4/AE XXI.GP

 

                                               ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Freundinnen und Freunde

betreffend Umweltschutz und Senkung der Lohnnebenkosten durch Umsetzung einer

ökosozialen Steuerreform

 

Das derzeitige, veraltete Steuersystem führt zu steigender Arbeitslosigkeit und wachsender

Umweltbelastung. Erwerbsarbeit wird sehr hoch besteuert, Ressourcenverbrauch und

Umweltzerstörung sind hingegen noch immer weitgehend steuerfrei.

 

Fossile Energieträger (Kohle, Öl und Gas) sind sehr billig und werden in immer größeren

Mengen verbraucht. Energiesparinvestitionen und der Umstieg auf erneuerbare

Energieträger sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht oftmals unattraktiv. Die Folgen:

•   Wachsende Kohlendioxid - Emissionen führen durch den anthropogenen Treibhauseffekt

     zu tiefgreifenden Klimaveränderungen.

•   Die Förderung und der Transport von Öl, Kohle und Gas ist mit großen

    Umweltproblemen verbunden (Tankerkatastrophen, Lecks in Öl - und Gaspipelines,

    etc.).

•   Der Zugriff auf die Lagerstätten führt ständig zu militärischen Konflikten (siehe Irak,

    Kaukasus).

•  Energieimporte führen zu Devisenabfluß und reduzieren die inländische

   Wertschöpfung.

 

Bezahlte Arbeit wird indessen immer teurer. Die Nachfrage sinkt. Die Folgen sind

•  steigende Arbeitslosigkeit,

•  Unternehmen versuchen teure Arbeitsplätze wegzurationalisieren,

•  viele Tätigkeiten (z.B. Sozial - u. Pflegebereich) sind oftmals unbezahlbar,

•  Wegwerfen ist oft billiger als reparieren,

•  viele Private flüchten in den Pfusch - die Schwarzarbeit blüht und verursacht

   Steuerausfälle in mehrstelliger Milliardenhöhe.

 

Die ökosoziale Steuerreform soll die Fehlsteuerungen unseres derzeitigen Steuersystems

beseitigen. Die ökosoziale Steuerreform ist ein Steuertausch zwischen Ressourcen und

Arbeit. Fossile Energie (Kohle, Öl und Gas) aber auch andere umweltbelastende Stoffe

bzw. Tätigkeiten (Straßenverkehr) sollen durch Ökosteuern verteuert werden. Arbeit soll im

Gegenzug durch eine Senkung der Besteuerung billiger werden. Dieser Steuertausch führt

zu geringerer Umweltbelastung und mehr Beschäftigung. Die ökosoziale Steuerreform ist

die einzige Möglichkeit, um eine spürbare Senkung der Arbeitskosten (Lohnnebenkosten)

gegenfinanzieren zu können.

Die Grünen haben ein detailliertes Konzept für die Ökologisierung des österreichischen

Steuersystems vorgelegt. Wesentliche Elemente dieses Konzepts sind auch in den

Endbericht der Steuerreformkommission des Finanzministeriums eingeflossen.

 

Das Reformmodell der Grünen sieht eine schrittweise Ausweitung des Steuertausches

Ressourcen/Arbeit vor. In der letzten Ausbaustufe - nach fünf Jahren - sollen 130

Milliarden Schilling umgeschichtet werden. Die zentralen Punkte des Konzepts der Grünen:

• Erhöhung der Energiesteuern um jährlich 70 Mrd. S,

• Einführung vorwiegend fahrleistungsabhängiger Straßenverkehrsabgaben (vor allem

  Kilometerabgaben) im Umfang von 60 Mrd. S,

• Senkung der Arbeitskosten (Lohnnebenkosten) der Unternehmen um rund 45 Mrd. S,

• Steuerentlastung der Bevölkerung um 80 Mrd. S durch Einführung eines Umweltbonus

   in der Höhe von 10.000 S pro Person (Erhöhung des Absetzbetrages).

• Förderungen (Energieeffizienz, Anpassungsmaßnahmen, Landwirtschaft) im Umfang

   von 5 Mrd. S.

 

Die Umsetzung des Grünen Steuerreformmodells hätte wesentliche Vorteile:

• Schaffung von mehren zehntausend Arbeitsplätzen (etwa 25.000 bis 70.000) durch a)

  Verbilligung der Arbeit und b) forcierte Umweltinvestitionen (erneuerbare

  Energieträger, ÖV - Infrastruktur und - Betrieb).

• Arbeitsintensive Branchen profitieren ganz besonders von der Steuerentlastung.

• Umweltschutz durch Senkung der C02 - Emissionen.

• Erneuerbare Energieträger wären gegenüber Kohle, Öl und Gas preislich

  konkurrenzfähig.

• Für die Land - und Forstwirtschaft eröffnen sich neue Märkte.

• Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen, Schaffung regionaler Arbeitsplätze.

• Anreiz zum forcierten ÖV - Ausbau; langfristig: Entlastung der Straßen.

 

Durch die Steuerentlastung mittels einheitlich hohem Umweltbonus von 10.000 S profitieren

ganz besonders:

• finanziell schwache Bevölkerungsschichten, da sie in der Regel eine

  unterdurchschnittliche Ökosteuerbelastung zu tragen hätten (meist kleine Wohnung,

  kleines oder kein Auto),

• ältere Personen (oft kleine Wohnung, oft kein Auto),

• kinderreiche Familien bzw. Wohngemeinschaften,

• Haus - und Wohnungseigentümer, die auf sorgsamen Umgang mit Energie achten.

 

Auch Autofahrer profitieren von der ökosozialen Steuerreform. Der Verkehrszuwachs auf

den Straßen wird eingebremst. Staus werden reduziert. Durch den Ausbau des ÖV entstehen

attraktive Umsteigemöglichkeiten. Für Pkw - Pendler ohne Umstiegsmöglichkeit auf den ÖV

sieht das Grüne Modell zusätzliche Entlastungen vor.

 

Das Modell der Grünen für eine ökosoziale Steuerreform findet auch über Parteigrenzen

hinweg Akzeptanz. ÖVP - Wirtschaftsbund - Generalsekretär Reinhold Mitterlehner: „Über

das Grüne Modell kann man reden.“ (profil Nr. 1/99). Der nö. ÖVP - Landesrat Franz

Blochberger hat das Grüne Modell als „mutigen Schritt in die richtige Richtung und

beispielgebend für das dritte Jahrtausend“ bezeichnet. (OTS 111/14.01.99).

Die in Österreich häufig als Gegenargument vorgebrachte Forderung nach einem

europäischen Gleichklang“ und die Absage an einen „nationalen Alleingang“ bei der

Einführung von Energiesteuern bzw. der Umsetzung einer ökosozialen Steuerreform ist in

Kenntnis der vielen nationalen Initiativen nicht stichhaltig. Die skandinavischen Länder wie

Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland haben bereits frühzeitig auf Ökosteuern

gesetzt. 1999 wurden diese auch in Italien und Deutschland eingeführt. Deutschland hat seit

1. April 1999 die erste von drei geplanten Stufen einer Ökosteuerreform verwirklicht. Das

Volumen beträgt 1999 8,4 Mrd. DM (59,1 Mrd. S). Die Ökosteuerreform ist

aufkommensneutral, da gleichzeitig die Lohnnebenkosten - von derzeit 42,3 Prozent des

Bruttolohns auf unter 40 Prozent bis zum Ende der Legislaturperiode - gesenkt werden

sollen.

 

Bei den EU - Beitrittskandidaten gibt es in Slowenien, als erstem osteuropäischen Land,

bereits seit 1997 eine C02 - Abgabe, die 1998 verdreifacht wurde. Auch in Polen, Ungarn

und Tschechien bestehen konkrete Pläne für die Einführung von Ökosteuern. Die von der

EU - Kommission seit 1992 in unterschiedlichen Varianten vorgeschlagenen

Mindeststeuersätze für Energie haben das Ziel, die Nachzüglerländer an die Vorreiter

heranzuführen und nicht die Vorreiter einzubremsen.

 

Die Auswirkungen der ökosozialen Steuerreform der Grünen auf die internationale

Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft wurde anhand zahlreicher

Fallbeispiele einem ausführlichen Praxistest unterzogen. Von den 51 Unternehmen, darunter

auch energieintensive Papierfabriken und die VA Stahl AG Linz, müßte keine einzige Firma

mit einer Beeinträchtigung seiner internationalen Wettbewerbsfähigkeit rechnen. Damit

wurde der Nachweis erbracht, daß der Umsetzung einer ambitionierten ökosozialen

Steuerreform nichts im Weg stehen sollte.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden

aufgefordert, aufbauend auf den Arbeiten der Steuerreformkommissionen ein schrittweise

umzusetzendes Modell für eine ökosoziale Steuerreform auszuarbeiten, das zu einer

spürbaren Senkung der Arbeitskosten durch Reduktion der Lohnnebenkosten der

Unternehmen sowie zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen (Erreichung des Kyoto -

Ziels) führt. Das Modell soll folgende wesentliche Elemente beinhaltet:

1) Besteuerung fossiler Energieträger (Kohle, Öl, Gas) in einer Höhe, die zur verstärkten

    Nutzung von Energiesparpotentialen und zur Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer

    Energieträger führt.

2) Einführung fahrleistungsabhängiger Straßenverkehrsabgaben mit den Zielen

    Kostenwahrheit und Schaffung von Anreizen zum Ausbau und zur verstärkten Nutzung

    des ÖV.

3) Spürbare Reduktion der Arbeitskosten (Lohnnebenkosten) der Unternehmen durch

    Senkung der Lohnsummensteuern.

4) Entlastung der Haushalte durch Einführung eines für alle Personen einheitlich hohen

    Ökobonus.

5) Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft durch Begrenzung

    (Plafondierung) der Energiesteuerbelastung für die energieintensive

    Sachgüterproduktion.