Stenographisches Protokoll

182. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 16. Juli 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

182. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Freitag, 16. Juli 1999

Dauer der Sitzung

Freitag, 16. Juli 1999: 9.01 – 21.00 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden, und

über den Antrag 502/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eltern-Karenzurlaubsgesetz (EKUG) geändert wird, und

über den Antrag 504/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzurlaubszuschußgesetz (KUZuG) und das Karenzgeldgesetz (KGG) geändert werden

2. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 935/A (E) der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen beim Karenzgeldbezug

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG)

4. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 341/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Chipkarte

5. Punkt: Bericht über ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG), und

über den Antrag 1146/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 189/1955), zuletzt geändert durch das BGBl. Nr. I 68/1999, und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 560/1978), zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 16/1999, geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 859/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend lohnsummenabhängigen Dienstgeberbeitrag in der Sozialversicherung

7. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 864/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Wochengeldanspruch für freie Dienstnehmerinnen

8. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 865/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Informationspflicht der Sozialversicherungsträger

9. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1015/A (E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechts und Strukturreform der Sozialversicherungsträger

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1151/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz vom 30.11.1978 über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG)

13. Punkt: Bericht über den Antrag 892/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (GSVG) geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1147/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Anpassung der Beitragsgrundlage nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz an das tatsächliche Einkommen

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG)

16. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1148/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Wahlmöglichkeit für Bauern zwischen der Beitragsbemessung aufgrund des Einheitswerts und einer Bemessung anhand des tatsächlichen Einkommens

17. Punkt: Bericht über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird, und

über den Entschließungsantrag 806/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfsmittel und

über den Entschließungsantrag 835/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund

18. Punkt: Bericht über den Antrag 807/A der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Hilfsmittelbegriff im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, im Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, im Bauern-Sozialversicherungsgesetz und im Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird

19. Punkt: Bericht über den Antrag 1114/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1145/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1150/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert werden

22. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 776/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Kostenübernahme für In-vitro-Fertilisation (IVF) und

über den Entschließungsantrag 1171/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend In-vitro-Fertilisation

23. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (SPG-Novelle 1998)

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird

26. Punkt: Wahl eines Mitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

27. Punkt: Bericht über den Antrag 1161/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XX. GP des Nationalrates vorzeitig beendet wird

*****

Inhalt

Nationalrat

Beschluß auf Beendigung der ordentlichen Tagung 1998/99 der XX. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates mit Ende der 182. Sitzung des Nationalrates 194

Abschiedsworte des Zweiten Präsidenten Dr. Heinrich Neisser 195

Schlußansprache des Präsidenten Dr. Heinz Fischer 196

Personalien

Verhinderungen 17

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung 17

Verlangen gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung, bei der Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Tagesordnungspunkt 1 die Zahl der "für" und "gegen" Stimmenden bekanntzugeben 43

Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Dr. Volker Kier, Mag. Herbert Haupt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgender Gegenstände:

Auftragsvergabe und Abwicklung der "Lehrlingshotline" der Bundesregierung;

politische Verantwortlichkeit für die fehlende Kontrolle im Zusammenhang mit der Vergabe und der Abwicklung von Aufträgen an die "Euroteam-Gruppe";

politische Interventionen in Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge an die "Euroteam-Gruppe"

gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung 192

Bekanntgabe 65

Ablehnung des Antrages 193

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgender Gegenstände:

die politische Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die im Zuge einer versuchten Abschiebung zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben;

die von den Behörden ausgeübte Praxis bei Verhängung und Durchführung von Schubhaft;

die von den Behörden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Kriterien bei Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen;

die von den Behörden ausgeübte Praxis bei der Durchführung von Abschiebungen, insbesondere die rechtswidrige Anwendung von Zwangsmaßnahmen wie Knebelung, Verwenden von Klebebändern und gewaltsame Verabreichung von Beruhigungsmitteln oder anderen schweren Psychopharmaka gegenüber Abzuschiebenden;

die Anwendung des Disziplinarrechts für Bundesbedienstete im Bereich der Exekutive, wenn Dienstpflichtverletzungen vorliegen;

die Vereinbarkeit der Vollziehung der einschlägigen Bundesgesetze mit europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards

gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 193

Bekanntgabe 116

Ablehnung des Antrages 194

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zu dem Begehren des Abgeordneten Paul Kiss, eine persönliche Erwiderung abgeben zu wollen 138

Antrag des Abgeordneten Dr. Volker Kier, den Ausschuß für innere Angelegenheiten gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung zu beauftragen, hinsichtlich des Berichtes des Bundesministeriums für Inneres zur Entschließung des Nationalrates E 177-NR/XX. GP vom 10. Mai 1999 betreffend Folgerung aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma (III-199 d. B.) seine Arbeiten während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen – Ablehnung 194, 194

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Dr. Heinz Fischer 194

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls 195

Wahlen in Institutionen

26. Punkt: Wahl eines Mitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 174

Ausschüsse

Zuweisungen 17

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1768 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden, und

über den Antrag 502/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eltern-Karenzurlaubsgesetz (EKUG) geändert wird, und

über den Antrag 504/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzurlaubszuschußgesetz (KUZuG) und das Karenzgeldgesetz (KGG) geändert werden (2000 d. B.) 18

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 935/A (E) der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen beim Karenzgeldbezug (2001 d. B.) 18

Redner:

Edith Haller 18, 40

Annemarie Reitsamer 20

Elfriede Madl 22

Edeltraud Gatterer 23

Edith Haller (tatsächliche Berichtigung) 24

Reinhart Gaugg 25

Maria Schaffenrath 26

Karl Öllinger 30

Dr. Ilse Mertel 33

Ridi Steibl 34

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 35

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 37

Mag. Doris Kammerlander 38

Bundesministerin Eleonora Hostasch 41

Annahme des Gesetzentwurfes in 2000 d. B. 42

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2001 d. B. 44

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks – Ablehnung 41, 44

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1776 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG) (2002 d. B.) 44

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 341/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Chipkarte (2003 d. B.) 44

Redner:

Mag. Herbert Haupt 44

Dr. Elisabeth Pittermann 47

Dr. Martina Gredler 48

Dr. Erwin Rasinger 50

Karl Öllinger 51

Rudolf Nürnberger 55

Reinhart Gaugg 57

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 59

Dr. Volker Kier 61

Karl Donabauer 63

Theresia Haidlmayr 65

Dr. Brigitte Povysil 66

Bundesministerin Eleonora Hostasch 67

Dr. Alois Pumberger 68

Annahme des Gesetzentwurfes in 2002 d. B. 69

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2003 d. B. 70

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend wünschenswerte Modifikationen der Chipkarte – Ablehnung 46, 70

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Chipkarte – Ablehnung 54, 70

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1909 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG), und

über den Antrag 1146/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 189/1955), zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 68/1999, und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 560/1978), zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 16/1999, geändert werden (2004 d. B.) 71

Berichterstatter: Helmut Dietachmayr 72

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 859/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend lohnsummenabhängigen Dienstgeberbeitrag in der Sozialversicherung (2005 d. B.) 71

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 864/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Wochengeldanspruch für freie Dienstnehmerinnen (2006 d. B.) 71

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 865/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Informationspflicht der Sozialversicherungsträger (2007 d. B.) 71

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1015/A (E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechts und Strukturreform der Sozialversicherungsträger (2008 d. B.) 71

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1151/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz vom 30.11.1978 über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2011 d. B.) 71

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1912 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden (2012 d. B.) 71

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1910 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG) (2013 d. B.) 71

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 892/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (GSVG) geändert wird (2014 d. B.) 71

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1147/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Anpassung der Beitragsgrundlage nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz an das tatsächliche Einkommen (2015 d. B.) 72

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1911 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG) (2016 d. B.) 72

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1148/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Wahlmöglichkeit für Bauern zwischen der Beitragsbemessung aufgrund des Einheitswerts und einer Bemessung anhand des tatsächlichen Einkommens (2017 d. B.) 72

Redner:

Reinhart Gaugg 72

Winfried Seidinger 74

Dr. Volker Kier 76

Dr. Gottfried Feurstein 77

Bundesministerin Eleonora Hostasch 79, 89

Karl Öllinger 80

Franz Morak 81

Sigisbert Dolinschek 82

Karl Donabauer 83

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 84

Katharina Horngacher 86

Anton Blünegger 87

Edith Haller 88

Annahme der Gesetzentwürfe in 2004, 2012, 2013 und 2016 d. B. 90

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 2005, 2006, 2007, 2008, 2011, 2014, 2015 und 2017 d. B. 90

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1857 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird, und

über den Entschließungsantrag 806/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfsmittel und

über den Entschließungsantrag 835/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund (2018 d. B.) 93

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 807/A der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Hilfsmittelbegriff im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, im Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, im Bauern-Sozialversicherungsgesetz und im Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (2019 d. B.) 93

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 93

Heidrun Silhavy 95

Theresia Haidlmayr 97

Edeltraud Gatterer 99

Mag. Herbert Haupt 99, 102

Klara Motter 100

Bundesministerin Eleonora Hostasch 102

Annahme des Gesetzentwurfes in 2018 d. B. 103

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 2019 d. B. 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Anerkennung von Blindenführhunden und anderen Tieren, die geeignet sind, Behinderten und Kranken zu helfen, als Hilfsmittel – Ablehnung 95, 104

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1114/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird (2020 d. B.) 104

Redner:

Helmut Dietachmayr 104

Mag. Dr. Josef Trinkl 105

Karl Öllinger 106

Bundesministerin Eleonora Hostasch 106

Annahme des Gesetzentwurfes in 2020 d. B. 107

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1145/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2021 d. B.) 107

Berichterstatterin: Ridi Steibl 108

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1150/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert werden (2022 d. B.) 108

Redner:

Sigisbert Dolinschek 108

Annemarie Reitsamer 109

Dr. Volker Kier 110

Ridi Steibl 111

Karl Öllinger 111

Sophie Bauer 112

Bundesministerin Eleonora Hostasch 112

Annahme der Gesetzentwürfe in 2021 und 2022 d. B. 113

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 776/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Kostenübernahme für In-vitro-Fertilisation (IVF) und

über den Entschließungsantrag 1171/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend In-vitro-Fertilisation (2009 d. B.) 114

23. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz) (2010 d. B.) 114

Redner:

Dr. Brigitte Povysil 114

Dr. Elisabeth Pittermann 116

Dr. Martina Gredler 118

Dr. Erwin Rasinger 120

Karl Öllinger 122

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 122

Bundesministerin Eleonora Hostasch 123, 125

Dr. Günther Leiner 124

Dr. Alois Pumberger 124

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 2009 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend In-vitro-Fertilisation (E 213) 127

Annahme des Gesetzentwurfes in 2010 d. B. 127

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1479 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (SPG-Novelle 1998) (2023 d. B.) 127

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 127

Anton Leikam 129

Dr. Volker Kier 131

Paul Kiss 136

Dr. Peter Kostelka (tatsächliche Berichtigung) 137

Mag. Terezija Stoisits 138

Anton Gaál 141

Wolfgang Jung 144

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 146

Günther Platter 150

Hans Helmut Moser 151

Günter Kiermaier 153

Franz Lafer 154

Karl Freund 155

Manfred Lackner 156

Wolfgang Großruck 156

Walter Murauer 157

Matthias Achs 158

Karlheinz Kopf 159

Annahme des Gesetzentwurfes in 2023 d. B. 160

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend "erweiterte Gefahrenerforschung" – Ablehnung 154, 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Manfred Lackner, Karlheinz Kopf und Genossen betreffend Sicherstellung der Erreichbarkeit von Gemeinden in Katastrophenfällen – Annahme (E 214) 156, 163

25. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1913 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (1972 d. B.) 163

Redner:

Elfriede Madl 163

Mag. Dr. Josef Höchtl 165

Dr. Dieter Antoni 166

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 168

Dr. Gertrude Brinek 169

Verena Dunst 169

Johann Schuster 170

Gerhard Reheis 171

Brunhilde Fuchs 173

Annahme des Gesetzentwurfes in 1972 d. B. 173

27. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1161/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XX. GP des Nationalrates vorzeitig beendet wird (2043 d. B.) 174

Redner:

Dr. Peter Kostelka 174

Dr. Andreas Khol 175

Herbert Scheibner 179

Mag. Dr. Heide Schmidt 182

Andreas Wabl 184

Dr. Franz Löschnak 186

Dkfm. Holger Bauer 188

Dr. Helene Partik-Pablé 189

Dr. Alois Mock 190

Annahme des Gesetzentwurfes in 2043 d. B. 192

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 2043 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Einberufung der ordentlichen Tagung 1999
(E 212) 192

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Einberufung der ordentlichen Tagung 1999 – Ablehnung 189, 192

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage 17

1856: Europäisches Übereinkommen über die Hauptlinien des Internationalen Eisenbahnverkehrs (AGC) samt Anlagen, Änderungen der Anlage I, Anhang und Erklärung der Republik Österreich

Antrag der Abgeordneten

Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Erhaltung der Gemeindefinanzen (1183/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Gründung und Förderung der Vereine BBI Austria und Business Frauen-Center (6647/J)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verfahren im Zusammenhang mit dem Konkurs Dkfm. Walter Pelzl beziehungsweise Europabank (6648/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Bekämpfung unlauterer/betrügerischer Werbung aus dem Ausland (6649/J)

Maria Rauch-Kallat und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Strategie für Österreich" (6650/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Konsequenzen aus dem Rechnungshofunterausschuß zum Thema AMS (6651/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Konsequenzen aus dem Rechnungshofunterausschuß zum Thema AMS (6652/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Konsequenzen aus dem Rechnungshofunterausschuß zum Thema AMS (6653/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bergabbruch in der Gemeinde Schwaz (6654/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ungereimtheiten bei der jüngsten Drogenrazzia in Zusammenhang mit Politikern (6655/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Kürzung der Werteinheiten an Kärntner AHS (6656/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend abweichende Praxis beim Krankschreiben von Versicherten der Wiener Stadtwerke (6657/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend in Österreich lebende illegale Fremde (6658/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Regelung der Sachwalterschaft (6659/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausbaupläne der Prager Bundesstraße (6660/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einstellung der rollenden Landstraße auf der Eisenbahnstrecke Budweis – Villach (6661/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Einsparungsmaßnahmen beim Personal der Justizwache (6662/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kennzeichnung von Kfz mit dem internationalen Kennzeichenpickerl (6663/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsatzsteuerbelastung für Heimhilfen (6664/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Verhaltenskodex Informationsdienste – Regelung im Telekomgesetz" (6665/J)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Ernennung des Direktors an der HTBLAV Spengergasse 20, 1050 Wien (6666/J)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Ernennung von Frauen zu Direktorinnen in öffentlichen mittleren und höheren Schulen (6667/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Rechtsfragen und gesundheitliche Bedenken beim Tätowieren (6668/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Rechtsfragen und gesundheitliche Bedenken beim Tätowieren (6669/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Rechtsfragen und gesundheitliche Bedenken beim Tätowieren (6670/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Übernahme der Betriebskosten einer Straßenbeleuchtungseinrichtung für den Kreisel Autobahnanschlußstelle Kranebitten/Völs (6671/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Gesundheitsgefährdung durch tierische Produkte (6672/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Rahmenvertrag "Projektleitung Lehrlingsoffensive" (6673/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Projekt "Der Jugend eine Chance" (6674/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Projekt "Der Jugend eine Chance" (6675/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend kostenadäquate Abgeltung für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung (6676/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ausgewogenheit der Maßnahmen zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen (6677/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend passives Wahlrecht (6678/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Gesundheitsgefährdung durch tierische Produkte infolge industrieller Massentierhaltung (6679/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Gesundheitsgefährdung durch tierische Produkte (6680/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einsatz von behindertengerechten Waggons der ÖBB (6681/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kostenexplosion der Selbstbehalte für Patienten (6682/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Kostenexplosion der Selbstbehalte für Patienten (6683/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Erschließung der Obersteiermark mit der Bahn (6684/J)

Franz Koller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hauptfeststellung der Einheitswerte (6685/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Personalpolitik besonders im Vorstand und Aufsichtsrat der Österreichischen Donaubetriebs AG (ÖDOBAG) (6686/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Der Lebensretter übers Telefon: Notrufabfrage und Dispositionssystem für Rettungsleitstellen (6687/J)

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anfragebeantwortung 5166/AB (6688/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Sonderunterstützung der Republik Österreich für das Bundesland Kärnten aus Anlaß des Volksabstimmungs-Jubiläums (6689/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend DirektorInnenbestellungen (6690/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Teilgewerbe (6691/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schul- und LehrerInnendaten (6692/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft (6693/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft (6694/J)

Georg Schwarzenberger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend vergleichende Studie zur Vollziehung des Tierschutzes (6695/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Lassing – ein Jahr danach (6696/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Rücknahme der Ausschreibung für die Schulleiterposten in den zweisprachigen Schulen Kärntens (6697/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Formulare auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen (6698/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulwechsel innerhalb EU-Staaten (6699/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend 80 Millionen Schilling für Multimedia-Projekte (6700/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend universitäre Forschungstätigkeit am AKH Wien (6701/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die menschenrechtswidrige Gesetzgebung in der Tschechischen Republik und die eigenartige Auffassung der US-Außenministerin Madeleine Albright, geb. Körbel, hinsichtlich Mein und Dein (6702/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Fehler bei Exekutionen von Arbeitslosenversicherungsleistungen (6703/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend fehlende sozialrechtliche Absicherung für BakkalaureatsstudentInnen (6704/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Projekt im Rahmen des Förderungsprogramms für multimediale Bildungsmaterialien (6705/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Projekt im Rahmen des Förderungsprogramms für multimediale Bildungsmaterialien (6706/J)

Brundhilde Fuchs und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend gemeinsame Wechselkennzeichen für einspurige und mehrspurige Kraftfahrzeuge (6707/J)

Georg Oberhaidinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Liberalisierung des Gasmarktes in Österreich (6708/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) (6709/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend dubioser Grundstücksverkauf im 19. Wiener Gemeindebezirk (6710/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Renovierung des Bezirkspolizeikommissariates Döbling (6711/J)

Kurt Eder und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Senkung der Immobilienmaklerprovisionen (6712/J)

Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheit im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion Schwechat (6713/J)

Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Funksituation im Bezirk Wien-Umgebung (6714/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Schutz europäischer Firmen in den USA (6715/J)

Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheit im Bezirk Wien-Umgebung (6716/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Reinhaltungsverband Region Neusiedler-See Westufer (6717/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Beschaffung des Mech-Pakets (6718/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz (6719/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die bevorstehende "WTO-Millenniumsrunde" (6720/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Innovationsförderung (6721/J)

*****

Georg Schwarzenberger und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend vergleichende Studie zur Vollziehung des Tierschutzes (59/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (5966/AB zu 6344/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5967/AB zu 6386/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5968/AB zu 6333/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (5969/AB zu 6425/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5970/AB zu 6305/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5971/AB zu 6400/J)

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne die 182. Sitzung des Nationalrates.

Das Amtliche Protokoll der 180. Sitzung vom 14. Juli ist aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; es gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Wenitsch und Apfelbeck.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Den von den Abgeordneten Johannes Zweytick, Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Mag. Karl Schweitzer, Ing. Monika Langthaler, Mag. Helmut Peter und Genossen eingebrachten Initiativantrag betreffend Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes, 1182/A, weise ich dem Umweltausschuß zu.

Die Regierungsvorlage: Europäisches Übereinkommen über die Hauptlinien des Internationalen Eisenbahnverkehrs samt Anlagen weise ich dem Verkehrsausschuß zu. – Sie werden dort in den Akten aufscheinen.

Weiters gebe ich bekannt, daß die Anfragebeantwortungen 5966/AB bis 5971/AB eingelangt sind.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 5 bis 16, 17 und 18, 20 und 21 sowie 22 und 23 der heutigen Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es wird eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Darüber hat der Nationalrat zu entscheiden.

Ich frage daher: Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Dann hat der Nationalrat das so festgelegt.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1768 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden, und

über den Antrag 502/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eltern-Karenzurlaubsgesetz (EKUG) geändert wird, und

über den Antrag 504/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Karenzurlaubszuschußgesetz (KUZuG) und das Karenzgeldgesetz (KGG) geändert werden (2000 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 935/A (E) der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen beim Karenzgeldbezug (2001 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur gemeinsamen Debatte der Punkte 1 und 2 der heutigen Tagesordnung.

Vorschläge für eine mündliche Berichterstattung liegen mir nicht vor.

Wir treten daher unmittelbar in die Debatte ein.

Als erste Kontrarednerin ist Frau Abgeordnete Edith Haller vorgemerkt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.05

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Guten Morgen, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich weiß nicht, ob Ihnen, Frau Bundesministerin, aufgefallen ist, daß die freiheitliche Fraktion im Sozialausschuß immer – ich betone: immer! – vollzählig anwesend ist und auch sehr fleißig mitarbeitet. Der Grund dafür ist vor allem, daß es uns im Ausschuß möglich ist, diverse Auskünfte zu erhalten, zu denen wir sonst keinen Zugang hätten.

Ich finde es daher nicht richtig, wenn uns im Zusammenhang mit unserem Auszug aus der letzten Sitzung des Sozialausschusses vorgeworfen wird, daß das deshalb geschehen sei, weil wir uns nicht genügend vorbereitet gehabt hätten. Der Grund dafür liegt vielmehr darin, daß man 31 Tagesordnungspunkte in eine Tagesordnung gepackt hat und kurzfristig 64 Abänderungsanträge eingebracht hat. Ich als Parlamentarierin fühle mich – das möchte ich wirklich sagen – bei dieser Vorgangsweise gefrotzelt! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Schaffenrath.)

Nun zur Sache selbst, zur Änderung der Karenzgeldregelungen. Im Vorjahr wurde viel Getöse um das sogenannte kleine Familienpaket gemacht – ein Teil davon ist ja in der jetzt zu behandelnden Vorlage beinhaltet. Vor allem aber wird endlich, muß ich sagen, eine EU-Richtlinie für einen eigenen Karenzgeldanspruch des Vaters des Kindes umgesetzt. Warum "endlich"? – Eine Übergangsfrist von zwei Jahren wurde uns in diesem Bereich bereits zugestanden, und wir haben dann noch einmal um mehr als ein Jahr überzogen. Es hat eines Antrages der Opposition, des Kollegen Öllinger, bedurft, um diese Materie endlich in eine Gesetzesvorlage umzusetzen, und deshalb braucht sich diese Koalitionsregierung auch kein Federl auf den Hut zu stecken.

Genauso ist es bei der zweiten Regelung in diesem Paket, der wir zustimmen werden – wir werden nämlich getrennte Abstimmung verlangen –, sie betrifft den Antrag 504/A des Kollegen Öllinger, in dem es um die Möglichkeit geht, das erhöhte Karenzgeld auch an Mütter auszubezahlen, die den Namen des Kindesvaters nicht nennen können oder nicht nennen wollen.

Wie gesagt: Für uns gibt es sehr viel Kritik insgesamt, und zwar: Die Karenzgeldregelung, die heute hier beschlossen werden soll, macht die gesamte Materie noch wesentlich komplizierter und in der Abwicklung aufwendiger. Nach unseren Vorstellungen wäre eine Neuformulierung der gesamten Materie unbedingt notwendig. Ein Beweis dafür, daß sie notwendig ist: Man hat das Karenzgeld wieder als "Karenzurlaubsgeld" bezeichnet und weiß daher heute schon, daß in Kürze wieder eine Änderung notwendig sein wird.

Diese Neuregelung bringt weiters eine enorme Belastung und Schwierigkeiten für die Wirtschaft, vor allem für kleine Betriebe.

Eine Überlappung von einem Monat bei dieser flexibleren Regelung erscheint uns als zu kurz.

Es gibt weiters – das möchte ich als sehr negativ anführen – keine Teilungsmöglichkeit, wenn einer der beiden Partner selbständig erwerbstätig ist. Warum werden Selbständige in diesem Zusammenhang diskriminiert?

Es gibt weiters – ich meine, das ist besonders schlimm für die Abwicklung – keine Informationspflicht bei Neuanstellung, daß man den Dienstgeber von eventuellen Karenzresten zu informieren hat. Wie soll denn das in der Praxis funktionieren?

Es ist sehr viel Lärm um fast nichts gemacht worden; die tatsächlichen Verbesserungen sind nur sehr gering. Ich betone noch einmal, daß dieses Paket insgesamt eine unzumutbare Belastung für die Wirtschaft bedeutet, und ich verstehe die ÖVP diesbezüglich nur sehr schwer, denn – jetzt geht es um die Betroffenen – diese Regelung könnte für die Betroffenen durch ihre Kompliziertheit ein Schuß nach hinten werden – davor habe ich wirklich Angst! –, denn die Einstellung von neuen Ersatzpersonen wird erheblich erschwert.

Nun noch zum Antrag 935/A (E), der von der Kollegin Madl von der freiheitlichen Fraktion eingebracht wurde, in dem es um eine bessere Durchrechnung des Zuverdienstes, und zwar des gesamten Zuverdienstes, während der Karenzzeit geht. Dieser Antrag ist ja nicht neu, er steht jetzt schon zum fünften Mal zur Diskussion. Ich kann Ihnen sagen, wann wir bereits darüber entschieden haben – er wurde dabei jedesmal abgelehnt –: am 19. März 1997, am 11. Dezember 1997, am 16. April 1998 und am 8. Oktober 1998 in diesem Plenum!

Der Antrag ist immer wieder abgelehnt worden, beim letzten Mal mit der "Begründung", daß unsere Variante, unser Vorschlag keine Verbesserung bringen würde. Frau Bundesministerin! Ich sage Ihnen: Das ist nicht korrekt! Das ist mir gegenüber auch zugegeben worden – ich zitiere aus der Begründung –: Der Vorschlag würde bedeuten, daß eine Kürzung des Karenzgeldes auch bei nur vorübergehender Beschäftigung nicht eintreten würde, daß es, wenn der Zuverdienst knapp über der Geringfügigkeitsgrenze liegt, zu einer deutlich geringeren Kürzung des Karenzgeldes kommen würde.

Weitere Verbesserungen: Bei mittleren Verdiensten in wenigen Monaten käme es zu spürbar weniger Kürzungen des Karenzgelds. Exorbitant hohe Verdienste würden nicht so bevorzugt wie bisher. Die Abrechnung – das ist meiner Ansicht nach ausschlaggebend – könnte einmal erfolgen, und zwar nach dem Ende des gesamten Karenzzeitbezuges. Dadurch hätten die Betroffenen weitaus weniger Aufwand, es wäre für sie durchschaubarer – und natürlich auch für die Verwaltung.

Frau Bundesministerin! Die Ausschußfeststellung wurde wider besseres Wissen gemacht, denn es geht nicht um die Eröffnung neuer Möglichkeiten, sondern darum, daß die Kürzungen beim Karenzgeld möglichst hintangehalten werden. Diese Ausschußfeststellung haben Sie wirklich wider besseres Wissen gemacht – Sie wissen das genau –, einfach nur deshalb, weil man wieder einmal einem Antrag der Freiheitlichen nicht zustimmen konnte oder wollte, so gerechtfertigt dieser auch ist.

Dazu ist eigentlich nichts mehr zu sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.13

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Haller, ich kann Ihnen bestätigen, daß im Sozialausschuß wirklich immer Ihre gesamte Fraktion anwesend ist und daß Sie auch sehr, sehr ernsthaft mitarbeiten. Ich muß aber auch sagen, daß ich versucht habe, Ihnen vor Ihrem Auszug aus der letzten Sitzung Kompromisse vorzuschlagen. Ich habe aber schon so viel Verhandlungserfahrung, um zu erkennen, daß jemand von einem Kompromiß nichts mehr hören möchte, weil er sich schon von vornherein auf eine Vorgangsweise festgelegt hat. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haller und Mag. Peter.)

Ich bedauere nach wie vor, daß Sie nicht anwesend waren. Eine zwölfstündige Ausschußsitzung und die Behandlung eines vielleicht verbliebenen Restes der Tagesordnung ein paar Tage später wäre mir lieber gewesen als Ihr Auszug (Abg. Scheibner: Sie haben vier Jahre Zeit gehabt!), das sei hier gesagt. Ich habe mich wirklich bemüht, und ich wäre bereit gewesen, mit Ihnen zu verhandeln – mit open end.

Ich möchte jetzt auf die Materie selbst eingehen. Zwei Ziele, die erfüllt werden, sind mir besonders wichtig, nämlich erstens einmal die Anpassung an die Elternurlaubsrichtlinie der EU. Diese wurde von den EU-Sozialpartnern zustande gebracht – ich werde später noch auf die Rolle der Sozialpartnerschaft zurückkommen –, und damit entsprechen wir – zweitens – einem Punkt des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung aus dem Jahre 1998: Erleichterung der Rückkehr ins Arbeitsleben.

Ich möchte wenigstens die wichtigsten Punkte dieser Novelle anführen; es handelt sich dabei nämlich um nicht hoch genug einzuschätzende Neuerungen. Eine Reihe von Anträgen wurde dadurch miterledigt.

Ich würde den Spruch umgekehrt wählen: wenig Lärm um sehr viel!

Einige Punkte: die Schaffung eines eigenständigen Anspruches auf Karenz für den Vater,

die Einführung flexiblerer Meldefristen,

das Recht der karenzierten Beschäftigten auf Information über wichtige Betriebsgeschehnisse,

die Schaffung der Möglichkeit, Karenz zwischen Mutter und Vater zweimal zu teilen,

die Schaffung der Möglichkeit, aus Anlaß des erstmaligen Wechsels der Betreuungsperson Karenz in der Dauer eines Monats gleichzeitig zu nehmen, und

die Möglichkeit des Aufschiebens von drei Monaten Karenzzeit bis zum Schuleintritt des Kindes.

Durch den eigenständigen Anspruch des Kindesvaters, wenn die Kindesmutter keinen Anspruch hat – allerdings über eine Versicherungsleistung –, wird neuerlich die Zahl jener reduziert, die weder Karenzgeld- noch Teilzeitbeihilfeansprüche haben. Daran sollten Sie bei der Forderung nach "Karenzgeld für alle", die die Sozialdemokraten aus den bereits bekannten Gründen nicht mittragen können, denken.

Sehr positiv sehe ich auch diesen einen Monat, den beide Partner gemeinsam in Karenz gehen können – das bedeutet allerdings keine Verlängerung der Karenzzeit. Warum, meine ich, ist das so wichtig? – Weil es gerade – das gibt es bei jungen Müttern, aber auch bei jungen Vätern – im Umgang mit einem Kleinkind sehr viel Unsicherheit gibt und Kinder in so jungem Alter Probleme haben, einen Wechsel in der Hauptbezugsperson zu verkraften.

Im Zusammenhang mit dem Recht auf Information über wichtige Betriebsgeschehnisse, meine Damen und Herren, darf ich nur noch einmal auf das Ziel, die Rückkehr ins Berufsleben zu erleichtern, verweisen.

Ich möchte mich noch kurz mit dem Antrag der Frau Kollegin Madl betreffend praxisgerechte Begrenzung von Nebeneinkommen beim Karenzgeldbezug auseinandersetzen. Wir vergessen, daß die Anrechnung von Nebeneinkommen, wenn jemand zum Beispiel am Monatsende einige Tage Lohnverrechnung macht, wesentlich verbessert wurde. Diese Verbesserung war zunächst befristet, ist aber jetzt unbefristet. Außerdem gibt es die Möglichkeit der Teilzeitkarenz.

Wir dürfen aber nicht aus den Augen verlieren, meine Damen und Herren, daß es Karenzgeld für den Entfall eines Erwerbseinkommens gibt, wenn man aus Anlaß der Kinderbetreuung und -pflege nicht berufstätig beziehungsweise nicht voll berufstätig sein kann. Ein Erwerbsarbeitsumfang, wie er im Antrag der Frau Kollegin Madl vorgesehen ist, würde die überwiegende Betreuung und Pflege eines kleinen Kindes nicht mehr sicherstellen.

"Karenz" statt "Karenzurlaub": Betreuung und Pflege eines Kleinkindes ist, meine Damen und Herren – das haben wir schon immer gesagt –, kein Urlaub, sondern eine große Herausforderung. Vorerst gibt es dazu nur eine Ausschußfeststellung, weil die sprachliche Bereinigung in allen Gesetzen und Verordnungen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich bin aber sehr froh darüber, daß das jetzt kommen wird, denn "Karenzurlaub" klingt immer so, als würde man in der Sonne liegen und müßte sich um nichts kümmern.

Ich bedauere die Diskussion über "Karenzgeld für alle". Sie steht eigentlich im Widerspruch zu dem Ziel, den Frauen die Rückkehr ins Berufsleben zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren! Wenn schon Geld vorhanden ist, dann kann man das Geld aus dem FLAF durchaus für Bedürftige und AlleinerzieherInnen verwenden – da haben Sie uns auch sicherlich als Partner. Geben wir einmal wenigstens 6 000 S Karenzgeld, und verlängern wir die Dauer des Karenz auf zwei Jahre! (Abg. Steibl: Für alle! Zwei Jahre für alle!) Aber denken wir doch ans Versicherungsprinzip. Es sollte das kein Justament-Standpunkt sein, meine Damen und Herren! Wer soll denn noch in den Topf der Solidarität einzahlen, wenn es auch so geht? Irgendwann wird die Solidarität der beitragszahlenden Erwerbstätigen zu sehr strapaziert sein, und ich bin neugierig, woher Sie dann die Mittel für Familien- und Sozialleistungen nehmen. (Abg. Dr. Trinkl: Das zahlen aber nicht die Erwerbstätigen!) – Ich weiß, Ihre Aufregung ist auch ein bißchen künstlich. Sie können sich ja dann hier zu Wort melden. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist keine Aufregung, das ist eine Richtigstellung! – Abg. Schwarzenberger: Auch die Männer von den Hausfrauen zahlen!)

Wir haben heute gute Sozialgesetze zu beschließen, ich bin aber trotzdem sehr enttäuscht, denn eigentlich sollte heute die "Aktion Fairness", nämlich die Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten auch auf der Tagesordnung stehen. (Beifall bei der SPÖ.) Bis gestern, meine Damen und Herren, gab es zähe Verhandlungen. Trotz der Erklärung von beiden Seiten, daß das ein wichtiges Anliegen sei, daß die Arbeiter endlich zu gleichen Rechten wie die Angestellten kommen sollten, war kein Ergebnis zu erzielen. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.) Andere, hart erkämpfte Arbeitnehmerrechte sollten dafür aufgegeben werden. Das, was die Wirtschaft in diesem Zusammenhang fordert, können und dürfen wir nicht zulassen!

Ich sage Ihnen folgendes: Was der EU-Sozialpartnerschaft bezüglich der Elternkarenz gelungen ist, das müßte unseren Sozialpartnern bei der Beseitigung dieser vorsintflutlichen Unterschiede sehr wohl auch gelingen (Beifall bei der SPÖ), denn ohne Sozialpartner – das hat Herr Kollege Khol gestern sehr deutlich gesagt – sind Sie nicht weiterzuverhandeln bereit.

Aber bitte, meine Damen und Herren, das ist ja wieder ein Versuch seitens der Wirtschaft, sich jede positive Veränderung abkaufen zu lassen. Wir werden das zwar nicht zulassen, aber um das soeben Gesagte zu beweisen, zitiere ich aus einer Presseaussendung des Herrn Präsidenten Maderthaner von gestern: Wirtschaftskammer beharrt bei Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten auf nachhaltiger Entlastung der Betriebe. – Zitatende.

Sie fürchten nicht eine zusätzliche Belastung der Betriebe und wehren sich dagegen – nein! –, sie wollen eine nachhaltige Entlastung der Betriebe, also eine "Aktion Fairness" für Unternehmer, aber nicht für Arbeitnehmer! Das werden wir nicht zulassen können! (Beifall bei der SPÖ.)

9.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. – Bitte.

9.21

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte über meinen Antrag, der einen praxisbezogenen Durchrechnungszeitraum während der Karenzzeit zum Inhalt hat, sprechen.

Nach der derzeit gültigen Rechtslage ist es so, daß man zusätzlich zum Karenzgeld monatlich geringfügige Nebeneinkommen beziehen darf, ohne des Karenzgeldes verlustig zu werden oder eine Kürzung desselben zu riskieren. Nun zielt dieser Antrag darauf ab, daß es in der Praxis so ist, daß es verschiedene Betriebe gibt, bei denen man sagt, bei einer Frau während der Karenzzeit können wir, damit sie ihre Fortbildung weiterführen kann oder falls sie nach der Karenzzeit wieder in den Beruf einsteigen möchte, es uns leisten, diese in Teilzeit – also zehn Stunden oder fünf Stunden pro Woche – weiter zu beschäftigen, damit sie ihre Verbindung zum Arbeitgeber nicht verliert und immer auf dem laufenden ist.

Es gibt aber auch Betriebe, die das nicht tun können. Bei diesen ist es zum Beispiel nur möglich, daß eine Frau in Karenz während eines Zeitraumes von drei Wochen Urlaubszeitvertretungen machen oder, wenn jemand krank wird, als Ersatz einspringen kann. Auch auf diese Art und Weise verliert sie nicht den Kontakt zu ihrem Betrieb.

Derzeit ist es jedoch so, daß diese Frau, die sich in Karenz befindet, wenn ihr Nebenverdienst die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, dafür bestraft wird, daß sie nachher noch die Chance hat, ohne irgendeine Einarbeitungszeit nach der Karenzzeit wieder in den Betrieb zurückzukehren. Darum finde ich es unverständlich, daß der Bericht des Ausschusses dahin geht, daß das Hauptaugenmerk auf die Erziehung und Betreuung des Kindes gelegt wird und nur Nebeneinkommen genehmigt sind. Wenn Nebeneinkommen genehmigt sind, so ist es ja völlig unverständlich – für mich jedenfalls und für die Freiheitlichen –, warum man nicht sagen kann: Nebeneinkommen ja; wenn diese erlaubt sind, kann ich sie aber auch auf die Dauer der Karenzzeit aufteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn es also erlaubt ist, daß man eine bestimmte Summe – wenn ich es jetzt als Summe innerhalb von eineinhalb Jahren rechne – innerhalb von eineinhalb Jahren dazuzuverdienen darf, frage ich: Warum muß man diese zeitlich begrenzen, sodaß monatlich nur soundso viel erlaubt ist und das, was darüber hinausgeht, bestraft wird?

Meine Damen und Herren! Ich würde mir das wirklich gut überlegen. Es spielt nämlich gar keine Rolle, sondern das wäre nur eine geringfügige Änderung, und damit wäre sehr vielen Frauen geholfen, und zwar jenen, wie gesagt, die Urlaubsvertretungen machen, die über einen Zeitraum von zwei, drei Wochen einmal oder vielleicht zweimal im Jahr im Betrieb weiterarbeiten, ohne dafür bestraft zu werden.

Noch ein Wort zur Regierungsvorlage. Ich glaube, daß diese Regierungsvorlage den Zweck verfolgt, daß es Frauen noch schwerer gemacht wird, qualifizierte Arbeitsplätze zu bekommen. Wenn man heute die Karenzzeit auf sieben Jahre aufteilen kann, so mag es vielleicht sein, daß es in Großbetrieben möglich ist, diese Karenzzeit sieben Jahre lang in Evidenz zu halten, aber für die vielen kleinen und die meisten kleinstrukturierten Betriebe ist es unmöglich, jemanden sieben Jahre lang in Evidenz zu halten, bis er seine Karenzzeit letztendlich beansprucht.

Es ist ganz genauso wie zum Beispiel bei der Werkvertragregelung: Die Werkvertragregelung wurde hier im Hohen Haus beschlossen, und sie wurde in demselben Jahr noch novelliert, weil man draufgekommen ist, daß darin Bestimmungen enthalten sind, die undurchführbar und unsinnig sind. Genauso wird es auch mit dieser Gesetzesvorlage sein.

Es wäre besser gewesen, meine Damen und Herren, sich darauf zu konzentrieren, den Kinderbetreuungsscheck bundesweit einzuführen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das wäre etwas gewesen, was die Frauen wollen. Jede Frau, die man fragt, ist für den Kinderbetreuungsscheck. Aber Sie führen Regelungen ein, die die Frauen am Arbeitsplatz noch in der Zukunft benachteiligen werden. Sie müssen das tun, was die Frauen wollen, und nicht das, was Sie ihnen aufs Auge drücken wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Kinderbetreuungsscheck – bundesweit eingeführt – wäre nicht nur für Frauen, die es sich aussuchen können, ob sie für die Kinderbetreuung bei der Familie und zu Hause bleiben wollen, sondern auch für jene Frauen, die weiterhin berufstätig sein wollen und die Kinderbetreuung dann mit dem Kinderbetreuungsscheck mitfinanzieren können. Das wäre die Lösung für die Frauen und auch für die Familien gewesen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie von der ÖVP propagieren das zwar ununterbrochen, aber wenn es hier zur Abstimmung über den Kinderbetreuungsscheck kommt, sind Sie dagegen. Das Motto der Sozialdemokraten – das weiß ich ja – lautet: Von der Wiege bis zur Bahre in staatlicher Verwaltung! – Das ist Ihre Ideologie. (Abg. Dr. Mertel: Sie wissen nicht, wovon Sie reden!)

Unsere Ideologie ist diese: Der Frau die Möglichkeit der Wahl zu geben, ob sie zu Hause bleibt und ihr Kind selbst betreut oder ob sie weiter berufstätig bleibt und die Kinderbetreuung mit dem Kinderbetreuungsscheck finanziert. (Demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner.)

In diesem Sinne: Vielleicht überlegen Sie es sich noch einmal und stimmen unserem Antrag zum Kinderbetreuungsscheck, den wir später einbringen werden, doch noch zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Edeltraud Gatterer. – Bitte.

9.27

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Zwei Handvoll Glück: Das ist ein Baby, wenn es auf die Welt kommt. Aber dieses Baby bringt nicht nur Glück und Freude mit sich, sondern es ändert auch das Leben der Frauen. 39 Prozent der Frauen sagen laut einer Umfrage einer deutschen Zeitschrift, sie haben sich nicht vorstellen können, wie sehr ein Kleinkind, ein Baby, ihr Leben verändert würde. – Deswegen stimmt auch die Werbung: "Ich bin der Chef"! "Ich bin die Chefin"!, denn das ist die Realität bei einem kleinen Kind.

Dieses Kind braucht volle Zuwendung und Liebe, aber es braucht vor allem auch Betreuung und Beaufsichtigung rund um die Uhr. Deshalb ist diese Regierungsvorlage ein Schritt in Richtung Besserstellung. Ich glaube, sie ist positiv und auch eine Anpassung an das EU-Recht, da es nämlich in Zukunft einen eigenständigen Anspruch für Väter geben soll. Ich möchte aber doch feststellen, daß es wichtig ist, daß die Mütter immer die ersten Anspruchsberechtigten bleiben müssen. Das ist etwas, was man herausstreichen muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Einbeziehung der Väter in die Familie ist ein wichtiger Punkt. Ich meine, man sollte versuchen, da mehr Partnerschaft zu leben. Es ist nach wie vor ein geringer Prozentsatz: Nur 1,6 Prozent der Karenzzeit wird von Männern in Anspruch genommen. Ich bin der Meinung, man muß das noch ein bißchen beleuchten. Wenn man nämlich berücksichtigt, daß 44 Prozent dieser Männer arbeitslos sind, dann muß man diese Zahl noch einmal relativieren und sagen: Im Grunde gibt es da noch viel Nachholbedarf.

Die partnerschaftliche Einbeziehung des Vaters ist meiner Ansicht nach nicht nur eine Frage der Entlastung für die Frau, sondern im Grunde ist sie eine Chance für Männer, zu ihren Kindern eine gute Beziehung aufzubauen und eben davon zu profitieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wesentliche Besserstellungen sind zweifelsohne auch die flexible Regelung der Meldefristen und die Flexibilisierung der Teilzeitkarenz. Ich glaube auch, das neue Angebot an die Eltern, drei Monate der Karenzzeit bis zum Schuleintritt des Kindes aufzubehalten, ist eine gute, neue Chance für Eltern.

Ich möchte hier aber doch auf die Aussage der Kollegin Madl eingehen. Das muß auch mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt – und dazu steht auch die ÖVP. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig ist weiters, daß es zu einer Besserstellung der Adoptiv- und Pflegeeltern kommt, was auch für das Karenzzeitkonto gilt.

Ich möchte noch etwas in Ihre Richtung sagen, Frau Kollegin Haller. Sie haben sehr kritisiert, daß es in Zukunft so sein wird, daß Frauen – vor allem werden es Frauen sein – über wichtige Veränderungen im Betrieb informiert werden müssen. Sie wissen ja, daß es gerade im Rahmen der Diskussion im Zusammenhang mit dem Frauen-Volksbegehren seitens der Frauen ein großes Anliegen war, daß sie, um eben im Kontakt mit dem Betrieb zu bleiben, auch wichtige Informationen erhalten. Ich glaube, diese neue Regelung, gemeinsam mit der Möglichkeit, Urlaubsvertretungen während der Karenzzeit zu machen, ist ein sehr, sehr wichtiger Punkt. Zu diesem stehen wir auch. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber nicht verhehlen, daß es zwei Punkte gibt, die ich bedauere. Wir sprechen zwar seit vielen Jahren hier im Hohen Hause davon, daß wir "Karenzzeit" und "Karenzgeld" sagen sollen. Es tut mir leid, daß in der Regierungsvorlage nach wie vor immer wieder von "Karenzurlaubszeit" und "Karenzurlaubsgeld" gesprochen wird. Als ÖVP-Politikerin tut es mir aber vor allem leid, daß bei diesem wichtigen Gesetz, mit dem wir die Karenzregelungen ändern, das "Karenzgeld für alle" nicht verwirklicht werden konnte. Es ist so, daß nach wie vor – Sie wissen das, Sie können es vielleicht nicht mehr hören, Frau Kollegin Mertel – Schülerinnen, Studentinnen, Hausfrauen und Bäuerinnen ebenso wie Selbständige vom Karenzgeldbezug ausgeschlossen sind. Damit wird eine Zweiklassengesellschaft geschaffen. Sie wissen, daß das Karenzgeld heute längst eine Familienleistung geworden ist. Es ist nicht einzusehen, daß die Frauen in diesem Bereich nach wie vor auseinanderdividiert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Da gerade die SPÖ im Zusammenhang mit dieser wichtigen ÖVP-Forderung von einem "ideologischen Korsett" spricht: Sie sind es, die den Frauen dieses Korsett anlegen und die den Frauen dieses Korsett aufzwingen. Wir möchten, daß die Frauen die Wahlfreiheit haben, sich für Familie oder Beruf zu entscheiden. Wir wissen, wie wichtig es ist, daß Familie und Beruf vereinbar sind, aber wir möchten, daß die Wahlfreiheit der Frauen absolut im Vordergrund steht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sophie Bauer: Sie müssen es sich auch leisten können!)

Ich weiß, daß Frauenpolitik nicht Familienpolitik ist, aber ich möchte doch in diesem Zusammenhang auch Herrn Familienminister Bartenstein ganz herzlich danken, denn gute Familienpolitik hilft den Frauen immer. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, die Familiensteuerreform mit den vorgesehenen 6 000 S mehr pro Kind im Jahr ist eine wesentliche Hilfe für die Frauen. Wir müssen die Kinder in das Zentrum unserer Politik stellen. Ich meine, das ist etwas, wozu wir uns bekennen müssen, denn so, wie wir heute mit unseren Kindern umgehen, wird die Welt von morgen aussehen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haller gemeldet. Bitte, sich an die Bestimmungen der Geschäftsordnung zu halten.

9.34

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollegin Gatterer hat behauptet, ich hätte kritisiert, daß in Zukunft Betriebe ihre Karenzgeldbezieherinnen beziehungsweise Karenznehmerinnen besser informieren müssen. – Das ist unrichtig.

Ich stelle fest, daß ich folgendes kritisiert habe: Ich habe kritisiert, daß es keine Informationsverpflichtung an den Dienstgeber bei Neuanstellung beziehungsweise bei Arbeitsplatzwechsel gibt, wenn noch Karenzzeitreste offen sind. Ich habe weiters kritisiert, daß die Einstellung von Ersatzpersonen erheblich erschwert wird, denn: Wer nimmt für drei Monate Ersatzpersonen auf? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Er hat das Wort.

9.35

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit von Sozialpolitik, wenn man 13 Jahre lang in einer Koalition sitzt und sich die eine Fraktion am letzten Plenartag vor den Wahlen Plaketten ansteckt mit der Aufschrift: "Aktion Fairness". Dafür hätten Sie jahrelang – jahrelang! – Zeit gehabt. (Abg. Dr. Mertel: Darf ich Ihnen das anbieten? Wollen Sie es haben?) Wir vertreten das schon seit vielen Jahren und würden, wenn wir in der Regierung wären, das auch schon längst umgesetzt haben. Das ist der kleine Unterschied. Frau Abgeordnete Mertel, Sie können mir gerne eines geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin überzeugt davon, ... (Abg. Dr. Mertel übergibt Abg. Gaugg eine Plakette mit der Aufschrift: "ÖGB – Aktion Fairness", die sich dieser an sein Sakko steckt.) – Danke schön. Wenn Sie es gemacht hätten, wäre es mir lieber gewesen. (Abg. Leikam: Das ist eine Kärntner Angelegenheit!) – Das ist keine Kärntner Angelegenheit. Das ist eine österreichische Angelegenheit, insbesondere für die Frauen.

Anscheinend haben Sie den falschen Partner. Da kommen Sie nach 13 Jahren noch immer nicht drauf und verursachen jetzt vor den Wahlen ein bißchen ein Säbelrasseln, werden sich aber nach den Wahlen wieder gemeinsam in eine Koalition hineinkuscheln, die uns dann in vier Jahren wiederum erzählen wird, was sie alles nicht weitergebracht hat; die einen die "Aktion Fairness", die anderen das "Karenzgeld für alle".

Ich frage Sie von dieser Stelle aus: Warum haben Sie es denn nicht umgesetzt? Oder leben Sie nach der Devise: Wenn Sie einmal in die Regierungsverantwortung kommen, werden Sie es umsetzen? – In Wirklichkeit ist die Glaubwürdigkeit auf dem Nullpunkt, weil sich die Sozialpolitik in den letzten Jahren – warum auch immer – dem Kapital unterordnen mußte, und zwar gnadenlos! Sie können selbst die Beobachtung machen, wie sich auf internationaler Ebene Konzerne zusammenschließen – immer auf Kosten der Arbeitnehmer!

Hier in Österreich hat man uns jahrelang einzureden versucht, daß wir ohnehin die besten Sozialgesetze der Welt hätten. Interessanterweise geht ausgerechnet Frau Kollegin Gatterer hier herunter und sagt: Eigentlich ist das, was wir jetzt als EU-Richtlinie umsetzen, eine wesentliche Verbesserung dessen, was wir bis dato hatten.

Da frage ich mich schon: Haben Sie wirklich die Menschen in diesem Land, gerade die Arbeitnehmer, in den letzten Jahren für dumm verkauft? Schön langsam habe ich das Gefühl, daß wir in verschiedenen Bereichen, auch was die Frage der Umsetzung der "Aktion Fairness" betrifft, Schlußlicht sind.

Oder: Sie haben es in den letzten Jahren "zusammengebracht", daß die Pensionen nur bescheiden gestiegen sind, was bis hin zu Pensionskürzungen ging. Sie haben die Karenzzeit gekürzt. Jetzt vor den Wahlen kommen Sie und sagen, man müßte die Karenzzeit eigentlich wieder verlängern. – Diesbezüglich ist keine Glaubwürdigkeit gegeben.

Sie haben für die Beschäftigung in Österreich Milliardenbeträge aufwenden müssen, was Sie aufgrund Ihrer verfehlten Sozialpolitik auch weiterhin tun werden müssen. Denn würde die Wirtschaft so funktionieren, wie sie eigentlich sein sollte, wäre es nicht notwendig, Milliarden an Subventionen zu geben, um sich letztlich Beschäftigung zu erkaufen. Das ist, gelinde gesagt, eine schwere Enttäuschung, die Sie aufgrund Ihrer 13 Jahre an gemeinsamer Tätigkeit hinterlassen.

Oder: Gegen kleine Veränderungen, die das Budget nicht wesentlich verändern, sperren Sie sich monatelang, wenn nicht jahrelang. Da gibt es einen Antrag, daß Mütter, die den Namen des Vaters ihres Kindes nicht nennen – aus welchen Gründen immer –, auch erhöhtes Karenzgeld in Anspruch nehmen sollen. Monatelang wird das blockiert – monatelang! –, bis Sie dann selbst zur Schreibmaschine greifen und meinen: Jetzt setzen wir das um.

Herr Kollege Feurstein! Darf ich Ihnen folgendes sagen: Sie sind einer der größten Bremser der Sozialgesetzgebung in Österreich. Einer der größten Bremser! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wird wirklich eine Wohltat sein, wenn es vielleicht doch einmal einen Menschen mit einem sozialen Gewissen in der ÖVP geben wird, der sich für diese Interessen einsetzt. (Ironische Heiterkeit des Abg. Kopf.)

Herr Kopf! Ich sage Ihnen eines – Sie wissen ja nicht, was da passiert; Sie befassen sich damit als Industrieller nicht –: Monatelang wird dieser Antrag liegengelassen. Die SPÖ stimmt nur deswegen nicht mit uns, weil sie aus Koalitionstreue nicht mittun kann. Ich höre immer das Wort "Koalitionstreue". In Wirklichkeit seid ihr eine Verhinderungspartie: die einen in der Frage "Karenzgeld für alle", die anderen in der "Aktion Fairness". Jetzt frage ich mich: Was tut ihr noch gemeinsam, außer hier zu verhindern und letztlich die Arbeit zu hemmen?

Oder: "Karenzgeld für alle". Diskutieren wir doch in diesem Zusammenhang den Kinderscheck! Die ÖVP sollte einmal das im Parlament umsetzen, wofür sie in der Öffentlichkeit immer eintritt. Sie bewerben in Tirol mit dem Landeshauptmann den Kinderscheck nicht mit 5 700 S, sondern mit 6 000 S. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die lassen sich mit Kindern photographieren!) – Genau! Die lassen sich mit Kindern photographieren. Aber wenn es dann um die Umsetzung geht, geschieht nichts. Die Möglichkeit dazu hätten Sie.

Die Einführung des Kinderschecks wäre eine Entlastung für die Mütter und letztlich auch eine Verhinderung von Billigjobs in Österreich. Viele Frauen gehen heute nicht aus Gründen der Erfüllung oder der Selbstverwirklichung arbeiten, sondern weil sie letztlich dazu gezwungen sind, einer Tätigkeit mit geringem Einkommen nachzugehen, die menschenverachtend ist – vom zeitlichen Aufwand und vom Einkommen her. Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben und nicht ständig ein paar Wochen vor Wahlen irgendwelche Dinge erfinden, wofür Sie bereits Jahrzehnte lang Zeit gehabt hätten, diese umzusetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

9.40

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Großer Wurf ist diese Regierungsvorlage keiner. Das muß ich also schon einmal ganz klar festhalten. Ich meine, es ist vielmehr der kleinste gemeinsame Nenner, den eine ÖVP und eine SPÖ zustande bringen, wenn frauenrelevante Fragen zur Diskussion stehen.

Es hat mich schon ein bißchen verwundert, Frau Kollegin Reitsamer und auch Frau Kollegin Gatterer, daß Sie diese Ausschußfeststellung bejubelt haben oder daß Sie froh darüber sind, daß jetzt zumindest festgehalten ist, daß in diesem Zusammenhang der Begriff "Urlaub" endlich einmal aus unseren Gesetzen verschwinden soll. Haben Sie denn vergessen, daß es da einen Antrag der Liberalen gibt, der mehr als vier Jahre lang zurückliegt und die Zustimmung aller Parteien in diesem Hause gefunden hat? In vier Jahren waren wir nicht in der Lage, dieses verräterische Wort "Urlaub", wenn es um Kinderbetreuung geht, aus den Gesetzesmaterien herauszubringen. Wenn Sie da noch hineinschreiben "in der Kürze der Zeit war es leider nicht möglich ...", dann frage ich schon: Wie lang braucht denn diese Koalition, um Begriffsänderungen in Gesetzen durchzuführen, wenn vier Jahre nicht ausreichen? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daß es kein großer Wurf ist, sondern daß es eigentlich sozusagen unter dem äußeren Druck einer EU-Richtlinie, die umzusetzen war, endlich gelungen ist, den eigenständigen Karenzanspruch für Väter durchzusetzen, ist eine Tatsache – da hat Kollegin Haller schon recht. Daß schon im NAP die Vorgabe enthalten ist, die Rückkehr aus der Karenz in das Erwerbsleben zu erleichtern, das ist auch richtig. Nur: Mit der Informationspflicht der Betriebe alleine werden Sie noch nicht viel erreichen können. Da brauchen wir ein viel größeres Maß an Flexibilisierung. Da brauchen wir vor allem Bedingungen, wonach weder der Vater noch die Mutter zur Gänze aus dem Erwerbsleben aussteigen muß. Aufgrund einer flexiblen Gestaltung einkommensabhängiger Karenz über einen längeren Zeitraum sollten sich beide die Betreuungsarbeit teilen und beide zumindest teilweise im Erwerbsleben verbleiben können.

Ich meine, insgesamt ist das einfach ein ganz bescheidenes Ergebnis, vor allem wenn man sich auch wieder die Zielsetzungen des Frauen-Volksbegehrens in Erinnerung ruft. Zwei Jahre Karenz für Alleinerzieherinnen haben wir nicht. (Abg. Steibl: Für alle, Frau Kollegin!) Ein ganz bescheidenes Ergebnis, wenn man sich in Erinnerung ruft, mit welch großem Getöse nach dem Vorstoß der Liberalen im vergangenen Sommer von SPÖ-Seite wieder das einkommensabhängige Karenzgeld zumindest in den Medien propagiert wurde. Also alles in allem kleine Anpassungen, die man durchaus unterstützen kann, aber von echten Lösungen weit entfernt.

Es ist traurig, daß wir zu keinen größeren Lösungen kommen, weil insbesondere bei der Koalition von ÖVP und SPÖ einfach die parteitaktischen Spielchen im Vordergrund stehen. Jetzt, in Wahlzeiten möchte ich fast sagen, wird es ja ganz deutlich.

Gerade zeitgerecht im "Standard" von heute meldet sich die Frauenministerin zu Wort, die meint, eine eigenständige Pension für Frauen wäre schon etwas ganz Wichtiges. Diese Meinung teile ich, denn das ist eine Forderung der Liberalen. Die Frauenministerin hat aber in der Vergangenheit nichts, rein gar nichts dazu beigetragen. Jetzt sagt sie auf einmal, es könne nicht so sein, daß wir uns immer auf die Länder und Gemeinden ausreden, wenn es um Kinderbetreuungsplätze in diesem Lande geht. Es fehlen ja 140 000. Hier im Plenum hat die Frauenministerin, wie ich meine, fünfmal, ja zehnmal gesagt, das könne nicht auf den Bund abgewälzt werden, dafür seien die Gemeinden zuständig.

Das sind wirklich spontane wahlkampfbedingte Meinungsänderungen, die wohl die Frauen im Glauben lassen sollen, daß diesbezüglich auf SPÖ-Seite etwas weitergehe. Was das Problem ja noch deutlicher macht, ist, wenn auf derselben Seite des "Standard" Herr Familienminister Bartenstein sagt, er jedenfalls werde bei "Karenzgeld für alle" bleiben; die Einführung eines Rechts auf Teilzeitarbeit, eine Forderung der SPÖ, sei überhaupt keine gute Idee.

Somit wissen wir schon, womit Frauen in der nächsten Legislaturperiode – die Fortsetzung dieser großen Koalition wird uns ja leider nicht erspart bleiben, sie ist zumindest vorprogrammiert – zu rechnen haben. Es wird viele Ankündigungen von beiden Seiten und viele Versprechungen geben, aber umgesetzt werden wird für Frauen wohl nichts.

Da von ÖVP-Seite einmal mehr dieses "Karenzgeld für alle" angesprochen wurde, möchte ich doch sagen: Frau Kollegin Gatterer! Das ist ein ganz gefährliches Thema. Natürlich bedeutet dieses "Karenzgeld für alle" letztlich das Einführen des Kinderbetreuungsschecks, von der freiheitlichen Fraktion propagiert, durch die Hintertür.

Ich habe den Herrn Familienminister schon darauf hingewiesen, daß er laut einer APA-Aussendung vom 14. Mai 1999 "Erziehungsgeld für alle" verlangt und auch, daß für die Kinderbetreuung Geld ausbezahlt werden soll, wobei dieser Betrag dann eben verschiedene andere sozialen Leistungen ersetzen soll. Aber als er gesehen hat, daß er sich da sozusagen in die frauenfeindlichen Gefilde der Freiheitlichen hineinbewegt, hat er dem Kind einen anderen Namen gegeben und "Karenzgeld für alle" als neuen Slogan ausgerufen. Das ist eine Tatsache. Die freiheitliche Fraktion hat schon recht, wenn sie sagt, Bartenstein hat sich zu ihrer Linie hinbewegt. Das ist nun einmal eine Tatsache.

Zum Kinderbetreuungsscheck auch noch folgendes: Wir wissen natürlich, daß dieser Kinderbetreuungsscheck nicht nur die von Ihnen laufend propagierte Schokoladenseite hat. Wir wissen auch, daß der soziale Druck auf die Frau, das Kind doch selbst zu betreuen, steigt, weil sie ja Geld dafür bekommt. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist auch gut für das Kind!) Ja, es mag gut für das Kind sein und schlecht für die Frauen. Kinder haben auch Väter, das sollte man einfach nicht vergessen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Natürlich wird sofort der Druck in Richtung Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen sinken, weil ja immerhin jede Mutter oder vielleicht der Vater Geld für die Kinderbetreuung bekommt. Und natürlich werden die Kinderbetreuungskosten in Institutionen sofort steigen, weil ja entsprechende finanzielle Mittel für die Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt werden. Das ist ja etwas ganz Gefährliches und in Wirklichkeit zutiefst Frauenfeindliches. Da hat sich ja Herr Minister Bartenstein in Wirklichkeit schon geoutet. Er hat das verlangt – mit der Forderung nach "Karenzgeld für alle" hat er dem Kind einen anderen Namen gegeben –, was die freiheitliche Fraktion – deren frauenpolitisches Profil kenne ich ja – bereits vorher zur Diskussion gestellt hat.

Über alledem gibt es noch einen Bundeskanzler Klima, der überhaupt nicht weiß, wie er sich zur Karenz positionieren soll, der einmal Karenz für alle will, dann "Karenz für alle, die es brauchen". Seit die Liberalen im vergangenen Sommer das einkommensabhängige Karenzgeld forderten, glaubt er auch, daß das einkommensabhängige Karenzgeld gut ist.

Das Ganze wird noch garniert mit dem Ansinnen der Frau Sozialministerin, die Möglichkeit der "Oma-Karenz" einzuführen. Davon haben nicht einmal Sie, Frau Kollegin Mertel, sich distanziert. Das war die einzige Annäherung, die ich je zwischen Klubobmann Khol und einer Sozialdemokratin in Frauenfragen bemerken konnte. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Daß auch Großmütter Kinder betreuen sollten, hat ja Klubobmann Khol bereits gefordert.

In diesem Dilemma sind wir und kommen in Wirklichkeit nicht weiter. Und dann haben wir hier eine sozialdemokratische Fraktion, die in einer der letzten Plenarsitzungen Initiativanträge einbringt, in denen zum Beispiel zwei Jahre Karenz für Alleinerzieherinnen gefordert wird, im Wissen – und ich habe Sie damals darauf hingewiesen –, daß diese Anträge nicht mehr zur Abstimmung kommen werden. Das erschüttert wirklich Ihre Glaubwürdigkeit in Frauenfragen, die ohnehin nur mehr rudimentär, wenn überhaupt vorhanden ist, noch weiter.

Dann gibt es einen Bundeskanzler Klima, der im Rahmen der von den Liberalen verlangten Sondersitzung per APA verkündet hat: Zwei Jahre Karenzzeit für Alleinerzieherinnen. Er werde das seinem Koalitionspartner jedenfalls vorlegen.

Es gibt viele Anträge der Opposition – und damit meine ich jetzt insbesondere der Liberalen und der Grünen –, die im Zuge der Behandlung des Frauen-Volksbegehrens schlichtweg abgelehnt wurden, und zwar aus parteitaktischen Gründen. Flexibilisierung der Karenzzeit: Dieser Antrag wurde bereits im vergangenen Jahr gestellt, aber von der SPÖ abgelehnt. Gleiches passierte auch mit vielen anderen Anträgen.

Da gerade von seiten der ÖVP so vehement argumentiert wird: Was ist denn mit den armen Studentinnen? Seit Herbst vergangenen Jahres, Kollegin Gatterer, liegt ein umfassender Antrag der Liberalen zur Karenz, der auch dieses Problem mit bedenkt, im Nationalrat, und der wird hier behandelt wie eine heiße Kartoffel. Dieser wurde zunächst einmal lange nicht dem Ausschuß zugewiesen, dann wurde er vertagt, schließlich wurde er einem anderen Ausschuß – dem Sozialausschuß – zugewiesen. Ich weiß nicht, ob Sie sich den Antrag einmal angeschaut haben. Darin ist selbstverständlich auch eine Ausweitung des Bezieherinnenkreises enthalten. Aber die ÖVP kann sich auch in diesem Fall nicht dazu entschließen, ganz klar Farbe zu bekennen.

Diese Doppelstrategie von ÖVP und SPÖ wird immer offensichtlicher. Sie schaden Ihrer Glaubwürdigkeit, wenn Sie solche Spielchen veranstalten und wenn Sie nicht einmal den Mut haben, zu ganz klaren Forderungen, die sich mit den Ihren decken, und den entsprechenden Anträgen ja oder nein zu sagen. Das betrifft auf der einen Seite zwei Jahre Karenz für Alleinerzieherinnen und auf der anderen die Ausweitung des Bezieherinnenkreises auf Studentinnen, Selbständige. Sie schieben solche Anträge hin und her. Schauen Sie sich beispielsweise an, wie viele Jahre die Anträge des Kollegen Öllinger von einer Ecke in die andere geschoben wurden!

Sie trauen sich nicht, nein zu sagen – das sage ich insbesondere in Richtung der SPÖ –, denn sonst würde die frauenfreundliche Fassade, die Sie in den Medien immer wieder aufbauen, einfach zusammenbrechen. Jetzt geben wir der SPÖ noch eine Chance. Wir geben Ihnen damit auch die Chance, dieser Plakette gerecht zu werden, die Sie heute tragen und auf der "Fairness" draufsteht, indem Sie diese Fairneß auf einen anderen Bereich ausdehnen, nämlich auf die Alleinerzieherinnen. Fairneß für Alleinerzieherinnen heißt für uns: zwei Jahre Karenzgeldbezug für Alleinerzieherinnen. Der wurde ihnen nämlich im Zuge des Sparpaketes im Jahr 1995 gestrichen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es war Bundeskanzler Klima selbst, der gesagt hat: Ich empfinde es als zutiefst ungerecht, daß Frauen, Alleinerzieherinnen, nicht zwei Jahre lang Karenzgeld beziehen können. Er findet das zutiefst ungerecht!

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maria Schaffenrath, Partnerinnen und Partner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden (1768 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte RV idF des Ausschußberichts 2000 d.B. wird wie folgt geändert:

Artikel 3 der vorliegenden RV wird wie folgt geändert:

Ziffer 7 wird wie folgt geändert:

In § 11 Abs. 2 wird nach der Wortfolge "bis zu einem Höchstmaß von 731 Tagen" die Wortfolge "bei Alleinerziehenden oder" eingefügt.

*****

Das würde bedeuten, daß Alleinerzieherinnen einen Rechtsanspruch auf zwei Jahre Karenzgeldbezug haben, und das wäre fair, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Das wäre eine gerechte Behandlung jener Frauen, die es ohnehin schon schwer haben, die laut Armutsbericht zu jenen gehören, die von Armut am meisten betroffen sind, die einem Kind Vater und Mutter sein müssen.

Kollegin Gatterer spricht davon, daß ein Kind alle Liebe und Fürsorge braucht und das Leben einer Frau so voll in Beschlag nimmt. Was macht denn die Alleinerzieherin? (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) – Es gelingt mir leider nicht so ganz, weil auch ich Erfahrungen mit vier Kindern habe, und man kann natürlich alles ein bißchen ... – Aber lassen wir das!

Was ist denn zurzeit mit dem Kind einer Alleinerzieherin, das eigentlich nur eineinhalb Jahre durch eine enge Bezugsperson betreut werden kann? Was ist denn mit diesem Kind? Ist dieses Kind weniger wert als ein Kind, dessen Vater und Mutter in einer Gemeinschaft leben? Alleinerzieherinnen ziehen Kinder unter schwierigsten Bedingungen groß, und ich halte es für absolut unfair und ungerecht, gerade diesen Frauen das Leben in besonderem Maße zu erschweren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Jetzt können Sie zeigen, wie ernst Sie es meinen. Ihren eigenen Antrag haben Sie nicht mehr zu Abstimmung gebracht. Wir würden Sie gerne unterstützen. Und wenn diese Plakette mit der Aufschrift "Aktion Fairness" nicht auch noch zur Farce verkommen soll ... (Abg. Dr. Mertel: Sie können auch einen Sticker bekommen!)

Nein danke, ich unterstütze das, wenngleich unsere Meinungen da weitergehen. Es kann nämlich erst dann von "fair" gesprochen werden, wenn auch Beamte und Beamtinnen das gleiche Arbeitsrecht haben wie Arbeiter und Angestellte. Aber da ist Ihre Gewerkschaft nicht so initiativ, da gibt es andere Strukturen. Jedenfalls: "Fair" ist es erst dann, wenn auch die Alleinerzieherinnen fair behandelt werden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag der Frau Abgeordneten Schaffenrath ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

9.56

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn ein paar einleitende Bemerkungen zur Ausschußarbeit machen, weil wir ja an ihr aus ganz bestimmten Gründen nicht teilgenommen haben. (Abg. Koppler: Öllinger trägt den Sticker! Bravo!)

Diese Gründe dafür möchte ich Ihnen doch noch einmal kurz darlegen, weil sie sich auch am Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes demonstrieren lassen. Wir beschließen, um für Frauen einige Verbesserungen herbeizuführen, etliche Novellen im Bereich Mutterschutzgesetz, Eltern-Karenzurlaubsgesetz, Karenzgeldgesetz, Arbeitslosenversicherungsgesetz und Karenzurlaubsgeldgesetz. Fünf Gesetze sind notwendig, um ein paar Kleinigkeiten – es handelt sich nicht um die großen Verbesserungen oder um den großen Wurf – durchzubringen.

Meine Damen und Herren! Wir sollten eigentlich ein sechstes Gesetz beschließen – das ist nämlich notwendig! –, und zwar das "Karenzberaterinnengesetz", würde ich vorschlagen, weil durch die sehr komplexe Vernetzung der verschiedenen Gesetzesmaterien, um diese kleinen Veränderungen auf den Weg zu bringen, diese Gesetze für jene, für die sie gemacht werden, sicherlich nicht mehr lesbar sind. Wer soll das noch verstehen?!

Es gibt jede Menge an Ausnahmebestimmungen, in denen wieder auf andere Bestimmungen in anderen Gesetzen verwiesen wird. Das können Leute, die diese Ansprüche stellen wollen, nicht mehr nachvollziehen! (Abg. Koppler: Man kann sich ja beraten lassen!) Ich sage Ihnen, Kollege Koppler, der Beratungsaufwand wird ganz sicherlich steigen. Nur: Wer macht die Beratung? Wer bietet Beratung in diesen Fragen? (Abg. Koppler: Die Arbeiterkammern!) – Gut, die Arbeiterkammer. Das kann aber nicht der Sinn sein, daß jedesmal, wenn ein paar kleine Verbesserungen gemacht werden, der Beratungsaufwand immens steigt.

Ein Gesetz sollte doch so konstruiert sein, daß jene, die es betrifft – im gegenständlichen Fall in erster Linie die Frauen, aber auch schon etwas mehr auch die Männer –, es lesen und verstehen können und dann auch wissen, worum es geht. – Das ist aber bei diesen Gesetzen beziehungsweise Novellierungen nicht mehr möglich.

Das war ein Grund für unseren Auszug aus dem Ausschuß. Daneben gibt es noch viele andere Gründe, die anzuführen wären. Dabei geht es nicht nur um Abänderungsanträge, die in letzter Minute eingebracht wurden und die niemand von uns hier – auch Sie nicht – lesen und durcharbeiten konnte. Seien Sie doch ehrlich, niemand konnte das, wenn um 9.59 Uhr der Abänderungsantrag hereinkommt und um 10 Uhr die Ausschußsitzung beginnt. Das ist nicht möglich, meine Damen und Herren! (Zwischenruf der Abg. Reitsamer.)

Aber auch das ist nicht der einzige Grund neben dem schon vorher genannten.

Worauf ich aufmerksam machen wollte und jetzt noch einmal aufmerksam machen will, ist, daß es um etwas anderes geht: Es geht darum – nicht bei diesem Gesetz, sondern bei den anderen, die wir dann noch beschließen wollen –, daß die Parlamentarier, die diese Gesetze im Ausschuß beraten beziehungsweise beschließen sollen, nicht mehr von ihrem grundsätzlichen Recht auf Öffentlichkeit Gebrauch machen können. Die Öffentlichkeit, die Möglichkeit, auch Interessensgruppen zu informieren, mit ihnen beraten zu können, ist nicht mehr gegeben. Und dadurch, daß von Ministerien das Recht der Abgeordneten auf Initiativanträge mißbraucht wird, ist eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Gesetzgebung eliminiert. Es ist dies ein klassischer Mißbrauch des Instruments Initiativantrag. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme aber jetzt schon noch zum Gesetz, meine Damen und Herren, und möchte vor allem die Kollegen Khol und Feurstein bedauern, denn mit diesem Gesetz ist unter anderem auch das eingetreten, wovor sie immer gewarnt haben: Die vaterlose Gesellschaft ist da, die vaterlose Gesellschaft deswegen, weil Frauen, die den Namen des Kindesvaters nicht nennen können oder wollen, auch Anspruch auf das erhöhte Karenzgeld erhalten.

Das ist eine Forderung der Grünen – da verweise ich noch einmal auf das, was ich vorhin gesagt habe –, die zwei Jahre im Ausschuß gelegen ist, immer wieder beraten wurde, zu der Fristsetzungsanträge gestellt wurden, aber es war nicht beschlußreif.

Ich merke nur an: Eine Koalitionsdisziplin, Herr Kollege Khol, kann zwar den Kanzler nicht hier ins Haus zitieren, aber offensichtlich kann sie für Sie die vaterlose Gesellschaft herbeizwingen. Das ist auch interessant. Wenn es um grundsätzliche Fragen geht, wie offensichtlich bei der vaterlosen Gesellschaft, sind Sie durchaus bereit, auch Kompromisse einzugehen, dort aber, wo es darum geht, den Kanzler für eine Debatte herbeizuholen, sind Sie nicht bereit, auch Ihren eigenen Interessen nachzugehen und diese Redemöglichkeit des Herrn Bundeskanzlers einzufordern.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch einiges zu diesen Gesetzen zu sagen, die wir hier beschließen – etwa daß das Recht auf Teilzeitarbeit nach wie vor fehlt –, aber es geht nicht um die Details in diesem Gesetz, obwohl das kein kleines Detail ist, sondern es geht im wesentlichen darum, daß sich, wie ich glaube, die Debatte um das Karenzgeld in den letzten Monaten komplett verfahren hat, verfahren hat durch die Frontenstellung – auf der einen Seite "Karenzgeld für alle", auf der anderen Seite "Karenzgeld für jene, die es brauchen" –, komplett verfahren auch deshalb, weil die Rahmenbedingungen dabei übersehen wurden. Es wurde übersehen, und zwar ganz bewußt übersehen, daß selbst dann, wenn ein Karenzgeld für alle kommt – unabhängig davon, daß das bestimmte Gruppen begünstigt –, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie natürlich nicht gewährleistet ist.

Da braucht es andere Rahmenbedingungen, meine Damen und Herren. Da braucht es nicht nur das Recht auf Teilzeitarbeit und damit dann auch die Möglichkeit, wieder in die Vollzeitarbeit zu wechseln, da braucht es viel grundsätzlichere Rahmenbedingungen. Da braucht es grundsätzlich geänderte Einstellungen auch in der Wirtschaft, die den Frauen – aber nicht nur den Frauen, sondern auch den Männern – diese Möglichkeit schaffen, die Karenzzeiten in Anspruch nehmen zu können. Da hätten wir noch viel, viel mehr zu tun, als über Monate hindurch die Debatte nur auf einen Punkt zu fokussieren, der da heißt: "Karenzgeld für alle" beziehungsweise "Karenzgeld für die, die es brauchen", oder einkommensabhängiges Karenzgeld.

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung zum einkommensabhängigen Karenzgeld machen. Wir sind nicht prinzipiell dagegen, aber ich sage Ihnen eines, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei: Im Wissen darum, daß von den Frauen, denen gesagt wird, ein einkommensabhängiges Karenzgeld würde ihre Situation verbessern, mindestens 50 Prozent keinen Groschen mehr erhalten würden, weil ihre Einkommensleistung vorher so niedrig war, daß sie dann auch mit der einkommensabhängigen Karenz nicht über 6 000 S hinauskommen würden, und im Wissen darum, daß die einkommensabhängige Karenz wahrscheinlich mit einer Erhöhung der Arbeitslosenversicherung verbunden wäre, können wir dem nicht zustimmen.

Nur dann, wenn Sie letzteres ausschließen könnten, wären wir dafür zu gewinnen, aber wenn das mit einer Erhöhung verbunden ist, dann sage ich nein. Unter dem Strich käme nämlich heraus, daß jene Frauen, die auch in Zukunft nicht mehr als diese 6 000 S erhalten würden, aber einen höheren Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu leisten hätten, die einkommensabhängige Karenz für andere bezahlen würden.

Das, meine Damen und Herren, kann es doch nicht sein, daß die Frauen mit niedrigem Einkommen die einkommensabhängige Karenz für ein paar Besserverdienende beziehungsweise für ein paar besserverdienende Männer bezahlen sollten. Das sei hier nur kurz angemerkt. Nur dann, wenn Sie ausschließen können, daß es zu einer Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge kommt, können wir darüber reden, und dann wäre es auch eine Maßnahme, die durchaus sinnvoll wäre.

Meine Damen und Herren! Letzter Punkt. Ich habe mit Interesse in der "Wiener Zeitung" gelesen, daß Sie im Vorfeld dieser Debatte eine Kontroverse – es dürfte nicht die einzige gewesen sein – um die zwei Jahre Karenzgeld für Alleinerziehende gehabt haben. Die SPÖ war angeblich dafür, die ÖVP war angeblich dagegen. Ich kann ja nicht hineinschauen in Ihren tiefsten Koalitionshimmel. (Zwischenruf des Abg. Koppler.) Ich kann es mir vorstellen.

Aber ich möchte Sie schon darauf hinweisen: Die Möglichkeit, diese notwendigen zwei Jahre Karenz für Alleinerziehende zu schaffen, wollen wir Ihnen in dieser Plenardebatte geben. Wir werden daher einen Abänderungsantrag einbringen, mit dem diese zwei Jahre Karenz für Alleinerziehende ermöglicht werden sollen.

Das ist nicht alles, was wir in diesem Bereich zu fordern haben, aber ganz konkret geht es darum, daß die Alleinerziehenden diejenigen waren, die durch die Streichungen bei den Sparpaketen am negativsten betroffen waren und die laut Familienminister Bartenstein auch tatsächlich verloren haben, denen man das allerdings nicht zurückgeben kann, weil das einfach nicht geht.

Die Alleinerziehenden sollen nicht die DraufzahlerInnen sein, und deshalb bringe ich Ihnen folgenden Antrag zur Kenntnis:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde zur Regierungsvorlage (1768 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes 2000 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Artikel 3 Karenzgeldgesetz

Ziffer 7 wird wie folgt geändert:

1. § 11 Abs. 2 Z 2 und 3 entfallen.

2. § 11 Abs. 2 Zi 2 lautet neu:

"§ 11 (2) Z 2. der das Kind betreuende Elternteil alleinstehend im Sinne von § 16 Abs. 1 ist."

*****

Jetzt habe ich diesen Abänderungsantrag auch noch verlesen und möchte dazu die Anmerkung machen: Vielleicht gelingt es uns in der nächsten Gesetzgebungsperiode, auch eine Reform der Verlesung von Initiativ- oder Abänderungsanträgen zu verabschieden. Das wäre ein immenser Schub, denn ich glaube, das Verlesen solcher Anträge, in denen im wesentlichen nur Ziffern vorkommen, ist kein großer Beitrag zur Transparenz, zur Durchschaubarkeit und zur besseren Verständlichkeit von Gesetzen. Wir haben andere Möglichkeiten, uns auszudrücken.

Darum, meine Damen und Herren SozialdemokratInnen, sage ich Ihnen noch einmal: Dieser Antrag beinhaltet die Möglichkeit für Alleinerziehende, zwei Jahre Karenz zu beanspruchen. Auch die Liberalen haben einen entsprechenden Antrag eingebracht. Sie haben die Möglichkeit, sich für beide Anträge, die unter einem abgestimmt werden, auszusprechen. Nutzen Sie diese Möglichkeit! Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß! Die Koalition ist am Ende, weil die Wahlen kommen. Sie haben nichts mehr zu verlieren. Auf geht’s in die neuen Zeiten! Nutzen Sie diese Chance! Helfen Sie den Frauen! (Beifall bei den Grünen.)

10.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der vorgetragene Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung und wird abgestimmt werden.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

10.08

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Zur Erinnerung: Die SPÖ hat bereits im September 1998 – das war der Zeitpunkt, zu dem Herr Minister Bartenstein gerade so ein Zwischenspiel zwischen Kinderbetreuungsgeld und Karenzgeld für alle absolviert hat; er war sich nicht ganz sicher, was er selbst will – ganz klar gesagt, daß wir zunächst einmal über eine Neugestaltung der Karenzzeiten reden wollen. Wir wollen die Bedürfnisse von Kindern und Berufstätigen stärker berücksichtigen, und wir wollen nicht – und das wollen wir ganz eindeutig nicht! – das Geld mit der Gießkanne verteilen, noch dazu Geld, das noch gar nicht vorhanden ist.

Unser Motto und unser politischer Wille war und ist: Mütter und Väter sollen die Karenzzeit frei wählen können. Unser politischer Wille ist aber auch, die "Aktion Fairness" umzusetzen und gleiche Rechte für Arbeiter und Angestellte zu erwirken. (Abg. Schaffenrath: Und für AlleinerzieherInnen!) Dazu komme ich erst. Warten Sie doch ein bißchen. Irgendwie muß das doch logisch aufgebaut werden.

Wir haben auch gefordert, daß die starren Karenzzeiten gelockert und flexibler gestaltet werden sollen, daß für Väter und Mütter ein Karenzzeitkontingent eingerichtet werden soll. Und eines war uns besonders wichtig: Kinder haben unterschiedliche Entwicklungsphasen, daher sollen Eltern frei entscheiden können, wann es im Interesse des Kindes gelegen ist, daß sie beim Kind bleiben.

Um den Jahreswechsel – also spät, aber doch! – hat sich auch die ÖVP unserer Forderung angeschlossen – das ist sehr erfreulich, Herr Klubobmann Khol –, und schließlich wurde dann in der Regierungsklausur Ende Jänner das sogenannte kleine Familienpaket mit dem Kernbereich Flexibilisierung der Karenzzeit geschnürt.

Heute beschließen wir daher eine Regelung, die nicht nur den EU-Elternurlaubsrichtlinien entspricht, sondern auch den Vorgaben des NAP. Es sind Regelungen, die den Familien faire Chancen für ein Leben mit Kindern bieten. Eltern haben also die bessere Wahlmöglichkeit, wann und wie lange sie Karenz in Anspruch nehmen wollen.

Bei allen Modellen, die derzeit vorgeschlagen werden – "Karenzgeld für alle", "Kinderbetreuungsscheck" –, fehlt uns Sozialdemokraten etwas ganz Entscheidendes. Von keiner dieser Forderungen geht ein Impuls aus, zusätzlich Arbeitsplätze, insbesondere qualifizierte Arbeitsplätze für Frauen zu schaffen. Ganz im Gegenteil: Mit diesen Vorschlägen wird tendenziell versucht, Frauen vom Arbeitsmarkt zu verdrängen – und das noch dazu mit einem erheblichen finanziellen Aufwand für das Budget und für den Familienlastenausgleichsfonds. (Abg. Gaugg: Die Frauen vom Arbeitsplatz verdrängen? Das ist ein Schmarr’n! Sie müssen erst Arbeitsplätze für die Frauen schaffen!)

Und ein weiterer ganz entscheidender Punkt: Es würde bei Umsetzung dieser Forderungen völlig undifferenziert Geld ausgegeben werden (Zwischenruf der Abg. Haller), das im übrigen noch gar nicht vorhanden ist, Frau Haller. Auch Sie haben es nicht. Ich will gar nicht näher auf die Summen eingehen. Sie, Frau Haller, haben uns ja noch gar kein Modell vorgestellt, das ist immer eine Luftblase, die Sie da vorschlagen. Ich will daher gar nicht näher auf die Summen eingehen, aber es handelt sich dabei um erhebliche Beträge in Milliardenhöhe.

Dazu nur eine Anmerkung, Frau Haller. Vielleicht glauben Sie dem Sekretär von Herrn Familienminister Bartenstein, Herrn Dipl.-Ing. Stadlhuber, mehr. In der letzten Sitzung des Familienpolitischen Beirates vom 26. Mai 1999 referierte er über die Entwicklung des FLAF bis zum Jahre 2001 und sagte, daß darüber hinausgehende Prognosen unseriös und spekulativ seien. – Aber Sie verteilen Geld schon bis zu den Jahren 2005 und 2010. Es macht doch keinen Sinn, Forderungen zu fixieren, ohne zu sagen, woher das Geld kommen soll.

Soviel auch zu Ihnen, Frau Schaffenrath, da Sie die Glaubwürdigkeit der SPÖ immer in Frage stellen – ich habe es Ihnen auch das letzte Mal schon gesagt –: Bei Ihrem Kongreß – oder wie immer das heißt beim Liberalen Forum – haben Sie die Senkung der Staatsquote um, ich glaube, ungefähr 5 Prozent gefordert; das sind 100 Milliarden Schilling. Wie wollen Sie alles zahlen, was Sie uns da vorschlagen, und gleichzeitig eine Senkung der Staatsquote erreichen? (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath.) Das trifft auch für unsere eigenen Forderungen zu.

Was wir wollen, ist, das Karenzgeld einkommensabhängig zu gestalten. Es ist dies – das betone ich – eine mittel- bis langfristige Forderung, die es dann einzulösen gilt, wenn es budgetär möglich ist.

Ich bin auch bei der Forderung der Frau Gatterer, die für eine finanzielle Unterstützung für Studentinnen und Schülerinnen eintritt. Diese Personengruppe sollten wir sicher berücksichtigen. Zuerst aber müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen. Daher gilt es, das Budget 2000 zu verhandeln, die Finanzierungsstruktur des FLAF zu überprüfen, und wir müssen den Faktor Arbeit entlasten. Priorität und Vorrang haben für uns Sozialdemokraten nach wie vor solche Rahmenbedingungen, daß Familie und Beruf – das hat übrigens die ÖVP in letzter Zeit wirklich sehr gut von uns abgeschrieben – besser vereinbar sind. Dazu sind auch mehr Kinderbetreuungsplätze mit entsprechend qualifiziertem Betreuungspersonal notwendig.

Wir wollen also einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz mit einheitlichen Qualitätsstandards schaffen. Wir wollen eine Erhöhung des Karenzgeldes auf 6 000 S und eine jährliche Valorisierung dieses Betrages. Wir wollen zwei Jahre Karenzgeld für Alleinerzieherinnen, denn sie sind benachteiligt, sie haben keinen Partner, mit dem sie eine zweijährige Karenzzeit teilen können. (Abg. Schaffenrath: Wie soll das finanziert werden?) Ich habe gerade vorher sehr ausführlich über die finanziellen Überlegungen gesprochen.

Wir wollen einen weiteren Ausbau der Wiedereinstiegsmaßnahmen, Recht auf Teilzeitarbeit bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes mit dem Recht, auf einen Vollzeitarbeitsplatz zurückkehren zu können. (Abg. Schaffenrath: Das ist alles in unserem Antrag! Sie haben aus unserem Antrag zitiert!) Ja, aber wir haben eine Verantwortung für die Finanzen. (Abg. Schaffenrath: Sie brauchen nur unserem Antrag zuzustimmen!)

Meine Damen und Herren! Nur dann, wenn diese Rahmenbedingungen geschaffen werden, können Familien, können Mütter und Väter wirklich wählen. Und diese Wahlfreiheit wollen wir ihnen ermöglichen. (Abg. Schaffenrath: Sie brauchen nur unserem Antrag zuzustimmen!) Ich bin gerne bereit, mit Ihnen noch länger zu diskutieren, aber vielleicht in den Bankreihen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.15

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frauen wollen Beruf und Familie, und zwar nicht entweder oder, sondern sowohl als auch, miteinander vereinbaren. Daher sind diese Änderungen, die wir heute mit dieser Novelle beschließen, notwendig und der erste Schritt. Ich bin aber auch der Meinung, daß es nicht der große Wurf ist, denn so einfach wird die Umsetzung nicht sein.

Wenn aber die Kollegin Mertel vorhin gesagt hat, was alles die SPÖ gemacht und was alles die ÖVP abgeschrieben habe, dann muß ich da schon ein wenig Nachhilfeunterricht geben. (Abg. Dr. Mertel: Das mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben Sie glatt abgeschrieben!)

Erstens: Die ÖVP hat überhaupt nichts abgeschrieben bezüglich der Thematik Vereinbarkeit von Beruf und Familie. (Abg. Dr. Mertel: Ich bin nicht bereit, mit Ihnen darüber zu reden!) Ich möchte Ihnen nur mit auf den Weg geben, daß seitens ÖVP-naher Organisationen österreichweit schon lange zum Beispiel der Wettbewerb "Frauen- und familienfreundliche Betriebe" durchgeführt wird. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Moment einmal! Liebe Frau Kollegin Silhavy, da könnten wir weiterdiskutieren. Wer immer auch das macht, die Wirtschaft und Minister Bartenstein unterstützen diese Initiativen, und ich denke, daß das der richtige Weg ist, denn Frau Ministerin Prammer schreibt immer nur in Papiere hinein, daß es Frauenförderpläne und Vereinbarkeit in diesem Bereich gäbe. Wo aber ist die Umsetzung? (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Dr. Mertel.) Ich habe jetzt nicht soviel Zeit, wir können darüber privat diskutieren.

Weiters: Familien-Audit. Wer hat das eingeführt? Die Frau Ministerin Prammer oder der Herr Bundesminister Bartenstein? Und da Sie sagen, das Geld soll nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, sage ich Ihnen, daß auch wir das nicht wollen. "Karenzgeld für alle" ist nicht ein Verteilen nach dem Gießkannenprinzip (Abg. Dr. Mertel: Nur! Ausschließlich!), sondern Karenzgeld für alle bedeutet Gerechtigkeit für Frauen, die sehr wohl auch arbeiten, ja eine wichtige Arbeit im Familienbereich leisten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Haben Sie nicht einmal einen Artikel in der "Kleinen Zeitung" geschrieben, wo das anders geklungen hat?)

Wenn wir über Vereinbarkeit von Beruf und Familie reden, möchte ich auch noch erwähnen, daß das nur mit positiven Aktionen geht, zum Beispiel in der Form, daß man Betriebe motiviert – nicht per Gesetz, das ist manchmal kontraproduktiv –, betrieblichen Erziehungsurlaub zu geben. Ich kann Ihnen Betriebe nennen, die bis zum vierten Lebensjahr des Kindes Müttern oder Vätern Erziehungsurlaub geben, wobei diese sehr wohl die Garantie haben, wieder in den Beruf zurückkehren zu können.

Und wenn davon gesprochen wird, warum wir dem Recht auf Teilzeit nicht zustimmen: Vielleicht wollen wir den Frauen damit sogar einen Arbeitsplatz sichern, besser sichern als verhindern. (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer.)

Herr Kollege Öllinger meint, wir sollten doch endlich dem Karenzgeld für die Alleinerzieherinnen für zwei Jahre zustimmen. Jawohl, aber dann Karenzgeld für alle für zwei Jahre. Es gibt viele Frauen und Mütter, die verheiratet sind, aber ebenfalls Alleinerzieherinnen sind, weil der Mann halt Woche für Woche pendelt und sie diese Aufgabe allein wahrnehmen. Ich denke, daß die jetzige Regelung, nämlich 24 Monate mit Teilung, schon ein guter Weg dorthin ist, man muß das nur in Anspruch nehmen und auch zulassen.

Und wenn wir schon dabei sind: Wir wünschen uns Karenzgeld für alle als ersten Schritt und nicht in Richtung eines Betreuungsschecks, sondern um dieser Gruppe auch eine Hilfe zu geben. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist nur ein anderer Name!)

Ich denke, daß es auch noch weitere Punkte gäbe, deren Umsetzung notwendig wäre, und da frage ich mich auch, warum die SPÖ nicht zugestimmt hat, so zum Beispiel bei der Gewährung einer Heimfahrtbeihilfe für Internatsschüler und -schülerinnen und auch für Studenten und Studentinnen. Das wäre ja auch ein Punkt, den man regeln hätte können.

Wie heißt es immer wieder: Wo sind die Väter, wo sind die Mütter, die Beruf und Familie vereinbaren können? – Und genau das muß unser Weg sein auch in der nächsten Legislaturperiode. (Beifall bei der ÖVP.)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.20

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Hohes Haus! Die beiden Regierungsparteien überbieten einander in Vorwahlzeiten mit Ankündigungen und Versprechungen betreffend die Besserstellung von Eltern, Müttern und Kindern. Ich frage Sie in aller Form: Warum haben Sie sich in den vier Jahren nicht einmal einen Millimeter bewegt? – Auch das, was jetzt beschlossen wird, wird die Situation berufstätiger Frauen und Mütter nur unwesentlich verbessern, das sage ich Ihnen. Auch am eigentlichen Kern des Problems, nämlich an der schlechten finanziellen Ausstattung von Eltern, von Kindern, an der schlechten Situation, was qualitativ hochwertige Betreuungsplätze auch für Kleinkinder betrifft, wird sich überhaupt nichts ändern.

Wenn es stimmt, daß Budgets ein Ausdruck der in Zahlen gegossenen Regierungspolitik sind, dann sprechen Ihre Zahlen eine deutliche Sprache: 600 Millionen für Kinderbetreuungsplätze, 1,2 Milliarden für Schulbücher, aber 12 Milliarden Schilling zusätzlich für NATO-Panzer. Das heißt, es wird im Vergleich zu Schulbüchern das Zehnfache für Panzer und das Zwanzigfache im Vergleich zu Kinderbetreuungsplätzen ausgegeben. Das ist Ihre Politik, die auch von den Sozialdemokratinnen mitgetragen wird!

Angesichts dessen brauchen wir uns nicht zu wundern, daß es sich bei den Familien hinten und vorne nicht ausgeht. Wenn Sie dann eine Diskussion über das Karenzgeld, für wen, wie oder was führen, dann muß ich Ihnen sagen, ist das insgesamt zu wenig. Sie sollten schon lange in eine Debatte über die Grundsicherung einsteigen. (Beifall bei den Grünen.)

Für die Grünen ist die Betreuung eines Kindes eine Phase einer Berufsunterbrechung, die besser abgesichert gehört, und zwar mit höheren finanziellen Zuwendungen. Es ist dies eine Phase neben anderen, die auch abgesichert gehören, wie etwa Phasen der Weiterbildung. Da sollte es einen Zusammenhang geben, weil gerade für Frauen die Möglichkeit, nach einer kinderbedingten Unterbrechung wieder in den Beruf einzusteigen, mittels Bildungsangeboten und Geld öffentlich unterstützt werden muß. Und da hapert es.

Die Debatte, die immer wieder – leider auch von der Sozialdemokratie – geführt wird: Wer braucht das Karenzgeld?, ist gefährlich, weil sie sehr leicht in solche Systeme der Familienbesteuerung und der Familientransfers führen kann. Statt dessen sollten Sie eine Debatte über ein gerechtes Steuersystem führen, das aus Sicht der Grünen ungerecht ist, insbesondere was die Bevorzugung von Kapital- und Vermögenseinkünften gegenüber Arbeitseinkünften betrifft. (Beifall bei den Grünen.)

Über Ihre Ankündigungen – "Karenzgeld für alle", "einkommensabhängige Karenz" – würden wir gerne reden. Ich glaube tatsächlich, daß Eltern von Kleinkindern und Kinder selbst eine wesentliche Verbesserung ihrer Situation brauchen würden. Wie gesagt, unsere Antwort lautet: Grundsicherung für Eltern und für Kinder.

Wir würden gerne diese Debatte führen, aber wir nehmen es Ihnen nicht mehr ab, daß Sie das überhaupt ernstlich wollen. Wenn Sie bereit gewesen wären, in diesem Bereich ernstlich etwas zu verbessern, dann hätten Sie jetzt unter anderem auch eklatante, schreiende Ungerechtigkeiten für Personen, die Kleinkinder betreuen, vor allem für Frauen, die Kleinkinder betreuen, leicht abschaffen können.

Aus meiner Sicht ist es unverständlich, warum andere Berufsunterbrechungen, wie beispielsweise die Zeiten beim Bundesheer, auch freiwillige Übungen beim Bundesheer, voll für alle arbeitsrechtlichen Ansprüche zählen, während die Betreuung eines Kindes den Regierungsparteien offenbar weniger wert ist.

Ich bringe daher noch einmal einen Antrag betreffend Änderung des Mutterschutzgesetzes ein, der lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Eltern-Karenzurlaubsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Karenzurlaubsgeldgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Artikel 1 Mutterschutzgesetz 1979

in Ziffer 4 der Regierungsvorlage entfallen Satz 3 und 4 des § 15e Abs. 2.

Satz 3 lautet neu wie folgt:

"Soweit sich Ansprüche eines Arbeitnehmers nach der Dauer der Dienstzeiten richten, sind Zeiten eines Karenzurlaubes nach § 15 Abs. 1 dieses Gesetzes, während derer das Arbeitsverhältnis bestanden hat, auf die Dauer der Dienstzeit anzurechnen."

*****

Jetzt haben Sie die Möglichkeit, zu beweisen, wie ernsthaft es Ihnen mit einer besseren Absicherung von Eltern, von Frauen ist. Jetzt können Sie diesem Antrag zustimmen. Wenn Sie das nicht tun, dann, so glaube ich, liefern Sie damit den endgültigen Beweis, daß alle Ihre Ankündigungen nichts anderes sind als hohle Versprechen und leere Worte.

Sagen Sie doch den österreichischen Frauen, warum die Betreuung eines Kleinkindes weniger wert ist als die Zeit beim Bundesheer, warum diese Zeit nicht für die Abfertigung gilt, aber freiwillige Übungen beim Bundesheer sehr wohl! Jetzt können Sie die Probe aufs Exempel machen, ansonsten würde ich Ihnen empfehlen, im Wahlkampf bei diesem Thema – bessere Absicherung von Eltern und Kindern – ganz leise zu sein. (Beifall bei den Grünen.)

10.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Dr. Petrovic vorgelegt hat, steht mit in Verhandlung.

Als nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort. – Bitte.

Kollege Haupt! Werden Sie sich noch zu Wort melden, denn es sind noch Anträge der Freiheitlichen Partei einzubringen? – Ich bitte das zu überprüfen. (Abg. Mag. Haupt: Danke sehr!)

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll.

10.27

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzespaket beschließen wir vor allem im Bereich des Karenzurlaubes mehr Flexibilität, um verstärkt auf die Bedürfnisse der Familien eingehen zu können. Wir bekennen uns dazu – ich sage auch als Vertreter der Wirtschaft –, daß auch die Wirtschaft bemüht ist, familienfreundliche Betriebe entsprechend zu propagieren. Wir lassen Familie und Wirtschaft nicht auseinanderdividieren, meine sehr geehrten Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP) –, dies umso weniger, als eine der gesündesten Betriebsformen in Österreich der klassische Familienbetrieb ist. Dieser ist heute einer der gesündesten Betriebsformen in Österreich!

Zweitens bekennen wir uns dazu, meine Damen und Herren, daß die Familie die kleinste selbstverantwortliche Gemeinschaft in einer Gesellschaft ist. Eine gesunde Gesellschaft hat als Basis eine gesunde, harmonische Familie. Daher bekennen wir uns auch von der Wirtschaft dazu, daß wir mehr auf die Bedürfnisse der Familie eingehen, indem wir die Inanspruchnahme des Karenzurlaubes flexibler gestalten. Es ist dies ein Angebot des Gesetzgebers, und ob es in Anspruch genommen wird, hängt von den Betroffenen ab.

Es ist ein Angebot mit einer breiten Palette. Ich gebe zu, daß das Gesetz dadurch nicht einfacher wird. Bisher hat ein Paragraph im Mutterschutzgesetz, nämlich der § 15, den Karenzurlaub geregelt, jetzt haben wir statt dessen neun Paragraphen. Wir müssen schon bedenken: Je gerechter wir sein wollen, je flexibler wir sein sollen, je mehr wir auf Einzelbedürfnisse eingehen, desto komplizierter wird natürlich die Gesetzgebung.

Bei diesem grundsätzlichen Bekenntnis gebe ich gerne zu, daß wir als Vertreter der Wirtschaft an die Grenze dessen gegangen sind, was sich noch mit einem ungestörten Betriebsablauf vereinbaren läßt. Die Tatsache, daß zum Beispiel dann, wenn keine Einigung über die Verschiebung des Karenzurlaubes zustande kommt, der Arbeitgeber zum Arbeitsgericht gehen muß, ist – das muß ich ehrlich sagen – wirklich die äußerste Schmerzgrenze dessen, bei dem die Wirtschaft noch mitgehen kann.

Meine Damen und Herren! Es ist noch immer die Hauptaufgabe der Betriebe, Wertschöpfung, Gewinne und damit Arbeitsplätze zu sichern. Das muß immer im Vordergrund stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein letztes Wort, meine Damen und Herren, und das sage ich bewußt als jemand, der aus der Wirtschaft kommt: Die Wirtschaft steht voll und ganz hinter der Forderung "Karenzgeld für alle", meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns dazu nicht nur, weil wir uns zur familienpolitischen Verantwortung bekennen, sondern wenn es um das Wohl des Kindes geht, dann kann es nicht entscheidend sein, ob die Mutter vorher genügend Versicherungszeiten hatte oder nicht. Wenn wir das ernst nehmen, dann kann die Konsequenz nur sein: Karenzgeld für alle, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

10.30

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kollegen und Kolleginnen! Um eines gleich vorwegzunehmen: Das ist jetzt der zweite Teil meiner Abschiedsrede; das habe ich ja gestern bei meinem ersten Teil angekündigt. Das heißt also, das ist sicherlich meine letzte Rede hier in diesem Hause.

Lassen Sie mich aber zunächst auf den aktuellen Tagesordnungspunkt und auf die Vorlagen Bezug nehmen. Es ist von den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion schon gesagt worden: Hiebei handelt es sich um einen Antrag, der zwei Jahre lang mitgeschleppt worden ist und auch schon entsprechend abgelagert ist. Wahrscheinlich ist es höchst an der Zeit, daß wir das beschließen.

Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß dieser Antrag zwar notwendig, wichtig und richtig, aber aus meiner Sicht immer noch ein Kompromiß, ein äußerster Kompromiß ist, zu dem wir uns als Frauen bereit erklären, um die krassesten Mißstände, die durch Ihre Sparpakete entstanden sind, zu reduzieren zu versuchen – ich betone: wieder zu reduzieren versuchen. (Beifall bei den Grünen.)

Das, was sich hier heute bietet – das ist auch schon gesagt worden –, ist ein interessanter Schlagabtausch in Vorwahlkampfzeiten. Das, was die ÖVP heute hier liefert, läßt einen Einblick zu in das, was im Wahlkampf auf uns zukommen wird, was insgesamt meiner Meinung nach überhaupt nichts mehr mit Frauenpolitik zu tun hat. Die Kolleginnen von der ÖVP waren meiner Meinung nach in diesen vier oder fünf Jahren rückblickend gesehen manchmal durchaus engagiert und auch sehr offensiv in manchen Fragen, vor allem dann, wenn es darum gegangen ist, Grundsätzliches zu diskutieren. Interessanterweise hat sich diese Haltung aber schlagartig geändert, als das Frauen-Volksbegehren im Parlament zur Beratung vorgelegen ist und es darum ging, Konkretes zu beschließen beziehungsweise konkreten Erwartungen zu entsprechen.

Aber ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie der Rede Ihres Klubkollegen und jener meines Vorredners Stummvoll zugehört haben. Er hat doch tatsächlich gesagt, daß Wirtschaft und Familie unter einen Hut zu bringen ist. Mich würde interessieren, was er unter "Familie" versteht, denn die Scheidungsraten in den Reihen der ÖVP sind um nichts niedriger als die Scheidungsraten in den anderen Parteien und quer durch die Bevölkerung. (Beifall bei den Grünen.)

Es würde mich also tatsächlich interessieren, was Sie als "Familie" definieren. Das sind doch in der Mehrzahl der Fälle – egal, ob Sie jetzt leider sagen oder ob Sie das zur Kenntnis nehmen oder wie immer Sie die heutigen Zeiten definieren wollen – nicht mehr jene Familien, die Sie in irgendwelchen Traumbildern und Visionen noch vor sich haben. Aber Sie sagen: Wirtschaft und Familie – was immer Familie sein mag – sollen vereinbar sein.

Und dann versteigt sich Stummvoll doch tatsächlich zu der Aussage, daß die gesündeste Betriebsform der Familienbetrieb sei. Da hört sich meiner Meinung nach wirklich alles auf, und zwar sowohl aus wirtschaftlicher Sicht als auch was die wirtschaftliche Kompetenz angeht. (Beifall bei den Grünen.) Herr Stummvoll ist nicht irgendwer, das ist nicht der Hausmann, der hier spricht, sondern das ist der Vertreter der Wirtschaft in der ÖVP. Da hört sich doch alles auf. Ich sage Ihnen nur eines: Sie vertreten seitens der ÖVP nicht nur die Familienbetriebe und die kleinen und mittleren Unternehmen. Ich brauche mir nur Ihre Mitglieder im Wirtschaftsbund anzuschauen, die sehr wohl auch aus größeren Betrieben kommen oder große Betriebe oder Konzerne führen. Was werden diese zu der Aussage Ihres Vertreters hier an diesem Pult, daß die gesündeste Betriebsform der Familienbetrieb sei, sagen? – Das ist ein wirtschaftlicher Unsinn, den ich schon lange nicht mehr gehört habe! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Schaffenrath.)

Aber das ist vor allem aus familienpolitischer und frauenpolitischer Sicht ein kompletter Unsinn. Schauen Sie sich doch die Familienbetriebe an, bei denen Frauen drei- oder vierfache Lasten auf sich nehmen, um diesen Betrieb mit Angehörigen und mit der Familie mitzuerhalten! Das kann man doch nicht als Beispiel dafür hernehmen, wie optimal oder wie gut Familie – was immer Sie darunter verstehen mögen – und Beruf unter einen Hut zu bringen sind. (Abg. Dr. Fekter: Ich fühle mich nicht ausgebeutet und komme auch aus einem Familienbetrieb!)

Frau Fekter! Wir reden nicht von Ihnen. Sie können es sich offensichtlich leisten, genügend Hilfskräfte zur Unterstützung einzustellen, sodaß Sie gleichzeitig arbeiten, politisch aktiv und Mutter und Frau sein können. Wir reden von jenen Familienbetrieben, in denen kein Kapital da ist, sodaß die Frauen und Familien ohne Assistenz und Unterstützung ihre Arbeiten erledigen müssen. Von diesen Familienbetrieben reden wir. Das ist, wenn wir von Familienbetrieben reden – das sollten Sie besser wissen –, immer noch die Mehrzahl der Betriebe, und das sind nicht Ihre einzelnen Herzeigpolitiker und -politikerinnen. Das ist nicht die Mehrzahl der Fälle, von denen wir hier reden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Der Klassenkampf ist schon zu Ende!)

Dann sagen Sie noch dazu, die Schmerzgrenze sei erreicht. – Ihre ist erreicht, aber meine ist auch erreicht, wenn ich Ihnen zuhöre. Das sage ich Ihnen auch noch zum Abschluß und zum Abschied. Meine Schmerzgrenze ist auch erreicht!

Wenn wir in diesem Tempo weiter Gleichbehandlungspolitik betreiben, dann werden unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger noch in 100 Jahren an solchen Gesetzen, an solchen kleinen Änderungen, an Beistrichen, an Und-, Oder-Formulierungen und dergleichen mehr herumkiefeln. Das ist ein Tempo, das beschämend ist (Beifall bei den Grünen) und das uns um 200 Jahre zurückwirft, aber nicht um 100 Jahre nach vorne!

Aber es ist bezeichnend – das paßt auch ein bißchen in meinen Rückblick –, daß wir im Gespräch, also sozusagen inoffiziell, informell, über wesentliche Fragen oft einer Meinung waren. Aber wenn es darum gegangen ist, daß wir als Frauen – ich betone: als Frauen, denn ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben – abseits und unabhängig vom Klubzwang einmal etwas beschließen sollten, dann haben Sie jeglichen Mut verloren.

Ich war jetzt gerade wieder auf einer internationalen Konferenz der OSZE-ParlamentarierInnen; dort gibt es immer auch ein Treffen der Frauen, der Parlamentarierinnen, bei dem von unseren Kolleginnen aus den nordischen Ländern, aus Schweden, aus Finnland, aus Dänemark, aus Norwegen, folgendes gesagt wurde: Wenn es hier keinen einheitlichen Konsens unter den Frauen gegeben hätte, und zwar quer durch alle Parteien, daß dringend etwas getan werden muß, um zum Beispiel die Frauenrepräsentanz in den parlamentarischen Gremien zu heben und damit Gesetze auf ein Niveau zu bringen, das in etwa dem frauenpolitischen Anliegen entspricht, das in etwa der Gleichbehandlungspolitik entspricht, dann wären sie heute immer noch auf dem Stand der fünfziger Jahre, als ein paar Frauen in den Parlamenten gesessen sind und kaum in den Regierungen vertreten waren.

Das möchte ich den Frauen in allen Parteien mitgeben: Raffen Sie sich auf! Kommen Sie zu diesem Konsens, emanzipieren Sie sich von Ihren männlichen Kollegen in entscheidenden frauenpolitischen Angelegenheiten! (Beifall bei den Grünen.) Das ist die einzige Möglichkeit, um vielleicht in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich Beschlüsse fassen zu können, die den Zielen der Gleichbehandlungspolitik entsprechen. Geben Sie sich nicht zufrieden mit kleinen Korrekturen und kleinsten Formulierungen, mit denen nur das Allergröbste und Allerschlimmste beseitigt wird!

Sie haben in den letzten Wochen auch die Beispiele gelesen, wie im AMS Frauen behandelt werden, was sie nicht bekommen, was sie nicht haben, welche Ansprüche sie nicht bekommen haben. Das ist beschämend! Raffen Sie sich auf! Finden Sie zu diesem Konsens unter Frauen, und beschließen Sie einmal etwas, was der Gleichbehandlungspolitik tatsächlich entspricht und zur Würde gereicht!

Ich bedanke mich bei Ihnen. Ich will eigentlich zum Abschluß keine schönen Worte bezüglich dieser Materie finden, sondern Ihnen nur noch einmal sagen: Raffen Sie sich auf! Rütteln Sie sich auf, vor allem auch die Kolleginnen von der ÖVP, aber auch von der SPÖ, denn der Koalitionszwang darf nicht höher stehen als frauenpolitische Anliegen und frauenpolitische Ziele. Das möchte ich Ihnen für die nächste Legislaturperiode auch noch ins Stammbuch schreiben.

Raffen Sie sich also auf, tun Sie das in der nächsten Legislaturperiode! Es wäre sensationell für Österreich, wenn vielleicht meine Nachfolgerinnen, Ihre Nachfolgerinnen oder Sie bei einer der nächsten internationalen Konferenzen auch berichten könnten, was sich in Österreich tut. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollegin Kammerlander hat uns bewiesen, wie unterschiedlich man Abschiedsreden konzipieren kann. Jedenfalls: alles Gute!

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

10.40

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin, ich finde es nicht gerade mutig von Ihnen, daß Sie eine ganze Debatte über einen Tagesordnungspunkt vorbeigehen lassen und sich erst am Ende dieser Debatte zu Wort melden, daß ja niemand von der Opposition darauf noch replizieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum ich mich ein zweites Mal zu Wort melde, hat folgenden Grund: Auch ich möchte in diesem Fall wie Kollegin Schaffenrath dieser Regierung noch eine letzte Chance geben (Rufe bei ÖVP und SPÖ: Oh! – Abg. Nürnberger: Danke!), und zwar vor allem der ÖVP und vor Ende dieser Legislaturperiode. Deshalb haben wir wieder unseren Entschließungsantrag zum Kinderbetreuungsscheck eingebracht. Es gibt dazu ja sehr viel Zustimmung in den Reihen der ÖVP, meine Damen und Herren von der ÖVP!

Das Argument, daß das freiheitliche Modell des Kinderbetreuungsschecks unfinanzierbar sei oder, wie wir heute gehört haben, ein Herr Beamter vom Ministerium sagte, es wäre unseriös – damit will sich doch die ÖVP nur über die Nationalratswahlen retten! (Abg. Dr. Mertel: Es ist ja gar nicht vorhanden! Es ist ja gar nicht vorhanden!) Das ist doch ganz klar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir kennen das Gegenteil, und den Endbericht der Studie kennt die ÖVP und kennen wir Freiheitlichen. Darin steht, daß er sehr wohl finanzierbar ist. Ich sage Ihnen: Die ÖVP konterkariert, wenn sie hier nicht mitstimmt, sogar ihren eigenen Familienminister Bartenstein. Sie führen ihn ad absurdum, denn er ist es, der bereits seit dem vergangenen Jahr den ersten Schritt zur Einführung des Kinderbetreuungsschecks verlangt, und zwar mit dem "Karenzgeld für alle". Das wird der Wahrheitsbeweis für die ÖVP in Sachen Familienpolitik sein.

Ich verlese noch den dazugehörigen Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haller, Dolinschek, Gaugg, Madl, Koller und Kollegen betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen, daß der Kinderbetreuungsscheck – mit dem Ziel, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen – zum ehestmöglichen Zeitpunkt realisiert wird, um damit einen ersten Schritt in Richtung einer Anerkennung und teilweisen finanziellen Abgeltung von Kinderbetreuung als wichtige Leistung für die Gesellschaft zu setzen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist unterfertigt, geschäftsordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte.

10.43

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haller, ich glaube, Mut wird nicht dadurch bewiesen, ob man sich am Anfang einer Debatte, am Ende einer Debatte oder zweimal während einer Debatte meldet, sondern Mut und Erfolg werden dadurch bewiesen, was man im Ergebnis erreicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich mir die heutige Tagesordnung meines Kompetenzbereiches ansehe, dann kann ich sagen, ich bin sehr stolz darauf, daß heute eine Reihe von sehr wichtigen Vorhaben beschlossen werden kann. Ich bedanke mich für die Unterstützung insbesondere von der Mehrheit des Hohen Hauses.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn von Ihnen in der Debatte zu Recht angeführt wurde, daß es Wünsche gibt, die in der Frage der Familie, in der Frage Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch zu realisieren sind, dann muß ich sagen, ich schließe mich dem an, insbesondere angesichts der Situation von Alleinerzieherinnen oder der nicht befriedigenden Situation in bezug auf Teilzeitarbeit beziehungsweise Recht auf Teilzeitarbeit.

Es sollte aber trotzdem nicht der Blick davor verschlossen bleiben, daß Österreich im internationalen Spitzenfeld liegt, was Familienförderung, was arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche, materielle Leistungen für Familien, aber auch für Frauen mit Kindern und verschiedene andere Betroffene angeht. Wir sind Spitzenreiter in bezug auf die Regelung beim Wochengeld, beim Karenzgeld, in bezug auf die arbeitsrechtliche Absicherung, beim Wiedereintritt, in der Berücksichtigung von Ersatzzeiten, bei der Pensionsversicherung, in der beitragsfreien Mitversicherung, in der Sozialversicherung, wenn ich nur an die Mitversicherung in der Krankenversicherung für Familien denke. Ich könnte hier noch viele Beispiele aufzählen, sehr geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird vielleicht transparent, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß vor kurzem in der Schweiz eine Volksabstimmung erfolgte, wobei eine Mehrheit gemeint hat, es bedürfe keiner Regelung für Karenzzeiten oder für einen arbeitsrechtlichen Anspruch. Oder etwa in Amerika wurde ein minimales Ergebnis für Frauen mit Kindern als sozialpolitischer Durchbruch gefeiert.

Aber, sehr geschätzte Damen und Herren, wir wollen uns an jenen orientieren, die noch weiter fortgeschritten sind. Es wurden gerade die skandinavischen Länder erwähnt, und genau dorthin ist auch mein Ziel gerichtet, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiterzuentwickeln. Jenes Gesetz, das Sie jetzt beschließen, ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Es wird weiterer Schritte bedürfen, die auch jetzt wieder angesprochen wurden, aber ich glaube, es ist ein ganz wichtiger Schritt, den wir hier setzen, daß Beruf und Familie vereinbar sind, besser vereinbar sind und daß es kein Widerspruch sein kann, wenn man Kind und Beruf miteinander vereinbaren möchte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, daß man bei der Behandlung von Gesetzen doch in gewissen Abständen die Zielbestimmungen von Gesetzen hinterfragen sollte. Unsere Karenzbestimmungen besagen, daß Karenzgeld dort bezahlt wird, wo ein vorangegangenes Einkommen zumindest zum Teil ersetzt wird. Das ist der zentrale Ansatz des Karenzgeldes, und ich meine, dieser grundsätzliche Ansatz muß auch in Zukunft beibehalten werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Maitz: Ist falsch!)

Wenn wir erkennen, daß wir trotzdem Lücken in der Versorgung haben – durch spezielle besondere Bedürfnisse, Betroffenheiten –, dann bedarf es der Schließung dieser Lücken, aber ohne Verletzung des Grundsatzes, in dem der Karenzgeldanspruch definiert ist. Daher, sehr geschätzte Damen und Herren, bin ich auch daran interessiert, daß in der nächsten Legislaturperiode der Begriff "Karenzurlaub" in den gesetzlichen Bestimmungen durch den Begriff "Karenzzeit" ersetzt wird, denn es ist kein Urlaub, wenn man zu Hause ist und die Kinder betreut. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Ich bitte aber um Verständnis dafür, daß es eine sehr komplexe, sehr technische Frage ist, alle Gesetze auch von der textlichen Seite her auf das hin zu korrigieren. Ich glaube, daß man das Ziel formuliert, ist entscheidend, und ich bitte daher auch in der nächsten Zeit um Ihre Unterstützung.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß wir in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern versucht haben, jene Brücke zu schaffen, die Herr Abgeordneter Stummvoll vorhin erwähnt hat: einerseits die individuelle Situation der Eltern so zu erfassen, daß wir doch sehr spezifisch auf die Bedürfnisse reagieren können, aber trotzdem ein praxisorientiertes, umsetzbares Gesetz zu liefern. Die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern ist unverzichtbar, weil sie es sind, die es letztlich auch in der Praxis umzusetzen haben. Gesetze werden dann am besten umgesetzt, wenn sie auch von den Betroffenen voll akzeptiert werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bin daher sehr froh darüber, daß wir diesen Schritt setzen können, bitte aber auch um Unterstützung, daß wir gemeinsam noch weitere Schritte für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie setzen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Schlußworte seitens der Berichterstattung werden nicht gewünscht.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Anträge getrennt vorgenommen werden. In einem Fall ist Auszählung beantragt worden. Ich werde dann den Schriftführer beziehungsweise die Schriftführerin bitten, das zu unterstützen.

Als erstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf in 1768 der Beilagen.

Dazu hat Frau Abgeordnete Schaffenrath einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters hat Herr Abgeordneter Öllinger einen Abänderungsantrag eingebracht, und es liegt auch ein Verlangen auf getrennte Abstimmung von seiten der Frau Abgeordneten Haller einerseits und des Kollegen Öllinger andererseits vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen beziehungsweise von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung hinsichtlich des Artikels 1 Ziffer 4 § 15b, Artikel 2 § 4 sowie Artikel 3 Ziffer 7 § 11 Abs. 6 sowie Ziffern 10 und 14 in der Fassung der Regierungsvorlage, über die getrennte Abstimmung beantragt wurde.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abgeordneter Öllinger hat einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 4 § 15e eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Öllinger zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Ich lasse über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen und bitte im Falle der Zustimmung um ein bejahendes Zeichen. – Dieser Teil des Gesetzes ist in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.

Frau Abgeordnete Schaffenrath hat einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 § 11 Abs. 2 Einleitungssatz eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Frau Abgeordnete hat Auszählung beantragt, aber wenn die Situation so ist, wie ich sie sehe, dann kann ich das selbst auszählen. (Abg. Dr. Khol: Nicht einmal alle Liberalen sind da! Nicht einmal alle Liberalen sind da! Das ist peinlich! – Abg. Nürnberger: Wo ist Herr Kier? – Abg. Dr. Khol: Der Kier muß seine vielen Reden vorbereiten! Wo ist Peter? – Abg. Schwarzenberger: Wo ist Peter? Wo ist Barmüller? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der Antrag ist mit 135 gegen 8 Stimmen abgelehnt.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Nunmehr steht der Abänderungsantrag des Abgeordneten Öllinger betreffend Artikel 3 § 11 Abs. 2 Ziffern 2 und 3 zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Somit bin ich veranlaßt, sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abzustimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Dieser Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage ist mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes kommen wir zur getrennten Abstimmung über den Artikel 3 § 11 Abs. 7 sowie Artikel 3 Ziffer 13 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist einstimmig angenommen.

Als nächstes kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dieser Teil des Gesetzes ist mit Mehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes stimmen wir über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Haller betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch die Einführung eines Kinderbetreuungsschecks ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Haller zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Zuletzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit uns Soziales, seinen Bericht in 2001 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Dieser Bericht des Sozialausschusses ist mit Mehrheit angenommen.

Damit haben wir die Punkte 1 und 2 der heutigen Tagesordnung erledigt.

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1776 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG) (2002 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 341/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Chipkarte (2003 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den Punkten 3 und 4, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

10.56

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die 56. ASVG-Novelle, die sich in ihrem Grundinhalt mit der Einführung der Chipkarte ab dem Jahre 2002 und deren Umsetzung beschäftigt, geht auf eine Initiative zurück, der ursprünglich auch ich angehört habe. Meine Fraktion und ich sind nach wie vor Anhänger der Chipkarte. Wir haben allerdings beim vorliegenden Gesetzentwurf zur 56. ASVG-Novelle einige erhebliche Kritikpunkte anzubringen.

Wir glauben, sehr geehrte Damen und Herren, daß das, was nunmehr eingeführt wird, eine "Rumpfchipkarte" ist, mit der nicht vollinhaltlich all das umgesetzt wird, was man von einer Chipkarte erwarten sollte und könnte. Es ist uns allen bewußt, daß gerade für Leute mit chronischen Krankheiten einerseits die Gefahr besteht, durch Datenmißbrauch auf dem Arbeitsplatz verfolgt zu werden. Andererseits besteht aber auch für Personen mit Allergien oder sonstigen gravierenden gesundheitlichen Mängeln mit der Einführung einer Chipkarte und dem Abspeichern von medizinischen Daten auf der Chipkarte ein erheblicher Vorteil im Notfall beziehungsweise bei Unfallgefahr, wenn der Patient selbst nicht mehr ansprechbar ist.

Wir glauben daher, daß die fakultative Erweiterung der Chipkarte auch um medizinische Daten für jene, die es wünschen, eine überlegenswerte Angelegenheit wäre, die aus unserer Sicht auch schon bei der Einführung der Chipkarte und nicht erst später eingebaut werden könnte. (Abg. Dr. Feurstein: Wir können das sofort einbauen durch Gesetze! Es muß aber eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden!)

Kollege Feurstein! Wir glauben weiters, daß das endlich abgeschafft gehört, was vor drei Jahren mit einem Jahr Befristung eingeführt worden ist, nämlich die Krankenscheingebühr. Diese ist sofort wieder abzuschaffen, und die Regierung hat das wieder als Versprechen umzusetzen, was sie seinerzeit versprochen hat.

Wir glauben zum dritten, daß das, was nunmehr in Diskussion steht, nämlich bei der Erneuerung der Chipkarte alle fünf oder sieben Jahre – je nachdem, wie die Diskussionen laufen – zumindest eine Chipkartengebühr einzuführen, aus unserer Sicht unerträglich ist.

In bezug auf die Einführung der Chipkarte sind auch die Sozialversicherungsanstalten der gleichen Meinung, denn etwa in der jüngsten Publikation "Info" der Sozialversicherungsanstalt der Bauern 7 und 8/99 steht im entsprechenden Bericht, und zwar auf Seite 5 – ich zitiere –: Diese Einsparung ist tatsächlich so groß, daß die Investitionskosten für Karten und Arztterminals aus volkswirtschaftlicher Sicht in zwei Jahren abgedeckt sind. – Zitatende.

Sämtliche Überlegungen, die, Kollege Donabauer, in deinem "Zentralorgan", um das so zu bezeichnen, publiziert sind, sind nicht nachvollziehbar, da man nicht den logischen und richtigen Schritt tätigt, nämlich einerseits die Kartengebühr auszuschließen und andererseits die Krankenscheingebühr – die Bundesregierung hat bei der Einführung versprochen, diese nach einem Jahr Laufzeit abzusetzen – nunmehr nach drei Jahren Laufzeit endlich wieder abzusetzen.

Wir glauben auch, daß für den Bereich Wahlärzte in diesem Zusammenhang einiges neu zu regeln wäre. Der ungehinderte Zugang zur Chipkarte und die Verwendung der Chipkarte für alle Wahlärzte wäre – auch mit einer entsprechenden Soforthonorierung des 80prozentigen Anteils – eine sinnvolle Ergänzung auch im Hinblick auf die Patienten und die Vorlegefrist bei den Wahlärzten.

Wir glauben darüber hinaus auch, daß es im Bereiche des Datenschutzes einiges an Zusätzen gibt, und ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Pumberger, Dr. Povysil zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG) (1776 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (2002 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 wird in § 31b Abs. 1 folgender Satz angefügt:

"Die Gebarung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Z 1 unterliegt der Prüfung durch den Rechnungshof."

2. Nach Z 2 wird folgende Z 3 angefügt:

"3. In § 135 Abs. 3 entfallen die letzten drei Sätze."

3. Nach Z 3 (neu) wird folgende Z 4 angefügt:

"4. Nach § 580 wird folgender § 581 angefügt:

"Schlußbestimmung zu Z 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/1999 § 581. Die letzten drei Sätze in § 135 Abs. 3 treten mit dem bundesweiten Ersatz aller Arten des Krankenscheins durch Chipkarten (§ 31c) außer Kraft.""

*****

Ich darf hinzufügen, daß es für uns nicht verständlich wäre, wenn nunmehr die neu gegründete GesmbH, die die Abwicklung der Chipkarten zu übernehmen hat, so wie dies der Rechnungshof im Begutachtungsverfahren richtig gesagt hat, nicht mehr der Rechnungshofkontrolle unterliegen würde. Wir wollen daher auch diesen Mangel beheben. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Weiters darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Pumberger, Dr. Povysil und Genossen betreffend wünschenswerte Modifikationen der Chipkarte

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der folgende Modifikationen der Chipkarten-Regelung enthält:

1. Die Chipkarten sollen auch bei der Verrechnung der Leistungen von Wahlärzten Anwendung finden können, indem jeder Wahlarzt sich auf seine Kosten am ELSY beteiligen können sollte und dann auch eine direkte Abrechnung des von der Krankenversicherung getragenen Honoraranteils ohne vorherige Belastung des Versicherten sichergestellt wird.

2. Im Rahmen der Ausschreibung der Chipkarte ist dafür zu sorgen, daß diese mit ausländischen Systemen so kompatibel ist, daß in allen EWR-Ländern und allen Staaten, mit denen zwischenstaatliche Abkommen über soziale Sicherheit bestehen, eine Verwendung der Chipkarte ohne Urlaubskrankenschein oder vorheriges Aufsuchen des örtlichen Krankenversicherungsträgers möglich ist.

3. Die Chipkarten sollen zusätzlich mit einem (eingelesenen) Bild des Versicherten versehen werden, um die Kontrolle der Anmeldungen zur Krankenversicherung zu erleichtern (Schwarzarbeit) und Mißbrauch der Chipkarte durch Personen gleichen Geschlechts und vergleichbaren Alters zu vermeiden.

4. Entsprechend den Wünschen vieler Versicherter soll die Möglichkeit geschaffen werden, daß auf Antrag des Versicherten auf der Chipkarte auch alle bei Notfällen wichtigen Daten (zum Beispiel Blutgruppe, Allergien, Zuckerkrankheit, Medikamentenunverträglichkeiten) gespeichert werden.

5. Im Zusammenhang mit der Chipkarte dürfen weder die Krankenversicherungsbeiträge erhöht noch Gebühren eingeführt oder erhöht, aber auch keine Leistungen der Krankenversicherung gekürzt werden. Es ist daher sicherzustellen, daß die Kosten des ELSY und der Chipkarten mittelfristig die Einsparungen durch die neue Abrechnungsmethode jedenfalls nicht überschreiten, sondern möglichst hohe Einsparungen für bessere Leistungen der Krankenversicherung verwendet werden können."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Das, was ich eingangs ausgeführt habe, ist im Entschließungs- und in den Abänderungsanträgen enthalten. Ich ersuche Sie wirklich, unseren Bemühungen hier im Plenum Rechnung zu tragen und damit die Einführung der Chipkarte auf eine breitere Basis zu stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Sowohl der Entschließungsantrag als auch der von Herrn Abgeordneten Haupt vorgetragene Abänderungsantrag sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Dr. Pittermann das Wort. – Bitte.

11.03

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ab Mitte der achtziger Jahre gab es in der Wiener Ärztekammer eine Arbeitsgruppe "Medcard" sowie ein Referat EDV. Schon damals wollten die Ärzte unbedingt von der "Zettelwirtschaft" wegkommen, und bis zu seinem Tod setzte sich unser unvergessener Präsident Neumann für die Chipkarte ein.

Daß Neuerungen Ängste hervorrufen, ist verständlich. Auch bei EDV-Anwendungen in Firmen haben Betriebsräte darüber gewacht, daß nicht die totale Überwachung der MitarbeiterInnen einsetzt. Es könnte einem Science-fiction-Roman entnommen sein, wie überwachbar das menschliche Individuum in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts durch die fortschreitende Technisierung geworden ist. Die Chipkarte birgt derzeit jedoch die geringste Überwachungsgefahr in sich.

War es früher vor allem der Wunsch der Ärzte, dem Patienten eine "Medcard" anstelle eines Krankenscheines zu geben – damals war allerdings die Speicherung der wichtigsten medizinischen Daten, wie Befunde und Therapien, vorgesehen –, so war es seit Einführung der Krankenscheingebühr die Wirtschaft, die seit damals die Krankenscheinausgabe korrekt handhaben muß, den Aufwand bemerkte und die Chipcard vehement forderte.

Wenn wir alle jetzt locker sagen: Die Krankenscheingebühr können wir ja dann abschaffen, weil es den Krankenschein nicht mehr gibt!, möchte ich gerade die Oppositionsparteien daran erinnern, daß sie von der sozialen Krankenversicherung immer mehr und mehr Leistungen fordern, sich aber über die Bedeckung dieser Leistungen nicht den Kopf zerbrechen. (Abg. Öllinger: Das können Sie uns nicht vorwerfen!) Das zeugt nämlich nicht von Verantwortungsbewußtsein!

Der medizinische Fortschritt wird größer, und die Krankenkassen brauchen auch die entsprechenden Einnahmen, um die Ausgaben tätigen zu können. Anders ist das nicht möglich! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Wie schon öfters üblich, so war es auch jetzt bei der Chipkarte: Zwei wollten sie, aber der dritte, der Hauptverband, erhält die Prügel dafür.

Mit diesem Gesetz und dem Vertrag zwischen der österreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband können alle Beteiligten leben.

Ich selbst war in das Wiener Projekt "Medcard" eingebunden, und mich faszinierte die Möglichkeit, daß der Arzt, wenn ihn ein Patient aufsucht, über dessen exakte Vorbefunde und Therapien verfügen könnte, was derzeit zu einem bedeutenden Aufwand führt. Nur war rasch die Gefährlichkeit trotz aller erdachten Sicherungen klar: daß sich Unbefugte, wie etwa Dienstgeber, Versicherungen, Banken und so weiter, Zugang zu diesen Daten verschaffen könnten.

Gesundheitsdaten sind die sensibelsten Daten überhaupt. Schieben wir auch den Versicherungen einen Riegel vor, geben wir ihnen nicht die Möglichkeit, mit einer harmlosen Unterschrift direkt bei Ärzten und Spitälern Einsicht in Krankengeschichten und Befunde zu nehmen! Dies muß ausschließlich den Patienten vorbehalten bleiben. Diese können ja die Daten, wenn sie wollen, weitergeben.

Seien wir vorsichtig mit Statistiken und Meldungen, insbesondere auch hinsichtlich der Krebsstatistik-Blätter, die ohne Wissen der Patienten – nicht anonymisiert, sondern mit vollem Namen, Geburtsdatum und Adresse – abgeliefert werden müssen. Diese Blätter sagen zwar über die Anzahl der Erkrankungen vielleicht etwas aus, sind aber epidemiologisch aufgrund fehlender Daten über Alkohol-, Nikotinmißbrauch und virale Erkrankungen insuffizient.

Wir Sozialdemokraten sind immer für den Fortschritt – daher auch für die Chipkarte. Wir werden uns aber auch mit nicht zeitgemäßen Gesetzen auseinandersetzen müssen, um diese zu ändern, einen Überwachungsstaat zu verhindern und die Privatsphäre des Individuums zu wahren. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

11.07

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin, es ist schade, daß ich kein Badge von der Ärztekammer habe, denn das könnte man heute hier einmal anwenden, und Sie könnten dann je nach Situation als wandelnde Litfaßsäule herumgehen.

Zur Chipkarte: Im Prinzip ist die Intention sehr gut, daß wir grundsätzlich einmal von der Abrechnung in der historischen Form, von der Papierform wegkommen und daß man mit der Philosophie aufhört, daß die Betriebe Kosten für etwas zu tragen haben, an dem sie eigentlich überhaupt nicht beteiligt sind.

Es war mir immer schleierhaft, warum nicht die Versicherungen selbst die Krankenscheine ausgestellt und den Versicherten übermittelt haben, so wie das manche Anstalten gemacht haben – manche Versicherungen haben das ja gemacht! –, und sozusagen den Nachweis mit den Versicherungsnehmern direkt abgewickelt haben. Warum man da die Arbeitgeber einschalten mußte und warum diese bestimmte Kosten dafür zu tragen hatten, war eigentlich nicht nachvollziehbar. Ich finde es sehr schade, daß man erst jetzt draufgekommen ist, daß man das ändern sollte. – Die Kosten für solche Nachweise sollten natürliche jene zu tragen haben, die davon profitieren, daß man sich bei ihnen versichert.

Grundsätzlich ist zu sagen, daß sich das Liberale Forum für eine Versicherungspflicht statt einer Pflichtversicherung ausspricht. Das würde nämlich auch wesentlich mehr ändern als rein periphere Maßnahmen, so wie sie jetzt vorgesehen sind.

Ich habe aber dennoch Bedenken, weil einiges ganz lapidar in diesen ersten Gesetzentwurf hineingekommen ist, was eigentlich besorgniserregend sein sollte. In § 31a Absatz 3 Ziffer 3 steht zum Beispiel, daß auf den Chipkarten folgende Daten gespeichert werden: sonstige Daten, deren Speicherung bundesgesetzlich vorgesehen ist. – Das heißt, es ist irgendwie unbeschränkt, was man da noch alles vorsehen kann – je nachdem, wie sich das Parlament zusammensetzt. Ich hoffe, daß man nie über die Daten wie Namen, Geburtsdatum, Geschlecht und Versicherung hinausgehen wird.

Aber es gibt noch andere Anmerkungen, die – wie ich "NEWS" entnehme – auch noch speicherbar wären: Strafregisterauszüge sind beispielsweise keine Personenstandsdaten und könnten somit auf der Chipkarte gespeichert werden. Ich finde, das ist sehr wohl besorgniserregend!

Es gibt auch das zu denken, was der Wiener Verfassungsexperte Professor Heinz Mayer sagt, der meint, man sollte das präziser formulieren, aus dem Wortlaut ergibt sich nicht eindeutig, was auf der Chipkarte gespeichert werden darf. – Wenn das ein Verfassungsexperte sagt, dann sollte man, wie ich meine, diese Bedenken wirklich ernst nehmen.

Es geht mir nicht darum, den Fortschritt zu verhindern, es geht mir nicht darum, Vereinfachungen nicht zu ermöglichen, sondern es geht mir um die Sicherheit von Daten. Ich habe mir erlaubt, selbst Abrechnungen elektronisch zu machen, und ich war eine der drei ersten Kolleginnen meiner Berufsgruppe, die gesagt bekommen haben, es habe bei meiner Abrechnung keine Probleme gegeben.

Ich habe das aber niemals online gemacht. Ich glaube, daß Online-Verbindungen zu Versicherungen ein großes Problem mit sich bringen. Das Problem besteht einerseits darin, daß Hacker ins System kommen können, und andererseits in der Gefahr, daß ein Virus übermittelt werden kann. Solange ich die Versicherungen beschicke, kann ich mich noch halbwegs vor Virusübertragungen schützen. Umgekehrt ist das nicht mehr möglich.

Ich habe es auf Anraten vieler EDV-Fachleute immer so gehandhabt, daß mein Computer in der Ordination keinen Internet-Zugang hat und nicht online geschaltet werden kann, einfach nur, um diese Schutzmechanismen aufrechtzuerhalten.

Aber gerade das wird jetzt im ersten Entwurf verhindert, weil es im § 31c Krankenscheinersatz im Punkt 3 wieder heißt:

"Nach Ablauf von zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt der Beistellung ist der jeweilige Vertragspartner verpflichtet, die von ihm erbrachten Leistungen elektronisch unter Verwendung der dafür vorgesehenen Informationen aus dem ELSY abzurechnen." – Das heißt, daß meine Daten dann online transportiert werden. Genau das ist die Schwachstelle.

Ich glaube, man sollte das ernst nehmen. Ich finde, daß eine Online-Verbindung zu den sensibelsten Punkten gehört und daß man diese Art der Verbindung bei Daten, die Krankheiten umschreiben, bei Diagnosen verhindern sollte. Da sollte man wirklich andere Möglichkeiten nützen. Mit Disketten, dem Postweg oder einer unmittelbaren Überbringung sehe ich überhaupt keine Schwierigkeiten.

Sehen wir uns doch einmal an, wie die deutschen Versicherungen das machen. Ich habe eine deutsche Krankenversicherung (die Rednerin hält eine Karte in die Höhe), und das ist mein Versicherungsnachweis. Das ist eine simple Karte, ohne Magnetstreifen, ohne irgend etwas. Da steht darauf, daß ich dort versichert bin, daß die Versicherung garantiert, Krankenhauskosten im Rahmen der getroffenen Vereinbarung zu begleichen, daß folgende Versicherungsleistungen zu tragen sind, allgemeine Krankenhausleistungen zu 100 Prozent und so weiter. (Abg. Dr. Feurstein: Das habe ich in Österreich als Privatversicherter auch!)

Es ist wirklich bemerkenswert, daß eine deutsche Krankenversicherung – und das ist die größte Krankenversicherung in Deutschland – das Magnetstreifensystem für einen Nachweis, daß man bei ihr versichert ist, nicht braucht. Das ist doch interessant, oder?

Ich meine, wir hätten uns etwas anderes überlegen sollen. Es gibt ganz simple Liftkarten, die eine optische Anzeige ermöglichen. Wenn es grün leuchtet, dann kann man zum Beispiel durch eine Tür gehen, aber wenn es rot anzeigt, dann kann man nicht durch diese Tür gehen. Das heißt, man würde eine Karte einfach durch eine Maschine ziehen; leuchtet das Lamperl grün, dann zeigt das an, daß der Versicherungsnehmer versichert ist – man braucht nur die Schiliftbetreiber zu fragen, wie das funktioniert –, ist er nicht versichert, dann leuchtet das Lamperl rot. Das geht über einen Magnetstreifen, man erspart sich die ganze Chipkarte, und es hat genau denselben Effekt. Wenn der Versicherungsnehmer aus seiner Firma ausscheidet, dann wird dieser Streifen geändert, und damit hat es sich.

Die Kosten sind im überschaubaren Rahmen. Ich kann nicht sagen null, denn das wäre unfair. Aber das, was bei Schiliften funktioniert, könnte problemlos auch in puncto Chipkarten funktionieren beziehungsweise in puncto Versicherungsnachweis für die Krankenversicherung.

Deshalb meine ich, wir sollten uns lieber nicht in ein Gesetz hineinschrauben, das eigentlich, so würde ich sagen, zu gefährlich ist. Würde das Gesetz ganz simpel und einfach sein, würde das Gesetz es uns ermöglichen, neue Technologien zu verwenden, die eben nicht durch Hacker gefährdet sind, bei denen eben keine Möglichkeit besteht, Viren in ein System zu bringen, dann wäre es etwas anderes. Aber wer ist dafür verantwortlich, wenn ich plötzlich einen Virus in meinem System habe und meine ganze EDV-Infrastruktur kaputt ist? Kann ich da die Sozialversicherung klagen? Welche soll ich dann überhaupt klagen? Kann ich das überhaupt nachweisen? – Im Regelfall kann man nämlich nicht nachweisen, woher der Virus kommt, und das wird zum großen Problem.

Ich habe selbst miterlebt, was es heißt, wenn bei einer EDV-Anlage ein großer Megacrash passiert, und wie viele Wochen es braucht, bis alles wieder geregelt ist, und welche Kosten das bedeutet. Bei dem vorliegenden Gesetz, so wie es jetzt formuliert ist, sehe ich eigentlich die Last bei den Ärzten liegen, und das finde ich einfach unfair. Sie sind im Prinzip dann die letzten. Auf der anderen Seite liegt die Last auch bei den Patienten, die nicht sicher sein können, daß ihre Daten nicht in Systeme eingespeist werden, die sie nicht einmal kontrollieren können, geschweige denn, daß sie überhaupt ein Einsichtsrecht haben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.15

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wir haben gerade am Beispiel der Frau Abgeordneten Gredler gesehen, was man als Arzt nicht tun sollte: nämlich Patienten und Bürgern Angst machen, Angst vor dem Virus – vor dem Grippevirus ist sie okay, aber ein EDV-Virus im Zusammenhang mit der Chipkarte ist technisch gar nicht möglich.

Die Angst, daß die EDV zu unkontrollierten Datenweitergaben führt, ist unbegründet. Jeder weiß, daß die EDV ein Bestandteil unseres Lebens ist. Warum soll sie nicht auch ein Bestandteil der Medizin sein?

Die entscheidende Frage ist: Wie kann ich den Patienten vor einer unangemessenen Weitergabe von Daten schützen? – Dazu kann ich Ihnen sagen: Darüber haben sehr viele Ärzte nachgedacht, und es sind auch alle Bedenken ausgeräumt worden, sonst hätten die Ärzte – so dumm sind die Ärztevertreter auch nicht! – am Kammertag nicht einhellig zugestimmt. Es ist ein Vertrag, ein tauglicher Kompromiß zustande gekommen, den die Frau Ministerin auch in angenehmer, positiver Weise herbeigeführt hat.

Was ist diese Chipkarte? – Die Chipkarte ist weltweit – das sollten wir all jenen sagen, die sich mit der Chipkarte noch nicht befaßt haben – das derzeit innovativste Produkt. Ich wiederhole: weltweit das derzeit innovativste Produkt! Warum? – Die Amerikaner haben auf diesem Gebiet überhaupt nichts zusammengebracht, wahrscheinlich deshalb, weil es dort derart viele Versicherungsgesellschaften gibt, daß sie sich nicht auf ein System einigen konnten. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Die deutsche Versicherungskarte – wir haben sie gerade gesehen – ist eigentlich aus der EDV-Steinzeit. Sie können sie de facto wegwerfen, sie bringt nichts. Frankreich hat eine Insellösung vom Institut Pasteur, aber diese bringt auch nichts. Der Vorteil bei uns ist, daß wir einen Monopolanbieter haben, nämlich die Sozialversicherung, und da tut man sich leichter, ein solches Projekt einzuführen.

Es wird aber mit Sicherheit so sein – die Datenberge im Gesundheitsbereich sind derart groß –, daß der EDV-Einsatz kommen muß. Es gibt heute bereits eine Datenverwaltung von Röntgenbildern mittels EDV. Es gibt immer mehr Ärzte, und zwar in einem Westgefälle von Vorarlberg nach Wien, die die EDV nützen, ohne Angst zu haben. Frau Gredler, das findet ja alles schon statt!

Die entscheidende Frage – und da finden Sie mich als Arzt natürlich auf der Seite des Patienten – lautet: Wie können wir den Patienten davor schützen, daß eines Tages irgendwo in der Zeitung steht, daß er AIDS oder irgendeine andere Krankheit hat, oder daß seine Daten im Sinne des Fortschritts der Medizin an irgendeine unberechtigte Stelle weitergegeben werden? Es könnte ja sein, daß er sich per Unterschrift dazu bereit erklärt, alle Daten einem anderen zur Verfügung zu stellen. Er meint vielleicht: Was ist denn schon dabei?, und er sieht die Konsequenzen nicht. Und plötzlich weiß irgend jemand – das könnte der Arbeitgeber, eine Zeitung oder eine private Versicherung sein – über seine Krankheiten Bescheid und könnte sagen: Aha, du hast AIDS, Diabetes, zu hohen Blutdruck, du bist Raucher – du bist ein höheres Risiko beziehungsweise ein nicht akzeptables Risiko.

Ich glaube, da müssen wir den Patienten vor einer gewissen Überforderung schützen – das ist die entscheidende Frage, und diese ist durch die Chipkarte eindeutig gelöst, und zwar so eindeutig, daß ich eigentlich gar nicht darüber reden müßte.

Ich finde es nicht fair, daß man sich hier zum Rednerpult stellt und Angst schürt, daß man sagt: Um Gottes Willen, was alles sein könnte! Genau diese Angst ist nicht berechtigt, weil diese Chipcard eine Schlüsselkarte ist, und Schlüsselkarte heißt, sie ist nichts anderes als ein elektronischer Krankenschein, der eventuell aufrüstbar ist.

Die Chipkarte ist jedoch nur unter drei Bedingungen aufrüstbar: erstens braucht man dazu eine zweite Karte – das ist ein Schutz –, zweitens braucht man noch einmal den Gesetzgeber dazu, und drittens braucht man, da das ein Gesamtvertrag zwischen Ärzten und Sozialversicherung ist, auch die Ärzte dazu. Ich glaube nicht, daß der Nationalrat in der kommenden Legislaturperiode so dumm sein wird, sich in dieser Frage über den Tisch ziehen zu lassen.

Ich glaube, der Fortschritt der Medizin, nämlich die genetischen Möglichkeiten der Untersuchung, wird uns noch so viele Probleme bringen, im positiven wie im negativen Sinn, daß man da sehr vorsichtig sein muß. Aber heute zu sagen: Wir machen jetzt gar nichts, wir stecken den Kopf in den Sand!, das kann ich nicht akzeptieren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluß. Das ist der bisherige Krankenschein (der Redner hält ein Krankenscheinformular in die Höhe), ein wirklich archaisches Instrument! – Pumberger, du lachst, aber es ist so! (Abg. Dr. Pumberger – ein Rezeptformular in die Höhe haltend –: Das ist ein Rezept! Das gibt es auch in Zukunft!) Und in Zukunft? – Das ist die Chipkarte. (Der Redner hält eine Chipkarte in die Höhe.)

Dazu, was wir im Bankenbereich schon haben, ohne daß die Welt untergegangen ist – dort sagt heute keiner, wir sollten alles ohne Kreditkarte machen –, könnten wir, glaube ich, die ersten Schritte doch auch wagen, ohne uns zu fürchten; die ersten Schritte, die noch dazu weltweit innovativ sind. (Abg. Gaugg: Aber ein kleiner Unterschied ist’s schon noch!) Denn: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Nürnberger: Doktor, da hast du recht!)

11.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Von der Rede des Abgeordneten Rasinger habe ich folgendes mitgenommen: Er glaubt; und er glaubt, daß vieles nicht kommen wird. Das zweite, was ich davon mitgenommen habe: wahnsinnig innovativ und toll!

Herr Abgeordneter Rasinger! Ich möchte nicht haben, daß die Chipkarte zu einer Glaubensfrage wird! Ich möchte nicht haben, daß Sie glauben können und dürfen, daß das Parlament in der nächsten Legislaturperiode möglicherweise etwas beschließen wird – glauben, ja! – oder nicht beschließen wird.

Ich möchte, daß die Chipkarte sehr rational diskutiert wird, und diese Grundlage, finde ich, fehlt leider noch immer. Ich möchte deshalb, daß sie rational diskutiert wird, weil sie auch eine Kostenfrage ist. Und wenn allein die Kostenfrage diskutiert wird, kommt mir schon das Grausen.

Wir haben einen Gesetzgeber, der im Jahre 1996 beschließt: Wir wollen die Chipkarte sofort, per 1997! So stand es in der Entschließung. – Wir von den Grünen waren die einzigen – ich erinnere mich noch genau an diese Ausschußsitzung –, die gesagt haben: Alle Erfahrung weist darauf hin, daß die Einführung eines derartigen Chipkartensystems nicht innerhalb eines oder zweier Jahre bewältigbar ist, sondern mehrere Jahre in Anspruch nimmt. – Die Antwort darauf war: Nein, nein, wir machen das in Österreich ganz anders; ihr werdet schon sehen, 1997 haben wir die Chipkarte!

Herr Abgeordneter Rasinger! Punkt eins: Das ist keine Glaubensfrage, sondern beantwortbar. Es dauert seine Zeit, und es ist mit Problemen verbunden. Darauf haben wir aufmerksam gemacht – nicht rechthaberisch, nicht, daß wir recht haben wollten, sondern dahinter standen Erfahrungen aus anderen Ländern.

Punkt zwei: noch einmal zur Kostenfrage. Es hieß damals auch: Die Versicherten sollen nicht durch zusätzliche Kosten belastet werden. Was wissen wir darüber? – Die Arbeitgeberseite zahlt einen einmaligen Beitrag aus dem Insolvenzfonds. Das heißt, sie zahlt diesen Betrag gar nicht, sondern nimmt ihn aus einer gefüllten Kasse. 300 Millionen Schilling, und dann ist die Sache erledigt.

Jährliche Einsparungen von 400 Millionen bis 500 Millionen Schilling für die Arbeitgeber – okay, soll auch so sein, warum sollten sie sich nichts ersparen! Aber wer zahlt die Kosten: die jährlichen Kosten, die Einführungskosten? Wer zahlt sie? – Mit 300 Millionen Schilling sind sie nicht gezahlt.

Die Ärzte bekommen etwas vom Hauptverband, damit sie zustimmen. Das war die Debatte des letzten halben Jahres, die intensiv geführt wurde – okay, soll so sein. Aber wer zahlt? Der Hauptverband?

Eine Abgeordnete von der SPÖ, die Abgeordnete Pittermann, sagt dann: Von der Opposition werden doch immer neue Leistungen von der Krankenversicherung verlangt; ja wissen Sie denn nicht, daß die Krankenversicherung am Limit ist?

Also wer zahlt die Chipkarte? Der Hauptverband – aus welcher Tasche? – Aus jener der Versicherten, nehme ich an! Ob das jetzt die Chipkartengebühr wird als Ersatz für die Krankenscheingebühr – eine Absurdität sondergleichen! – oder ein höherer Krankenversicherungsbeitrag, ist egal. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Es zahlen das die Versicherten! Wer sonst?!

Damit ist die Entschließung aus dem Jahre 1996 in diesen wie auch in anderen Punkten bereits Makulatur.

Aber das ist immer noch nicht das Wesentliche, das ist nur die Kostenfrage. Auch sie soll keine Glaubensfrage, sondern klar beantwortbar sein. Das ist sie aber nach wie vor nicht, auch nicht durch die Vorlage der Regierung, die 56. ASVG-Novelle. Die Kostenfrage ist nicht beantwortet, sie bleibt eine Glaubensfrage! Wer, glauben Sie, wird es zahlen? (Abg. Motter: Die Versicherten werden zahlen!)

Herr Abgeordneter Rasinger! Sie stehen auf der Seite der Versicherten, sagen Sie, auf der Seite der Kunden, auf der Seite der Patienten. (Abg. Smolle: ... werden die Versicherten!) Wir werden uns anschauen, wie in der nächsten Gesetzgebungsperiode entschieden werden wird und wer die Chipkarte zahlen wird. Wer muß dafür aufkommen?

Noch eine Anmerkung zu den Ausführungen der Abgeordneten Pittermann, weil sie so intensiv davon gesprochen hat, daß die Opposition immer etwas fordert: Ich erinnere daran, daß unter dem nächsten Tagesordnungspunkt der Wegfall des Selbstbehaltes in der Gewerblichen Sozialversicherung für mitversicherte Kinder beschlossen werden wird. Kostenersparnis für die Wirtschaft: 70 Millionen Schilling. Wer zahlt? (Abg. Donabauer: Für die Familie und für die Kinder! Das steht im Gesetz!)

Wer zahlt, Herr Kollege Verzetnitsch? Warum dieses Geschenk? – Überall werden Selbstbehalte eingeführt, und jeder weiß, daß Selbstbehalte ein unsoziales Instrument in der Krankenversicherung sind, aber bei den Selbständigen dürfen die Selbstbehalte wegfallen, ohne daß eine Debatte stattfindet? Ohne daß irgend jemand sagt: Moment – warum, weshalb, mit welcher Perspektive? – Das nur als Anmerkung.

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt: zum Datenproblem, zum Informationsproblem. Sie kennen den Artikel darüber in "NEWS". Ich habe Ihnen am Dienstag im Rahmen des Datenschutzgesetzes schon vorgetragen, worin die Problematik besteht.

Das Datenschutzgesetz definiert, was sensible Daten sind. Sensible Daten sind Gesundheitsdaten, Daten über Gewerkschaftszugehörigkeit und politische Vergangenheit. Das sind aber beispielsweise nicht arbeitsmarktbezogene oder schülerbezogene Daten. Weder ist die Schülerlaufbahn geschützt, noch wäre beispielsweise eine "Fünfer"-Liste unter den sensiblen Daten geschützt.

Damit komme ich wieder auf das Protokoll aus dem Unterrichtsministerium zurück, wonach man im Jahre 1998 in Anwesenheit von Vertretern des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und des AMS – das finde ich besonders pikant – darüber diskutierte, wie die Schülerlaufbahn über die Sozialversicherungsnummer und selbstverständlich – die wollten genauso innovativ sein wie Kollege Rasinger! – über eine Chipkarte erfaßt werden kann, wie also die Schülerlaufbahn persönlich erfaßt werden kann.

Wo Sie recht haben, haben Sie recht, Kollege Rasinger: Die Chipkarte ist eine wirklich sehr innovative Idee! Gerade unter der Voraussetzung, daß der Hauptverband sie in Österreich einführt, bedeutet das nichts anderes, als daß wir mit der Chipkarte für jede Person in Österreich ein universelles Identifikationsmerkmal zur Verfügung haben. Wenn man es geschickt anfängt, Herr Kollege Rasinger, kann man jede Person nicht nur über die Hauptverbandsdaten und über das, was schon jetzt gespeichert ist, verfolgen, identifizieren und Querverknüpfungen schaffen, sondern einiges vom "gläsernen Menschen" erreichen.

Die Chipkarte hat eine Eigenschaft, die keine andere Karte hat, auch nicht die Bankomatkarte oder ähnliche Karten, weil sie eben nicht universell sind: Die Sozialversicherungs-Chipkarte ist die einzige universelle Karte! Das ist natürlich toll, gleichzeitig ist es aber auch sehr verlockend, mit diesem Mittel wirklich den "gläsernen Menschen" auszubreiten und zu entwickeln.

Wenn ich im Datenschutzgesetz lese, was unter sensiblen Daten definiert ist und was nicht unter sensible Daten fällt, wenn ich dann die 56. ASVG-Novelle lese, in der steht, daß es die Möglichkeit gibt, auch noch sonstige "Daten, deren Speicherung bundesgesetzlich vorzusehen ist, aufzunehmen", und wenn ich überdies weiß, was an Verknüpfungen in dieser Hinsicht – im Unterrichtsministerium, durch das AMS oder durch irgendein anderes Ministerium – bereits angedacht worden ist, dann wird mir angst und bange, meine Damen und Herren! Dann sind wir dem "gläserenen Menschen" ein schönes Stück näher!

Da kann man immer noch sagen, daß das eine tolle und innovative Sache ist – aber es birgt enorm großes Gefahrenpotential in sich. Meine Damen und Herren! Darüber könnte man noch lange reden, aber ich möchte das nicht tun, weil Sie ohnehin fest entschlossen sind, diese Novelle zu verabschieden. Auf diese Gefahren wollten wir jedenfalls hinweisen, und das werden wir uns auch in Zukunft nicht nehmen lassen.

Ich möchte Ihnen noch etwas bekanntgeben. Wir bringen im Zusammenhang mit dieser Debatte auch einen unselbständigen Entschließungsantrag wieder ein, den wir bereits damals, im Jahre 1996 eingebracht haben. Ein paar von dessen Punkten sind sozusagen durch Zeitablauf erledigt, aber ein paar andere Punkte sind trotzdem noch sehr wesentlich.

Ich lese Ihnen Auszüge aus diesem Antrag vor: Der Sozialminister wird beauftragt, dafür Sorge zu tragen, daß ein Gesetzesvorschlag zur Einführung einer Chipkarte folgende Forderungen berücksichtigt: Die Einführung der Chipkarte muß im ASVG geregelt werden. – Okay; aber die Kosten sind nicht geregelt.

Nur folgende Daten dürfen auf der Chipkarte gespeichert werden: Versicherungsnummer und somit Geburtsdatum, Name, Geschlecht, akademischer Grad und Versichertenstatus. – Da haben Sie leider mehr beschlossen.

Es darf technisch keine Möglichkeiten geben, sensible Gesundheitsdaten oder andere Daten für eine weitere Nutzung zu speichern. – Diese technischen Möglichkeiten gibt es.

Es dürfen keine Kosten für die Versicherten bei Ausstellung der Karte beziehungsweise bei Datenänderungen und Verlust entstehen. Gefordert wird die Kostenlosigkeit eines allfälligen Ausdruckes aller vorhandenen automationsunterstützt erfaßten Daten.

Nötig ist auch der Ausschluß jeglicher Verknüpfung mit anderen Dateien – das war das, was ich Ihnen vorgetragen habe –, zum Beispiel betreffend Steuern und Bankinstitute. Aber auch "Ministerien" wäre da einzusetzen.

Weitere Forderungen sind die Einsetzung eines Datenschutzbeauftragten von einer unabhängigen Stelle, um eine wirksame Kontrolle über die gespeicherten Daten und die Zugriffsberechtigungen zu gewährleisten, sowie: keine Erhöhung der Krankenversicherung oder sonstiger Sozialversicherungsbeiträge zur Kostendeckung der entsprechenden finanziellen Aufwendungen.

In seiner Tendenz ist dieser Antrag sehr klar: Wir sind nicht gegen eine Chipkarte, aber: Sie muß begrenzt bleiben, weil sie zwar ein sehr innovatives, jedoch auch ein sehr gefährliches Instrument in den Händen von Ministerien, Behörden oder privaten Institutionen ist, die natürlich ihre Möglichkeiten sehen, Daten zu verknüpfen und für sich zu entwickeln. Da steigen mir dann die Grausbirnen auf! (Beifall bei den Grünen.)

11.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordneten Öllinger in seinen Grundzügen vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Der gesamte Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Chipkarte

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Sozialminister wird beauftragt, dafür Sorge zu tragen, daß ein Gesetzesvorschlag zur Einführung einer Chipkarte folgende Forderungen berücksichtigt:

die Einführung der Chipkarte muß im ASVG geregelt werden,

nur folgende Daten dürfen auf der Chipkarte gespeichert werden: Versicherungsnummer und somit Geburtsdatum, Name, Geschlecht, akademischer Grad und Versichertenstatus,

es darf technisch keine Möglichkeit geben, sensible Gesundheitsdaten oder andere Daten für eine weitere Nutzung zu speichern,

keine Kosten für die Versicherten bei Ausstellung der Karte beziehungsweise bei Datenänderungen und Verlust,

Kostenlosigkeit eines allfälligen Ausdruckes aller vorhandenen automationsunterstützt erfaßten Daten,

Ausschluß jeglicher Verknüpfung mit anderen Dateien (zum Beispiel Steuern, Bankinstitute und so weiter),

Einsetzung eines Datenschutzbeauftragten von einer unabhängigen Stelle, um eine wirksame Kontrolle über die gespeicherten Daten und die Zugriffsberechtigungen zu gewährleisten,

keine Erhöhung der Krankenversicherung oder sonstiger Sozialversicherungsbeiträge zur Kostendeckung der entsprechenden finanziellen Aufwendungen.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Nürnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.31

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Vorredner haben zwei Ärztinnen und ein Arzt über die Einführung der Chipkarte gesprochen, die wir heute mit der 56. ASVG-Novelle beschließen werden. Erlauben Sie mir, dazu aus der Sicht eines Arbeitnehmervertreters kurz Stellung zu nehmen.

Vorweg: Herr Dr. Rasinger, ich gehe mit sehr weiten Teilen Ihrer Ausführungen konform. Ich bin froh darüber, daß es mit dem Gesamtvertrag im Rahmen des Hauptverbandes eine Einigung zwischen Ärzteschaft und Sozialversicherungsträgern gibt.

Die Hauptfunktion der Chipkarte muß es sein, den Krankenschein zu ersetzen. Jene Daten, die heute bereits auf dem Krankenschein aufscheinen, werden auch in Zukunft aufscheinen. Es dürfen keinerlei andere Daten, wie Diagnose- und Gesundheitsdaten, Einkommens-, Vermögens- sowie Personenstandsdaten auf die Chipkarte aufgenommen werden.

Ich darf unterstreichen, was Sie auch bestätigt haben – für uns als Arbeitnehmervertreter war natürlich die erste Frage: Ist der Datenschutz gewährleistet? –: Der Datenschutz ist gewährleistet, weil die Chipkarte als Schlüsselkarte ausgestattet sein wird und nur zusammen mit der Berufskarte des Arztes funktionieren wird.

Lassen Sie mich Ihnen kurz die Vorteile der Chipkarte darlegen: Es wird kein lästiges Abholen des Krankenscheines im Lohnbüro durch den Versicherten mehr geben. Man wird einen Krankenschein, weil man die Chipkarte hat, auch bei plötzlicher Erkrankung in der Nacht oder zum Wochenende verfügbar haben. Die Chipkarte ist der Ausweis für die Inanspruchnahme von Kassenambulatorien. Es gibt kein Ausstellen der Krankenscheine durch den Dienstgeber mehr und somit eine jährliche Ersparnis für die P. T. Dienstgeber in Höhe von rund 500 Millionen Schilling. Gleichzeitig kommt es zum Wegfall der "Zettelwirtschaft" in der Sozialversicherung.

Ich unterstreiche das, was Sie gesagt haben, Herr Dr. Rasinger: Es ist das eine wirklich sehr, sehr innovative Neuerung, die wir heute beschließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich aber auch folgendes sagen, da viele Redner ihre letzte Rede hier dazu genutzt haben, sich vom Parlament zu verabschieden. (Abg. Dr. Rasinger: Du auch?) Ich verabschiede mich nicht offiziell, weil ich wieder kandidieren werde. Ob ich ein Mandat bekommen werde, wird der Souverän, werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden.

Lassen Sie mich trotzdem rückblickend einige Sätze vor allem zum Sozialbereich sagen. Diese Bundesregierung hat für die österreichische Bevölkerung hervorragendste Arbeit in weiten Bereichen geleistet; ich brauche gar nicht alles aufzuzählen, die Steuerreform und so weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich bin trotzdem – ich unterstreiche das – von einer sehr großen Enttäuschung geprägt, weil es nicht gelungen ist – obwohl es bereits im zweiten Regierungsübereinkommen steht –, für 1,2 Millionen Menschen in diesem Lande, die sich unter dem Status einer Arbeiterin oder eines Arbeiters ihr Brot, ihren Lebensunterhalt in dieser Wirtschaft verdienen müssen, die Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten im Sozial- und Arbeitsrecht zu beseitigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ihr seid schwach! Immer nur für die Wahl! Ihr hättet es ja machen können!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie einen Blick auf die Galerie werfen, dann werden Sie dort Botschafter der Fairneß und der Gerechtigkeit sehen. Ich darf diese Botschafter recht herzlich begrüßen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Auf der Galerie nehmen junge Menschen nebeneinander Aufstellung, deren T-Shirts, aneinandergereiht, die Aufschrift "ÖGB Aktion Fairness" ergeben.)

Lassen Sie mich zur "Aktion Fairness" noch etwas sagen (Abg. Gaugg: Ihr seid ja nur mehr Scharlatane!): Es gibt in letzter Zeit einen sogenannten Vaterschaftsstreit darüber, wer der Erfinder der "Aktion Fairness" ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Besonders hervorgetan haben sich vor allem die Repräsentanten des ÖAAB. (Abg. Smolle: Zur Sache! – Abg. Murauer: Fairneß für alle Mütter!) Ich darf jedoch in Erinnerung rufen, daß bereits im Jahre 1990 die Metaller in unserem Lande diese Forderung zum ersten Mal erhoben haben. Damals haben alle anderen in diesem Lande noch geschlafen. (Abg. Aumayr: Und Sie bis heute! – Abg. Gaugg: Die Gleichstellung der Arbeiter ...! – Weitere Zwischenrufe.)

Die Metaller waren es auch, die gesagt haben: Bis zum Jahre 2000 werden wir die Gleichstellung erreicht haben. Die Metaller haben sie bereits im Jahre 1998, im Oktober des Vorjahres, auf Punkt und Beistrich erreicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Jetzt könnten es sich meine Freunde Erhard Koppler, Franz Riepl und auch ich, die wir unmittelbare Funktionen in der Metallergewerkschaft innehaben, leichtmachen (Abg. Aumayr: Am Abend wird der Faule fleißig!), wir könnten uns zurücklehnen und sagen: Unsere Leute haben sie, wir haben es geschafft! (Abg. Gaugg: Schwere Versager!) Aber das ist nicht unser Stil. Wir sind solidarisch mit jener Million Menschen, die sie noch nicht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich jetzt noch einige Sätze dazu sagen: Warum haben wir diese "Aktion Fairness" nicht beschließen können? – Weil die Verhinderer Namen und Gesichter haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer von ihnen ist Präsident Maderthaner, ein anderer ist Generalsekretär Stummvoll, und einem kann ich es ebenfalls nicht ersparen, ihn zu nennen: ÖVP-Sozialsprecher Feurstein.

Lieber Gottfried Feurstein, du weißt, ich ehre, ich schätze dich, aber folgenden Vorwurf kann ich dir nicht ersparen (Abg. Gaugg: Ich liebe dich!): Wenn es ans Eingemachte geht, wenn es wirklich um gravierende Probleme der Arbeiternehmer in unserem Lande geht, dann warst du immer auf Seite der Wirtschaft. Diesen Vorwurf kann ich dir nicht ersparen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das stimmt überhaupt nicht! – Abg. Schwarzenberger: Warum nicht auch Fairneß für die Mütter?)

Meine Damen und Herren! Der ÖGB hat nicht gesagt: "Aktion Fairness" – alles muß her! Wir waren bereit, Maßnahmen zu treffen, die der Wirtschaft unter dem Strich Kosten erspart hätten. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber die Verhandlungen haben sich so dargestellt, daß man sich vorgekommen ist, als würde man auf dem Basar handeln. Die Wirtschaft hat nach dem Motto "Tausche Gleichstellung gegen Schlechterstellung beim Urlaub" verhandelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich versichere Ihnen – allen, die heute zuhören, vor allem unseren Botschaftern auf der Galerie (Abg. Schwarzenberger – auf den plötzlich schwächer werdenden Lichteinfall hinweisend –: Sogar die Sonne verdunkelt sich!): Der Österreichische Gewerkschaftsbund und seine Gewerkschaften werden solange keine Ruhe geben, bis das gesellschaftspolitische Unrecht in unserem Land beseitigt ist, weil man das heute nicht mehr erklären kann! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Nach so vielen Jahren! Das glaubt euch doch niemand mehr!)

Geschätzte Frau Bundesminister! Ich darf auch Ihnen danken für Ihren wirklich unermüdlichen, immerwährenden Einsatz dafür, dieses Unrecht zu bekämpfen. Ich weiß, Sie waren noch gestern in den letzten Stunden bemüht, eine Einigung herbeizuführen. Auch Ihnen sei dafür ein herzliches Dankeschön gesagt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Smolle: Was hat das mit der Chipkarte zu tun?)

Damit jetzt niemand glaubt, daß Nürnberger einen Tagesordnungspunkt mißbraucht hat, und obwohl mir der Herr Präsident keinen Ruf zur Sache erteilt hat, darf ich jetzt einen Zusammenhang mit der Chipkarte herstellen, und dann werden Sie sehen, daß die "Aktion Fairness" sehr wohl etwas mit der Chipkarte zu tun hat.

Bei der Chipkarte, die wir einführen, wird es keine Diskriminierung geben. Es wird keine Unterschiede bei der Chipkarte für den Arbeiter und bei der Chipkarte für den Angestellten geben. (Abg. Mag. Haupt: Für die Bauern auch!) Bei der Chipkarte haben wir die "Aktion Fairness" erfüllt.

Herr Stummvoll! Sie kommen nach mir dran, kommen Sie heraus und sagen Sie, daß Sie für die Gleichstellung sind – ohne einen Handel im Basar! – Danke. (Anhaltender Beifall und Bravo!-Rufe bei der SPÖ.)

11.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. (Rufe bei der SPÖ: Oje!) Ich bitte um Ruhe! – Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.41

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ein selten erlebtes Schauspiel, an Scharlatanerie nicht zu überbieten! Jahrelang sitzen Sie hier und tun nichts! Nichts tun Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ihr Kollege Verzetnitsch hat einmal im Jahr den Weg hierher gefunden – einmal! Ich weiß nicht, worüber er "gesungen" hat. Ihr seid zu schwach, ihr seid zu schwach! (Abg. Nürnberger: Ihr erst!) –, um die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten. (Abg. Nürnberger: Was unternehmt ihr denn?) Ihr seid an Lächerlichkeit nicht zu überbieten! Ich werde Ihnen jetzt sagen, warum. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Erstens: Sie sitzen seit 13 Jahren mit der ÖVP in einer Regierung. Da hätten Sie längst schon das alles umsetzen können, wenn es Ihnen ein ernstes Anliegen wäre – oder Sie brauchen ein Wahlkampfthema, das könnte sein. Auf diese Stufe würde ich es stellen: Wir brauchen ein Wahlkampfthema, denn sonst gehen wir Gewerkschafter unter! Sie hätten das, was Sie hier jetzt sagen, schon vor Jahren sagen können. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Am letzten Plenartag haben Sie die Frechheit, gehen hier herunter und behaupten: Ich werde mich einsetzen! – Wenn sich der Einsatz der gewerkschaftlichen Parlamentarier der Sozialdemokraten darin manifestiert, daß ein Herr Verzetnitsch einmal im Jahr hier steht (Abg. Grabner: Das eine Mal hat er mehr gesagt als du zehnmal!), dann muß ich schon sagen: An Schwachheit nicht mehr zu überbieten! Unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen jetzt etwas anderes vorhalten, Herr Kollege: Bei der "Aktion Fairness" wäre eine Partnerschaft auch mit jener Fraktion zu suchen, mit welcher dann diese Dinge auch umgesetzt werden können. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber das trauen Sie sich ja nicht! Sie suchen sich den Partner ÖVP, scheitern, sind aber nicht bereit, jene als Partner zu nehmen, die ernsthaft an der "Aktion Fairness" beziehungsweise an einer Gleichbehandlung interessiert sind. (Abg. Edler: Wie war das mit dem Brief?) Dazu fehlt Ihnen der Mut! Es fehlt Ihnen der Mut, die Interessen der Arbeitnehmer auch hier im Parlament zu vertreten, aber dafür sind Sie gewählt. (Abg. Edler: Wie war das mit dem Brief?)

Da Herr Nürnberger hier vollmundig erklärt hat, es würde der Souverän Wähler entscheiden, ob er hier sitzt, muß ich sagen: Wenn der entscheidet, sitzt er sicher nicht mehr hier! Es entscheiden Ihre Parteigremien, ob Sie auf der Liste stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Führt die Menschen nicht in die Irre – die Rechnung werdet ihr präsentiert bekommen! Ihr habt sie in Kärnten präsentiert bekommen, und ihr werdet sie bundesweit präsentiert bekommen.

Das ist wirklich nicht mehr zu überbieten: Vier Jahre lang sitzt er hier herinnen, behauptet, seit acht Jahren würde er diese Interessen vertreten, und sagt: Wenn wir in die Regierung kommen, dann werden wir all das umsetzen! – Ja was ist denn los mit Ihnen? Sie sind zu schwach! (Abg. Silhavy: Wie ist das mit dem Brief?) Ich sage Ihnen: Sie können die Interessen der Menschen nicht vertreten, weil auch Sie in den letzten Jahren vom Personalabbau und ähnlichem geprägt waren. (Abg. Nürnberger: Aber Geld braucht man nicht!)

Wenn man Ihnen zuhört, erhält man den Eindruck – wahrscheinlich bekomme ich dafür einen Ordnungsruf –, daß Sie naiv sind. Ich sage Ihnen das ganz bewußt im Zusammenhang mit der Chipkarte, denn wenn Sie fragen: Ist der Datenschutz gesichert?, und dann sagt Ihnen die Frau Schmauswaberl oder die Frau Bundesminister: Jawohl, die Daten sind gesichert!, dann glauben Sie das. Genauso ist es in der Sozialpolitik: Sie glauben alles, was Ihnen die Unternehmer erzählen. Sie sind zu schwach! (Abg. Edler: Du hast einen Brief geschrieben!) Sie haben versagt! Und ich hoffe, daß Sie die entsprechende Abrechnung bekommen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Jetzt werde ich Ihnen ein Beispiel für Ihre Form der Sozialpolitik bringen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Nur schön ruhig bleiben! (Ruf bei der SPÖ: Wo ist das Geld von der Schnorreraktion?) Liebe Frau Gewerkschafterin, nur schön ruhig bleiben, denn jetzt wird das, was da drinsteht (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), auch für das Stenographische Protokoll festgehalten.

Es gab am 1. Mai 1999 einen Aufmarsch – früher eine große Veranstaltung, heute ein Ausländertreffen (Beifall bei den Freiheitlichen) –, und da gab es von der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung eine Initiative, wo Arbeitnehmer, die Ihrer Partei angehören, um ihre Existenz kämpfen. Die kämpfen um ihre Existenz! (Abg. Edler: Was habt ihr gemacht?) Sitzt ihr in der Regierung – oder wir? Wer sitzt denn in der Regierung? Wer hat die Möglichkeit zum Umsetzen? Wer stellt den Bundeskanzler? Wer stellt die Sozialministerin? Wer stellt den ÖGB-Präsidenten? Wer?! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Mir fallen nur Sozialdemokraten ein!

Die Demotage im Bereich Soziales hat unter Vranitzky begonnen und wird unter Klima fortgesetzt. Das sind eure freundlichen Erfüllungsgehilfen, und Sie ziehen mit. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Folgende Dinge will ich festhalten: Da gibt es eine Initiative von Mitarbeitern der Firma Waagner-Biró, die verzweifelt um ihre Existenz kämpfen. Da wird eine Unterschriftenliste aufgelegt. (Abg. Edler: Was habt ihr gemacht?) – Edler lies nach! Alles, was wir versprochen haben, haben wir auch umgesetzt! Das tut dir ja so weh. Deshalb haben wir auch Zustimmung bei den Wählern. (Abg. Edler: Was hast du bei der Zuckerfabrik gemacht? Wo warst du bei der "Bären-Batterie"? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bei der "Bären-Batterie" sind alle Mitarbeiter wieder beschäftigt worden. Nur schön beruhigen! (Abg. Scheibner: Herr Präsident! Sorgen Sie einmal für Ruhe in diesem Hause! Das ist ja unglaublich!)

Jetzt gibt mir vielleicht der Präsident die Chance, doch noch jenen Teil als Dokument festzuhalten, der die SPÖ so aufregt. (Ruf bei der SPÖ: Was? – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Die SPÖ behauptet, die Arbeiterpartei zu sein. Sie sind die Arbeiterverräter-Partei. Das ist es! (Abg. Koppler zeigt mit der Hand vor seinem Gesicht dem Redner die sogenannte Scheibenwischer-Geste.) Das allein ist Dokumentation genug! (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe. – Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Schäm dich!)

Es gibt die Initiative der Waagner-Biró-Mitarbeiter, die eine Unterschriftenliste angelegt haben. Und jetzt werden wir einmal schauen, wer aller unterschrieben hat. Da hat unterschrieben: Herr Faymann, Stadtrat; Herr Cap – früher hätte er ja noch hier heraußen gekämpft, jetzt ist er mundtod gemacht worden; es ist ja wirklich eine Katastrophe (Abg. Dietachmayr: Das ist eine Frechheit! Ich will, daß er einen Ordnungsruf bekommt!) –; Abgeordneter Swoboda, der in Brüssel als Delegationsleiter hockt; ein gewisser Heinz Fischer, seit über 20 Jahren hier im Parlament (Abg. Grabner: Das wirst du nie sein!) – da wirst du dich wundern, Grabner, mich wird es noch lange geben, und du wirst nicht mehr sein –; der Herr Pensionist Blecha, Obmann des Pensionistenverbandes der SPÖ; ein gewisser Finanzminister Edlinger, der bei jeder Aktion sagt, er habe kein Geld. Auch Herr Bundeskanzler Klima hat das unterschrieben. Ich nehme an, daß das keine gefälschten Unterschriften sind. Das alles sind Unterschriften ... (Abg. Edler: Was ist daran schlecht? Ist das ein Privatbetrieb?) – Aber ihr redet nur und handelt nicht! Das ist das Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt kommt der Höhepunkt: Als letzter hat Herr Präsident Verzetnitsch unterschrieben. Und was ist das Ergebnis? – Herr Liaunig wirft die Menschen hinaus. (Abg. Edler: Ist das ein Privatbetrieb?) Ihr habt euch distanziert von jenen Menschen, die ihr zu vertreten habt – nur, um den Proporz mit der ÖVP aufrechtzuerhalten. Ich schäme mich für euer Benehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Gaugg, schäm dich! – Abg. Scheibner: Das hat euch jetzt nervös gemacht!)

11.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie ersuchen, sich am letzten Plenartag dieser Legislaturperiode wenigstens so weit in der Hand zu haben, daß der Tag geordnet über die Bühne geht.

Ich rufe in Erinnerung: Tagesordnungspunkt sind die 56. ASVG-Novelle und die Chipkarte.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.49

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine alte parlamentarische Erfahrung, daß die Lautstärke der Zwischenrufe immer dann steigt, wenn die Argumente schwach sind. Das ist eine alte, langjährige parlamentarische Erfahrung! (Beifall bei der ÖVP.)

Herrn Kollegen Nürnberger ist es gelungen, die heutige Beschlußfassung beziehungsweise Debatte über eine geradezu epochale Innovation im Bereich der Sozialversicherung, die Einführung einer Chipkarte, die 42 Millionen Krankenscheine ablöst – ein klassisches Beispiel des Bürokratieabbaus, wie wir ihn schon lange nicht hatten! – in einen Wahlkampfauftakt des ÖGB umzufunktionieren. Meine Damen und Herren, ich bedauere das! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edler: Das hat die ÖVP gemacht!)

Ich bedauere das, weil wir andere Plattformen haben, Herr Kollege Nürnberger, die sich dafür eignen, eine Sachdiskussion in einen Wahlkampfauftakt des Gewerkschaftsbundes, und zwar nur eines Flügels, umzufunktionieren. (Abg. Edler: Was hat der Kollege Steindl gemacht?)

Herr Kollege Nürnberger! Ich bin sehr neugierig darauf, ob die "Aktion Fairness" auch bedeutet, daß es im Gewerkschaftsbund nur mehr eine Gewerkschaft gibt. Ich habe unlängst, bei einem Empfang der Wirtschaftskammer, Kollegen Sallmutter reden gehört, und ich möchte hier bewußt nicht sagen, welche Worte dort gefallen sind, meine Damen und Herren.

Ich kehre zurück zum eigentlichen Thema: Chipkarte. Meine Damen und Herren! Wenn der Grundsatz "gut Ding braucht Weile" richtig ist, dann muß die Chipkarte eine tolle Sache werden.

Ich erinnere mich: Ich habe meine ersten Gespräche über die Chipkarte mit dem damaligen Ärztekammerpräsidenten – inzwischen ist er leider verstorben – Michael Neumann im Jahre 1990 geführt. Heute beschließen wir die Chipkarte, und im Jahre 2002 wird sie flächendeckend eingeführt sein. Das sind, meine Damen und Herren, zwölf Jahre. Ich sage das deshalb, weil das Wort "Bürokratieabbau" relativ rasch ausgesprochen ist, aber das Beispiel Chipkarte beweist, wieviel Einsatz beziehungsweise wieviel Energie notwendig ist, um eine Idee umzusetzen.

Ich freue mich aber jedenfalls, daß diese Vision, die "Zettelwirtschaft" beziehungsweise die 42 Millionen Zettel durch eine Chipkarte abzulösen, Wirklichkeit werden wird. Ich freue mich, daß wir diesen Beschluß heute fassen werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist nicht nur der Bürokratieabbau für die Betriebe, über den ich mich besonders freue, sondern es sind auch die erwähnten Vorteile für die Arbeitnehmer, die die Chipkarte mit sich bringt. Sie brauchen nicht eigens wegen jeden Arztbesuchs ins Lohnbüro zu gehen. Es sind viele Vorteile mit der Chipkarte verbunden, und sie ist letztlich auch ein Signal der Modernität unserer Sozialversicherung. Ich bin überzeugt davon, daß sich die Sozialversicherungsleute europaweit anschauen werden, wie die Chipkarte in Österreich funktioniert.

Ich bin froh darüber, Frau Minister, und bedanke mich bei Ihnen dafür, daß Sie die Energie gehabt haben, diese Chipkarte trotz aller Widerstände durchzubringen. Dazu unser Kompliment, Frau Minister! (Beifall bei der ÖVP.)

Warum wir damit Erfolg hatten, meine Damen und Herren, hat schon einen bestimmten Grund, und damit komme ich zur "Aktion Fairness" zurück: Wir hatten bei der Chipkarte letztlich deshalb Erfolg, weil wir es gesamthaft gesehen haben: hier der Arbeitgeber, dort der Arbeitnehmer.

Ich unterstütze bedingungslos die "Aktion Fairness", meine Damen und Herren, aber nur Fairneß in der Arbeitswelt, wo es zwei Partner gibt: den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber. Fairneß kann nur bedeuten: Fairneß zu beiden, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte daher die "Aktion Fairness" erweitern und in diese auch die Betriebe einbeziehen. Das ist auch der Grund dafür, daß ich sie bejahe.

An dieser Stelle muß ich etwas in bezug auf meinen Kollegen Feurstein sagen, der hier angegriffen wurde. Kollege Feurstein hat in voller Verantwortung und in voller Erkenntnis: Die Wirtschaft sind wir alle! die "Aktion Fairness" so wie ich immer unterstützt, aber in beiden Richtungen: Fairneß nicht als Einbahn, Fairneß in dem Sinne, nicht auf einem Auge blind zu sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin! Ich bringe Ihnen ein konkretes Beispiel: Ich kann nicht argumentieren – das gebe ich gerne zu –, warum ein Arbeiter nach einem Herzinfarkt nur vier Wochen und ein Angestellter sechs Wochen Entgeltfortzahlungsanspruch hat. Ich kann aber genauso wenig argumentieren, warum ein Arbeitnehmer, der während des Arbeitsjahres den Betrieb wechselt, zweimal den vollen Urlaubsanspruch hat.

Unser Angebot war, "Aktion Fairness" in beiden Richtungen: Beseitigen wir die Ungerechtigkeiten da, beseitigen wir sie auch dort! Dazu war der ÖGB aber nicht in der Lage, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Das muß man im Sinne der Wahrheit der Verhandlungen der letzten Monate sagen. Das ist die Wahrheit! Fairneß kann auch unfair sein, wenn sie nur in eine Richtung geht, wenn man auf einem Auge blind ist.

Letztlich sind es die Betriebe, die Unternehmer – und nur sie, meine sehr geehrten Damen und Herren! –, die Arbeitsplätze sichern können. Sie müssen sich irgendwann entscheiden, was Sie haben wollen: ein gestörtes Verhältnis zu den Betrieben oder Fairneß für alle? (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer.)

Fairneß für alle kann nur bedeuten: Beseitigen wir die Unterschiede bei der Entgeltfortzahlung! Beseitigen wir aber auch die Ungerechtigkeit, daß gewisse Arbeitnehmer – immerhin macht das einen Betrag von 4 Milliarden Schilling pro Jahr aus – zweimal im Jahr die vollen Urlaubsansprüche konsumieren! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Das wäre eine "Aktion Fairneß", Frau Kollegin! Ich lade Sie ein: Machen wir das gemeinsam! Machen wir zu Beginn der nächsten Gesetzgebungsperiode gemeinsam eine umfassende "Aktion Fairneß", bei der wir die Ungerechtigkeiten in beiden Bereichen beseitigen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich lade Sie dazu ein! Das könnte ein schöner Auftakt für die nächste Legislaturperiode sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

11.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich möchte folgendes festhalten: Der Lärmpegel, der während der Rede des Herrn Abgeordneten Gaugg geherrscht hat, vor allem auch durch die Zwischenrufe erzeugt, hat bewirkt, daß ich hier heroben weder den Redner noch die Zwischenrufe verstanden habe. Vielleicht kann man sagen: Gott sei Dank! Aber ich wurde jetzt darauf aufmerksam gemacht, daß angeblich Herr Abgeordneter Gaugg im Laufe seiner Rede an die Adresse der SPÖ gesagt hat: Verräterpartei.

Ich möchte schon sagen: Das ist nicht der Jargon, den ich mir in diesem Hause wünsche. Wenn dieser Ausdruck tatsächlich so gefallen ist – ich bitte, das auch Herrn Abgeordneten Gaugg auszurichten –, dann muß ich sagen: Das ist eine Ausdrucksweise, die man nicht billigen kann! (Abg. Koppler: Bravo, Herr Präsident!)

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

11.55

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist leider unvermeidbar, daß man in einer Debatte, die eigentlich der Chipkarte gewidmet ist, auch das aufgreift, was die Vorrednerinnen beziehungsweise Vorredner zur "Aktion Fairness" gesagt haben.

Ich möchte mich für die liberale Fraktion dazu nicht verschweigen: Selbstverständlich – und das ist stehender Bestandteil unserer politischen Forderungen seit Gründung des Liberalen Forums – ist es eine unabdingbare Notwendigkeit, die arbeitsrechtlichen Unterschiede, wie sie historisch gewachsen und zum Teil überhaupt nur noch historisch verständlich sind, zu beseitigen, indem wir das Arbeitsrecht harmonisieren. Aber das muß auch den Bereich der Vertragsbediensteten und auch den Bereich des öffentlichen Dienstes miterfassen – mit allen Besonderheiten, die man durchaus braucht.

Es müßte dann endlich auch das Sonderdienstrecht Post-Betriebsverfassungsgesetz, Eisenbahn-Betriebsverfassungsgesetz in Form eines umfassendes Arbeitsverfassungsgesetzes harmonisiert werden. Dieser Anspruch greift daher zu kurz, wenn er sich ausschließlich auf die Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten konzentriert und so tut, als ob das das einzige Problem wäre, das wir in der Arbeitswelt haben.

Es müssen auch der Aspekt der sogenannten neuen Selbständigkeit und ihre Schnittstellen mit ins Visier genommen werden, und zwar alle arbeitenden Menschen, und zu den arbeitenden Menschen gehören auch jene Menschen, die selbständig sind. Ich meine, wir sollten das aus dem Blickpunkt der betroffenen Menschen betrachten und nicht in den Kategorien Wirtschaft, ÖGB oder AK oder sonst irgendeiner ständischen Gliederung.

Wenn wir diesen Zugang haben – und das ist der Zugang von uns Liberalen –, daß wir uns gemeinsam überlegen, welche Rahmengesetzgebungen et cetera wir in der neuen Arbeitswelt, in der neuen Selbständigkeit für die dort tätigen Menschen brauchen, dann ist das meiner Meinung nach die neue Solidarität. Das ist es! (Beifall beim Liberalen Forum.)

In diesem Sinne gibt es keinen Gegensatz, aber eine Unvollständigkeit. Es ist schon auch festzuhalten, wenn auch vielleicht anders zu formulieren – das ist jetzt keine Stilkritik –: Es ist schon wahr, seit 1970 werden die einschlägigen Ressorts von Sozialdemokraten geführt und verwaltet. Von 1970 bis 1983 gab es die Möglichkeit, mit absoluter Mehrheit all das zu tun, was hier von diesem Rednerpult aus heute als zukunftweisendes Programm eingefordert wurde.

Man hätte es tatsächlich schon längst tun können, und zwar vor Eintritt in irgendeine Koalition, die das möglicherweise erschwert hat – oder auch nicht. Das sollte, wie ich meine, auch von dieser Stelle aus gesagt werden, und zwar in unaufgeregter Weise, damit sich insbesondere die Kolleginnen und Kollegen, die gewerkschaftlich organisiert sind und jetzt hier im Haus sind und ihren Präsidenten Nürnberger bei dieser Rede durch Manifestationen unterstützt haben, bewußt machen, daß es nur die halbe Wahrheit ist, was hier gesagt wurde, und daß Versäumnisse aus der Vergangenheit da tatsächlich bestehen – wenn das so ist, wie Nürnberger es gesagt hat. Daher ist in diesem Fall vielleicht – um etwas vordergründig zu sprechen – ein Konzeptpapier für Reden für den 3. Oktober in die Mappe des Präsidenten Nürnberger gerutscht.

Jetzt aber zum Thema Chipkarte. Die Chipkarte ist ein zweifach Ding, ist ein Messer mit zwei Schneiden, und bedauerlicherweise ist sie von allen Merkmalen österreichischer Unprofessionalität geprägt – von allen Merkmalen! Das ist in diesem Fall leider besonders schlagend geworden.

Der Vorgang bei der Entwicklung dieses Projektes, für das wir vom Liberalen Forum grundsätzlich immer eingetreten sind – wir haben die Chipkarte schon gefordert, da haben manche in diesem Haus und auch anderswo noch gar nicht gewußt, was wir meinen –, war unprofessionell – bis zum Angstschweiß.

Zuerst wurden 300 Millionen Schilling dafür bewilligt, und dann wurden Aufträge erteilt. Es wurde zu keinem Zeitpunkt ein transparentes Anforderungspflichtenheft definiert. Es wurde zu keinem Zeitpunkt öffentlich erörtert, was diese Chipkarte wirklich können soll. Ja selbst semantische Ungewißheiten sind aufgetaucht. Was eine Chipkarte ist, was eine Kreditkarte ist und was eine Bankomatkarte ist, glaubt jeder zu wissen, Kollege Rasinger hat uns hier irgendeine Karte – ich habe sie nicht genau gesehen – gezeigt, ich weiß nicht, war es eine Bankomatkarte oder eine Kreditkarte.

Ich muß Sie schon darauf aufmerksam machen, daß im Bereich der Datenverarbeitung die Karten unheimlich ähnlich aussehen, sie können aber unglaublich viele verschiedene Dinge. Sie können interaktiv sein, Sie können Read-only-Karten sein, sie können Karten sein, die auch beschriftet werden können, wenn sie eingesetzt werden, sie können daher Datentransfer ermöglichen oder auch nur Lesekarten sein. Es gibt da enorme Unterschiede, und diese Unterschiede sind wesentlich, weil jede Karte, die auch beschrieben werden kann – und die Chipkarte, die hier eingeführt wird, kann natürlich auch beschrieben werden –, eine Schnittstelle hat. Und wer beschreibt was, wer manipuliert die Daten?

Wenn ich mir Phantasie erlauben darf: Es ist das daher nicht so unsensibel, wie es den Anschein hat, wenn wir diese sogenannte 56. ASVG-Novelle betrachten. Man ist, wenn man seriös bleiben will, in einem Dilemma: Man freut sich natürlich darüber, daß 42 Millionen Krankenscheine abgeschafft werden – allein wenn ich mir überlege, was das an administrativen Kosten bei den Krankenscheine ausstellenden Unternehmen bedeutet, welche Geschwindigkeit in den Abläufen des Verrechnungswesens und so weiter der Sozialversicherungsträger auftreten wird, welches unglaubliche Einsparungspotential bei den Sozialversicherungsträgern erreicht werden kann.

Da möchte ich etwas festhalten: Als ich im Ausschuß gefragt habe, wie hoch das Einsparungspotential beim Hauptverband und bei den Sozialversicherungsträgern sei, wenn die moderne Büroorganisation auch dort Einzug hielte, wurde mir mitgeteilt, es gebe dort kein Einsparungspotential, daher müsse ausschließlich – wer auch immer das sei – die Wirtschaft das zahlen.

Es ist nicht zu erwarten, daß die administrativen Kosten bei den Sozialversicherungsträgern dadurch sinken. – Das war die authentische Auskunft im Ausschuß, und das möchte ich hier festhalten. Ich habe das nicht ganz verstanden. Ich habe gedacht, vielleicht ist das doch verbilligend, was die Administration der Sozialversicherungsträger angeht; aber das wurde negiert.

Wenn eine Diskussion so läuft, daß offensichtlich gar nicht die Absicht besteht, die Effizienz der Sozialversicherungsträger zu steigern, sondern nur die Effizienz des Zugriffs auf die Ärzte, dann wird man einfach nervös, weil man sich fragt: Ja was ist das jetzt wirklich?

Daher ist einer der Hauptmängel dieses Projekts, das hier eingeführt wird, daß es von einer unglaublichen Datenverarbeitungsgläubigkeit getragen ist, von einer Naivität, anzunehmen, daß etwas, nur weil man es "ELSY" nennt, schon funktionieren werde, daß etwas, wenn es einen lieblichen Namen hat, schon unproblematisch sei. Dem ist aber nicht so.

Die eigentlichen Hard-facts werden schlußendlich aus einer Verordnung hervorgehen, die der Hauptverband im Zusammenwirken mit den Ministerien entwickeln wird, wo die Ärzte gar nicht vorkommen im Kontext des Gesetzes, weil die Verordnung ... (Abg. Dr. Rasinger: Teil des Gesamtvertrages, Herr Kollege!) Im Rahmen eines Gesamtvertrages, das mag schon sein. Aber es ist überhaupt keine Transparenz mehr gegeben.

Ich lese ausdrücklich eine Bestimmung vor, die da steht, nämlich in Abs. 5 des neuen § 31a: Zu Fragen der Unvereinbarkeit neuer Verwendungszwecke – und so weiter – ist der Datenschutzrat unter Setzung einer angemessenen Frist jedenfalls anzuhören.

Ich muß Ihnen sagen: Ich gehöre diesem Datenschutzrat an, und wir werden regelmäßig mit Gesetzesvorlagen konfrontiert und auch angehört. Das bewirkt aber überhaupt nichts, weil der Datenschutzrat keine exekutive Gewalt hat. Er ist nur ein mehr oder weniger hochkarätiges und auch politisches Begutachtungsorgan, das normalerweise ohnehin befaßt wird. Wenn es aber gleich ins Gesetz geschrieben wird, dann ist das so ähnlich, wie wenn jemand im finsteren Wald laut singt, weil er sich sonst fürchtet. In Wirklichkeit hilft es aber gar nichts, wenn der Datenschutzrat damit befaßt wird, denn er hat keine Kompetenzen. Er gibt eine Meinung ab, und ob man sich an dieser Meinung orientiert oder nicht, ist im absoluten Belieben der handelnden Personen.

Die Normierungen, die hier vorgenommen werden, sind bedenklich bis beunruhigend, und aus diesen Gründen stimmen wir dieser Lösung nicht zu. Im Grunde tut uns das weh, weil wir so etwas gerne hätten (Beifall beim Liberalen Forum), aber transparent, öffentlich diskutiert und begleitend kontrolliert, und das nicht nur von den Organen der sogenannten Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger, von denen wir wissen, daß sie sich hinter Polstertüren wohler fühlen als in der demokratischen Öffentlichkeit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Donabauer mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.05

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn sich Kollege Gaugg zuvor in einer nicht zu überbietenden Selbstgefälligkeit Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, als neuer Regierungspartner angeboten hat – das war ja ganz deutlich, er hat ja gesagt: Werfen Sie doch endlich den ab, mit dem Sie nichts zusammenbringen, holen Sie sich doch den Kraftvollen, den Energiegeladenen!; es war das Herrn Klubobmann Scheibner ohnehin sehr peinlich –, so ist das für mich gar nichts Besonderes. Ich leite daraus auch gar kein neues Koalitionskonstrukt ab, überhaupt nicht, ich habe es nur mit sehr großem Interesse vernommen und meine: Sie sind allemal noch besser mit diesem Regierungspartner gefahren, dessen Bundesparteiobmann etwas sehr Richtiges sagt, nämlich: Wer Gutes bewahren will, muß manches verändern! – Genau das haben wir im Sozialbereich in den letzten vier Jahren in hervorragender Weise gemacht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir konnten nicht alle Wünsche erfüllen, es konnten nicht alle Vorlagen erledigt werden – das wäre undenkbar! –, aber es wurde so enorm viel bewältigt, daß wir heute mit Genugtuung und Freude diese beiden Novellen beschließen können.

Als wir am 29. November 1996 hier eine Entschließung auf Einführung einer Chipkarte beraten und beschlossen haben, gab es sehr viele, die gesagt haben: Na ja, wieder einmal etwas, was die Regierung ankündigt, aber sicherlich nicht schaffen wird! Viele von Ihnen haben diese Entwicklung von außen betrachtet, ich aber hatte aufgrund meiner Tätigkeit in der Sozialversicherung das Vergnügen, das auch sehr direkt mitzuerleben. Wir haben es geschafft, ein Produkt vorzulegen, ein innovatives, ein intelligentes Produkt, und es war das jedenfalls eine richtige Entscheidung, ein Meilenstein in der Sozialpolitik.

Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben erreicht, daß der Krankenschein ersetzt wird, wir haben erreicht, daß der Zugang erleichtert wird, und wir haben damit auch erreicht, daß der Datenschutz in vollem Umfang gewahrt bleibt. Das waren ja in Wirklichkeit die Knackpunkte bei diesem Projekt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ihren heutigen Debattenbeiträgen war zu entnehmen, daß Sie sich Sorgen darüber machen, wer das bezahlen wird. – Ganz einfach: Es ist dieser Regierung gelungen, den Konsens zu finden: Die Wirtschaft war mit der Administration des Krankenscheins bis heute enorm belastet, und sie war daher bereit, 700 Millionen Schilling auf den Tisch zu legen. Das ist wahrlich eine große Leistung! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Sozialversicherung, die in der Administration natürlich auch Nutznießer dieser Umstellung ist, hat ebenfalls 300 Millionen Schilling auf den Tisch gelegt. Es wird das also gemeinsam korrekt finanziert.

Jedem, der meint, daß hier irgendwo etwas nicht richtig gelaufen wäre, biete ich an, mich für ein umfassendes Gespräch zur Verfügung zu stellen, wo immer man will.

Zur großen Diskussion darüber, welche Daten diese Chipkarte enthalten darf und welche nicht – das ist heute schon mehrmals gesagt worden; das ist ganz einfach zu erklären –: Name, Versicherungsnummer und Aussteller. Es ist lediglich enthalten, wenn jemand rezeptgebührenbefreit ist. Das ist richtig. Das ist aber heute auch auf dem Krankenschein vermerkt, und es ist auch korrekt, daß es in Zukunft auf der Karte gespeichert ist.

Ich meine, Frau Bundesministerin, daß wir damit einen ersten Schritt getan haben, aber ich kann mir vorstellen, daß man auf Antrag und mit Zustimmung eines Versicherten, eines Karteninhabers, vielleicht auch weitere Daten aufnehmen könnte. Das ist nicht Gegenstand der heutigen Beratung, nein, keinesfalls, aber ich denke dabei bereits an morgen, an die künftige Entwicklung, denn ich meine, daß diese Chipkarte, so gut sie auch ist, weiterentwickelt werden wird. Daher diese meine Anregungen dazu am heutigen Tag der Beschlußfassung.

Mit 1. Jänner 2002 soll österreichweit dieses Produkt angeboten sein. Es wird einige Feldversuche geben. Ich bin sehr froh darüber, daß mit der Ärztekammer – die Verhandlungen sind dort nicht immer sehr leicht, das weiß ich (Abg. Dr. Rasinger: O ja, sehr leicht!) – ein Konsens gefunden werden konnte, daß wir den Weg gemeinsam gehen. (Abg. Dr. Rasinger: Ganz leicht!) Na ja, die Einladung, daß wir alle Hard- und Softwareprodukte zahlen, die Einladung, daß auch die Ausbildung mit diesem Projekt bezahlt wird, ist ja nicht ergangen, sondern das ist erledigt worden, und daher nehme ich an, daß die Ärzteschaft nun diese Chipkarte auch annimmt, sodaß wir dieses Projekt wirklich störungsfrei umsetzen können.

Bei der letzten Sitzung im Hauptverband habe ich auch den Vorschlag eingebracht – ich halte das für wichtig und richtig –, auch eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Es wird nämlich bis heute sehr oft und oftmals in Unkenntnis der Sachlage über all das lamentiert und gewettert. Ich meine, die Versicherten haben das Recht, gerade in diesem Zusammenhang umfassend informiert und aufgeklärt zu werden – und das wird geschehen, das kann ich Ihnen garantieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Schlußendlich bleibt aber noch einiges offen, so etwa die Frage der Krankenscheingebühr. Ich spreche das nur an, es wird heute nicht ausdiskutiert. Immerhin hat uns diese Gebühr 650 Millionen Schilling zur Finanzierung der Krankenversicherung gebracht, und sie ist auch ein vernünftiges Regulativ zum Zugang zu den Leistungen; sie wird jetzt auslaufen. Ich lade alle ein, diese Frage ohne Emotionen zu diskutieren, nicht nur von ideologischen Standpunkten aus, sondern wir sollten sachlich darüber beraten, wie wir diesen fehlenden Betrag sinnvoll hereinbringen können.

Eine weitere Belastung der Wirtschaft und damit der Arbeitskosten ist sicherlich nicht der Weg, den wir bejahen können. Diese Frage wird eine umfassende Beratung notwendig machen. Sie muß jedenfalls gründlicher sein, sie muß jedenfalls sachlicher sein als die Feststellung des Herrn Kollegen Haupt, der meinte, daß wir als Sozialversicherung dem Versicherten gesagt haben, wir sparen durch die Krankenscheingebühr enorm viel ein, und jetzt wollen wir schon wieder alles abschaffen.

Herr Kollege Haupt! Erstens sind wir nicht das "Zentralorgan". Wenn Sie mit dem Begriff "zentral" Schwierigkeiten haben, dürfte das wahrscheinlich an Ihrer Parteistruktur liegen. Das ist Ihr Problem, das geht mich nichts an. Das, was Sie angesprochen haben, ist unsere Informationsbroschüre. (Abg. Scheibner: Sie nehmen Ihren Kollegen die Redezeit weg!)

Ich darf Ihnen sagen, daß wir keine Krankenscheingebühr haben, sondern daß es dabei um einen Kostenanteil geht. Das darf und muß hier festgestellt werden, weil sonst etwas Unrichtiges im Raum stehen bleibt.

Ich bedanke mich bei allen, die hier mitgewirkt haben, und bin froh darüber, daß dieser Weg nun offen ist und wir ihn im Interesse der Versicherten Österreichs gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.13

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Bevor ich Frau Abgeordnete Haidlmayr bitte, mit ihrem Diskussionsbeitrag zu beginnen, gebe ich bekannt, daß die Abgeordneten Öllinger, Dr. Kier und Mag. Haupt gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß betreffend Lehrlingshotline der Bundesregierung und "Euroteam"-Gruppe einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte ist nicht verlangt worden. Gemäß der Geschäftsordnung wird die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung stattfinden.

*****

Frau Abgeordnete Haidlmayr, Sie haben das Wort. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.14

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Sozialministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Bankomatkarte betrifft, so kann ich als Konsumentin entscheiden, ob ich sie haben möchte oder nicht. Die Bank kann mir keine Karte verordnen, auf der Daten enthalten sind, die ich vielleicht gar nicht gespeichert haben möchte. Genau nach diesem Muster hätte es zumindest ermöglicht werden können, daß es die Wahlfreiheit gibt, ob jemand eine Chipkarte in Anspruch nehmen möchte oder nicht.

Frau Ministerin! Jemandem zwangsweise zu verordnen, daß sein Name, sein Geburtsdatum und seine Versicherungsnummer, seine Arztbesuche – wer weiß, was noch alles kommt – auf einer Karte gespeichert werden, ohne daß es irgendeinen Schutz vor Datenmißbrauch gibt, das hat mit Demokratie nichts zu tun. Das ist nichts anderes als der "gläserne Mensch", da kann jeder – in diesem Fall jeder Patient – von jeder Stelle aus auf Herz und Nieren in all seinen Lebensbereichen durchleuchtet werden.

Den gesicherten Datenschutz, von dem Sie, Frau Ministerin, sprechen, gibt es nicht. Warum sonst wären Sie, wenn es ihn gäbe oder wenn Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, an den von Ihnen versprochenen Datenschutz glauben würden, nicht bereit, dafür zu sorgen, daß der Bund die Kosten übernimmt und unter Umständen Schmerzensgeld oder ähnliches bezahlt, wenn Datenmißbrauch aufgezeigt wird oder Ihnen jemand nachweisen kann, daß seine Daten mißbraucht werden? Warum gibt es dieses Gesetz nicht?

Sie können natürlich sagen, daß jeder das Recht hat, eine Klage einzureichen, wenn er glaubt, daß seine Daten mißbräuchlich verwendet werden. Frau Ministerin! Wir müssen das System aber umdrehen. Sie müßten ein Gesetz machen, aufgrund dessen Ihr Ministerium beweisen muß, daß die Daten von jemandem nicht mißbraucht worden sind! Nur durch eine solche Absicherung hätten Sie ein Stück Glaubwürdigkeit im Hinblick auf Datenmißbrauch oder Nicht-Datenmißbrauch erreichen können. Aber das haben Sie bewußt nicht gemacht, weil Sie wissen, wohin diese Daten versinken und verschwinden, wo überall sie verwendet werden können. Dazu bedarf es nicht irgendeines professionellen Hackers, der an irgendwelche Datentransfers kommt und sie weitergibt. Das machen heute bereits zehn-, elfjährige Kinder, sie haben bereits das Wissen und die Möglichkeit dazu. Mit einem halbwegs guten PC werden jetzt schon bald alle die Möglichkeit haben, an alle Daten, die es im Netz gibt, heranzukommen. Und Dienstgeber werden sich dieser Daten unter Umständen als erste bedienen, wenn es um Einstellungen, wenn es um neue Dienstverhältnisse geht.

Frau Ministerin! Das wissen Sie, und Sie wissen auch, daß die Pharmaindustrie noch nie mit soviel Wissen und mit soviel Daten "gestopft" wurde, als das jetzt durch den Zugriff auf Daten der Fall ist. Und weil Sie das wissen, Frau Ministerin, haben Sie in der Regierungsvorlage, über die heute hier abgestimmt wird, schon mehr oder weniger darauf hingewiesen, damit Ihnen da nichts passiert. In § 31a heißt es nämlich: Sonstige Daten, deren Speicherung bundesgesetzlich vorgesehen ist, kommen auf die Chipkarte.

Frau Ministerin! Es liegt nur am Verhandlungsgeschick der Pharmaindustrie, der Unternehmen, all jener, die an Daten herankommen wollen, Sie ganz schnell davon zu überzeugen, daß die Speicherung von bestimmten Daten, die sie zur Vermarktung brauchen, bundesgesetzlich notwendig ist. Und dann ist es sehr wohl durch Sie ganz offiziell gedeckt, dann kann man über dieses Gesetz an diese Daten herankommen.

Frau Ministerin! Das ist wirklich eine sehr große Gefahr für Menschen, die einen Arzt brauchen, für Menschen, die chronisch behindert sind, für Menschen, die eben in medizinischer Betreuung stehen, und auch für Menschen, die vielleicht nur alle zehn Jahre einmal zum Arzt gehen, denn 15 Arztbesuche werden gespeichert – egal, wie lange diese zurückliegen.

Frau Ministerin! Sie wissen, wie die Auslese auf dem Arbeitsmarkt vor sich geht, wenn sich mehrere Menschen um einen Job bewerben. Dann weiß plötzlich der Dienstgeber – jetzt schon! (Bundesministerin Hostasch: Dann weiß er es nicht!) –, wie oft der Bewerber im Krankenhaus war und warum er dort war. (Bundesministerin Hostasch: Nein, nein!) Auch schon jetzt muß der Dienstgeber auf den Facharztschein schreiben, zu welchem Facharzt der Dienstnehmer gehen möchte. Das wissen Sie. Daten dafür gibt es von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. – Und das ist erst der Anfang!

Meine Damen und Herren! Die elektronischen Medien öffnen Tür und Tor, daß aus dem Privatleben nichts mehr verborgen bleibt, selbstverständlich auch nicht die Gesundheitsdaten. Dieser Gefahr werden wir alle mit diesem Gesetz ausgesetzt, dessen Tragweite bis heute noch nicht bekannt ist, aber Sie wissen, daß sie sehr groß ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Sie wollen 4 Minuten eingestellt haben? – Bitte. (Abg. Smolle: Wir harren der Worte!)

12.22

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Wir werden jetzt bald abstimmen über ein Ding, das Sie "Chipkarte" nennen. Wir sagen: Es ist teurer Sondermüll! Warum? (Abg. Dr. Feurstein: Das glauben Sie ja selbst nicht, was Sie jetzt gesagt haben!) – Die Chipkarte dient derzeit – hören Sie zu, Herr Abgeordneter! – nur einem einzigen Nachweis, nämlich dem Versicherungsnachweis, und den können Sie ganz leicht auf andere Weise selbst erbringen: Sie brauchen nur in Ihre Taschen zu greifen, nehmen eine Versicherungskarte, nehmen ein Photo, und was haben Sie? – Einen Versicherungsnachweis, sogar einen fälschungssicheren mit einem Photo!

Das ist das, was die Karte derzeit kann, und dafür geben Sie jetzt über 1 Milliarde Schilling aus ! Und das ist es, was ich Ihnen vorwerfe, nicht, daß Sie eine Chipkarte an sich machen, die Chipkarte brauchen wir, aber die Chipkarte soll sinnvoll sein und nicht für den Versicherungsnachweis dienen, den man derzeit ganz locker und leicht aus der Tasche ziehen und jedem vorhalten kann, noch dazu fälschungssicher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich haben wir immer gesagt, daß es eine Chipcard geben soll, aber eine sinnvolle, die ihr Geld wert ist. Und was sind die Voraussetzungen für eine sinnvolle Chipcard? – Sie soll eine Eintrittskarte sein, eine Eintrittskarte in ein vernetztes Gesundheitssystem, mit speziellen Zutrittscards für den Benutzer und mit einem Pin-Code für den Besitzer als Sicherheit. Sie muß fälschungssicher sein, und das ist ja ganz leicht: Man braucht ja nur ein Photo auf eine normale Karte einzuscannen – kein wesentlicher Mehraufwand, kein wesentlicher Kostenaufwand –, und wir haben eine sinnvolle Karte. Aber nicht das Karterl, das Sie jetzt für 1 Milliarde Schilling produzieren!

Sie müssen die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen treffen, damit die Privatsphäre des Patienten gewahrt bleibt, ganz besonders gegenüber der Sozialversicherung. Die Vernetzungen des Zentralrechners der Sozialversicherungen sind ja sogar in dem Buch – wir haben es schon oft diskutiert – des Datenjägers bestens dokumentiert und sogar publiziert. (Abg. Smolle: Frau Kollegin! Da darf ich nicht zum Friseur gehen!) Nach diversen EU-Regelungen hätten sogar dritte EU-Organisationen wie ENFOPOL .und andere Zugriff auf diese geschützten Daten.

Ich weiß schon, daß diese Karte im Prinzip mehr kann, nur wird sie nicht für mehr genutzt! Und was ist sie derzeit daher? – Derzeit ist sie ein 40-Tonnen-LKW, der einen Schokoladeriegel transportieren darf – und nicht mehr. Und dafür ist sie ganz einfach wesentlich zu teuer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie immer zäumen Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, das Pferd von der falschen Seite auf. Sie müssen zuerst die Voraussetzungen schaffen, Sie müssen zuerst eine Straße bauen und können erst dann das Auto draufstellen – und nicht umgekehrt! Aber bis Sie gedanklich so weit sind, ist die jetzige Karte genau das, was ich zu Beginn gesagt habe: teurer Sondermüll! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als vorläufig letzte Rednerin in dieser Debatte hat sich Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.25

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Es gibt, glaube ich, selten ein Gesetz, von dem man aus tiefer Überzeugung sagen kann, daß es zum Vorteil für alle Beteiligten ist. Es wurde in der Debatte von Ihnen auch schon unterstrichen, wer in diesem Fall die Beteiligten sind und wer auch die Vorteile hat. (Abg. Haidlmayr: Der Patient nicht!)

Für mich stehen die Patienten im Vordergrund, und die Patienten haben einen deutlichen Vorteil, weil sie, wenn sie die Chipkarte haben, nicht mehr den Gang zu ihrem Arbeitgeber antreten müssen, um sich einen Krankenschein zu holen, und damit auch nicht mehr transparent machen müssen, wie oft sie einen Krankenschein benötigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Die Arbeitgeber haben den Vorteil, daß sie die erhebliche Manipulation mit zig Millionen von Krankenscheinen nicht mehr vornehmen müssen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.)

Die Ärzte haben den Vorteil, daß sie in einem vereinfachten Verfahren die Abrechnung mit der Sozialversicherung vornehmen können (neuerlicher demonstrativer Beifall des Abg. Smolle), und das kostenlos, weil ihnen die Einrichtungen dafür zur Verfügung gestellt werden.

Hauptnutznießer ist – dazu bekenne ich mich, denn das ist wichtig – unser österreichisches Sozialversicherungssystem, weil wir mit diesem Schritt den modernsten Innovationsschub bewirken können: in Richtung effizienter, zukunftsorientierter Verwaltung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haidlmayr: Zum "gläsernen Menschen"!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch einen fünften Nutznießer nennen: die Datenschutzsicherheit. Mit diesem System haben wir den Datenschutz noch besser abgesichert, als dies derzeit schon der Fall ist. Ich bin sehr stolz darauf, daß es in unserer österreichischen Sozialversicherung noch nie Verletzungen der Datenschutzbestimmungen gab. (Abg. Haidlmayr: Hahaha!) Damit ist das Vertrauen der Versicherten sichergestellt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Darum geht es auch in der Zukunft, sehr geschätzte Damen und Herren, und daher war es so wichtig, daß in allen Beratungen, die zum Zustandekommen dieses Gesetzes geführt haben, der Datenschutzrat ein wichtiger Gesprächspartner war. Ich möchte darauf verweisen, daß jene Passage, die Sie kritisch hinterfragen, in der es darum geht, daß sonstige Daten nur dann aufgenommen werden können, wenn es dafür eine bundesgesetzliche Grundlage gibt, eine Anregung des Datenschutzrates gewesen ist, denn damit liegt es in der Kompetenz des Gesetzgebers – und in diese Kompetenz habe ich Vertrauen –, auch in Zukunft den Datenschutz für die Versicherten und alle Beteiligten sicherzustellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Gredler hat hier auf eine Karte verwiesen, die in Deutschland ausgestellt wird und die sie selbst hat, darf ich Ihnen meine Informationen mitteilen: Die deutschen Kolleginnen und Kollegen sehen sich hier einer großen Problematik gegenüber, weil diese Karte extrem fälschungsgefährdet ist. Sie haben große Sorge dahin gehend, ob sie dieses System werden weiterführen können, und sie achten mit großem Interesse darauf, wie wir in Österreich die zukünftige Gestaltung in diesem Bereich vornehmen.

Ich bin daher sehr froh darüber, daß uns dieser Schritt gelungen ist. Ich glaube, es ist auch ein Beispiel dafür, was wir heute unter diesem Tagesordnungspunkt unter Fairneß diskutieren: Es sind alle beteiligten Partner aufeinander zugegangen und letztlich zu einem fairen gemeinsamen Vorschlag gekommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haidlmayr: Das stimmt ja nicht!) Es gibt einen Vertrag, der die Basis ist, und ein Gesetz, das die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes in einem klaren gesetzlichen Rahmen schützt.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Da auch die "Aktion Fairness" jetzt kurz angesprochen wurde: Auch ich habe mich bemüht, bei der Behandlung dieses wichtigen Anliegens Fairneß gegenüber der Arbeitgeberseite an den Tag zu legen. Ich habe versucht, ein Angebot im Rahmen der Beitragsregelung zu machen, und ich habe ein Paket vorgestellt, das es der Wirtschaft hätte leichter machen sollen, diese arbeitsrechtliche Angleichung zustande zu bringen. (Abg. Smolle: Frau Ministerin! Das Abzeichen müssen Sie aber nicht tragen! Sie sitzen hier als Ministerin und nicht als ÖGB-Frau!) Es konnte trotzdem kein Konsens gefunden werden, wir werden uns aber auch in Zukunft bemühen, einen solchen zu finden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich freue mich, daß wir nun mit der Beschlußfassung dieses Gesetzes den Startschuß für eine noch innovativere, noch modernere, noch zukunftsorientiertere Verwaltung in unserer österreichischen Sozialversicherung geben können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich noch Herr Abgeordneter Dr. Pumberger zu Wort gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.30

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zur "Aktion Fairness" würde es auch gehören, diese wichtige Debatte um die Einführung der Chipkarte, die wirklich eine revolutionäre Angelegenheit ist, nicht für einen Wahlkampf für die Gewerkschaft zu mißbrauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abgeordneten Dr. Gredler und Smolle.)

Herr Kollege Nürnberger und Herr Kollege Stummvoll reden hier nur von der "Aktion Fairness", führen hier eine Gewerkschaftsdebatte, und die Debatte über die Chipkarte tritt völlig in den Hintergrund, und der Herr Präsident erteilt keinen einzigen Ruf zur Ordnung. (Abg. Silhavy: Und was ist mit dem Gaugg?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Gleich zur Sache. Sie sagen, der größte Vorteil ist, daß das lästige Manipulieren mit dem Krankenschein wegfällt, wenn die Chipkarte kommt. – Ich kann Ihnen folgendes sagen: Von den 42 Millionen Krankenscheinen, die derzeit pro Jahr ausgestellt werden – da sind auch die Überweisungsscheine, Sonntagsdienstscheine, Vertreterscheine, Nachtdienstscheine und vieles mehr dabei –, werden weiterhin nach wie vor etwa 25 bis 30 Millionen Krankenscheine erhalten bleiben. Jeder Arzt – 60 Prozent der Ärzte arbeiten noch nicht mit EDV, und auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich daran nicht sehr viel ändern – muß sich jeden Krankenschein selbst ausstellen. Es wird nur die bürokratische Arbeit von den Betrieben in die Ordinationen verlagert, Herr Maderthaner. Der Verwaltungsaufwand in den Ordinationen wird erhöht, und die Zeit, die der Arzt für die Patienten zur Verfügung hat, wird weniger werden. Und das ist zum Nachteil für die Patienten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, daß wir in der dritten Lesung dagegen stimmen werden.

Herr Kollege Maderthaner! Wenn Sie sagen, die Unternehmer sparen 440 Millionen Schilling pro Jahr für die Ausstellung von etwa 8 Millionen Krankenscheinen – mehr sind es nicht, die die Arbeitnehmer für ihre Mitversicherten pro Jahr brauchen, alles andere sind Vertreterscheine, Pensionistenscheine und vieles mehr –, dann müssen Sie für die Ausstellung eines einzelnen Krankenscheines in den Betrieben etwa 60 S berechnen. Ich glaube nicht, daß das soviel ausmacht. Da wird mit Zahlen operiert, die aus der Luft gegriffen sind, damit Sie rechtfertigen können, daß Sie aus den Taschen der Gewerbetreibenden, Ihrer Zwangsmitglieder in der Kammer, 300 Millionen Schilling abzwacken. Damit Sie das rechtfertigen können, sagen Sie ihnen, sie sparen sich 440 Millionen Schilling pro Jahr. Aber das stimmt ganz einfach nicht. Das sind Zahlen, die nicht belegt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesministerin! Von wegen Datenschutz. Ich habe hier den Artikel: "Chipcard für gläserne Schüler". Darin steht, daß die Chipkarte auch für das Schulwesen und für den Arbeitsmarkt zugänglich sein kann. Das hat auch schon Herr Kollege Öllinger gesagt. Wenn man aber eine Chipkarte mit einer Speicherkapazität von 64 MB einführt – das entspricht einer Kapazität, einem Volumen von 32 000 maschingeschriebenen Buchseiten –, aber tatsächlich nur Daten, die auf zwei Zeilen eines Rezeptformulars Platz haben, speichert – ich habe zufällig eines mit: Name, Adresse, Versicherungsnummer und Geburtsdatum stehen in zwei Zeilen –, dann muß doch noch irgend etwas geplant sein. (Abg. Dr. Graf: Da ist etwas im Busch!)

Daher steht eine Erweiterung, von der rote und schwarze Parteikollegen immer wieder sprechen, im Raum. Wie diese Erweiterung ausschauen wird, ob man den "gläsernen" Schüler, den "gläsernen" Patienten, den "gläsernen" Arbeitsmarkt realisieren wird, ob man medizinische Daten und vieles mehr darauf speichern wird, wird sich zeigen. Daher werden wir aus Vorsichtsgründen in der dritten Lesung diese Chipkarte ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung ist nicht verlangt worden.

Wir stimmen jetzt über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2002 der Beilagen.

Die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen haben dazu einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die Teile des Entwurfes, die von diesem Zusatz- und Abänderungsantrag betroffen sind, zuerst abstimmen lassen und dann über die restlichen.

Der Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betrifft die Einfügung neuer Ziffern 3 und 4.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 1 § 31b Absatz 1 bezieht.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dem zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, bisher noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Teil ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend wünschenswerte Modifikationen der Chipkarte.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge dies durch ein Zeichen bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend Chipkarte.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2003 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1909 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (57. Novelle zum ASVG), und

über den Antrag 1146/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 189/1955), zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 68/1999, und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (BGBl. Nr. 560/1978), zuletzt geändert durch das BGBl. I 16/1999, geändert werden (2004 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 859/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend lohnsummenabhängigen Dienstgeberbeitrag in der Sozialversicherung (2005 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 864/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Wochengeldanspruch für freie Dienstnehmerinnen (2006 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 865/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Informationspflicht der Sozialversicherungsträger (2007 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1015/A (E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechts und Strukturreform der Sozialversicherungsträger (2008 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1151/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz vom 30.11.1978 über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2011 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1912 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (27. Novelle zum B-KUVG) und das Karenzgeldgesetz geändert werden (2012 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1910 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG) (2013 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 892/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (GSVG) geändert wird (2014 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1147/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Anpassung der Beitragsgrundlage nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz an das tatsächliche Einkommen (2015 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1911 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (23. Novelle zum BSVG) (2016 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1148/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Wahlmöglichkeit für Bauern zwischen der Beitragsbemessung aufgrund des Einheitswertes und einer Bemessung anhand des tatsächlichen Einkommens (2017 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 5 bis 16 der Tagesordnung. Die Debatte zu diesen Punkten wird unter einem durchgeführt.

Berichterstatter zu den Punkten 5 bis 11 ist Herr Abgeordneter Dietachmayr, dem ich jetzt zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zum schriftlichen Ausschußbericht 2004 der Beilagen das Wort erteile. – Bitte, Herr Berichterstatter.

Berichterstatter Helmut Dietachmayr: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich bringe zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zur Regierungsvorlage 1909 der Beilagen und dem Antrag 1146/A im Bericht 2004 der Beilagen einige Druckfehlerberichtigungen. Ich bitte, folgende Druckfehler zu berücksichtigen:

1. Im fünften Absatz des Berichtes ist im zweiten Satz das Wort "Änderungen" durch das Wort "Änderung" und das Wort "maginal" durch das Wort "marginal" zu ersetzen.

2. Im angeschlossenen Gesetzestext sind in der Ziffer 1 die Worte "den Ausdruck" durch die Worte "den folgenden Ausdruck" zu ersetzen und das Anführungszeichen am Ende mit dem vorstehenden Punkt zu tauschen.

Danke, Herr Präsident.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für die Druckfehlerberichtigung.

Ein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung zu den Tagesordnungspunkten 6 bis 16 liegt nicht vor.

Wir gehen daher sofort in die Debatte ein.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Gaugg als Erstredner das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.43

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wer ist schon geneigt, seine 4 Minuten Redezeit für die Qualität der Gesetze zu verwenden? Diese Punkte waren der "Höhepunkt" des gesamten sozialen Bereiches, die am 30. Juni dieses Jahres im Sozialausschuß behandelt wurden. Während dieser Sitzung, in der eine Fülle von Gesetzesmaterien zu beschließen war, wurde sogar noch eine Abänderung zu einer Abänderung eingebracht, und Anträge der Opposition, die seit Jahren vorliegen, hat man liegen gelassen. Selbst beim ASVG gab es noch Änderungen – drei an der Zahl –, und auch beim Karenzgeldgesetz, und das unmittelbar vor und während der Sitzung!

Die Vertreter der Oppositionsparteien haben darauf hingewiesen, daß das mit Fairneß nichts zu tun hat – und Fairneß sollte es auf allen Ebenen geben! Daß man aber die Oppositionsanträge jahrelang liegen läßt, während die Regierungsparteien selbst noch während der Sitzung Änderungen durchführen – weil man sich im unklaren ist –, ist in hohem Maße unfair!

Herrn Abgeordneten Feurstein, der gemeint hat: Wir suchen die Zusammenarbeit!, muß ich schon fragen: Wo waren Sie denn in den letzten zwei Jahren, als wir die Zusammenarbeit haben wollten, weil auch Anträge der Oppositionsparteien, wie zum Beispiel der Antrag meines Kollegen Dolinschek betreffend Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechtes, zumindest diskussionswürdig sind und auf eine Tagesordnung gesetzt gehören?

Man sollte einmal darüber nachdenken, den Weg in die Zukunft auch in der Verwaltung, auch in den Sozialversicherungen zu beschreiten. Sie feiern jetzt die Chipkarte als "epochales Ereignis". Wenn das ein epochales Ereignis sein soll, dann, muß ich sagen, sind aber auch die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß alle Österreicher in der Frage der Sozialversicherung eine Gleichbehandlung erfahren. Sie alle zahlen ihre Steuern nach demselben System, sie sind Bürger dieses Landes und haben auch einen Anspruch darauf, die gleichen sozialen Rechte zu haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich frage mich, warum Sie sich dagegen wehren! Warum wehren Sie sich dagegen, zeitgemäße, zukunftsorientierte Sozialversicherungen zu haben? – Der Hauptgrund dafür kann ja nicht sein – ich nehme das nicht an –, daß es dort nur rote und schwarze Funktionäre gibt, die eine – zumindest papiermäßige – Beschäftigungstherapie brauchen. Diese Fortführung der Nicht-Durchschaubarkeit spiegelt sich in diesen über 100 Novellierungen wider.

Frau Bundesministerin! Es wäre hoch an der Zeit, ein nachvollziehbares Sozialversicherungsgesetz ins Leben zu rufen, das dem Leistungsberechtigten die Chance gibt, zu erkennen, ob er einen Anspruch hat oder nicht. Nicht zuletzt deshalb, weil es ein Wirrwarr von Gesetzen und Novellierungen gibt, kommt es zu so vielen Klagen vor dem Arbeits- und Sozialgericht. Die zersplitterte Gesetzeslage, die Mißachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, die Zergliederung und letztlich die ineffiziente und kostspielige Verwaltung tragen nicht dazu bei, die Zukunft zu meistern.

Ich möchte Sie wirklich ersuchen, ja bitten, in Hinkunft auch jene Vorschläge, die seitens der Oppositionsparteien eingebracht werden, zumindest ernsthaft zu diskutieren. Es kann doch als zuständige Ressortministerin nicht in Ihrem Interesse sein, all das beiseite zu schieben. Es wäre wirklich an der Zeit, eine einheitliche gesetzliche Basis für alle Österreicher zu schaffen. Das ist naheliegend! Denn wenn wir von 27 Sozialversicherungsanstalten sprechen, so ist das noch nicht die ganze Wahrheit, weil wir außerdem noch 33 Landesstellen und 116 Außenstellen haben. Es kann nicht in Ihrem Interesse sein, daß die Beiträge der Mitglieder letztlich für die Selbstverwaltung verwendet werden. Man drückt es immer vornehm in Prozenten aus, aber in Summe ist das ein beachtlicher Betrag von mehreren hundert Millionen Schilling – und dabei sind die Nebenkosten noch nicht berücksichtigt.

Zu einer modernen Verwaltung gehört auch das Durchforsten der bestehenden Gesetzgebung. Ein solches Durchforsten der bestehenden Gesetze ist hoch an der Zeit, damit wir im nächsten Jahrtausend in unserem Lande eine Sozialgesetzgebung haben, die letztlich allen Versicherten eine nachvollziehbare, wirkungsvolle Tätigkeit und eine gesicherte Zukunft bietet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Seidinger. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Dr. Ofner: Seidinger, verlaß mich nicht!)

12.47

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte noch im Saal verbliebene Damen und Herren! Kollege Ofner hat die große Sorge, daß, sobald ich aus dem Nationalrat ausscheide, nicht mehr ich, sondern er der Alterspräsident ist, wenn er weiter herinnen bleibt. – Diese Ehre sei dir gerne überlassen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Ofner: Danke!)

Geschätzte Damen und Herren! Die Tagesordnungspunkte 5 bis 16 zeigen eine Reihe von Dingen auf, anhand derer wir sehen, daß in unserem Versicherungswesen – egal, ob nun nach dem ASVG, BSVG oder GSVG – Novellierungen einfach notwendig sind. Da Kollege Gaugg meint, das sei ein schlechtes Zeugnis, sage ich umgekehrt dazu: Es besteht ein Regelungsbedarf! Und wo es Lücken gibt – oder im Laufe der Zeit auch Veränderungen –, sind diese nicht nur zu erfassen, sondern auch zu schließen, um letztendlich mehr Gerechtigkeit für alle Teile der Versicherten in Österreich schaffen zu können.

Ich möchte nur einige wenige Punkte herausnehmen. Mit der 57. Novelle zum ASVG – Behinderte – wird, zurückgehend auf eine Anregung des Kriegsopfer- und Behindertenverbandes Österreichs, eine Ungleichbehandlung hintangehalten. Unfälle von Behindertenvertrauenspersonen, die diese in Ausübung ihrer Tätigkeit beziehungsweise auf Schulungskursen erleiden, werden ausdrücklich den Arbeitsunfällen gleichgestellt. Das war bisher nicht der Fall, und ich betrachte das als richtig und notwendig.

Ein zweiter Punkt betrifft eine knappschaftliche Regelung, über die ich, glaube ich, ein bißchen länger sprechen muß. Durch eine deutliche Klarstellung im zeitlichen Anwendungsbereich gelingt es nun, eine bedauerliche Regelungslücke in bezug auf die knappschaftliche Versicherung zu schließen. Mit der 51. ASVG-Novelle wurde nämlich durch den neugeschaffenen § 248b jenen Personen, die nicht der knappschaftlichen Pensionsversicherung leistungszugehörig waren, aber höhere Beiträge geleistet haben, auf Antrag eine Anrechnung zur Höherversicherung zugestanden. Im Urteil des OGH vom 6. Februar 1996 wurde jedoch die Auffassung vertreten, daß diese Regelung keinesfalls auf jenen Personenkreis Anwendung findet, der vor dem 31. Oktober 1975 aus einem knappschaftlichen beziehungsweise diesem gleichgestellten Betrieb ausgeschieden ist.

Um Härtefälle zu vermeiden, wurde in der 55. ASVG-Novelle eindeutig klargestellt, daß auch Personen, die vor dem genannten Datum unfreiwillig ausgeschieden sind, von der Möglichkeit der Höherversicherung Gebrauch machen können. Diese Regelung trat mit 1. August 1998 in Kraft und war damit auf Pensionen mit einem früheren Stichtag nicht anwendbar.

Dies führte, wie sich gezeigt hat, wiederum zu einem benachteiligten Personenkreis, denn jene Personen, die unfreiwillig, zum Beispiel aufgrund von Umschulungsmaßnahmen des AMS und ähnlicher Einrichtungen, die Bergmannstätigkeit vor dem 1. November 1975 aufgaben und bereits vor dem 1. August 1998, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der 55. ASVG-Novelle, in Pension waren, konnten von der Neuregelung nicht profitieren. Es waren keine Übergangsbestimmungen vorgesehen, die eine Neuberechnung dieser Pensionen möglich machten.

Um nun diese Lücke zu schließen, werden in der vorliegenden Novelle durch eine neue Übergangsbestimmung auch die Pensionen mit Stichtag 1. Juli 1993 bis 1. Juli 1998 erfaßt, sodaß nun auf Antrag eine Neubemessung möglich ist. – Die Legitimation, dazu zu sprechen, leite ich von der Ehre ab, daß ich vor wenigen Jahren in die Gilde der Knappschaftsältesten aufgenommen wurde, und daher habe ich mir erlaubt, das Wort dazu zu ergreifen.

Zur 24. Novelle zum GSVG, in der es um die Selbstversicherung, um die Krankenversicherung geht, habe ich einen Abänderungsantrag einzubringen, er ist aber nur darauf zurückzuführen, daß im Gesetzestext aus technischen Gründen einfach zwei Zeilen fehlen; ich bin gezwungen, den ganzen Text vorzulesen.

Der Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 2013 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1910 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum GSVG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

§ 281 Abs. 4b in der Fassung der Z 7 lautet:

"(4b) Personen, die im Jahr 1999 durch mindestens sechs Monate gemäß § 85 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit Abs. 3 anstelle von Sachleistungen Anspruch auf die Gewährung von baren Leistungen haben und für die in der Zeit vom 1. Jänner 2000 bis längstens 31. Dezember 2001 auch nach anderen bundesgesetzlichen Vorschriften eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet wird, haben weiterhin Anspruch auf die Gewährung von baren Leistungen, solange keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eintritt und unbeschadet der Bestimmungen des § 274 Abs. 4 die vollen Beiträge entrichtet werden. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist die Entrichtung eines Beitrages gemäß § 25a Abs. 4."

*****

Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.

Darüber hinaus gibt es noch die 23. Novelle zum BSVG, in der die Nebentätigkeiten, Bäuerinnenpensionen und dergleichen geregelt werden.

Aber es ist für mich, wie für so viele von uns, die zum letzten Mal in diesem Hause hier beim Rednerpult stehen, verlockend, noch einige persönliche Gedanken einzubringen. Wenn ich auch 40 Jahre lang dem Berufsstand der Lehrer angehört habe, so brauchen Sie sich keine Sorge zu machen, daß ich nun den Oberlehrer spielen werde. Das steht mir erstens nicht zu, paßt zweitens nicht zu meinem Naturell, und es wäre, glaube ich, drittens, wenn man viele Jahre diesem Hause angehört hat, das verfehlteste, jenen, die noch kommen beziehungsweise hier bleiben, im nachhinein gute Ratschläge erteilen zu wollen.

Meiner Überzeugung nach aber ist – und das paßt unmittelbar zu diesem Thema – der Sozialstaat Österreich eine Erfolgsgeschichte sondergleichen! Dieser Sozialstaat, aufbauend nicht nur auf ASVG, BSVG, GSVG, Pensionsrecht und dergleichen, erfordert meiner Meinung nach nicht den Blick zurück, sondern daß wir ihn erhalten, weiter ausbauen und – soweit das noch notwendig und möglich ist – verbessern.

Österreich hat eine einzigartige Stellung innerhalb Europas und der ganzen Welt erreicht; wer sich im europäischen Bereich umhört und umsieht, bekommt das immer wieder bestätigt. Als Kind der dreißiger Jahre, in denen es in Österreich 600 000 Arbeitslose gab – und das bei 1,3 Millionen Beschäftigten! –, weiß ich selbst genau, was es geheißen hat, daß etwa mein Vater – wir waren fünf Kinder! – nach der Arbeitslosigkeit "ausgesteuert" war. Diesen Begriff kennen die jüngeren Menschen heute gar nicht mehr; das war aber ein fürchterliches Urteil für all jene, die davon betroffen waren.

Heute haben wir Sicherheit nach innen und außen. Wir haben Pensionen, deren System im Jahre 1997 reformiert wurde. Als Seniorensprecher des Pensionistenverbandes und Abgeordneter dieses Parlamentes halte ich es für notwendig und wichtig, daß wir uns zum Umlageverfahren bekennen (Beifall bei der SPÖ) und alle anderen Überlegungen, die im Zusammenhang mit Kapitaldeckungsverfahren, Drei-Säulen-Modellen oder was auch immer stehen, sehr gewissenhaft und kritisch anstellen!

Die ältere Generation, also jene, die über 60 Jahre alt sind, umfaßt heute in Österreich über 2 Millionen Menschen. Diese wollen mitreden, mitbestimmen, mitverantworten.

Daß eine Jugendstudie gezeigt hat, daß Handy und Internet "mega in" sind – auch die ältere Generation beschäftigt sich damit – und Kirche und Politiker hingegen "mega out" sind, muß uns allen zu denken geben!

Winston Churchill hat einmal gesagt, daß die Demokratie zwar keine besonders gute Staatsform sei, aber die beste, die er kennt. – Ich möchte dazu sagen: Als Sozialdemokrat wünsche ich mir, daß es in unserer Demokratie eine Weiterentwicklung gibt, Weiterentwicklung auch im Sinne der Fairneß!

Ich wünsche diesem Hause für die nächsten Jahre und Jahrzehnte viel Erfolg. – Glück auf! (Allgemeiner Beifall.)

12.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Seidinger vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Herr Abgeordneter Seidinger! Ich möchte die Glückwünsche, die Sie an das Haus gerichtet haben, auch im Namen des Präsidiums des Nationalrates entgegnen. Ich bedanke mich sehr und wünsche Ihnen alles Gute für Ihr weiteres Leben.

Ich habe Sie, wenn ich mir das Urteil erlauben darf, oft im Hause als Redner erlebt. Sie gehörten zu jenen Abgeordneten, die immer, auch in schwierigen Situationen, mit Augenmaß argumentiert haben, und ich meine, dafür müssen wir besonders dankbar sein. Abgesehen davon haben wir beide nicht nur gemeinsame Stunden in diesem Hause erlebt, sondern auch in fernen Landen (Abg. Dr. Ofner: Da schau her!), und das hat uns in besonderer Weise einander nähergebracht – wenn ich das so sagen darf.

Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihren weiteren – und hoffentlich noch langen! – Lebensweg. (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

12.58

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Im ersten Teil seines Debattenbeitrages hat Kollege Seidinger vom Regelungsbedarf gesprochen. – Das hat schon etwas für sich, ich sage allerdings dazu: Es ist das auch ein Reparaturbedarf. Das ist genau das, was wir in der Hektik der letzten Wochen erlebt haben, nämlich wie sich die meisten Materien, die auf der Tagesordnung stehen, entwickelt haben – bis hin zum Auszug der Opposition aus den Ausschußberatungen wegen der extrem kurzen Fristen. Insofern ist Regelungsbedarf nicht immer gleich Regelungsbedarf. Bei diesen Vorlagen ist es einerseits mehr Reparaturbedarf, andererseits auch eine Nachbesserung der finanziellen Dimensionen wie Umschichtungen zwischen Unfallskassen und Krankenversicherungen.

Das, was nun vorliegt, hat also sehr viel Improvisationscharakter. Daher greife ich den Wunsch des Kollegen Seidinger dahin gehend auf, daß ich ihn auch als Appell sehe, in der nächsten Legislaturperiode vielleicht wieder zu konsistenteren Beschlußfassungen zu finden und Reparaturen, wenn wir sie machen müssen, sozusagen größerflächig anzulegen. Das wäre dann auch ein Beitrag zur zuletzt diskutierten "Aktion Fairness".

Im einzelnen möchte ich nur ein paar Schlaglichter darauf werfen und insbesondere meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, daß es gelungen ist, die Problematik der Künstler zumindest in der Warteposition zu halten. Gelöst ist sie ja noch nicht.

Ich möchte darauf hinweisen, daß die liberale Fraktion bei ihrer Forderung, die derzeitigen Dienstgeberbeiträge endlich durch lohnsummenabhängige zu ersetzen, nicht nachgeben wird, und zwar bei Senkung der Sätze, weil wir der Meinung sind, daß das aus administrativer Sicht einfacher ist und auch sozialversicherungsvermeidenden Gestaltungen von Rechtsverhältnissen vorbeugt, um das so zu formulieren. – Das ist ein weiterer Aspekt. Diese Forderung wird aber heute keine Mehrheit finden.

Zum Antrag des Kollegen Öllinger, der unter Tagespunkt 8 zu finden ist: Ich verstehe den Antrag völlig, sage Ihnen aber, warum wir ihm nicht zustimmen werden: Seine Umsetzung ist nicht möglich! – Lieber Kollege Öllinger! Wenn die Sozialversicherungsträger tatsächlich in diese Informationspflicht genommen würden, wie du sie forderst – und ich bringe dafür viel Sympathie auf –, dann würden sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent zusammenbrechen. Sie sind nämlich nicht in der Lage, dieser Pflicht nachzukommen, weil sie sich selbst nicht mehr auskennen.

Daß du das durch den Antrag symbolisch ausdrückst, findet meinen Beifall, aber aus den Gründen, die ich gerade genannt habe, nämlich daß ich sie eben doch noch nicht ganz lähmen will, stimmen wir nicht zu. – Diese heitere Note war jetzt, glaube ich, ganz wertvoll.

Weniger heiter ist der Umstand, daß der Antrag meiner Klubobfrau hinsichtlich der Gleichstellung von Lebensgemeinschaften heute wieder nicht die Mehrheit finden wird, was wir sehr bedauern.

Zur gewerblichen Sozialversicherung, zu der wir unseren Antrag gestellt haben – es geht um die Gründerwelle –: Ich gebe schon zu bedenken, daß man sich damals, als die Bemessungsgrundlagen für Unternehmensgründer sympathischer gestaltet wurden, extrem unfair verhalten hat. Man hat nämlich all jenen, die in der ersten Gründerwelle das getan haben, was wir uns erhofft hatten, nämlich Unternehmen gegründet haben, nachträglich mitgeteilt, daß sie sozusagen blöd waren, weil sie nicht gewartet haben, bis der langsame Gesetzgeber die Bemessungsgrundlage für die Unternehmensgründer herabgesetzt hat. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Das war so unfair, daß ich sagen muß – und das habe ich in meinem beruflichen Alltag oft genug erlebt –: Manche Leute sind seither wirklich böse! Sie haben damit einen schweren Fehler gemacht, den Sie aber ausbessern hätten können, indem Sie unserem Antrag zugestimmt hätten, denn in diesem Fall wäre die Rückwirkung fair gewesen – aber leider haben Sie das nicht gemacht. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.03

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Es ist schon richtig, daß wir jetzt zwölf Tagesordnungspunkte in einer gemeinsamen Debatte behandeln, ich möchte aber doch darauf hinweisen, daß von diesen zwölf Vorlagen vier von der Regierung stammen, aber acht Anträge der Opposition, zu denen die Berichte vorliegen. Man sollte das so sehen. Es ist, glaube ich, richtig, daß das von der Präsidiale so zusammengefaßt wurde, weil ein enger Zusammenhang gegeben ist.

Ich persönlich habe es bedauert, meine Damen und Herren, daß Sie im Ausschuß nicht mit dabei waren, wodurch wir Ihre Anträge nicht gemeinsam behandeln und erörtern konnten. Wir haben zu jedem Antrag Stellung genommen; ich erspare mir das jetzt, da Abgeordneter Kier schon auf einige Anträge eingegangen ist.

Folgendes möchte ich aber schon feststellen, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen: Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, daß es in einem Ausschuß Abänderungsanträge gibt. Wenn es in den Ausschüssen keine Abänderungsanträge gäbe, wenn die Regierungsvorlagen nur einfach akzeptiert werden, würde sich der Parlamentarismus nicht in der Art und Weise artikulieren, wie dies der Fall sein soll. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe daher die Einwände, insbesondere jene des Kollegen Öllinger, nicht verstanden. Ich habe nicht verstanden, daß er nicht bereit war, über die Abänderungsanträge, auch über seine Abänderungsanträge, Entschließungsanträge und Selbständigen Anträge zu beraten und zu verhandeln. – Das zu diesem Punkt.

Mit den vorliegenden Novellen zu den Sozialversicherungsgesetzen schließen wir, so meine ich, ein Vorhaben ab, das im Jahre 1997 mit der Pensionsreform eingeleitet wurde. Ab 1. Jänner 2000 werden wir in vielen Bereichen der Sozialversicherung endgültig ein neues System haben, nämlich durch die vollständige Einführung der Bestimmungen für die neuen Selbständigen. Die Entwicklung Werkverträge/neue Selbständige wird abgeschlossen. Es werden noch Adaptierungen, die notwendig sind, um dieses System mit 1. Jänner 2000 voll wirksam werden zu lassen, geschaffen.

Ich begrüße das für den Bereich der bäuerlichen Sozialversicherung, den Bereich der gewerblichen Sozialversicherung und auch im allgemeinen Sozialversicherungsrecht. Ich begrüße insbesondere – Frau Ministerin, ich möchte mich dafür bei Ihnen auch bedanken –, daß wir den freien Berufen, soweit sie eben in der Krankenversicherung das Opting-out wählen, erweiterte Möglichkeiten der freiwilligen Selbstversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung bieten. Ich glaube, das ist sehr wichtig, und es wird damit auch einem Anliegen der freien Berufe weitgehend Rechnung getragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt weitere Verbesserungen – einige hat Kollege Seidinger bereits erwähnt –, ich möchte nur noch darauf hinweisen, daß es für Frauen in zwei Bereichen im Zusammenhang mit der Kindererziehung sehr wichtige Verbesserungen gibt. Es wird in Zukunft möglich sein, bei einer Neuberechnung der Berufsunfähigkeitspension, der Invaliditätspension anläßlich des Übertritts in die Alterspension die Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen, wenn sie nicht schon vorher am Stichtag berücksichtigt worden sind. Also: Berufsunfähigkeit, Invalidität schaden der Frau, der Mutter nicht mehr, auch in diesem Fall werden die Kindererziehungszeiten berücksichtigt.

Müttern mit behinderten Kindern – das ist ganz wichtig! – werden in Zukunft die Jahre der Betreuung, der Erziehung, der Pflege behinderter Kinder – die vollen Zeiten! –, als Beitragszeiten im Rahmen der freiwilligen, verbesserten Selbstversicherung angerechnet.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß wir mit diesen Gesetzen eine Phase der Veränderung, der Erneuerung unseres Pensionssystems abschließen, die 1996/1997 begonnen wurde. Wir können sagen, daß die Maßnahmen gegriffen haben. Wir haben heute eine Krankenversicherung, die im Jahre 1998 einen Überschuß erzielt hat. Wir haben eine Pensionsversicherung mit einem der niedrigsten Bundeszuschüsse, die es jemals gab – im Jahr 1999 wird es voraussichtlich zu einem Bundeszuschuß zwischen 23 und 24 Prozent der gesamten Pensionsleistungen kommen; im Jahre 1986 waren es über 30 Prozent. Das bewirken die Maßnahmen, die wir gesetzt haben.

Wir haben natürlich auch die steigende Zahl der Neuzugänge in die Pension gebremst. Wir haben ein gutes System, denn wir müssen die Menschen nicht aus der gesetzlichen Sozialversicherung hinausdrängen, wie das jetzt zum Beispiel in Deutschland der Fall ist. Dort sagt man den Menschen: Ihr müßt selbst Lebensversicherungen abschließen, damit für euch gesorgt ist! Wir können sagen: Jawohl, unser gesetzliches Sozialversicherungssystem ist gesichert, ist gewährleistet, und zwar in allen Bereichen, meine Damen und Herren!

Ich verkenne nicht, daß es ein ganz wesentliches Verdienst der Frau Ministerin Hostasch ist, daß wir diesen Weg gegangen sind! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eine klare Festlegung – ich möchte zu den Aussagen des Abgeordneten Nürnberger Stellung nehmen –: Wir von der ÖVP haben uns genauso wie die SPÖ dafür eingesetzt, daß die "Aktion Fairness", die Angleichung der Rechte der Arbeiter und der Angestellten in das Regierungsprogramm aufgenommen wurde. Wir lassen uns von Herrn Abgeordneten Nürnberger nichts unterstellen, meine Damen und Herren!

Wir waren immer gesprächsbereit – Herr Abgeordneter Nürnberger hingegen nicht immer. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Wir waren gesprächsbereit, als die ÖGB-Vertreter in den ÖVP-Klub kamen. Wir haben sie ersucht, die letzten 14 Tage für eine Einigung in dieser Frage zu nützen, und ihnen auch ganz konkret gesagt, in welche Richtung die Einigung erfolgen könnte; wir haben dort ein bestimmtes Verständnis dafür gesehen.

Frau Abgeordnete! Ich habe mir dann von den Expertengesprächen berichten lassen und erfahren, daß man sich bei den Expertengesprächen gegenseitig die kalte Schulter gezeigt hat.

Wer hat, als es um die Schlußrunde der Sozialpartner ging, gefehlt? – Der Herr Vizepräsident des ÖGB, Abgeordneter Nürnberger!

Und wer fehlte, als die Frau Ministerin die Klubobmänner und die ÖVP- und SPÖ-Sozialsprecher informierte? – Herr Abgeordneter Nürnberger!

Er aber stellt sich heute hier her und beschuldigt andere, meine Damen und Herren! – Das, was hier geschehen ist, ist allerhand! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Meine Damen und Herren! Der Theaterdonner, der vom Abgeordneten Nürnberger veranstaltet wurde, war für mich Zeichen genug, Frau Abgeordnete: Er wollte sich rechtfertigen. Wer so argumentiert, wie Abgeordneter Nürnberger argumentiert hat, hat ein schlechtes Gewissen, weil er nicht verhandelt hat, weil er sich nicht bemüht hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das ist lächerlich!)

Jawohl, der ÖGB hat hinsichtlich des Scheiterns der Verhandlungen einen ganz wesentlichen Anteil zu verantworten. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Ich beschuldige den ÖGB von diesem Rednerpult aus, daß es ihm nicht darum gegangen ist, einen Kompromiß, eine Einigung herbeizuführen, sondern er wollte – das hat man heute gemerkt, und das hat auch Abgeordneter Stummvoll gesagt – ein Thema für die Wahlauseinandersetzung haben. Aber das geben wir Ihnen nicht, das sage ich Ihnen mit aller Deutlichkeit, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Wer so laut schreit, wie das Abgeordneter Nürnberger getan hat, ist im Unrecht! Immer dann, wenn geschrien wird, ist man im Unrecht, meine Damen und Herren. Wir von der ÖVP sind für eine faire, klare Auseinandersetzung in dieser Frage. (Beifall bei der ÖVP.)

13.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

13.11

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ohne auf das von Herrn Kollegen Dr. Feurstein angesprochene Thema inhaltlich einzugehen, möchte ich der Korrektheit halber festhalten, daß Herr Abgeordneter Nürnberger zu den von Ihnen, Herr Dr. Feurstein, zitierten Gesprächen gestern nicht eingeladen war. Diese Gespräche wurden als Gespräche mit den Präsidenten beziehungsweise Generalsekretären der Sozialpartnerschaft vorgesehen und nicht auch als solche mit den Vizepräsidenten. Wären auch Vizepräsidenten vorgesehen gewesen, hätte auch Vizepräsident Neugebauer zum Beispiel dabeisein sollen.

Ich habe also ausschließlich auf dieser Ebene zu diesem Gespräch eingeladen und das auch so den Klubobleuten zur Kenntnis gebracht.

Ich meine, der Fairneß halber mußte das klargestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.12

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Angesichts der eher schütter besetzten Reihen hier werde auch ich versuchen, meine Ausführungen möglichst kurz zu fassen. (Abg. Dr. Khol: Ich höre Ihnen immer gerne zu!)

Herr Abgeordneter Khol! Ich knüpfe gleich an eine Rede an, die beim vorigen Tagesordnungspunkt zur "Aktion Fairness" geführt wurde. Mir geht es jetzt nicht um die Auseinandersetzung zwischen ÖVP und SPÖ, aber da Kollege Nürnberger behauptet hat, die Chipkarte sei sozusagen frei von dem Geruch, zwischen Arbeitern und Angestellten zu differenzieren, möchte ich ihn in diesem Punkt korrigieren. Da die Chipkarte im ASVG geregelt ist und das ASVG nur so wimmelt von der Unterscheidung zwischen den verschiedenen Gruppen, in erster Linie zwischen den Arbeitern und Angestellten, ist schon die Frage zu stellen, ob Abgeordneter Nürnberger weiß, wovon er spricht.

Wenn wir die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten haben wollen, dann betrifft das ganz massiv das ASVG – und das ist auch richtig so. Ich stehe zu den Inhalten dieser "Aktion Fairness". Ich sehe darin keine Punkte, die die Grünen nicht mittragen könnten. Wir selbst haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen.

Gerade in diesem Zusammenhang erinnere ich daran, daß wir vor ein paar Tagen das Bundesrechtsbereinigungsgesetz beschlossen haben, daß aber, was das unterschiedliche Kündigungs- und Entlassungsrecht betrifft, für die Arbeiter im Gewerbe noch immer Bestimmungen der Gewerbeordnung von 1867 in Kraft sind, wonach das Hantieren mit offenem Feuer einen Entlassungsgrund darstellt. Das ist nicht herausgenommen worden! Das ist nicht rechtsbereinigt worden. Das gilt nach wie vor, weil es eben nicht möglich war, daß Sie beide ein gemeinsames Kündigungs- und Entlassungsrecht zu akkordieren, das die Arbeiter im Gewerbe endlich von diesen antiquierten Bestimmungen befreien würde. Aussatz im Gesicht gilt noch als Entlassungsgrund – das ist gängiges Entlassungsrecht, Herr Abgeordneter Feurstein! Erklären Sie einmal jemanden, wie man das noch vertreten kann! Man kann es nicht vertreten.

Der Wirtschaftsminister hat mir, als ich ihn bei der letzten Gewerbeordnungsdebatte darauf angesprochen und auch einen entsprechenden Antrag eingebracht habe, diese Bestimmungen des Gewerberechts, die in einem Annex geregelt sind, abzuschaffen, geantwortet, daß es diese Bestimmungen nicht mehr gäbe, wie ihm seine Ministerialbeamten erklärt haben. Er wurde dann von den Beamten des Sozialministeriums dahin gehend belehrt, daß es sie doch noch gibt.

Meine Damen und Herren! Das ist Rechtswirklichkeit in Österreich: 1867 – Ausschlag, offenes Feuer sind Entlassungsgründe. Wir reden teilweise wirklich über Materien, bei denen man sich schämen müßte, daß man darüber noch debattieren und reden muß.

Eines ist wohl klar: Im ASVG wird es sehr schwierig. Damit bin ich schon beim nächsten Punkt. Wir haben die 56. Novelle schon beschlossen, die 57. können wir jetzt abhaken – das war auch ein Punkt der Debatte. Bitte, es kann doch nicht wahr sein, daß wir in einer Parlamentssitzung zwei numerierte und eine nicht numerierte ASVG-Novelle beschließen, womit der Rhythmus der Novellierungen des ASVG, von dem der Vorgänger der Frau Bundesministerin gesagt hat, es sollte vereinfacht und kodifiziert werden, noch mehr beschleunigt wird.

Es gibt eine Kommission, die sich mit der Kodifikation beschäftigt, und erst neulich habe ich gelesen, daß sie Fortschritte erzielt hat. Aber auf welcher Grundlage? – Die Damen und Herren der Kommission diskutieren auf der Grundlage von 1995! Es ist doch absurd, daß sich diese Kommission das ASVG auf der Grundlage des Jahres 1995 anschaut und versucht, es zu kodifizieren, während bereits das Jahr 1999 geschrieben wird und zwischen 1995 und 1999 zahlreiche Novellierungen stattgefunden haben.

Das, was wir hier in diesem Bereich des Sozialrechts permanent beschließen, ist nicht nur völlig intransparent, sondern ist für jeden Bürger und jede Bürgerin unverständlich. Das war mein einziger Zwischenruf während der Rede des Abgeordneten Seidinger, den ich ja sehr schätze, als er hier versucht hat, eine Bestimmung des ASVG vorzulesen – oder war es das GSVG?, ich weiß es nicht mehr –, es ist nicht lesbar! Allein diese Bestimmung – darin wird er mir sicher recht geben müssen – ist völlig unverständlich. – Das sozusagen zum Allgemeinen.

Ich nehme nun nur mehr das GSVG noch einmal her und mache eine Anmerkung dazu: Diese Bundesregierung, diese Regierungsparteien waren es – mit etwas mehr Widerständen von der SPÖ, aber mit sehr viel Engagement von seiten der ÖVP –, die für Selbstbehalte eingetreten sind, in jedem Bereich!

Herr Abgeordneter Feurstein! Sie waren einer der vehementesten Vertreter der Selbstbehalte. Her mit den Selbstbehalten, der Krankenscheingebühr – jawohl, super! Her mit den Selbstbehalten bei Schülerfreifahrten – ÖVP: jawohl, super! Her mit den Selbstbehalten auch bei den Schulbüchern – jawohl, super!

Herr Abgeordneter Feurstein, was ist mit der GSVG-Novelle, ist es da nicht super? Darin gibt es einen Selbstbehalt für Kinder von Versicherten – und Abgeordneter Feurstein ist in dieser Frage der "einsame" und "erfolgreiche" Vorkämpfer gegen den Selbstbehalt. Erklären Sie mir diese Logik? (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Ist es sozial gerechtfertigt, Herr Abgeordneter Feurstein, für Gewerbetreibende den Selbstbehalt abzuschaffen, während man ihn für andere Berufsgruppen beläßt?

Sie wissen genau, wovon wir sprechen. Die Selbstbehaltregelung ist eine sozial ungerechtfertigte Regelung – generell! –, weil sie für den mit niedrigem Einkommen den gleichen Selbstbehalt bedeutet wie für den mit hohem Einkommen. Darum müßte man generell gegen den Selbstbehalt sein. (Abg. Dr. Feurstein: Wollen Sie den Selbstbehalt für Kinder?) Und diese Ihre Regelung, das Abschaffen des Selbstbehaltes nur bei den Gewerbetreibenden ohne die korrespondierende Abschaffung beispielsweise der Krankenscheingebühr für die im ASVG beziehungsweise in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten, ist nicht sehr sauber und nicht fair (Abg. Dr. Feurstein: Wollen Sie ihn? Kinder haben wir ausgenommen!), Herr Abgeordneter Feurstein, auch wenn sie die breite Unterstützung beider Regierungsparteien findet und offensichtlich ein Deal ist, bei dem die 70 Millionen Schilling, die diese Regelung kostet, gegen irgendein Geschenk auf der anderen Seite getauscht werden.

Um welchen Deal es dabei geht, weiß ich noch nicht; irgendwann werden wir das auch noch herausfinden. Aber, Herr Abgeordneter Feurstein, sozial und fair ist das nicht! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Feurstein: Familienfreundlich ist das!)

13.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.20

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier auf einen Nebensatz des Kollegen Kier eingehen, der kurz die KünstlerInnen-Sozialversicherung angesprochen hat. Eigentlich schon seitdem Staatssekretär Wittmann im Amt ist, quält er uns mit der Behauptung, es werde die KünstlerInnen-Sozialversicherung geben: morgen, wenn nicht schon gestern. – Mit jeder Wortspende des Staatssekretärs gibt es jedoch mehr Fragen als Antworten.

Die Frage der Finanzierung ist offen. Wie hoch ist sie? Es ist nichts abgesprochen worden mit den Unternehmen, mit den Kunstproduzenten, die das zahlen sollen – weder mit der Musikwirtschaft noch mit dem ORF, noch mit der IFPI, noch mit den Urheberrechtsgesellschaften, noch mit den Galeristen. Erinnern Sie sich daran: Es hat einen Vorschlag gegeben, daß alle Unternehmen, die Kunst oder sogenannte Kunst produzieren, bis 10 Millionen Schilling quasi in die Haftung genommen werden. Daraufhin haben natürlich alle Theater protestiert, die alle kein Geld haben, denn dann würden sie überhaupt zusammenbrechen.

Es ist eine Frage der Definition: Wer ist überhaupt ein Künstler? – Denken Sie daran: Auf der einen Seite legen wir diesen Begriff sehr weit aus, aber für diesen Punkt sollte er ganz eng ausgelegt werden. Wer legt das aus, daß jemand überhaupt ein Künstler ist? Das gärt natürlich wieder im Finanzierungsrahmen, das heißt: Werden es wirklich 150 Millionen oder 450 Millionen Schilling sein, diese Summe, die da in der Presse kursiert? Dann stellt sich die Frage der Einkommensgrenze: Bis in welche Höhe bekommen wir sie? Im Moment sind es 16 000 S. Wie viele Künstler sind eigentlich dabei, wie viele sind von der Rückvergütung dieser Beträge betroffen? Sollte einer dieser Künstler einmal im Jahr mehr verdienen, dann ist das eine relativ komplexe Frage, die nicht beantwortet ist.

Trotzdem meinen wir, daß eine Sozialversicherung für Künstler notwendig ist, daß auch Künstler in das soziale Netz einbezogen werden, aber derart, daß sie das "überleben". So etwas geht natürlich nur, wenn man nicht ausschließlich Meldungen in den Medien abgibt und den Künstlervertretungen alles verspricht, weil man der Meinung ist, man werde sowieso nichts davon einhalten. Hiebei ist natürlich der steinigere Weg zu gehen, der Weg der Überzeugungsarbeit, um nicht die falschen Leute zur Kasse zu bitten, also jene, die im Produktionsbereich stehen, etwas dafür tun und auf diese Art und Weise ihre KünstlerInnen-Sozialversicherung, nämlich ihre Sozialversicherung abführen.

Die Frage ist: Was wäre denn – als Alternative zu all den Vorschlägen, die der Herr Staatssekretär diesbezüglich gemacht hat – mit dem Kunstförderungsbeitrag, der vom ORF eingehoben wird? Das sind immerhin 130 Millionen Schilling. Was ist mit den Urheberrechtsgesellschaften und ihren SKE-Fonds? – Viele sind ohnedies der Meinung, die wissen nicht, was sie mit dem Geld machen sollen. Oder, wenn es gar nicht anders geht, wie wäre es mit einem schlichten Gespräch beim Finanzminister?

Es steht allerdings fest, daß Geld nicht quasi aus dem Produktionsprozeß kommen kann, weil jede Summe, die aus dem Produktionsprozeß genommen und für die Pension ausgegeben wird, bedeutet, daß weniger produziert wird.

Ich meine, Frau Bundesminister, das kann nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Ich würde Sie bitten, das einmal dem Staatssekretär Wittmann zu erzählen, denn mir hört er nicht zu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.23

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind jetzt am Ende der XX. Gesetzgebungsperiode. Es gab in der letzten Sozialausschußsitzung am 30. Juni eine Fülle von Anträgen. Das war eine Folge davon, daß Anträge der Opposition im Laufe der letzten vier Jahre immer wieder vertagt worden sind. Somit kommt es eben zu solch einer Fülle an Anträgen. Wir aber wurden mit 28 Abänderungsanträgen konfrontiert!

Ich gebe Ihnen schon recht, Herr Dr. Feurstein: Der Parlamentarismus wäre kein Parlamentarismus, wenn in den Ausschüssen keine Abänderungsanträge zu behandeln wären, aber ich meine, daß Abänderungsanträge eher für die Oppositionsparteien da sind. Wenn sich die Koalitionsparteien schon vor Ausschußbeginn einig sind, eine Oppositionspartei aber einen Abänderungsantrag zu einem Thema einbringt, der sinnvoll ist, bei dem Sie auch mitgehen könnten, dann hätten damit auch die Oppositionsparteien die Möglichkeit, direkt an einer Gesetzwerdung teilzunehmen. So aber wird sie im Prinzip ausgeschlossen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind jetzt bei der 57. ASVG-Novelle – das ist ja schon des öfteren angesprochen worden – angelangt, aber nicht nur bei der 57. ASVG-Novelle, sondern auch die 27. Novelle zum Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, die 24. GSVG-Novelle und auch die 23. BSVG-Novelle werden heute verabschiedet. Das sind über 100 Novellierungen ohne Wiederverlautbarung. In der Gesamtheit ist das Ganze unübersichtlich, es gibt nahezu undurchschaubare Übergangsbestimmungen. Die Tendenz zu immer kasuistischeren Detaillösungen verursacht einen ständig steigenden Verwaltungsaufwand.

Wir haben eine Gesetzeslage in Österreich, die zersplittert ist. Wir haben den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bürger; dieser wird jedoch im Prinzip mißachtet. Die Organisation ist zergliedert, die Selbstverwaltung ist kostspielig und ineffizient geworden. Aus meiner Sicht ist die bestehende Gesetzeslage ganz einfach unzumutbar und wegen des Rechtsstaatlichkeitsprinzips vermutlich – vermutlich! – sogar verfassungswidrig, weil nicht nur das Auffinden der geltenden Bestimmungen durch die zahllosen Novellen erschwert wird, sondern auch das Verstehen der Anordnungen des Gesetzgebers durch überaus komplizierte Formulierungen, zahlreiche Querverweise und Übergangsbestimmungen nahezu unmöglich gemacht wird.

Eine einheitliche gesetzliche Basis für die Sozialversicherungen aller Österreicher wäre naheliegend – das haben schon mehrere Vorredner heute angesprochen –, weil ohnehin nahezu alle Berufstätigen in die Sozialversicherung einbezogen sind. Bestehende Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen sind heute weder sachlich notwendig noch aus dem Blickwinkel der Gleichbehandlung gerechtfertigt. Auch die Verwaltungsorganisation ist heute noch so, wie sie geschichtlich nacheinander für die einzelnen Gruppen von Erwerbstätigen entstanden ist. Viele Mehrgleisigkeiten für sachlich gleiche Verwaltungsaufgaben stellen heute eine unnötig komplizierte und teure Lösung dar, ohne daß damit Vorteile für die Bürger verbunden wären.

Derzeit haben wir in Österreich einen Hauptverband, 27 Sozialversicherungsträger, 33 Landesstellen und 116 Außenstellen. Dazu kommen noch 100 regionale Geschäftsstellen des AMS, die mit ähnlichen Tätigkeiten wie die Sozialversicherungen befaßt sind.

Meiner Meinung nach ist es unumgänglich und höchst an der Zeit, daß es zu einer Neuauflage beziehungsweise Neukodifizierung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes sowie einer etappenweisen Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechtes und einer etappenweisen Umstrukturierung der Sozialversicherungsverwaltung unter Einbeziehung des AMS kommen muß. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Donabauer vor. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.27

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Vielleicht kann ich die Befindlichkeit des Kollegen Dolinschek ein bißchen heben. Er beklagt sich über die abgelehnten Anträge. Es ist Ihnen sicherlich nicht mehr im Bewußtsein, daß Sie selbst den Ausschuß verlassen haben. Das war absolut nicht korrekt und nicht richtig. (Zwischenruf der Abg. Haller.) Sie haben auch Anträge eingebracht, über deren Folgen Sie überhaupt nicht nachgedacht haben (Zwischenruf des Abg. Dolinschek), unter anderem die Änderungen in der Struktur der Sozialversicherung, wobei Sie die gesetzliche Versicherung abschaffen und bloß die Versicherungspflicht einführen wollen. (Abg. Blünegger: Das ist es nämlich!) Solchen Anträgen werden wir nicht zustimmen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy – in Richtung der Freiheitlichen –: Unabhängig davon, ob Sie dabei sind oder nicht!)

Zweitens: Es stimmt, wir haben heute wichtige Gesetze zu beschließen, unter anderem im ASVG- und im GSVG-Bereich. Ich möchte Gottfried Feurstein schon in Schutz nehmen, da er vom Kollegen Öllinger angegriffen wurde, der meinte, er, Feurstein, hätte bei der Absenkung des Selbstbehaltes bei Kindern im GSVG ungerechtfertigt gehandelt. Bitte, wenn es sich der Träger selber leisten kann, einen entsprechenden Antrag stellt, dann sind wir als Gesetzgeber sicherlich zu einem Gespräch bereit. Das ist eben jetzt umgesetzt worden. Das ist eine korrekte Sache; man kann gratulieren und braucht sich dafür nicht kritisieren zu lassen. – Danke, Gottfried! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird auch hinsichtlich der Bauern eine Novelle beschlossen. Es geht hier kurzum um die Nacharbeit bei der Anhebung der Mindestbeitragsgrundlage, wobei wir in diesem Zusammenhang das fiktive Ausgedinge korrigiert beziehungsweise modifiziert haben. Das war noch lange nicht der letzte Schritt, Frau Bundesminister. Da werden wir noch Nacharbeit leisten müssen. Es wäre schön, wenn wir das mit Ihnen tun könnten.

Wir haben jetzt auch die Einbeziehung der Nebentätigkeiten gesetzlich geregelt, eine "Story", die über eineinhalb Jahre lang verhandelt wurde. Nun ist sie derart erledigt, daß alle Tätigkeiten, die keiner Gewerbeberechtigung unterliegen, im BSVG versichert sind. Wir haben im Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 den Grundsatzbeschluß gefaßt, daß alle Erwerbstätigkeiten und deren Einkommen in die Sozialversicherungspflicht mit einbezogen werden, um das ganze System auch nachhaltig finanzierbar zu halten.

Das war der Grund dafür, und deshalb haben wir auch diese Verhandlungen so geführt, daß wir das neue Geld, das hereinkommt, zum Teil für beitragsregulierende Maßnahmen verwenden können. Ich bedanke mich dafür, weil ich glaube, daß der Beitragsdruck bei den Bauern groß, aber die Einkommensentwicklung leider nicht dementsprechend ist. Ich verweise auch auf den Abänderungsantrag, bei dem es eine legistische Klarstellung zu § 181 gibt. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme am Ende dieser Gesetzgebungsperiode im Zusammenhang mit der Umstellung vom Geld- ins Sachleistungssystem im BSVG.

Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es werden sehr viele Abschiedsreden gehalten. Ich möchte nur folgende Abschlußbemerkung machen: Es war dies eine sehr erfolgreiche Legislaturperiode. Wir haben, von der Pensionsreform angefangen, über das LKF-System, also die leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung, bis hin zu vielen anderen wichtigen Maßnahmen – heute auch die Chipkarte inbegriffen – wichtige Beschlüsse gefaßt. All das hat eine ungemein große Vorarbeit notwendig gemacht, und diese ist korrekt geführt worden. Sozialpolitik ist manchmal kontrovers, das ist etwas ganz Natürliches. Der Konsens wurde immer gesucht, er wurde oft auch gefunden. Viel wurde erreicht, manches ist beziehungsweise bleibt noch offen.

Ich danke Gottfried Feurstein und Annemarie Reitsamer. Sie waren als Ausschußverantwortliche immer diejenigen, die versucht haben, die Interessen aller zu verstehen. Ich bedanke mich auch bei allen anderen Kollegen des Ausschusses.

Ihnen, Frau Ministerin, ein Kompliment und auch ein Dank Ihren Mitarbeitern, die uns immer in hervorragender Weise betreut haben. Unter "uns" verstehe ich die Mitglieder des Nationalrates. Ich konnte laufend gut ausgearbeitete Unterlagen bekommen, welche die Arbeit erleichterten. – Danke schön. Wir werden an einer guten, zielorientierten Entwicklung in der Sozialpolitik in Österreich weiterarbeiten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.32

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte mich in aller Kürze einem Punkt widmen, der mir persönlich und, ich denke, vielen in diesem Hause sehr wichtig ist, nämlich der KünstlerInnen-Sozialversicherung. Diese wird jetzt eigentlich in einer Art und Weise nicht geregelt, über die wir nicht froh sind, obwohl wir ihr – ich sage jetzt einmal – zustimmen müssen, weil sonst eine Katastrophe droht. Es ist nicht gut, daß dieses Haus weiter so verfährt.

Frau Bundesministerin! Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie persönlich und die gesamte Bundesregierung einer Personengruppe zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben, über die manche offenbar die Ansicht haben: Die sollen eben irgendwie schauen, wie sie über die Runden kommen. Bei anderen wiederum herrscht das Vorurteil, daß Künstlerinnen und Künstler diejenigen sind, die quasi aus dem vollen schöpfen und ohnehin zu den Begüterten dieser Erde gehören, etwas, das wahrscheinlich auf 95 oder 99 Prozent der Menschen, die in dieser Sparte tätig sind, nicht zutrifft, sondern wir wissen, daß kulturschaffende KünstlerInnen heute meistens um ihr Überleben kämpfen, meist in anderen Berufen tätig sind, um sich ihre Berufung als KünstlerInnen leisten zu können.

Unsere Vorwürfe gehen jetzt in zwei Richtungen: zum einen, daß es immer noch nicht möglich war, eine befriedigende Regelung zu schaffen, nämlich eine leistbare Sozialversicherung, einen sozialen Schutz, der dem niedrigen Einkommensniveau der meisten Künstlerinnen und Künstler gerecht wird.

Der zweite Vorwurf geht in die Richtung, daß auch das Steuersystem dem nicht Rechnung getragen hat. Ich weiß, daß das nicht Ihre ureigenste Zuständigkeit ist, aber im Rahmen der Bundesregierung hätten Sie sehr wohl Möglichkeiten gehabt, sich im Sinne einer Berücksichtigung der besonderen Arbeitsbedingungen in dieser Branche einzubringen, nämlich dahin gehend, daß, wenn Künstlerinnen und Künstler gelegentlich einmal erfolgreich sind, die Steuer dann doch nicht in voller Härte zuschlägt, sondern es müßte möglich sein, solch seltene Einkommensströme auch auf mehrere Jahre aufzuteilen. Ich möchte erwähnen, daß andere Länder darin viel kreativer waren, Irland etwa hat einen enormen Zustrom von Kulturschaffenden, weil man ihnen steuerlich entgegenkommt – aber im Sinne der Gerechtigkeit, nicht der Bevorzugung!

Ein dritter Kritikpunkt – dieser trifft wiederum besonders Ihr Ressort, Frau Bundesministerin –: Wir wissen sehr wenig über die Arbeitsbedingungen und die spezifischen Schwierigkeiten einzelner Branchen innerhalb des Kulturbetriebes. Es gibt zwar gute Statistiken über viele andere Wirtschaftssparten, etwa über die Industriebeschäftigung, aber es gibt eine ganz miserable Datensituation, was die Kulturschaffenden und ihre speziellen Schwierigkeiten betrifft. Das gilt beispielsweise für den Bereich der Unterhaltungsmusik, die ein wichtiger Beschäftigungsträger sein könnte. Man hat eigentlich auch keine Ahnung, wie viele Menschen im Filmbereich tätig sind, weil sie eben in den Statistiken als Taxifahrer, als Nachtportiere oder in sonstigen Tätigkeitsfeldern aufscheinen – wenn überhaupt – und nicht in ihrer eigentlichen Berufung.

Deswegen wissen wir auch nicht, wo die speziellen Schwierigkeiten angesiedelt sind: Ist das eher bei den Produktionsstrukturen, bei den Vermarktungsstrukturen, bei den Systemen der sozialen Sicherheit, oder ist es – was ich am ehesten annehme – eine Mischung aus all diesen Problemen? – Hier im Detail einmal Branchenstrukturanalysen anzustellen, wäre, so glaube ich, eine Bringschuld des Sozialministeriums gewesen, um dann entsprechend wirksame politische Gegensteuerungsmaßnahmen ergreifen zu können.

Ich weiß, daß in Wien, auch unter Mithilfe der Grünen, in diesem Bereich jetzt einiges geschieht, daß man etwa eine Studie in Auftrag geben wird, die die Unterhaltungsmusikindustrie betrifft. Ich bedauere es, daß es diesbezüglich bisher sehr wenig Input seitens der Sozialbehörden gab, und hoffe, daß dieses Defizit in der nächsten Legislaturperiode behoben werden wird.

Wie gesagt: Selbstverständlich stimmen wir der Herausnahme der KünstlerInnen aus der Werkvertragsregelung für ein weiteres Jahr zu. Eine befriedigende Lösung ist das jedoch bei weitem nicht, sondern nur eine Notmaßnahme. Eigentlich müßten Sie hier sehr selbstkritisch sagen: Eine befriedigende Lösung für die KünstlerInnen ist künftighin in weiter Ferne. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Blünegger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Entschuldigung, das war ein Irrtum!

Es ist vorher Frau Abgeordnete Horngacher als Rednerin gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung gelten aber dennoch. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Die Tiroler sind höflich! Die lassen den Tirolerinnen den Vortritt!)

13.38

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Das Sozialpaket, welches wir heute diskutieren, beinhaltet auch aus Sicht der bäuerlichen Vertretung wesentliche Verbesserungen in der bäuerlichen Sozialversicherung. Als Vertreterin der Bäuerinnen in diesem Hause freue ich mich besonders über die Reform der Bäuerinnenpension, denn bei Einführung der Bäuerinnenpension im Jahre 1992 haben sich viele Bäuerinnen nach der damals geltenden Rechtslage für eine entsprechende Pensionsvorsorge entschieden.

Im Jahre 1996 wurde ihnen im Zuge des allgemeinen Sparpakets die Mindestanzahl der Versicherungsmonate von 120 auf 180 erhöht. Damit wurden die Bäuerinnen der Geburtsjahrgänge 1941 bis 1946 massiv benachteiligt. Die nunmehrige Reform ist sehr zu begrüßen, und ich danke allen, die daran mitgewirkt haben und ihr heute die Zustimmung erteilen werden – ganz besonders Frau Ministerin Hostasch und unserem Chefverhandler Karl Donabauer, der sich sehr darum bemüht hat. (Demonstrativer Beifall des Abg. Schwemlein.)

Aus meiner Sicht ist es unbedingt notwendig, daß sich die Menschen in unserem Lande an der Rechtslage, die das Hohe Haus beschließt, auch orientieren und darauf vertrauen können. Viele dieser betroffenen Frauen haben sich im Vertrauen auf die damalige Rechtslage für diese Form der Bäuerinnenpension entschieden. Durch diese Neuregelungen beseitigen wir nun Benachteiligung und vermeiden soziale Härtefälle. Es handelt sich dabei um etwa 3 400 Bäuerinnen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die sozialpolitischen Erfolge verweisen, die auf Initiative der ÖVP zugunsten der bäuerlichen Bevölkerung erreicht werden konnten. Neben der Einführung der Bäuerinnenpension und der Krankenversicherung für Bäuerinnen konnten im Parlament die Absenkung des fiktiven Ausgedinges, die Erhöhung des Wochengeldes, die Einführung des Krankenscheines für Bauern und jetzt auch die Chipkarte beschlossen werden. – Heute kommt noch die sozialversicherungsrechtliche Regelung der bäuerlichen Nebentätigkeiten hinzu.

Diese soziale Sicherheit wird von den bäuerlichen Familien sehr geschätzt, denn das Ziel, für die Bauernfamilien die gleiche Sicherheit zu verankern wie für andere Berufsgruppen, bleibt weiterhin aufrecht. Man muß sich folgendes vorstellen: Die jungen Mädchen, die einen Bauern heiraten, haben vorher einen anderen Beruf als jenen der Bäuerin. Sie haben darin die normale soziale Absicherung, Urlaubsanspruch und so weiter. Wenn sie einen Bauern heiraten, dann darf die soziale Absicherung dadurch nicht verschlechtert werden, denn das wäre für diesen Berufsstand schlecht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bedarf es ausgewogener sozialer Absicherung, damit der Familienbetrieb weiter erhalten werden kann.

Da ich nun zum letzten Mal hier von diesem Rednerpult aus spreche, ein paar Gedanken zur Politik überhaupt: Die große Politik muß den Frieden zwischen den Völkern sichern – dies ist ihre wesentlichste Aufgabe. Die Parteipolitik zeigt, welches Grundsatzprogramm eine Partei hat. Wir von der ÖVP haben die christliche Soziallehre als Grundsatzprogramm.

Dann gibt es noch die tägliche Sachpolitik, die Regelung der Dinge des täglichen Lebens. Diese kann man nun andere regeln lassen und damit zufrieden sein, ich allerdings habe das Glück gehabt, mitregeln zu dürfen, mitzuhelfen, daß die Welt ein bißchen besser, wärmer und gerechter wird – und das war mir wichtig! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und des Liberalen Forums.)

Ein ganz besonderes Anliegen waren mir natürlich die bäuerlichen Familien und die Kinder, denn ich glaube, diese kommen heute etwas zu kurz. Es hat dabei aber auch Fortschritte gegeben. Allen, die dabei geholfen haben, danke ich nun herzlich.

Ich danke euch weiters für viele interessante Reden, für brillante Geistesblitze, die ich sehr genossen habe, und für die mir entgegengebrachte Freundlichkeit.

Ich wünsche euch allen viele gute Beschlüsse, spannende Reden und persönlich Freude und Glück. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Mag. Stoisits überreicht Abg. Horngacher ein Geschenk.)

13.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich darf namens des Präsidiums diese Wünsche an Sie, Frau Kollegin Horngacher, zurückgeben. Mir ist es leider verwehrt, Ihnen auch ein Geschenk in die Hand zu drücken. Das, was hier steht, wäre meiner Ansicht nach nicht adäquat.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Blünegger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.43

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Kollege Feurstein, wir Freiheitlichen teilen die Ansicht, daß Abänderungsanträge natürlich in jeder Ausschußsitzung eingebracht werden können, sogar sollen, aber nicht in jenem Ausmaß, in dem die Koalitionsparteien dies tun. Es wäre besser, diese vorher den anderen Fraktionen zu übermitteln, um dann im Ausschuß vernünftig darüber sprechen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Kollege Donabauer sagt, daß er Mitleid hat mit Herrn Abgeordneten Dolinschek, dann kann ich ihm nur erwidern: Selbstverständlich will die noch große Koalition von Anträgen von uns Freiheitlichen, die eine Veränderung des Sozialversicherungssystems beinhalten, nichts hören. Was verlieren Sie denn bei deren Realisierung? – Die Pfründe, die Sie haben und die Sie auch weidlich ausnützen. Daher wollen Sie keine Änderung. Und ich sage an die Adresse der ÖVP gerichtet, sie sollte Sozialgesetze und Sozialversicherungsänderungsgesetze auch einmal zum Wohle der Sozialversicherten und nicht immer nur zum Wohle ihrer Partei und ihrer Pfründe einbringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist daher, wie ich meine, angebracht, daß ich noch einige Forderungen vorstelle, Frau Ministerin, die wir Freiheitlichen in diesen starken Sozialgesetzen erfüllt sehen wollten. Wir verlangen daher in verschiedenen Bereichen getrennte Abstimmungen. Wir verlangen die Ausweitung der Unfallversicherung auch auf die Tätigkeit der Behindertenvertrauenspersonen und eine Verbesserung der Übergangsbestimmungen bei der Knappschaftspension. Andere Forderungen in verschiedenen anderen Bereichen sind Inhalt von weiteren Abänderungsanträgen, für die wir getrennte Abstimmungen verlangen.

Eine getrennte Abstimmung verlangen wir auch bei Tagesordnungspunkt 11. Wir haben weder dem neuen Vertragsbedienstetenrecht noch der Verlagerung der Kranken- und Unfallversicherung der neuen Vertragsbediensteten zur BVA zugestimmt. Diese Entscheidungen haben wir Freiheitlichen deshalb getroffen, weil wir keine Überlebenshilfe für einen vom Aussterben bedrohten Sozialversicherungsträger wollen. Unsere massive Kritik an Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, geht in die Richtung, daß wir Ihnen ankreiden, daß Sie das Sozialversicherungsrecht nicht vereinheitlichen wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wollen im Bereich der Sozialversicherungsträger Strukturreformen, wie wir sie vorschlagen, nicht durchführen, und das unterscheidet uns von Ihnen. Und Sie wollen eben Ihre parteipolitischen Pfründe behalten, damit die Stärke nicht verlorengeht.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Wir werden danach trachten, daß Ihre Pfründe immer geringer werden! Dies ist geradezu unsere Aufgabe, denn Sie wollen sie ja nicht freiwillig hergeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Einige Sätze zu dieser "Aktion Fairness": Selbstverständlich bin ich für die "Aktion Fairness", aber mit einem Unterschied: daß sie nämlich parteipolitisch nicht mißbraucht wird. Genau das haben Sie aber heute hier in diesem Hause getan. Sie glauben als Sozialdemokraten, daß nur Sie die Arbeitnehmer vertreten! Ich glaube das allerdings nicht. Ihr einziges Anliegen ist es, die Arbeitnehmer als Wähler wieder zurückzugewinnen. – Aber das wird Ihnen nicht gelingen. Das wird Ihnen auch am 3. Oktober nicht gelingen, denn der Wähler ist gescheiter geworden!

Der ÖGB hat sich schon längst von jener Unabhängigkeit entfernt, die er haben sollte. Er wird von Ihnen parteipolitisch mißbraucht! Das ist heute wieder zutage getreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich war im Jahre 1998 Vizepräsident der Tiroler Arbeiterkammer. Ich habe Anträge eingebracht, die einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff beinhaltet haben. Ich wollte immer wieder durchsetzen, daß es keinen Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten geben soll. Und was hat die damalige Koalition in Tirol getan? – Sie haben unsere Anträge abgelehnt!

Heute wollen Sie um den Wähler buhlen – drei Monate vor der Nationalratswahl! Das wird Ihnen nicht gelingen, denn wir Freiheitlichen werden Ihnen das versalzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.48

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es wird heute eine große Zahl von Sozialversicherungsgesetzen novelliert. Aufgrund von Zeitmangel und der Überhäufung der Tagesordnung ist es der Opposition leider nicht möglich, auf alles einzugehen. Ja wir novellieren sogar das ASVG an einem Tag zweimal! Heute verabschieden wir die 56. ASVG-Novelle und die 57.!

Angesichts dieser Tatsachen hat der freiheitliche Entschließungsantrag, 1015, sehr wohl seine Berechtigung, Herr Kollege Donabauer, denn wir wollen endlich eine Neuregelung im Bereich der Sozialversicherung und der Sozialversicherungsanstalten. Aufgrund dieses Wustes von über 100 Novellierungen, die es bereits gegeben hat – es erfolgte allerdings keine Wiederverlautbarung –, und aufgrund von Querverweisen sonder Zahl ist es nämlich so, daß für den betroffenen Bürger die Sozialgesetzgebung überhaupt nicht mehr verständlich ist! Er kann sie nicht mehr verstehen und durchschauen. Und dieses Nicht-Verstehen-Können der Anordnungen des Gesetzgebers ist nach meinem Dafürhalten sogar verfassungswidrig.

Ich möchte jetzt kurz auf die 57. ASVG-Novelle eingehen. Für diese hat es zum Beispiel kein vollständiges Begutachtungsverfahren gegeben. Ruck, zuck und schnell, schnell mußte sie noch über die Bühne gebracht werden. Damit hat man etwas gemacht, was der Vorgangsweise bei den Bäuerinnen sehr ähnlich ist: Man hat in unfairer Art und Weise die Rahmenbedingungen für das Opting-out verändert – und verändert sie ständig weiter, obwohl die Betroffenen im GSVG im Vertrauen auf die österreichische Gesetzgebung bereits Entscheidungen treffen mußten. Genauso ist es den Bäuerinnen gegangen, liebe Kathi Horngacher.

Ich freue mich für dich, daß diese Bestimmung jetzt durchgegangen ist, aber man muß schon erwähnen, daß es genau die gleiche ÖVP war, die ab 1996 die Sparpakete geschnürt und Bedingungen geschaffen hat, wobei wir Freiheitlichen bereits im Jahre 1992 darauf hingewiesen haben, daß es dort Schwierigkeiten geben könnte, die dann auch tatsächlich eingetreten sind und wo man jetzt – endlich! – wieder nach Jahren Korrekturen anbringt. Also höchste Zeit! Ich bin auch froh darüber, aber das ist bestimmt kein Grund, daß sich die ÖVP in diesem Bereich ein Federl an den Hut zu stecken versucht.

Wir haben heute sehr wenig Zeit, wie ich schon gesagt habe, und dies tut mir sehr leid, weil ich noch sehr viel dazu zu sagen hätte. Nur noch folgendes: Die österreichische Sozialgesetzgebung ist nicht nur nicht sozial und nicht fair, wie Herr Kollege Öllinger gesagt hat, sie ist außerdem sehr unprofessionell – sonst wären diese ständigen Veränderungen nicht notwendig – und dadurch auch dermaßen unseriös, daß ich schon vermuten muß, daß Absicht und Methode dahinterstecken. Das tut mir für den österreichischen Bürger wirklich leid. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

13.52

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Es wurde von Frau Abgeordneter Haller, aber auch von anderen der Wunsch nach einem einheitlichen, leicht lesbaren, leicht verständlichen Sozialversicherungsrecht in den Raum gestellt. Jeder von uns hat, wie ich meine, bei Durchsicht eines Gesetzes den Wunsch, mit einem Blick alles zu erkennen, zu durchschauen und es ganz einfach und transparent zu erleben.

Aber, meine sehr geschätzten Damen und Herren, das Leben ist nicht linear! Das Leben selbst ist nicht einfach. Das Leben ist von vielen Betroffenheiten bestimmt, von wechselhaften Schicksalen und damit auch entsprechenden Bedürfnissen. Unsere Gesellschaft ist keine uniforme, sie ist keine einheitliche, und das ist auch gut so. Ich glaube, wir wollen sie auch nicht einheitlich haben. Bedürfnisse von Bauern sind andere als Bedürfnisse von Arbeitern und Angestellten; Bedürfnisse von Selbständigen sind andere als Bedürfnisse von Angehörigen freier Berufe. Daher ist es richtig, daß ein anspruchsvolles, ein modernes, ein zukunftsorientiertes Sozialversicherungsrecht auf diese Unterschiedlichkeiten Bedacht nimmt, und zwar immer wieder neu Bedacht nimmt.

Daher stimmt es, wenn Herr Präsident Jabloner vor wenigen Tagen, als wir die Gutachten der Verfassungsrechtler und Sozialversicherungsexperten präsentieren konnten, davon sprach, daß unsere Sozialversicherungsgesetze zu den modernsten, zu den zukunftsorientiertesten gehören. Es sind Gesetze, die nicht durch Rechtsprechung weiterentwickelt werden, sondern durch Rechtsgestaltung, Gestaltung aufgrund der Bedürfnisse der Menschen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Natürlich hatten meine Vorgänger und habe auch ich Interesse daran, daß wir die Transparenz und auch die Struktur der Sozialversicherungsgesetze verbessern. Daher wurde an Herrn Präsidenten Jabloner und andere Experten das Ersuchen gerichtet, Grundlagen dafür zu schaffen, daß dies auch gemacht werden kann.

Der erste große Schritt konnte vor kurzem der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden, in dem es darum geht, in Form von Gutachten Vorschläge zu machen, wie die Struktur der Sozialversicherungsrechte verständlicher gemacht werden kann, ohne die Inhalte oder die Zielsetzungen zu verändern. Ich hoffe, daß so, wie vorgesehen, die Experten und der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes doch in absehbarer Zeit in der Lage sein werden, der Politik Vorschläge zu machen, wie wir dieses Ziel erreichen können.

Ich möchte mich bei Ihnen dafür bedanken, daß Sie auf die einzelnen Punkte in diesen Gesetzen Bezug genommen haben, alles Punkte, die den Auftrag erfüllen sollen, den das Parlament meinem Vorgänger und auch mir gegeben hat: Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in einer fairen und gerechten Form, Weiterentwicklung und dementsprechend auch mehr soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Berichterstatters.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen nun zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt durchgeführt wird.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend 57. Novelle zum ASVG in 2004 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Hiezu hat Abgeordneter Öllinger ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Ziffer 1a gestellt.

Ferner hat Abgeordneter Mag. Haupt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Ziffern 1, 3a, 5a, 6, 7a sowie § 581 Abs. 1 Ziffer 1a, § 581 Abs. 1a und § 581 Abs. 3 in Ziffer 8 gestellt.

Wir werden zunächst über die von den beiden Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Wir kommen daher zur getrennten Abstimmung über Ziffer 1 unter Berücksichtigung der Druckfehlerberichtigung in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt mit Stimmeneinheit. Daher angenommen.

Wir kommen weiters zur getrennten Abstimmung über Ziffer 1a in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung hiezu ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Ferner kommen wir zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 3a, 5a, 6, 7a sowie § 581 Abs. 1 Ziffer 1a, § 581 Abs. 1a und § 581 Abs. 3 in Ziffer 8, und zwar in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen somit zur dritten Lesung.

Falls Sie auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht gleichfalls durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2005 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Kenntnisnahme bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2006 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie zustimmen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist gleichfalls zur Kenntnis genommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2007 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Es erfolgt durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2008 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dem beitreten wollen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2011 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie diesem Antrag beitreten wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Auch dieser Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Karenzgeldgesetz geändert werden, in 2012 der Beilagen.

Hiezu hat Abgeordneter Mag. Haupt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Wir werden daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Daher gelangen wir zuerst zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Ziffern 2a, 4a und 21a in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt gleichfalls durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird, in 2013 der Beilagen.

Hiezu hat Herr Abgeordneter Mag. Haupt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Ziffern 3b, 6a und 7 gestellt.

Ferner hat Herr Abgeordneter Öllinger ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Ziffer 7 gestellt.

Schließlich haben die Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen einen Abänderungsantrag zu Ziffer 7 eingebracht.

Wir werden daher zunächst über die von dem Verlangen auf getrennte Abstimmung sowie von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile, schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs abstimmen.

Wir gelangen zuerst zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 3b und 6a in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Herr Abgeordneter Mag. Haupt sowie Herr Abgeordneter Öllinger haben jeweils ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Ziffer 7, § 281 Abs. 4a eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinhellig der Fall. Angenommen.

Die Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 7, § 281 Abs. 4b eingebracht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir noch zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie, so Sie dem Ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2014 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2015 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie auch diesen Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit, daher zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2016 der Beilagen.

Hiezu hat Herr Abgeordneter Mag. Haupt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung betreffend Ziffer 16 gestellt.

Wir werden daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über die Ziffer 16 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses erfolgt einhellig. Ich stelle fest: angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2017 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Damit ist dieses Abstimmungsverfahren beendet.

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1857 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird, und

über den Entschließungsantrag 806/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfsmittel und

über den Entschließungsantrag 835/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund (2018 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 807/A der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Hilfsmittelbegriff im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, im Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, im Bauern-Sozialversicherungsgesetz und im Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (2019 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 17 und 18 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir haben keine mündliche Berichterstattung und treten daher sogleich in die Debatte ein.

Als Erstrednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.06

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben diese Woche bereits mehrmals über Behindertenthemen gesprochen, und das könnte ja eigentlich ein gutes Zeichen sein, nämlich ein Zeichen für eine Sensibilisierung für Behindertenanliegen, und es könnte eigentlich auch ein Zeichen dafür sein, daß das Parlament erkannt hat, daß man den Behinderten in der vergangenen Legislaturperiode doch sehr viel schuldig geblieben ist – und daß den Behinderten um einiges mehr zustünde.

Ich sage bewußt "könnte", denn tatsächlich haben wir uns in der vergangenen Woche nur darüber unterhalten, welche Forderungen nicht erfüllt wurden und welche Mängel im Behindertenbereich nach wie vor gegeben sind. So haben wir uns beispielsweise darüber unterhalten, daß die Valorisierung des Pflegegeldes bereits seit vier Jahren nicht erfolgt. Wir haben uns weiters darüber unterhalten, daß es keine Qualitätssicherung auf internationalem Standard für Altenheime, für Behindertenheime gibt.

Heute diskutieren wir wieder über eine Forderung, die den Behinderten ungeheuer wichtig ist, nämlich die Einstufung von Blindenhunden als Hilfsmittel. Tatsächlich wollten die Behinderten, daß Blindenhunde – genauso wie ein Rollstuhl oder ein Krankenbett – als Hilfsmittel eingestuft werden, damit sie auch einen besseren Zugang zu diesem Hilfsmittel haben. Es ist das eine jahrelange Forderung, daß Blindenhunde in diesen Hilfsmittelkatalog hineingenommen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber nicht nur in bezug auf den Blindenhund ist es ein dringendes Erfordernis, daß er in den Katalog hineingenommen wird, sondern genauso trifft das auf den Partner- oder den Signalhund zu; auch er soll als Hilfsmittel eingestuft werden.

Es geht ja immer wieder um die Finanzierung. Und wenn einmal ein Blindenhund oder ein Partnerhund als Hilfsmittel eingestuft ist, dann ist es auch mit der Finanzierung leichter. Jetzt ist es doch so, daß Blinde immer wieder darum feilschen müssen, ob sie einen Zuschuß für ihren Blindenhund bekommen beziehungsweise ob sie einen solchen überhaupt bewilligt bekommen und so weiter. Und dieses Feilschen wird sicherlich kein Ende mit dem haben, was heute hier mit dieser Regierungsvorlage beschlossen wird.

Das heißt also, daß eine berechtigte, eine jahrelange Forderung der Behinderten nicht erfüllt wurde. Und mich wundert das schon, denn in der Begründung dieser Regierungsvorlage schreiben Sie sogar, wie wichtig der Blindenhund ist.

Hier heißt es: Eine Reihe von blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen braucht den Blindenhund als eine sehr wertvolle Hilfe bei der Bewältigung des täglichen Lebens. Und Sie schreiben weiters, daß ein Blindenhund die gefahrfreie Bewegung auch in nicht vertrauter Umgebung sichern würde.

Es würde doch alles dafür sprechen, zu sagen: Ja, das ist ein Hilfsmittel, das ganz einfach unabdingbar ist, auf das mehr oder weniger ein Rechtsanspruch besteht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie gesagt: Das haben Sie jedoch – leider Gottes! – nicht gemacht! Sie glauben offensichtlich noch immer, daß Mißbrauch betrieben wird, wenn der Hilfsmittelkatalog erweitert wird. Sie glauben offensichtlich, ein Blinder kauft sich einen Hund, benützt ihn als Schoßhund und deklariert diesen der Sozialversicherungsanstalt oder wem auch immer gegenüber als Blindenhund, als notwendiges Hilfsmittel! – Geben Sie doch bitte endlich einmal dieses Mißtrauen auf! Sie haben ein solches in anderen Bereichen ja auch nicht! Warum gerade immer die Behinderten mit Ihrem Mißtrauen geradezu überschüttet werden, verstehe ich überhaupt nicht!

Hinsichtlich Partnerhunde habe ich einen Entschließungsantrag eingebracht, denn genauso wichtig wie ein Blindenhund für Blinde ist, sind es die Partnerhunde für andere Behinderte.

Sie müssen sich vorstellen, es gibt Behinderte, die nicht einmal eine Türe öffnen können. Es gibt Behinderte, die auf menschliche Hilfe angewiesen sind, wenn sie einkaufen gehen wollen, und es gibt ausgebildete Hunde, die das alles für die Menschen machen können. Ich habe mir das selbst angeschaut, und zwar in Salzburg, wo Partnerhunde ausgebildet werden. Es ist wirklich beeindruckend, mit welcher Sorgfalt und Zielgerichtetheit diese Hunde ausgebildet werden!

Ich bin überzeugt davon, daß es einen Qualitätssprung in der Behindertenbetreuung bringen würde, hätten mehr Behinderte einen Partnerhund. Die meisten Behinderten können sich zurzeit aber keinen Partnerhund leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben daher einen Entschließungsantrag eingebracht; im Ausschuß haben Sie ihn uns ja leider Gottes schon einmal abgewiesen; ich hoffe aber, daß Sie jetzt umdenken.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Mag. Haupt zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (1857 d. B.) in der Fassung des Ausschußberichtes (2018 d. B.) betreffend Anerkennung von Blindenführhunden und anderen Tieren, die geeignet sind, Behinderten und Kranken zu helfen, als Hilfsmittel

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat Gesetzentwürfe zuzuleiten, die eine Gleichstellung von Blindenführhunden und anderen Tieren, die geeignet sind, Behinderten und Kranken zu helfen, mit anderen Hilfsmitteln in den Sozialversicherungsgesetzen vorsehen."

*****

Ich bitte Sie, Ihre im Ausschuß gezeigte starre Haltung zu überdenken und heute diese Gelegenheit dazu zu nützen, eine wirklich begründete Forderung der Behinderten zu erfüllen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.12

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Dr. Partik-Pablé, Sie werden sicherlich auch mit VertreterInnen der verschiedensten Interessengruppen von Menschen mit Behinderungen zu tun haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Laufend!) Laufend, das glaube ich Ihnen. Und daher wissen Sie sicherlich auch, daß es unterschiedliche Bedürfnisse von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen gibt.

Die Diskussion über Partnerhunde steht zurzeit ziemlich im Vordergrund, und sie bezieht sich vor allem auf eine Einrichtung, die Sie sich vermutlich – ich weiß es zwar nicht, Sie haben keine Namen genannt – in Salzburg angeschaut haben. Es gibt dort jedenfalls eine Einrichtung, die in diesem Zusammenhang einen besonders hohen Bekanntheitsgrad aufweist.

Mir ist aber gerade über diese auch Gegenteiliges bekannt; nämlich aus den Schilderungen einer Frau mit Behinderungen, die sich eineinhalb Briefseiten lang darüber empört, wie sie behandelt wurde, als sie sich für die Anschaffung eines Partnerhundes interessiert hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ändert doch überhaupt nichts an der Notwendigkeit solcher Partnerhunde, wenn es einmal bei deren Anschaffung Probleme gibt!) Wir müssen einmal darüber diskutieren, was ein Partnerhund ist und welche Hunde für welche Behinderungen welche Eigenschaften haben müssen. Genau darum geht es! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Behinderten wissen selbst, was sie brauchen!)

Der Mensch steht im Mittelpunkt unserer Politik, und dazu gehören Gerechtigkeit und Chancengleichheit als oberste Ziele. Diese Ziele sind aber auch so zu definieren, daß sie der menschlichen Dynamik – wir haben zuvor gehört: Leben bedeutet Veränderung – entsprechen und die Gesetze ihnen gemäß weiterentwickelt werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Die vorliegende Novelle zum Bundesbehindertengesetz ist ein Beispiel für eine solche Politik der Verbesserungen; in diesem Fall für die betroffenen behinderten Menschen. Es gilt, dafür zu sorgen, daß bei der Anschaffung eines Blindenführhundes gewährleistet ist, daß der Hund auch gesund ist, daß er entsprechend ausgebildet ist und daß er damit jenen Kriterien entspricht, deren Erfüllung eine Verbesserung des täglichen Lebens der Behinderten mit sich bringt. Kurz: Dieser Hund soll dem behinderten Menschen eine Hilfe sein.

Ich denke, die Legaldefinition, was ein Blindenführhund überhaupt ist, ist die Grundlage dafür ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist doch nicht das Problem! Der Behinderte weiß schon selbst, was er braucht!) – Sie wissen selbst, Frau Kollegin Partik-Pablé, daß an der Prüfungsordnung noch immer gearbeitet wird, und wir werden sie hoffentlich bis zum Herbst fertiggestellt haben.

Ich denke, daß wir dann auf dieser Grundlage weiterdiskutieren können, wie eventuell weitere Verbesserungen in Gesetzesform zu bringen wären. Es gibt nämlich den Begriff "Servicehund", es gibt den Begriff "Partnerhund", es gibt den Begriff "Signalhund", es gibt den Begriff "Heiltherapiehund", und wahrscheinlich versteht jeder von uns etwas anderes darunter; desgleichen auch die verschiedenen Gruppen von Betroffenen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Behinderten wollen einen Hund – und keine Legaldefinition!)

Natürlich ist das ein Problem! Wenn man Qualität sichern will ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Ich habe Angst vor Hunden; aber ich habe mich sehr intensiv damit beschäftigt, gerade weil es bei mir auf diesem Gebiete eine Lücke gibt, weil ich mich da nicht so gut auskenne. Natürlich ist genau das das Problem, daß gesichert sein muß, daß ein Hund, dessen Ausbildung sehr teuer ist, gesund ist und entsprechende Voraussetzungen mitbringen muß, damit der Mensch, je nach Grad der Behinderung, auch mit diesem Hund arbeiten kann und er damit tatsächlich eine Unterstützung hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Noch einmal: Die Behinderten wollen einen Hund und keine Legaldefinition!)

Frau Dr. Partik-Pablé! Gerade die Behinderten kommen zu uns und wollen eine Legaldefinition, und wenn man nach dieser fragt, merkt man, daß es auch innerhalb der Behindertenverbände unterschiedliche Wünsche gibt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es ist wirklich unglaublich, wie Sie mit den tatsächlichen Bedürfnissen von Behinderten umgehen!)

Wir werden uns sicherlich in der nächsten Gesetzgebungsperiode weiter mit dieser Thematik auseinanderzusetzen haben. – Mit diesem heutigen Beschluß aber, meine Damen und Herren, entwickeln wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Richtung mehr Sicherheit und Chancengleichheit für Menschen weiter, deren Lebensqualität eben durch einen gesunden und entsprechend befähigten Blindenführhund verbessert werden kann. (Abg. Jung: Das dauert bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag!) Ihre Beiträge heute waren ohnehin für sich beziehungsweise gegen Sie sprechend, wie immer man das nennen will. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Seien Sie doch nicht immer so aggressiv!)

Mehr Chancengleichheit, meine Damen und Herren, brauchen wir aber auch in der Arbeitswelt. Und darin gebe ich Ihnen recht, Frau Dr. Partik-Pablé: Wir haben zwar ein Behinderteneinstellungsgesetz, aber in der Umsetzung merken wir, daß zum Beispiel ziemlich viele Pflichtstellen nicht besetzt sind. Ich frage mich daher: Wo fordern wir da mehr Chancengleichheit ein? Die gesetzliche Grundlage dafür hätten wir!

Das sind Dinge, die für uns wichtig sind. Ebenso wie wir – jetzt ist Kollege Stummvoll nicht mehr hier im Saal – die Einhaltung der Pflichtzahlen immer wieder einfordern, halten wir auch die Gerechtigkeit in der Arbeitswelt für ganz besonders wichtig. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – und vielleicht kann man das Herrn Dr. Stummvoll ausrichten – haben nichts anderes zu verkaufen als ihre Arbeitskraft. Letztendlich sind sie noch immer diejenigen, die wirtschaftlich abhängig sind, weshalb die Argumentation, Arbeitnehmerrechte zu schmälern und das als "Fairneß gegenüber den Betrieben" zu bezeichnen, eigentlich als Verhöhnung empfunden werden muß. Ich möchte Sie ersuchen, das Herrn Dr. Stummvoll auszurichten. (Beifall bei der SPÖ.)

In unserer Politik geht es darum, den Menschen in diesem Leben eine Chance zu geben. Menschen mehr Chancen zu geben, das gilt für Menschen mit Behinderungen ebenso wie für Arbeiterinnen und Arbeiter, und wir wollen ... (Abg. Haidlmayr: Meinen Sie denn, daß ein behinderter Mensch nicht arbeiten kann?) – Natürlich! Das habe ich ja gerade vorhin gesagt! Wir wollen ja auch, daß die Pflichtzahlen erfüllt werden.

Es gibt aber auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die keine Behinderung haben, Frau Kollegin Haidlmayr. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die haben aber einen besseren Schutz!) Ich meine, Sie sollten das Positive dieser Intention einmal anerkennen und sich nicht sofort angegriffen fühlen. Ich reiche Ihnen (in Richtung der Abg. Haidlmayr) die Hand dazu, gemeinsam an Positivem zu arbeiten, und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das annehmen würden.

Ich möchte Sie ersuchen, das wirklich auch der Wirtschaftskammer, den Vertretern der Wirtschaftskammer in diesem Hause auszurichten: Verhindern Sie nicht weiter die Umsetzung der "Aktion Fairness"! Geben Sie allen Menschen in diesem Lande eine faire Chance! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Ja wer regiert denn in diesem Land schon seit vielen, vielen Jahren?!)

14.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.18

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Silhavy, Ihre Aufforderung, Behindertenarbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig die Behinderteneinstellungspflicht zu erfüllen, das bitte schreiben Sie von den Sozialdemokraten sich bitte zehn Mal hinter jedes Ohr! Sie haben offensichtlich vergessen, daß es auch Ihre Ressorts sind – ich erwähne jetzt nur das Innenministerium –, die seit Jahrzehnten die Behinderteneinstellungspflicht nicht erfüllen, sondern sich in diesen letzten zehn Jahren um Milliarden an Schillingen davon freigekauft haben.

Versuchen Sie einmal, das in Ihrer eigenen Fraktion, in Ihren eigenen Ministerien durchzusetzen – und dann reden wir weiter! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hans Helmut Moser: Was heißt hier "eigenes Ministerium"? – Abg. Silhavy: Wir haben SPÖ-Minister, aber kein SPÖ-Ministerium!) Dieser Vorwurf richtet sich aber nicht nur an Sie von der SPÖ: Auch die ÖVP ist in ihren Ministerien mehr als säumig.

Frau Silhavy! So geht es nicht, daß Sie sich hier herausstellen und sich für das Behindertengleichstellungsgesetz und für die Einstellungspflicht starkmachen, wenn Sie zugleich genau wissen, daß in Ihren eigenen Ministerien, in den Ministerien der SPÖ einiges an Wildwuchs, an Nichteinstellung passiert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Abg. Hans Helmut Moser: Es gibt von der SPÖ geführte Ministerien!)

Zu den Blindenführhunden. Frau Ministerin, da ist es – das läßt sich sagen – ein Stückerl weitergegangen, aber eben nur ein Stückerl, und dieses Stückerl war deshalb bereits überfällig, weil nämlich auf diesem Gebiete jahrelang überhaupt nichts weitergegangen ist. Es wäre unangemessen, wegen dieser kleinen Änderung überall zu verkünden, was man nicht alles für die blinden Menschen getan habe. – Man hat nichts getan! Man hat sich lediglich ein wenig deren Druck gebeugt – ich betone: gebeugt, das war nicht freiwillig! Die blinden Menschen haben jahrelang für diese Verbesserung gekämpft.

Frau Silhavy! Sie wissen es nicht, Sie sind ja erst seit kurzem Behindertensprecherin, und Sie haben sich mit der Thematik "behinderte Menschen" – soweit ich das in Ausschüssen, in Gremien, in Veranstaltungen beobachten konnte – vorher noch nie auseinandergesetzt. Sie waren nirgends zu sehen, und es hat Sie auch niemand gekannt. (Abg. Silhavy: Frau Kollegin Haidlmayr! ... Ach was!)

Frau Ministerin! Ich möchte nun einen Abänderungsantrag bezüglich Prüfungskommission einbringen, der den Bitten besonders blinder Menschen entspricht beziehungsweise auch in Stellungnahmen bereits enthalten war. Zurzeit ist nicht genügend klar, wer für diese Prüfungskommission, für diese Prüfungsverordnungen verantwortlich ist. Frau Ministerin, es wäre ein Leichtes für das Arbeits-, Gesundheits- und Sozialministerium, die Blindenführhunde-Prüfungskommission zu organisieren und zu beurteilen.

Die Betroffenen, die Firmen, diejenigen, die für die Kosten aufzukommen haben, private Sponsoren und die Hundeführer hätten damit die Sicherheit, daß die Prüfungsverordnung nicht willkürlich verändert werden kann. Informationen über die Prüfungsverordnung würden auf offiziellem, nachvollziehbarem Weg zu den jeweiligen Interessenten gelangen.

Frau Ministerin! Das muß doch möglich sein, das kostet nichts! Es geht nur darum, ob Sie wollen – oder nicht. Ich hoffe jedenfalls, daß Sie diesem Abänderungsantrag zustimmen. Das müßte möglich sein, Frau Silhavy, es kostet nichts!

Ich möchte aber auch noch auf die Situation blinder Menschen eingehen, weil es noch immer nicht selbstverständlich ist, daß blinde Menschen mit ihren Blindenführhunden in ein Lebensmittelgeschäft hinein dürfen, ins Kino oder ins Theater, ja es ist nicht einmal sichergestellt, daß sie mit ihren Blindenführhunden in öffentlichen Verkehrsmittel fahren dürfen. – Das bitte muß sichergestellt sein!

Sie meinen doch hoffentlich auch, daß jeder Mensch das Recht haben sollte, sich seine Nahrung zu besorgen. Für blinde Menschen gilt das aber nicht, denn sie dürfen in Lebensmittelgeschäfte nicht mit ihren Blindenführhunden hinein. Und sie dürfen auch nicht in jedes Theater, sie dürfen auch nicht ins Kino oder, wie ich bereits gesagt habe, in ein öffentliches Verkehrsmittel.

Frau Ministerin, es muß Ihnen klar werden: Ein Blindenführhund ist ein wesentlicher Teil eines blinden Menschen; er assistiert ihm, er führt ihn, und er erleichtert ihm viele Aufgaben des alltäglichen Lebens. Warum, Frau Ministerin, machen Sie es den blinden Menschen trotzdem immer noch so schwer und sorgen nicht dafür, daß es die freie Zugänglichkeit für Menschen, speziell für blinde Menschen mit ihren Blindenführhunden gibt, und zwar überall hin und zum Nulltarif? – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete Haidlmayr, Sie haben Ihren Abänderungsantrag nicht zur Gänze verlesen. Er wäre nicht ordnungsgemäß eingebracht, wenn Sie ihn nicht zur Gänze verlesen. Wenn Sie das bitte nachtragen.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Der Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (1857 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes 2018 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird, wird wie folgt abgeändert:

Im Abschnitt V a wird in § 39a der erste Satz in Absatz 3 wie folgt geändert:

"(3) Voraussetzung für die Bezeichnung als ‚Blindenführhund‘ und für die Gewährung einer finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zur Anschaffung eines Blindenführhundes ist die positive Beurteilung nach der vom Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales genehmigten Prüfungsverordnung durch die vom (von der) Bundesminister(in) für Arbeit, Gesundheit und Soziales eingesetzten Blindenführhund-Prüfungskommission, zu der jedenfalls ein blinder oder hochgradig sehbehinderter Mensch gehören muß."

*****

(Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

14.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.25

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Partik-Pablé hat gesagt, es sei in dieser Gesetzgebungsperiode für Behinderte nichts geschehen. – Für Behinderte kann nie zu viel getan werden, und auch Behinderte brauchen das, was heute schon so oft in den Mund genommen wurde, nämlich eine "Aktion Fairneß" gegenüber Behinderten.

Dazu bekenne ich mich. Wir müssen aber auch sagen, daß zum Beispiel am Dienstag mit dem Gesetz zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen in der Pflegevorsorge, durch die Verankerung in der Bundesverfassung und durch das Behinderteneinstellungsgesetz doch einiges geschehen ist. Und auch die vorliegende Novelle ist ein weiterer wichtiger Schritt für eine Personengruppe, nämlich für blinde und sehbehinderte Menschen.

Diese Initiative ist auf die Anliegen zweier Bürgerinitiativen zurückzuführen – Kollegin Haidlmayr war da ja dabei –, die hier im Hohen Hause eingebracht wurden und mit 50 000 Unterschriften unterstützt waren. Die Behinderten haben vorgebracht, daß für sie ein Blindenhund ein ganz wichtiges Hilfsmittel ist. Er ist wichtig für die Mobilität der blinden Menschen, und er ist durch kein technisches Hilfsmittel zu ersetzen. Er stellt also eine große Hilfe bei der Bewältigung des Alltags dar.

Ihre Hauptforderung war auf eine Qualitätskontrolle bei der Hundeausbildung gerichtet, auf Qualitätskriterien, die eine Qualitätssicherheit gewährleisten. – Und diese Novelle bringt diese Sicherheit.

Die Betroffenen sagten uns: Ein blinder Mensch muß, wenn er einen Hund bekommt, wissen, ob dieser gesund ist, was er kann und was sich der Blinde vom betreffenden Hund erwarten kann. – Eine positive Beurteilung durch Sachverständige ist also eine sehr wichtige Hilfe, um das gesamthaft beurteilen zu können.

Es stellt das aber nicht nur für blinde und sehbehinderte Menschen eine Sicherheit dar, sondern auch für Züchter, denn auch da gab es unterschiedliche Auffassungen. Und auch für jene Menschen, die diese Hunde ausbilden, ist es eine ganz wichtige Sache, daß sie wissen, worauf sie bei der Ausbildung Wert legen sollen, was ein Blindenführhund können muß.

Daß Behinderte Zugang zu allen öffentlichen Gebäuden haben sollten – ich glaube, da sind wir alle einer Meinung, daß das dringend notwendig ist.

Generell möchte ich noch sagen: Es gibt zwar leider kein Gesetz, das eine Behinderung aufheben kann, sehr wohl aber Möglichkeiten, das Leben mit Behinderungen zu erleichtern. Und diese Novelle ist eine davon. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Motter.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.28

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, daß die heutige Regierungsvorlage, die nunmehr zur Beschlußfassung ansteht, zwar sicherlich hinsichtlich Qualitätssicherung – wie Frau Kollegin Gatterer das ausgeführt hat – das eine oder andere an Verbesserungen bringt, aber auch, was eine Qualitätssicherung anlangt, hätte ich mir, hätten uns wir Freiheitlichen gewünscht, nicht nur Regelungen für das Inland in entsprechender Form zu berücksichtigen.

Für sehr viele sehbehinderte Menschen, aber auch für Menschen mit anderen Behinderungen, die eben nicht nur Blindenführhunde, sondern auch Partnerhunde oder sonstige Diensthunde als Hilfsmittel benötigen, ist der österreichische Markt oftmals aufgrund knapper finanzieller Ressourcen zu klein beziehungsweise das Angebot zu teuer, sodaß die Qualitätssicherung auch bei importierten Tieren eine wichtige zu regelnde Angelegenheit gewesen wäre – und dies eben auch nicht nur Blindenführhunde betreffend.

Ich möchte aber Kollegin Silhavy und ihren Bemerkungen schon deutlich und klar einiges entgegensetzen. Es ist den behinderten Menschen nicht darum gegangen, daß sie Legaldefinitionen bekommen, denn die haben sie in vielen Bereichen schon erhalten, aber die Umsetzung dieser Legaldefinitionen ist leider sehr zögerlich und sehr schlecht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf Sie, Frau Kollegin Silhavy, daran erinnern, daß diese Bundesregierung zum Stichtag 1. Oktober 1998 in allen Ministerien – mit Ausnahme des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, des Bundesministeriums für Jugend, Umwelt und Familie und des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales – im Behinderteneinstellungsbereich säumig war. Spitzenreiter waren das Innenministerium mit 599 und das Bundesministerium für Unterricht und Kunst mit 1 144 offenen Stellen, die nach dem Behinderteneinstellungsgesetz zu besetzen gewesen wären.

Wenn nunmehr mit 1. Jänner 2000 die gesetzlichen Änderungen kommen, so wage ich heute schon zu prophezeien, daß etwa auch das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie, das nur mit neun Dienstposten über den derzeitigen Rahmen hinausgeht, Schwierigkeiten bekommen wird, seinen Rahmen auszufüllen.

Sie irren sich daher, Frau Kollegin Silhavy, wenn Sie meinen, daß die behinderten Menschen gleiche oder ähnliche Chancen hätten oder andere gleich schlechte Chancen hätten. Die Arbeitslosenstatistik legt ein beredtes Zeugnis davon ab, daß gerade die Behinderten, insbesondere die Seh- und Hörbehinderten und unter ihnen wiederum die Frauen in einem ganz besonderen Maße, besonders von der Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Wir Freiheitlichen hätten uns gewünscht, daß in dieser Legislaturperiode nicht nur der Blindenführhund, sondern auch die anderen apostrophierten Klassen von Hunden, die Behinderten zur Verfügung gestellt werden, als Hilfsmittel anerkannt werden. Folgendes ist mir nicht einsichtig, Frau Kollegin Silhavy: In anderen Bereichen ist die Sozialversicherung durchaus in der Lage, Hör- und Sehbehinderten entsprechende Hilfsmittel wie Hörapparate, entsprechende Brillen und andere Sehbehelfe zur Verfügung zu stellen, die ihrem Behinderungsgrad entsprechen. Warum soll sie dann ausgerechnet bei den Schwerstbehinderten nicht in der Lage sein, der Behinderung entsprechend Gerechtigkeit walten zu lassen und Diensthunde – im weitesten Sinn des Wortes – entsprechend der Behinderung und nicht entsprechend der Brieftasche zuzuerkennen? – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Ein Abänderungsantrag wurde von Ihnen nicht eingebracht? – Ich will das nur feststellen. (Abg. Mag. Haupt: Den hat die Frau Kollegin Partik-Pablé eingebracht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe den Antrag eingebracht!) Das war ein Entschließungsantrag. Bitte, wenn das abgeklärt wird.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Motter. – Bitte.

14.33

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der heutigen Beschlußfassung, mit der das Bundesbehindertengesetz geändert wird, gehen zwei Bürgerinitiativen mit 50 000 Unterschriften voran. Die Bürger haben sich dafür ausgesprochen, und dementsprechend werden wir das heute ändern.

Ich bin mir dessen bewußt – den Vorrednern möchte ich das noch sagen –, daß wir für die Behinderten noch viel mehr tun müssen, aber ich glaube, es ist das ein erster entscheidender Schritt, denn endlich wird es für Blindenführhunde eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung geben.

Wir alle wissen, daß der Blindenführhund für eine Reihe von Blinden oder hochgradig sehbehinderten Menschen eine sehr wertvolle Hilfe bei der Bewältigung des täglichen Lebens ist. Blindenführhunde können bei entsprechender Ausbildung die Wahrnehmungsprobleme schwer sehbehinderter Menschen weitgehend ausgleichen, Unterstützung im Bereich der Mobilität bieten und die gefahrfreie Bewegung, auch in nicht vertrauter Umgebung, ermöglichen.

Wir Liberalen haben uns immer für behinderte Menschen eingesetzt, insbesondere auch für unsere blinden Mitbürgerinnen und Mitbürger, und dies hat uns auch dazu bewogen, am 8. Juli 1998 einen Entschließungsantrag betreffend gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel hier einzubringen, und ich bin sehr froh darüber, daß ich das heute noch mitbeschließen darf und kann.

Meine Damen und Herren! Bitte gestatten Sie mir, meine Wortmeldung auch zum Anlaß zu nehmen, mich von Ihnen allen und vom Hohen Hause nach 13jähriger Tätigkeit zu verabschieden! (Allgemeiner Beifall.)

Im Rückblick – meine Damen und Herren, ich glaube, es geht Ihnen allen so – erinnert man sich der schönen Stunden, und ich tue dies gerne. Wenn auch das politische Leben immer ein Auf und Ab ist, so war für mich die Arbeit im Nationalrat, dem ich seit dem Jahre 1986 angehöre, eine schöne und gewinnbringende Zeit. Es hat mir große Freude gemacht, hier arbeiten zu dürfen. Als Mitglied in den verschiedensten Ausschüssen habe ich mich genauer mit den unterschiedlichsten Materien befaßt, und das hat mir die Möglichkeit gegeben, mich mit vielen Anliegen auseinandersetzen zu können. Trotz vieler unterschiedlicher Auffassungen war die Arbeit in den Ausschüssen, waren die Verhandlungen mit Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen, in den meisten Fällen sachlich und konstruktiv.

Meine Damen und Herren! Für mich sind Meinungs- und Auffassungsunterschiede ein Wesensmerkmal des demokratischen Diskussions- und Entscheidungsprozesses, und es liegt an uns Abgeordneten, diese Unterschiede nicht als kleinkarierte Streitereien in die Öffentlichkeit zu tragen, sondern eine öffentliche Streit- und Diskussionskultur zu entwickeln, die dazu angetan ist, die Bürgerinnen und Bürger nicht an den demokratischen Institutionen zweifeln zu lassen, sondern sie zu motivieren, aktiv ihre demokratischen Rechte auch in Anspruch zu nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ, ÖVP und den Grünen.)

Gestatten Sie mir eine Bitte zum Abschied: Mir wäre diese Verantwortung für die Demokratie sehr wichtig, und ihre Akzeptanz in der politischen Auseinandersetzung sollte nicht zu sehr in den Hintergrund gedrängt werden. Das war meine Bitte, ohne Sie belehren oder sonst irgendwelche Vorteile daraus ziehen zu wollen.

Abschließend möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Hause für die Zusammenarbeit herzlich bedanken. Mein Dank geht aber auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses, denn ohne ihre Arbeit im Hintergrund wäre der reibungslose Ablauf nicht möglich.

Ihnen allen wünsche ich für Ihre Zukunft alles Gute! Vor allen Dingen Gesundheit und viel Freude! – Danke. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Mag. Stoisits überreicht der zu ihrem Platz zurückgekehrten Abg. Motter eine in Geschenkpapier verpackte Flasche. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich möchte auch ein Flascherl haben!)

14.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Kollegin Motter! Ich darf Ihnen vom Präsidium aus ganz kurz sagen, daß ich an Sie die guten Wünsche, die Sie an uns alle jetzt soeben ausgesprochen haben, sehr gerne zurückgeben kann – bedauerlicherweise aber nicht dieses Geschenk, das Sie jetzt erhalten haben. (Abg. Schwemlein: Sie müßten sich ein paar herrichten!) Ja, Herr Kollege, aber schon gar nicht in der Form, wie das Geschenk überreicht worden ist! Das wäre wohl ein bißchen neuartig – zumindest hierorts.

Zum zweiten Mal zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 1 Minute Redezeit steht Ihnen noch zur Verfügung. – Bitte.

14.38

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch folgenden Antrag zur vorliegenden Regierungsvorlage einbringen.

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Mag. Haupt zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (1857 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (2018 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nach Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

"11a, § 36 Abs. 2 Z 2 lautet:

‚2. Erklärung des behinderten Menschen, daß das Kraftfahrzeug überwiegend für seine persönliche Beförderung benützt wird.‘"

*****

Es geht uns darum, wie vorhin schon ausgeführt, daß Behinderte, die ein Kraftfahrzeug selbst nicht lenken können, in den gleichen Genuß einer Förderung kommen wie jene Behinderte, die ein Kraftfahrzeug für sich selbst ankaufen.

Ich möchte aber in meiner kargen Restredezeit der Kollegin Klara Motter für ihren weiteren Lebensweg ebenfalls alles Gute wünschen und mich persönlich für die gute Zusammenarbeit bedanken. Auch nach unserer Trennung und der Beendigung der gemeinsamen Arbeit haben wir noch sehr viele gemeinsame Initiativen gesetzt. Ich danke dir insbesondere dafür, daß du dich im Rahmen des Tierschutzes so erfolgreich eingesetzt hast! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte.

14.39

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Sie haben in dieser Woche schon ein wichtiges Gesetz beschlossen, bei dem es darum gegangen ist, Menschen vor unseriöser Geschäftemacherei zu schützen. Umso wichtiger ist es, das auch bei Menschen zu tun, die Behinderungen haben, und daher halte ich es für so wichtig, daß es mit sehr großer Unterstützung des Österreichischen Blindenverbandes gelungen ist, zu dieser Legaldefinition zu kommen, die heute zur Beschlußfassung vorliegt.

Ich möchte mich hier auch ausdrücklich bei Herrn Präsidenten Martini für die Informationen, für das Wissen und das Engagement, das durch ihn und seine Kollegen und Kolleginnen eingebracht wurde, bedanken. Ich bedaure, daß er nicht wieder als Präsident zur Verfügung steht, aber bin überzeugt davon, daß mit Herrn Professor Guggenberger weiterhin eine sehr gute Zusammenarbeit im Interesse der stark Sehbehinderten und Blinden möglich sein wird.

Es ist die Frage der Prüfung und des Nachvollziehens der Qualität der Blindenführhunde angesprochen worden. Ich darf Sie auf den § 39a Abs. 4 verweisen, in dem durch Richtlinie meines Ressorts dieses Thema angesprochen wird, und ich möchte weiters darauf verweisen, daß nach Einsicht unseres Ressorts die Prüfungskommission, die der Österreichische Blindenverband eingerichtet hat, eine gute und geeignete Institution ist, die Qualitätssicherung zu beurteilen und auch vorzunehmen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf Ihnen auch mitteilen, daß im Sinne dessen, daß mein Ressort sich bemüht, sehr bürgernahe Leistungen, Informationen und Beratung anzubieten, wir dabei sind, durch einen Erlaß sicherzustellen, daß unsere Bundessozialämter als Primäransprechpartner und auch als koordinierende Partner gerade in diesen Fragen, in allen Behindertenfragen zur Verfügung stehen. Und ich hoffe, daß wir damit für Menschen, die es besonders schwer haben in unserer Gesellschaft, eine gewisse Erleichterung schaffen können. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Gatterer.)

14.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Danke, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlußwort.

Ich bitte, nun die Plätze einzunehmen, da wir zu den Abstimmungen kommen, und zwar über jeden Ausschußantrag getrennt.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1857 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner hat Herr Abgeordneter Mag. Haupt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Wir werden daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Wir gelangen in diesem Sinne zur getrennten Abstimmung betreffend die Ziffer 11 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer Ziffer 11a bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung hiezu bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 13 eingebracht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir stimmen nun sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage ab.

Für den Fall der Zustimmung bitte Sie ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte Sie für den Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mit Stimmeneinheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt gleichfalls mit Stimmeneinheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir noch zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend Anerkennung von Blindenführhunden und anderen Tieren, die geeignet sind, Behinderten und Kranken zu helfen, als Hilfsmittel.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2019 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Damit ist dieses Abstimmungsverfahren beendet, ich möchte aber darauf hinweisen, daß für den nächsten Tagesordnungspunkt nur drei Redner gemeldet sind, wir also sogleich wieder eine Abstimmung haben werden.

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1114/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Journalistengesetz geändert wird (2020 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Da wir keine mündliche Berichterstattung haben, kommen wir sogleich zur Debatte.

Als Erstredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.45

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In Österreich gibt es rund 4 000 Journalisten – viele von ihnen interessieren sich auch für unsere Arbeit hier in diesem Haus, und das ist wichtig und richtig so –, davon sind ungefähr 2 000 sogenannte freie Mitarbeiter eines Medienunternehmens.

Diese Zahl der freien Mitarbeiter steigt ständig an, sie wird immer größer. Es handelt sich zumeist auch um Neueinsteiger in diesem Beruf. Und für diese 2 000 freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Medienunternehmen ist heute ein wichtiger und freudiger Tag. Mit dieser Novelle zum Journalistengesetz beschließen wir die gesetzliche Grundlage für den Abschluß von Gesamtverträgen betreffend die Honorarbedingungen und die Aufwandersätze für ständige freie Mitarbeiter eines Medienunternehmens.

Was sind freie Mitarbeiter? – Sie sind häufig, wie schon erwähnt, Neueinsteiger, die den Journalistenberuf meist als freie Mitarbeiter beginnen. Man könnte auch sagen, es ist ein schlampiges Dienstverhältnis, bei dem aber volle Leistung bei schlechter Bezahlung und unter manchmal auch miesen Arbeitsbedingungen verlangt wird.

Freie Mitarbeiter haben klarerweise keine Kündigungsfristen und können theoretisch – und so passiert es auch in der Praxis manchmal – jeden Tag ohne Beschäftigung und somit auch ohne regelmäßiges Einkommen dastehen. Der sofortige Rausschmiß, so wurde mir berichtet, sei gang und gäbe.

Die derzeit geltenden Bestimmungen sind lediglich kollektivvertragsähnliche Empfehlungen, die aber mangels gesetzlicher Deckung nicht einklagbar sind.

Die wirtschaftliche Stellung der freien Journalisten ist vergleichbar mit jener der Heimarbeiter, daher sind die Regelungen des Heimarbeitsgesetz über die Heimarbeitsgesamtverträge auch Vorbild für diese Bestimmungen, die wir heute beschließen.

Bereits einmal, nämlich im Jahre 1979, gab es eine Regierungsvorlage zu diesem Thema. Die Beschlußfassung blieb jedoch aus, und daher bin ich wirklich sehr froh darüber, daß es heute soweit ist, daß diese freien Mitarbeiter nun auch die Kollektivvertragsfähigkeit erhalten.

Wir können auf diesen Beschluß stolz sein, denn ich sehe darin auch einen Beitrag zu mehr Fairneß in der Arbeitswelt, und das Thema Fairneß wurde ja heute in diesem Haus schon einige Male angesprochen.

Die Kollektivvertragsfähigkeit für freie Journalisten wird jetzt beschlossen. Ich wünsche den Verhandlern daher heute schon einen guten Abschluß und den freien Mitarbeitern in unserer Medienwelt, die ebenfalls ein Mindestmaß an Sicherheit in ihrem verantwortungsvollen Beruf verdienen, für die Zukunft alles Gute. (Beifall bei der SPÖ.)

14.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.49

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir betreten mit dieser Vorlage tatsächlich Neuland. Es ist das erste Mal, daß in einem Berufszweig die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, einen Kollektivvertrag für freie Mitarbeiter abzuschließen. Ich möchte nicht so weit gehen wie die Frau Bundesministerin, die im Ausschuß gemeint hat, dies sei ein "Meilenstein". Es ist eine Markierung, die man sehr, sehr vorsichtig beobachten sollte, aber auch nicht mehr.

Es ist richtig, daß die Tendenz, daß immer mehr Beschäftigungsverhältnisse mit freien Mitarbeitern abgeschlossen werden, zunimmt, man muß aber auch die Frage stellen können: Warum ist das so? Warum entschließen sich immer mehr Menschen dazu, als freie Mitarbeiter zu arbeiten, und nicht dazu, sich als Angestellte fix beschäftigen zu lassen? – Ich meine, daß da auch im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber versucht wird, den starren Regelungen unserer gesetzlichen Bestimmungen entgegenzuwirken.

Es ist nicht so, daß jemand gezwungen wird, als freier Mitarbeiter tätig zu sein. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein.) Ich habe es von dieser Stelle aus schon einmal gesagt, Herr Kollege Schwemlein, daß das 21. Jahrhundert mehr Flexibilität von uns erfordern wird als das 19. Jahrhundert. Ich bitte, das auch so zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen das, so glaube ich, auch akzeptieren. Wir müssen akzeptieren, wenn Menschen auf einer freieren Basis arbeiten wollen. Trotzdem war der Abschluß von Kollektivverträgen bisher Sache der Sozialpartner, und man muß daher vorsichtig sein, wenn man in Branchen zweierlei Recht schafft. Man muß sehr vorsichtig an die Sache herangehen, weil dann auch die Rechtsverfolgung komplizierter wird. All jene, die mit Arbeitsrecht zu tun haben, werden mir da zustimmen.

Trotzdem – dazu bekenne ich mich, genauso wie mein Vorredner Kollege Dietachmayr – haben wir in diesem Bereich eine andere Situation. Wenn rund 50 Prozent der Menschen einer Branche als ständig freie Mitarbeiter beschäftigt werden, so ist es, glaube ich, richtig und wichtig, für diese Mitarbeiter auch eigene Regeln zu schaffen.

Daher ist es selbstverständlich, daß wir dieser Vorlage beitreten werden, weil es einfach nicht sinnvoll wäre, diese freien Mitarbeiter in den Journalistenkollektivvertrag für angestellte Mitarbeiter hineinzuzwingen.

Wie gesagt: Als Ausnahmesituation ist diese Vorlage richtig und wichtig, als Vorbild für andere Branchen vorläufig eher nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

14.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.52

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Eigentlich wollte ich mich schon von der Rednerliste streichen lassen, aber Abgeordneter Trinkl hat mir Gott sei Dank ein Stichwort geliefert, das mich veranlaßt hat, mich doch noch zu einer erregten Ausführung zu melden. (Abg. Dr. Trinkl: Sonst hätten Sie nichts zu reden gewußt, Herr Kollege!) Er hat nämlich gesagt, man müsse es akzeptieren, wenn Menschen in freieren Arbeitsverhältnissen arbeiten wollen.

Herr Abgeordneter Trinkl! Ich lege das auf die Kolporteure um, die sich auf nichts so sehr freuen, als daß sie als sogenannte freie Dienstnehmer auf der Straße stehen dürfen beziehungsweise müssen. (Abg. Dr. Trinkl: Sind wir einer Meinung, daß die Kolporteure keine Journalisten sind? Sind wir da einer Meinung?) Sie wissen genausogut wie ich, daß das nicht der Fall ist. Und das trifft, so meine ich, leider auch auf Journalisten zu.

Einverstanden! Das ist auch der Grund dafür, warum ich mich an und für sich nicht zu Wort melden wollte, weil ich zugebe, daß diese Regelung besser ist als alles, was wir bisher hatten; darum stimmen wir auch zu.

Aber es sei hier schon noch der Form halber festgehalten, daß auch dieser Status des ständig freien Arbeitnehmers, Werkvertragnehmers, Dienstnehmers unbefriedigend ist, und zwar auch für Journalisten. Gerade für Journalisten, die mit Meinungen handeln, mit Meinungen handeln müssen und unter einem ständigen Druck stehen, wem sie mit dem, was sie schreiben, eigentlich verantwortlich sind, nämlich den Lesern, dem Herausgeber, dem Chefredakteur oder meinetwegen auch der Anzeigenabteilung, ist es ein unbefriedigender Zustand!

Gerade diese Personengruppe, die eigentlich zur Redaktion gehört und bei der der Status dieses ständig freien Dienstnehmers im Prinzip eigentlich ein Umgehungstatbestand ist, hat kein leichtes Leben. Das wissen wir alle.

Wir wissen, daß es derzeit keine andere Möglichkeit gibt, diese Situation für Journalisten zu verbessern, das ist aber auch schon der einzige Grund, der das rechtfertigt, eine derartige Bestimmung im Gesetz zu verankern oder dieses Gesetz so zu machen. Insofern ist es ein Fortschritt, aber eigentlich ist es unbefriedigend. Und da bin ich dann wieder bei Kollegen Trinkl, der sagt, das sei zwar für eine Branche gültig, aber es dürfe nicht für alle Branchen zur Regel werden.

Aber auch dazu sei noch angemerkt, Herr Kollege Trinkl, daß dies leider schon in sehr vielen Branchen der Fall ist. Ich denke etwa nur an den Transportbereich – Herr Parnigoni nickt –, dort ist der Status von Selbständigen schlichtweg eine Katastrophe. Das heißt, wir sollten eigentlich mit etwas mehr Augenmerk als bisher diese verschwimmenden Grenzen und den Versuch, aus eigentlichen Arbeitnehmern Selbständige zu machen, beobachten und uns auch grundsätzlich überlegen, wie das Arbeitsrecht den neuen Gegebenheiten Rechnung tragen kann, sodaß es wieder klare Grenzziehungen vorsieht und bessere Bestimmungen der Abgrenzungen vornimmt, als das derzeit – egal, ob das nun die Werkvertragsregelung oder die anderen gesetzlichen Bestimmungen betrifft – der Fall ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.55

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Trinkl! Vielleicht können wir uns bei der Bewertung dieses Gesetzes auf das Wort "Durchbruch" einigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: Neuland!)

Ich bin davon überzeugt, daß mit diesem Gesetz erstmals eine rechtliche Grundlage für die Möglichkeit eines Abschlusses eines Kollektivvertrages für ständige freie Mitarbeiter in Medienunternehmen gefunden werden konnte und daß damit auch eine normative Wirkung von Kollektivvertragsbestimmungen sichergestellt ist. Es ist erstmalig, daß arbeitnehmerähnliche Situationen auch in die Schutzbestimmungen des Kollektivvertrages und seiner Wirkungen einbezogen werden können.

Ich gebe zu, wir betreten Neuland, aber ein ganz wichtiges Neuland, weil wir wissen, daß sich die Arbeitswelt in sehr vielfältigen Formen weiterentwickelt. Wir müssen also auch dafür Sorge tragen, daß einigermaßen gleichwertige Rahmenbedingungen und Schutzbestimmungen bestehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn hier der Eindruck erweckt wird, daß sich freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus freien Stücken für diese Tätigkeit entscheiden, und auf Journalisten verwiesen wird, so muß ich dazu sagen, daß das für einige stimmen mag. Ich kenne aber eigentlich mehr Menschen, die statt freie Mitarbeiter lieber in einem Angestelltenverhältnis wären, um hinsichtlich arbeitsrechtlicher Bestimmungen so abgesichert zu sein, wie es selbst gewünscht wird.

Daher ist es ganz wichtig, daß auch für jene, die sich – sei es freiwillig oder sei es unfreiwillig – in einer anderen Rechtssituation befinden, ein kollektivvertraglicher Schutz erreicht werden konnte.

Ich möchte mich daher dafür bedanken, daß wir diese Entscheidung nun gemeinsam treffen können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Da wir kein Schlußwort des Herrn Berichterstatters haben, kommen wir zur Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2020 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung geben möchten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit und daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung zustimmen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist stimmeneinhellig der Fall. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1145/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (2021 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1150/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert werden (2022 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zu den Punkten 20 und 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu Punkt 20 ist Frau Abgeordnete Steibl. Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zum schriftlichen Ausschußbericht 2021 der Beilagen erteile ich ihr gerne das Wort. – Bitte.

Berichterstatterin Ridi Steibl: Im Bericht 2021 der Beilagen sind folgende Druckfehler zu berücksichtigen:

Erstens: Im Artikel 3 Z 17 ist im § 56 Abs. 2 Z 3 das Wort "Eindringlichkeit" durch das Wort "Einbringlichkeit" zu ersetzen.

Zweitens: Im Artikel 6 Z 2 ist nach dem Wort "bezog" anstelle des Beistriches ein Strichpunkt zu setzen.

Drittens: Im Artikel 6 ist am Ende der Z 13 – vor dem Punkt – ein Ausführungszeichen zu setzen.

Viertens: Im Artikel 6 Z 14 ist der Ausdruck "nach dem Abs. 3 und 4" durch den Ausdruck "nach den Abs. 3 und 4" zu ersetzen.

Fünftens: Im Artikel 6 Z 15 ist – bei der erstmaligen Verwendung – der Ausdruck "Arbeitslosensicherungsgesetz 1977" durch den Ausdruck "Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977" zu ersetzen und der Beistrich vor dem Ausdruck "Weiterbildungsgeld" vom Anführungszeichen abzusetzen.

Sechstens: Im Artikel 7 Z 4 ist am Beginn des zweiten Satzes beim Wort "sie" das kleine s durch ein großes S zu ersetzen.

Siebentens: Im Artikel 7 ist am Ende der Z 5 – vor dem Punkt – ein Ausführungszeichen zu setzen.

Achtens: Im Artikel 7 Z 7 ist in der Überschrift zu § 282 das Wort "Schlußbestimmungen" durch den Ausdruck "Schlußbestimmung" zu ersetzen.

Neuntens: Im Artikel 8 ist am Ende der Z 5 – vor dem Punkt – ein Ausführungszeichen zu setzen. (Beifall der Abg. Rosemarie Bauer.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Berichterstatterin, für Ihre ausführlichen und offenbar sehr notwendigen Ausführungen.

Ein weiterer Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Wir treten daher in die Debatte ein.

Als Erstredner gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.02

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Arbeitsmarktservicegesetz beinhalten eine Beihilfe zur Förderung der Altersteilzeit. Frauen sollten nach dieser Vorlage ab dem 52. Lebensjahr, Männer ab dem 57. Lebensjahr für maximal drei Jahre ab 1. Jänner des kommenden Jahres in Altersteilzeit gehen können.

Die Auflagen beziehungsweise Voraussetzungen für eine Verkürzung der Normalarbeitszeit bis zu 50 Prozent sind, daß der Arbeitnehmer praktisch 75 Prozent seines früheren Gehaltes erhält, Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge weiter in voller Höhe entrichtet werden und die Abfertigung in der Höhe des letzten Arbeitsverdienstes gesichert ist – bei Einstellung von zusätzlichen Arbeitskräften im Zuge der Arbeitszeitverminderung älterer Arbeitnehmer. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Falls die betreffende Frau ab dem 50. Lebensjahr und der Mann ab dem 55. Lebensjahr eingestellt werden, sollten den Dienstgeber maximal für fünf Jahre die für den Lohnausgleich anfallenden Bruttolohnkosten samt Sozialversicherungsbeiträge bis zur Höchstbemessungsgrundlage vom Arbeitsmarktservice rückerstattet werden. Dabei gibt es aber ein gewisses Problem.

Es ist in Ordnung, daß die Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge in der entsprechenden Höhe weiterbezahlt werden, und daß ein Mensch, obwohl er nur 50 Prozent arbeitet, 75 Prozent seines Lohnes erhält, finde ich an sich auch in Ordnung. Bei der Abfertigung spießt es sich aber schon. Wenn jemand die Abfertigung vom Letztbezug bekommt und drei Jahre lang keine Erhöhung erhält, dann bekommt er später wesentlich weniger Geld bei seiner Abfertigung. Wenn er in diesen drei Jahren teilzeitarbeitet und praktisch nicht mehr aufrückt, hat er, wenn es beispielsweise um 1 000 S geht, nach einem Abfertigungsanspruch von 25 Jahren um 25 000 S weniger an Abfertigung. Das ist eine ganz einfache Rechnung.

Wer von den Dienstgebern ist dazu bereit, denn er hat dann im Prinzip zwei Mitarbeiter? – Kein Arbeitgeber wird dazu bereit sein, einen tüchtigen Arbeitnehmer mit 57 Jahren auf Teilzeit zu setzen und jemanden einzustellen, von dem er nicht weiß, ob er dieselbe Aufgabe wie sein Vorgänger oder sein Partner im selben Ausmaß auch erfüllt. Das macht kein Dienstgeber. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn jemand nicht krankheitsanfällig ist oder oft auf Kur geht, dann wird überhaupt kein Dienstgeber an einer solchen Lösung interessiert sein. Diese Lösung ist maximal für Großbetriebe gedacht, für kleine Betriebe kommt sie überhaupt nicht in Frage.

Wir werden diese Maßnahmen ablehnen, weil sie ungeeignet und unpraktikabel sind. Außerdem besteht weniger die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden, wobei gerade bei der Altersarbeitslosigkeit die wesentlich schlechtere Chance, eine neue Arbeit zu finden, eine Rolle spielt. Im Prinzip werden mit dieser Vorlage keine Maßnahmen gesetzt, um die Arbeitsstunde der älteren Mitarbeiter für den Dienstgeber billiger zu machen, indem zum Beispiel das Entgelt reduziert wird und ein Ausgleich durch das Arbeitsmarktservice erfolgt. Es wird jetzt an Maßnahmen weitergebastelt, die wir bei der Einführung mit dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 berechtigtermaßen als mißlungen bezeichnet haben, gleichzeitig wird aber so getan, als gebe es erst jetzt wirklich Anlaß dazu, Initiativen gegen die Altersarbeitslosigkeit zu setzen.

Ich spreche in diesem Zusammenhang noch das Bonus-Malus-System an. Der Bonus ist in Ordnung, aber der Malus, wie wir es immer kritisiert haben, ist ein Schuß nach hinten. Wir haben das immer kritisch angemerkt, und jetzt soll dieses Bonus-Malus-System befristet werden, was auch darauf schließen läßt, daß sich der Erfolg dieser Maßnahme in Grenzen gehalten hat – und jetzt auch die Koalition daraufgekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

15.06

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit dieser heutigen Beschlußfassung wird der Pakt für ältere Arbeitnehmer umgesetzt. Wir haben zwar eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt, aber die Verbesserung der Beschäftigungsdaten älterer Arbeitnehmer ist nicht im gleichen Umfang eingetroffen wie bei anderen Altersgruppen. Mit diesem Maßnahmenpaket gilt es jetzt zu erreichen, Arbeitnehmer ab einem bestimmten Alter länger, am besten bis zum Übertritt in die Pension, in Beschäftigung zu halten und ihnen dadurch Perspektiven zu geben. Heute schaffen wir die gesetzlichen Voraussetzungen dazu.

Im Mittelpunkt stehen zwei Modelle für Altersteilzeit, die älteren Arbeitnehmern die Möglichkeit einer Arbeitszeitverkürzung mit sozialer Absicherung geben. Mit dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 haben wir Maßnahmen wie Bildungskarenz, Solidaritätsprämienmodell und anderes mehr beschlossen. Nach ersten Erfahrungen gestalten wird diese heute praxisorientierter und attraktiver. Um Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu fördern, bedarf es aber auch Begleitmaßnahmen im Bereich der Sozialversicherung.

Für Arbeitnehmer, für die dem Arbeitgeber ein Altersteilzeitgeld, eine Altersteilzeitbeihilfe oder eine Beihilfe zum Solidaritätsprämienmodell gewährt wird, soll kein Nachteil bei der Bemessung von Leistungen aus der Krankenversicherung und der Pension entstehen. Die Zeit des Bezuges von Weiterbildungsgeld soll als Ersatzzeit in der Pensionsversicherung berücksichtigt werden. Der Zugang zur Gleitpension soll attraktiver gestaltet werden; in Hinkunft soll das Mindestausmaß der Gleitpension 50 Prozent der vollen Pension betragen. Wird die Erwerbstätigkeit eingestellt, so ist derzeit ab diesem Zeitpunkt die Gleitpension als Teilpension im Ausmaß von bis zu 80 Prozent der vollen Pension weiterzugewähren, und zwar bis zum Ablauf des Kalenderjahres.

Künftig soll bereits ab dem Zeitpunkt der Einstellung der Erwerbstätigkeit die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gebühren. Die jeweiligen Erhöhungsfaktoren sollen auch bei vorzeitiger Beendigung des Gleitpensionsbezuges anzuwenden sein, und zwar unabhängig von der Erreichung des Regelpensionsalters.

Meine Damen und Herren! Mit diesen Maßnahmen wird allen Beschäftigungsrezepten, die vielleicht mit Lohnkürzungen bei Älteren spekulieren, eine klare Absage erteilt. Frau Bundesministerin Hostasch hat auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer wieder betont, daß uns das ein ganz großes Anliegen ist. (Demonstrativer Beifall der Abg. Sophie Bauer.)

Gleichzeitig beschließen wir eine verfassungskonforme Neuregelung der Notstandshilfe, und zwar analog zum Aufenthaltsrecht. All jenen ausländischen Personen, die unabhängig von ihrem tatsächlichen Aufenthalt eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung besitzen, haben unbegrenzten Zugang zum Arbeitsmarkt und bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen auch zu Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.

Meine Damen und Herren! Wir erreichen damit Gleichbehandlung älterer Arbeitnehmer gegenüber Arbeitnehmern anderer Altersgruppen, mehr Gleichbehandlung bei der Notstandshilfe, aber noch immer keine Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten, wie es in der "Aktion Fairness" vorgegeben ist. Einige Bünde in der ÖVP haben offensichtlich ein ungleiches Gewicht. Deshalb tritt die ÖVP hier auf der Stelle und kommt über Absichtserklärungen nicht hinaus. Ich hoffe, daß sich das bald in eine positive Richtung ändert. (Beifall bei der SPÖ.)

15.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

15.10

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! In aller gebotenen Kürze einige Anmerkungen: In Summe können wir der Vorlage 2021 der Beilagen leider nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, daß es sich dabei um eine nicht zieladäquate Reparatur handelt, sosehr wir auch anerkennen, daß die Bemühungen schon teilweise in die richtige Richtung gehen.

Aufzeigen kann man das am Bonus-Malus-System. Der tatsächliche Konstruktionsfehler ist nicht behoben, nämlich daß das System durch die unterschiedlichen Pensionsantrittsalter extrem frauenfeindlich ist, die, wie schon häufig erwähnt wurde, ein sehr zweischneidiges Schwert sind, weil sie Benachteiligungen in der Arbeitswelt dadurch kompensieren, daß den Frauen die Möglichkeit genommen wird, Pensionen zu erwerben, wenn sie länger arbeiten. Aber im Bonus-Malus-System ist es besonders bösartig, weil dadurch die sogenannte Altersarbeitslosigkeit der Frauen noch weiter nach unten gedrückt wird, was die Altersgrenzen anlangt.

Auch am Beispiel des Solidaritätsprämienmodells kann man aufzeigen, daß es weniger am Modell liegt, daß das nicht greift, sondern einfach daran, daß die Tools, die wir einsetzen, und zwar das AMS, dieses Modell offenbar nicht mögen, es daher nicht propagieren und nicht lebbar machen. Ich meine, wenn etwas totes Recht ist, weil die ausführenden Organe es nicht anwenden, dann wird es nicht dadurch besser, daß man es verändert, weil das einen fundamentalen Gesinnungswechsel in den Führungsebenen des AMS voraussetzen würde. Und wir haben gelernt, daß AMS ist nicht der Hort der Innovation, daher wird das nicht stattfinden.

Was hingegen die Vorlage 2022 der Beilagen anlangt, das Nachtschwerarbeitsgesetz und die dort entwickelten Urlaubsmöglichkeiten, dieser Materie werden wir zustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

15.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.13

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Während im Bereich der Jugendbeschäftigung deutliche Erfolge zu verzeichnen sind, steigt die Arbeitslosigkeit bei jenen Menschen, die älter als 50 Jahre sind, nachweislich an. Daher sind jene Maßnahmen, die wir jetzt beschließen werden, der sogenannte Pakt für ältere Menschen, eine richtige Antwort auf diese Entwicklung.

Das von der ÖVP favorisierte Modell sieht vor, daß neben dem bestehenden Solidaritätsprämienmodell nunmehr zwei Modelle für Teilzeitbeschäftigung von älteren Arbeitnehmern eingeführt werden; das ist die Altersteilzeitbeihilfe und das Altersteilzeitgeld. Ich möchte nichts wiederholen, denn Kollegin Reitsamer hat sehr klar formuliert, worum es hier geht. Ich möchte nur abschließend dazu sagen, daß diese Forderung massiv aus der ÖVP gekommen ist, insbesondere aus dem ÖAAB, von Fasslabend und von Feurstein. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese erfolgreiche Umsetzung der Altersteilzeit zeigt, daß die Sozialpartner, wenn sie wollen, durchaus können, und wir wünschen uns das in anderen Bereichen auch! (Beifall bei der ÖVP.)

15.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Da reicht die Uhr fast gar nicht aus, die Kürze der Diskussionsbeiträge festzustellen. (Abg. Steibl: In der Kürze liegt die Würze, Herr Präsident!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

15.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Bei mir wird es noch kürzer, weil ein Sparpaket bezüglich der Redezeit zu greifen beginnt. Ich versuche, mich ganz kurz zu fassen.

Dem Maßnahmenpaket für ältere Arbeitnehmer stimmen wir – mit Bauchweh – zu. Bei denjenigen Bestimmungen, die in anderen Elementen in verschiedenen Gesetzen enthalten sind, die die Reparatur der Notstandshilfe betreffen, ist unser Bauchweh so groß, daß wir sicherlich nicht zustimmen. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes, des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte handelt es sich auch bei der Notstandshilfe um eine eigentumswerte Leistung, die man auch denjenigen Personengruppen, bei denen der Aufenthalt noch nicht so verfestigt ist, nicht entziehen kann, wenn sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. – Danke. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

15.15

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn wir heute den Antrag 1150/A abändern, in dem es um das Nachtschwerarbeitsgesetz, um das Urlaubsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz geht, dann möchte ich schon kurz festhalten, daß im Jahre 1992 die ersten Mindestnormen für einen Zusatzurlaub beschlossen wurden. Damals waren 12 000 Arbeitnehmer von der Nachtschwerarbeit betroffen. Daß es aber zu einer Verbesserung beim Nachtschwerarbeitsgesetz gekommen ist, kann in erster Linie auf die beharrlichen und zielgerichteten Verhandlungen auf Sozialpartnerebene zurückgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Das Thema "Nachtarbeit" wird auch besonders durch die Diskussion um das Nachtarbeitsverbot für Frauen aktualisiert. Wir müssen eine allgemeingültige Regelung gegen das Ausufern dieser gesundheitsschädlichen Arbeitsform für beide Geschlechter treffen. Festhalten möchte ich, daß diese Arbeitszeitform absolut familienfeindlich ist, die Betroffenen aber dadurch auch vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden.

Hohes Haus! Es hat viele Jahre harter Verhandlungen gebraucht, daß wir wieder einen wichtigen Schritt für die betroffenen Nachtschwerarbeiter setzen können. Zurzeit leisten in Österreich 14 547 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Nachtschwerarbeit. In Gesprächen mit den Betroffenen auf ihrem Arbeitsplatz muß ich immer wieder feststellen, daß nur einzelne Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darunter sind, die mit der Nachtarbeit kein persönliches Problem haben.

Meine Damen und Herren! In jenen Bereichen, in denen Nachtschwerarbeit unbedingt erforderlich ist, wie zum Beispiel im Pflegebereich, Transportwesen und so weiter, muß es oberste Priorität für uns sein, die Rahmenbedingungen für die Betroffenen so zu setzen, daß die Gesundheit nicht zu stark darunter leidet. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß dies möglich ist, beweist uns der Betrieb ADS, Leiterplattenhersteller in der Steiermark. In diesem Betrieb arbeiten in der Nacht ein paar hundert Frauen. Dort ist es aber der Gewerkschaft gelungen, mit dem Kollektivvertragspartner akzeptable Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auszuverhandeln.

Meine Damen und Herren! Hätte die FPÖ das Sagen, müßten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge ihre Arbeiten tätigen. Die FPÖ stellt die Betriebsräte und die Gewerkschaften als Verhinderer dar und sagt, daß unsere Forderungen Sonderwünsche seien, die für die Firmen nicht annehmbar wären. Solche Äußerungen sind der Beweis dafür, daß Sie nicht wissen, welche Belastungen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Nachtschwerarbeit auf sich nehmen müssen, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können.

Hohes Haus! Mit dem heute eingebrachten Antrag wird eine weitere Verbesserung für den Nachtschwerarbeiter und die -arbeiterin erreicht, nämlich Anspruch auf einen Zusatzurlaub, wenn im laufenden Urlaubsjahr weniger als die erforderlichen fünfzigmal, mindestens jedoch vierzigmal Nachtschwerarbeit geleistet worden ist. Wir müssen aber weiterverhandeln, um Entlastungen für die Betroffenen bei der Nachtschwerarbeit zu erreichen.

Zum Schluß, meine Damen und Herren, möchte ich auch noch den Appell im besonderen an den Koalitionspartner richten, daß im Rahmen der "Aktion Fairness" bei den Verhandlungen die Forderungen nicht so sein können, daß gerade die Schwächeren wieder zuerst etwas hergeben müssen, wie zum Beispiel daß ein Feiertag auf den Sonntag verlegt wird, also auf genau jenen Tag, der der Erholung jener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schwere Arbeit leisten müssen, dient. (Abg. Dr. Feurstein: Stimmt nicht!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Ministerin.

15.21

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Es wurde schon in der Debatte ausgeführt, daß wir in der österreichischen Arbeitswelt, auf dem österreichischen Arbeitsmarkt in bezug auf die Schaffung von mehr Beschäftigung, aber auch in bezug auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sehr erfolgreich unterwegs sind, sodaß wir praktisch in allen Bereichen in allen Bundesländern und – jetzt muß ich es so sagen – in fast allen Altersgruppen einen Rückgang der Arbeitslosigkeit feststellen können. Leider ist es noch immer so – auch wenn es extrem abgeschwächt ist –, daß in der Altersgruppe der über 50-, 55jährigen noch immer ein – wenn auch geringfügiger – Zuwachs zu verzeichnen ist.

Ich bin daher sehr froh darüber, daß es dank des Initiativantrages der Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP möglich ist, heute noch jenen Pakt für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschließen zu können, der Gegenstand eines Vorschlages der Sozialpartner war und nicht zuletzt dann mit unseren Parlamentariern verhandelt und eingebracht werden konnte.

Auf die wesentlichen Punkte wurde schon Bedacht genommen und hingewiesen; ich brauche sie daher nicht zu wiederholen.

Ich möchte trotzdem eine Bemerkung zu dem, was Herr Abgeordneter Dolinschek gemeint hat, machen, nämlich daß diese Vorschläge für die kleinen Betriebe und Mittelbetriebe nicht geeignet seien und nur auf die Großunternehmen beschränkt wären. – Ich meine, gerade in jenen beiden Angeboten für die Altersteilzeit – bei einem Modell ist eine verpflichtende Ersatzeinstellung vorgesehen, beim anderen Modell wird diese jedoch nicht verlangt – wird auf die Situation der kleineren und mittleren Unternehmen Bedacht genommen.

Trotzdem, sehr geschätzte Damen und Herren, möchte ich sagen: Für all das, was Sie nun beschließen werden und was hoffentlich auch für diese Altersgruppen zu einer Verbesserung ihrer Arbeitssituation und ihrer Beschäftigungsdauer beitragen wird, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen, damit das Denken und Verhalten der Unternehmer und der Personalverantwortlichen – hier spreche ich bewußt eher die großen an – geändert wird, ihr Verhalten gegenüber den Älteren in unserer Gesellschaft, den Älteren in unserer Arbeitswelt, und zwar in Richtung eines klaren Bekenntnisses, daß auch über 50jährige wichtige, sozial kompetente und fachlich kompetente Mitarbeiter sind und daher auch diesen besondere Wertschätzung zuteil werden muß.

Ich glaube, da sollten wir gemeinsam auch die Sozialpartner, insbesondere die Arbeitgeberseite, in die Pflicht nehmen, an einem Umdenken zu arbeiten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Kier! Ich darf fragen, ob ich Ihren Beitrag insofern richtig verstanden habe, daß Sie meinen, daß wir beim unterschiedlichen Pensionsalter von Frauen und Männern anstreben sollten, daß das Pensionsalter der Frauen an jenes der Männer angeglichen werden soll. (Abg. Dr. Kier: Einen Abschlag!) Oder habe ich Sie diesbezüglich falsch verstanden? (Abg. Dr. Kier: Falsch!)

15.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Anträge getrennt durchgeführt werden.

Als erstes stimmen wir über den Gesetzentwurf in 2021 der Beilagen unter Berücksichtigung der von der Frau Berichterstatterin am Beginn der Debatte vorgetragenen Druckfehlerberichtigung ab.

Es liegt ein Verlangen des Abgeordneten Öllinger auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die von diesem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen also zur getrennten Abstimmung betreffend Artikel 1 § 37a Abs. 1 Ziffer 2, Artikel 3 § 7 Abs. 3 Ziffer 3, § 26 Abs. 6 sowie § 79 Abs. 52, jeweils in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Daher kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang, ebenfalls in der Fassung des Ausschußberichtes und unter Berücksichtigung der Druckfehlerberichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dies ist gleichfalls mit Mehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Mitglieder des Hauses, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest, die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit kommen wir als nächstes zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2022 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein Zeichen. – Dieser Gesetzentwurf ist einstimmig in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf in 2022 der Beilagen ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 776/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Kostenübernahme für In-vitro-Fertilisation (IVF) und

über den Entschließungsantrag 1171/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend In-vitro-Fertilisation (2009 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz) (2010 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit kommen wir zu den Punkten 22 und 23 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erste Rednerin ist, da eine mündliche Berichterstattung nicht verlangt wurde, Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.28

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Abschluß dieser Legislaturperiode möchte ich Ihnen noch eine kurze Kostprobe aus unserer sooft als "unsachlich" oder "ablehnend" bezeichneten Oppositionspolitik am Beispiel der Regierungsvorlage betreffend künstliche Befruchtung geben.

Sie wissen, zirka 30 000 Paare in Österreich sind ungewollt kinderlos und können nur durch künstliche Befruchtung Kinder bekommen. Durch meine medizinische Tätigkeit in der Landes-Frauenklinik wurde ich auf dieses Problem aufmerksam, und wir haben uns seit dieser Zeit vehement für dieses Problem und für diese Patientenklientel eingesetzt.

Die Erfolgsquote dieser Methode liegt bei 30 Prozent, und die damit verbundenen selbst zu tragenden Kosten liegen bei 30 000 bis 40 000 S. Das heißt, es gibt nicht nur massive psychische, sondern auch physische und finanzielle Belastungen für diese Paare.

Ich habe im Mai 1998 einen an Sie, Frau Bundesministerin, gerichteten Antrag eingebracht, in dem ich Sie ersuchte, die gesetzlichen Voraussetzungen zur Kostenübernahme der künstlichen Befruchtung zu schaffen. Gleichzeitig aber ging dieser Antrag an alle Bundesländer und wurde durch meine Fraktion, durch die Freiheitlichen, in sämtlichen Landtagen übernommen – zum Beispiel in Oberösterreich im Mai 1998, in der Steiermark ebenfalls im Mai 1998, in Salzburg im Oktober 1998, in Vorarlberg im Jänner 1999, und so weiter, in sämtlichen Landtagen.

Diese Anträge wiederum führten weiter zu Resolutionen. Als Beispiel nenne ich nur eine Resolution im Oberösterreichischen Landtag, in der ÖVP-Landeshauptmann Pühringer vom Sozialausschuß aufgefordert wurde, die Resolution an Bundeskanzler Klima mit dem Ersuchen um Umsetzung weiterzuleiten.

In dieser Zeit, meine Damen und Herren, gab es eine Menge verschiedener Pressemeldungen: Im Dezember 1998 zum Beispiel hieß es: "Streit um künstliche Befruchtung hält an" oder "SPÖ lehnt künstliche Befruchtung ab". Im März 1999 konnte man bereits lesen: "Die Länder sollen die Kosten für die IVF übernehmen", "IVF nicht auf Kosten der Kassen", "Das Baby auf Krankenschein kommt".

Jetzt heißt es auf einmal: "Die ÖVP fordert künstliche Befruchtung auf Krankenschein" und "Pittermann: ÖVP-Vorstoß nicht durchdacht, künstliche Befruchtung auf Krankenschein finanziell nicht zu lösen".

Kurz danach, Frau Kollegin Pittermann, kam der nicht unoriginelle Vorschlag von Ihnen, man soll doch bei unfruchtbaren Frauen besser Fremdsamen nehmen. Ich muß sagen, ich war sehr erstaunt über diesen SPÖ-Vorschlag zum Seitensprung. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann aber hieß es zur künstlichen Befruchtung, man höre und staune: "SPÖ schwenkt ein – IVF: Pittermann grundsätzlich dafür", und schließlich in meinem Pressedienst: "SPÖ und ÖVP sind Kopierer freiheitlicher Ideen".

Warum? – Kein einziger Antrag war von Ihnen beiden, von den Regierungsfraktionen, bis zu diesem Zeitpunkt zu diesem Thema eingebracht worden. In der Zwischenzeit wurde unser paralleler Antrag zur Fortpflanzungsmedizin abgelehnt, aber er endete schließlich in einem Vierparteienantrag, den wir dann auch mitgetragen haben.

Unser Antrag zur künstlichen Befruchtung, der eben als erster eingebracht wurde, wurde im Sozialausschuß mit erledigt. Das heißt, er hat eigentlich ein Begräbnis erster Klasse erlitten. Aber heute stimmen wir über eine Regierungsvorlage ab, mit der ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet werden soll.

Meine Damen und Herren von der Einheitspartei! Es ist mühsam, Sie zu bewegen. Immer wieder liefern Sie einander Scheingefechte. Immer wieder verzögern Sie gute gesetzliche Neuregelungen. Die einen sind dafür, die anderen können es nicht finanzieren. Die einen können es nicht finanzieren, die anderen sind dafür. Aber: Wir von den Freiheitlichen kontrollieren Sie nicht nur, wir geben Ihnen die Themen vor und treiben Sie vor uns her! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Rasinger: In deinem Manuskript steht: Lob für Rasinger!)

Wir tun das so lange, bis Sie nicht mehr lachen, sondern endlich erkennen, daß Sie zum Wohl des Bürgers und zum Wohl dieser Frauen nun endlich handeln müssen. Das, meine Damen und Herren, ist unsere Art der Oppositionspolitik. Und ich sage Ihnen eines: Freuen Sie sich mit uns auf die nächste Legislaturperiode! – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Marizzi: Super! Glück auf!)

15.33

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, darf ich bekanntgeben, daß Frau Abgeordnete Mag. Stoisits und Fraktion nach § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die im Zuge einer versuchten Abschiebung zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben, über die von den Behörden ausgeübte Praxis bei Verhängung und Durchführung von Schubhaft und über die von den Behörden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Kriterien bei Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen.

Die Durchführung einer Debatte über die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses wurde nicht verlangt. Daher wird die Abstimmung über diesen Antrag nach § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung nach Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung stattfinden.

*****

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.34

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Povysil, ich habe natürlich nicht behauptet, daß sterile Frauen mit Fremdsamen plötzlich fruchtbar werden oder nicht mehr steril sind. Das bezog sich natürlich ausschließlich auf Fälle von Sterilität beim Mann, weil ich gefunden habe, bevor man eine Frau einer solchen IVF-Prozedur unterzieht, ist es klüger, eine Fremdsamenspende durchzuführen. Daß die Sterilität einer Frau damit nicht behebbar ist, müßte allen, die Medizin studiert haben, klar sein. (Abg. Fuchs: Nicht nur denen!) Das habe ich daher auch bei Ihnen erwartet. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sehnlichst erwünschte Kinder nicht bekommen zu können, ist natürlich für viele Menschen eine große Härte, und sie setzen alles daran, sich diesen Wunsch zu erfüllen, genauso wie jene, die ungewollt schwanger werden, für die Kinder demnach eine Katastrophe bedeuten, auch bereit sind, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen, um diese ungewollten Kinder nicht zu bekommen.

Wir zahlen auch keine In-vitro-Fertilisation auf Krankenschein, sondern es wird ein Fonds eingerichtet, mit dem 70 Prozent der Kosten der IVF übernommen werden. Das ist eine exzellente Lösung. Die Sterilität ist nach einem OGH-Urteil keine Krankheit, daher war auch die ausschließliche Kostenübernahme durch die Sozialversicherung nicht möglich. Das hat auch Herr Kollege Donabauer im Ausschuß deutlich klar gemacht. Es sind an diesem Fonds zu gleichen Teilen die Sozialversicherung und das Familienministerium beteiligt.

Sollten selbst 30 Prozent der Kosten für Personen mit Kinderwunsch zu hoch sein, so sind die Länder und Gemeinden gefordert, über Sozialfonds zu helfen. Wenn man aber bedenkt, welche finanziellen Voraussetzungen für eine Adoption nötig sind, dann muß man fragen, ob man Kinder wissentlich mit allen Anstrengungen für ein Leben oder eine Kindheit in Armut unbedingt zeugen soll.

Das unterschiedliche Alter von Mann und Frau entspricht keiner Diskriminierung, sondern leider den biologischen Gegebenheiten. Auch auf natürlichem Weg, ohne Sterilität, können nur mehr 2 Prozent der Frauen über 40 schwanger werden. Männer über 40 haben keine Fertilitätsprobleme – oder sie glauben, keine zu haben, und der Ausgleich ist auch leichter herbeizuführen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Beschränkung auf vier Versuche pro ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jeder weiß durch die Studien über die Knochenmarkstransplantation, daß ungefähr jedes fünfte ehelich geborene Kind nicht vom Ehegatten stammt. Das ist bereits durch die Untersuchungen für die Knochenmarkspende nachgewiesen. Jedes fünfte eheliche Kind ist nicht vom Ehemann! (Heiterkeit und weitere Zwischenrufe.)

Lesen Sie nach! Das können Sie in der Literatur lesen, das ist halt die Realität. Was glauben Sie, mit wem die Männer fremdgehen? Die haben ja auch Partnerinnen zum Fremdgehen! Tun Sie doch nicht so, als gäbe es das nicht! (Heiterkeit.)

Die Beschränkung auf vier Versuche pro Kinderwunsch ist medizinisch begründet, da diese Prozedur für Frauen unangenehm und auch mit möglichen gesundheitlichen Spätfolgen verbunden ist. Persönlich verstehe ich, daß man der sterilen Frau hilft, denn das Erlebnis von Schwangerschaft, Geburt und Stillen ist ein ganz besonders einzigartiges und zutiefst beglückendes. Nur eine Frau, die schon geboren hat, kann diesen Gefühlssturm empfinden.

Das Problem für mich ist eben die In-vitro-Fertilisation bei der männlichen Sterilität, da es für die Frauen nicht besonders gesund ist, diesen Eingriff durchführen zu lassen. Dabei geht es nicht um das Psychologische, sondern eher um ein bißchen "Blut-und-Boden-Mentalität" und nicht um die soziale Elternschaft. Aber da es der Wunsch der betroffenen Paare ist und der Gesetzgeber die Wünsche der Staatsbürger auch berücksichtigen muß, ist auch diese Möglichkeit geschaffen worden. (Abg. Dr. Khol: Dieser Zynismus ist nicht zu überbieten!)

Besonders wichtig ist mir die Qualitätskontrolle und auch die Qualitätssicherung. Es werden mit bestimmten Krankenanstalten Verträge abgeschlossen, und die Qualitätskriterien müssen erfüllt werden. Wichtig ist die Dokumentation, aber auch die Anonymisierung der Daten.

Wir sind, wie ich meine, sehr fair mit Paaren mit Kinderwunsch umgegangen. Auch ich schließe mich meiner Fraktion an und fordere diese Fairneß auch in anderen Punkten, nämlich die Fairneß gegenüber Arbeitern und Angestellten. Als Ärztin habe ich immer wieder Arbeiter früher sterben gesehen, weil sie nur 40 Stunden pro Jahr auf Kosten des Dienstgebers den Arzt aufsuchen durften, aber oft zu arm waren und in diesen Zeiten gar nicht zum Arzt gehen konnten. Gerade Patienten, die ich behandle – das sind Patienten mit malignen Erkrankungen –, sind oft vor ihrer Zeit gestorben, weil sie sich ihre Krankheit nicht leisten konnten. Aus diesem Grund, aus menschlichen und humanitären Erwägungen bitte ich Sie wirklich: Schließen Sie sich der "Aktion Fairness" an! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Sehr brav die Aufgabe des Klubobmannes erfüllt! Bei jeder Rede!)

Mit diesem Gesetz wird es uns ab jetzt gelingen, dem Verlangen vieler Menschen auf Hilfe bei Kinderwunsch, dessen Erfüllung die moderne Medizin erst seit dem Jahre 1978 mit steigendem Erfolg ermöglicht, nachzukommen. Daher begrüßen wir Sozialdemokraten dieses Gesetz. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Da dies auch meine letzte Rede in dieser Legislaturperiode ist (Abg. Dr. Rasinger: Oje! Liesl, du gehst?!) – ich hoffe, nur die letzte Rede in dieser Gesetzgebungsperiode, denn ich möchte gerne noch einmal in dieses Haus kommen, ob es Ihnen gefällt oder nicht –, möchte ich allen ausscheidenden Abgeordneten von ganzem Herzen alles Gute wünschen, vor allem Gesundheit und daß Sie zufrieden und glücklich in Ihrem weiteren Leben sind.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die uns geholfen, die vor allem mir bei der Arbeit geholfen haben. Es war eigentlich meine erste Legislaturperiode hier – mit Ausnahme der kurzen vorherigen, und ich habe sehr viel gelernt und war sehr auf Diskussionen angewiesen.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesministerin und Ihren Beamten für die stete Hilfe, die sie mir zuteil werden ließen, und ich bedanke mich auch bei den Beamten dieses Hauses. Ich hoffe, daß wir in der nächsten Legislaturperiode auch fairer zu den Beamten hier sind und nicht mehr so lange Nachtsitzungen haben.

Denn wenn wir dieses Haus verlassen können, hängen all jene, die in diesem Hause arbeiten – das konnten wir unlängst im "Morgenjournal" vernehmen –, noch mit der Arbeit. Also auch diesen Mitarbeitern zuliebe wünsche ich mir kürzere Sitzungen.

Ich möchte mich auch beim Herrn Präsidenten bedanken und hoffe, daß wir in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr sagen, links von den Couloirs und rechts von den Couloirs gilt das Gesetz, sondern auch in den Couloirs darf nicht geraucht werden, wenn wir das Tabakgesetz einhalten. Das kann auch die Präsidiale nicht anders bestimmen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Ich wünsche mir, daß wir das Tabakgesetz in diesem Hause so einhalten, wie es dem Buchstaben des Gesetzes entspricht. Und damit wünsche ich Ihnen allen einen schönen Sommer, gute Ferien und eine gute Wiederkehr nach dem Sommer! (Beifall bei der SPÖ.)

15.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

15.41

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich wollte auf die Anregung von Kollegin Pittermann zu sprechen kommen, die gesagt hat, man solle sich der "Aktion Fairness" anschließen. Als ich heute diesen Button bekommen habe, habe ich mir gedacht, naja, dann rubbelst du einmal und schaust, was darunter ist, da wir ja wissen, daß Politik immer gründlich zu betrachten ist. Aber da kam plötzlich Blech heraus! (Die Rednerin hält einen Sticker mit der Aufschrift "Aktion Fairness! ÖGB" in die Höhe; die Farbe ist teilweise abgerieben, das darunterliegende Metall ist sichtbar.)

Damit möchte ich nur sagen, daß wir uns insbesondere in Wahlkampfzeiten alle der "Aktion Fairness" anschließen sollten – aber einer allgemeinen Fairneß in der Gesellschaft, nicht nur zwischen den Arbeiterinnen und Arbeitern einerseits und den Angestellten auf der anderen Seite, sondern überhaupt zwischen allen Menschen. Das sollte eigentlich die Grundlage jedes Wahlkampfes sein: Sie sprechen über Menschen und sollten sie auch beachten! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Ich wünsche mir, daß auch der Wahlkampf von dieser "Aktion Fairness" getragen ist, aber einer "Aktion Fairneß" im Parlament!

Zu dem Gesetz, das wir heute zu besprechen haben. Es ist natürlich wichtig, daß wir Personengruppen die Unterstützung, die sie brauchen, nicht versagen. Ich würde mir wünschen, daß wir dies in Zukunft mehr beachten. Ich kann mich an eine Rede der Frau Abgeordneten Haidlmayr erinnern, als sie uns erzählt hat, wie es behinderten Menschen geht, wenn sie Finanzierungsnöte artikulieren. Das fängt bei ganz primitiven Dingen an. Wenn diese Personen zum Beispiel Durchfall haben und entsprechende Einlagen im Übermaß benötigen, dann brauchen sie dazu – um diese Windeln zu kriegen; so haben Sie sich ausgedrückt, Frau Kollegin Haidlmayr – eine chefärztliche Genehmigung. Und Sie haben damals die Frage gestellt: Glauben Sie, daß wir unser Wohnzimmer mit Windeln tapezieren?!

Ich möchte damit sagen, bei diesen Menschen wird gespart. Da wird auf jeden Groschen geschaut. Bei den Behinderten, bei den Eltern von Behinderten, die um Geräte kämpfen, um mit den Kindern gemeinsam in einem Haushalt zu arbeiten, geht es nur über Drohungen, über Briefverkehr ohne Ende, über unendlich viele Besuche, bis endlich einmal die Bewilligung für so ein Spezialgerät kommt und die Finanzierung gesichert ist.

Auf der anderen Seite, etwa bei der IVF, sehe ich aber, daß man eigentlich sehr großzügig ist, nämlich insofern, als bei der betroffenen Personengruppe nicht die soziale Situation im Vordergrund steht, sondern daß diese völlig irrelevant ist. Es wird davon gesprochen, daß 70 Prozent der anfallenden Kosten zu übernehmen sind, und die restlichen 30 Prozent können beispielsweise durch Länder oder Gemeinden unter sozialen Gesichtspunkten aufgestockt werden.

Das heißt, daß unter Umständen bei einem solchen Procedere eine In-vitro-Fertilisierung in Hollabrunn eine andere Finanzierungsmöglichkeit hat als eine In-vitro-Fertilisierung ein paar Kilometer weiter, in Wien oder in Klosterneuburg. Das halte ich eigentlich für eine gefährliche Vorgangsweise: daß wir als Grundlage nicht die soziale Lage der Personen schlechthin heranziehen, sondern daß wir einfach der Willkür Tür und Tor öffnen, und das halte ich für keine gelungene Vorgangsweise.

Dann geht es weiter mit der Differenzierung, diesmal zwischen Mann und Frau. Man spricht davon, daß man die Finanzierung nur dann machen kann, wenn verschiedene Gesichtspunkte erfüllt sind, etwa in Fällen der Sterilität tubaren Ursprungs bei der Frau. Ich kenne Sterilität, die nicht tubaren Ursprungs ist und die man sehr wohl über eine In-vitro-Fertilisierung aufhebt. Diese Sterilität ist explizit ausgeschlossen. Ich meine, wenn schon, dann sollte man ein Gesetz machen, das diese Unfruchtbarkeit, die nicht tubaren Ursprungs, aber durch die Technologie überwindbar ist, auch mit einschließt. Das ist in dieser Vorlage aber explizit nicht der Fall.

Dann geht es weiter. Da heißt es: Der Zeitpunkt des Beginns eines Versuches der In-vitro-Fertilisierung bei einer Frau, die das 40. Lebensjahr, und bei einem Mann, der das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und so weiter. – Jetzt frage ich mich: Was ist die Grundlage für diesen Unterschied? Warum macht man die Grenze bei einer Frau mit 40 und bei einem Mann mit 50? – Man sagt, weil eine Frau mit 40 zu alt sei, um zu gebären. Das ist heutzutage nicht mehr wahr, das wissen wir alle.

Das heißt, man nimmt als Grundlage eigentlich das Alter der Eltern und sagt, ab einem gewissen Alter ist es nicht mehr sehr sinnvoll, überhaupt eine Elternschaft auf sich zu nehmen. Dann verstehe ich aber wiederum den Unterschied zwischen Mann und Frau nicht. Ist eine Frau mit 40 mental gleich alt wie ein Mann mit 50? – Nein, ich glaube nicht. Also ich möchte jetzt gerne wissen, warum man da so einen Unterschied macht, warum man nicht ein gleiches Alter für beide einführt und das jeweils nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft adaptiert. Es spricht überhaupt nichts dagegen, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Dann heißt es weiter: Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungen schließt für den Fonds – das ist die Finanzierungsmöglichkeit, die da geschaffen werden soll – mit Trägern von Krankenanstalten, die In-vitro-Fertilisationen durchführen, Verträge ab. – Das heißt, daß man, wenn man die In-vitro-Fertilisation nicht in einer Krankenanstalt durchführt, sie nicht über diesen Fonds finanziert bekommt.

Ich frage mich wirklich: Warum machen Sie da wieder Unterschiede? Das ist doch derselbe Prozeß! Sie wollen ja eigentlich über eine Hürde, die in einem menschlichen Körper vorhanden ist, hinweghelfen und eine Schwangerschaft ermöglichen. Warum unterscheiden Sie dann zwischen diesen technischen Möglichkeiten, die in einem Krankenhaus mit Vertrag durchgeführt werden und der technischen Möglichkeit, die vielleicht in einem anderen Institut getätigt wird?

Ich muß sagen, diese Ungleichheit ist durch nichts zu begründen. Ich glaube zwar, daß man im Grunde genommen einer Personengruppe helfen möchte, meine aber, daß das sicherlich nicht der richtige, der geeignete Weg ist. Sie machen Unterschiede beim Alter, Unterschiede bei den Krankenanstalten – wer finanziert wird und wer nicht –, und zu guter Letzt berücksichtigen Sie keine sozialen Gesichtspunkte. Ich halte das für kein gelungenes Gesetz, Frau Bundesministerin.

Ich weiß, daß Sie sich immer gerne zum Schluß zu Wort melden. Ich wollte Ihnen dazu noch etwas sagen. Vielleicht richten Sie das auch Ihren Kollegen in den Regierungsrängen aus. Kollege Dr. Ofner hat das auch immer wieder kritisiert.

Bei jedem Tagesordnungspunkt gehört das letzte Wort einem Abgeordneten dieses Hauses. Ich halte es wirklich für beachtenswert, daß die Bundesregierung das mit einer gewissen Konsequenz nicht einhält. Das ist so Usus, da gibt es einen Kodex, und dieser ist bitte zu beachten. Ich wünsche mir, daß die Bundesregierung diesen Kodex in der nächsten Legislaturperiode vielleicht wieder aufnimmt, der einmal sozusagen eine wichtige Grundlage hatte. (Abg. Schwemlein: Weil Sie gerne das letzte Wort haben!)

Ich meine zu guter Letzt, daß man sich am Ende einer Legislaturperiode auch bedanken sollte. Ich möchte mich zuerst insbesondere beim Herrn Präsidenten und bei den beiden anderen Herren Präsidenten bedanken, die zurzeit nicht im Saal sind, vor allem aber bei Herrn Präsidenten Fischer für seine sehr angenehme und sehr transparente Vorsitzführung in den Plenardebatten beziehungsweise im Hauptausschuß. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Das gilt auch für eine Vielzahl der Vorsitzenden von Ausschüssen, die ich erlebt habe. Ich habe den Eindruck, daß in Zusammenarbeit mit den Beamten des Hauses immer versucht wurde, eine möglichst objektive, transparente Vorsitzführung zu wählen.

Ich darf aber einmal einen Vergleich zwischen dem Europäischen Parlament und dem österreichischen Nationalrat ziehen. Im Europäischen Parlament herrscht ein ganz anderer Geist. Dort wird über Fraktionsgrenzen hinweg versucht, vor allem einen größtmöglichen Kompromiß zu erzielen, und das ist das eigentlich Spannende an der Arbeit im Europäischen Parlament.

Hier ist es so, daß man sehr oft den Eindruck hatte, daß man gegen eine Betonwand rennt, aber daß es eigentlich keine sachliche Begründung für diese Betonwand gibt. Hätten wir viel früher das Bedürfnis, hier im Hohen Haus miteinander zu kommunizieren, würden wir viel mehr Konsens erreichen. Das ist eine Einschränkung, die wir uns selbst auferlegen. Wir sollten das nicht tun, das ist nicht gut. Das ist nicht der Geist, in dem sich ein Parlamentarismus weiterentwickeln sollte.

Man sollte die Konsequenzen nicht in der nächsten Legislaturperiode beachten, sondern die generellen Konsequenzen. Das Miteinander der Abgeordneten in diesem Hause ist die Basis der Demokratie. Wir sollten das wirklich in unseren Köpfen tragen, wenn wir in den nächsten Wahlkampf gehen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

15.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Abgeordnete Dr. Gredler.

Herr Minister, wollen Sie sich zu Wort melden? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nein es geht um etwas anderes!)

Dann darf ich in der Rednerliste fortsetzen. Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

15.51

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Ministerin! (Heiterkeit. – Ruf: Herr Ministerin?) "Frau Ministerin" habe ich gesagt. (Bundesministerin Hostasch: Frauenministerin? Das ist zuviel! – Heiterkeit.)

Hohes Haus! Am Anfang meiner Rede möchte ich dreimal danken: erstens der Initiative "Kinderwunsch", die sich wirklich sehr um Bewußtseinsbildung bemüht hat und unermüdlich war; Ihnen, liebe Frau Minister, und Ihnen, Herr Minister. Auch wenn es bei der Frau Minister eine etwas späte Einsicht war, hat sie das Kind jetzt spät, aber doch adoptiert.

Worum geht es? – Es geht um 40 000 Ehepaare, die ungewollt kinderlos sind. Darauf kommt es mir an. Das Kinderkriegen kann in Österreich, aber auch weltweit ein enormer Psychostreß werden. Durch Spitzfindigkeiten wurde in Österreich bisher verhindert, daß es eben nicht eine Leistung der Solidargemeinschaft war: In Deutschland wird das seit zehn Jahren ohne irgendwelche Komplikationen gezahlt; auch in Frankreich, in Israel. In Österreich hat man diese Paare, neben ihrem enormen Streß, völlig allein gelassen. 100 000 S an Kosten sind nicht wenig.

Solche Spitzfindigkeiten gab es wirklich sonder Zahl. Die WHO definiert das als Krankheit. Die Sozialversicherung hat gesagt: Wir lassen uns klagen; das ist keine Krankheit!

Ich habe mir im Zuge der Recherchen über diese ungewollte Kinderlosigkeit einen Artikel aus "Soziale Sicherheit" – das ist die offizielle Zeitschrift des Hauptverbandes – vor Augen geführt. Zehn Seiten lang wurde nur herumdefiniert, sodaß ich als Arzt – der glaubt, halbwegs Experte zu sein – am Schluß nur noch verwirrt war. Was ist eine Krankheit; eine WHO-Krankheit; eine Sozialversicherungskrankheit, eine OGH-Krankheit; Krankheitswert oder -nichtwert?

Mit solchen Spitzfindigkeiten würde in Österreicher kein Raucher, kein Alkoholiker, kein Übergewichtiger mehr überhaupt eine Leistung bekommen. Denn man kann ihnen alles wegdefinieren oder hineindefinieren.

So gesehen, bin ich froh darüber, daß wir einen typisch österreichischen Mittelweg gefunden hat. Das Wort "sozial" wäre nämlich sonst unsozial geworden und ein Zeichen für Hartherzigkeit gewesen.

In den Beantwortungen vieler Anfragen, die zum Beispiel Frau Abgeordnete Povysil oder die wir eingebracht haben, wurde das mit dem "Totschlagargument" weggewischt: Das kostet 3,6 Milliarden Schilling – wollt ihr eine Beitragserhöhung? –, das können wir uns nicht leisten!

Wir haben das nachgerechnet. Ich konnte einer sehr gesprächsbereiten Ministerin – das möchte ich hier ausdrücklich erwähnen – nachweisen, daß das Ganze nicht mehr als 100 Millionen Schilling kostet. Ich möchte jetzt nicht banal sagen, daß manche das aus der Portokasse zahlen, aber bei 126 Milliarden Schilling, die die soziale Krankenversicherung zur Verfügung hat, ist das meiner Ansicht nach ein Betrag, über den man zumindest nachdenken kann. Darum hat es mich am Anfang gestört, daß man sagte: nicht durchdacht und finanziell nicht zu lösen.

Was ist jetzt endgültig das Ergebnis? – Ungefähr 100 000 S kostet es durchschnittlich, wie wir gehört haben; drei Versuche braucht man in etwa; 70 Prozent zahlt jetzt die öffentliche Hand, aufgeteilt auf Familienlastenausgleich und Sozialversicherung.

Wenn ich von Frau Abgeordneter Gredler – dort oben ist sie – höre, das sei zu großzügig, und wozu geben wir das aus, kann ich nur sagen: Es gab in Österreich einen Aufstand, als wir den Selbstbehalt von 50 S eingeführt haben. Jetzt hingegen ist ein Selbstbehalt von 30 000 S zu großzügig? – Ich hätte ihn gerne etwas niedriger gehabt, aber das war ein ausdrücklicher Wunsch unseres Koalitionspartners. Da habe ich gesagt: Okay, in Gottes Namen, wir fressen auch das, damit wir eine Lösung zustande bringen! (Abg. Dr. Gredler: Unter sozialen Gesichtspunkten!)

Das Ergebnis läßt sich international durchaus sehen. Vier Versuche pro Kind; auch die neuen Methoden über die In-vitro-Fertilisation hinaus werden bezahlt; und vor allem wird auch die Qualitätssicherung ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes sein. Mir ist es endgültig Wurscht, ob die Kinder dann Martin, Lore, Erwin oder Brigitte heißen. (Abg. Böhacker: "Erwin" ist schön!) Es geht mir um die Einstellung, die wir gegenüber Kindern haben, aber auch gegenüber kranken Menschen oder gegenüber Menschen, die glauben, unter Streß oder psychischer Beeinträchtigung zu stehen.

Wenn wir es mit der In-vitro-Fertilisation, diesem Ermöglichen auf Kosten der öffentlichen Hand, schaffen, den Kinderwunsch irgendwie zu lindern, dann werden wir mit jenen vielleicht 1 500 Kindern mehr, die deshalb auf die Welt kommen – ich meine, wir werden noch einmal in eine Zeit kommen, in der wir Kinder sozusagen vergolden werden, weil wir rückläufige Geburtenraten haben –, viel Freude haben.

So gesehen, ist es ein gutes Gesetz. Es ist ein menschliches Gesetz, und es bedeutet vor allem ein Stück mehr soziale Wärme in unserem Staate. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile ihm das Wort.

15.57

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Die letzte Sparrede, wieder ganz kurz.

Wir sind nicht prinzipiell gegen die In-vitro-Fertilisation auch auf Krankenschein, nur hätten wir uns klarere Regelungen und eine öffentliche Debatte darüber gewünscht. Wir hätten uns gewünscht, daß nicht ein unterschiedliches Alter für Mann und Frau festgelegt wird. Wir hätten uns Indikationen etwa für Querschnittgelähmte vorstellen können, wie sie Kollegin Haidlmayr immer wieder vorgeschlagen und auch beantragt hat.

Wir hätten uns vor allem gewünscht, daß es nicht in dieser Form zu der entsetzlichen Regelung kommt, wonach die In-vitro-Fertilisation auf Krankenschein auf der einen Seite als Krankheit, auf der anderen Seite als familienpolitische Leistung betrachtet wird, sondern daß man hier auch noch über Spätfolgen diskutiert und diskutieren kann, bevor man eine derartige Regelung in Kraft setzt und bevor man riskiert, daß Frauen unter Druck gesetzt werden.

Das ist eigentlich alles, was ich dazu sagen möchte. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sommer. – Das war meine letzte Rede in dieser GP. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

15.58

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! In aller Kürze meine Stellungnahme zur In-vitro-Fertilisation.

Auch ich freue mich sehr darüber, daß uns gemeinsam ein wichtiges Stück Sozialgesetzgebung und ein wichtiges Stück in Richtung von – wie es Herr Abgeordneter Rasinger ausgedrückt hat – "mehr sozialer Wärme" in diesem Lande geglückt ist.

Egal, wie die Rechtssituation zum Zeitpunkt X ausgesehen hat oder vielleicht noch aussieht: Wenn es der erklärte politische Wille des Gesetzgebers ist – und das ist nun einmal der Fall –, die Krankenversicherung in geeigneter Form für künstliche Befruchtung aufkommen zu lassen, und wenn wir auf der anderen Seite selbstverständlich nicht contra legem agieren, dann ist das, glaube ich, nicht nur zulässig, sondern ein völlig normaler Zugang und Vorgang. So gesehen ist die Rechtsprechung des OGH eines, und unser Wille, die In-vitro-Fertilisation zu honorieren – jedenfalls zu 70 Prozent –, etwas anderes. Das wird heute über die Bühne gehen.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Gredler – Sie sind jetzt leider nicht mehr im Saal. (Abg. Dr. Gredler – von einem Platz hinter den Sitzreihen aus –: Doch, hier bin ich!) Ich habe Sie in Ihrer Bank gesucht; jetzt habe ich Sie gefunden. Grüß Gott, Frau Abgeordnete!

Frau Ministerin Hostasch beziehungsweise das Sozialressort und wir haben es uns nicht einfach gemacht, sondern haben uns hinsichtlich der Fragen der Indikationseinschränkung – und das ist eine Einschränkung! –, aber auch hinsichtlich des notwendigen Alters, der gegebenen Altersgrenzen, strikt an die Vorgabe des Obersten Sanitätsrates gehalten respektive an eine Untergruppe, die von dort aus eingesetzt wurde – von Experten, die in diesem Fachgebiet ausgewiesen sind! (Abg. Fischl: Sind Sie schon der Gesundheitsminister?) Die Gesetzgebung entspricht daher dem derzeitigen Stand der Wissenschaft in Österreich.

Es ist auch Vorkehrung dafür getroffen worden, daß, wenn sich das weiterentwickelt – wenn es über die Indikationseinschränkung des Tubenverschlusses hinaus sinnvoll ist, eine solche Fertilisationshandlung zu refinanzieren, zu erstatten –, die Möglichkeit einer Weiterentwicklung auch gesetzlich gegeben ist.

Wie Herr Abgeordneter Rasinger meine auch ich, daß die 30prozentige Selbstbehaltsfindung an der Obergrenze liegt. Ich hätte mir weniger vorstellen können, aber 30 Prozent sind jedenfalls deutlich besser als 100 Prozent, gerade bei einem Großrisiko von 100 000 S oder mehr.

Es war sicherlich nicht unser primäres Motiv, daß dadurch 1 000 bis 1 500 Kinder mehr auf die Welt kommen können – so schön die Geburt eines jeden Kindes ist –, sondern bei uns stand die Vermeidung großen menschlichen Leides im Vordergrund. Aber es sei gleich danach erwähnt, daß es natürlich eine Rolle spielt, daß bei einem Geburtenrückgang von mehr als 10 Prozent innerhalb von zwei Jahren – auf gerade noch 80 000 Geburten im Jahre 1998 – 1 500 Kinder mehr pro Jahr auch eine bevölkerungsmäßig wichtige Größenordnung sind.

An erster Stelle steht daher aus meiner Sicht die Vermeidung menschlichen Leides für diejenigen Frauen, diejenigen Männer, diejenigen Paare und Ehepaare, die leider Gottes ohne künstliche Befruchtung keine Kinder haben könnten, außer vielleicht Adoptivkinder. Auf der anderen Seite gibt es zusätzlich 1 000 bis 1 500 Kinder. Das ist etwas!

Ich stehe zur Qualitätssicherung, die mit diesem Gesetz eingefordert wird – im übrigen geschieht das unter anderem auch nach amerikanischen Kriterien –, und ich bin auch froh darüber, daß wir nach einigen Gesprächen dazu gekommen sind, daß es nicht nur zu einer Erstattung für das präsumptive erste Kind kommt, sondern darüber hinaus auch für weitere Kinder, so die Paare das wünschen. Ich kenne persönlich einige Beispiele dafür, daß das möglich ist und möglich war.

In diesem Sinne auch meinerseits ein Wort des Dankes, nicht nur an die Mitglieder des Hohen Hauses, sondern, am Schluß dieser Gesetzgebungsperiode, auch an meine oftmalige Gesprächspartnerin Frau Kollegin Hostasch. Es war sehr angenehm und immer konstruktiv, mit Ihnen zu verhandeln. Wir sind eigentlich so gut wie immer zu einem guten Ergebnis gekommen, sei es vor einigen Jahren die Pensionsreform, sei es jetzt, als Schlußpunkt, die künstliche Befruchtung. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Selbstverständlich gehört auch die Chipkarte dazu, aber derzeit steht die künstliche Befruchtung auf der Tagesordnung.

Sie sind eine sehr harte Verhandlerin, das muß ich Ihnen zugestehen, aber Sie verbinden das mit sehr viel Menschlichkeit. Das ist in der Politik nicht immer so. Was wir miteinander ausgemacht haben, das hat gehalten. Und wer weiß: Vielleicht wäre das eine oder andere noch möglich gewesen, hätte man uns die eine oder andere Aufgabe noch zugebilligt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Sinne, Frau Kollegin! (Bundesminister Dr. Bartenstein überreicht Bundesministerin Hostasch einen Blumenstrauß. – Bundesministerin Hostasch bedankt sich dafür bei ihrem Ministerkollegen mit einem Küßchen auf die Wange. – Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) – Danke, Herr Präsident.

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt muß man ja bald die Öffentlichkeit von der Sitzung ausschließen. (Heiterkeit. – Abg. Dr. Ofner: Alle Türen weit offen! Dafür bin ich dankbar! – Abg. Schwarzenberger: Das war "Aktion Fairness"!)

Frau Bundesministerin Hostasch hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 

16.03

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Präsident! Wenn ich nicht schon rot wäre – jetzt wäre ich rot geworden! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Bald zur ÖVP übertreten!)

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

16.03

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Vertreter der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich noch einige ethisch-kritische Gedanken hinsichtlich IVF einbringen.

Vor kurzem ging folgendes durch die Presse: Eine Familie in Amerika hatte ein leukämiekrankes Kind und bekam durch die Technologie die Möglichkeit, einige Embryonen herzustellen. Sie suchte genau die Genkonstellation dieser bestimmten Embryonen aus, die auch dafür geeignet war, dem leukämiekranken Kind Knochenmark zu spenden.

Ist das nicht ein "Gebrauchsmensch"? Stellen wir damit nicht "Gebrauchsmenschen" her? Ist nicht diese Gefahr vorhanden? – Ich möchte das in die Diskussion werfen. Meiner Ansicht nach ist das eine weitere Frage, mit der wir uns in unserer Gesellschaft auseinandersetzen müssen, auch hier im Hause, davon bin ich fest überzeugt! (Abg. Fischl: Jawohl!)

Was machen wir mit den kryokonservierten Embryonen? Wie viele implantieren wir? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, daß in diese Beziehung des Kind-Werdens eigentlich drei Personen eingebunden sind, daß die dritte Person, der eigentlich außerhalb stehende Arzt, die Hauptverantwortung übernommen hat und das Kind wirklich "macht"? Wie weit erfolgt dabei eine Beratung, wie weit kommt es da zu einer Begleitung dieser Menschen? Wie steht es mit den Komplikationen, die daraus erwachsen können: den Mehrlingsgeburten, den Mißgeburten? Inwieweit muß das mit diesem Paar nicht auch der Arzt mittragen?

Ich werfe diese Fragen auf, weil sie einfach dazugehören. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das äußert sich dann nur nicht! Das Mittragen äußert sich dann leider nicht!) Teilweise nicht, da haben Sie recht. – Ich werfe das nur auf, weil es einfach auch hineingehört in dieses letztendlich doch freudige Ereignis.

Wenn zurzeit weltweit ungefähr 300 000 Kinder nach dieser Methode zur Welt kommen, so ist es eigentlich ein freudiges Ereignis und ein besonders positives Zeichen, wenn wir jetzt, obwohl wir doch auch wieder Menschenleben wegwerfen, versuchen, Menschenleben neu zu gestalten. Ich glaube, daß es eine richtige Antwort ist, es mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen, Kinder zu bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist wesentlich besser, als wenn in manchen Kreisen die Forderung nach Abtreibung auf Krankenschein wachgerufen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

16.07

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stimme mit Kollegen Leiner darin überein: Abtreibung auf Krankenschein ist sicherlich keine Lösung.

Das Gesetz, das heute beschlossen werden wird, ist zu befürworten, wenngleich es nicht optimal ist und wenngleich die Vorschläge von uns Freiheitlichen weitreichender gewesen wären. Aber wir sind mit dem trotzdem zufrieden.

Ich habe praktisch täglich in meiner Ordination Gespräche mit Patientinnen und Patienten zu führen, die jahrelang einen Kinderwunsch haben, immer älter werden und sich an das Alter sozusagen herantasten, in dem sie wissen, daß es biologisch bald nicht mehr gehen wird. Dann entschließen sie sich zu einer künstlichen Befruchtung, zu einer sogenannten In-vitro-Fertilisation. Sie nehmen Unbill und sehr hohe Kosten in Kauf.

Sie sind auch schon etwas älter geworden. Daher glaube ich, daß das willkürlich gezogene Alter von 40 Jahren für die Frau ein Alter ist, das nicht so stehengelassen werden darf. Ich bitte schon heute darum, daß das einmal aufgehoben wird. Ich habe gute Bekannte und Freunde, die in diesem Alter noch Eltern werden. Gerade dann, wenn man jahrelang auf ein Kind wartet, wartet man halt, weil es natürlich gehen soll und weil man eine künstliche Befruchtung nur als die zweit- und drittbeste Lösung ansieht. Daher wäre es besser, diese Altersgrenze aufzuheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube auch, daß es wichtig ist, die Bestimmung aufzuheben, daß es nur Trägern von Krankenanstalten erlaubt ist, dies durchzuführen. Ich kenne konkrete Fälle, in denen sehr gute Frauenärzte aus dem Spital weggehen und Privatinstitute aufmachen, die Frauen bestens betreuen und eine sehr hohe Erfolgsquote haben. Diese Ärzte machen sich selbständig, gehen aus dem Spital fort und haben keine Chance mehr, eine In-vitro-Fertilisation mit Kostenbeteiligung des Staates durchzuführen. Sie haben daher auch keine Chancengleichheit mehr gegenüber Krankenanstalten und Ambulanzen.

Daher denke ich, daß man eine Gleichstellung von Privatinstituten, die autorisiert sind, sowie Krankenanstalten-Ambulanzen und Krankenanstalten herstellen muß. Da wäre eine Gleichstellung sehr wichtig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Außerdem gibt es die 70 Prozent Kostenersatz. – Ich glaube, man sollte nicht darüber streiten, ob man bei Fertilitätsstörungen, Unfruchtbarkeit nach dem OGH-Erkenntnis vorgeht und sagt: Das ist keine Krankheit!, oder ob man nach der WHO vorgeht und sagt: Das ist eine Krankheit! Ich glaube, daß man bei Menschen, die sich Nachwuchs wünschen, aber aus biologischen Gründen keinen bekommen können, Definitionen beiseite lassen und ihnen unter die Arme greifen und den langersehnten Kinderwunsch auch finanziell unterstützen sollte. Das ist der Sinn des heutigen Gesetzes, und da erübrigt sich jede Polemik.

Frau Kollegin Pittermann hat in ihrer Rede statistische Zahlen darüber angeführt, wie viele Partner heute fremdgehen, wie viele Kinder nicht vom vermeintlichen Vater sind. Dazu möchte ich sagen: Ich hoffe, Frau Kollegin Pittermann, daß Sie sich da auf offizielle statistische Zahlen und nicht auf eigene Erfahrung stützen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Die Freiheitliche Partei war sehr empfindlich, als sich jemand gegenüber der Kollegin Aumayr ungehörig verhalten hat. – Ich habe diese Äußerung jetzt auch nicht anders empfunden. Ich ersuche Sie, das in irgendeiner Form in Ordnung zu bringen! (Abg. Reitsamer: Der kann ja nur frech sein! – Ruf bei der SPÖ: Nehmen Sie das zurück! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (fortsetzend): Das war nicht persönlich gemeint. (Ruf bei der SPÖ: Unerhört! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Statistische Zahlen sollten solchen Äußerungen zugrunde liegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Sinne glaube ich, daß es ein gutes Gesetz ist, das ermöglicht, daß 1 500 Kinder pro Jahr in Österreich auf die Welt kommen können und 3 000 Elternteile mit ihrem Kind Glück haben und glückliche Familienumstände einkehren. Das halte ich für gut, und das wird auch von unserer Seite befürwortet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Das ist ein plumper ...!)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Bundesministerin.

16.12

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Werter Herr Kollege Dr. Bartenstein! Es wurde bereits darauf verwiesen, daß wir beide gemeinsam versucht haben – nach intensiver Beratung durch Mediziner –, diesen Gesetzentwurf zu entwickeln. Ich stütze mich in meinem Ressort als Nicht-Medizinerin sehr stark auf die Empfehlungen des Obersten Sanitätsrates. Es gibt im Obersten Sanitätsrat einen eigenen Arbeitskreis, eine eigene Gruppe, die sich spezifisch mit den Fragen der In-vitro-Fertilisation befaßt. Wir haben uns an dessen Empfehlungen orientiert beziehungsweise gehalten. Ich glaube, daß das der einzig richtige Weg ist, denn es sind die Fachleute, es sind die Mediziner, es sind insbesondere jene Personen, die schon langjährige Erfahrungen haben, die uns Politiker Ratschläge und Empfehlung geben können.

Ich vertraue diesen Empfehlungen und bin zuversichtlich, daß wir mit den Rahmenbedingungen, die geschaffen werden konnten, das erreichen, was unser gemeinsames Ziel gewesen ist: Qualitätssicherung, Schutz der Gesundheit der Paare, aber auch die Erfüllung eines bisher unerfüllten Kinderwunsches.

Daß dies aber nur dort gemacht werden kann, wo auch die entsprechende fachliche Eignung gegeben ist, ist, glaube ich, unbestritten. Daher haben uns darauf verstanden, daß in diesem Gesetzentwurf angeführt sein soll, daß Krankenanstalten mit Zulassungsermächtigung nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz jene Institute beziehungsweise Anstalten sind, die diese Maßnahmen vornehmen können.

Das heißt aber nicht, sehr geschätzte Damen und Herren, daß es sich dabei ausschließlich um Spitäler handelt. Es geht dabei um Krankenanstalten im Sinne der Definition des Fortpflanzungsmedizingesetzes, und davon sind auch einige Institute betroffen, die bisher sehr erfolgreich eine In-vitro-Fertilisation vornehmen konnten.

Es war mir ein besonderes Anliegen, durch diese Qualitätssicherung Rahmenbedingungen zu schaffen, durch die sichergestellt wird, daß gerade Frauen unter keinen besonderen psychischen Druck kommen, weil wir, wie ich glaube, doch auch die Erfahrung haben, daß es für Männer und Frauen gleichermaßen natürlich auch eine große psychische Belastung darstellt, wenn ein Kinderwunsch nicht erfüllt werden kann. Aber ich glaube, daß die Betroffenheit, auch was die psychische Belastung betrifft, bei den Frauen ein noch stärkere sein kann als bei Männern.

Ich meine, daß es uns gelungen ist, ein sehr vernünftiges, ein machbares, ein für die Betroffenen sehr hilfreiches Konzept zu entwickeln.

Wir haben damit erreicht, daß auch jene Paare, die nicht finanzstark sind, die Chance haben, sich einen unerfüllten Kinderwunsch zu erfüllen, und wir haben damit auch mehr Chancengleichheit geschaffen.

Ich darf Frau Kollegin Gredler folgendes sagen: Es ist nicht nur in Krankenanstalten, sondern auch in den zugelassenen Einrichtungen die Möglichkeit zu dieser Behandlungsmethode gegeben (Abg. Dr. Gredler: Die einen Vertrag haben!) und damit auch sichergestellt, daß Qualität gegeben ist. Herr Kollege Bartenstein hat schon darauf verwiesen, daß wir uns bei den Qualitätskriterien auch an die amerikanischen Empfehlungen gehalten haben.

Der nächste zu setzende Schritt ist, daß der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit den in Frage kommenden Instituten und Krankenanstalten Verträge zu gestalten hat, die die Voraussetzung dafür bilden, daß ab 1. Jänner 2000 diese Möglichkeiten unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen bestehen. Ich darf zu einem Betrag eine Korrektur anbringen: Nach Einschätzungen und bisherigen Erfahrungen rechnet man damit, daß medikamentöse Stimulation plus Behandlung pro Versuch zirka 40 000 S kosten kann, aber nicht muß.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß wir nun diese Möglichkeit gemeinsam gefunden haben und möchte mich auch für Ihre Unterstützung bedanken.

Sehr geschätzte Frau Kollegin Gredler, weil Sie gemeint haben, es gebe sozusagen einen Codex hier im Hohen Hause, nach dem vorgesehen wäre, daß immer ein Abgeordneter beziehungsweise eine Abgeordnete und nicht ein Regierungsmitglied bei einem Tagesordnungspunkt das letzte Wort hat: Ich war selbst lange Zeit Abgeordnete, und mir war ein solcher Codex nicht bekannt. Sollte dieser für die nächste Legislaturperiode gelten und ich auf der Regierungsbank sitzen, dann werde ich mich selbstverständlich an diese Riten beziehungsweise an diese Vorgangsweise halten.

Nun möchte ich diese Gelegenheit wahrnehmen – voraussichtlich das letzte Wort bei diesem Tagesordnungspunkt und aus meiner Sicht für diese Legislaturperiode habend –, mich bei Ihnen sehr herzlich dafür zu bedanken, daß wir in dieser Legislaturperiode sowohl im Bereich Soziales als auch Arbeit und Gesundheit sehr viele gemeinsame wichtige Vorhaben realisieren konnten. Mein Dank gilt insbesondere den Sprechern der beiden Regierungsparteien, Frau Abgeordneter Reitsamer als Ausschußvorsitzender, Herrn Abgeordneten Dr. Feurstein, aber natürlich auch den Gesundheitssprechern der beiden Regierungsparteien.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf Ihnen Erholung über den Sommer wünschen und hoffe, daß Sie ein bißchen relaxen können, was wir alle brauchen, und ich wünsche mir, daß wir auch in der kommenden Legislaturperiode vieles für die Bevölkerung in unserem Lande gemeinsam tun können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zahlreiche Abgeordnete begeben sich zur Regierungsbank und verabschieden sich von Bundesministerin Hostasch.)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens der Berichterstattung liegt kein Wunsch nach einem Schlußwort vor.

Wir gelangen daher sogleich zu den einzelnen Abstimmungen, und zwar stimmen wir zunächst ab über die dem Ausschußbericht in 2009 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese dem Ausschußbericht beigedruckte Entschließung stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Diese Entschließung ist mit Mehrheit angenommen. (E 213.)

Als nächstes gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2010 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dieser Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, sich von den Sitzen erheben. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1479 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (SPG-Novelle 1998) (2023 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit kommen wir zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.20

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß, daß jeder von Ihnen nach einer so langen Plenarwoche möglichst schnell nach Hause möchte, und ich werde Ihnen daher jetzt nicht wortreich erzählen, was im Sicherheitspolizeigesetz steht.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß Sie alle darüber informiert sind, daß es jetzt endlich eine Sicherheitsakademie gibt. Jahrelang dämmerte dieses Projekt dahin. Man hat nicht gewußt, ob es Wirklichkeit wird oder nicht. Jetzt endlich, sozusagen mit einem Horuck, nachdem im März der Spatenstich gemacht worden ist, wird diese Sicherheitsakademie kommen. Wir sind einverstanden damit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Minister hat sich einen Menschenrechtsbeirat gewünscht, und zwar einen Beirat, in welchem auch die Menschenrechtsorganisationen ein gewichtiges Wort zu reden haben. Diesbezüglich bin ich, muß ich sagen, ein wenig skeptisch, weil ich glaube, daß der Herr Minister einen so großen Beamtenstab hat, daß er durchaus aus diesem seine Berater hätte zusammensetzen können und nicht unbedingt die Menschenrechtsorganisationen dazu hätte beiziehen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich verstehe überhaupt nicht, warum der Herr Minister diesen Menschenrechtsorganisationen überhaupt eine so große Dankbarkeit erweist, daß er sie in den Menschenrechtsbeirat aufnimmt, denn die Menschenrechtsorganisationen waren ja die allerersten, die im Falle Omofuma den Rücktritt des Ministers verlangt haben. Derjenige, der ihnen 6 Millionen Schilling zukommen läßt, der sie in alle Gremien einbezieht, wird zuallererst von ihnen aufgefordert, er solle zurücktreten.

Außerdem haben sich ja viele dieser Menschenrechtsorganisationen dahin gehend entwickelt, daß sie in den Schubgefängnissen Schubhäftlinge beraten, wie man sich am besten der Schubhaft entzieht. Sie sind die Antragsteller für alle möglichen Beschwerden, dafür, wie man am besten in den Hungerstreik tritt und so weiter.

Wie gesagt, Herr Minister, Sie werden schon wissen, auf wen Sie sich stützen, machen Sie nur weiter so. Ich glaube allerdings, daß sie von den Menschenrechtsorganisationen keinen großen Dank dafür bekommen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir freuen uns darüber, daß Sie sich endlich bei der Einführung der DNA-Analyse durchgesetzt haben. Da hat es ja auch ein langes Hin und Her zwischen Justizministerium und Innenministerium gegeben, weil der Justizminister geglaubt hat, daß der Täter sich selbst belasten würde, wenn er der DNA- Analyse zustimmt. Wir wissen ja: Dem Justizminister ist der Täter noch immer viel wichtiger als die Aufklärung einer kriminellen Handlung. Aber Gott sei Dank konnten sie ihn da zu einem Umdenken bewegen.

Aber etwas Wichtiges, meine Damen und Herren, ist nicht beschlossen worden, nämlich die erweiterte Gefahrenerforschung. Da haben Sie von SPÖ und von ÖVP sich nicht einigen können, und das tut uns sehr leid (Zwischenruf des Abg. Kiss), denn aufgrund dessen können sich die Kriminellen der ganzen Welt, etwa die Mafiabosse, ungehindert ... (Abg. Kiss weist in Richtung SPÖ.) Sie von der ÖVP haben sich nicht durchsetzen können!

Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, Herr Kollege Kiss: Sie sind die ganze Zeit das Beiwagerl gewesen. Schauen Sie doch endlich einmal, daß Sie die Lokomotive dieser Koalition werden! Sie hätten da eine der wenigen Möglichkeiten gehabt, sich an die Spitze des Zuges zu setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir werden jedenfalls erleben, daß die Mafiosi aus der ganzen Welt ungehindert bei uns in Österreich zusammenkommen können, daß sie der Sicherheitsexekutive die lange Nase zeigen können, weil es keine Möglichkeit gibt, dagegen einzuschreiten.

Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nützen, Ihnen von SPÖ und ÖVP – die ÖVP hat sich ja schon vertschüst, noch bevor diese Gesetzgebungsperiode beendet wurde (in den ÖVP-Reihen sitzen nur mehr vereinzelt Abgeordnete); das ist schade – den Spiegel vorzuhalten. Aus diesem Spiegel schaut manchmal ein wirklich sehr häßliches Gesicht heraus, und zwar immer dann, wenn es um die Behandlung der Opposition geht. (Abg. Mag. Posch: Na, na, na!) Sie waren ja nicht im Sicherheitsausschuß. Wenn, dann hätten Sie auch Ihr häßliches Gesicht gesehen, Herr Posch, im Spiegel verzerrt durch Ihre Behandlung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Posch.)

Es war nämlich blamabel, wie dieses Sicherheitspolizeigesetz zustande gekommen ist. Zu jedem Mittel wurde gegriffen – nur, um uns daran zu hindern, einen Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses einzubringen. Der Herr Minister hat uns sogar Würsteln kaufen wollen (Abg. Scheibner – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Mag. Schlögl –: Frankfurter oder Debreziner?), damit wir aus dem Sitzungssaal nicht ausziehen, sondern drinnen bleiben und das alles über uns ergehen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Bei Schnitzeln hätten wir es uns überlegt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mit der Würde dieses Hohen Hauses nicht vereinbart, wie Sie die Opposition behandeln! Kaum waren wir bei der Türe draußen, ist ohne einzige Wortmeldung das Sicherheitspolizeigesetz mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen worden. Nicht einmal eine Wortmeldung war Ihnen das wert! (Beifall und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam – in Richtung des Abg. Scheibner –: Einstimmig, Herr Klubobmann!)

Keine einzige Wortmeldung war Ihnen das wert! So gehen Sie mit der Opposition um: abwürgend!

Aber, meine lieben Kollegen, bitte hören Sie sich das an! (Abg. Haigermoser – in Richtung des Abg. Kiss –: Im Kriechen fällst du sogar um!) Haigermoser, paß auf! – Kaum war das Sicherheitspolizeigesetz vom Tisch, ist es um unsere Anträge gegangen. Da hat es dann den Antrag der SPÖ gegeben: Das muß man vertagen, weil das so wichtige Themen sind; darüber zu reden, haben wir jetzt keine Zeit, dafür brauchen wir sehr viel Zeit!

Beim Sicherheitspolizeigesetz haben Sie drübergewischt, in ein paar Minuten war es weg vom Tisch, aber bei unseren Anträgen betreffend das Fremdengesetz und so weiter haben Sie, nur weil Sie sie nicht behandeln wollten, gesagt: Nein, über eine so wichtige Materie muß man lange reden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist Mißbrauch der Machtverhältnisse! Das wollte ich Ihnen auch noch sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das entspricht nicht der Würde des Hohen Hauses, und darüber sollen Sie nachdenken!

Wissen Sie, Herr Präsident: Ob man irgendwann einmal sagt "Pokerface" oder ob man sagt "scheinheilig", das ist für die parlamentarische Debatte eigentlich nicht ausschlaggebend, aber daß die Opposition ihre Rechte bekommen soll, das ist wichtig für die parlamentarische Demokratie! (Lang anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Sie haben Ihrem Klubkollegen nicht zugehört, der vor einer Stunde gesagt hat: Die Opposition treibt die Regierung vor sich her! Jetzt tue ich mich halt schwer, wie ich das einschätzen soll. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist notwendig, Herr Präsident!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte.

16.27

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf – in Richtung ÖVP weisend, in deren Reihen sich nur mehr Abg. Kiss befindet –: Was ist los mit der ÖVP? – Abg. Haigermoser: Verfallserscheinungen bei der ÖVP! Pauli Kiss der Erste!) Meine Vorrednerin hat sich nicht verabschiedet, daher gehe ich davon aus, daß sie wieder kommt. Die meisten haben das heute schon getan. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie würden uns nicht vermissen, glaube ich!) Sehr, sehr. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, fortzusetzen, Herr Abgeordneter Leikam!

Abgeordneter Anton Leikam (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz ist ein sehr wichtiger Schritt – ich möchte sagen: ein ganz großer Fortschritt – zur Bekämpfung der Kriminalität in unserem Lande.

Am 1. Mai 1993 haben wir das Sicherheitspolizeigesetz als das Grundgesetz hier im Parlament beschlossen, und es galt damals wirklich als ein Jahrhundertgesetz. (Abg. Dr. Graf: Das ist kein Jahrhundertgesetz!) Wir sind sehr froh darüber, daß es damals zu dieser Beschlußfassung gekommen ist, und heute gilt es, eine Reihe von Verbesserungen, und zwar für beide Seiten, sowohl für den Bürger als auch für den einzelnen Exekutivbeamten, mit dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz zu schaffen.

Wir haben es uns nicht leichtgemacht, Frau Kollegin Partik-Pablé, wenngleich ich zugeben muß, daß der sehr spät vorgelegte sehr umfangreiche Abänderungsantrag den Fraktionen vielleicht etwas früher hätte zur Verfügung gestellt werden können. (Abg. Scheibner: "Vielleicht" ist gut!) Das gebe ich gerne zu. Aber oberflächlich sind wir bei dieser Materie nicht vorgegangen, leicht haben wir es uns dabei nicht gemacht. Wir haben über ein Jahr lang darüber diskutiert und versucht, tatsächliche Verbesserungen in dieser Novelle unterzubringen. (Abg. Aumayr: Wer ist "wir"?)

Sie verlangen ja von uns immer, die Regierung solle arbeiten; das ist eine ständige Forderung Ihrerseits. Heute haben wir das x-mal gehört, vor allem vom Herrn Abgeordneten Gaugg, der dauernd gesagt hat: Na dafür seid Ihr ja in der Regierung! – Hier zeigen wir, daß wir in der Regierung sind, hier wollen wir arbeiten und haben eine gute Novelle vorgelegt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist kein Arbeiten: fünf Minuten vor Schluß!)

Eines muß schon klar sein: Wir können unserer Exekutive gute, zeitgemäße Unterkünfte geben, für eine leistungsbezogene Besoldung sorgen, die technische Ausrüstung, Fahrzeuge, Bewaffnung, alles, was sie brauchen, zur Verfügung stellen, und zwar alles nach neuestem, letztem Stand, aber wenn sie nicht die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen hat, einzugreifen, dann ist sie trotzdem nicht in der Lage, ihren Aufgaben nachzukommen. Und diese rechtlichen Voraussetzungen wollen wir mit dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz schaffen beziehungsweise ausweiten.

Folgendes ist unglaublich wichtig: Der Exekutivbeamte, der es in seinem Dienst mit Leuten zu tun hat, die die Gesetze nicht achten, braucht keinen großen Spielraum, um seine Arbeit ausüben zu können. Was er braucht – und dafür sind wir verantwortlich –, sind klare Gesetze, nach denen er handeln kann, ja nach denen er handeln muß – und nicht nach seinem eigenen Gutdünken: der eine ein bißchen mehr, der andere ein bißchen weniger.

Daher brauchen wir diese Novelle, brauchen wir dieses Sicherheitspolizeigesetz. Es ist das doch eine beachtliche Novelle geworden, wenngleich auch ich es bedauere – und wahrscheinlich der Herr Bundesminister selbst –, daß die erweiterte Gefahrenerforschung nicht enthalten ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Jessas na! Das ist eine Armutserklärung!) Ich bin mir aber dessen sicher, daß diese erweiterte Gefahrenerforschung Teil einer neuerlichen Novelle sein wird, einer Novelle, die nicht allzu lange auf sich warten lassen kann. Da bin ich mit Ihnen einer Meinung. Das hätten wir gerne noch gehabt, es war aber nicht möglich. (Abg. Dr. Graf: Warum war das nicht möglich?)

Aber mit der Einbeziehung der Gemeindewachkörper zum Beispiel in das Sicherheitspolizeigesetz sind wir einem großen Wunsch vieler österreichischer Gemeinden nachgekommen.

Wir haben die Einsetzung eines Menschenrechtsbeirates zunächst einmal als Verordnung; heute soll das im Gesetz verankert werden. Bezüglich dieses Menschenrechtsbeirates kann ich die Bedenken der Freiheitlichen Partei nicht teilen. Ich meine, es ist wichtig und notwendig, daß es diesen Beirat gibt, und es hat ja auch entsprechende Anerkennung von Amnesty International hiefür gegeben. So etwas gibt es in anderen europäischen Ländern in dieser Form noch nicht. Es stellt das jedenfalls einen Fortschritt für die Fremdenpolitik in unserem Lande dar.

Es ist in dieser Novelle auch die Einführung eines Identitätsausweises enthalten. Wir haben die Vorschriften bezüglich Verhinderung von Gewalt in den Wohnungen verbessert. Wir haben da die Fristen von sieben auf zehn Tage verlängert. Es ist die sogenannte Schleierfahndung in dieser Novelle enthalten, die im Schengener Raum notwendig ist. Es gibt ergänzende Regelungen in bezug auf die Sicherheitsakademie. Die organisationsrechtlichen Regelungen sind sehr, sehr wichtig. Ich danke auch der freiheitlichen Fraktion für die Anerkennung in diesem Zusammenhang. Wir brauchen diese Sicherheitsakademie ganz dringend.

Und wir haben in dieser Novelle vor allem ganz klare Regeln für die DNA-Analysen, für die genetische Information, festgelegt.

Ich darf an dieser Stelle vielleicht noch ganz kurz verweilen, weil ich auch betonen möchte, daß wir nicht drübergefahren sind, daß wir es uns nicht leichtgemacht haben. Gerade das Hearing im Innenausschuß – mit Experten, die von allen Fraktionen genannt wurden – hat gezeigt, wie intensiv und ernst wir uns mit dieser Materie beschäftigt haben.

Ich war schließlich auch sehr froh darüber, daß wir diese Experten im Innenausschuß anhören konnten, denn diese waren sich – egal, von welcher Fraktion sie gekommen sind – letztendlich alle darin einig, daß die DNA-Analyse in der Kriminalitätsbekämpfung etwas ganz, ganz Wichtiges und Notwendiges ist, und daß man auf diese DNA-Analyse auf gar keinen Fall verzichten darf.

Meine Damen und Herren! Wenn wir also für einen ganz wichtigen Teil dieser Novelle so viel Anerkennung von den Experten bekommen haben – ich darf in diesem Zusammenhang nur Professor Scheitauer zitieren, der gemeint hat, daß diese Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz aus fachlicher Sicht ein ganz hervorragendes Gesetz geworden ist –, dann, so meine ich, sollten auch wir Abgeordneten uns der Meinung dieser Experten anschließen und einer guten, einer fortschrittlichen Gesetzesmaterie heute auch die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

16.34

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon bemerkenswert, wie deutlich – und ich bedanke mich geradezu dafür – Kollege Leikam heute angekündigt hat, daß die erweiterte Gefahrenerforschung selbstverständlich demnächst kommen wird.

Ich habe heute Gelegenheit gehabt, dazu gefragt zu werden, und habe auf die Frage, ob das jetzt abgewehrt ist, gesagt: Keine Spur, die kommt ganz bestimmt, denn das ist sozusagen das fehlende Schlußstein im Gewölbe des Konstrukts, daher werden sie darauf nicht verzichten können. Das hat eine gewisse Logik, und wenn man bestimmte polizeistaatliche Systeme entwickeln will, braucht man das. Das ist logisch. Nur damit Sie sehen, wir verstehen Ihre Philosophie perfekt, glauben aber, daß das genau die falsche Richtung ist; das werde ich heute noch erklären.

Ich bitte aber, nicht voreilige Schlüsse zu ziehen. Ich möchte an die Spitze folgende Bemerkung stellen: Jeder Staat braucht eine effiziente, wirkungsvolle, allerdings eine rechtstaatsgebundene Polizei, denn das Gewaltmonopol, das der Polizei anvertraut wird, setzt voraus, daß sie strengen Spielregeln unterworfen ist, daß ihre Handlungen nachvollziehbar und überprüfbar sind, auch wenn manchmal die Überprüfung in bestimmten Phasen nicht öffentlich sein kann. Das ist ganz logisch, denn das kann etwa verhindern, daß ein Fahndungserfolg eintritt. – All das ist sehr komplex, das stelle ich ganz eindeutig fest. Es ist für eine Demokratie unverzichtbar, das Gewaltmonopol in der Hand des Staates zu haben; das muß so sein.

Das heißt aber nicht die Beliebigkeit der Ausübung dieses Gewaltmonopols. Das heißt es sicherlich nicht. Ich halte das für ganz wesentlich, denn wenn wir haben wollen, daß unsere Polizei Unrecht bekämpft, Verbrechen verhindert oder aufklärt, dann kann es nicht sein, daß wir ihr gleichzeitig Mittel in die Hand geben, die selber rechtswidrig sind. Das wäre so ähnlich, als ob man sagen würde: Um einen Falschspieler, der beim Pokern mit sechs Assen spielt, weil er zwei im Ärmel hat, zu unterlaufen, muß man sich an den Pokertisch setzen und selber auch sechs Asse nehmen. Da muß man die Regeln ändern und sagen: Ab sofort wird mit sechs Assen gespielt! Es wird sich herausstellen, daß der Falschspieler dann acht Stück nimmt, denn es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß jemand, der sich nicht ans Gesetz hält, immer einen kleinen Vorsprung hat. Das ist schmerzlich, aber das kann nicht bedeuten, daß man auf sich selbst das Gesetz nicht anwendet.

Und weil Kollege Graf gerade Augenkontakt hat mit mir: Er weiß, was ich meine, wenn ich sage, der Rechtsanwalt ist letztlich immer in diesem Dilemma, daß er schon manchmal wüßte, wie es anders ginge, aber dem Klienten schwer raten kann, etwas Gesetzwidriges zu tun.

Es ist für mich ganz wichtig gewesen, das am Anfang zu sagen, damit das nicht mißverstanden wird oder mißbräuchlich interpretiert werden kann, was ich sonst sage.

Kollegin Partik-Pablé hat sich Sorgen gemacht wegen des Menschenrechtsbeirates. Wir machen uns auch Sorgen wegen des Menschenrechtsbeirates, und, Kollegin Partik-Pablé, wenn Sie unsere Sorgen gehört haben, werden Ihre verschwinden. Das ist aus meiner Sicht für mich schlecht, für Sie beruhigend. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das glaube ich nicht! Ich mache mir Sorgen um euch!)

Nein, Frau Kollegin, Sie machen sich Sorgen, daß dieser Menschenrechtsbeirat von Organisationen beschickt wird – der Verfassungsgerichtshof nominiert dort Leute hinein –, die auf der Pay-roll des Ministers stehen, und daß das daher ganz schlecht sei, weil die Leute das sozusagen falsch machen werden. Sie haben außerdem gemeint, Menschenrechtsorganisationen, die auch Schubhaftberatungsleistungen erbringen, seien eigentlich ohnehin Komplizen der Kriminalität.

Ich sage Ihnen: Der Menschenrechtsbeirat wird ganz ungefährlich sein nach Ihrem Verständnis, weil die Mitglieder des Menschenrechtsbeirates jederzeit abberufen werden können, er daher ohnehin nicht unabhängig ist, was mich stört, Sie aber beruhigen sollte. Das heißt, er wird nicht wirken, wie Sie es befürchten, denn er wird das gar nicht können. Ein Beirat, der aus Mitgliedern besteht, die jederzeit abberufen werden können, ist nicht wirklich unabhängig, so reputierlich die Leute dann auch sein mögen, die dort arbeiten. Aber jemand, der permanent vom Amtsverlust bedroht ist, hat geringere Freiheitsgrade in seiner Kontrolltätigkeit.

Daher ist dieser Menschenrechtsbeirat aus unserer Sicht mißlungen – abgesehen davon gibt es keinen Anlaß, stolz darauf zu sein, daß wir jetzt so etwas einrichten. Der Anlaßfall, aus dem heraus er geboren wurde, war tragisch genug. Und die Säumigkeit ist evident, denn Österreich wird seit 1995 vom Europarat aufgefordert, eine solche Einrichtung zu schaffen. Das sind immerhin auch schon wieder vier Jahre her, daher kommt er weder schnell, noch kommt er aus dem richtigen Anlaß, nämlich aus der Erkenntnis, daß man so etwas braucht. Er wurde eingesetzt als Mittel, Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Deswegen wurde er auch schon eingesetzt, bevor dieses Gesetz heute zur Abstimmung kommt, allerdings auf einer ganz anderen Rechtsgrundlage, auf der Grundlage des Bundesministeriengesetzes, derzufolge sich jeder Minister jeden beliebigen Beirat zu seiner Beratung einrichten kann. Und genau so etwas ist das auch. Auch wenn es jetzt im Sicherheitspolizeigesetz etwas verbrämter formuliert ist, so bleibt doch der harte Kern die jederzeitige Abberufbarkeit, und das ist die mangelnde Unabhängigkeit.

Kollege Leikam hat den Identitätsausweis hervorgehoben. Schön wäre es ja, wenn das so wäre, wie Sie es geschildert haben, aber leider ist der Identitätsausweis etwas, was eingeführt wurde, weil wir in unserer Gesellschaft Menschen aus rechtlichen Gründen Reisedokumente verweigern. Es ist unerfreulich genug, daß es so etwas gibt. Man kann auch darüber diskutieren, ob es in jedem Fall richtig ist, aber das ist nicht das Thema.

Das sind übrigens auch Menschen, denen im Regelfall aus denselben Gründen auch der Führerschein entzogen wird und die plötzlich, ohne jeden amtlichen Lichtbildausweis, nicht einmal ein Konto eröffnen können. Daher wird dieser Ausweis geschaffen. Allerdings ist das kein allgemeiner Ausweis, sodaß daher jeder, der einen solchen Ausweis hat, quasi automatisch stigmatisiert ist, weil für einen Schalterbeamten bei der Bank leicht erkennbar sein wird, daß jemand, wenn er mit einem solchen Ausweis kommt, eben kein anderes Dokument hat.

Wir haben einen entsprechenden Antrag eingebracht, aber das hat nichts genützt. Sie haben eine Ausschußfeststellung getroffen. Ich würde sagen, das ist immer noch die weichste aller Varianten, ein wenig besser als nichts.

Und da komme ich zum Zustandekommen des Gesetzes, Herr Kollege Leikam. Sie haben gesagt: Ja, das haben wir einstimmig beschlossen! Ich kann da auf die Kollegin Partik-Pablé rekurrieren: Diskussionslos haben Sie es beschlossen! Sie ist meine Zeugin, und die Kollegin Stoisits ist meine Zeugin. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das mag was heißen!)

Und wenn Kollegin Stoisits, Kollegin Partik-Pablé und ich in einer Formalfrage dieselbe Meinung haben, Herr Kollege Leikam, dann sollten Sie nachdenken, was das bedeutet. Aus unterschiedlichen inhaltlichen Positionen heraus zwar, aber in der Form waren wir uns völlig einig, und deswegen haben Sie das dann einstimmig beschlossen. Nur, Herr Kollege Leikam und auch Herr Kollege Kiss: Sie haben etwas einstimmig beschlossen, was Sie selber gar nicht kennen konnten, weil sie es genauso lange gehabt haben wie wir, nämlich erst während der Ausschußsitzung bekommen haben. Oder wollen Sie mir erzählen, daß alle Mitglieder des Innenausschusses von den Regierungsfraktionen beim Sektionschef Szymanski oder sonstwo gesessen sind und mitformuliert haben?! (Abg. Leikam: Aber die zwei Regierungsvorlagen haben wir gekannt! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Gar nichts habt ihr gekannt! Wurscht war es euch! Ihr wart froh, daß wir draußen waren!)

Ja, die zwei Regierungsvorlagen haben Sie gekannt. Die haben wir auch gekannt, Herr Kollege Leikam, aber den Abänderungsantrag, den umfassenden Total-Abänderungsantrag, der uns dankenswerterweise vom Innenministerium geliefert wurde – Bürodienstleistung sozusagen –, allerdings alleinige Handschrift des Innenministeriums, keine Zeile aus diesem Haus; einen Abänderungsantrag der Abgeordneten N.N.; und das haben wir also nicht gekannt. Sie konnten das gar nicht wirklich gelesen haben, es war ja gar keine Synopsis dabei, es war ja gar nicht möglich.

Das haben Sie ohne Debatte einstimmig beschlossen – und dann berühmen Sie sich dessen noch! Wenn man sich der Tatsache berühmt, daß man ein willenloses Vollzugsorgan der Bundesregierung ist, dann ist das nicht unbedingt das, was man selber tun sollte. Das ist ein Vorwurf, den wir Ihnen machen, und Sie haben sich dessen selbst gerühmt. Das finde ich bemerkenswert, denn dieser Vorgang wirklich beeindruckend.

Wir haben das übrigens samt Ausschußbericht bekommen. Bevor wir die Beratungen aufgenommen haben, hatten wir schon den Ausschußbericht, getextet, geschrieben und wunderbar hergerichtet mit allen Erläuterungen dessen, was wir im Ausschuß erwogen haben. Das alles war bereits vor der Ausschußsitzung fertig. – Das hat uns nicht gefallen, deswegen sind wir ausgezogen und haben gesagt, es steht ja ohnehin schon fest, was herauskommen wird.

Ein Gesichtspunkt zu den Sicherheitsüberprüfungen. Diese sind heute noch nicht debattiert worden. Ich muß Ihnen sagen, die Sicherheitsüberprüfungen haben einen teilweise wirklich polizeistaatlichen Charme. Es ist da nämlich eine Verknüpfung mit dem Lauschangriff vorgenommen worden. Sie wissen, wie der "große Lauschangriff" funktioniert. Sie wissen, was mit dem Material zu geschehen hat, das dort entwickelt wird. Dieses Material ist umfassend. Es sind Bild- und Tonaufnahmen, die dem Staatsanwalt unter Verschluß übergeben werden müssen, und der Staatsanwalt hat dann auszuwählen, was er für das Verfahren brauchen kann. Wenn er das gemacht hat, muß der Verteidiger zugezogen werden, muß damit konfrontiert werden, muß die Möglichkeit bekommen, das auch alles zu sehen, damit er sieht, ob nicht vielleicht Beweismaterial vom Staatsanwalt nicht berücksichtigt wurde, und so weiter.

Und jetzt schreiben Sie ins Sicherheitspolizeigesetz, in den § 155a Abs. 2 Z 4 hinein, daß alle Personen, die einen Zugang zu Informationen haben, die durch Überwachungsmaßnahmen nach § 149 lit. d Abs. 1 Z 3 StPO gewonnen werden – das sind die Erkenntnisse aus dem Lauschangriff –, einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen sind, einschließlich aller Angehörigen, die bei ihnen wohnen, wenn sie großjährig sind, im Haus. Das heißt, jeder Strafverteidiger, der Akteneinsicht bekommt, wird von Ihnen einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen, einschließlich seiner nahen Angehörigen oder sonstigen Mitbewohner.

Das finde ich bemerkenswert. Das sollten die hier anwesenden Rechtsanwälte einmal ad notam nehmen: Der Rechtsanwaltsberuf für sich, wenn Sie ein Mandat als Strafverteidiger führen, reicht für das Sicherheitspolizeigesetz nicht aus, daß Sie vertrauenswürdig sind. Das ist vielleicht der Rechtsanwaltskammer bisher entgangen, aber das sollte die Kolleginnen und Kollegen dort interessieren. Das finde ich wirklich bemerkenswert, denn das ist das volle Bekenntnis zum reinen Polizeistaat. Wenn also nicht einmal mehr der freie Anwalt anerkannt wird, solange er sich nichts zuschulden hat kommen lassen oder selbst vielleicht Verdächtiger ist – das kann es ja auch geben –, finde ich das bemerkenswert.

Zur DNA-Analyse. – Ich hatte Gelegenheit, darüber auch schon öffentlich zu diskutieren, und ich bin froh darüber, daß es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die uns in die Lage versetzen, ausdifferenzierte Beweise zu führen und insbesondere auch Auschlußbeweise zu führen, denn das ist eine der Qualitäten der DNA-Analyse. Aber ich bin nicht froh darüber, daß, wenn wir dann nur zwei Paragraphen im Gesetz haben, die sagen, das muß ein privater Dienstleister machen, mit einem privatrechtlichen Vertrag, keine Definition der Qualitätsstandards im Gesetz drinnen ist. Nichts! Nichts, nur ein privater Dienstleister.

Ich frage mich daher, wie Sie das finden, wenn man öffentlich-rechtliche Aufgaben – und die Polizei ist öffentlich-rechtlich – in privatrechtlichen Verträgen entwickelt. Diesen Privatisierungszugang werden Sie von uns nicht hören! Ich halte das für falsch! Das ist Privatisierung im Polizeistaatsmilieu, und das halten wir für falsch! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist bedenklich, dafür müssen Sie eine andere Konstruktion wählen, und außerdem müssen Sie die Standards ausdifferenzieren. Ich bin der Meinung, die DNA-Analyse ist eine wertvolle Möglichkeit, aber sie ist ein scharfes und ein zweischneidiges Messer, und Sie selbst erkennen ja in diesem Gesetz, daß diese DNA-Proben alle Informationen tragen, sonst müßten Sie ins Gesetz nicht hineinschreiben, daß nur jene ausgewertet werden dürfen, die man unbedingt braucht. Sie wissen das alles, und trotzdem haben Sie keinen adäquaten Rechtsschutz eingebaut, denn ein privatrechtlicher Vertrag mit einem Dienstleister ist kein adäquater Rechtsschutz. Er ist nur so gut oder so schlecht wie die Person, die es macht.

Das Institut für Gerichtsmedizin in Innsbruck ist für mich persönlich, subjektiv, über jeden Verdacht erhaben. Aber das steht nicht im Gesetz, sondern im Gesetz steht: "Dienstleister". Jeder, der so ein Labor hat, kann Dienstleister sein, und das ist bedenklich. Sie hätten das besser definieren und vielleicht unserem Vorschlag folgen müssen, ein eigenes Gesetz dafür zu machen.

Schleierfahndung. – Es sind Ihnen in Schengen und in der Union die Grenzen abhanden gekommen, an denen früher ein Stop-over zur Kontrolle aller war. Daraufhin sind Sie zur grenzenlosen Überwachung übergegangen. Sie dürfen ohnehin jederzeit Anhaltungen machen, wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt, und daher brauchen Sie keine Schleierfahndung im Sicherheitspolizeigesetz.

Eine letzte Bemerkung, etwas, was ich für ganz wesentlich halte. Da stellt sich der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Sika, im ersten Jahr nach der Überschreitung seines Pensionsalters – vom Minister gebeten, zu bleiben –, vor die Fernsehkamera, vor die Journalisten und sagt öffentlich – öffentlich! –: Ich hätte gerne dieses Gesetz, weil wir machen das alles ohnedies schon, und wir brauchen ein Gesetz, um das machen zu dürfen.

Und niemandem fällt auf, daß Sika da entweder mit sich völlig im Widerspruch ist. Wenn er das ohne Gesetz macht, dann macht er das hoffentlich, weil er das darf – subjekte Tatseite des Herrn Sika, denn für mich ist er in diesem Fall ein rechtstaatsbrechender Täter –, oder er braucht das Gesetz, dann darf er es nicht machen. Und das wird öffentlich gesagt, vom obersten aller österreichischen Polizeibeamten, wenn man so will, vom Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit: daß etwas ohnedies gemacht wird, wofür jetzt ein Gesetz kommen soll. Und es gibt bitte keinen Aufschrei in der Hoheitsverwaltung, es gibt keinen Minister, der die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und sagt: Was habe ich denn da für einen Generaldirektor, der öffentlich erklärt, daß das Gesetz permanent verletzt wird, das gar nicht existiert?! "Rechtsfreier Raum" heißt nämlich nicht Beliebigkeit, überhaupt dann nicht, wenn es um Grundrechte geht. Und niemand wird verlegen. Niemand! Im Gegenteil: Es wird mit Emphase verteidigt, daß alles okay sei.

Deswegen – das sage ich Ihnen auch noch einmal – bin ich mir auch dessen so sicher, daß Sie im nächsten Anlauf die erweiterte Gefahrenerforschung machen werden, wenn Sie die Mehrheit dafür hier im Hause haben, und wenn Sie das mit dem Militärbefugnisgesetz ausgepackelt haben – da sage ich bewußt: "gepackelt" –, wenn Sie der schwarzen Geheimpolizei dieselben Möglichkeiten geben wie der roten Geheimpolizei, damit der Polizeistaat auch "proporzioniert" funktioniert. Polizeistaatsproporz nennt man das anderswo, aber Rechtsstaat ist das schon längst keiner mehr!

Daher sage ich Ihnen: Das ist übel, weil die erweiterte Gefahrenerforschung soundso auch schon läuft. – Originalton Sika. Er hätte nur lieber gerne noch zusätzlich eine gesetzliche Deckung für das, was er ohnedies schon macht.

Ich würde sagen: All das, was ich jetzt analysiert habe, ist einer der Gründe dafür, warum die Polizei Vertrauensverluste erleidet. Wenn Sie haben wollen, daß die Polizei akzeptiert wird, hundertprozentig akzeptiert wird, dann müssen Sie sie rechtstaatlich binden, dann dürfen Sie sie nicht durch Leute vertreten lassen, die sagen: Die Gesetze sind uns Wurscht, wir machen, was wir wollen, aber wir hätten lieber ein Gesetz. – Das hat nämlich der Herr Sika gesagt. (Abg. Dr. Graf: Wer sagt das?)

Sika hat das gesagt: Wir machen das ohnedies schon alles im rechtsfreien Raum, allerdings hätten wir lieber ein Gesetz dafür. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Sika ist ein Ehrenmann!) Das ist ein Skandal, der alles andere überdeckt! Wenn der Bundesminister das unwidersprochen im Raum stehenläßt, bestätigt er das, auch wenn er sich immer wieder gekränkt zeigt, wenn man ihm das sagt. Aber das ist so, weil er als oberstes Organ in der Bundesregierung dafür verantwortlich ist, nicht Sika. Sika ist der erste Mann, und wenn Sika das sagt, dann ist das auch so. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Sika ist ein Ehrenmann!)

Das mag ja sein, daß er für Sie ein Ehrenmann ist. Für mich ist er jemand, der ein gestörtes Verhältnis zu Grundrechten und zum Rechtsstaat hat. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Das ist er für mich, auch wenn er sonst formstreng ist. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was Sie ihm vorwerfen, ist äußerst unehrlich!)

Wenn jemand als auf die Verfassung vereidigter Beamter sagt, wir machen das, obwohl wir kein Gesetz haben ... (Abg. Dr. Graf: Sie gehen auf die falschen Leute los!) Nein, das ist so! Das ist eine schlechte Vorbildwirkung, und dabei bleibe ich!

Zum Thema Telephonüberwachung ein letzter Hinweis, damit meine Ausführungen nicht zu lange werden. (Abg. Dr. Graf: Sie gehen auf die falschen Leute los!) Unterbrechen Sie mich bitte nicht, Herr Kollege Graf, Sie können das Wort ergreifen, so oft Sie wollen!

Also zur Telephonüberwachung. Wenn ich Ihnen jetzt sage, was wirklich intendiert ist, worüber schon Gespräche mit den Betreibergesellschaften geführt werden, nämlich daß man die Möglichkeit von Online-Zugriffen auf die Zentraleinheiten der Telephonbetreiber haben will, damit man ohne Mitwirkung der Telephonbetreiber beliebige Daten abrufen kann, dann werden Sie sagen, das steht jetzt noch nicht im Gesetz. Dann sage ich Ihnen, das ist richtig, aber die Verhandlungen mit den Telephonbetreibern laufen schon, um die technischen Voraussetzungen herzustellen, damit Sie endlich ENFOPOL umsetzen können, den gläsernen ... (Abg. Dr. Graf: Aber da müssen Sie trotzdem auf die richtigen Leute losgehen und nicht auf die falschen!)

Herr Kollege Graf! Bitte, Sie können ja dann auf die richtigen Leute losgehen. Für mich ist ein oberster Beamter etwas, vor dem ich grundsätzlich Respekt habe. Ein Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit ist ein wichtiger Sektionschef, und wenn der sich so positioniert, ruiniert er den Rechtstaat. Verstehen Sie das? Das regt mich auf! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihr ruiniert den Rechtsstaat noch am ehesten, aber nicht der Sika!) Da ruiniert er den Rechtsstaat! Der Rechtsstaat, Frau Kollegin Partik-Pablé, ist formstreng. Und wer die Formen nicht beachtet, gleitet in die polizeistaatliche Beliebigkeit ab. Und polizeistaatliche Beliebigkeit heißt Willkür, und Willkür ist das Gegenteil von Demokratie und von Freiheit. Solange es eine liberale Stimme in dem Land gibt, werden wir für die Freiheit eintreten. Und wenn es Ihnen nicht paßt, kann ich Ihnen auch nicht helfen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Sie gehen auf den los, der die Wahrheit sagt! Das kann nur der Falsche sein!)

16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. Er hat das Wort.

16.53

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einmal mehr kann ich am Beginn einer kurzen Rede feststellen, was wir immer dann, wenn wir sicherheitspolitische Themen diskutieren, sehen: Die Freiheitliche Partei sagt, es ist alles viel zuwenig. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Daß eure Partei nicht mehr da ist, was ist das?! Wo sind denn die?)

Frau Kollegin Partik-Pablé! Ich kann auch eine Entschuldigung anbringen, wenn Sie so wollen. Wir haben eine ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Man sieht, ihr habt kein Interesse an der Sicherheit!) Nein, das ist ja nicht wahr! (Abg. Dr. Graf: Ist das die zukünftige Besetzung?) Frau Kollegin Partik-Pablé! Wir haben eine Klubsitzung einberufen. In dieser Klubsitzung hält Altvizekanzler und ÖVP-Ehrenparteiobmann Alois Mock seine letzte Rede. Das ist der Grund, warum unsere Klubmitglieder unten und nicht hier im Plenum sitzen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Soll ich jetzt weinen?) Selbstverständlich hat die ÖVP, und ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen ... (Neuerlicher Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ja, weil wir eben auch nicht wissen, wie der zeitliche Ablauf der Diskussion am letzten Tag ist. (Abg. Dr. Graf: Das weiß man sehr wohl!) Also, bitte, lassen Sie mich mit solchen Dingen in Kraut!

Immer dann, wenn wir über Sicherheitspolitik diskutieren (Abg. Dr. Graf: Gibt es in der ÖVP eine Klubsitzung!), ist es so: Kollegin Partik-Pablé kommt hier heraus und sagt: Das ist alles viel zuwenig! Es muß alles viel schärfer werden! (Abg. Dr. Graf: Immer wenn es um die Sicherheit des Landes geht, dann hat die ÖVP Klubsitzung!) Und in jedem Fall ist es so, daß sich die Koalition auf einen müden Kompromiß geeinigt hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gehen Sie doch darauf ein, wie Sie uns im Ausschuß behandelt haben!)

Dann ist es Kollege Kier oder ein anderer Vertreter des Liberalen Forums oder der Grünen, der behauptet – ich habe es in einer Presseaussendung soeben gelesen –: Der Polizeistaat droht! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nehmen Sie doch dazu Stellung, wie Sie uns im Ausschuß behandelt haben!) Wir haben einen Polizeistaat, heißt es immer wieder. Wir haben in Österreich sogar – das hat Kollege Kier vorhin von diesem Pult aus gesagt – eine "Geheimpolizei". Ich habe gar nicht gewußt, daß wir in Österreich eine Geheimpolizei haben. Ich fürchte mich schon fürchterlich. Und diese Geheimpolizei sei ja überhaupt keinen rechtsstaatlichen Instrumentarien der Kontrolle unterzogen. Ich fürchte mich schon wahnsinnig.

Kollege Kier! Ich weiß nicht, in welchem Land Sie leben. Ich lebe in Österreich. Ich bin Österreicher wie Sie. Ich habe diese Angst um den Polizeistaat, den Sie permanent heraufbeschwören, ich habe diese Angst um die angebliche Geheimpolizei, die es gar nicht gibt, aber rechtsstaatlich nicht kontrolliert wird (Abg. Dr. Schmidt: Das ist ja das Furchtbare!), nicht. Lassen Sie sich das von mir einmal ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Leikam.)

Immer dann, wenn SPÖ und ÖVP in inhaltlichen Positionierungen eine Linie finden, ist es so, daß wir von der Österreichischen Volkspartei zum Minister stehen, wenn es um klare Forderungen geht, die im Bereich der inneren Sicherheit Österreichs liegen.

Ich wäre aber nicht der, der ich bin, würde ich nicht auch jenen Punkt der Kritik anbringen, den ich auch im Innenausschuß vorgebracht habe, denn ganz zufrieden bin ich nicht. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Nein, ganz zufrieden bin ich nicht, ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Und da Klubobmann Kostelka jetzt ohnehin anwesend ist, sage ich es auch im Plenum: Er ist die Crux bei dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, daß nicht das gekommen ist, was wir haben wollten. Nein, Toni Leikam, zeig nicht auf den leeren Sessel unseres Klubobmannes. Es ist Klubobmann Kostelka gewesen. Kollege Kier, ich sagen Ihnen: Wir von der ÖVP wollten die erweiterte Gefahrenerforschung auch für die STAPO und damit eine Reform der Staatspolizei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das wollten wir, und dazu stehe ich! (Abg. Dr. Kostelka: Warum habt ihr es dann nicht gemacht? Ihr habt doch junktimiert!)

Ich stehe nicht an zu sagen: Wenn wir in der nächsten Legislaturperiode das Sagen haben, werde ich mich innerhalb der ÖVP dafür verwenden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum habt ihr denn junktimiert?)

Herr Klubobmann Kostelka! Die Crux sind Sie! Als Karl Schlögl zu Ihnen gegangen ist ... (Abg. Dr. Kostelka: Das war doch Khols Erklärung! Khol hat ausdrücklich gesagt, das ist eine Junktimierung!) Nein, hören Sie mir zu! Es war so: Als Karl Schlögl zu Ihnen gegangen ist, waren Sie es, der Karl Schlögl diese erweiterte Gefahrenerforschung für den Bereich der Staatspolizei nicht gegeben hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum habt ihr denn junktimiert?) Ist das ein Faktum – oder ist das kein Faktum? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des Liberalen Forums. – Abg. Dr. Kostelka: Faktum ist, daß Fasslabend gesagt hat, das gibt es nicht!)

Aber geh! Dann kommen Sie heraus, Kollege Kostelka, und machen Sie eine tatsächliche Berichtigung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen: Hätten wir die erweiterte Gefahrenerforschung und damit die Reform für die Staatspolizei in dieses Sicherheitspolizeigesetz eingearbeitet, dann wäre das dieser Schlußstein in diesem Konstrukt, Kollege Kier, von dem ich gesagt hätte, auch ich habe mich dafür verwendet, daß wir in diese Richtung gehen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Kiss! Setzen Sie sich! Das ist nicht gut! Sie sind da auf einem abschüssigen Weg!)

Einen letzten Punkt abschließend: Was mich bei der DNA-Analyse besonders freut – meine Kollegen werden in weiteren Bereichen des Sicherheitspolizeigesetzes inhaltlich dazu Stellung nehmen –, ist die Rückwärtserfassung jener, die ein Verbrechen begangen haben. Die Rückwärtserfassung ist eine Form der rechtlichen Sicherheit, die wir der Exekutive und damit der österreichischen Bevölkerung in die Hand geben. Verbrecher, die Untaten begangen haben, dürfen sich nicht in Sicherheit wähnen. Mit der DNA-Analsye, mit der Rückwärtserfassung von Verbrechern, das heißt von all jenen, die zumindest drei Jahre einmal ausgefaßt haben, gelingt es uns, auch präventiv zu wirken. Und ich glaube, mit dieser präventiven Wirkung erreicht die DNA-Analyse ihr Ziel.

Herr Bundesminister! Sie haben in allen Angelegenheiten der inneren Sicherheit, wenn vernünftige Vorschläge auf dem Tisch liegen – die ÖVP hat eine unendlich große Zahl an vernünftigen Vorschlägen eingebracht –, unsere Unterstützung. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mit denen geht ihr aber unter!) Wir sind der Motor, wir sind aber auch die, die dann kritisieren, wenn Ihr eigener Klubobmann das eine oder andere torpediert, was im Interesse der inneren Sicherheit Österreichs ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da steht euch das Wasser bis zum Hals!)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.58

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Abgeordneter Kiss hat behauptet, daß ich es zu verantworten hätte, daß es den zweiten Teil der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle die allgemeine Gefahrenerforschung betreffend nicht gibt. – Das ist unwahr! (Abg. Dr. Schmidt: Seien Sie doch stolz darauf! – Abg. Kiss: Ich habe von der erweiterten gesprochen!)

Wahr ist vielmehr, daß wir gemeinsam das Sicherheitspolizeigesetz und das Militärbefugnisgesetz zwischen den Koalitionsfraktionen verhandelt haben und ÖVP-Klubobmann Khol und Bundesminister Fasslabend von Anbeginn an erklärt haben, daß es nur beides gemeinsam gibt. (Abg. Dr. Graf: Das ist aber keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Dr. Schmidt: Seien Sie doch stolz darauf, daß Sie Haltung gezeigt haben!) Nachdem wir über das Militärbefugnisgesetz kein Einvernehmen erzielt haben, gab es auch keine weiteren Gespräche über den zweiten Teil der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, das ist jetzt schon eine Fortsetzungsstory, Herr Abgeordneter Dr. Kostelka.

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): Herr Präsident! Nur einen Schlußsatz: Sie, meine Herren Abgeordneten von der ÖVP, sind nicht der Motor, sondern die Bremse! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Persönliche Erwiderung! Ich bin persönlich apostrophiert worden!)

16.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Sie sind persönlich apostrophiert worden im ersten Teil der Tatsachenschilderung, aber nicht im zweiten Teil. Und wir haben uns geeinigt, wie wir die persönliche Erwiderung handhaben.

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Stoistis. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es würde uns aber sehr interessieren, was Herr Kiss zu sagen hat! Geben Sie ihm das Wort! – Abg. Kiss: Nach der Geschäftsordnung wäre ich dazu berechtigt gewesen, eine persönliche Erwiderung zu dieser tatsächlichen Berichtigung zu machen! – Beifall und Bravo!-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Kiss, was soll das? – Abg. Kiss: Mich interessiert überhaupt nicht, wie Sie die tatsächliche Berichtigung von Kostelka bewerten, Herr Präsident! – Abg. Mag. Barmüller: Das Präsidium handhabt die Geschäftsordnung, nicht der Kiss! – Abg. Mag. Stoisits: Herr Präsident! Meine Zeit läuft eh noch nicht?)

Herr Kollege Kiss! Ich sende Ihnen eine Photokopie des Präsidialprotokolls, dann werden wir Klarheit haben. Und außerdem gibt es genügend Möglichkeiten, sich in der Debatte zu Wort zu melden. (Abg. Kiss: Ich habe ja keine Redezeit mehr!) Da kann jede notwendige Klarstellung – ohne daß wir von den über die persönliche Erwiderung gemeinsam festgelegten Prinzipien abgehen – getroffen werden.

Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Stoisits zu Wort. – Bitte.

17.01

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Irgendwie bin ich jetzt schon wirklich froh darüber, daß das die letzte Parlamentssitzung in dieser Legislaturperiode ist – wiewohl ich nicht damit einverstanden bin, daß Sie die neue Session erst mit 23. September zu eröffnen gedenken (Zwischenruf des Abg. Leikam) –, weil wir uns dadurch diese Dispute ersparen, denn das, was wir jetzt sehen, ist so etwas wie ein öffentlicher Ehestreit, meine sehr geehrten Damen und Herren. – Ich komme nun zum eigentlichen Thema.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1991 ist das Sicherheitspolizeigesetz hier im Nationalrat beschlossen worden. Das ist damals eine wirklich richtungsweisende Entscheidung gewesen, weil fast das ganze Jahrhundert – 60 Jahre lang! – intensiv verlangt wurde, daß die Rechte und Pflichten der Polizei gesetzlich normiert werden.

Jetzt gibt es erstmals eine größere Novelle dieses Sicherheitspolizeigesetzes, und eine solche ist in erster Linie deshalb notwendig geworden, da jene Politiker, die sozusagen immer gerne nach dem Biertischklima strömen und dieses vor allem irgendwie in Bewegung halten wollen, immer und überall, wo es nur geht, von der "organisierten Kriminalität", von der "Russenmafia" und von dieser und jener "Mafia" reden. Das war 1991 noch nicht so. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson. – Abg. Jung: Kollegin Karlsson kennt sich aus bei der Mafia! – Abg. Murauer: Wollen Sie sagen, daß es diese nicht gibt – oder was?) – Wenn soviel davon geredet wird, dann ist natürlich die Begehrlichkeit, was die Möglichkeiten der Polizei oder der Sicherheitsbehörden anlangt, auch eine größere. Und dieser Stimmung und dieser Begehrlichkeit wird Rechnung getragen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das hat aber nichts mit der erweiterten Gefahrenerforschung zu tun, die heute nicht zur Verhandlung steht, sondern das hat mit den restlichen Teilen des Sicherheitspolizeigesetzes zu tun, die meinem Dafürhalten nach mindestens genauso bedenklich sind und mindestens genauso die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit – diese ist nämlich davon betroffen – verdienen wie das noch zur Verhandlung Stehende, was jetzt aufgrund des Ehestreits in der großen Koalition nicht zu regeln war, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich komme zum allerersten Punkt, zur DNA-Analyse. Kein vernünftiger Mensch würde heute – also zumindest war es im Innenausschuß so – sagen, daß die DNA-Analyse kein taugliches Mittel zur Verbrechensaufklärung sein kann. Das hat in diesem österreichischen Innenausschuß niemand behauptet. Aber es wird wieder einmal – wie so oft, wo es um taugliche Mittel geht – über das Ziel hinausgeschossen. (Abg. Kiss: Wer behauptet das? Wer sagt das?) Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß mit der heutigen Regelung übers Ziel hinausgeschossen wird, das behauptet nicht die Terezija Stoisits, sondern das behauptet der österreichische Justizminister. (Abg. Kiss: Der war ja gar nicht dabei!)

Der österreichische Justizminister Dr. Michalek hat sich noch unmittelbar vor Ausschußbeginn an die Mitglieder des Innenausschusses gewandt und davor gewarnt, das so gesetzlich zu statuieren, wie es jetzt passieren soll, nämlich bei jedem gefährlichen Angriff – so steht das im Sicherheitspolizeigesetz – die Möglichkeit einer DNA-Analyse, das heißt eines Mundhöhlenabstriches einzuräumen, der ja die Voraussetzung dafür ist, die Analyse durchzuführen. Was ist ein "gefährlicher Angriff", meine sehr geehrten Damen und Herren? – Das Sicherheitspolizeigesetz regelt das ganz klar: Das Sicherheitspolizeigesetz versteht unter einem "gefährlichen Angriff" jede auch noch so geringfügige Straftat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Schwelle ist ganz eindeutig eine, die nicht akzeptabel ist, und darum hat der Herr Bundesminister für Justiz verlangt – und das schreibt er an den Vorsitzenden des Innenausschusses Anton Leikam –, daß man eine Mindestgrenze der Strafdrohung für die Anlaßtat vorsieht. Herr Bundesminister Schlögl, so schreibt der Justizminister, habe ihm das auch ausdrücklich zugestanden. Und der Justizminister schreibt weiters: Ich vertrete diesen Standpunkt weiterhin mit Nachdruck!

Das heißt jetzt, sozusagen untechnisch gesagt: Ein Vergehen ist kein Verbrechen, und deshalb ist es auszunehmen. Das jetzige Gesetz bietet bei jedem auch noch so geringfügigen Anlaß die Möglichkeit, den Tatverdächtigen in die DNA-Datei aufzunehmen. Das heißt, ein Ladendieb ist in der DNA-Datei erfaßt – für immer und ewig, sage ich; das sagt nicht Herr Bundesminister Michalek.

Und das ist ganz eindeutig über das Ziel hinausgeschossen, denn das hat nichts mit Verbrechensaufklärung zu tun, das hat sozusagen mit einer pauschalen Verdächtigung, mit pauschalem Mißtrauen zu tun. Und aus diesem Grund – nicht was die Sache selbst betrifft – haben wir einen Abänderungsantrag formuliert, den ich dann zur Verlesung bringen möchte.

Zweite Bemerkung: Menschenrechtsbeirat. Ich habe dem, was Dr. Kier hier gesagt hat, nichts hinzuzufügen. Der Herr Minister kann sich beraten lassen, von wem immer er will, aber den Eindruck in der Öffentlichkeit zu erwecken versuchen, das sei eine unabhängige Untersuchungskommission, ist absolut unlauter! – Das ist ein Gremium von honorigen Persönlichkeiten, die den Herrn Innenminister beraten und Empfehlungen an ihn richten werden – mehr ist das nicht! Von unabhängiger Untersuchungskommission, wie sie international verstanden wird, keine Rede.

Drittes Thema: Sicherheitsüberprüfung. Das ist wieder so eine Sache, wo über das Ziel hinausgeschossen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. In Hinkunft kann jeder private Unternehmer, jede Firma Menschen, die sich bei ihnen bewerben, von der STAPO ausschnüffeln lassen – anders ist das nicht zu bezeichnen –, aber nicht nur mögliche Bewerber, die ihr Einverständnis dazu geben – und wenn Sie die Lage auf dem Arbeitsmarkt kennen, wissen Sie, was es heißt, wenn man zu einer Firma sagt: Aber ich gebe nicht mein Einverständnis zur Sicherheitsüberprüfung! – Dann braucht man sich doch bitte gar nicht mehr zu bewerben, heißt das nämlich.

Nochmals: Das heißt, Überprüfung nicht nur dieser, sondern jeder im Haushalt des zu Überprüfenden lebende erwachsene, großjährige Person. Ohne ihre Kenntnis, ohne ihr Einverständnis! – Ja, bitte, wo kommen wir denn da hin? – Das ist ganz eindeutig Polizeistaat, meine sehr geehrten Damen und Herren, und nichts anderes! Und das lehnen wir entschieden ab! Das ist auch ein Teil des Abänderungsantrages.

Vierter Punkt: Regierungsinformation. Ja, Herr Präsident hinter mir, Herr Minister, wissen Sie, was das heißt? – Nein, Sie sind nicht mehr so lange Präsident, Herr Präsident Neisser, aber jeder andere Präsident. Das heißt, künftig muß sich jeder Bürger, wenn er einen Termin bei einem Regierungsmitglied will, dessen bewußt sein, daß die STAPO einen Akt über ihn anlegt, weil er sicherheitsüberprüft wird. – Das ist eine absolut inakzeptable Ausweitung aller Überwachungsbefugnisse, die es gibt! Denn man kann sich nicht mehr sicher, wenn man einen Minister einlädt, irgendwo eine Ausstellung zu eröffnen, daß nicht über den Verein und über die Organisatoren, über alle also, dicke Akte angelegt werden.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Redezeit ist schon bald um, deshalb muß ich jetzt unsere beiden Anträge zur Verlesung bringen.

Der erste Antrag betrifft das subjektive Recht auf Schutz, denn das ist nämlich die Kehrseite der Medaille, von der Sie nichts wissen wollen, daß nämlich der Bürger das Recht auf Schutz durch die Polizei hat. Das ist es, was heute gefragt wäre.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Z 30 wird folgende Z 30a eingefügt:

30a. Nach der Überschrift 6. Teil wird folgende Überschrift samt § 86a eingefügt:

Subjektives Recht auf Schutz

§ 86a. Jedermann hat Anspruch darauf, daß die Sicherheitsbehörden die nach diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen zu seinem Schutz ergreifen, sofern die Voraussetzungen für solche Maßnahmen vorliegen und diese den Umständen angemessen sind.

2. Z 40 wird wie folgt geändert und lautet:

40. Im Inhaltsverzeichnis wird nach der Überschrift 6. Teil die Überschrift "Subjektives Recht auf Schutz" samt § 86a Subjektives Recht auf Schutz eingefügt.

*****

Und der Abänderungsantrag bezüglich DNA, Sicherheitsüberprüfung und Regierungsinformation lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Artikel I

1. Z 20 entfällt.

2. In Z 21 entfallen die §§ 55a und 55b samt Überschriften; der § 55c wird zum § 55a.

3. Z 26 wird wie folgt abgeändert:

§ 67 Abs. 1 lautet:

"(1) Die DNA eines Menschen darf im Rahmen seiner erkennungsdienstlichen Behandlung nur ermittelt werden, wenn der Betroffene in Verdacht steht, ein Verbrechen oder eine strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit begangen zu haben und wenn im Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden kann, dieser werde bei Begehung weiterer Verbrechen Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung aufgrund der ermittelten genetischen Information ermöglichen würden."

4. Z 36 entfällt.

5. In Z 38 wird in Abs. 10 der Passus "bis 55c" durch den Passus "und 55a" ersetzt und entfällt in Abs. 11 "93a".

6. Z 40, das Inhaltsverzeichnis, wird wie folgt abgeändert:

§ 55a. Fälle der Sicherheitsüberprüfung und § 55b. Durchführung der Sicherheitsüberprüfung entfallen. § 55c wird zu § 55a; § 93a Regierungsinformation entfällt.

7. Artikel III entfällt.

8. Artikel VI entfällt.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Grünen sind für eine Polizeireform jetzt, genau das ist nämlich das Gebot der Stunde! Wir sind dafür, daß der Polizeistaat abgebaut und nicht aufgebaut wird, wie Sie es mit dieser heutigen Gesetzesmaßnahme tun. Der Schutz der Privatsphäre, der Schutz der Grundrechte des einzelnen gehen über alles. Das wollen wir – und nicht mehr Polizeistaat! (Beifall bei den Grünen.)

17.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Beide Abänderungsanträge, die Frau Abgeordnete Mag. Stoisits vorgetragen hat, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Ich erteile das Wort nun Herrn Abgeordneten Gaál mit einer Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

17.11

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Leikam, Kiss und Genossen einbringen, er liegt Ihnen ja bereits vor. Der Kernbereich umfaßt – lassen Sie mich das vortragen – folgendes:

Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, bewährte geeignete Opferschutzeinrichtungen vertraglich damit zu beauftragen, Menschen, die von Gewalt bedroht sind, zum Zwecke ihrer Beratung und immateriellen Unterstützung anzusprechen. – Da geht es also um die Interventionsstellen!

Soferne eine solche Opferschutzeinrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Frauen dient, ist der Vertrag gemeinsam mit der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz abzuschließen, sofern eine solche Einrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Kindern dient, gemeinsam mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie einzurichten.

Zweitens geht es darin um die DNA-Analyse – lassen Sie mich referieren: – Darüber hinaus enthält der Sicherheitsbericht die Kriminal- und Verurteiltenstatistik dieses Jahres, Angaben über kriminalpolitisch wesentliche Entwicklungen aus der Sicht der Bundesminister für Inneres und für Justiz, das Ergebnis der stichprobenweise vorgenommenen Überprüfung der Gesetzmäßigkeit einzelner DNA-Untersuchungen, statistische Angaben und so weiter.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus beschließen wir mit dem vorliegenden Entwurf auch die Einrichtung der Sicherheitsakademie – Herr Kollege Leikam hat ja heute bereits auf die Bedeutung und Wichtigkeit dieser Institution hingewiesen! Die Bedrohungsfelder unserer Gesellschaft haben sich, wie wir wissen, mit Beginn der neunziger Jahre vor allem in Europa völlig verändert. Dabei ist vor allem das gesamte Spektrum der organisierten Kriminalität zu nennen.

Diese geänderten Rahmenbedingungen sind bei der Aus- und Fortbildung der Sicherheitsexekutive zu berücksichtigen. Die Anforderungen, insbesondere an Führungskräfte sind komplexer und umfangreicher geworden. Die Exekutive wird immer mehr zum Krisenmanager, und um in Konfliktsituationen souverän reagieren zu können, müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter praxisbezogen vorbereitet, trainiert und geschult werden. Dafür sind neue Methoden, neue Formen der Aus- und Weiterbildung einzusetzen.

Ein neues Bildungskonzept muß zu einem hohen Anteil praxisbezogen sein. Die berufsorientierte Aus- und Fortbildung, meine Damen und Herren, muß sich den neuen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft stellen. Daher wird das gehobene und höhere Management der Sicherheitsexekutive und auch der Sicherheitsverwaltung an der Sicherheitsakademie für diese ihre Praxisaufgaben vorbereitet und regelmäßig geschult werden. So soll beispielsweise für die E 1-Ausbildung – damit sind Offiziere gemeint – ein neuer dreijähriger Studiengang eingerichtet werden; ebenso soll die berufsspezifische Ausbildung für Uniabsolventen – ich denke dabei an Polizeijuristen – neu gestaltet werden.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus wird – und das ist ungeheuer wichtig! – dort auch das Lehrpersonal der Polizei- und Gendarmerieschulen für ihre sehr verantwortungsvolle Tätigkeit fachlich und pädagogisch ausgebildet.

Die Sicherheitsakademie wird aber auch jenen Menschen offenstehen, die sich professionell mit Fragen der öffentlichen Sicherheit und der Kriminalitätsbewältigung beschäftigen beziehungsweise auf einen entsprechenden Beruf vorbereiten. Daher gibt es eine enge Kooperation mit Universitäten, Forschungsinstituten und diversen anderen Bildungseinrichtungen. Das ist zu begrüßen und, Herr Bundesminister, wir wollen uns auch dafür bedanken, daß Sie das so umfassend sehen.

Ich glaube, zu Recht sagen zu dürfen, daß wir stolz darauf sein können, was nach Jahren des Entwickelns und Planens erreicht wurde. Ich hoffe auch, daß es in einem der nächsten Schritte gelingt, diese Sicherheitsakademie als Fachhochschule zu organisieren und sie damit zu einer öffentlichen Bildungseinrichtung zu machen, die weit über den ministeriellen Bereich hinausgeht.

Daher möchte ich mich im Namen aller Abgeordneten bei allen Verantwortlichen, allen voran bei Ihnen, Herr Bundesminister, Mag. Schlögl, bei Ihrem Vorgänger Dr. Löschnak, aber auch, um zwei Namen aus der Beamtenschaft zu nennen, bei Herrn Generaldirektor Mag. Sika und dem Herrn Generalinspizierenden, Sektionschef Dr. Prugger, für die Verwirklichung dieses Vorhabens herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich bin mir dessen sicher, daß aus der einstigen Vision eine angesehene Institution werden wird, von der wertvolle und wichtige Impulse und mehr Qualität für die gesamte Sicherheitsexekutive ausgehen wird und durch die wir mit noch mehr Professionalität für die Sicherheit in unserem Land sorgen können. Daher findet diese Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz unsere volle Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Gaál hat auf einen Abänderungsantrag Bezug genommen, der überreicht wurde; er hat diesen Antrag auch in seinen Kernpunkten präsentiert. Wegen des Umfangs des Antrages haben wir veranlaßt, daß im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung dieser Antrag im Saal verteilt wird.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Leikam, Kiss zum Bericht des Innenausschusses über die Regierungsvorlage zu einem Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Polizeikooperationsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969 und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (SPG-Novelle 1999) (2023 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Artikel I lautet die Z 6:

"6. § 25 wird folgender Abs. 3 angefügt:

,(3) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, bewährte geeignete Opferschutzeinrichtungen vertraglich damit zu beauftragen, Menschen, die von Gewalt bedroht sind, zum Zwecke ihrer Beratung und immateriellen Unterstützung anzusprechen. (Interventionsstellen). Soferne eine solche Opferschutzeinrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Frauen dient, ist der Vertrag gemeinsam mit der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz abzuschließen, sofern eine solche Einrichtung überwiegend der Beratung und Unterstützung von Kindern dient, gemeinsam mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie.‘"

2. In Artikel I Z 21 hat § 55a Abs. 2 Z 3 zu lauten:

"3. Auf Ersuchen jenes Unternehmens, in dem der Betroffene eine Tätigkeit wahrnimmt oder anstrebt, bei der er Zugang zu vertraulicher Information hat, deren Verwendung im Ausland (§ 124 StGB) eine Schädigung des Unternehmens bewirken würde;"

3. In Artikel I lautet die Z 24:

"24. § 65 Abs.1 lautet:

,(1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der in Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn der Betroffene im Rahmen bandenmäßiger oder organisierter Kriminalität tätig wurde oder dies sonst zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint.‘"

4. In Artikel I lautet die Z 34:

"34. In § 93 Abs.2 lauten der bisherige Schlußsatz und der diesem nunmehr angefügte Schlußsatz:

,Darüber hinaus enthält der Sicherheitsbericht die Kriminal- und Verurteiltenstatistik dieses Jahres, Angaben über kriminalpolitisch wesentliche Entwicklungen aus der Sicht der Bundesminister für lnneres und für Justiz, das Ergebnis der stichprobenweise vorgenommenen Überprüfung der Gesetzmäßigkeit einzelner DNA-Untersuchungen (§ 67), statistische Angaben über die in diesem Jahr gemäß den §§ 88 bis 90 geführten Verfahren sowie über die gegen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erhobenen Vorwürfe aus disziplinar- und strafrechtlicher Sicht. Schließlich enthält der Sicherheitsbericht die in diesem Jahr vom Menschenrechtsbeirat erstatteten Empfehlungen samt den zugehörigen qualifizierten Mindermeinungen und den in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen.‘"

5. In Artikel I lautet die Z 38:

"38. In § 94 werden nach Abs. 9 folgende Abs. 10 und 11 angefügt:

,(10) Die §§ 9 Abs. 3 und 4, 10a, 14 Abs. 3 und 4, 15b und 15c, 55 bis 55c, 64 Abs. 2, 65 Abs. 1, 5 und 6, 67, 70 Abs. 3, 78 sowie 96 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/1999 treten mit 1. September 1999 in Kraft.

(11) Die §§ 25 Abs. 3, 35 Abs. 1 Z 6 und 7, 35a 38 Abs. 4, 38a, 39, 47 Abs. 3, 53 Abs. 1 und 3a, 56 Abs. 1 Z 6 und 7, 84 Abs. 1 Z 2, 86, 89 Abs. 3, 90 Abs. 1, 93, 93a, sowie 98 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/1999 treten mit 1. Jänner 2000 in Kraft.‘"

6. In Artikel I wird folgende Z 39a eingefügt:

"39a. In § 98 Abs. 2 wird vor dem Ausdruck ,31 Abs. 3‘ der Ausdruck ,25 Abs. 3,‘ eingefügt."

7. In Artikel IX lautet die Z 2:

"2. Dem § 181 wird folgender Abs. 7 angefügt:

,(7) § 132 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXXX/1999 tritt mit 1. September 1999 in Kraft.‘"

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile jetzt Herrn Abgeordnetem Jung das Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

17.18

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kiss – jetzt ist er wieder da (Abg. Kiss: Ich bin die ganze Zeit da!) – und Herr Kollege Kostelka haben in ihrer kleinen Eheszene von vorhin genau jenen Januskopf gespielt, der den Doppeladler in unserer Republik ersetzt hat. Nur sind bei diesem Januskopf die Köpfe nicht ab-, sondern keppelnd einander zugewandt, und es geht nichts weiter. Das ist das Sinnbild Ihrer Republik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: Falsch! Sie sind in der Mythologie nicht bewandert! Lernen Sie Mythologie! Die Köpfe sind einander abgewendet!)

Vor zwei Wochen konnte man im "Kurier" einen Artikel lesen, in dem bemängelt wurde, daß Abgeordnete trotz Mitarbeiter nicht in der Lage waren, ein 25-Seiten-Papier durchzuarbeiten. Auf diese Art und Weise wird der Bevölkerung ein falsches Bild dieses Hauses vermittelt. – Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, sind maßgeblich schuld daran, daß das Ansehen des Parlaments auf diese Art und Weise gemindert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen und der Öffentlichkeit am Beispiel des Sicherheitspolizeigesetzes vorführen, wie in diesem Hause ein Gesetz behandelt, eigentlich müßte man sagen: durchgepeitscht wird.

Am 6. Oktober 1998 wurde der erste Entwurf zum Sicherheitspolizeigesetzes erstellt. Am 24. November kam die erste Regierungsvorlage, und am 13. April 1999 in einer erweiterten Variante, sozusagen einem SPÖ-Minderheitsbericht, auch die erweiterte Gefahrenerforschung. – Da sich die Koalitionsparteien, wie üblich, in vielen Bereichen, die wirklich sensibel sind, nicht einigen konnten, mußten wir uns sicherheitshalber mit beiden Papieren befassen.

Die schwarz-rote Packelei kam eben nicht so weit, daß man sich zu einer Einigung durchringen konnte. Daher wird die Republik, wie schon ganz richtig gesagt wurde, im Sicherheitspolizeibereich, was die Staatspolizei betrifft, von Ihnen, von Ihren beiden Parteien, in Geiselhaft gehalten. Es ist ein rechtsfreier Raum, der geklärt werden muß, aber nicht in einer Streiterei, so nach dem Motto: Haust du mein Heeres-Nachrichtenamt, hau ich deine Staatspolizei! – Das ist lächerlich und schädlich für diese Republik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für den 30. Juni hat man dann ein Expertenhearing angesetzt, die dafür gemeldeten Fachleute haben Unterlagen bekommen, die allerdings, wie sich nachher herausgestellt hat, nicht die relevanten waren, weil es dazwischen noch zu einigen Änderungen kam. Herr Kollege Leikam, der Vorsitzende, hat übrigens interessanterweise – aber das ist nur ein Detail am Rande –, festgestellt, er habe geglaubt, es kämen nur Experten zum DNA-Bereich. Es waren aber auch Experten aus anderen Bereichen anwesend. Genau diese Unsicherheit und dieses Durcheinander haben sich bis zuletzt wie ein roter Faden durch die gesamte Debatte gezogen.

Wir haben am Morgen des Tages der Ausschußsitzung, als wir im Parlament eintrafen, in unseren Fächern einen Brief des Herrn Innenministers – einen "echten Schlögl", handsigniert – vom Vorabend, erhalten, in dem er uns eine neue Vorlage, 21 Seiten umfassend und grundlegend geändert, überreichte. Freundlicherweise war diese neue Vorlage wegen des Zeitdrucks mit Fettmarkierungen der Änderungen versehen, die das halbe Papier ausgemacht haben. Trotzdem wurden einige Änderungen vergessen und nicht entsprechend angezeichnet, Herr Minister. Hätten wir uns nur darauf verlassen, wären wir daneben gestanden. Aber unsere Mitarbeiter – in diesem Falle unsere Mitarbeiterin; man soll nicht nur die Parlamentsangestellten und die Beamten loben – haben das natürlich festgestellt.

Sie selbst, Herr Innenminister, mußten zugeben, daß Sie nicht in der Lage waren, die letzte Neuvorlage, die wir dann in der Früh noch erhalten haben – das war bereits die zweite! –, vollständig und genau durchzulesen. Das erinnert mich an den ehemaligen Abgeordneten Graff, der einmal gesagt hat: Ich kann doch nicht alles lesen! – Meine Damen und Herren! So kann man doch mit einem wichtigen und ernsthaften Gesetz dieser Republik nicht umgehen! Das ist einfach untragbar! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Kiss.)

Als dann der offenkundig etwas überforderte Vorsitzende Leikam zu Beginn der Sitzung Bericht erstatten ließ, hat sich herausgestellt – hören Sie gut zu, Herr Kollege! (Abg. Kiss: Ich höre ja die ganze Zeit zu!) –, daß diese Vorlage von den hierorts nichts bekannten Abgeordneten "Punkt, punkt" und "Punkt, punkt" eingebracht worden und daher rechtlich eigentlich nicht existent war. (Abg. Kiss: Was sagen Sie zum Sicherheitspolizeigesetz?)

Was war die Folge? – Neuerliches Durcheinander! "Punkt, punkt" und "Punkt, punkt" wurden zu Leikam und Kiss, und das Hearing der Fachleute konnte beginnen. Diese mußten allerdings über ein Thema reden, das sie gar nicht wirklich behandelt haben. (Abg. Kiss: 4,5 Minuten geredet, aber kein einziges Wort zum Sicherheitspolizeigesetz! – Gegenrufe bei den Freiheitlichen.) Das war eine Tatsache, das war die Art, wie Sie dieses Gesetz durchgepeitscht haben. (Abg. Kiss: So eine Rede möchte ich auch einmal ...! – Weitere Gegenrufe bei den Freiheitlichen.) So war es!

Daß dafür aber bereits bei Sitzungsbeginn ein fertiger Bericht des Ausschusses vorlag, dem unter anderem zu entnehmen war, daß in der – noch gar nicht begonnenen – Debatte der Innenminister und die Abgeordneten – diesmal nicht "Punkt, punkt" und "Punkt, punkt" sondern "XXXX" die Worte – ergriffen haben – sie haben dann gar nicht das Wort ergriffen, weil gar nicht debattiert wurde, aber sie haben schon vorher gewußt, was herauskommen wird (Abg. Kiss: Sie wissen das ja nicht, Sie waren ja nicht einmal dabei!) –, rundet das ganze Bild Ihrer Arbeit nur ab, Herr Kollege Kiss, Herr Kollege Leikam! Da können Sie sich die Hand reichen, wenn Sie sich sonst noch nicht einig geworden sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und das ist auch nicht mehr zum Lachen, wie das Herr Abgeordneter Kiss im Ausschuß getan hat. (Abg. Kiss: Das ist zum Weinen!) Damit wird nur die Demokratie lächerlich gemacht, Herr Kollege Kiss. Sie lachen ja schon wieder! Sie nehmen das nicht ernst, aber es ist todernst für diese Republik! (Abg. Kiss: ... nicht ein einziger Satz zum Gesetz!) Es ist ein ganz wichtiges Gesetz, über das Sie gelacht haben, und das in einer Art zustandegekommen ist, die in Wirklichkeit lächerlich war.

Sie machen, ja degradieren die Abgeordneten dieses Hauses durch diese Verhaltensweise zu Erfüllungsgehilfen der Regierung – und nicht zu freien Mandataren und Vertretern des Volkes! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: Kollege Jung, was haben Sie zum Sicherheitspolizeigesetz zu sagen?)

17.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt hat sich Herr Bundesminister Mag. Schlögl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

17.23

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrten Damen und Herren! Wie es Herr Abgeordneter Kiss bereits richtigerweise gesagt hat, ist es so, daß das wieder eine typische Gesetzesvorlage des Innenministeriums ist, die von allen Seiten kritisiert wird – den einen ist es zu wenig weitgehend, den anderen geht es zu weit. Ich glaube deshalb, daß es richtig ist, daß dieses Gesetz in dieser Vorlage vorgelegt worden ist.

Und dieses Gesetz ist hier auch sehr ausführlich und sehr breit diskutiert worden. Es stimmt ja nicht, was die Freiheitliche Partei hier behauptet, daß das in der letzten Ausschußsitzung des Innenausschusses überfallsartig diskutiert worden ist. – Den ersten Entwurf habe ich bereits im September vergangenen Jahres vorgelegt, und seit September vergangenen Jahres wird diese Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sehr ausführlich und sehr breit diskutiert, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es hat darüber vor der Beschlußfassung im Ministerrat im Oktober vergangenen Jahres eine ausführliche Diskussion mit den verschiedenen politischen Parteien sowie innerhalb der einzelnen Ministerien gegeben, was auch zu einer Vielzahl von Veränderungen geführt hat. (Abg. Jung: Das war ja ein ganz anderes Gesetz!) Dann wurde dieses Gesetz im Ministerrat beschlossen und dem Parlament zugeleitet. Auch während der Zeit der Zuweisung hier im Parlament und des Liegens der Gesetzesvorlage hat es noch eine umfangreiche Diskussion darüber gegeben, sodaß ich wirklich sagen kann, daß diese heutige Vorlage sehr breit diskutiert worden ist, sehr vielen Änderungswünschen der Kritiker von allen Seiten entsprochen und diese in den Entwurf auch aufgenommen wurden.

Ich bin gerne dazu bereit, wenn Sie es wollen, aufzulisten, was alles bei dieser Gesetzesnovelle vom ursprünglichen Entwurf bis zu jenem, der heute vorliegt, verändert worden ist. (Abg. Jung: Das kann man doch nicht am letzten Tag vorlegen, Herr Minister!) – Bitte? (Abg. Jung: Das kann man doch nicht am letzten Tag vorlegen, sodaß die Abgeordneten ...!) Nein! Ich bin gerne bereit, Ihnen darzulegen, wie viele Veränderungen es in dieser Gesetzesvorlage gegeben hat.

Ich habe mich bemüht, sehr wohl auf die unterschiedlichen Meinungen in diesem Hause einzugehen, Bedenken anzuerkennen (Abg. Jung: Ja das nutzt ja nichts!), und ich habe diesen Bedenken sogar so weit Rechnung getragen, als zum Beispiel auch der Kritik mancher Experten des Innenausschusses Rechnung getragen worden ist und heute noch vom Abgeordneten Gaál ein Abänderungsantrag eingebracht worden ist, der auf Initiative der Experten im Ausschuß entstanden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weise daher entschieden zurück, daß diese Novelle überfallsartig beschlossen worden sei. Im Gegenteil: Es gab eine fast einjährige Diskussion über dieser Novelle, und ich glaube, es gibt kaum ein anderes Gesetz, in das so viele Änderungsvorstellungen der Oppositionsparteien eingebracht wurden, wie das gerade bei dieser Gesetzesnovelle der Fall ist.

Ebenso möchte ich klar zurückweisen, daß mit dieser Gesetzesnovelle die polizeilichen Befugnisse erweitert würden und der Rechtsstaat ausgehöhlt werde. – Das ist einfach falsch und unrichtig! Wir alle hier in diesem Hause, die Politik im Rahmen der parlamentarischen Parteien machen, bekennen uns zum Rechtsstaat Österreich und zur Demokratie! Wir müssen uns daher auch zu einer Exekutive bekennen, die die gesetzliche Aufgabe hat, im Interesse der Sicherheit unseres Landes und der Bürgerinnen und Bürger auf rechtsstaatlicher Grundlage und unter demokratischer Kontrolle Sicherheitsarbeit in unserem Lande zu leisten.

Ich darf Ihnen versichern, daß ich als verantwortlicher Innenminister, daß alle Beamten meines Ressorts, aber auch meine politische Bewegung und der Koalitionspartner alles daran setzen, daß es nie zu einer Aushöhlung des Rechtsstaates kommt. Ich werde einer allfälligen Aushöhlung des Rechtsstaates immer mit ganzer Kraft entgegentreten! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Exekutive ist ein wichtiger Teil des österreichischen Rechtssystems, die österreichische Exekutive ist die Säule unseres Rechtsstaates. Die österreichische Exekutive steht für Freiheit, für Sicherheit, für Gerechtigkeit und vor allem für die Einhaltung der Grundrechte und der Menschenrechte! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger.)

Ich darf Ihnen versichern, daß die vorliegende Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz durch klare Regelungen von Schutz- und Kontrollmaßnahmen, vor allem in sensiblen Bereichen, die Rechtssicherheit in unserem Staate stärkt. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit dienen schlußendlich nicht nur der Verbrechensbekämpfung, sondern vor allem auch dem Schutz der Menschen in unserem Lande.

Die persönliche Sicherheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist meiner Überzeugung nach auch ein wichtiges Menschenrecht. Dem Rechtsverständnis der österreichischen Exekutive entspricht es, Menschenrechte zu schützen und Menschenrechte zu garantieren. In diesem Sinne agiert auch die österreichische Exekutive; mehr als 7,8 Millionen Amtshandlungen pro Jahr dokumentieren das sehr eindrucksvoll. Sie dokumentieren auch sehr eindrucksvoll, daß die österreichische Exekutive in höchstem Maße das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung genießt.

Natürlich gibt es immer wieder Amtshandlungen, die von Fehlern getragen sind, natürlich gibt es auch Amtshandlungen, bei denen es Übergriffe gibt, natürlich gibt es Amtshandlungen, die nicht mit meinem Verständnis von Polizei in Verbindung zu bringen sind. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, daß, wenn es solche Amtshandlungen gibt, mit der entsprechenden Konsequenz und auch mit entsprechender Härte gegen solche Beamte vorgegangen wird. Ich gehöre nicht zu jenen im Ministerium, die eine falsch verstandene Kameraderie decken. Im Gegenteil: Ich glaube, daß eine falsch verstandene Kameraderie mit großer Gefahr für die österreichische Exekutive verbunden ist und deshalb mit ganzer Kraft bekämpft werden muß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz beinhaltet eine Vielzahl von Veränderungen. Die Abgeordneten haben bisher nur einige wenige angeführt. Ich möchte beispielsweise erwähnen, daß mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes die Gemeindewachkörper und ihre mehr als 1 500 Angehörigen in den einzelnen Bundesländern endlich in den Vollzug sicherheitspolizeilicher Angelegenheiten einbezogen werden – ein Anliegen, das seit vielen Jahren besteht und das nun endlich umgesetzt wird.

Weiters beinhaltet diese Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz die Einführung des Menschenrechtsbeirates. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kier und sehr geehrte Frau Abgeordnete Stoisits! Es war nie meine Aufgabe, mein Auftrag, ein unabhängiges Gremium zu schaffen. Ich habe nie behauptet, daß das mein Ziel sei. Es steht auch in keiner meiner Aussendungen, daß ich den Menschenrechtsbeirat als unabhängiges Gremium zur Feststellung von allfälligen oder tatsächlichen Mißbräuchen innerhalb der österreichischen Exekutive einsetzen möchte.

Das ist etwas, was Sie haben wollen – das akzeptiere ich –, aber ich habe das nie so gesehen. Meinem Verständnis nach hat die Aufgabe der unabhängigen Prüfung die österreichische Justiz. Der Menschenrechtsbeirat ist ein sachverständiges, ausgewogen zusammengesetztes und effizientes Gremium, das die Möglichkeit hat, durch unabhängige Sachverständige festzustellen, ob es allfällige Übergriffe der österreichischen Exekutive gegeben hat, und diese Übergriffe dann in der Öffentlichkeit auch entsprechend zu präsentieren. Diesem Gedanken entspricht der Menschenrechtsbeirat, wie er derzeit vorgesehen ist.

Er soll kein ständiger unabhängiger Untersuchungsausschuß sein – es wäre die Aufgabe des Parlaments, einen solchen einzusetzen –, sondern er ist ein Beratungsgremium des österreichischen Innenministers, des Innenministeriums, das die Möglichkeit hat, unabhängig, ohne Weisung zu agieren. Ich meine, das ist sehr wichtig und notwendig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein die Zusammensetzung des Menschenrechtsbeirates zeigt ja schon, daß diese Unabhängigkeit gewahrt ist. Oder glauben Sie wirklich, sehr geehrter Herr Abgeordneter Kier, daß sich Persönlichkeiten wie Universitätsdozent Holzinger, wie Universitätsprofessor Funk, wie Sektionschef Miklau, wie Mag. Walter Suntinger vom Ludwig Boltzmann-Institut, wie beispielsweise Monsignore Dr. Michael Wilhelm, wie Universitätsprofessor Benedek, Dr. Jesionek oder der Präsident der Vereinigung für Demokratie für Afrika am Gängelband des österreichischen Innenministers führen lassen? Das glauben Sie doch selbst nicht!

Der "Falter", eine Zeitschrift, die ohne Zweifel nicht in einem Naheverhältnis zum österreichischen Innenminister steht, hat geschrieben: Der Menschenrechtsbeirat wird ein Gremium sein, das ohne Zweifel sehr unbequem sein wird, ein Gremium, das die Aufgabe haben wird, die Arbeit der österreichischen Exekutive sehr genau zu kontrollieren.

Ich möchte noch erwähnen, was beispielsweise der Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt, gesagt hat. Er bezeichnete den Menschenrechtsbeirat als einzigartig in Europa und als eine ganz, ganz große Chance für die Menschenrechte in unserem Lande. – Ich glaube, das sagt sehr wohl, wie wichtig dieser Menschenrechtsbeirat ist.

Wie schwierig es ist, Ihre Erwartungen zu erfüllen, zeigen wieder Ihre heutigen Ausführungen, in denen Sie mir, Herr Abgeordneter Kier, vorgeworfen haben, viel zu lange mit der Einsetzung des Menschenrechtsbeirates gewartet zu haben – vor fünf Jahren sei er bereits gefordert worden, sagten Sie. – Das stimmt nicht, Herr Abgeordneter Kier. Ich habe bereits vor mehr als eineinhalb Jahren die Einsetzung eines Menschenrechtsbeirates angekündigt, habe vor einem Dreivierteljahr die entsprechende Gesetzesnovelle betreffend den Menschenrechtsbeirat vorgelegt, und ich habe jetzt aufgrund der Ereignisse rund um den tragischen Tod eines Schubhäftlings auf dem Flug von Österreich nach Sofia versucht, vorläufig durch eine Verordnung den Menschenrechtsbeirat auf die Beine zu stellen, damit er mit seiner Arbeit beginnen kann. Mit der heutigen Beschlußfassung wird der Menschenrechtsbeirat seine entsprechende rechtliche Deckung haben.

Das, was Sie mir in einer Aussendung vorwerfen, stimmt also nicht, nämlich daß ich ein "gestörtes Verhältnis" zum Rechtsstaat und zur Verfassung hätte, daß der Menschenrechtsbeirat bereits vor der Beschlußfassung im Parlament eingesetzt worden wäre. – Es gibt eine entsprechende Verordnung – das heißt, ich habe rechtsstaatlich alles korrekt gemacht, und ich möchte diesen Vorwurf daher auch sehr deutlich zurückweisen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die erweiterte Gefahrenerforschung ist so eine Sache. Ich möchte hier gar nicht ins Detail gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil ich über manches, was hier in der Plenardebatte im Parlament gesagt wurde, nur schmunzeln kann. Faktum ist, daß es hier in diesem Hohen Hause nicht sehr viele Interessenten gegeben hat, die für die erweiterte Gefahrenerforschung wirklich eingetreten sind. Ich sehe die Tatsache, daß es die erweiterte Gefahrenerforschung rechtlich nicht geben wird, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem weinenden Auge deswegen, weil ich der Überzeugung bin, daß es notwendig und wichtig ist, die Arbeit von Staatsschutzorganen gesetzlich sehr, sehr klar zu regeln, alles daranzusetzen, daß es möglichst keinen rechtsfreien Raum gibt – zum Schutz der Beamten, die in diesem Bereich tätig sind, zum Schutz des Ministers, aber vor allem auch zum Schutz der österreichischen Bevölkerung.

Ich sehe, solange es die erweiterte Gefahrenerforschung in der Form, wie ich sie gesetzlich vorgeschlagen haben, gesetzlich nicht gibt, ein Risiko und einen möglichen rechtsfreien Raum.

Herr Abgeordneter Kier! Ich habe aufgrund der öffentlichen Debatte meinen Beamten, sowohl Sektionschef Michael Sika als auch dem Verantwortlichen der Staatspolizei, Dr. Peter Heindl, sehr, sehr klar gesagt, daß nur auf klaren rechtsstaatlichen Grundsätzen von der Staatspolizei gearbeitet werden kann und die erweiterte Gefahrenerforschung, solange sie nicht als Gesetz beschlossen ist, von der österreichischen Exekutive nicht angewendet werden darf.

Trotzdem glaube ich, daß die erweiterte Gefahrenerforschung notwendig und wichtig ist, weil sie im Hinblick auf absehbare Bedrohungen eine wichtige Vorsorge ist. Ich glaube, daß es Bedrohungen gibt, daß es wichtig ist, bestimmte Gruppen innerhalb unserer Gesellschaft, die zwar noch keine konkreten Straftatbestände erfüllt haben, trotzdem zu beobachten – natürlich unter strenger rechtsstaatlicher Kontrolle, natürlich unter begleitender Kontrolle, natürlich nur dann, wenn die Justiz auch die Möglichkeit dazu gibt. Das halte ich für notwendig und wichtig, das wird es aber vorerst auf gesetzlicher Basis nicht geben, und daher ist es auch nicht möglich, daß unsere Exekutive in diesem Bereich tätig wird, um das klar zu sagen. – Deshalb mit einem weinenden Auge.

Mit einem lachenden Auge deshalb, weil ich der Meinung bin, daß solch ein Instrument gesetzlich klar geregelt werden muß, nicht nur im Bereich des österreichischen Innenministeriums, sondern auch im Bereich der Landesverteidigung. Ich glaube daher, daß es sehr gut ist, daß wir uns dazu entschlossen haben, die erweiterte Gefahrenerforschung vorläufig nicht zu beschließen, sondern in der nächsten Legislaturperiode eine gemeinsame Lösung für Heeres-Nachrichtendienst, Heeres-Abwehramt und Staatspolizei zu suchen, auch dafür, wie diese drei Sicherheitsapparate noch wirkungsvoller und noch besser kontrolliert werden können, als das derzeit der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Entschieden möchte ich auch die Doppelzüngigkeit und Doppelmoral mancher Medien zurückweisen. Ich nehme beispielsweise nur die "Salzburger Nachrichten" her – ein Organ, das von manchen fast als das Zentralorgan für manche politischen Parteien bezeichnet wird. Die "Salzburger Nachrichten" haben wochenlang ... (Abg. Dr. Kier: ... "Kronen Zeitung"!) – Ich habe Sie, Herr Abgeordneter Kier, nicht angesprochen, aber wenn Sie meinen, daß es Ihr Zentralorgan ist, muß ich sagen, vielleicht haben Sie recht damit, ich weiß es nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die "Salzburger Nachrichten" haben wochen-, ja monatelang gegen die erweiterte Gefahrenerforschung geschrieben. Dann aber, als festgestanden ist, daß die erweiterte Gefahrenerforschung nicht kommt, habe ich folgenden Leitartikel in den "Salzburger Nachrichten" gelesen:

Siegreiches Scheitern. Die beiden Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ haben das ganz bewußt gemacht, daß die erweitere Gefahrenerforschung nicht kommt, weil sie damit keine Kontrolle zulassen wollen für ihre Geheimdienste, für den roten und schwarzen. – Zitatende.

Das halte ich für doppelzüngig und für eine Doppelmoral: Zuerst schreibt man wochen-, ja monatelang gegen die erweiterte Gefahrenerforschung, und dann, wenn sie nicht kommt, wirft man das den Koalitionsparteien wieder vor. Ich halte es nicht für richtig, das ganz bewußt zu machen, und das sollte man auch sehr klar aufzeigen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zusammenfassend: Ich glaube, daß in dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz sehr viele Dinge enthalten sind, die sehr wichtig und notwendig sind. Ich möchte nur noch auf das eingehen, was meiner Überzeugung nach überhaupt am wichtigsten ist: die DNA-Analyse.

Ich verstehe manche Bedenken nicht, die hier in diesem Zusammenhang geäußert wurden. Frau Abgeordnete Stoisits hat wieder nur einen Teil der Wahrheit gesagt. (Abg. Wabl: Nein, das kann nicht sein!) Sie hat richtigerweise die Bedenken, die der Justizminister geäußert hat, gesagt, sie hat aber das, was ihr eigener Experte im Innenausschuß gesagt hat, nicht dazugesagt. Sie hat ihren eigenen Experten gefragt, was er zur DNA-Analyse und zu diesem Brief des Justizministers sagt, und der eigene Experte hat klar gesagt, daß all das Humbug ist und daß die DNA-Analyse sehr, sehr wichtig ist. – Sie können das im Protokoll nachlesen, und ich meine, das sollte man der Wahrheit halber hier auch erwähnen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich verstehe die Bedenken, die hier zur DNA-Analyse geäußert wurden, nicht. Meiner Überzeugung nach geht es bei der DNA-Analyse nämlich nicht nur darum, Täter zu überführen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern meiner Ansicht nach ist es genauso wichtig, daß auch Täter ausgeschlossen werden können. Ich könnte Ihnen eine Vielzahl von Beispielen dafür bringen.

Ein Beispiel: Ein 17jähriges Mädchen ist in der Steiermark unter fürchterlichen Umständen vergewaltigt worden. Dieses Mädchen und drei Zeugen haben unabhängig voneinander einen Mann beschuldigt, diese Tat begangen zu haben. Dieser Mann wurde in Untersuchungshaft genommen. Mit der DNA-Analyse konnte aber zweifelsfrei geklärt werden, daß er offensichtlich nicht der Täter ist. Ohne die DNA-Analyse wäre aufgrund der Zeugenaussagen die Vermutung sehr naheliegend gewesen, daß dieser Mann vielleicht verurteilt worden wäre.

Das heißt, es gibt auch sehr viele Beispiele dafür, daß die DNA-Analyse Täter ausschließen kann.

Es kommt auch der Vorwurf, wir würden jeden Bagatellfall zum Anlaß nehmen, eine DNA-Analyse durchzuführen. – Auch das ist falsch, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurden seit Oktober 1997 – also in knapp zwei Jahren –14 385 Mundhöhlenabstriche gemacht. Man kann sagen, hochgerechnet sind es pro Jahr etwa 8 000 bis 9 000. Im vergangenen Jahr gab es aber 205 000 Straftäter, die straffällig wurden. 205 000 Straftäter – und davon sind 8 000 DNA-analysiert worden. Allein das zeigt schon, daß die Aussage, daß jeder kleine Ladendieb zur DNA-Analyse und zum Mundhöhlenabstrich verurteilt werde, Humbug und eine Konstruktion ist. (Demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Schweitzer.)

Überhaupt: Sollte man nicht in der jetzigen, in dieser emotionalisierten Atmosphäre auch darüber nachdenken, wie präventiv und sehr wirkungsvoll die DNA-Analyse und der Mundhöhlenabstrich sind? Ich persönlich hätte kein Problem damit, wenn dieser Personenkreis erweitert werden würde.

Herr Abgeordneter Kier! Die Löschungsmöglichkeit besteht für jeden. Jeder hat die Möglichkeit und auch das verbriefte Recht, daß seine erkennungsdienstlichen Daten gelöscht werden, wenn zweifelsfrei ist, daß er mit der Straftat, die ihm unterstellt wurde, nichts zu tun hat. – Ich meine also, damit kann aufgezeigt werden, daß die diesbezüglichen Argumente überhaupt nicht stimmen.

Wie wichtig die DNA-Analyse ist, sieht man daran, daß wir mit der DNA-Analyse in den letzten eindreiviertel Jahren immerhin vier Morde, 17 Vergewaltigungen, 256 Einbruchdiebstähle und eine Vielzahl anderer Straftaten geklärt haben. Darum glaube ich, daß all diese Veränderungen, die in der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle beinhaltet sind, sehr wichtig und notwendig sind und mit zu mehr Rechtsstaatlichkeit in Österreich beitragen, aber auch zu einer erhöhten Sicherheit für unsere Bevölkerung. In diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte.

17.43

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! In aller Kürze (demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Schweitzer) zwei, drei Anmerkungen zu diesem Sicherheitspolizeigesetz.

Für mich wäre es eigentlich unverständlich, wenn Abgeordnete des Hohen Hauses dieser Gesetzesvorlage und insbesondere der DNA-Analyse nicht die Zustimmung erteilen würden. Mich würde das Abstimmungsverhalten des Abgeordneten Jung interessieren, der hier in seinem Debattenbeitrag mit keinem einzigen Satz inhaltlich auf das SPG eingegangen ist. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Das war meiner Meinung nach ein absoluter Skandal. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) – Ich kann mich mit Ihnen inhaltlich nicht auseinandersetzen, weil Sie dazu nichts gesagt haben.

Meine Damen und Herren! Zur DNA-Analyse möchte ich ein Beispiel bringen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Jung und Mag. Schweitzer.) – Hören Sie zu, denn das ist nicht ganz uninteressant. Sie haben ja den Gesetzestext sicherlich nicht gelesen.

Ein Beispiel zur DNA-Analyse: Am 30. September 1998 wurde eine 73jährige Frau in ihrem Einfamilienhaus in Zirl, Tirol, brutal ermordet. Bei der Spurensicherung konnte unter den Fingernägeln der Toten DNA-geeignetes Material sichergestellt werden. Hinweise auf den mutmaßlichen Täter gab es damals noch nicht.

Zwei Monate nach diesem Mord – am 26. November 1998 – wurde ein polnischer Staatsangehöriger wegen gewerbsmäßigen Diebstahls festgenommen, und es wurde auch ein Mundhöhlenabstrich gemacht. Der polnische Staatsangehörige wurde dann ohne weitere Verdachtsmomente nach Polen abgeschoben. Einen Monat später – also Ende des Jahres 1998 – lag das Ergebnis der DNA-Analyse vor, und es konnte jener Pole, der vorher überhaupt nicht im Verdacht gestanden war, diesen Mord begangen zu haben, eindeutig als Täter überführt werden, und auch die beiden Mittäter konnten festgenommen werden.

Ich habe mit den Beamten, die diese Amtshandlung durchgeführt haben, gesprochen. Sie haben gesagt, ohne die DNA-Analyse wäre es absolut unmöglich gewesen, diesen Mord aufzuklären. – Daher ist es positiv, daß diese hervorragende Möglichkeit heute auf eine gesetzliche Basis gestellt wird. Dazu bekennen wir uns, und wir sind froh darüber, daß diese Gesetzesvorlage heute hier zur Diskussion steht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich sehe, meine Redezeit ist schon bald abgelaufen. Es ist erfreulich, daß die DNA-Analyse heute gesetzlich geregelt wird, aber es ist auch erfreulich, daß die Sicherheitsakademie beschlossen ist, damit die SPÖ-Innenminister nicht immer umsonst Spatenstiche machen. So ist also der Spatenstich gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zum Abschluß kommend: Wir sind während dieser Legislaturperiode immer hinter dem Innenminister gestanden und haben ihm den Rücken gestärkt; nicht ganz so war es aber bei einigen Abgeordneten der SPÖ gegenüber unseren Ministern. So war es auch in letzter Zeit in der Causa Schwaz, wo Minister Farnleitner permanent geprügelt und madig gemacht wurde. Ich möchte dazu, weil es gerade gut paßt, ein Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Schwaz an Minister Farnleitner verlesen, das am 14. Juli 1999 eingelangt ist. (Abg. Lafer: Ein roter oder schwarzer Bürgermeister?) Hier heißt es:

Sehr geehrter Herr Minister! Zuerst ein kurzer Bericht über die Situation: Die Lage ist unverändert ernst. Mit einem Großereignis ist jederzeit zu rechnen. Deshalb ist die Evakuierungsmaßnahme auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Die Zusammenarbeit zwischen den Stellen des Ministeriums und des Landes funktioniert sehr gut, und ich bedanke mich für die Unterstützung Ihrer Experten. Unser gemeinsames Ziel muß es sein, die Sicherheit der Bevölkerung zu erreichen und den Betroffenen alle Hilfe zukommen zu lassen, die möglich ist. Die Ursachenanalyse ist nicht unsere wichtigste Aufgabe: Im Vordergrund steht die Bewältigung der Katastrophe. Für mich ist aber klar, daß die Wiederaufnahme des Bergbaubetriebes erst dann wieder möglich ist, wenn alle Expertengruppen zu einer einheitlichen Lagebeurteilung kommen. Mit freundlichen Grüßen – Bürgermeister Hans Lintner. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß auch bei diesen schwierigen Sicherheitsfragen Fairneß gegenüber unseren Ministern vorhanden ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Herr Abgeordneter, Sie haben insgesamt noch 12 Minuten zur Verfügung und wollen die Uhr auf 3 Minuten gestellt haben. – Bitte.

17.48

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich bedauerlich, daß dieses so wichtige Gesetz in einer Ho-Ruck-Aktion und am letzten Sitzungstag dieser Gesetzgebungsperiode im Hohen Hause beschlossen wird, vor allem auch deshalb, weil ja im Innenausschuß keine wirkliche Diskussion möglich war.

Herr Bundesminister! Es war wirklich so, daß bei Beginn der Beratungen des Innenausschusses die Abgeordneten eine völlig neue Vorlage bekommen haben. Es ist natürlich notwendig, diese entsprechend zu studieren und durchzuarbeiten. Die Stellungnahme des Herrn Bundesministers auf die ersten Wortmeldungen hat ja auch gezeigt, wie notwendig und wichtig es gewesen wäre, darüber eine umfassende Diskussion zu führen. Ich bedauere, daß es in dieser wichtigen Materie nicht dazu gekommen ist.

Die Position der Liberalen hat Kollege Kier klar dargestellt. Ich meine, daß es wirklich notwendig ist, eine Korrektur zu dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz vorzunehmen, weil es in vielen Fällen zu weitgehend ist, die Ermächtigungen gehen zu weit. Es gibt eine unzureichende gesetzliche Bestimmung – vor allem in bezug auf die Fragen der DNA-Analyse, der Sicherheitsüberprüfungen und so weiter.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Moser, Partnerinnen und Partner

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage 1419 d. B., in der Fassung des Ausschußberichts 2023 d. B. über ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz – und viele andere Gesetze – geändert werden (SPG-Novelle 1999), wird wie folgt geändert:

Artikel I

1. In Ziffer 4 wird dem § 15a Abs. 1 ein weiterer Satz hinzugefügt:

§ 15a Abs. 1, letzter Satz: "Diese Verbesserungen sind in angemessener Frist umzusetzen."

2. In Ziffer 5 werden § 15b Abs. 1 letzter Satz, § 15 Abs. 2, letzter Halbsatz sowie § 15c Abs. 1, erster Satz geändert und lauten:

§ 15b Abs. 1, letzter Satz: "Diese endet durch Ablauf der Funktionsperiode oder durch Verzicht oder Tod des Mitglieds."

§ 15b Abs. 2, letzter Halbsatz entfällt. – Dabei geht es darum, den Menschenrechtsbeirat effizienter und wirkungsvoller zu gestalten.

§ 15c Abs. 1, erster Satz: "Der Menschenrechtsbeirat ist ermächtigt, jede Dienststelle der Sicherheitsexekutive und jeden Ort der Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Sicherheitsexekutive durch eine Delegation oder eine Kommission unangemeldet zu besuchen."

3. Ziffer 7 entfällt. – Das betrifft den Bereich der erweiterten Schleierfahndung.

4. In Ziffer 8 werden dem § 35a folgende Absätze 5 und 6 angefügt, welche lauten:

§ 35a Abs. 5: "Jeder Staatsbürger hat das Recht, sich einen Identitätsausweis ausstellen zu lassen, unabhängig davon, inwieweit er bereits über andere Ausweise, wie Paß, Personalausweis, Führerschein und so weiter verfügt." – Die Festlegungen im Gesetz sind ja nur auf eine bestimmte Personengruppe ausgerichtet.

§ 35a Abs. 6: "Für die Ausstellung eines Identitätsausweises werden vom Antragsteller keine Bundesverwaltungsgebühren eingehoben."

5. In Ziffer 19 wird der § 53 Abs. 3 geändert und lautet:

§ 53 Abs. 3a: "Die Sicherheitsbehörden sind berechtigt, von den Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste Auskunft über Stammdaten eines bestimmten Anschlusses zu verlangen, wenn sie diese Daten als wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder die Abwehr eines unmittelbar bevorstehenden gefährlichen Angriffs benötigen. Die Auskunft hat sich auf Namen, Anschrift und Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses zu beschränken."

6. Die Ziffer 21 entfällt. – Das ist die Frage der Sicherheitsüberprüfung.

7. Die Ziffern 23 und 26 entfallen. – Das ist die DNA-Analyse, weil wir meinen, daß dies in einem eigenen Gesetz festgelegt und bestimmt werden soll.

*****

Meine Damen und Herren! Das waren die Gründe und unsere Vorschläge für Abänderungen, für Korrekturen. Es gibt zwei Punkte in dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, denen wir Liberalen die Zustimmung geben werden; daher haben wir auch getrennte Abstimmung verlangt.

Der eine Punkt ist die Einrichtung der Sicherheitsakademie. Herr Bundesminister! Wir sind froh darüber, daß es diese Ausbildungsstätte geben wird. (Abg. Mag. Schweitzer: Das Licht leuchtet schon!) Wir erwarten von Ihnen, daß es eine offene – bildungspolitisch offene – Ausbildungsstätte wird und daß auch der Zugang von außen gewährleistet ist, damit die Ausbildung der Exekutive auf der Grundlage moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse durchgeführt wird.

Der zweite Punkt betrifft das erweiterte Betretungsverbot. Das ist eine sehr wichtige Ergänzung zu den bestehenden Bestimmungen, um Gewalt in der Familie eindämmen und einschränken zu können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordneten Moser vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.53

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gemeindewachkörper sind sicherlich nicht die Causa prima der Nation, aber es ist eine schöne Sache, daß wir auch dieses Problem jetzt endgültig gelöst haben. Das ist ein großer Vorteil für jene kleinen Orte, die Gemeindewachkörper haben. Sie haben jetzt ein Mehr an Sicherheit, das sie sehr gut brauchen werden können. Hiebei kommt dem Sicherheitsdirektor eine wichtige Stellung zu. Ich bin sehr froh darüber, daß der niederösterreichische Sicherheitsdirektor Hofrat Zeipelt ein Freund der Gemeindewachkörper ist. Ich appelliere an alle anderen Bundesländer, daß ihre Einstellung auch eine ähnliche sein möge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch ganz besonders meinem Vorsitzenden im Innenausschuß, Toni Leikam, am Ende dieser Legislaturperiode für die angenehme Arbeit im Innenausschuß und für die Kollegialität, die dort herrscht, ein Danke sagen. Letztendlich spiegelt sie jene Kollegialität und Kameradschaft wider, die auch in der Exekutive zu Hause ist.

Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Gelegenheit aber auch dazu nützen, jetzt folgendes zu sagen: Es ist hier heute so viel vom "Polizeistaat" gesprochen worden. – Ich habe diesbezüglich die Nase voll!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine Ungeheuerlichkeit, immer wieder von einem "Polizeistaat" zu reden. Ja, haben wir denn einen Polizeiminister? Haben wir Schergen als Exekutivbeamte? Oder was spielt sich hier eigentlich ab? – Das ist eine Ungeheuerlichkeit! Und wir werden es den Menschen draußen sagen, wie man hier im Parlament über die Exekutive urteilt und mit ihr umgeht. Das ist einfach nicht mehr auszuhalten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im übrigen möchte ich noch am Schluß meiner Rede – meine Redezeit ist relativ knapp – folgendes anbringen: Ich bekenne mich ausdrücklich zur "Aktion Fairness", meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade auch ich als Unternehmer bekenne mich zur "Aktion Fairness", weil ich meine, daß genau in unseren Kreisen die Grundwerte Gleichheit und Solidarität eine wichtige Funktion haben. Es ist hier eine Werte- und keine Sachdiskussion. Und zu diesen Werten sollten wir uns bekennen! Ich bin überzeugt davon, daß im Sinne einer guten österreichischen Tradition die Sozialpartnerschaft die "Aktion Fairness" einer guten Lösung zuführen wird.

Ich schließe mit dem Dank an die Exekutive, an alle Beamten in ganz Österreich. Ich schließe mit dem Dank an Minister Schlögl, der auch hier sehr, sehr gut agiert hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.55

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Bezug nehmend auf das Sicherheitspolizeigesetz beziehungsweise auf seine Novellierung möchte ich schon festhalten, daß darin Punkte enthalten sind, die für die Exekutive unbedingt notwendig und wichtig sind. Das ist auch die Meinung der Freiheitlichen. Auf der einen Seite geht es uns jedoch zu wenig weit, und auf der anderen Seite muß man das aber auch akzeptieren, Kollege Kiss und Kollege Platter, wenn man hier die Möglichkeit hat, das Wort zu ergreifen. Ich frage Sie: Wie geht man hier eigentlich wirklich mit der Opposition um? Die letzte Sitzung des Innenausschusses, was die Frage des Abänderungsantrages betroffen hat beziehungsweise betrifft, war eine Katastrophe! So geht man nicht mit der Opposition um! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn Sie hier keine klaren Verhältnisse haben, werden Sie die Zusammenarbeit mit uns relativ schwer finden.

Herr Kollege Kiss, Sie haben sich ja vorhin absolut zur erweiterten Gefahrenerforschung bekannt. Meine Kollegin Dr. Partik-Pablé hat schon angeführt, wie wichtig das ist. Auch der Herr Bundesminister hat erklärt, daß die erweiterte Gefahrenerforschung insoferne wichtig ist, als ja nach der jetzigen Rechtsgrundlage Beobachtungen erst dann durchgeführt werden können, wenn die Taten bereits kriminell sind. Das heißt, im Vorfeld kann die Exekutive nicht tätig werden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Lafer, Jung und Kollegen betreffend "erweiterte Gefahrenerforschung"

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort nach Beginn der neuen Legislaturperiode des Nationalrates eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der das Sicherheitspolizeigesetz dahin gehend geändert wird, daß die Sicherheitsbehörden zu einer erweiterten Gefahrenerforschung ermächtigt werden, wenn im Hinblick auf konkrete Anhaltspunkte mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß von Menschen oder von einer Gruppe von Menschen eine mit schwerer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbundene Kriminalität ausgehen wird. Gleichzeitig muß für diese erweiterte Kompetenz der Sicherheitsbehörden eine ausreichende parlamentarische und Rechtsschutzkontrolle sichergestellt werden."

*****

Herr Kollege Kiss! Jetzt werden wir sehen, inwieweit Sie Ihr Wort ernst nehmen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist die Nagelprobe für den Kiss! Wie reden Sie sich da raus? Auf das bin ich neugierig!)

Hier können Sie beweisen, ob Sie zur erweiterten Gefahrenerforschung stehen oder nicht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Freund. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.58

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte grundsätzlich bemerken, daß es natürlich wichtig ist, daß wir unserer Bevölkerung auch weiterhin Sicherheit und Stabilität gewährleisten. Es ist erfreulich, daß die Kriminalitätsrate in Österreich zurückgeht und daß die Aufklärungsquote steigt. Dazu braucht unsere Exekutive wichtige und wirksame Mittel und Instrumentarien, um eben auch für die Zukunft gerüstet zu sein. Durch dieses Sicherheitspolizeigesetz werden wichtige Maßnahmen zur effizienten Aufklärung von Verbrechen durch die österreichische Exekutive beschlossen. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine der wichtigsten ist sicherlich die rechtliche Absicherung der DNA-Analyse. Es ist daher auch meiner Meinung nach dringend notwendig, das sozusagen auf rechtliche Beine zu stellen, um einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Verbrechensbekämpfung zu leisten.

Darüber hinaus meine ich auch, daß diese Novelle in der Richtung sehr wichtig sein wird, daß die Gemeindewachkörper in der Sicherheitsverwaltung verankert werden. Damit können alle personellen Ressourcen, die im Bereich der Sicherheit zur Verfügung stehen, voll ausgenützt werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Geschätzter Herr Bundesminister! Vor einigen Wochen war ich gemeinsam mit unserem Sicherheitssprecher Paul Kiss beim Gendarmerieposten in Schärding. Dort wurden wir mit folgendem Problem konfrontiert: Neben der üblichen Gendarmerietätigkeit haben die Beamten auch noch den Vollzug zu machen, was die Schubhäftlinge betrifft; diese müssen dort übernommen werden. Alle Personen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden, werden am Gendarmerieposten Schärding abgeliefert und dort müssen die notwendigen Maßnahmen getroffen werden. Das heißt: Vorführung vor der Behörde, Anzeigenerstattung, erkennungsdienstliche Behandlung, Eskortierung in die Gefangenenhäuser, in die Asylheime, zu den Flughäfen oder zu den sonstigen Grenzübergängen an der EU-Außengrenze.

In den letzten Jahren wurden an die 5000 Personen fremdenpolizeilich behandelt. Es gab eine Aufsystemisierung, aber es wurden wieder Beamte abgezogen, und zwar zu den Grenzübergängen nach Wullowitz und ins Mühlviertel. Und das ist einfach nicht einzusehen. Um effiziente Möglichkeiten zu haben, müssen dort Beamte zur Verfügung stehen. Ich möchte Sie wirklich ersuchen, geschätzter Herr Bundesminister, dafür Sorge zu tragen, daß der ursprüngliche Zustand ehebaldigst wiederhergestellt wird und daß wieder mehr Beamte zur Verfügung gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzter Herr Bundesminister! Ich möchte auch noch folgendes Problem anschneiden, und zwar gibt es Gendarmerieposten, für die nur ein Dienstfahrzeug zur Verfügung steht. Dort müßte unbedingt ein zweites Fahrzeug angeschafft werden, auch wenn es nur ein gebrauchtes ist, damit Abhilfe geschaffen wird und eine bessere Effizienz gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne begrüße ich die Veränderungen im Sicherheitspolizeigesetz und werde diesem natürlich gerne zustimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile Herrn Abgeordneten Lackner das Wort. 1 Minute freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.02

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lackner, Kopf, Dr. Feurstein und Genossen betreffend Sicherstellung der Erreichbarkeit von Gemeinden in Katastrophenfällen, eingebracht zum Tagesordnungspunkt 24; Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1479 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 1998) (2023 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird ersucht, zur ehebaldigsten Wiederherstellung einer wintersicheren Erreichbarkeit der Gemeinde Brand unverzüglich beizutragen und darüber hinaus zu prüfen, ob Maßnahmen, die der Sicherstellung der Erreichbarkeit von Gemeinden auch in Katastrophenfällen dienen (über den Sonderfall Brand hinaus), insbesondere gesetzliche Änderung, erforderlich sind.

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

18.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordneten Lackner verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Großruck das Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.04

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein bekanntes österreichisches Schlagerlied der Ersten Allgemeinen Verunsicherung lautet: "Das Böse ist immer und überall."

Wenn man die Haltung der Grünen und Liberalen zu diesem Thema sieht, so dürfte das deren Lieblingslied sein. Aber Sie vermuten das Böse nicht auf der Täterseite, sondern bei jenen, die eigentlich das Böse bekämpfen sollen, nämlich bei der Exekutive. Ansonsten kann ich mir verschiedene Debattenbeiträge und Verhaltensweisen von Ihnen nicht erklären. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Kier ist jetzt nicht im Saal, aber ich rede jetzt mit ihm so, als ob er fiktiv hier herinnen wäre. Herr Abgeordneter Kier, Hand aufs Herz: Sie glauben doch selbst nicht, daß Sie bei diesen Zusatzanträgen und bei diesen Ergänzungen im Ausschuß überfordert gewesen sind – gerade Sie, der zu jedem Tagesordnungspunkt drei oder vier Mal herauskommt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Jung.) Für mich sind Sie, Herr Abgeordneter Kier, nach Johann Wolfgang Goethe das letzte Allroundgenie, das wir noch haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Da sind Sie doch nicht überfordert gewesen, sondern das war eine Wahlkampfmasche. Sie haben den Auszug provoziert, denn gleichzeitig sind Sie auch aus dem Sozialausschuß ausgezogen, um das nötige Medienecho zu haben. Das haben Sie aber leider – für Sie: leider – nicht bekommen. Aber das ist gut so. Denn im Ausschuß wurde sehr wohl – und wird auch heute hier im Plenum – im Rahmen dieses erweiterten Sicherheitspolizeigesetzes vor allem auch die Rechtsstellung in bezug auf die DNA-Analyse beschlossen. (Abg. Mag. Barmüller hält ein Exemplar der Geschäftsordnung in die Höhe.)

Ich möchte den Grünen und Frau Abgeordneter Stoisits sehr herzlich zu ihrem Experten, zu Herrn Universitätsprofessor Dr. Bertel gratulieren. Ich kann mir jedoch vorstellen, daß Frau Stoisits nicht ganz zufrieden war mit dem, was uns Herr Dr. Bertel gesagt hat. Er hat nämlich objektiv, ohne ein Gefälligkeitsgutachten oder ein Wunschgutachten zu bringen, das Massenscreening und die DNA-Analyse trotz Suggestivfrage, ob das nicht gefährlich, ob das nicht demokratiepolitisch bedenklich wäre, verteidigt und gesagt, daß das die beste Lösung sei, die wir momentan haben, um eben genetische Fingerabdrücke zu bekommen.

Herr Dr. Bertel hat gesagt, daß er für das Massenscreening ist, denn überlegen Sie sich, so Dr. Bertel weiter: Wenn in einem Gebiet ein Verbrechen passiert, ist jeder der potentielle Täter. Jeder schaut den anderen an, und jeder fühlt sich als Betroffener. Mit Massenscreenings können jene, die unschuldig sind, sichergestellt beziehungsweise der Verdächtigung entzogen werden. – Auch unter diesem Aspekt sind DNA-Analyse und Massenscreening als ganz hervorragend zu bezeichnen (Beifall bei der ÖVP), wie übrigens auch Universitätsprofessor Dr. Scheitauer, der von den Koalitionsparteien eingeladen wurde, in ganz hervorragender Weise – und ich hoffe, für jeden verständlich – die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit dieser DNA-Analyse erklärt hat. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, zum Schluß kommend: Notwendig ist – wir installieren diesen heute auch rechtlich – der sogenannte Menschenbeirat, pardon Menschenrechtsbeirat, denn, Frau Langthaler, Sie werden entschuldigen, wenn man sich einmal verspricht, ist das zutiefst menschlich. (Abg. Ing. Langthaler: Nein, auch mehrmals!) Geben Sie mir recht? Okay. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Ja, gut!)

Auch ich habe gestern Ihren Ausführungen bei Ihrer Abschiedsrede zutiefst menschlich gelauscht. (Abg. Ing. Langthaler: Vorgestern!) – Vorgestern. (Abg. Böhacker: Schon wieder ein Irrtum!) – Schon wieder ein Irrtum. Errare humanum est, heißt es so schön.

Meine Damen und Herren! Dieser Menschenrechtsbeirat ist notwendig, um die vermehrten Befugnisse, die die Exekutive bekommt, auch entsprechend kontrollieren zu können. Deshalb auch ein Ja, ein absolutes, ein sinnvolles Ja zu dieser Installierung. Ich hoffe nur, daß dieser Beirat objektiv agiert und auch für den Bürger entsprechend aktiv wird. (Beifall bei der ÖVP.)

18.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.08

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In wenigen Minuten Redezeit möchte ich zum Thema Sicherheitsakademie sprechen. Was sehr lange währt, wird nun schlußendlich gut. Die Österreichische Volkspartei ist für die Sicherheitsakademie, weil wir für die Sicherheit Österreichs, unseres Landes nie genug tun können. Die Sicherheitsakademie hat schon unter den einzelnen Ministern, angefangen von Minister Löschnak über Einem bis zu Schlögl, verschiedene Spatenstiche und Grundsteinlegungen hinter sich. Jetzt ist es endlich so weit, meine Damen und Herren. Jetzt bekommen wir die Sicherheitsakademie, und das Ziel ist klar: Wir wollen eine der Anforderung der polizeilichen Arbeit gerechte Ausbildung auf höchstem Niveau, und das wollen wir mit der Einrichtung der Sicherheitsakademie sicherstellen.

Fünf Positionen zur Situation der Exekutive: Zum einen sind bei der Exekutive die Ansprüche an den einzelnen Beamten beträchtlich gestiegen. Der Beamte ist auch insbesondere hinsichtlich seines Konfliktlösungspotentials gefordert. Meine Damen und Herren! Alle Polizei- und Gendarmeriebeamten stehen Tag für Tag, auch während der Nacht und an Sonn- und Feiertagen unter enormem Entscheidungsdruck. Es wird weiters gefordert, daß sie dem Gesetz entsprechend handeln. Neben Problem- und Konfliktlösungskompetenz wird auch soziale Kompetenz verlangt. (Beifall bei der ÖVP.) – Danke vielmals. Dies alles angesichts einer immer höher werdenden Gewaltbereitschaft von Kriminellen, auch organisierter internationaler Kriminalität.

Herr Bundesminister! Ein Appell an Sie, an Ihre Verantwortung: Wir werden besonderes Augenmerk darauf richten, was Sie mit jener Verordnungsermächtigung, die wir heute erteilen, tun werden. Wir werden sehr genau beobachten, in welcher Zeit und in welchen Organisationsstrukturen Sie die Sicherheitsakademie errichten, wie objektiv der Zugang zur Ausbildung und wie objektiv die Aufnahmekriterien für Schüler und Lehrpersonen sein werden.

Zum Schluß, meine Damen und Herren: Mit dieser gesetzlichen Grundlage für die Sicherheitsakademie verschaffen wir möglichst vielen Exekutivbeamten und Sicherheitsbeauftragten den Zutritt zu dieser Einrichtung und somit Österreich eine Exekutive mit höchstem Ausbildungsgrad und internationalem Wissensstand. Die Österreichische Volkspartei stimmt der Durchsetzung dieses ihres Anliegen selbstverständlich zu. (Beifall bei der ÖVP.)

18.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Matthias Achs. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.12

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit der neuen Sicherheitspolizeigesetz-Novelle wird ein weiterer Schritt in Richtung mehr Schutz für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gesetzt. Ich kenne keinen anderen Bereich, der so sensibel wie eben der Sicherheitsbereich ist.

In den letzten zehn Jahren ist in Europa ein System zugrunde gegangen, sind Grenzen und Mauern gefallen. Wir haben natürlich gewußt, daß diese großartige Veränderung auch Risken für uns mit sich bringen wird. Heute, nach zehn Jahren, kann gesagt werden, daß wir diese Risken gemeistert haben. Und wenn heute Österreich zu den sichersten Ländern der Welt zählt, dann, muß ich sagen, kommt das nicht von ungefähr. Ich glaube sagen zu dürfen, daß wir schon vor zehn Jahren die Zeichen der Zeit erkannt, daß wir damals schon die Weichen für die Zukunft gestellt haben, als der damalige Innenminister Franz Löschnak vom Parlament diese "Sicherheitsmilliarde" bekommen hat, um mehr Personal beschäftigen und die Exekutive besser ausrüsten zu können. Diese positive Entwicklung hat sich bis zum jetzigen Innenminister Karl Schlögl fortgesetzt.

Ich glaube, daß wir heute dafür danken sollen. Ich möchte dem Herrn Innenminister, aber auch allen österreichischen Exekutivbeamten für ihre Arbeit sehr, sehr herzlich danken. (Beifall bei der SPÖ, bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Liberalem Forum. )

Wenn man nach zehn Jahren hier im Parlament sagen kann, daß man bei dieser positiven Entwicklung auch dabei war, so kann man natürlich stolz und zufrieden sein.

Da das heute meine letzte Rede hier im Nationalrat ist, möchte ich mich auch bedanken: Ich bedanke mich bei meinem Klub, Herr Klubobmann Kostelka, bei allen Abgeordnetenkollegen, ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Klubs für die stets korrekte Begegnung und auch für die gegenseitige Respektierung. Auch beim Herrn Innenminister möchte ich mich selbstverständlich bedanken.

Ihnen allen, meine Damen und Herren, wünsche ich für die weitere Zukunft alles Gute. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und Zufriedenheit, und ich wünsche jenen Abgeordnetenkollegen, die dem neuen Nationalrat wieder angehören werden, daß sie eine gute Hand haben bei der Führung unserer gemeinsamen Heimat, der Republik Österreich.

Ganz zum Schluß, meine Damen und Herren, hat ein burgenländischer Roter noch das Bedürfnis, dem Klubpräsidium, dem Herrn Innenminister, aber auch allen Klubvorsitzenden einen gehaltvollen und kräftigenden burgenländischen Rotwein zu überreichen. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Achs beginnt mit Unterstützung von Abg. Dunst mit der Verteilung von Weinflaschen.)

18.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Achs! Mein herzlicher Dank ist nicht darin begründet, daß Sie mich jetzt mit einer Flasche burgenländischen Weins beglücken (Ruf bei der SPÖ: Sie haben ja noch nichts gekriegt!), sondern ich möchte mich bei Ihnen auch für die Diskussionsbeiträge, die Sie in diesem Hause gehalten haben, bedanken. Ich wünsche Ihnen viel Glück für Ihren weiteren Lebensweg. Sie sind ein erfolgreicher Bürgermeister und scheiden ja nicht aus der Politik aus. Außerdem möchte ich sagen: Sie, Herr Abgeordneter Achs, waren auch ein Repräsentant einer gewissen Geselligkeit hier, etwas, was auch in diesem Hause sehr wichtig ist. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Verzeihen Sie, Frau Kollegin Dunst, aber vielleicht könnten wir die Verteilungsaktion ans Ende dieser Plenarsitzung verlagern. (Heiterkeit.)

Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung vor, und zwar die des Herrn Abgeordneten Kopf. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der SPÖ: Auch eine Abschiedsrede? – Abg. Kopf – auf dem Weg zum Rednerpult –: Freu dich nicht zu früh!)

18.17

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die Vorarlberger Gemeinde Brand wurde von den Naturkatastrophen, die unser Bundesland in den letzten Monaten zu erleiden hatte, ganz besonders hart getroffen. Mein Kollege Lackner von der SPÖ hat ja bereits einen Entschließungsantrag eingebracht, der darauf abzielt, dieser Gemeinde Brand rasch, und zwar über das übliche Ausmaß hinaus, zu helfen. Die einzige Zufahrtsstraße zu diesem Ort ist im Zuge von Naturkatastrophen abgerutscht, sodaß dieser Tourismusort derzeit nicht erreichbar ist, was natürlich für diese Tourismusgemeinde immensen wirtschaftlichen Schaden darstellt.

Ich möchte mich von dieser Stelle aus recht herzlich bei allen, die an diesem Entschließungsantrag und vor allem an den Gesprächen mit dem Finanzminister mitgewirkt haben, recht herzlich bedanken. Kollege Lackner und Kollege Feurstein haben, natürlich unter Mithilfe meines Klubobmannes Andreas Khol, sehr maßgeblich daran mitgewirkt, daß diese Zusage gegeben werden konnte; für die Gemeinde Brand, eine, wie gesagt, existentiell wichtige Angelegenheit.

Dazu kommt, daß es bereits eine Zusage für eine darüber hinausgehende Sonderfinanzierung für ein Seilbahnprojekt gibt, das noch im Detail definiert werden muß und das diese Gemeinde künftig von der Straßenverbindung unabhängig machen soll. Auch diesbezüglich besteht weitgehend Einigkeit.

Ich bedanke mich auch bei allen, die sich darum bemüht haben – über alle Parteigrenzen hinweg –, recht herzlich dafür, vor allem im Namen der Gemeinde Brand, für die dieses Projekt wirklich überlebenswichtig ist. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung ist nicht verlangt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Gesetzentwurf in 2023 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Leikam, Kiss und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben gleichfalls Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge eingebracht.

Es liegt auch ein Verlangen des Abgeordneten Dr. Kier auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über jene Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen, die von den Zusatz- und Abänderungsanträgen betroffen sind, und nachher über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Verfassungsbestimmungen, sodaß ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten feststelle.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung hinsichtlich Artikel I Ziffer 2, Ziffern 10 bis 15 sowie 29 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 15a Abs. 1 eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dem zustimmt, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist mehrheitlich angenommen, wobei ich ausdrücklich feststelle, daß die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I §§ 15b und 15c Abs. 1 sowie Ziffern 7, 19 und 23 eingebracht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dieser Teil ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Leikam, Kiss und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffern 6, 24 und 34 sowie Artikel IX Ziffer 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Abänderungsantrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel I Ziffer 8 eingebracht.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Zusatzantrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Streichung von Artikel I Ziffern 20, 36 sowie Artikel III und Artikel VI eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen sowie die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben je einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung von Artikel I § 55a Abs. 2 Ziffer 3 vorsieht.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Leikam, Kiss und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend diesen Teil des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Abänderungsantrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen sowie die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben je einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung auch der restlichen Teile von Artikel I § 55a und 55b samt Überschriften zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Es erübrigt sich damit auch die Abstimmung über die beantragte Änderung der Paragraphenbezeichnung.

Ich lasse nun über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Streichung von Artikel I § 55c samt Überschrift sowie des Einleitungssatzes der Ziffer 21 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Streichung von Artikel I Ziffer 26 § 67 Abs. 1 eingebracht.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend diesen Teil des Gesetzentwurfes eingebracht.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil in der Fassung des Ausschußberichtes ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben auch einen Abänderungsantrag betreffend die restlichen Teile der Ziffer 26 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Entwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 30a sowie die entsprechende Einfügung im Inhaltsverzeichnis in Artikel I eingebracht.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Zusatzantrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 38 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Leikam, Kiss und Genossen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 38 eingebracht.

Wer dem zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Dieser Abänderungsantrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Leikam, Kiss und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 39a in Artikel I eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Zusatzantrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 40 eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist mehrheitlich angenommen, wobei ich ausdrücklich das Vorhandensein der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit feststelle.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich, wieder bei Vorliegen der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend "erweiterte Gefahrenerforschung".

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Lackner, Kopf und Genossen betreffend Sicherstellung der Erreichbarkeit von Gemeinden in Katastrophenfällen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entschließungsantrag ist mehrheitlich angenommen. (E 214.)

25. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1913 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (1972 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Ich erteile Frau Abgeordneter Madl als erster Rednerin das Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.31

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert werden soll, stellt an und für sich nur eine Anpassung an das jetzt gültige Schulorganisationsgesetz vor und ist auf den ersten Blick keine große Sache, weil es sich eben, wie gesagt, um eine Anpassung handelt.

Aber wenn man sich den § 12, nämlich die Aufnahmevoraussetzungen, näher ansieht, sieht man, daß dort, und zwar unter Ziffer 1, steht, daß die Aufnahmevoraussetzung für diese forstwirtschaftlichen Bundesschulen ein positives Zeugnis der 4. Klasse Hauptschule sein soll, und zwar wird bei mittleren Leistungsgruppen, wenn sie mit einem "Gut" beurteilt werden, noch eine normale Aufnahme gewährleistet wird, aber bei einem "Befriedigend" muß schon die Klassenkonferenz bemüht werden, um dem Schüler eine Aufnahme zu ermöglichen.

Wenn man aber unter der Ziffer 2 nachsieht, merkt man, daß auch das Zeugnis über den erfolgreichen Abschluß der Polytechnischen Schule auf der 9. Schulstufe als Aufnahmevoraussetzung zu sehen ist.

Meine Damen und Herren! Es ist also für einen Schüler, der den Polytechnischen Lehrgang besucht hat, die Möglichkeit gegeben, je nachdem, wie er abgeschnitten hat, entweder das Zeugnis der 4. Klasse Hauptschule oder das Zeugnis des Polytechnischen Lehrganges zu wählen.

Mit dieser Regierungsvorlage ist es also wiederum gelungen, den Polytechnischen Lehrgang abzuwerten, und zwar deshalb, weil eine Wahl gelassen wird: Wenn der Polytechnische Lehrgang nicht positiv abgeschlossen wird, hat der Schüler immer noch die Möglichkeit, daß Klassenzeugnis der 4. Klasse Hauptschule vorzuweisen, um dann in diese Land- und forstwirtschaftliche Schule einzutreten. Und das, meine Damen und Herren, ist ein neuerlicher Beweis dafür, daß der Polytechnische Lehrgang abgewertet wird.

Ich ersuche Sie wirklich, das zu überlegen und meinem Abänderungsantrag, den ich jetzt vortragen werde, zuzustimmen, weil es für den Lehrkörper im Polytechnischen Lehrgang schon sehr schwer ist, wenn da Schüler drinnensitzen, die mit dem Zeugnis des Polytechnischen Lehrgang absolut nichts mehr anzufangen brauchen. Es ist völlig egal, ob sie diesen Lehrgang positiv oder negativ abschließen, und für den Lehrkörper ist es nicht sehr angenehm, in diesen Schulen zu unterrichten.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Madl und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1913 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (1972 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

Z 1 wird wie folgt geändert:

§ 12 Z 1 lautet:

"§12. Voraussetzung für die Aufnahme in eine höhere land- und forstwirtschaftliche Lehranstalt ist – soweit für Sonderformen nichts anderes bestimmt ist –

1. der erfolgreiche Abschluß der 4. Klasse der Hauptschule sofern, kein Nachweis über den Besuch und den Abschluß der in Ziffer 2 genannten Schule vorliegt, wobei das Jahreszeugnis für diese Klasse in den leistungsdifferenzierten Pflichtgegenständen in der höchsten Leistungsgruppe eine positive Beurteilung oder in der mittleren Leistungsgruppe keine schlechtere Beurteilung als "Gut" enthält; die Beurteilung eines leistungsdifferenzierten Pflichtgegenstandes in der mittleren Leistungsgruppe mit "Befriedigend" steht der Aufnahme nicht entgegen, sofern die Klassenkonferenz feststellt, daß der Schüler aufgrund seiner sonstigen Leistungen mit großer Wahrscheinlichkeit den Anforderungen der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt genügen wird, oder"

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Bitte stimmen Sie diesem Abänderungsantrag zu, denn so wird der Polytechnische Lehrgang aufgewertet, und man vermeidet zum Beispiel, daß Schüler, die dem Polytechnischen Lehrgang kein Gewicht zugemessen und ihn negativ abgeschlossen haben, hiefür nicht das Abgangszeugnis der 4. Klasse Hauptschule verwenden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Madl vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Dr. Höchtl das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.35

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem kleinen, aber für diesen Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Schulen doch wichtigen Gesetz setzen wir einen der vielen Verbesserungsschritte, die im Laufe der abgelaufenen vier Jahre dieser Gesetzgebungsperiode möglich waren.

Um nur einen Satz zu den Ausführungen von Frau Kollegin Madl zu sagen: Das stellt keine Abwertung oder eine Verminderung der Chancen für die betroffenen Schüler dar, sondern durch das Zeugnis und die Voraussetzung mittels der abgeschlossenen 9. Schulstufe ist das eigentlich eine zusätzliche Möglichkeit für diese Schüler, auch noch in diese Schulen hineinzukommen. Wann immer eine Chance besteht, die Möglichkeiten für Schüler zu verbessern, sagt die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten ein Ja zu dieser Verbesserung. Ich möchte auch ausdrücklich ein Ja zu dieser Verbesserung sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum zweiten: Ich werde nicht mehr direkt zu diesem Gesetz sprechen, das noch Anpassungen in der Schulraumüberlassung, Drittmittelmöglichkeiten, die Teilrechtsfähigkeit et cetera, also all das, was wir im Schulorganisationsgesetz beschlossen haben, umfaßt, sondern ich möchte die wenigen Minuten, die mir noch zur Verfügung stehen, dazu nützen, zu sagen, daß im Laufe dieser vier Jahre etliches durch die gemeinsame, durch die konstruktive Arbeit verschiedener Abgeordneter zunächst im Unterrichtsausschuß und dann im Plenum ermöglicht worden ist.

Wir haben, da wir im Unterrichtsausschuß die Verpflichtung haben, in vielen Gesetzen eine Zweidrittelmehrheit erreichen zu müssen, die besondere Herausforderung, sehr konsensual vorzugehen. Das ist im Bildungsbereich, der ein besonders sensibler Bereich ist, meines Erachtens eine Notwendigkeit. Dadurch ist es, trotz durchaus unterschiedlicher Ausgangspunkte, gelungen, in etlichen Aspekten Fortschritte und Verbesserungen zu erzielen.

Ich möchte nur die wesentlichsten Weichenstellungen erwähnen. Es war in dieser Legislaturperiode möglich, von einer sehr zentralistischen Schulorganisation ein immer stärkeres Ja zur Schulautonomie in die Wege zu leiten – ein historischer Schritt, der in diesen letzten vier Jahren möglich wurde. Wir bekennen uns dazu, weil immer mehr Eigenverantwortung in der kleinen Einheit auch im Bildungsbereich erreicht werden soll.

Wir konnten ein Zweites erreichen: Wir haben viele Maßnahmen zur Fremdsprachenoffensive gemeinsam mit dem Unterrichtsministerium, gemeinsam mit der Frau Bundesministerin setzen und erreichen können, und zwar aus einer einzigen Überlegung heraus: Fremdsprachenkenntnisse sind in einer Zeit, in der die Wettbewerbsfähigkeit nicht nur europaweit, sondern weltweit immer notwendiger wird, eine wesentliche Voraussetzung dafür, wettbewerbsfähig zu sein beziehungsweise zu bleiben.

Ich sage sogar, es ist wirklich einzigartig – und ich danke allen Abgeordneten, die dazu ein Ja gesagt haben –, daß wir erst kürzlich beschlossen haben, daß bereits ab der 1. Klasse Volksschule den Schülerinnen und Schülern Englisch in spielerischer Form beigebracht werden soll. Das ist europaweit ein einzigartiges Experiment, und ich meine, es ist positiv, wir sollten in dieser Richtung fortsetzen. Ich glaube sogar, wir sollten erreichen, daß neben den guten Kenntnissen in der deutschen Muttersprache auch sehr gute Kenntnisse des Englischen vorhanden sind. Das schafft die Basis, das schafft die Voraussetzung dafür, daß der Jugend Österreichs auch in Zukunft volle Wettbewerbsfähigkeit im europäischen und weltweiten Raum erhalten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens: Wir haben uns sehr bemüht, auch im Bereich der Technologieoffensive – und da muß ich der Frau Bundesministerin ein besonderes Dankeschön sagen – Weichen zu stellen. Alle Bundesschulen in Österreich haben Zugang zum Internet. Ich glaube, das ist eine Errungenschaft, die noch zu wenig bekannt ist. Das ist etwas, was in konsequenter Arbeit erreicht werden konnte. Frau Bundesministerin! Wirklich recht, recht herzlichen Dank für diesen großartigen Schritt, der gesetzt werden konnte. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben im Bereich der Durchlässigkeit, wir haben im Bereich der Berufsreifeprüfung, wir haben im Bereich der Begabtenförderung Schritte gesetzt. Die kommende Legislaturperiode wird zweifellos davon gekennzeichnet sein müssen, daß wir alles daranzusetzen haben, die Qualität, die wir erreicht haben, auch zu sichern, und ich bin überzeugt davon, daß 120 000 Pädagogen in Österreich mit ihrer Ausbildung einen wesentlichen Beitrag dazu leisten werden.

Ich möchte anläßlich der letzten Bildungsdebatte in dieser Legislaturperiode folgendes sagen: Wir danken aus vollem Herzen für das Engagement dieser 120 000 Pädagogen, wir danken den Eltern, den Schülern und den Lehrern für die große Bereitschaft, die Schulpartnerschaft zu verbessern.

Als Obmann des Unterrichtsausschusses möchte ich mich am Ende dieser Gesetzgebungsperiode bei allen Mitgliedern für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken; ein besonderes Dankeschön geht an die Frau Bundesministerin: Mit dir, Frau Bundesministerin, war es möglich – manchmal auch in einer sehr konstruktiven, intensiven Diskussionsphase – das Beste für die Weiterentwicklung unserer Schulen zu erreichen.

Wir von der ÖVP sagen ein klares Ja zu dieser heutigen Gesetzesvorlage. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Redezeit 5 Minuten. – Bitte.

18.42

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Beschlußfassung zur Novelle des Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes wird heute erfolgen. Inhaltlich haben meine beiden Vorredner schon gesagt, worum es geht. Ich erspare mir daher, das noch einmal aufzugreifen; ich möchte aber auch – so wie mein Vorredner – noch kurz ergänzen, daß in dieser auslaufenden Legislaturperiode für unser Bildungswesen ganz entscheidende Dinge bewegt wurden.

Neben der erwähnten Autonomie, der Fremdsprachenoffensive und der Technologieoffensive kann man in der zu Ende gehenden Legislaturperiode doch festhalten, daß zusätzlich eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet wurde. Verständlicherweise werden Oppositionsparteien aufzählen, was alles nicht erreicht werden konnte, was noch alles notwendig ist, und ich habe auch hohes Verständnis dafür. Aber daß Regierungsvertreter sagen werden, was erreicht wurde – und ich meine, es wurde unglaublich viel erreicht –, ist auch eine Selbstverständlichkeit.

Ich setze bei dem ganz, ganz wichtigen Schritt der Realisierung und Einführung der Berufsreifeprüfung an. Es wurde dadurch der Bildungsgang für junge Menschen flexibler und durchlässiger gestaltet. Die Bildungssackgasse "Lehre" wurde endgültig beseitigt. Es ist heute tatsächlich möglich, mit Lehre Karriere zu machen. Die Berufsreifeprüfung ist darüber hinaus ein wesentlicher Bestandteil der Qualitätsoffensive für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und sie ist auch im Sinne des lebenslangen und qualifikationserweiternden Lernens ein wichtiger Schritt.

Weiters ist die Weiterentwicklung und Weiterführung der Integration für Schülerinnen und Schüler im Bereich der Sekundarstufe 1, also in der Hauptschule und in der Unterstufe der AHS, anzusprechen. Da sind wir, wie ich meine, auf einem guten Weg, wenngleich er verbessert werden kann.

Wir haben das sogenannte Frühwarnsystem gesetzlich verankert. Es war möglich, die Zahl der Repetenten geringfügig zu senken – es sind durchaus, so glaube ich, Erfolge erzielt worden –, dennoch muß gesagt werden, daß, wenn die Statistiken, die uns derzeit vorliegen, stimmen, die Zahl der "Nichtgenügend", die Zahl der zu erwartenden Repetenten für das kommende Schuljahr durchaus als zu hoch einzuschätzen ist und daß es intensiver Anstrengungen bedarf, dieses Frühwarnsystem weiterzuentwickeln, zu verbessern. Wenn wir erkennen, daß ein Schüler Schwierigkeiten hat, muß Hilfe sofort einsetzen.

Ich meine auch, daß die Berufsorientierung in der 3. und 4. Schulstufe im Bereich der Sekundarstufe 1 ein ganz wichtiger Schritt war, weil die Vorbereitung, das kollegiale Hineinführen der jungen Leute in die Berufsausbildung etwas Wichtiges ist.

Die Schulbuchaktion befindet sich meines Erachtens nach auf gutem Wege; sie sollte zu einer multimedialen Aktion weiterentwickelt werden. Wir müssen unsere Schülerinnen und Schüler vertraut machen im Umgang mit dem Computer, im Umgang mit dem Internet, mit dem Intranet. Auch Telelearning kann und soll durchaus bereits in der Schule möglich sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das ist der Schlußapplaus, Kollege Antoni!) Nein, nein, Herr Kollege Khol! Sie haben mich bei meiner letzten Rede sehr gestört; heute wird Ihnen das nicht gelingen.

Auch die – und das ist ein besonderes Anliegen unserer Fraktion gewesen – Einführung der flexiblen Schuleingangsphase ist uns gelungen. Die Schule gerade in der Schulstartphase ist kindgerechter, ist kindgemäßer geworden. (Abg. Schaffenrath: Außer bei der Leistungsbeurteilung!) Es ist möglich, noch intensiver, noch zielorientierter auf die Voraussetzungen der Schulanfänger einzugehen.

Es schmerzt uns auch, Frau Kollegin Schaffenrath, daß es leider nicht gelungen ist, eine umfassendere Reform der Leistungsbeurteilung zu diskutieren und vielleicht sogar umzusetzen. Aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend, wir werden uns auch in der nächsten Legislaturperiode intensiv dafür einsetzen. (Abg. Dr. Khol: Das Licht blinkt!)

Die Fremdsprachenoffensive wurde von Kollegen Höchtl bereits angesprochen. (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath.) Kollegin Schaffenrath, meine Redezeit ist so kurz. Meine Kolleginnen werden sich auch noch zu Wort melden; ich kann auf Zwischenrufe jetzt nicht eingehen.

Was die Fremdsprachenoffensive anlangt, meine ich – und da sind wir einer Meinung –, daß es da es noch einer Intensivierung der Lehreraus- und –fortbildung bedarf. Aber auch da sind wir dabei, die Dinge zu verbessern; Fortsetzung ist notwendig.

Ich halte nicht damit hinter dem Berg, daß das Gesetz, daß die Weiterentwicklung der Pädagogischen Akademien in Richtung Pädagogische Hochschulen eine bildungspolitische Weichenstellung ist, auf die die Sozialdemokratische Partei 72 Jahre lang gewartet hat, denn am Parteitag der SPÖ in Linz im Jahre 1927 wurde dieses Thema das erste Mal aufgegriffen. (Abg. Dr. Khol: Von Otto Glöckel!) Nach vielen intensiven, kontroversiellen Diskussionen ist es uns gelungen, das jetzt auf die Schiene zu bringen. (Abg. Dr. Khol: Die Lehrer reden immer lange!)

Die Erhöhung der Schul- und Heimbeihilfen ist uns gelungen; Projektarbeiten im Bereich der allgemeinbildenden und berufsbildenden höheren Schulen sind umgesetzt worden. Und es darf das gute, erfolgreiche Auffangnetz für Jugendliche (Abg. Dr. Khol: Der Frau Gehrer!) der Regierung – auch der Frau Gehrer – nicht übersehen werden. Lehrlingsstiftungen, Lehrgänge, Vorlehre sind umgesetzt worden.

Ich glaube daher, wir sind auf einem guten Weg, aber es sollte doch gesagt werden: Wenn es der Wirtschaft in Hinkunft nicht möglich ist – aus welchen Gründen immer, und die Gründe sind nachvollziehbar –, die erforderliche Zahl von Ausbildungsplätzen für junge Bürgerinnen und Bürger dieses Staates anzubieten, muß es erlaubt sein – das ist ein Gebot der Stunde –, über alternative Ausbildungsformen im österreichischen Schulwesen nachzudenken.

Ich komme zum Schluß – meine Lampe steht bereits auf Rot (Abg. Dr. Khol: Ist das deine Abschiedsrede?) –: Frau Bundesministerin! Ich bedanke mich für die konstruktive, teilweise kontroversielle, aber letztlich dann immer wieder zu einem Konsens führende Zusammenarbeit. Es war eine interessante Erfahrung, eine neue Erfahrung für mich. Ich danke den Beamtinnen und Beamten Ihres Ressorts, darf mich aber auch bei den Bildungs- und Schulsprechern der anderen Fraktionen, bei Kollegen Höchtl, Kollegen Schweitzer, Kollegen Öllinger und Frau Kollegin Schaffenrath bedanken. Wir haben es, glaube ich, tatsächlich geschafft, die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler in der Diskussion immer wieder in den Mittelpunkt zu stellen, auch wenn wir das eine oder das andere nicht erreichen konnten.

Herzlichen Dank – und das meine ich sehr ehrlich – all jenen Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich in der Schule, in der Klasse stehen und die verantwortungsvolle Arbeit leisten, unsere Schülerinnen und Schüler auf eine nicht einfache Welt vorzubereiten. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

18.49

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte auch diese Gelegenheit wahrnehmen, mich bei den Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Hause sehr herzlich zu bedanken.

Bildung ist das wichtigste Gut für die Zukunft. Die Ausbildung unserer Jugend ist das Wichtigste für eine positive Gestaltung der Zukunft.

Ich bedanke mich für die konstruktive Arbeit im Unterrichtsausschuß, ich bedanke mich ganz besonders auch beim Ausschußvorsitzenden Dr. Höchtl.

Ich bedanke mich bei Ihnen allen, meine Damen und Herren, daß Sie Gesetze beschlossen und dem Budget zugestimmt haben, einem Budget, mit dem ganz wesentliche Voraussetzungen für Weiterentwicklungen im Schulwesen geschaffen wurden.

Einige Zahlen dazu, und zwar zuerst zum Bereich Autonomie: 1995 mußten die Schulen die Einnahmen an den Finanzminister abliefern, 1999 können die Schulen 200 Millionen Schilling selbst verwenden. Früher mußten die Schulen wegen jeder Entscheidung fragen, heute können sie eigenständig sein, und zwar sowohl beim Budget, bei Unterrichtsschwerpunkten als auch bei Schulveranstaltungen.

Seit 1995 haben wir durch Ihre Zustimmung zum Budget 6 Milliarden Schilling für Schulbauten verwenden können und damit 10 000 neue Ausbildungsplätze geschaffen. 1995 haben 10 000 Volksschulkinder Englisch gelernt, 1999 werden es 90 000 sein. 1995 hatten wir 154 000 Schülerinnen und Schüler in den berufsbildenden Schulen, jetzt haben wir um 10 Prozent mehr.

1995 war die Lehre noch oft eine Sackgasse, jetzt haben wir 4 600 Jugendliche, die sich auf die Berufsreifeprüfung vorbereiten. Und was mich auch freut, ist, daß jetzt – 1995 gab es wenig Integration in der AHS und in der Hauptschule – 40 Prozent aller behinderten Kinder in Hauptschulen und in die AHS-Unterstufe integriert werden.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir dürfen uns über das, was wir erreicht haben, freuen. Wir dürfen aber nicht zufrieden sein. Wir haben viel gemacht, aber es gibt noch viel zu tun. Ich möchte mich aber ganz herzlich auch bei allen Lehrerinnen und Lehrern bedanken, denn sie sind das Wichtigste in der Schule. Wenn wir weiterhin in diesem Geiste arbeiten, dann wird es für die Schule, für die Bildung in Österreich auch eine gute Zukunft geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Brinek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.52

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn meine Kollegen und Kolleginnen in ihren Debattenbeiträgen oder Zwischenrufen zurückgeblickt haben, so möchte ich mir erlauben, aus der Gegenwart in die Zukunft zu blicken und sieben Punkte für die Zukunft der Bildung zu formulieren.

Punkt eins: Einer pluralen, einer differenzierten Gesellschaft entspricht ein differenziertes plurales Bildungsangebot. Jüngstes Beispiel ist das Bakkalaureat, ein immer noch aktuelles Beispiel betrifft die Fachhochschulen, und ein bereits angesprochenes Beispiel ist die Berufsreifeprüfung. Es geht in Zukunft um die Herstellung einer größeren Kohärenz.

Punkt zwei: Lernen ist eine Form der Selbstdisziplinierung unter methodisch professioneller Anleitung zum Zweck der größeren Autonomie der Menschen. Niemand kann – das sollen wir ernst nehmen – diese konstruktive Anstrengung für jemand anderen übernehmen, und niemand kann auf diese Anstrengung selbst verzichten. Jede Schülerin hat das Recht auf Förderung ihrer Begabungen und potentiellen Anlagen und Interessen, ebenso wie eine andere das Recht auf Hilfe zur Kompensation verschiedener Defizite hat.

Dritter Punkt: Es ist alles zu unternehmen, was Lernwille und Begeisterung bei den Schülerinnen wecken und fördern kann. Der Frontalunterricht gehört genauso zum adäquaten Unterricht wie die Gruppenarbeit, die Teamarbeit an einem Projekt, der Wettbewerb oder die Präsentation einer Arbeit.

Vierter Punkt: Leistungsmotivation ist die Grundsubstanz einer jeden pädagogischen Bemühung. Eine transparente Leistungsbewertung gehört dazu. Bis auf weiteres sind Noten der adäquateste Weg dazu. (Abg. Schaffenrath: Bitte, Frau Kollegin!)

Fünfter Punkt: Bei aller Lehrplanmodernisierung ist darauf Bedacht zu nehmen, sehr geehrte Frau Kollegin Schaffenrath, daß wir über das fächerspezifische Denken das Denken überhaupt lernen. Das heißt etwa, die mathematische Frage ist eine andere als die historische. Oder: Vor der Interdisziplinarität kommt die Disziplinarität.

Sechster Punkt: Allgemeinbildung und Berufsbildung stehen in einem neuen Verhältnis zueinander. Die eine Bildung kommt ohne die andere nicht aus. Schwerpunkte, jedoch keinesfalls der Verzicht dienen heutzutage der Profilierung der Schulen.

Siebenter Punkt: Der Fortschritt der Gesellschaft begründet sich aus dem Fortschritt, der durch Wissenschaft und Bildung entsteht. Dahinter verbirgt sich kein naiver Fortschrittsglaube, jedoch die Warnung vor Diskriminierung der intellektuellen Neugierde.

7a: Ich kenne keine Bildungsministerin, die sich diesen Prinzipien in einem höheren Maße verschrieben hätte als Elisabeth Gehrer. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich danke ihr für vier Jahre Partnerschaft mit dem Parlament, und ich wünsche mir eine Fortsetzung. – Wenn ich jetzt die weibliche Form verwendet habe, so halte ich fest, daß männliche Personen immer mit gemeint sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dunst. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.55

Abgeordnete Verena Dunst (SPÖ): Verehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In dieser Gesetzgebungsperiode wurden, wie wir von den Vorrednerinnen und Vorrednern schon gehört haben, viele positive Neuerungen im bildungspolitischen Bereich beschlossen. Ich möchte hier nur einige aufzählen, die mir persönlich sehr wichtig waren: Integration, Berufsreifeprüfung, Studien-, Akademiegesetz und vieles andere mehr.

Natürlich – ich möchte absolut nichts bescheinigen – gibt es auch Wermutstropfen, und einer, an dem mir sehr gelegen ist – da werde ich mich sicherlich in der nächsten Legislaturperiode sehr dafür einsetzen –, betrifft die Einführung einer alternativen Beurteilungsform im ersten und zweiten Volksschuljahr. Obwohl eine Vereinbarung mit der ÖVP bereits getroffen wurde, ist es dann letztlich doch nicht dazu gekommen. (Abg. Dr. Khol: Diese "Vereinbarung" ist lediglich ein Gerücht!) Ich bedauere das nicht nur als Sozialdemokratin, sondern es ist das vor allem gegenüber den Betroffenen, Herr Klubobmann Khol, schwierig zu argumentieren.

Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, ist die beste Investition in die Zukunft die Bildung, die Bildung unserer Jugend. Wenn ich Herrn Arbeiterkammerpräsidenten Piller dort oben sitzen sehe, so weiß ich, daß er meiner Meinung ist.

Unsere junge Demokratie braucht vor allem auch junge Menschen, die sich in einer komplizierten Welt orientieren können, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, vorbehaltlos für Demokratie, für unsere Demokratie einzutreten, aber auch auf die sozial Schwächeren, auf die Benachteiligten unserer Gesellschaft einzugehen, vor allem aber auch gegenüber Veränderungen offen zu sein. Lebenslanges Lernen ist angesagt. Und das, was wir als Lehrerinnen und Lehrer zu vermitteln haben, ist letztendlich auch, daß wir unserer Jugend sagen müssen, Rückgrat muß man auch haben.

Natürlich kann dies alles nur mit einem entsprechenden Bildungsangebot gemacht werden, und vor allem dieses Angebot muß allen Bürgerinnen und Bürgern Österreichs zugänglich sein. In diesem Sinne ist natürlich auch der vorliegende Gesetzentwurf, sind diese Änderungsvorschläge im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt zu sehen. Die vorgesehene Erleichterung in bezug auf Aufnahmevoraussetzungen sind Anpassungen an bestehende Bedürfnisse und schon höchst notwendig zu verwirklichen.

Die Öffnung der Zugangsberechtigung zur land- und forstwirtschaftlichen Berufspädagogischen Akademie soll aber nicht nur für Berufsreifeprüfungsabsolventen, sondern meiner Meinung nach auch für Absolventen anderwertiger höherer Schulen an dieser Akademie möglich sein. Dies, meine Damen und Herren, ist wiederum ein Schritt in Richtung vermehrter Durchlässigkeit unseres Bildungsangebotes. Als Sozialdemokratin stehe ich zu dieser Entwicklung, die sicherlich auch notwendig ist.

Ich wünsche von diesem Platz aus unseren österreichischen Schulen, unseren Schülern und Schülerinnen, aber auch natürlich allen Lehrern und Lehrerinnen alles Gute. Wir haben vieles erledigt, vieles wartet aber noch auf uns. Frau Ministerin, herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ.)

18.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Johann Schuster. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.59

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Schulpolitik und Bildungspolitik sind wesentliche Säulen der Politik dieser Bundesregierung, aber auch wesentliche Säulen der Politik meiner eigenen Partei, der Österreichischen Volkspartei mit unserer Ministerin Elisabeth Gehrer.

Hohes Haus! Da dies meine letzte Rede hier ist, erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick auf die politische Arbeit. Als ich am 19. Mai 1983 hier im Hohen Hause angelobt wurde, konnte ich es überhaupt nicht abschätzen, wie lange die Wählerinnen und Wähler mir ihre Stimme geben würden. In der Zwischenzeit sind 16 Jahre vergangen, also 16 Jahre durfte ich einer von Ihnen sein, einer von den 183 Abgeordneten. In dieser Zeit, meine Damen und Herren, war eine Vielzahl von Unterrichtsministern und Unterrichtsministerinnen in dieser Zweiten Republik tätig. Ich darf kurz die Namen nennen. Es waren dies von Mai 1983 beginnend: Sinowatz, Zilk, Moritz, Hawlicek, Scholten, Busek und jetzt unsere Ministerin Elisabeth Gehrer.

Meine Damen und Herren! Als Inhalt meiner politischen Arbeit sah ich, das Notwendige verständlich zu machen und auch danach zu handeln. Als Abgeordneter einer christlich-demokratischen Partei waren drei Grundorientierungen für mich immer von Bedeutung: erstens das christliche Menschenbild, zweitens die Kultur der Selbständigkeit und drittens die Kultur des Helfens.

Ich darf mich abschließend sehr herzlich bei Ihnen bedanken, speziell bei jenen, mit denen ich in Ausschüssen – es waren dies der Gesundheitsausschuß, der Familienausschuß und der Unterrichtsausschuß – arbeiten durfte. Den Vorsitzenden und den Mitgliedern dieser Ausschüsse gilt mein besonderer Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich weiß wohl, meine Damen und Herren, daß es keine heile Welt gibt. Was wir aber zu bieten imstande sein müssen, ist eine Atmosphäre, in der Menschen leichter zueinander finden, eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens, eine Atmosphäre, in der Konsensfindung stets möglich ist, eine Atmosphäre, die das Gemeinsame vergrößert und das Trennende vermeidet. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Schweitzer.)

Ich möchte jenen, die auch in der nächsten Legislaturperiode aktiv Politik machen, abschließend folgendes mitgeben: Formen Sie an einer Zukunft, in der Leistung gefragt und honoriert wird. Formen Sie an einer Zukunft, in der unserer Jugend Orientierung gegeben wird, und formen Sie eine Zukunft, in der der einzelne auf seine Familie Wert legt. Für wen, meine Damen und Herren, könnten wir sonst eine Zukunft wollen? Formen wir an einer Zukunft, in der sowohl zwischen den Parteien und zwischen den Generationen als auch zwischen den einzelnen Berufsgruppen Vertrauen, Respekt und gegenseitige Achtung möglich ist.

Jenen geschätzten Damen und Herren, die politische Verantwortung für Österreich, für die Bürger auch im nächsten Jahrtausend tragen werden, wünsche ich viel politisches und demokratisches Gespür und viel Gesundheit. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

19.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Schuster! Ich möchte Ihnen auch im Namen des Präsidiums sehr herzlich danken. Ich habe Sie jahrelang hier im Plenum erlebt. Sie waren immer eine wichtige, eine ernstzunehmende Stimme, aber das hat man hier im Plenum wegen der Geschäftsordnung gar nicht erleben können. Sie haben im wahrsten Sinn des Wortes eine schöne Stimme, was man dann weiß, wenn man Sie einmal singen gehört hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich auch im Namen des Präsidiums für Ihre parlamentarische Arbeit sehr herzlich bedanken und Ihnen noch zurufen: Gott erhalte Ihnen Ihre Stimme! (Beifall bei der ÖVP.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.05

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Nachdem heute schon sehr viel über die Bildungsinnovationen der Vergangenheit gesagt wurde, werde ich mich wieder auf das vorliegende Bundesgesetz beschränken und zum Thema land- und forstwirtschaftliche Ausbildung etwas sagen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Dieses heute debattierte und zum Beschluß vorliegende Bundesgesetz ist meiner Meinung nach in dieser Form ein richtiger und wichtiger Schritt in Richtung Ermöglichung einer Bildungsvielfalt auch in den höheren landwirtschaftlichen Lehranstalten. Wesentliche Änderungen, besonders im Bereich der Aufnahmevoraussetzungen, bewirken eine Öffnung des Zugangs zur Ausbildung im Bereich des Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes, im konkreten Fall besonders im Bereich der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten.

So stellt zukünftig der erfolgreiche Abschluß der vierten Klasse der Hauptschule oder der Polytechnischen Schule einer Aufnahme in eine höhere land- und forstwirtschaftliche Lehranstalt genauso wenig entgegen wie auch der erfolgreiche Abschluß einer einjährigen landwirtschaftlichen Haushaltungsschule für Mädchen beziehungsweise der erfolgreiche Abschluß der ersten Klasse einer mittleren Schule.

Hohes Haus! Allerdings muß ich leider auf eine Unzulänglichkeit, auf eine noch immer vorhandene Ungleichbehandlung der Absolventinnen der dreijährigen Fachschule für Hauswirtschaft für Mädchen hinweisen. Meine Recherchen haben ergeben, daß es zwischen Burschen und Mädchen noch immer einen Unterschied bei der Aufnahme an eine höhere fünfjährige land- und forstwirtschaftliche Fachschule gibt. Ein positiver Abschluß der dreijährigen Fachschule für Landwirtschaft ermöglicht den Buben, mit einer dreijährigen Sonderform an eine fünfjährige höhere land- und forstwirtschaftliche Fachschule anzuschließen. Im Gegensatz dazu ist bei der dreijährigen Fachschule für ländliche Hauswirtschaft, also für die Mädchen, diese Sonderform der Verkürzung einer nachfolgenden fünfjährigen höheren Fachschule für Landwirtschaft derzeit nicht möglich.

Da stellt sich die Frage, welche wesentlichen Unterschiede es bei den beiden dreijährigen Fachschulen für Buben und Mädchen gibt. Daher sollte man sich im Unterrichtsausschuß der kommenden Gesetzgebungsperiode darüber Gedanken machen, ob eine dreijährige Fachschule für ländliche Hauswirtschaft im Sinne der Gleichbehandlung in dieser Form überhaupt noch zeitgemäß ist. Ich denke, daß zukünftig eine einheitliche Ausbildungsform in einer dreijährigen Fachschule für Landwirtschaft für Buben und Mädchen gleichberechtigt angeboten werden soll. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang sind Bund und Länder aufgefordert, sich sowohl die Lehrpläne der dreijährigen Fachschule für Landwirtschaft als auch jene der dreijährigen Fachschule für ländliche Hauswirtschaft anzusehen und nach Möglichkeit diesen Nachteil für die Mädchen zu korrigieren. Aus Gründen der Gleichbehandlung ist diese Benachteiligung raschest zu klären und abzustellen.

Zukunftsorientierter ist der seit dem vergangenen Schuljahr 1998/99 auch in Imst angebotene Schulversuch der Agrar-HAK. Da es dazu noch keine schriftlichen Erfahrungswerte hier im Hause gibt, möchte ich kurz darüber berichten. Dieser Schulversuch hat im ersten Jahr seines Bestehens 24 Schüler noch schwerpunktmäßig aus dem Bezirk Imst angesprochen. Aber schon im kommenden Schuljahr 1999/2000 gibt es bereits 28 Neuanmeldungen für die erste Klasse der Agrar-HAK. Die Schüler des kommenden Jahres sind über den Inhalt und den Ausbildungsschwerpunkt der Agrar-HAK bestens informiert und kommen bereits aus dem gesamten Einzugsgebiet der Bundesländer Tirol und Vorarlberg. Dieser Schulversuch hat sich also schon im zweiten Jahr seines Bestehens über den Schwerpunkt der Bezirksgrenzen von Imst hinaus herumgesprochen.

Zum Inhalt: Im Fachschulbereich wurde im ersten Jahr der agrarische Anteil noch bewußt kurz gehalten. Dies wird aber nach Umfragen unter Schülern im kommenden Jahr geändert, und es wird ein halber Tag pro Woche landwirtschaftlicher Unterricht angeboten werden. Es ist meiner Ansicht nach erfreulich, daß dieser Schulversuch bereits im zweiten Jahr seines Bestehens steigendes Interesse erfährt und daher zu Recht weitergeführt wird.

Ich finde es äußerst positiv, daß diese Bildungsvielfalt auch im Agrarbereich geöffnet und ermöglicht wurde. Damit wurde auch der landwirtschaftlich interessierten Jugend, die nicht unbedingt aus einer Landwirtfamilie kommen muß, eine zusätzliche Bildungsmöglichkeit geschaffen.

Herr Präsident! Hohes Haus! Abschließend darf ich Ihnen als ein Mitglied, das erst Ende April in dieses Haus gekommen ist, einen schönen Urlaub wünschen. Wie es bei Abgeordneten und Politikern meist üblich ist, ist es wahrscheinlich eine kurze Urlaubszeit, die aber trotzdem zum Entspannen und zum Abschalten dienen soll. Ich möchte den Mitarbeitern des Hauses und ganz besonders allen Lehrern und Schülern von dieser Stelle aus erholsame Sommermonate wünschen, damit sie auch mit der entsprechenden Motivation in das kommende Schuljahr eintreten können. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne einen schönen Urlaub. Ich werde mir den letzten Absatz schenken. Schöne Sommertage! (Beifall bei der SPÖ.)

19.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuchs. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.11

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Als letzte Rednerin vor der Debatte um die Beendigung der XX. Gesetzgebungsperiode möchte ich mich ganz kurz fassen, denn ich kann auf die Ausführungen meiner Vorredner verweisen, die die Vorstellungen der sozialdemokratischen Schul- und Bildungspolitik dargelegt haben.

Ich hoffe, daß wir in der nächsten Legislaturperiode noch wesentliche Verbesserungen und Fortschritte erzielen werden – es wurde heute einiges angesprochen –, genauso wie ich mir auch wünsche, daß die "Aktion Fairness" bald zu einem guten Abschluß kommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich bei den Lehrern, bei den Lehrerinnen, bei der Frau Bundesministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie bei den Mitarbeitern hier im Hohen Hause und wünsche Ihnen allen einen wunderschönen Urlaub. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Da es kein Schlußwort der Frau Berichterstatterin gibt, treten wir in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1913 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Madl und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Wir werden daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Madl und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 1 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir stimmen daher sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage ab.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit, daher angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte Sie für den Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies abermals die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieses erfolgt abermals durch die Mehrheit. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

26. Punkt

Wahl eines Mitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Da nur ein Wahlvorschlag vorliegt, nämlich lautend auf Dkfm. DDr. Friedrich König, werden wir im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzettel, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Ich ersuche daher jene Damen und Herren, die für die Annahme des bekanntgegebenen Wahlvorschlages sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Der Vorschlag ist angenommen.

Ich stelle fest, daß Herr Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König zum Mitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates gewählt wurde. (Zwischenrufe bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) – Ich würde meinen, daß dies jetzt nicht kommentierungsbedürftig ist.

Herr Abgeordneter Dr. König! Ich darf Ihnen vom Präsidium aus sehr herzlich zu dieser Wahl gratulieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der Grünen und des Liberalen Forums.)

27. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1161/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XX. GP des Nationalrates vorzeitig beendet wird (2043 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Klubobmann Kostelka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

19.16

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dem nun vor uns liegenden Beschluß geht eine Legislaturperiode der Reformen zu Ende. Wir haben in dieser Legislaturperiode die Budgetkonsolidierung geschafft. Wir haben die Pensionsreform beschlossen, und wir haben eine sozial gerechte Steuerreform geschaffen.

Ich kann mit Fug und Recht behaupten, daß diese und viele andere Gesetze sozialdemokratische Inhalte haben, die nicht zuletzt dazu beigetragen haben, daß diese großen Reformen in der österreichischen Bevölkerung mit mehr Akzeptanz hingenommen wurden als in jedem anderen europäischen Land. In manchen Ländern beginnt man erst jetzt mit der Pensionsreform, beispielsweise in Deutschland, in anderen Ländern wie in Frankreich hat es Streiks und große gesellschaftliche Auseinandersetzungen gegeben.

Wir haben mehr Gerechtigkeit geschaffen, aber wir sind noch lange nicht am Ende dieses Weges, und ich muß bedauernd feststellen, daß manches an Reformen nicht abgeschlossen werden konnte.

Wir haben in einer wesentlichen Frage nicht mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsplatz schaffen können, nämlich im Rahmen der "Aktion Fairness" eine Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten – ein Anachronismus in der österreichischen Rechtsordnung. Ich bedaure das zutiefst.

Wir haben nicht mehr Gerechtigkeit in bezug auf die Gleichstellung der Frauen in der Gesellschaft und auch nicht die Lösung einer Reihe von anderen Problemen wie beispielsweise zugunsten des Tierschutzes erreichen können.

Schritte sind gelungen, aber die Gleichstellung in dem Ausmaß, wie sie wünschenswert gewesen wäre, ist im Hinblick auf die politische Haltung des Koalitionspartners nicht möglich gewesen.

Eine Modernisierung ist uns in vielen Bereichen gelungen; diese ist fortzusetzen.

Wir haben in dieser Legislaturperiode aber auch die erste Legislaturperiode hinter uns gelegt, die wir zur Gänze in der Europäischen Union verbracht haben. Wir haben die Wahrung unserer Interessen gelernt und sollten uns auch in diesem Zusammenhang dessen bewußt sein, daß Solidarität nicht Aufgabe der Selbständigkeit und des aufrechten Ganges zu bedeuten hat.

Meine Damen und Herren! Solidarität kann und darf nicht bedeuten, daß Österreich auf seine sicherheitspolitische Position verzichtet, die Neutralität aufgibt und der NATO beitritt. Die Sozialdemokratie wird das garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich trage diesen Anstecker, der auf die "Aktion Fairness" hinweist und deutlich machen soll, daß die Sozialdemokratie zutiefst betrübt zur Kenntnis nimmt, daß wir nicht die Mehrheit gefunden haben, in dieser Legislaturperiode eine Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten zu verwirklichen. (Abg. Wabl: In den koalitionsfreien Raum stellen!) Aber wir sollten nicht nur diese "Aktion Fairness" in diesem Zusammenhang vor uns sehen, sondern auch die Notwendigkeit der Fairneß in den nächsten zweieinhalb Monaten.

Meine Damen und Herren! Wenn ich in manchen Zeitungen die Aufforderungen lese, daß jetzt die Zeit der Harmonie vorbei sei und die Zeit der Konfrontationen beginne, so kann ich sagen, ich bekenne mich mit meiner Fraktion dazu, daß Fairneß gerade im Wahlkampf zu gelten hat. (Beifall bei der SPÖ.) Gerade im Wahlkampf, meine Damen und Herren, sollten wir nicht jedes Vorurteil der Wähler Politikern gegenüber bestätigen.

Ich möchte aber nicht ohne einen Dank an jene Abgeordneten schließen, die in den letzten vier Jahren in diesem Haus waren, die ihm in der nächsten Legislaturperiode aber nicht mehr angehören werden. Diesen Dank möchte ich an jeden einzelnen Abgeordneten jeder Fraktion richten. Sie haben einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser Republik geleistet. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP, der Freiheitlichen und des Liberalen Forums.)

Bei den restlichen Abgeordneten, die auch in der XXI. Legislaturperiode dem Nationalrat angehören werden, möchte ich mich für diesen Sommer verabschieden, und ich hoffe, daß wir uns gesund – wenn auch ein bißchen abgekämpft – am 29. Oktober wiedersehen. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Khol. – Bitte, Herr Klubobmann.

19.21

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Ich widerstehe der Versuchung, hier eine vorgezogene Wahlrede zu halten (Beifall bei der ÖVP), denn die vorgerückte Stunde und die Tatsache, daß die Zeitungen schon gedruckt sind, ermöglichen es, einige Dinge ganz unbefangen zu sagen. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Sonst bist du befangen?) – Ich sage: unbefangen.

Wir haben jetzt eine Legislaturperiode hinter uns, und im Goethe-Jahr sollte man Goethe zitieren: Wo viel Licht ist, da ist auch viel Schatten. – Ich möchte durchaus selbstkritisch damit anfangen, wo wir, die Koalition, das Ziel nicht erreicht haben. Ich möchte ganz bewußt von Schuldzuweisungen absehen, denn ein Scheit allein brennt nicht, und schuld sind wir immer alle.

Die Bundesstaatsreform ist mir als Tiroler wirklich ein Anliegen. Wir haben sie nicht zustande gebracht. Beim einheitlichen Anlagenrecht – ein Ziel, das sehr spröde klingt, aber bedeutet, daß der Wirtschaftsstandort Österreich wesentlich verbessert wird, weil Betriebsgründungen erleichtert werden – sind wir gescheitert.

Besonders ärgert mich das eigene Versagen, daß es uns nicht gelungen ist, dieser doppelbödigen Geschichte mit den österreichischen Geheimdiensten ein Ende zu machen. Es ist für mich unerträglich, daß ein führender Mann der Republik – kein Minister! – sagen kann: Jetzt haben sie kein Gesetz gemacht? – Macht nichts. Wir tun ohnedies das, was nicht im Gesetz steht und im Gesetz hätte verfaßt werden sollen.

Das hat jemand gesagt, der seit vielen Jahren daran arbeitet, seine eigene Ikone in diesem Land zu hinterlassen. Es ist aber dekuvrierend. Ich glaube, es wäre für unser Land gut gewesen, wenn wir wechselseitig über die Schatten gesprungen wären und sowohl die Staatspolizei als auch das Heeres-Nachrichtenamt und das Abwehramt in ein rechtsstaatliches Korsett gegeben hätten. Es wäre gut für unser Land. Ich bedaure, daß uns das nicht gelungen ist.

Ich bedaure auch, daß wir bezüglich der Fragen, die unser Land in den Grundfesten berühren – nämlich wie es mit unserer äußeren Sicherheit weitergeht –, zwar in der Regierungserklärung Verheißungen festgeschrieben haben, daß es uns aber nicht gelungen ist, diese Verheißungen in die Tat umzusetzen. Es ist ein Rückschritt, wenn wir zwar in der Regierungserklärung festgehalten haben, wir wollen alle Optionen für Österreichs Sicherheit, einschließlich des Beitritts zur Westeuropäischen Union, prüfen – jeder, der in diesem Haus hier in den Rängen sitzt, weiß, was das bedeutet –, aber heute zu diesem Satz keinen Konsens mehr finden. Das ist ein Rückschritt, und ich glaube, da muß man sich selbstkritisch prüfen: Was ist da fehlgelaufen? Betrifft das die Grundform der Regierung, oder ist das sozusagen ein Betriebsunfall?

Es gibt für alles eine Zeit, steht im Buch Kohelet. Ich habe jetzt selbstkritisch einige Dinge festgehalten, bei denen ich mich als Vertreter einer der beiden Regierungsparteien auch selbst an der Nase nehme, weil wir das Ziel nicht erreicht haben. Aber es kommt auch eine Zeit, in der man andere Dinge sagt.

Ich habe mir die Mühe gemacht und habe gelesen, was die Klubvorsitzenden unserer Konkurrenzparteien, nämlich Herr Haider, Frau Petrovic und Frau Schmidt, anläßlich der Regierungserklärung der Regierung Vranitzky – das ist ein Teil unserer Gesetzgebungsperiode – und auch der Regierung Klima – auch das ist ein Teil unserer Gesetzgebungsperiode – gesagt haben. Da muß ich bei aller Trauer über das eigene Versagen sagen: So gut, wie sie geglaubt haben, daß wir nicht sind, sind wir schon gewesen! Wir haben viel mehr gemacht, als Sie, Frau Schmidt, uns zugetraut haben. Frau Petrovic glänzt durch Abwesenheit, Herr Haider ist in Kärnten. Aber das, was uns die Oppositionsparteien vorausgesagt haben – das würden wir nicht zustande bringen, und das würden wir nicht zustande bringen, und das sind gute Absichten –, ist nicht eingetreten.

Meine Damen und Herren! Es hat vor wenigen Jahren einmal ein italienisches Buch gegeben, das hieß "L‘Austria é un paese ordinata" – Österreich ist ein ordentliches Land. Meine Damen und Herren! Diese Koalition hat diesem Buch Rechnung getragen. Österreich ist ein ordentliches Land, und wir haben gut regiert. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Jetzt kommen natürlich Vorwahltöne hinein. Niemand widersteht dieser Versuchung, denn am 3. Oktober entscheidet der Souverän dieses Landes, das Volk. Wir alle wissen ganz genau: Niemand weiß, wie unser Arbeitgeber entscheidet. Niemand! Die Karten werden neu gemischt. Jeder ist nervös, und jeder will seine Chancen sichern. Das ist legitim, und daher ist es legitim, daß wir natürlich auch jetzt Wahlkampf machen. Dennoch muß in dieser späten Stunde die Zeit dafür sein, zu sagen: Eigentlich hat dieser Nationalrat, in dem die Opposition eine Funktion hat – eine positive Funktion hat –, in dem die Regierung eine Funktion hat und in dem wir alle, die wir hier sitzen, mit ehrlichem Bemühen für dieses Land eintreten, einen Erfolg aufzuweisen. Der Erfolg ist der ungeteilte Erfolg dieses ganzen Hauses. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben im Feuer der Kritik eine sehr schmerzhafte Sanierung unseres Staatshaushaltes durchgeführt. Das war für niemanden leicht. Glauben Sie es mir! Es war in vielen Bereichen für die Sozialdemokraten nicht leicht, es war für uns Christdemokraten in vielen Bereichen nicht leicht. Über allem stand die gemeinsame Verantwortung. Wir mußten die Kriterien für die Wirtschafts- und Währungsunion schaffen. Wir mußten die Kriterien dafür schaffen, daß wir in der ersten Liga in Europa mitspielen. Wir spielen mit, und wir sind das drittbeste Land auf diesem Kontinent. Darauf können wir stolz sein! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die größte Herausforderung dieser letzten vier Jahre war sicherlich die Frage der Arbeit für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Jede Fraktion in diesem Haus weiß, daß das Recht auf Arbeit heute in unserer Gesellschaft allentscheidend ist und über die Lebenschancen jedes Mitbürgers und jeder Mitbürgerin entscheidet. Wir haben verschiedene Rezepte, aber das ehrliche Bemühen, daß wir so viele Österreicherinnen und Österreicher wie möglich in die Arbeit bringen wollen, damit sie Mensch sein können, damit sie sich selbst verwirklichen können, spreche ich niemandem in diesem Haus ab.

Wir waren insgesamt im Widerstreit der Ideen – wie die Engländer sagen würden – utterly successful, wir waren wirklich erfolgreich. Es gab noch nie so viele Beschäftigte. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich spreche hier auch als Gewerkschafter. Ich bin Christgewerkschafter, und ich bin auch für die Gleichstellung der Arbeiter und Angestellen. Ja, das bin ich! (Beifall bei der ÖVP. – Bravo!-Rufe bei der SPÖ.) Aber es gibt ein Bewegungsgesetz in diesem Land, das ist die Sozialpartnerschaft, und ich bin nicht bereit, einen der Sozialpartner hier in diesem Haus zu überstimmen. Ich bin nicht bereit, die Gewerkschaft zu überstimmen! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) Das werden Sie von mir nicht hören. Ich bin auch nicht bereit, die Bauern zu überstimmen, und ich bin nicht bereit, die Wirtschaft zu überstimmen. Ich fordere bei Frau Ministerin Hostasch ein, daß sie versucht, diesen Konsens herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin gesagt, am 3. Oktober werden die Karten neu gemischt, und es kann viele Konstellationen geben. Ich möchte die Gewerkschaft nicht überstimmt sehen – ich bin, wie gesagt, selbst Gewerkschafter –, und ich möchte auch die anderen Sozialpartner nicht überstimmt sehen. Da gilt der Satz: Wehret den Anfängen!

Meine Damen und Herren! Wir haben nicht nur hervorragend gearbeitet, und zwar wir alle gemeinsam, um möglichst viel Österreicherinnen und Österreicher in die Arbeit zu bringen, sondern wir haben auch ein veritables Exportwunder zustande gebracht. Wir haben in den letzten vier Jahren jedes Jahr zweistellige Exportzuwächse gehabt. Das heißt, die tüchtigen und fleißigen Österreicherinnen und Österreicher, die Unternehmerinnen und Unternehmer haben die Qualitätsarbeit, die Österreich groß gemacht hat, in die ganze Welt getragen. Wir haben Hunderttausende von neuen Arbeitsplätzen schaffen können. Für uns ist die Globalisierung eine Chance – und keine Falle! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Besonders stolz bin ich darauf, wie wir unser soziales System in den letzten vier Jahren weiterentwickelt haben. Ich nenne nur ein paar Beispiele. Ich halte es zum Beispiel für eine soziale Großtat, daß wir die geringfügig Beschäftigten in die Sozialversicherung gebracht haben. Es ist wirklich großartig, daß wir das zustande gebracht haben! (Beifall bei der ÖVP.) Das sind Menschen, die an der unteren Skala der Glücksleiter in diesem Land stehen. (Abg. Schaffenrath: Das sind primär Frauen!) Das sind primär – Frau Schaffenrath, Sie haben ausnahmsweise recht! – Frauen (Abg. Schaffenrath: Danke!) – Sie haben oft recht, Frau Schaffenrath, entschuldigen Sie, ich will hier nicht polemisieren –, das sind sehr oft Frauen, die sonst keine eigene Sozialversicherungsansprüche hätten. Es geht dabei – das ist eine große soziale Frage in diesem Land, die viel zu wenig diskutiert wird – um jene verheirateten Frauen ohne eigene Sozialversicherungsansprüche, die gegebenenfalls ohne eigenständige Altersvorsorge dastehen.

Die geringfügige Beschäftigung ermöglicht es nun immer mehr Frauen, eigenständige Sozialversicherungsansprüche zu erwerben. Unser Ziel muß es sein, dafür zu sorgen, daß es niemanden mehr in diesem Land gibt, der nicht eigene Sozialversicherungsansprüche hat! (Beifall bei der ÖVP. – Eine der von Abg. Achs zuvor verteilten Rotweinflaschen stürzt vom Tisch des Abg. Scheibner und explodiert mit lautem Knall auf dem Steinboden. – Ein Bediensteter der Parlamentsdirektion entfernt die Glassplitter.)

Meine Damen und Herren! Wir haben neue Selbständige geschaffen und haben damit bei großem Risiko – die Werkvertragsregelung war sehr, sehr umstritten und war im Feuer der Kritik – neue Arbeitsplätze, neue Lebenschancen, neue Wirtschaftstreibende, neue Unternehmer geschaffen und haben so viele Unternehmensgründungen wie nie zuvor. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines möchte ich auch nicht geringschätzen: Entgegen allen Widerständen – und da möchte ich Frau Ministerin Hostasch danken – ist es uns gelungen, ein Unrecht auszugleichen, das über viele Jahre bei uns geduldet wurde, und zwar den Umstand, daß die Bauern früher nicht zu den gleichen Bedingungen krankenversichert sein konnten wie alle anderen Bürger. Ich danke in diesem Zusammenhang besonders Herrn Kollegen Karl Donabauer. Es ist in dieser Legislaturperiode gelungen, daß wir diesbezüglich Gerechtigkeit auch für die Landwirte und ihre Familien erreichen konnten! (Beifall bei der ÖVP.)

Genug der schönen Worte. Ich habe mit dem Scheitern angefangen und habe mit dem aufgehört, was gut gelaufen ist. Mein Vorredner, Klubobmann Kostelka, hat von der Konfrontation gesprochen. Da möchte ich wieder Kohelet zitieren: "Es gibt eine Zeit für alles."

Solange wir in einer Koalition sind, ist eine Zeit für gemeinsames Arbeiten und gemeinsame Problemlösungen angesagt. Das ist nicht eine Zeit der Konfrontation! Aber in dem Moment, wo wir vor das Volk treten, vor den Werturteilsrichter in diesem Land, vor diejenigen, die den Zuschlag erteilen und sagen, ich entscheide mich für diese Vision oder für die andere, in diesem Augenblick müssen die Ideen scharf im Raum konfrontiert werden – ohne persönliche Beleidigung, ohne den Vorwurf des Schmierenkomödiantentums und ähnlichen persönlichen Untergriffen. Aber die Ideen müssen dann konfrontiert werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land müssen wissen, wohin der Weg geht. Und es ist unsere Aufgabe – das ist eine Aufgabe für alle Parteien –, klar auf den Tisch zu legen, wohin der Weg geht, wofür wir stehen, was wir in der nächsten Legislaturperiode machen wollen. Danach richtet sich die Wählerentscheidung, und danach richtet sich die Regierungsentscheidung.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Ende. Heute wird noch ein großer Parlamentarier, Alois Mock, seine letzte Rede halten. Er war 29 Jahre lang hier im Parlament. Er war so wie Freund Franz Löschnak ein Parlamentarier mit Haut und Haar. Auch er wird heute seine letzte Rede halten. Wir waren mit Löschnak oft verschiedener Meinung, wir haben hart verhandelt, etwa beim Ausschreibungsrecht, wie ich mich erinnern kann. Er war Staatssekretär in der Koordination. Er war immer ein knallharter Sozialdemokrat – und deswegen habe ich ihn geschätzt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Alois Mock hat in dieser Republik die Funktion eines Staatsmannes erworben. Er ist so wie Löschnak Teil der Identität unserer Republik. Wir haben ihm viel zu verdanken! Ich möchte aus der Sicht der Österreichischen Volkspartei diesen beiden Parlamentariern, dem Sozialdemokraten Löschnak und unserem Christdemokraten Alois Mock, den Dank des Vaterlandes aussprechen! Sie haben beide dazu geführt, daß Österreich heute so dasteht, wie es ist: ein wohlgeordnetes Land mit Lebensqualität, mit sozialer Gerechtigkeit, ein Land, in dem die Menschen leben können, in dem die Menschen glücklich sein können, und ein Land, in dem es schön ist, Österreicherin und Österreicher zu sein! (Anhaltender Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Scheibner. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.38

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal bin ich darüber betrübt, daß der Rotwein des Kollegen Achs die Rede des Herrn Kollegen Khol nicht überstanden hat (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der SPÖ), aber ich muß es leider verschmerzen.

Kollege Khol, Sie haben gesagt, Österreich ist ein ordentliches Land. Da gebe ich Ihnen selbstverständlich recht: Wir können stolz sein auf unser Österreich und auf die Leistungen, die die Bevölkerung in diesem Land vollbracht hat, auch in den letzten vier Jahren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Frage ist nur: Ist Österreich ein ordentliches Land wegen der Arbeit dieser Koalition oder trotz der Arbeit dieser Koalition? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Letzteres! – Abg. Schwarzenberger: Wegen der Arbeit der Koalition!) – So eindeutig würde ich das nicht beantworten, Herr Kollege Schwarzenberger.

Sie sind vor nicht ganz vier Jahren mit einem Koalitionsabkommen zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der Österreichischen Volkspartei angetreten, das sich recht nett liest. Darin ist eine ganze Reihe von Maßnahmen enthalten, die man sich vorgenommen hat.

Wir haben uns gar nicht die Mühe machen müssen, jeden einzelnen Punkt zu durchforsten. Es haben auch schon Medien Ihre Arbeit analysiert. Und bei dieser Bilanz sieht man halt nun einmal, daß Sie lediglich ein Drittel der Vorhaben, die Sie in Ihr Koalitionsabkommen hineingeschrieben hatten, umsetzen konnten.

Das ist ja auch kein Wunder. Wir haben in den letzten vier Tagen diesen Stau an Gesetzen, an Initiativen, die wir jetzt unterbringen mußten, kritisiert beziehungsweise diskutiert. Aber erinnern wir uns doch an die letzten dreieinhalb Jahre! Wie haben denn die Parlamentssitzungen in der Regel ausgesehen, vor allem in dem halben Jahr, als Österreich den Vorsitz in der Europäischen Union innehatte? – Da hatten wir Tagesordnungen mit Berichten, mit Erklärungen von Bundesministern, mit Entschließungen, aber es ist kein einziger der Reservetage, die wir uns in der Vorplanung vorgenommen hatten, auch in Anspruch genommen worden, weil ganz einfach keine Gesetzesinitiativen gekommen sind, weil Sie sich entweder nicht geeinigt, keine Zeit oder nicht die Möglichkeit gehabt haben, jene Reformen, die Sie sich selbst vorgenommen hatten – vor 13 Jahren, vor fünf Jahren, vor vier Jahren –, hier im Parlament einzubringen und auch entsprechend umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das betrifft ja nicht nur die großen Probleme, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP. Sie konnten sich ja auch über die kleineren, aber wichtigen Fragen nicht einigen, wie etwa bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit oder vor wenigen Tagen bei der Abschaffung der Getränkesteuer.

Da braucht man sich nicht darüber zu wundern, daß wir auch die großen Leitlinien für die Zukunft völlig vermißt haben. Damit meine ich Leitlinien betreffend Fragen wie: Wie soll sich Österreich im nächsten Jahrtausend behaupten? Welche Antworten geben wir denn auf die wichtigen Fragen der Zukunft? Wie sieht es denn aus mit der Schaffung von Arbeitsplätzen, und zwar mit der wirklichen Schaffung von gesicherten Arbeitsplätzen? Damit meine ich kein "Parken" irgendwo in Kursen oder Schulungen – von den Lehrlingen einmal ganz abgesehen –, wie wir es jetzt diskutiert haben.

Oder: Wie sieht es denn aus mit einer funktionierenden Wirtschaft, mit einer Wirtschaftsankurbelung, mit der wir eine Trendumkehr schaffen? – Im Gegensatz zu dem, was wir heute kritisieren müssen: daß wir eine Rekordinsolvenz im Jahr 1999 zu verzeichnen haben.

Oder: Wie sieht es denn aus mit der wirklichen Sicherung der Pensionen, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP?

Natürlich haben Sie Maßnahmen gesetzt. Sie haben Beiträge erhöht, Sie haben die Pensionen gekürzt, aber ein System, das wirklich auch für die nächsten Generationen die Pensionen garantiert, das haben Sie hier im Parlament nicht einmal andiskutiert. (Beifall bei den Freiheilichen. – Abg. Dr. Khol: Keine Beitragserhöhungen!)

Meine Damen und Herren! Wie sieht es denn aus mit einer Steuerreform, die wirklich den Bürgern mehr Geld beläßt, das auch in Kaufkraft umgewandelt werden kann. Dadurch würde wiederum die Wirtschaft gefördert, würden Arbeitsplätze geschaffen und auch Staatsausgaben reduziert werden. Das wäre ein positiver Kreislauf, der es wert gewesen wäre, daß man ihn auch hier diskutiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie sieht es denn aus mit der Sicherheit? – Kollege Khol hat es ja angesprochen, er hat gesagt, ein wichtiges Vorhaben war der Optionenbericht, die Reaktion Österreichs auf das geänderte sicherheitspolitische Umfeld. Da hat er recht, der Herr Kollege Khol. Das wäre eine ganz wichtige Aufgabe: Wie schaffen wir es, daß Österreich in Zukunft sicher ist, daß wir nicht mehr Angst haben müssen, wenn sich Konflikte in unserem Umfeld ereignen, daß wir klare Aufträge auch an unsere Landesverteidigung stellen und uns überlegen, wie wir den Aufbau einer funktionierenden europäischen Sicherheitsordnung unterstützen können? – Sie haben sie lange vor sich hergeschoben, und letztlich ist diese wichtige Frage gescheitert.

Sie haben aber auch eines geschafft: Sie haben den Österreichern zwei Sparpakete aufgehalst. Sie haben damit Ihre Experimente in der Europäischen Union finanziert, nämlich die Mitgliedschaft und letztlich auch den Euro, und Sie haben damit erreicht, daß – in der letzten Statistik vom Sozialministerium selbst zugegeben – 1,1 Millionen Österreicher an der Armutsgrenze leben, und davon sind vor allem kinderreiche Familien betroffen.

Wir haben es hier oft und oft diskutiert, aber es war leider nicht möglich, gerade für die Familien Maßnahmen zu setzen, die geeignet gewesen wären, in diesem wichtigen Bereich Verbesserungen einzubringen. Die Freiheitlichen haben immer versucht, Alternativen aufzuzeigen, etwa den Kinderbetreuungsscheck, das System der fairen Steuern und das Drei-Säulen-Modell bei den Pensionen.

Herr Kollege Kostelka! Sie haben, was die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten betrifft, gesagt, Sie haben in diesem Haus keine Mehrheit dafür gefunden. – Ich frage Sie: Haben Sie diese Mehrheit gesucht?

Sie sehen doch in diesem Parlament eine Zweiklassengesellschaft: Das eine sind die Angehörigen der Regierungsparteien, und in diesem Kreis suchen Sie die Mehrheit. Wenn Sie aber diese Mehrheit bei Ihnen und dem Koalitionspartner nicht finden, dann gibt es für Sie keine Mehrheit in diesem Haus – auch dann nicht, wenn sie in Wirklichkeit vorhanden gewesen wäre. Ich sage Ihnen: Für diese Frage der Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten hätte es in diesem Hause eine klare Mehrheit gegeben, aber Sie haben sie nicht gesucht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Khol, das gilt auch für Sie. Wenn Sie sagen, Sie haben für den Optionenbericht keine Mehrheit gefunden, dann muß ich Ihnen sagen, Sie haben sie nicht gesucht, denn auch für den Optionenbericht hätte es in diesem Haus eine klare Mehrheit gegeben! Wenn man jede Stimme, jeden Mandatar, jeden Abgeordneten als gleichwertig angesehen hätte, als gleichwertigen Vertreter von Wählern, der Bevölkerung, dann hätte es für diese wichtigen Initiativen eine Mehrheit gegeben. So aber haben Sie sich gegenseitig neutralisiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist ja wohl kein Wunder, daß das Ansehen der Politik insgesamt nicht das beste ist, denn die Bevölkerung möchte keinen Streit zwischen Regierungsparteien sehen und möchte nicht wissen, warum Lösungen für Probleme nicht geschafft worden sind, sondern die Bevölkerung verlangt klare Lösungen, klare Antworten auf ihre Fragen, klare Lösungen für Probleme und auch klare Weichenstellungen für die Zukunft.

Es war kein Zufall – und das sollte uns allen auch hier heute zu denken geben –, daß kürzlich ein Jugendbericht gezeigt hat, daß es um das Ansehen der Politiker und der Politik sehr schlecht bestellt ist und daß das Interesse an der Politik an letzter Stelle gereiht ist. Das sollte uns ein Mahnbeispiel sein für unsere künftige Arbeit.

Wir sollten uns auch überlegen, wie wir uns als Parlamentarier sehen. Wir haben einen Eid auf die österreichische Bundesverfassung geleistet. Danach hat der Nationalrat die Aufgabe, als Gesetzgeber, aber auch als Kontrollor gegenüber der Regierung zu agieren und hier der Vertreter des Volkes zu sein.

Der österreichische Nationalrat hat in dieser Legislaturperiode fast 600 Gesetze beschlossen. Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Wie viele dieser 600 Gesetze sind auch wirklich hier in diesem Parlament gemacht worden? Wie viele wurden nicht nur hier beschlossen, sondern sind tatsächlich auch hier entstanden? – Wohl kein einziges! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie war es um die Kontrolle bestellt? Wie viele Untersuchungsausschüsse hat es gegeben, Herr Kollege Khol, wie viele echte Möglichkeiten der Kontrolle zwischen Parlament und Regierung hat es denn gegeben? – Keinen einzigen Untersuchungsausschuß hat es gegeben!

Das österreichische Parlament ist durch die Zweidrittelmehrheit und auch durch das Selbstverständnis von Abgeordneten der Regierungsparteien in Wirklichkeit zu einem reinen Abstimmungshaus geworden, zu einem Mehrheitsbeschaffer für Initiativen, die dem Hohen Haus von der Regierung, von Sozialpartnern oder anderen Institutionen vorgelegt werden.

Wir sollten doch endlich einmal dazu kommen, zu sagen: Wir sind die Vertreter des Volkes, wir haben den Auftrag, hier die Gesetze zu machen und die Regierung, die nicht direkt demokratisch legitimiert ist, zu kontrollieren und ihr auch die Weichenstellungen für die Zukunft vorzugeben.

Wir sollten auch die Instrumente der direkten Demokratie ernster nehmen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Hier ist kein Platz für Alibiaktionen, sondern hier haben wir die Verantwortung, einer Meinung, einem Antrag des Volkes in Form von Petitionen, Volksbegehren et cetera auch wirklich Rechnung zu tragen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß es wichtig wäre, in diesem Land eine neue Politik zu gestalten – eine Politik, die sich selbst nicht mehr so wichtig nimmt und bei der sich auch die Politiker und vor allem die politischen Parteien nicht mehr so wichtig nehmen, sondern bei der den Politikern klar ist, daß sie Diener des Volkes sind, daß die Bevölkerung ihnen einen Auftrag gegeben hat, den sie zu erfüllen haben. Es müßte ihnen auch klar sein, daß es darum geht, Leitlinien für die Zukunft zu schaffen, daß es darum geht, hier in diesem Parlament unabhängig von Regierungskonstellationen Mehrheiten zu finden, und daß es darum geht, gemeinsam positive Akzente, positive Antworten auf die Fragen der Bevölkerung zu geben.

Ich hoffe, es werden bei den kommenden Nationalratswahlen nicht diejenigen gewinnen, die die teuerste und beste Verpackung haben, sondern diejenigen, die die besten Themen und Inhalte präsentieren werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich hoffe auch, meine Damen und Herren, daß die nächste Regierung – wie immer sie zusammengestellt sein wird – über keine Zweidrittelmehrheit verfügen wird! Die Zweidrittelmehrheit – in den letzten zehn Jahren sind hier 500 Verfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen verabschiedet worden –, gerade die Zweidrittelmehrheit einer Regierung ist ein Schlag ins Gesicht eines Rechtsstaates, ein Schlag ins Gesicht der Kontrolle unserer Bundesverfassung! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: In den letzten zehn Jahren war nicht immer eine Zweidrittelmehrheit! Das ist nicht richtig!)

19.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt nun Klubobfrau Dr. Heide Schmidt. Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.51

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich, bevor ich versuche, ein bißchen Bilanz zu ziehen, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Parlaments für die Unterstützung, für die Arbeit und für den Einsatz bedanken. Ich möchte mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses bedanken, mit denen eine konstruktive, faire und engagierte Zusammenarbeit möglich war, und das waren immerhin viele. Dafür Dank, und alles Gute! Alles Gute auch denjenigen, die dann nicht mehr dabeisein werden! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Aber meine Bilanz sieht anders aus, und das wird weder Kollegen Khol noch Kollegen Kostelka wundern. Wenn Sie nachgelesen haben, wie unsere Erwartungshaltungen waren, und meinen, Sie hätten sie übertroffen, dann haben Sie meiner Ansicht nach eine sehr selektive Wahrnehmung. Das ist allerdings legitim.

Wenn ich mich daran zurückerinnere, daß im Jahre 1995 der Hauptgrund für die vorzeitige Auflösung des Nationalrates darin bestand, daß man meinte, man müsse in erster Linie ausgabenseitig sparen, man müsse eine Steuerreform und ein Budget hinkriegen, mit denen ausgabenseitig gespart wird – Sie nicken zu Recht, denn das war die Hauptargumentation der ÖVP –, dann muß ich sagen, daß das Ergebnis dieser Ankündigung nicht im geringsten entsprochen hat.

Denn gekommen ist ein Sparpaket – das Sparpaket 1996 – mit einer Finanzierung von gut zwei Dritteln auf seiten der Einnahmen und, wenn es gutgeht, einem Drittel durch ausgabenseitiges Sparen. Das ist nicht einmal eine oppositionelle Sichtweise, sondern diese Einschätzung ist inzwischen objektiviert.

Sie haben nicht nur schon damals keine Strukturreform gemacht, sondern Sie haben auch bereits mit diesem Sparpaket falsche Weichenstellungen eingeleitet. Entgegen der Regierungserklärung, in der als Versprechen stand, daß die Steuer- und Abgabenquote tendenziell sinken werde, ist sie allein mit dem Sparpaket um etwa 1 Prozent gestiegen.

Sie haben nicht nur in diesem Bereich falsche Weichenstellungen vorgenommen, sondern Sie haben auch Sozialleistungen gekürzt. Eine der gravierenden falschen Weichenstellungen begleitet uns ständig, nämlich das, was Frauen und Mütter als Alleinerzieherinnen betrifft. Nur der ÖVP sei ins Stammbuch geschrieben, daß sie da ihre Ideologie auf dem Rücken der Kinder austrägt. Es ist kein Recht der Mutter oder des Vaters, Karenzzeit zu haben, sondern es ist ein Recht des Kindes auf eine Betreuung durch einen Elternteil. – Das war eine Ihrer zahlreichen falschen Weichenstellungen, die Sie im Zusammenhang mit dem Sparpaket 1996 vorgenommen haben.

Aber Sie haben weitere Ankündigungen gemacht – ich habe nur 7 Minuten zur Verfügung und kann daher nur ein paar herausgreifen –, Sie haben uns versprochen, etwas umzusetzen, und nichts davon ist geschehen oder manchmal nur Geringfügiges, aber manchmal auch Gegenteiliges.

Wenn nämlich in der Regierungserklärung steht – und Sie haben das zu einem Schwerpunkt in der Erklärung gemacht –, daß Klein- und Mittelbetriebe von unnötigen Hindernissen zu entlasten sind, wenn weiters drinnen steht, daß dabei die Gewerbeordnung ein besonders wichtiges Anliegen sei – die Gewerbeordnung ist auch heute noch eine Zunftordnung, sie ist ein Arbeitsplatzverhinderungsinstrument, und das entgegen Ihrer Ankündigung in der Regierungserklärung –, und wenn Sie jetzt sagen wollen, daß Sie eine Novelle gemacht haben, dann kann das kein Mensch ernst nehmen, denn das war nur ein Novellchen.

Dazu, daß Sie davon gesprochen haben, daß die Bürokratie abgebaut würde, muß ich sagen: Ich sehe weit und breit nichts außer Ihrer Kampagne, die Sie jetzt um teures Geld als Werbekampagne machen. Aber fragen Sie doch die Klein- und Mittelbetriebsunternehmer und -unternehmerinnen, was sie sich tatsächlich erwarten!

Ein kleines Beispiel dafür wäre es, sie von der Last der Vielzahl der Prüfungen zu befreien, die sie über sich ergehen lassen müssen. Es sind zwischen vier und sechs. Die Getränkesteuerprüfung ist übrigens eine der zahlreichen Prüfungen, hinzu kommen noch Umsatzsteuerprüfung, Lohnsteuerprüfung, Betriebsprüfung et cetera. All diese Dinge sind zu vereinfachen!

Ja, Sie haben irgendwann im letzten Jahr eine Studie in Auftrag gegeben, ob es da vielleicht eine Konzentration geben könnte. Aber nach dieser Studie ist nichts gekommen. Sie haben sie in Auftrag gegeben, aber keine Konsequenz daraus gezogen. Die liberale Antwort wäre eine zentrale Prüfstelle, die liberale Antwort wäre eine zentrale Inkassostelle. Nichts davon!

Sie haben in Ihrer Regierungserklärung angekündigt, bei einer Steuerreform die Lohnnebenkosten zu senken sowie das Steuersystem zu vereinfachen und zu ökologisieren. – Nichts davon ist in dieser zweiten Steuerreform geschehen. Das Gegenteil ist sogar der Fall! Was da als Vereinfachung beziehungsweise als Senkung oder Initiativen für Einstiegshilfen angekündigt wurde, hat kontraproduktive Wirkung, weil es eben nur einen bestimmten Teil betrifft, und das nur auf eine kurze Zeit.

Die liberale Antwort dafür ist nicht nur in unserem Steuerkonzept und in unserem Konzept für eine Grundsicherung nachzulesen. Unser Steuerkonzept enthält nämlich eine tatsächliche Tarifsenkung und nicht nur eine Tarifangleichung, die nicht einmal die kalte Steuerprogression betrifft, und es enthält auch Weichenstellungen bis hin zur Grundsicherung.

Ich bin sehr stolz darauf, daß wir hier eine Themenführerschaft haben, weil dies nämlich die liberale Antwort auf die geänderten Bedingungen der Arbeitswelt ist, auf die geänderten Bedingungen, die danach verlangen, daß es eine soziale Absicherung unabhängig von der Erwerbsarbeit gibt. – Nichts in diese Richtung habe ich von Ihnen gehört.

Oder die Ankündigung in der Regierungserklärung, Transferleistungen auf diejenigen zu konzentrieren, die sie wirklich brauchen. – Die liberale Antwort darauf bietet der Antrag, Transferleistungen einkommensabhängig zu gestalten, der im Parlament liegt. Sie haben sich damit nicht auseinandergesetzt beziehungsweise das abgelehnt.

Ihre Ankündigungen, was die Gleichstellungspolitik, was Frauen betrifft: Nichts davon ist umgesetzt worden! Eine ganze Sondersitzung haben wir damit bestritten.

Nicht einmal die Zielbestimmung in der Verfassung haben Sie erreicht. Die Arbeitslosenzahlen der Frauen steigen laufend, wie Sie wissen, während die der Männer zum Teil konstant bleiben. Die Einkommensschere öffnet sich weiter. Der Wiedereinstieg in den Beruf wird für Frauen immer schwieriger, statt daß er sich verbessert.

Die liberale Antwort darauf ist eine Verpflichtung zu einer aktiven Gleichstellungspolitik in der Verfassung, die liberale Antwort ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit – wir haben die Voraussetzungen dafür auch mit Anträgen dargelegt (Zwischenruf); dann setzen wir uns einmal damit auseinander –, sind selbständige Rechte statt abgeleiteter Rechte.

Ich möchte jetzt gar nicht davon sprechen, was Sie noch angekündigt haben und was mich schmerzt, weil es gravierende falsche Weichenstellungen sind, nämlich die Aushöhlung der Grundrechte. Sie glauben, auf diese Weise Kriminalität beschränken beziehungsweise der Kriminalität Einhalt gebieten zu können. Ich glaube, daß es die wesentlichsten Weichenstellungen der abgelaufenen Legislaturperiode waren, die in die falsche Richtung geführt haben, nämlich in die Richtung eines Polizeistaates. Ich erinnere an Lauschangriff und Rasterfahndung. Ihre Überlegung, Aus- und Fortbildung der Exekutive fortzusetzen, hat nicht verhindern können, daß zum ersten Mal in dieser Zweiten Republik ein Mensch im Gewahrsam der Polizei gestorben ist.

Alles zusammengenommen: Wenn etwas weitergehen soll, was den Bürokratieabbau betrifft, wenn etwas weitergehen soll, was die Gleichstellungspolitik betrifft, wenn etwas weitergehen soll, daß die Grundrechte abgesichert und nicht abgeschafft werden, so glaube ich auch, daß die Zweidrittelmehrheit gebrochen werden muß. Ich glaube, das täte Österreich gut, das täte dem Parlament und der Qualität der Gesetze gut. Wir werden alles daransetzen, daß es dazu kommt. – Schönen Sommer! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

19.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.59

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig spürbar, daß sich dieses Haus jetzt vorübergehend auflöst. Diese netten, freundlichen Worte! (Heiterkeit bei den Grünen und bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: O mein Gott!) Herr Khol verzichtet sogar auf eine Wahlkampfrede (Ruf bei der ÖVP: Nur am Anfang!) und lobt den Sozialdemokraten Löschnak. Herr Präsident Neisser findet zu jedem einzelnen Abgeordneten, der eine Abschiedsrede hält, noch irgendeinen netten Satz. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Auch mein Klub war so nett und hat gesagt: Wabl, es ist zwar die Runde der Klubobleute, aber heute, das letzte Mal, da kannst du reden! (Heiterkeit bei den Grünen.) Man spürt, es ist irgend etwas Besonderes: Die Wähler sind wieder aufgerufen. (Abg. Dr. Graf: Irgend etwas läuft schief bei den Grünen!)

Meine Damen und Herren! Ich werde hier nicht die Aufgabe übernehmen, die außenpolitische Sicht der Grünen darzustellen, das hat Frau Pollet-Kammerlander hier ausführlich getan. Die Behinderten- und Gesundheitspolitik der Frau Haidlmayr werde ich nicht besser machen können, auch nicht die Wirtschafts- und Finanzpolitik des Herrn Van der Bellen. (Abg. Dr. Nowotny: Er kann es besser!) Die Frauenpolitik meiner Klubobfrau Petrovic – das kann ich nicht so gut, obwohl ich Ansätze zu einem guten Frauenpolitiker hätte! (Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei weiblichen Abgeordneten der SPÖ.)

Schon gar nicht würde ich versuchen, die Menschenrechtspolitik der Frau Stoisits zu übernehmen. Das hat sie selbst gut gemacht, und zwar sowohl in diesem Hause als auch sonst. Da mische ich mich jetzt nicht mehr ein. (Abg. Dr. Mertel: Was hat sie gemacht?)

Und dem wilden Kampfgefährten für soziale Gerechtigkeit Öllinger, der bei den Sozialdemokraten aus früheren Tagen viel gelernt hat – jetzt ist es ja schwer, bei den Sozialdemokraten etwas zu lernen –, dem möchte ich nichts wegnehmen. Es könnte ja sein, daß ein paar Ansätze von mir besser dargestellt werden; aber das möchte ich gar nicht probieren.

Frau Gabi Moser ist nicht da. Sie hat eine Verkehrspolitik versucht; nur ist das für Frauen immer schwierig, die nicht so aggressiv sind, wie das bei Männern oft der Fall ist.

Meine Damen und Herren! Ich habe ... (Rufe bei den Grünen: Langthaler!) Langthaler habe ich vergessen, und ich sage Ihnen auch, warum: Sie kommt zum Schluß dran.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen nur sagen, daß ich natürlich auch versuchen werde, ähnlich wie Herr Kollege Neisser, ein paar nette Worte in Richtung meiner Kolleginnen und Kollegen zu finden. Da fällt mir sofort eine ein – ich sage das jetzt mit einer bestimmten Bewunderung –, nämlich Frau Abgeordnete Moser-Starrach, der es immer wieder gelingt, in so platten, niveaulosen, inhaltsleeren Debatten eine Rede zu halten, von der ich mir denke: Es gibt noch eine ganz andere Welt (Abg. Dr. Mertel: Es gibt viele Welten! – Heiterkeit), und darüber bin ich froh. Ich sage Ihnen, ich bin sehr froh darüber. (Abg. Dr. Mertel: Das ist unnotwendig, was Sie da sagen!)

Meine Damen und Herren! Das war nicht ironisch gemeint, und ich nenne Ihnen auch den Grund dafür. (Abg. Dr. Mertel: Das ist zynisch!) Frau Kollegin Mertel, das ist nicht zynisch. (Abg. Dr. Mertel: Das ist mehr als zynisch! Unnotwendig!) Wenn es so angekommen ist, dann war das ein rednerischer Fehler. Aber ich bin ja nicht perfekt. (Abg. Dr. Mertel: Das stimmt! Aber diese Einsicht kommt spät!)

Zum Kollegen Schieder: Neben seinen brillanten außenpolitischen Reden und neben seinem sozialdemokratischen Engagement erinnert er mich immer daran, daß es neben dieser politischen Welt auch andere schöne Dinge gibt – mit allen Fasern seines Daseins. (Heiterkeit. – Abg. Dr. Mertel: Das sieht man auch bei Ihnen!)

Ich könnte jetzt noch viel erzählen über Frau Kollegin Schmidt (Abg. Dr. Maitz: Zensuren austeilen!), über Herrn Cap, auch liebenswerte Dinge über Herrn Maitz (Heiterkeit bei der SPÖ), über Petrovic, Neisser, Schwarzenberger selbstverständlich auch – dazu würde mir viel Nettes einfallen. Aber wenn ich mit den Nettigkeiten übertreibe, kann es mir passieren, daß ich in den nächsten Tagen und Wochen vielleicht Entzugserscheinungen habe.

Deswegen habe ich mich jetzt auf die häßlichen Seiten in diesem Haus verlegt. Wer fällt mir da natürlich ein? (Abg. Achs: Wabl! – Heiterkeit.) Daß ich mir manchmal einfalle, das sei mir gestattet. – Nein, da fällt mir natürlich Herr Khol ein, selbstverständlich Herr Khol mit seinem stummen "h"!

Meine Damen und Herren! Ich sehe, Herr Kollege Khol findet das nicht lustig. (Abg. Nürnberger: Das ist auch das Letzte!) Ich glaube, es wäre nicht gut, wenn ich diese häßlichen Dinge weiter fortführen würde. Ich sage Ihnen jetzt ganz offen: Ich behalte sie alle für mich, Herr Kukacka! Herr Schwimmer, ich behalte sie für mich, nehme sie mit und werde sie vergessen. (Abg. Dr. Mertel: Das ist unnotwendig!) Frau Mertel, ich werde sie einfach vergessen.

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob ich ein Buch schreiben werde, denn es gibt diesen schlechten Spruch: Hüte dich vor jenen, die nur ein Buch schreiben! (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Gestern hat Herr Präsident Fischer bei einem kleinen Empfang, den die Grünen für ihre scheidenden Abgeordneten gegeben haben, gesagt: Der Herr Abgeordnete Wabl hat öfters übers Ziel geschossen. – Da gebe ich ihm uneingeschränkt recht. Aber ich habe natürlich immer auf Ihre Herzen und auf Ihre Hirne gezielt. (Abg. Dr. Mertel: Womit?) Wenn ich Sie dann so vor mir gesehen habe, dann konnte ich nicht mehr anders, als darüber hinwegzuschießen. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Bei dieser meiner letzten Rede hier ist es besonders schwierig, die richtigen Worte zu finden. (Abg. Dr. Mertel: Das hat ihn überfordert! – Ruf bei der ÖVP: Peinlich ist so etwas!) Deshalb habe ich mich heute am Nachmittag kurz hingelegt und mir gedacht, vielleicht trifft dieser Spruch auch auf mich einmal zu: Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf. (Heiterkeit.)

Ich bin dann aufgewacht ... (Abg. Dr. Brauneder: Reden Sie ...! – Weitere Zwischenrufe.) Ich bin dann aufgewacht, Herr Kollege Brauneder, und habe eine schreckliche Befürchtung gehabt: Ich bin beim "Chef" vom Khol verpetzt worden, deshalb hat er mir nichts im Schlaf zukommen lassen. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Ich sehe schon, einige meiner Passagen sind mißverständlich. Frau Ridi Steibl aus der Steiermark schüttelt den Kopf. Ich denke mir, eine letzte Rede muß einfach versöhnlich sein. Frau Steibl, ich habe über Sie selten etwas Böses gesagt – und sage auch jetzt nichts Böses. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Aber um eines ersuche ich Sie wirklich herzlich, meine Damen und Herren! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich werde nun bald wieder ein Teil des Volkes sein, des Souveräns, meine Damen und Herren – und Sie sind ja nur dessen Vertreter! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Gaugg: Wem gibst du deine Stimme?)

Ich sage Ihnen dazu folgendes: Sie werden es hier in diesem Hause so verdammt schwer haben, wenn ich nicht mehr da bin ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wabl, es fällt mir so schwer wie noch nie, aber ich bitte um den letzten Satz. (Heiterkeit. – Ruf: Jetzt kann er keinen g’scheiten Satz mehr!)

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Ach! Ich wollte gerade meinen letzten Satz beenden! – Also: Sie werden es in diesem Hause bei Ihrer Arbeit so verdammt schwer haben, denn Sie müssen in Zukunft auch mich vertreten. – Danke schön. (Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ, der Freiheitlichen und des Liberalen Forums.)

20.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Löschnak. – Bitte, Herr Abgeordneter Löschnak.

20.07

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Nowotny hatte gestern einigen Aufwand, zu erklären, wo er seine Abschiedsworte anknüpfen sollte, welcher Tagesordnungspunkt dafür geeignet wäre und wo er dafür eine geeignete Plattform hätte. – Ich habe es da ein bißchen leichter, weil mir mein Klubobmann gesagt hat, daß ich bei diesem Antrag auf Beendigung der XX. Gesetzgebungsperiode als weiterer Redner meiner Fraktion wirken könnte.

Das ist natürlich ein guter Anknüpfungspunkt dafür, daß – wie Sie es heute schon einige Male gehört haben – entweder bilanziert wird – aus der Sicht der Opposition selbstverständlich nicht gut, aus der Sicht der Regierenden um einiges besser, wenn auch heute Gelegenheit dazu bestanden hat, doch auch Schuld auf sich selbst zu laden – oder daß dies als guter Anlaß herangezogen wird, sich aus der Politik zu verabschieden. Beides möchte ich tun, meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne jedoch die restliche Redezeit, die meinem Klub zur Verfügung steht – nämlich 31 Minuten – in Anspruch zu nehmen. Ich werde in wirklich wenigen Sätzen versuchen, Ihnen das näherzubringen.

Zum einen: Die Bilanz, die wir am Ende dieser XX. GP gemeinsam einbringen, ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Es ist zwar nicht alles gelungen, aber vieles ist gelungen. Es ist einiges von dem, was man sich am Beginn dieser XX. GP vorgenommen hatte, nicht gelungen. Das ist zweifellos auch festzustellen. Da unterscheiden wir uns nicht von all jenen, die voll im Leben stehen und sich das ebenfalls eingestehen müssen, wenn sie an einem Abend, vielleicht auch an einem Silvesterabend, bilanzieren.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bilanz der XX. GP ist eine Bilanz, die uns zu dem Ergebnis kommen lassen muß – da muß ich die Ausführungen von Herrn Klubobmann Khol noch ein bißchen erweitern –, daß es nicht nur ein gutes Land ist, in dem wir leben, sondern auch ein schönes und lebenswertes Land. Ich bin stolz darauf, Bürger dieses Landes sein zu dürfen! (Allgemeiner Beifall.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir vorgenommen, für die kommende Legislaturperiode nicht mehr zu kandidieren, scheide also nach 22 Jahren aus der Politik aus. Ich möchte nicht grußlos aus diesem Hause gehen, habe ich doch auch 22 Jahre lang in diesem Haus gewirkt: beginnend als Staatssekretär unter Bruno Kreisky und Fred Sinowatz, fortsetzend als Kanzleramtsminister unter Fred Sinowatz und danach als Gesundheitsminister sowie zuletzt als Innenminister unter Franz Vranitzky.

All die Funktionen, die ich erfüllen durfte, waren Funktionen, die selbstverständlich immer wieder Schwierigkeiten mit sich brachten. Da gab es immer wieder Probleme, und es galt täglich, Probleme zu lösen. Die schwierigste Zeit für mich war die Zeit als Innenminister, weil ich diese Funktion in einer Zeit ausgeübt habe, in der durch die Ostöffnung und durch den Fall der Mauer eine Wende in Europa eingetreten war. Wir – damit meine ich meine Mitarbeiter und mich – hatten wirklich alle Hände voll zu tun, die täglich, ja stündlich neuen Probleme zu erkennen und auch entsprechend zu lösen.

Eines der größten Probleme zur Zeitenwende 1989/1990 war sicherlich die Frage der Wanderungsbewegungen. Wir versuchten damals, entsprechende Maßnahmen entgegenzusetzen, Maßnahmen, die – das habe ich immer eingeräumt – nicht optimal und auch nicht fehlerfrei waren. Aber da frage ich mich: Was ist schon optimal? Und da frage ich weiters: Wer ist schon fehlerfrei?

Wir haben zumindest den Versuch unternommen. Es war kein so schlechtes Ergebnis, wie es vielleicht das eine oder andere Mal erschienen ist, denn sonst hätten nicht in weiterer Folge einige Länder in Europa diese Regelungen übernommen. – Das ist ein Punkt, den ich hier und heute anschneiden möchte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es mir zur Verpflichtung gemacht, wenn ich aus einer Funktion ausgeschieden bin, meinem Nachfolger – das hätte auch einmal eine Nachfolgerin sein können – nur ja keine Ratschläge zu erteilen, weil ich das für fast unanständig halte. Ich habe wirklich versucht, das durchzuhalten, und ich gebe zu, daß ich ein- oder zweimal schwach geworden bin. Aber auch da ist wieder die Frage erlaubt: Wer wird nicht vielleicht wenigstens einmal schwach? – Ich bin ein- oder zweimal schwach geworden, aber man möge mir das verzeihen.

Daher sehe ich mich hier und heute nicht in der Lage, nach meiner insgesamt sechsjährigen Parlamentszugehörigkeit vielleicht sogar dem Parlament einen Ratschlag zu geben; das würde ich mich ganz einfach nicht getrauen.

Ich verbinde jedenfalls dieses Ausscheiden mit dem Wunsch eines Menschen, der mehr als die Hälfte seines Berufslebens in der Politik verbracht hat. Mein "Unternehmen" war das "Unternehmen" Republik Österreich, und da darf man sich, wenn man fast schon ein 25-Jahre-Jubiläum feiert, etwas wünschen. Ich wünsche mir also abschließend von denjenigen, die die Geschicke in unserem Land weiter bestimmen werden, daß sie mir vielleicht eine oder zwei Hoffnungen erfüllen.

Die erste Hoffnung, die ich anspreche, ist, daß der Weg des Miteinanders – ob Sie das jetzt "Sozialpartnerschaft" oder anders nennen, ist gleichgültig –, der ein Markenzeichen der Zweiten Republik ist, weitergegangen werde.

Der zweite Wunsch, den ich habe, ist, daß die Fähigkeit zum Kompromiß, die ebenfalls ein Markenzeichen dieser Zweiten Republik war und ist – diese Fähigkeit inkludiert eine gemeinsame politische Verantwortung –, bestehenbleiben möge.

Zu guter Letzt möchte ich mir wünschen und hoffe das, daß die neutrale Stellung Österreichs in der Welt – die nicht Gesinnungslosigkeit bedeutet, sondern eine kritische Teilnahme im Bewußtsein der eigenen Identität darstellt – nicht aufgegeben wird, ohne daß dafür eine friedensstiftende Sicherheit erhalten wird, auch – ich sage das ganz bewußt, mag man es auch nicht gerne hören – wenn es etwas kostet. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Diese drei Hoffnungen möchte ich hier und heute abschließend auf den Tisch legen.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich bei allen meinen Mitarbeitern in all den Ministerien, in denen ich, wie gesagt, seit 1977 mitwirken durfte. Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern in den Klubs, insbesondere selbstverständlich in meinem eigenen Klub, und hier im Parlament.

Ich bedanke mich bei den Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die in den Ausschüssen mitgewirkt haben, in denen auch ich mitwirken durfte: im Gesundheitsausschuß, im Verfassungsausschuß und zuletzt im Innenausschuß. Sie hatten es besonders schwer, denn sie mußten einen Teil der Last mit mir tragen.

Ich bedanke mich letztendlich bei meiner Familie, denn sie hat es 22 Jahre lang mit mir ertragen müssen.

In ganz besonderem Maße bedanke ich mich bei Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn ich habe noch nie bei einer Rede so viel Aufmerksamkeit wie heute empfunden. – Herzlichen Dank und ein herzliches Glückauf! (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

20.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer. Die Restredezeit seiner Fraktion beträgt 8 Minuten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Herr Präsident, würden Sie mir bitte 7 Minuten einstellen?) – Bitte.

20.17

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich beginne meine letzte Rede in diesem Hause so, wie ich hier vier Fünftel der Zeit zugebracht habe, tätig war und dies gewohnt war, nämlich als Oppositionsabgeordneter.

Ich beginne damit, daß ich Ihnen von den Mehrheitsparteien sage: Das Leben ist immer wieder auch sehr gerecht. Ich meine damit den Umstand, daß am Ende dieser Legislaturperiode, wenige Wochen vor den nächsten Nationalratswahlen, all jene Dinge so offen und so geballt zutage treten, die für die sogenannte große Koalition symptomatisch sind. Ich zähle Ihnen vier Symptome der großen Koalition in diesem Lande auf und werde jeden dieser vier Punkte mit einem Belegbeispiel untermauern – in der gebotenen Kürze selbstverständlich.

Erstens: Symptomatisch für die große Koalition sind Proporz und Postenschacher. So geschehen bei den jüngsten Botschafterbesetzungen. (Zwischenruf des Abg. Müller.)

Zweites Symptom: politischer Filz und Günstlingswirtschaft. So geschehen rund um "Euroteam".

Drittes Symptom: Mißbrauch von Steuergeldern – so geschehen just im Wahljahr mit Ihrer Regierungspropaganda-Walze, angesichts der Sie sogar ein Werbewissenschaftler vor einem "kontraproduktiven Overkill" warnt.

Viertes Symptom: Mangelnde Effizienz in Sachfragen – zu konstatieren bei Ihrer Lehrlingsoffensive. Oder glauben Sie, daß es wirklich effizient ist, 3 Milliarden Schilling auszugeben, um 3 100 zusätzliche Lehrlingsplätze zu schaffen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen als freiheitlicher Oppositionspolitiker dafür nur herzlich danken: Eine bessere Orientierungshilfe hätten Sie den Wählerinnen und Wählern für die Entscheidung am 3. Oktober nicht auf den Weg mitgeben können.

Hohes Haus! Das ist, wie schon erwähnt, nach fast 20 Jahren meine letzte Rede hier im österreichischen Parlament. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, ja! Ich war nie auf den Applaus der beiden Mehrheitsfraktionen aus! Nie! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Ich war nie darauf aus, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber ich weiß – und Ihre Reaktion zeigt mir das –, es wird eben ganz allgemein erwartet, daß man zumindest zum Schluß dann auch etwas eher Artiges sagt, nicht wahr? – Ich weiß das schon! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Darum kann ich Sie auch nicht enttäuschen. (Abg. Dr. Schwimmer: Etwas Vernünftiges! – Abg. Mag. Kukacka: Etwas weniger Peinliches!)

Ich kleide daher das, was ich noch gerne sagen möchte, in drei Bitten, die sich naturgemäß wiederum an die beiden Mehrheitsfraktionen hier in diesem Hause richten:

Erstens: Verstehen und akzeptieren Sie bitte – und ich habe ja gerade gemerkt, daß diese Bitte notwendig ist und nicht von ungefähr kommt – nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis, daß die Aufgabe jeder parlamentarischen Opposition konsequente Kontrolle, das Aufzeigen von Schwachstellen und Fehlern ist! Nur so werden durch Kontrolle und Aufzeigen "saure Wiesen und Sümpfe" trockengelegt, wie einmal ein österreichischer Bundespräsident formuliert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweitens: Verstehen und akzeptieren Sie bitte, daß die parlamentarische Opposition dazu die entsprechenden parlamentarischen Möglichkeiten braucht, Möglichkeiten, um diese ihre, von der Verfassung vorgegebenen Aufgaben wahrnehmen zu können, die letztlich nicht immer nur dann und dort und so lange zum Tragen kommen können, als es der Mehrheit dieses Hauses genehm ist! Die müßten ja Masochisten sein, wenn sie ständig dieses Instrument zuließen – und über sich hinauswachsen.

Drittens: Verstehen und akzeptieren Sie bitte, daß die freiheitliche Opposition bei der Wahrnehmung dieser ihrer Kontrollfunktion hart attackiert und formuliert! Verstehen Sie das bitte! Würden wir nämlich nicht hart formulieren und attackieren, dann würden wir in einem Land, in dem sich die große Koalition – in ihrer Langzeiteinrichtung ein weltweites Unikum (Abg. Gaál: Das ist der Wählerwunsch!) – nicht nur auf das Parlament selbst, sondern auf weite Teile des Gesamtstaates erstreckt, überhaupt nicht gehört, geschweige denn ernst genommen werden!

Wir wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, damit nicht zerstören, sondern ganz im Gegenteil! (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) Nein, Frau Kollegin, nein, natürlich nicht! Wir wollen damit nicht zerstören, sondern – ganz im Gegenteil! – etwas am Leben erhalten: praktizierte Demokratie (Beifall bei den Freiheitlichen – Zwischenruf der Abg. Fuchs), wie sie die Verfassung vorsieht, Frau Kollegin Fuchs! Natürlich! Wir wollen damit das von der Verfassung vorgeschriebene Wechselspiel zwischen Legislative und Exekutive am Leben erhalten!

Wir stehen daher, Herr Kollege Khol, nicht außerhalb des "Verfassungsbogens", wie Sie einmal meinten, sondern ganz im Gegenteil: Wir stehen, weil wir diese Aufgabe ernst nehmen, im Zentrum! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wer am Rande steht, möchte ich hier und heute nicht erörtern.

Hohes Haus! In diesem Sinne: Auch wenn ich, wie Sie merken, ernüchtert hier ausscheide (Rufe bei der SPÖ: Nüchtern! – Heiterkeit bei der SPÖ) – auch nüchtern: ernüchtert und nüchtern scheide ich aus! –, das Feuer des Parlamentariers in mir ist nicht ganz erloschen, wie Sie gerade festgestellt haben; auch wenn Sie keine Freude damit haben.

Gerade deshalb aber, weil ich nach wie vor ein überzeugter und begeisterter Parlamentarier bin, wünsche ich Ihnen allen – und das meine ich genauso ehrlich und ernst, wie ich das andere, was Ihnen nicht gefallen hat, gemeint habe –, ganz besonders auch unserem zweiten Nationalratspräsidenten – dies deswegen, weil er anläßlich seines Ausscheidens von seinem Klubobmann mit keinem einzigen Wort erwähnt wurde (demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen) – von Herzen alles Gute, vor allem aber natürlich dem österreichischen Parlament! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Abgeordneten der Grünen und des Liberalen Forums sowie der Abgeordneten Dr. Niederwieser und Oberhaidinger.)

20.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Die Redezeit beträgt 1 Minute. – Bitte.

20.26

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Bisher war es Usance, daß der Nationalrat mit 15. September wieder zur ordentlichen Tagung einberufen wird, und es ist auch Usance gewesen, das vorzuschlagen.

Nunmehr haben Sie in Ihrem Entschließungsantrag den 23. September vorgesehen. Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger und Kollegen betreffend Einberufung der ordentlichen Tagung 1999

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird im Hinblick auf Artikel 67 Abs. 1 B-VG in Verbindung mit Artikel 28 Abs. 1 B-VG ersucht, dem Bundespräsidenten vorzuschlagen, den Nationalrat mit 15. September 1999 zur ordentlichen Tagung 1999 einzuberufen."

*****

Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen, denn wenn es nach Ihrem Antrag ginge, dann hätte die Opposition überhaupt keine Möglichkeiten mehr, parlamentarisch zu agieren. (Abg. Dr. Kostelka: O ja, in der nächsten ...!) Heute hat insbesondere Herr Abgeordneter Khol gemeint, daß man trotz des Wahlkampfes die Formen wahren und auch den ordentlichen Umgang beachten sollte.

Ich glaube, Sie sollten nicht in Anbetracht des Wahlkampfes hier eine Frist setzen, die es bisher nicht gegeben hat. Deshalb bitten wir Sie, zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Eine sachliche Abschlußrede!)

20.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mock. Die restliche Redezeit Ihrer Fraktion beträgt 8 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

20.28

Abgeordneter Dr. Alois Mock (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn heute die XX. Legislaturperiode beendet wird, so ist das eigentlich parlamentarische Routine. Das ruft uns aber auch in Erinnerung, daß jeder von uns, daß wir alle nur auf Zeit gewählt beziehungsweise bestellt sind, und in dieser Zeit haben wir für die Republik zu wirken.

Ich möchte dort einsetzen, wo sich Kollege Löschnak auf das Thema Gesprächsfähigkeit bezogen hat. Eine der großen Errungenschaften Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Gesprächsfähigkeit zwischen verschiedenen Parteien, verschiedenen sozialen Gruppen. Wir sollten sie – koste es, was es wolle – unbedingt erhalten. Es ist das notwendig für unsere politische Kultur. Auch wenn natürlich mit Recht an den Sozialpartnern und auch an den Parteien Kritik geübt wird: Wir brauchen diese Gesprächsfähigkeit!

Sie hat in einem hohen Maße dazu geführt, daß Österreich ein kleines Wirtschaftswunderland wurde, daß Österreich für viele ein Vorbild in sozialer Hinsicht wurde. Das ist nicht eine Frage höherer intellektueller Begabung, sondern wir haben nicht das, was wir vorher erarbeitet haben, durch Streiks und ähnliches verspielt.

Bewahren wir diese Kultur, geben wir sie weiter – wir werden auch in Europa viel dafür bewundert! Ich halte das für ganz, ganz wichtig.

Wir sollten auch jetzt schon daran denken, daß die Wochen kommen, in denen man auch nach dem 3. Oktober die Dialogfähigkeit wieder praktizieren muß. Wir müssen sie unbedingt erhalten! Auch nach dem 3. Oktober müssen alle wieder gesprächsfähig sein!

Wen der Wähler in dieses Haus entsandt hat, der hat das Recht, auch in die Gesprächsfähigkeit eingebunden zu sein; darauf müssen wir unbedingt achten. Niemand, der die Unterstützung des Wählers, das Vertrauen des Wählers bekommt, darf ausgeschlossen werden. – Ganz gleich, was passiert: Wir müssen versuchen, das auch nach dem 3. Oktober möglich zu machen.

Das ist auch etwas, was wir Europa geben können: In den Gewerkschaften werden wir deswegen bewundert, weil es dort diesen Gesprächskontakt gibt.

Von dieser Stelle aus möchte ich all jenen danken, die mir geholfen haben, einige Probleme in außenpolitischer Hinsicht zu lösen. Ich konnte einen Beitrag dazu leisten, daß wir zur Europäischen Union kamen. Ich bin all jenen dankbar, die dabei mitgegangen sind. Gerade von den Oppositionsparteien haben einzelne bewiesen, ihrer Partei durchaus treu zu bleiben und doch in dieser Sache eindeutig der Überzeugung, wir brauchen ein einiges Europa, ein friedliches Europa, den Vorrang zu geben.

Ich bin denen dankbar, die an der Sicherung der Überlebenschancen des Südtiroler Volkes und des Südtirol-Paketes mitgearbeitet haben. (Allgemeiner Beifall.)

Dankbar bin ich auch jenen, die dazu beigetragen haben, daß wir die größte UN-Fachkonferenz, die Menschenrechtskonferenz, nach Wien bekommen haben und dort als einziges westliches Land gegen den Völkermord in Bosnien gestimmt haben. (Neuerlicher allgemeiner Beifall.)

Das Anliegen der Menschenrechte muß ein zentrales Anliegen unserer Außenpolitik bleiben, meine Damen und Herren.

Ich bedanke mich bei all jenen, die mich unterstützt haben, als es darum ging, den Menschen, die eine Freiheit wollten, wie wir sie hatten, wie man sie im alten Jugoslawien aber nicht hatte – dort strebte man nach Demokratie, nach Selbständigkeit, nach Gleichwertigkeit im internationalen Raum –, durch unsere Politik Hoffnung zu geben. Auch das war Solidarität im besten Sinn, auch wenn es in einzelnen Fällen darüber gelegentlich unterschiedliche Meinungen gab. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bin bedanke mich, meine Damen und Herren, bei all jenen in allen Parteien, die auch mir die Gesprächsbereitschaft bewiesen haben. Ich kenne keine Partei, in der ich nicht Gesprächspartner hätte, bei denen ich überzeugt bin, daß sie, auch wenn sie unterschiedlich argumentieren, vom besten Willen für die Republik beseelt sind. Diesen Glauben müssen wir uns erhalten als den Humus für zukünftige glaubwürdige Demokratie.

Ich möchte hinzufügen, daß ich auch all jenen dankbar bin, die mir als Beamte, als Mitarbeiter geholfen haben. Ohne diese Menschen hätten wir das EU-Beitritts-Problem nicht so lösen können, wie wir es gelöst haben, hätten wir auch die Menschenrechtskonferenz nicht so lösen können, hätten wir viele andere Dinge nicht lösen können.

Ich bin dankbar den österreichischen Beamten – ein Ausdruck, der oft mit falschem Akzent gebraucht wird. Sie haben einen hohen Stellenwert, und manches in der Politik kann nur gemacht werden, weil sie dieses Wissen und diese Erfahrung einbringen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich wurde Bürgermeister einer kleinen Gemeinde, ich wurde auch Unterrichtsminister. Mich freut, daß ich damals am 1. August 1969 die große Schulreformkommission einberufen konnte, die sich auch mit der Frage des Fremdsprachenunterrichtes in der Schulreform beschäftigte. Damals gab es die ersten Diskussionen, und ich wurde auch kritisiert, weil ich für den Fremdsprachenunterricht in Englisch und Französisch war. Die Muttersprache muß aber mithalten können, das dürfen wir auch nicht vergessen, wenn wir Fremdsprachen vermitteln. Ich bin dankbar dafür, daß Frau Ministerin Gehrer jetzt viele Schulversuche in diesem Bereich in die Schulrealität umsetzt. Wir brauchen sie gerade in Europa. Ich appelliere an die Jugend, Fremdsprachen zu lernen. Das ist nicht nur beruflich von Vorteil, es ist auch in kultureller Hinsicht von Vorteil: Wer die Sprache eines anderen Landes kennt, kennt auch die Seele eines anderen Volkes. (Allgemeiner Beifall.)

Geben Sie auf diesem Weg, meine Damen und Herren, der Schulpolitik und der Familienpolitik die große Wichtigkeit und Bedeutung, die sie haben! Familie und Schule sind die Startpositionen für das Leben, und oft hängt die soziale Position im Leben und die Qualifikation davon ab, welche Ausgangsposition man in der Familie und in der Schule hatte. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich bei allen, die oft Schwierigkeiten oder Fehler, die man gemacht hat, nicht ausgenutzt haben. Ich bedanke mich für die großzügige Behandlung, die mir zuteil wurde. Ich könnte viele nennen, aber ich bin kein Zensor, der jetzt mit "gut" oder "weniger gut" beurteilt. Ich bin hier, um zu danken. Ich gehe als Optimist aus diesem Hohen Hause. Ich gehe aus dem Hohen Hause, aber noch nicht von der Politik – das mag für manchen eine kleine Enttäuschung sein. (Heiterkeit.)

Als der Optimist, als der ich gehe, meine Damen und Herren, war ich sehr beeindruckt von den heutigen Ausführungen des Vorarlberger FPÖ-Abgeordneten Nußbaumer.

Ich habe Grund gehabt, Optimist zu bleiben. Ich kam als Optimist, und ich bleibe Optimist. Es ist schön, für diese Republik zu arbeiten, auch wenn es Schwierigkeiten gibt, wenn man gelegentlich einmal stürzt, sich weh tut, einen gewissen Preis dafür bezahlt: Wenn man so viele Freunde hat, so getragen wird von der eigenen politischen Gemeinschaft, wie es mir widerfahren ist, wenn man soviel Unterstützung hat, wenn man auch privat zu zweit durchs Leben geht, dann trägt man jene Dinge, die gelegentlich die unangenehmen Seiten der Politik sind, leichter.

Es lebe unsere Republik, unser Vaterland Österreich in einem neuen, starken Europa! (Die Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen und spenden im Stehen langanhaltenden Beifall.)

20.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, lieber Kollege Mock. Ich werde, wenn wir alle geschäftsordnungsmäßigen Prozeduren hinter uns gebracht haben, Gelegenheit haben, mich nochmals kurz an Sie als langjährigen Klubobmannkollegen zu wenden, so wie ich mich über Ersuchen von Herrn Dr. Khol und Herrn Dr. Kostelka auch an Kollegen Neisser noch einmal wenden darf.

Diese Debatte ist jetzt geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2043 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist in zweiter Lesung einstimmig so beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen, dies bekunden. – Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung einstimmig angenommen wurde.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht in 2043 der Beilagen beigedruckte Entschließung betreffend die Einberufung der ordentlichen Tagung 1999/2000.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen. (E 212.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé als Antrag Krüger eingebrachten Antrag betreffend Einberufung dieser Tagung mit 15. September 1999. – Ich stelle fest, daß meiner Meinung nach das Croquis hier einen Fehler hat, weil wir den abändernden Antrag zuerst hätten abstimmen müssen.

Ich lasse nun über den Antrag Dr. Krüger, eingebracht von Frau Dr. Partik-Pablé, betreffend Einberufung der Tagung mit 15. September 1999 als abändernden Antrag abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher bleibt es beim vorhin gefaßten Beschluß.

Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Öllinger, Dr. Kier und Mag. Haupt auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Lehrlingshotline der Bundesregierung und betreffend die "Euroteam-Gruppe".

Dieser Antrag wurde schriftlich verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Öllinger, Dr. Kier, Mag. Haupt, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Auftragsvergabe und Abwicklung der "Lehrlingshotline" der Bundesregierung

Politische Verantwortlichkeit für die fehlende Kontrolle im Zusammenhang mit der Vergabe und der Abwicklung von Aufträgen an die "Euroteam-Gruppe"

Politische Interventionen im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge an die "Euroteam-Gruppe"

mit folgender Zusammensetzung: 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 LIF, 1 Grüne.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Durchführung einer Debatte wurde nicht verlangt.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, wie dies von den Kollegen Öllinger, Dr. Kier und Mag. Haupt beantragt wurde.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

*****

Als nächstes gelangen wir zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Auch dieser Antrag ist schriftlich verteilt worden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

a) die politische Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die im Zuge einer versuchten Abschiebung zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben,

b) die von den Behörden ausgeübte Praxis bei Verhängung und Durchführung von Schubhaft,

c) die von den Behörden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Kriterien bei Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen,

d) die von den Behörden ausgeübte Praxis bei der Durchführung von Abschiebungen, insbesondere die rechtswidrige Anwendung von Zwangsmaßnahmen wie Knebelung, Verwenden von Klebebändern und gewaltsame Verabreichung von Beruhigungsmitteln oder anderen schweren Psychopharmaka gegenüber Abzuschiebenden,

e) die Anwendung des Disziplinarrechts für Bundesbedienstete im Bereich der Exekutive, wenn Dienstpflichtverletzungen vorliegen,

f) die Vereinbarkeit der Vollziehung der einschlägigen Bundesgesetze mit europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards."

Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Durchführung einer Debatte ist nicht beantragt worden.

Wir kommen daher zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Antrag auf Permanenterklärung eines Ausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor, den Ausschuß für Innere Angelegenheiten hinsichtlich des Berichtes des Innenministers zur Entschließung des Nationalrates E 177-NR/XX.GP vom 10. Mai 1999 betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O. (III-199 der Beilagen) nach § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung durch eine sogenannte Permanenterklärung zu beauftragen, die Arbeiten in der tagungsfreien Zeit fortzusetzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag auf Permanenterklärung des Innenausschusses zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Beschluß auf Beendigung der ordentlichen Tagung 1998/99

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Einvernehmen mit allen Fraktionen des Hauses lege ich folgenden Antrag vor:

"Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 1998/99 der XX. Gesetzgebungsperiode mit Ende der 182. Sitzung des Nationalrates für beendet zu erklären."

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einstimmig so beschlossen.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf noch bekanntgeben, daß in der heutigen Sitzung der Antrag 1183/A eingebracht wurde und Anfragen eingelangt sind.

Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 27 sowie der Beendigung der ordentlichen Tagung zu verlesen, damit diese Teile des Protokolls mit Ende der Sitzung als genehmigt gelten. Dadurch soll die umgehende Ausfertigung der vom Nationalrat ausgehenden Beschlüsse ermöglicht werden.

Dieser Teil lautet wie folgt: Tagesordnungspunkt 27 ist der Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag Kostelka, Khol betreffend vorzeitige Beendigung der Gesetzgebungsperiode.

Die Abgeordneten Krüger und Genossen bringen den Entschließungsantrag (Beilage 27/1) ein. Bei der Abstimmung wird der Gesetzentwurf gemäß dem Ausschußantrag in 2043 der Beilagen einstimmig angenommen. Die dem Ausschußbericht (2043 der Beilagen) beigedruckte Entschließung wird mit Stimmenmehrheit angenommen. Ein weiterer Entschließungsantrag (Beilage 27/1) wird abgelehnt.

Der Präsident legt im Einvernehmen mit den Fraktionen folgenden Antrag vor: "Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 1998/99 der XX. Gesetzgebungsperiode mit Ende der 182. Sitzung des Nationalrates für beendet zu erklären." – Dieser Antrag wird einstimmig angenommen.

Soweit jener Teil des Amtlichen Protokolls, der für die vorgeschlagene Vorgangsweise relevant ist.

Erheben sich gegen den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Protokolls Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt das als genehmigt.

*****

Meine Damen und Herren! Sie haben am Beginn dieser Legislaturperiode ein Präsidium, bestehend aus drei Personen, gewählt. Wir sind damals nach unserer Wahl gemeinsam hier heraußen gesessen. Ich bitte nunmehr auch jetzt, am Ende dieser Gesetzgebungsperiode, Herrn Dr. Neisser und Herrn Dr. Brauneder, hier am Präsidium Platz zu nehmen – jetzt gleich bitte.

Herrn Dr. Neisser darf ich freundschaftlich einladen, einige Worte an das Hohe Haus zu richten. – Bitte, Heinrich. (Allgemeiner Beifall.)

Abschiedsworte des Zweiten Präsidenten Dr. Heinrich Neisser

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Lieber Herr Präsident Heinz Fischer! Ich danke vielmals, daß ich die Möglichkeit habe, noch einmal von hier – von oben herab – zu euch zu sprechen. (Heiterkeit.) Es wird sich nicht mehr wiederholen, aber es ist mir doch ein Bedürfnis, ein paar Sätze zu sagen.

Ich habe diesem Hause 24 Jahre lang angehört. Ich habe im November des Jahres 1975 meine erste Rede zur Wehrpolitik gehalten. Bis heute sind die Argumente eigentlich ziemlich vergleichbar.

Ich bin ins Parlament in einer Zeit gekommen, zu der eine völlig andere Struktur vorhanden war; zwei großen Parteien ist eine kleine Oppositionspartei gegenübergestanden. Heute sind es zwei Regierungsparteien, die mit drei Oppositionsparteien konfrontiert sind. Meine Ära im Parlament war also eine Ära, in der ich auch den Wandel dieses Parlaments erlebt habe.

Wenn ich meine Laufbahn in diesem Hause bildlich darstellen darf, so kann ich sie in Form einer Kurve beschreiben: eine Kurve, die auf jenem Sessel begann, auf dem heute Kollege Zweytick sitzt. Das war meine schönste Zeit, möchte ich sagen, und zwar nicht, weil man gleich zur Tür draußen ist (Heiterkeit), sondern weil es beglückend war, ein Hinterbänkler zu sein. Man hat aber leider keine Chance gehabt, sich mit Zwischenrufen durchzusetzen – das ist schon richtig. Ich möchte aber auch darum bitten, daß Sie aus der Tatsache, daß heute auf meinem Platz ein Weinbauer sitzt, nicht irgendwelche falschen Schlüsse auf meine privaten Hobbies ziehen. (Heiterkeit.) Ich bin dann sozusagen von oben nach unten gerutscht, in den Sessel des Klubobmannes, und bin dann von dort in die Höh’ geschwemmt worden zum Präsidium. Da sitze ich noch – nicht mehr lang: Ich rede jetzt zum letzten Mal zu Ihnen.

Ich möchte ein paar Worte des Dankes und auch der Entschuldigung sagen. In irgendeiner Zeitung von morgen steht diese furchtbare Diagnose, daß mich zwar einiges Positive auszeichnet, daß aber angeblich auch meine Grantanfälle ein Charakteristikum von mir seien. Dafür entschuldige ich mich ganz, ganz herzlich bei all denjenigen, die – egal, ob sie es wollten oder nicht – Adressaten meines Grantes sein mußten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler.)

Ich bedanke mich auch bei meinen beiden Präsidiumsmitgliedern. Irgendwie ist ja die Existenz eines Präsidiumsmitgliedes dadurch gekennzeichnet, daß sie dauernd zwischen Seriosität und Exzentrik pendelt. (Heiterkeit.) Wir haben, glaube ich, zu dritt dieses Spannungsfeld ganz gut beherrscht und gemanagt. Ich möchte mich vor allem auch bei den Mitarbeitern der Parlamentsverwaltung bedanken, die mich in den Jahren hier – vor allem in jenen, in denen ich am Präsidium gesessen bin – unterstützt haben.

Sie haben mich vor vier Jahren mit einer sehr großen Mehrheit gewählt. Ich hoffe, daß die, die mich damals gewählt haben, es nicht bereut haben, und ich hoffe, daß sich jene, die mich damals nicht gewählt haben, durch mein Wirken hier auf diesem Präsidium nicht in ihrem damaligen Verhalten bestätigt fühlen. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Ich möchte mich natürlich auch für all das entschuldigen, was ich getan habe und nicht tun hätte sollen. Ich entschuldige mich vor allem für die ungerecht erteilten Ordnungsrufe (Heiterkeit), aber ich entschuldige mich auch für die ungerechterweise nicht erteilten Ordnungsrufe. (Neuerliche Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Wenn Sie mir hier Nachsicht gewähren würden, so würde das mein Scheiden aus dem Hause, mit dem ich natürlich verbunden bin und auch geistig verbunden bleibe, erleichtern.

Ich möchte am Schluß einen persönlichen Satz sagen – fassen Sie das bitte nicht als falsche Koketterie auf –: Ich war 24 Jahre lang in diesem Hause, und ich konnte über all diese Jahre hinweg eine Reihe persönlicher Freundschaften – in jeder Fraktion – begründen. Auch wenn ich heute in diese Fraktionen – das gilt für jede von ihnen – blicke, so weiß ich, daß das noch immer existent ist. Das bedeutet für mich, daß ich auch nach meinem Ausscheiden das Bedürfnis haben werde, viele von Ihnen wiederzusehen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte von mir aus sagen: Ich behalte Sie in sehr guter Erinnerung. Hoffentlich tun Sie sich nicht schwer, dasselbe bei mir zu tun. – Ich danke Ihnen vielmals. (Die Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen und spenden im Stehen langanhaltenen Beifall.)

Schlußansprache des Präsidenten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Da wir soeben den Beschluß gefaßt haben, die Tagung 1998/99 mit dem Ende dieser Sitzung zu schließen, stehen wir jetzt wirklich wenige Minuten vor dem Ende dieser Tagung. Heute früh wurde die 182. Sitzung wie eine Routinesitzung eröffnet – und dann stellt sich heraus, daß die letzte Sitzung einer Gesetzgebungsperiode doch etwas ganz Besonderes ist, ihre eigenen Emotionen, ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten hat.

Ich freue mich, daß die Debatte, die wir zum Schluß zu dem notwendigen Gesetzesbeschluß geführt haben, Reden und Gedanken erbracht hat, die für den Parlamentarismus wichtig sind. Wenn mein persönliches Urteil über den österreichischen Parlamentarismus doch immer ein bißchen positiver und optimistischer ist als das, was man sicherlich berechtigterweise auch sagen kann, dann liegt das einfach daran, daß man sich, wenn man zum Vorsitzenden einer Körperschaft gewählt wird, dieser Körperschaft in besonderer Weise verbunden fühlt und wünscht, daß sie Anerkennung findet und eine wichtige Rolle spielt – und nicht haben will, daß vieles, was an Positivem über unseren Nationalrat gesagt werden kann, einfach unter den Tisch fällt.

Ich denke mir: Wenn es so ist, daß Journalisten, Mitglieder des Hauses und Politikwissenschafter kritische Gedanken äußern – warum soll man dann nicht auch das nennen dürfen, was an diesem Parlament gut und herzeigbar ist, auch im europäischen Vergleich! Das werde ich auch in Zukunft versuchen. Ich glaube, viele, oder eigentlich alle der 183 Abgeordneten haben es sich verdient, daß man den Parlamentarismus in Österreich auch in seinen positiven Seiten darstellt! (Allgemeiner Beifall.)

Wenn, wie ich gesagt habe, der letzte Sitzungstag etwas Besonders ist, dann ist wiederum die letzte Stunde am letzten Sitzungstag etwas Besonderes. Ich kann mich an die letzte Stunde in der XVIII. Gesetzgebungsperiode erinnern, als Robert Lichal und Heide Schmidt hier oben saßen und Robert Lichal seine letzte Sitzung hier hatte. Wir bezeichneten das als "die Stunde des Robert Lichal", und das mit Recht.

Du, Kollege Neisser, hast für deinen Wunsch eine gute Perspektive. Robert Lichal hat wirklich viele gute Freunde gefunden, und er ist auch heute noch willkommen in seiner geraden, direkten, unverwechselbaren Art. Heinrich, das wird bei dir genauso sein! Insofern ist das jetzt auch die Stunde des Heinrich Neisser, diese letzte Parlamentsviertelstunde. (Allgemeiner Beifall.)

Aber etwas wäre ungerecht, wenn es nicht geschehen würde: Einige Abgeordnete hatten heute oder gestern Gelegenheit, kurz das Wort zu ergreifen. Manche hatten viele Zuhörer, weil sie knapp vor einer Abstimmung sprachen, bei anderen war es ein bißchen anders. Ich denke, wir sollten wirklich allen, die ausscheiden, gute Wünsche mit auf den Weg geben!

Ich kann jetzt nicht alle namentlich nennen – das wäre auch vermessen, weil es in dem einen oder anderen Fall wirklich vom Wahlergebnis abhängen und daher erst am 3. Oktober feststehen wird; so ist das nun einmal in der Demokratie, und das ist gut so –, aber einen oder zwei kann man stellvertretend sicherlich nennen.

Im grünen Klub hatte ich gestern schon die sehr schwierige Aufgabe, Kollegen Wabl ehrlich zu würdigen und zu sagen, daß er wirklich grünes Urgestein ist, daß diejenigen recht haben, die sagen, daß er am Beginn des grünen Projektes stand, und hinzufügen möchte ich, daß er mit solcher Verve und mit solchem Engagement gekämpft hat, daß er manchmal anderen weh getan und in der Hitze des politischen Gefechtes andere verletzt hat. Was man Kollegen Wabl aber sicherlich zugute halten muß, ist dieses ungeheure Engagement, dieses Bemühen, seine Werte zu vertreten. Ich sage Kollegen Wabl und den anderen, die aus dem grünen Klub ausscheiden, ein herzliches Dankeschön! (Allgemeiner Beifall.)

Ich tue das gegenüber dem Liberalen Forum, indem ich Frau Motter anspreche. Sie hat mit so viel Einfühlungsvermögen hier als Ordnerin viele Aufgaben erfüllt. Sie war immer sehr um Korrektheit bemüht. Sie hat in ihren Debattenbeiträgen wirklich Wertvolles im Hause vorgetragen. Ich möchte mich bei Ihnen herzlich bedanken, Frau Abgeordnete! (Allgemeiner Beifall.)

Vom freiheitlichen Parlamentsklub ist Kollegin Apfelbeck, wie ich jetzt sehe, nicht da. Sie war Schriftführerin und hatte manchmal sehr unangenehme Aufgaben zu erfüllen, beim Auszählen von Stimmen oder ähnlichem. Aber ich habe immer gespürt, daß sie die Aufgabe als Schriftführerin mit ganzer Kraft ausgeübt hat, und es hat immer eine gute Zusammenarbeit mit ihr gegeben. Sie war Vorsitzende in einem Unterausschuß des Rechnungshofausschusses. Sie hat sich an Debatten in einer Art und Weise beteiligt, daß sie, wie man so sagt, das Ohr des Hauses hatte. Stellvertretend für alle, die aus dieser Fraktion ausscheiden, möchte ich Frau Abgeordneter Apfelbeck ein herzliches Wort des Dankes sagen! (Allgemeiner Beifall.)

In der ÖVP gibt es zwei Klubobmänner-Kollegen – ich habe es schon erwähnt –, nämlich die Kollegen Dr. König und Dr. Mock zu verabschieden.

In den siebziger Jahren, als Dr. Mock Klubobmann der ÖVP wurde, war er ein führender Funktionär des ÖAAB. Irgendwelche Gesetzmäßigkeiten der Politik bewirkten es, daß Konflikte der SPÖ mit dem ÖAAB oft viel schärfer als mit dem Bauernbund oder mit dem Wirtschaftsbund ausgetragen wurden. Politikwissenschafter müssen untersuchen, wieso das so war; es war jedenfalls so. Trotzdem, Herr Kollege Mock, erfüllten wir unsere Aufgaben, so gut wir konnten.

Es hat in den vielen, vielen Jahren nie irgendeinen persönlichen Zusammenstoß gegeben. Das hat es mir auch leichtgemacht, Ihnen unlängst zum Geburtstag sehr herzlich zu gratulieren und das zu würdigen, was zu würdigen ist: daß Alois Mock ein Christdemokrat von europäischem Format ist. Das wird im ganzen Hause anerkannt.

Kollege Dr. König übte ebenfalls die sicherlich nicht leichte – manchmal habe ich den Verdacht, daß das in der ÖVP noch ein bißchen schwieriger als in der SPÖ ist – Funktion des Klubobmannes aus und hat mit großer Beharrlichkeit auch seine parlamentarische Arbeit an der Spitze seiner Fraktion geleistet. Ich möchte den beiden Kollegen stellvertretend auch das allerherzlichste Dankeschön aussprechen! (Allgemeiner Beifall.)

In der SPÖ wende ich mich an meinen Uraltfreund Ewald Nowotny, mit dem ich seit Jahrzehnten auch privat befreundet bin – er ist dann nach Wien, nach Hietzing übersiedelt – und mit dem ich viele, viele gute Gespräche geführt habe. Er verläßt uns jetzt, weil er eine wichtige europäische Aufgabe übernimmt.

Im gleichen Atemzug möchte ich auch Franz Löschnak erwähnen. Ich möchte Ihnen berichten, daß irgendwann im Juni 1977 hier im Parlament in meinem Zimmer eine Besprechung zwischen dem damaligen Bundeskanzler Kreisky, seinem Vizekanzler und seinem damaligen Klubobmann stattfand. Der damalige Bundeskanzler sagte: Ich habe es satt, was ich alles machen muß, und so viele Termine im Parlament; ich brauche einen Staatssekretär, und er soll etwas von Verwaltung verstehen!

Der damalige Vizekanzler sagte: Ich kenne einen jungen Senatsrat im Rathaus. Er ist sehr tüchtig und wird das sicherlich hervorragend machen.

Viele Jahre später habe ich Franz Löschnak gefragt: Wann hast du eigentlich erfahren, daß du Staatssekretär wirst? Wer hat dir von der Besprechung erzählt, die wir damals hatten? – Da sagte er: Aus dem Radio habe ich es erfahren. (Heiterkeit. – Abg. Tichy-Schreder: Nicht der einzige!)

Das ist ein Politikerschicksal, wie es hie und da vorkommt. Aber es ist immer noch besser, man erfährt aus dem Radio, daß man etwas wird – und nicht, daß man etwas nicht mehr ist. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen letzten Satz: Allen, die ausscheiden, ein herzliches Dankeschön! Ein Dankeschön auch den Mitgliedern der Präsidialkonferenz! Ein Dankeschön den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Hause, den Mitarbeitern der Abgeordneten und jenen Kolleginnen und Kollegen, die dafür sorgen, daß die Arbeit des Parlamentes, des Nationalrates in den Medien transportiert wird!

Ich teile die Meinung, daß wir auf unsere Republik stolz sein können. Wir haben eine große Verantwortung für die Weiterentwicklung der Demokratie. Wir werden jetzt sozusagen die Stafette von der XX. in die XXI. Gesetzgebungsperiode hinüberreichen.

Es lebe unsere Republik! (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 21 Uhr