen zu kämpfen und zu leiden haben!

Die Auswirkungen davon sind, daß es keine Nahversorger in ausreichendem Maße mehr gibt und daß es in diesem Bereich zu wenig Arbeitsplätze und vor allem auch zu wenig Lehrstellen gibt.

Im Wirtschaftsausschuß stand der Berufsausbildungsbericht des Wirtschaftsministers auf der Tagesordnung. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde, die Bevölkerung sollte wissen, warum dieser Bericht im Ausschuß enderledigt wurde: Weil Sie Ihren Mißerfolg im Bereich der Lehrlingsausbildung, der in diesem Bericht dokumentiert wird, der Öffentlichkeit vorenthalten wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Der Bericht ist öffentlich!)

Der Herr Bundeskanzler hat heute Zahlen des Arbeitsmarktservice genannt, wonach 2 224 Lehrstellensuchenden 2 208 offene Lehrstellen gegenüberstünden. – Dabei hat er aber die Zahl der "versteckten" Lehrlinge – die es auch gibt! – verschwiegen, und dann hört sich die Zahl ganz anders an: Das sind 14 737, um rund 3 500 mehr als im letzten Jahr! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Tendenz, sehr geehrte Damen und Herren, hat er als "positiv" bezeichnet. Um von der Problematik "Euroteam" und dem Postenschacher, der in der Dringlichen Anfrage angesprochen wurde, abzulenken, hat der Herr Bundeskanzler versucht, das als positiv, als Erfolg darzustellen. – Tatsache ist aber, daß auch das ein Mißerfolg der Bundesregierung ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich frage Herrn Abgeordneten Dr. Grollitsch: Werden Sie den Antrag einbringen, den Sie angekündigt haben? Er ist umfangreich und muß verteilt werden, sodaß ich sicher sein möchte, daß er tatsächlich eingebracht wird. (Abg. Dr. Grollitsch nickt zustimmend.) – Gut.

Nächste Rednerin wäre Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. (Abg. Mag. Peter: Sie ist nicht da, Herr Präsident!)

Dann ist Herr Abgeordneter Matthias Ellmauer der nächste Proredner. – Bitte.

21.22

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz ein paar Worte zum Notifikationsgesetz. Der wesentliche Inhalt der Regierungsvorlage ist die Ausdehnung des Notifikationsverfahrens auf Informationsdienste. Das Notifikationsverfahren dient dazu, Hindernisse für den freien Warenverkehr auf dem Binnenmarkt frühzeitig zu erkennen und nach Möglichkeit zu verhindern. Weiters gibt es der Europäischen Kommission wichtige Hinweise darauf, in welchen Bereichen die Regelungen der Mitgliedstaaten unterschiedlich sind, sodaß eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene ausgearbeitet werden kann.

Obwohl sich diese Richtlinie ausschließlich an die Behörden der Mitgliedsstaaten richtet, profitieren auch private Unternehmen davon. Durch das Notifikationsverfahren konnte in einigen Fällen verhindert werden, daß ein Entwurf, der den freien Warenverkehr unnötig behindert hätte, zu einer verbindlichen Regelung wurde.

In anderen Bereichen wiederum wurde genau das Gegenteil gewünscht: Dort führten die gewonnenen Erfahrungen zu einer einheitlichen EU-weiten Regelung. Unterschiedliche nationale Vorschriften wurden als Wettbewerbsschranken auf dem freien Markt beseitigt.

Nunmehr unterliegen auch die Informationsdienste dem Notifikationsverfahren. Diese Informationsgesellschaften sind ein rasch wachsender Wirtschaftsbereich. Dazu zählen Online-Dienstleistungen, die ohne gleichzeitige Anwesenheit der Parteien und nur auf individuellen Abruf erbracht werden. Die Chancen in diesem Bereich vor allem für Klein- und Mittelbetriebe sind nicht hoch genug einzuschätzen. Auf elektronischem Weg können nun weltweit Dienstleistungen erbracht werden, ohne daß dazu eine Niederlassung im Ausland erforderlich ist. Auch innerhalb des Binnenmarktes verbessern sich dadurch die Möglichkeiten des Geschäftsverkehrs enorm.

So zum Beispiel fallen darunter elektronische Buchungen von Reisen bei einem ausländischen Reiseveranstalter, die Abgabe von Gutachten eines Rechtsanwaltes oder eines Steuerberaters auf elektronischem Weg oder die Übermittlung eines Plans eines Architekten, ebenfalls auf elektronischem Weg.

Diese neuen Wettbewerbschancen der heimischen Wirtschaft im europäischen Raum können aber nur dann optimal genutzt werden, wenn nicht durch unterschiedliche Regelungen der Mitgliedsstaaten wieder Handelshemmnisse aufgebaut werden. So war es naheliegend, das bereits bewährte System, das Notifikationsverfahren auf Vorschriften betreffend die Dienste der Informationsgesellschaften auszudehnen.

In diesem neuen Wirtschaftsbereich werden sich im Laufe der Zeit durch die rasanten Entwicklungen immer neue Schutzbedürfnisse ergeben, die heute noch gar nicht im Detail abgeschätzt werden können. Eine europaweite Regelung sämtlicher derartiger Probleme ist daher aus heutiger Sicht noch gar nicht möglich. Um trotzdem den erforderlichen Schutz zu gewährleisten, ist es daher zweckmäßig, die Regelungskompetenz weitgehend bei den Mitgliedsstaaten zu belassen, diese Regelungen aber dennoch einem gemeinschaftsweiten Kontrollsystem zu unterwerfen, um unnötige Behinderungen der Binnenmarktfreiheiten zu verhindern.

Das Notifikationsverfahren bei den Informationsdiensten ermöglicht somit eine optimale Nutzung der Chancen des Binnenmarktes durch die Unternehmen, ohne daß legitime Schutzinteressen dabei zu kurz kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf noch ganz kurz ein paar Worte an die Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, an Frau Präsidentin Tichy-Schreder, richten. – Liebe Frau Präsidentin! Ich war zwar nur Ersatzmitglied im Wirtschaftsausschuß, habe aber doch mehrmals bei den Vorbesprechungen und auch im Ausschuß mitarbeiten dürfen. Es blieb Herrn Haigermoser vorbehalten, heute noch zum Schluß, nach Ihrer letzten Rede hier eine Dissonanz hineinzubringen. Ich kann Ihnen bestätigen, daß Sie nicht nur die Interessen der Wirtschaft vertreten haben, sondern immer auch das Ganze im Auge gehabt und versucht haben, einen Kompromiß, eine Lösung zu finden. Dafür möchte ich mich bei Ihnen bedanken, vor allem aber – gerade im Namen der jüngeren Abgeordneten – auch für die menschliche Vorsitzführung, denn wenn jemand in diesem Hause die ersten Schritte machte, dann war die Frau Präsidentin Tichy-Schreder immer bereit, zu helfen. Dafür ganz besonderen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

21.27

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe zunächst folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Haller, Mag. Trattner und Kollegen betreffend die Klärung der Vorgänge sowie Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Felssturz in Schwaz

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend über die Ereignisse und Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Felssturz in Schwaz zu berichten, sowie im Hinblick auf das Gefahrenpotential und zur Abwendung weiteren Schadens sämtliche sachlichen und personellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um der betroffenen Bevölkerung die erforderliche Hilfestellung zukommen zu lassen."

*****

Ich bitte Sie, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen.

Herr Bundesminister! Es spricht daraus ein gewisser Argwohn unsererseits, basierend auf der Vorgangsweise, wie man mit dem MinroG, wie man mit der Katastrophe von Lassing umgegangen ist. Ich ersuche Sie jedenfalls, dieses Anliegen – unabhängig vom Abstimmungsergebnis – zu respektieren.

Es wäre verlockend, mit den Unterlagen des Gutachtens von Heinz Mayer oder der Stellungnahme von Fettweis-Wagner zur Bergbausicherheit und zum Mineralrohstoffgesetz einen Ton anzuschlagen, der Sie und Ihr Verhalten im Zusammenhang mit diesem Gesetz, aber auch mit Lassing härter anpackt. Ich tue dies nicht, einerseits aus Pietät den Verunglückten gegenüber und andererseits, weil wir mit unserer teilweisen Zustimmung zum gegenständlichen Antrag signalisieren wollen, daß uns an einer konstruktiven positiven Weiterentwicklung dieses Mineralrohstoffgesetzes liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gerade diesbezüglich bringen die Abgeordneten Grollitsch, Schöggl, Hofmann und Kollegen einen Entschließungsantrag betreffend die Erhöhung der Bergbausicherheit sowie Effizienzsteigerung der Vollziehung im Bereich des Bergbaues ein, den der Herr Präsident freundlicherweise schriftlich verteilen ließ, sodaß ich mich auf eine kurze Begründung beschränken kann. Es ist bedauerlicherweise nicht gelungen, diese Initiativen schon im Ausschuß durchzubringen.

Herr Bundesminister! Wir fordern darin Notfallpläne, wir fordern Fluchtkammern für den untertägigen Bergbau, wir fordern die Trennung der Funktion des verantwortlichen Markscheiders von der Funktion des Betriebsleiters, Betriebsaufsehers und sonstiger verantwortlicher Personen, wir fordern, daß die Träger der Unfallversicherung eine Besichtigung im Bergbau beantragen können, und wir fordern weiters eine Verbesserung des Informationsflusses durch Automationsunterstützung.

Es soll weiters Vorsorge dafür getroffen werden, daß für den Fall einer Katastrophe im Bergbau ähnlich jener von Lassing alle notwendigen Einsatzmaßnahmen sichergestellt werden beziehungsweise der Einsatz verschiedener Rettungskräfte durch eine klare Kompetenzzuteilung bestmöglich aufeinander abgestimmt wird. Für einen solchen Fall ist die Einsatzleitung auch mit einem Notverordnungsrecht auszustatten.

Schließlich fordern wir: Es ist eine Ausbildungseinheit für das Unfalls- und Katastrophenmanagement im Bergbau und in bergbauähnlichen Bereichen zu schaffen.

Herr Bundesminister! Ich habe das schon im Ausschuß begründet und hoffe, daß Sie – ich wiederhole: unabhängig vom Abstimmungsergebnis! – an mehr Sicherheit im Bergbau mitwirken. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt, stehen daher mit in Verhandlung und werden auch abgestimmt werden.

Der in seinen Grundzügen vom Abg. Dr. Grollitsch vorgetragene Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Grollitsch, Dipl.-Ing. Schöggl, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen betreffend Erhöhung der Bergbausicherheit sowie der Effizienz der Vollziehung im Bereich des Bergbaues

zum Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1170/A der Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Kräuter, Dr. Grollitsch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mineralrohstoffgesetz – MinroG geändert wird (2075 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, zwecks Erhöhung der Bergbausicherheit und Erhöhung der Effizienz der Vollziehung im Bereich des Bergbaues umgehend eine Regierungsvorlage betreffend Änderung des Mineralrohstoffgesetzes (MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999, auszuarbeiten und dabei folgende entscheidende Punkte zu berücksichtigen:

1. Der Bergbauberechtigte hat alle erforderlichen Veranlassungen zu treffen, um einen auf jeden Bergbau zugeschnittenen Notfallplan auszuarbeiten, im untertägigen Bergbau Fluchtkammern vorzusehen und ist der Behörde für die Erfüllung der durch die bergrechtlichen Vorschriften und durch behördliche Verfügungen auferlegten Verpflichtungen verantwortlich.

2. Die Funktion des verantwortlichen Markscheiders ist von der anderer verantwortlicher Personen – Betriebsleiter, Betriebsaufseher, Leiter und/oder technischem Aufseher bei Tätigkeiten von Fremdunternehmen – strikt zu trennen.

3. Das Bergbaugebiet ist einmal im Jahr zu besichtigen. Wenn jedoch durch die Bergbautätigkeit besondere Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Personen bestehen, was insbesondere beim untertägigen Bergbau der Fall ist, hat die Behörde mindestens halbjährlich eine derartige Besichtigung vorzunehmen.

4. Die Träger der Unfallversicherung können bei den Montanbehörden die Vornahme einer Besichtigung beantragen, wenn sie Maßnahmen im Interesse eines wirksamen Schutzes von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer für erforderlich erachten. Solchen Besichtigungen haben die Montanbehörden Organe des antragstellenden Trägers der Unfallversicherung beizuziehen. Die Montanbehörden haben binnen zwei Wochen nach Einlangen des Antrages des Trägers der Unfallversicherung den Zeitpunkt der Besichtigung festzusetzen.

5. Zur Unterstützung des Informationsflusses sind alle Vormerkungen automationsunterstützt durchzuführen und sind Auszüge daraus automationsunterstützt herzustellen.

6. Es ist Vorsorge zu treffen, daß für den Fall einer Katastrophe im Bergbau – ähnlich der von Lassing – alle notwendigen Einsatzmaßnahmen sichergestellt werden beziehungsweise der Einsatz verschiedener Rettungskräfte durch eine klare Kompetenzzuteilung bestmöglich aufeinander abgestimmt wird. Für einen solchen Fall ist die Einsatzleitung auch mit einem Notverordnungsrecht auszustatten, das die teilweise Außerkraftsetzung der Straßenverkehrsordnung oder die Festlegung von Sperrgebieten ermöglicht.

7. Alle aufgrund älterer oder nicht mehr existierender Gesetze obsolet gewordenen Verordnungen im Bereich des Bergrechts sind auf den neuesten Stand zu bringen beziehungsweise als Gesetze neu zu verabschieden.

8. Über die Verfügbarkeit von Geräten und Sachverständigen sind Dateien herzustellen.

9. Es ist eine automationsunterstützte Führung des Bergbaukartenwerkes der untertägigen Grubenbaue vorzuschreiben.

10. Es ist eine Ausbildungseinheit für Unfall- und Katastrophenmanagement im Bergbau und in bergbauähnlichen Bereichen zu schaffen."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

21.31

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich erlaube mir einen Nachtrag zur gestrigen Debatte über das MinroG. Sie haben sinngemäß gemeint, ich hätte das Mineralrohstoffgesetz zwar mitbeschlossen, würde aber jetzt die Vollziehbarkeit bezweifeln. – Das stimmt nicht, denn in der Anfrage, die gestern verhandelt wurde, heißt es schon in der Präambel – ich zitiere –:

"In der festen Überzeugung, daß mit gutem Willen aller Beteiligten das neue Mineralrohstoffgesetz in der Administration vollziehbar ist, richten die unterzeichneten Abgeordneten daher an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nachstehende Anfrage." – Zitatende.

Die Geschäftsordnung hat mir gestern keine Gelegenheit zu dieser Replik gegeben, weil das bei einer Anfragebesprechung nicht möglich ist.

Meine Damen und Herren! Diese Novelle zum MinroG ist rechtspolitisch äußerst problematisch, damit hat Kollege Peter ganz recht! Wir korrigieren, wir reformieren die Entscheidung eines Höchstgerichtes mit Zweidrittelmehrheit – und das rückwirkend. Dafür gibt es kaum einen Präzedenzfall, und das darf natürlich nicht Schule machen. Das ist ein Ausnahmefall! Ich bin grundsätzlich für das Primat der Politik, trotzdem dürfen Höchstgerichtsentscheidungen natürlich nicht der Beliebigkeit verfallen. Daß in dieser Frage Oppositionsparteien wie die FPÖ und die Grünen, die sehr verfassungs- und grundrechtssensibel sind, mit im Boot sind, ist daher sehr wichtig und sehr positiv.

Kurz noch vom Formalen zum Inhaltlichen. Diese Novelle ermöglicht die Bergung von Toten und Vermißten bei Bergunfällen. Es ist eine Regelung für die Zukunft, es werden auch in Zukunft – leider! – Unfälle passieren, aber auch eine Regelung für Lassing. Und natürlich ist – darüber braucht man nicht herumzureden – Lassing der Anlaß für diese Gesetzesnovelle.

Erlauben Sie mir noch eine Feststellung, eine Forderung und eine Frage.

Die Feststellung: Meine Damen und Herren! Eine Bergung der Verunglückten von Lassing auf Kosten der Steuerzahler kommt für mich nicht in Frage. Wenn eine Bergung sicherheits- und bergtechnisch möglich ist, dann muß der Konzern, das Unternehmen Rio Tinto die Kosten übernehmen. Rio Tinto hat einen Umsatz von mehr als 100 Milliarden Schilling pro Jahr, daher ist das wirtschaftlich zumutbar.

Meine Forderung: Wenn eine Bergung unmöglich ist, dann hat das Unternehmen ebenfalls etwas zu finanzieren, nämlich eine würdige Gedenkstätte in Lassing sowie – das ist mein Vorschlag – einen Fonds für Opfer von Arbeitsunfällen, auch außerhalb von Lassing, und deren Familien. Ich kann mir dafür auf jeden Fall Summen in der Größenordnung von 100 Millionen Schilling vorstellen.

Und zu meiner Frage – eine wichtige Frage, die den Finanzminister und auch die österreichischen Steuerzahler interessiert –: Herr Bundesminister, welche rechtlichen Schritte wurden national und international von Ihnen gesetzt, um die Regreßansprüche der Republik Österreich für die Kosten der Rettungs- und Bergungsarbeiten zu sichern?

Ich ersuche um eine Antwort, Herr Bundesminister. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Restliche Redezeit der Freiheitlichen: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Einige Worte zum Notifikationsgesetz. Worum geht es dabei? – Es geht darum, daß nationale und regionale Vorschriften international abgestimmt werden müssen – eine wichtige Voraussetzung für die Harmonisierung des Güterverkehrs. Ich warne nur davor, daß Österreich in diesem Fall wieder einmal den Musterschüler spielt und, wie so oft, um jeden Preis eine Vorreiterrolle einnehmen muß, während die anderen Staaten der EU durch individuelle Einschränkungen und eigenständige Vorschriften ihren Markt schützen.

Zweitens kurz zu meinem Antrag betreffend Finanzierung des BIT. Wir kennen diese Vorgangsweise bereits: Es werden zunächst Einrichtungen gegründet, bei denen alle dabei sind – die Wirtschaftskammer, die Sozialpartner, das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, das Forschungsministerium, die Industriellenvereinigung –, dieser "Flirt" ist aber meist sehr rasch vorbei. Sobald es um Geld oder Führungsposten in diesen Institutionen geht, kommt es relativ rasch zu einem Streit. Das Ganze gelangt in die Medien, es gibt Verhandlungen. Und dann endlich, irgendwann einmal in diesem Ritual, werden den Organisationen die längst zugesagten und notwendigen Gelder zugesichert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es Ihnen jetzt, nach drei Jahren – immerhin hat dieser Antrag schon einen ziemlich langen "Bart", denn er ist vom 25. April 1996; er teilt dieses Schicksal übrigens mit vielen oppositionellen Anträgen – gelungen ist, ein mittel- oder längerfristiges Finanzierungskonzept für das BIT zu finden, dann begrüßen wir das sehr. Wir würden uns das für alle Forschungsträger und Technologietransferzentren wie Seibersdorf oder auch für den Forschungsförderungsfonds, der in den Medien immer wieder als sehr stark benachteiligt dargestellt wird, wünschen. Diese Institutionen haben auf jeden Fall in den Freiheitlichen einen verläßlichen Partner, und wir werden uns auch in Zukunft für sie stark machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Hannelore Buder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.37

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Unglück von Lassing steht heute wieder einmal auf der Tagesordnung.

Dieses Unglück von Lassing hat zwei Seiten. Auf der einen, der juristischen Seite erhebt sich die Frage: Wer wird die Verantwortung für den Tod der zehn Männer tragen? – Dies müssen nun, da das mehrere hundert Seiten umfassende bergschadenskundliche Gutachten vorliegt, die Gerichte klären. Auf der zweiten, der menschlichen Seite, steht die Tragödie, die Tragödie der Frauen, der Familien, die noch immer auf eine Bergung der Verunglückten warten. Es ist auch eine Tragödie der Ungewißheit, ob und wann die Leichen geborgen werden, ob es überhaupt noch eine Möglichkeit gibt, die Toten zu bergen.

Mit der heute zu beschließenden Gesetzesänderung, mit dieser Änderung des § 177a des Mineralrohstoffgesetzes haben Sie, Herr Bundesminister, die Möglichkeit, die Bergung anzuordnen. Ich gehe nicht so weit wie gestern Frau Kollegin Petrovic, die meinte, Sie hätten eine Bergung niemals ins Auge gefaßt. Ich erinnere Sie aber an Ihre Versprechungen. Sie waren es nicht allein, der Versprechungen gemacht hat, aber Sie, Herr Bundesminister, sagten auch, daß die Finanzierungsfrage die letzte sei, die sich dabei stelle. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Klar, das ist auch richtig so!) Ich halte die heutige Diskussion, ob nun die Naintsch Mineralwerke, ob Luzenac oder ob Rio Tinto die Kosten tragen, für unwürdig!

Mit diesem Abänderungsantrag, der heute hier eingebracht wurde, haben Sie, Herr Bundesminister, die Möglichkeit, eine Bergung anzuordnen. Die Angehörigen warten auf eine Entscheidung. Sie warten auf eine Entscheidung, die jetzt fallen soll. Herr Bundesminister, ich rufe Sie auf, Mut zur Ehrlichkeit zu haben – zur Ehrlichkeit, eine Entscheidung zu treffen! Dazu sind Sie aufgefordert! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der vorletzte Plenartag dieser Legislaturperiode geht nun zu Ende. Da es für mich das letzte Mal ist, daß ich von diesem Rednerpult aus zu Ihnen spreche, darf ich Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen, besonders jenen meiner Fraktion, herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit aussprechen. Ich wünsche Ihnen für Ihre weitere Arbeit alles Gute und auch persönliches Wohlergehen! Ich bitte Sie aber auch, zu bedenken, daß alles, was Sie hier beschließen, zum Wohle der Menschen unserer demokratischen Republik Österreich erfolgen soll. – Ein herzliches Glückauf! (Allgemeiner Beifall.)

21.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf mich dem Applaus gerne anschließen, Hannelore; den hast du dir verdient!

Zu Wort gelangt nun der Herr Bundesminister. – Bitte.

21.40

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Nach der Reihenfolge der Tagesordnungsgegenstände komme ich nun zum Notifikationsgesetz. Es kann nicht die Rede davon sein, daß Österreich Musterschüler bei der EU-Umsetzung wäre, meine Damen und Herren Abgeordneten. Wir liegen im guten Mittelfeld und haben uns zuletzt verbessert. Weit vorne sind aber die Finnen oder auch die Dänen. Wir haben noch einige Prozentpunkte aufzuholen. Umgekehrt stimme ich gerne zu, daß wir "golden plating" – das Bürokratische zusätzlich verschärfen und verstärken – nicht betreiben sollten.

Ich weise nur zur Klarheit darauf hin, daß wir auch im Ausschuß darüber gesprochen haben, daß künftige Initiativanträge von Abgeordneten dieses Hauses auch dem Notifikationsgesetz unterliegen. Ich sage das nur, weil das aus dem Gesetz so nicht hervorgeht, weil wir das so ja nicht vorschreiben können.

Zweiter Punkt: Was das BIT anlangt, so möchte ich deutlich machen, daß wir beim BIT einfach eine Reform erzwungen haben. Wir haben im Einvernehmen mit der Wirtschaftskammer gesagt, das muß gestrafft werden, es muß wirkungsvoller werden. In der Zwischenzeit ist das Budget gesichert, es wird mit 1. Juli auch mehr Personal tätig sein, und das BIT ist heute international beispielgebend unterwegs. (Beifall bei der ÖVP.)

Letzter Bereich: der heutige MinroG-Änderungsantrag. Ich möchte hier zur Klarstellung in bezug auf die beiden letzten Redner sagen: Das Wirtschaftsministerium hatte einen Bergebescheid erlassen. Das Unternehmen hatte dem Bergebescheid zugestimmt. Der Rechtsvertreter hatte aber aus Berufshaftungsgründen diesen Bergebescheid beim Verwaltungsgerichtshof angefochten. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Berggesetz-alt die Fähigkeit abgesprochen, Bergungen überhaupt vorschreiben zu können. Daher habe ich die Klubs gebeten, uns ein Instrument in die Hand zu geben, damit sowohl im Anlaßfall, aber vor allem auch für alle künftigen Fälle gewährleistet ist, daß ein Berggesetz, wie immer es heißt, diese Möglichkeit sicherstellt. Das ist, glaube ich, für alle, die im Berg arbeiten, sowie für ihre Angehörigen eine wichtige gesellschaftliche Rahmenbedingung.

Zur letzten Frage, die die möglichen Kosten betrifft: Hohes Haus! Es ist hier immer, auch im Zusammenhang mit den Zusagen von Bundesminister Edlinger, deutlich gemacht worden, daß es in dieser Angelegenheit keine Vereinbarung geben wird, die nicht der Rechtsanwalt des Staates, nämlich die Finanzprokuratur, für uns in diesem Zusammenhang vereinbart. All diese Dinge sind vom Rechtsanwalt der Republik, nicht von einem einzelnen Ministerium, zu regeln. – Herr Präsident, ich danke Ihnen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Nowotny und Eder.)

21.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zu den einzelnen Abstimmungen, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2074 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die in zweiter Lesung für diesen Gesetzentwurf stimmen, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dies ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Wir kommen zugleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, ein Zeichen geben. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung einstimmig beschlossen ist.

Als nächstes gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2075 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Tichy-Schreder, Kurt Eder und Genossen vor.

Weiters hat Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich des Artikels II eingebracht.

Ich werde also zunächst über die von dem Abänderungsantrag und vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über den Rest des Gesetzes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst fest, daß die für die Abstimmung einer Verfassungsbestimmung erforderliche Anzahl von Abgeordneten im Saal anwesend ist.

Die Abgeordneten Tichy-Schreder, Kurt Eder und Genossen haben, wie schon erwähnt, einen Abänderungsantrag hinsichtlich Artikel I § 177a Abs. 2 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag stimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir gelangen als nächstes zur getrennten Abstimmung über den Artikel II im Sinne des Wunsches des Kollegen Dr. Grollitsch, und zwar getrennte Abstimmung über Artikel II des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen ist.

Nunmehr stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen betreffend Klärung der Vorgänge sowie der Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Felssturz in Schwaz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag des Kollegen Dr. Grollitsch zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entschließungsantrag hat nicht die Mehrheit erlangt. Abgelehnt.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Grollitsch und Genossen betreffend Erhöhung der Bergbausicherheit sowie der Effizienz der Vollziehung im Bereich des Bergbaus.

Auch hier darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen wollen, ein Zeichen geben. – Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht in 2076 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes stimmen, um ein Zeichen. – Die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit durch Beschluß des Nationalrates.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht in 2077 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein bejahendes Zeichen ersuchen. – Dies ist mehrheitlich angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf noch bekanntgeben, daß in der heutigen Sitzung der Antrag 1182/A eingebracht wurde und die Anfragen 6621/J bis 6646/J eingelangt sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Freitag, 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 21.48 Uhr