32/AE XXI.GP

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr.  Gottfried Feurstein, Dr. Fasslabend, Dkfm. Dr. Puttinger

an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales

 

betreffend Abfertigung neu

 

Das derzeit bestehende Abfertigungssystem, das aus dem Jahre 1921 stammt,

hat seine historische Funktion durch die Veränderungen in der Arbeitswelt und

neu hervortretende Bedürfnisse der Arbeitnehmer teilweise verloren. Es führt zu

Nachteilen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ist nicht mobilitätsfreundlich.

Aus diesen Gründen soll die Abfertigung insbesondere in Richtung einer

zusätzlichen Pensionsvorsorge umgestaltet werden.

 

Folgende Grundsätze sind zu beachten:

 

1. Der gesetzliche Anspruch auf Abfertigung bleibt bestehen. Der Arbeitgeber

    soll einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu bestimmenden

    Prozentsatz des Bruttoentgelts (ursprüngliche Schätzung 2,5 %,

    Neuberechnung erfolgt derzeit) in eine Abfertigungs - und Pensionskasse

    einbezahlen. Hiedurch werden ein gleichmäßiges Anwachsen des

   Abfertigungsanspruches gewährleistet und die negativen Auswirkungen der

   Abfertigungssprünge nach 3, 5, 10, 15 und 20 Jahren beseitigt.

 

2. Die Zahlungen der Arbeitgeber sollen an Pensionskassen geleistet werden.

    Hiezu bedarf es der Novellierung des Pensionskassengesetzes; es bedarf ev.

    noch einer den §§ 25, 25 a BUAG vergleichbaren Regelung. Durch die

    Novelle des Pensionskassengesetzes müssen auch die Informationspflichten

    der Abfertigungs und Pensionskasse gegenüber dem Arbeitnehmer über den

    für ihn angesparten Betrag etc. (§19 PKG) sichergestellt werden.

 

3. Da es sich bei den Abfertigungsbeiträgen um laufende Betriebsausgaben

    handelt, ist durch eine Novelle des § 4 Abs. 4 EstG 1 988 die steuerliche

    Absetzbarkeit zu garantieren. Die Regelung über die Rückstellungen für

    bisherige Abfertigungsansprüche bleiben hingegen unverändert. Für die

    Vereinbarung der Beitragsüberführung bestehender Abfertigungszeiten an

    die Abfertigungs - und Pensionskasse muß sichergestellt werden, daß die

    bestehenden Rückstellungen bzw. diese Beiträge steuerfrei an die

    Abfertigungs - und Pensionskasse geleistet werden können

 

4. Um die positiven Auswirkungen dieses Modells allen Arbeitnehmern

    zukommen zu lassen, bedarf es auch der Novellierung des Bauarbeiter -

    Urlaubs - und Abfertigungsgesetzes, BGBl. Nr. 414/1972 und der Landes -

    Vertragsbedienstetengesetze.

 

5. Um die Zeiträume, wofür nach den derzeitigen Bestimmungen eine

    Abfertigung gebührt, nicht zu verändern, bedarf es einer Novellierung der

    §§ 8 Arbeitsplatz - Sicherungsgesetz 1991 sowie 15 Abs. 2

    Mutterschutzgesetz, damit auch weiterhin für die Zeit des Präsenzdienstes

    und des Mutterschutzes eine Abfertigung gebührt.

 

6. Durch die „Abfertigung neu“ ist sicherzustellen, daß allen Arbeitnehmern,

    die 25 Beschäftigungsjahre aufweisen, während der Zeit ihres Arbeitslebens

    eine Gesamtabfertigung eines Jahresentgelts zukommt. Die Arbeitnehmer

    können somit langfristig mit diesem Geld planen und damit für ihre Zukunft

    vorsorgen, ohne ihren sonstigen Verdienst dafür verwenden zu müssen.

7. Für den Arbeitnehmer besteht im Rahmen dieses Abfertigungsmodells je

     nach Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entweder im Zeitpunkt der

     Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder bei Pensionierung - eine freie

     Wahl zwischen einer Ausbezahlung oder einer Zusatzpension.

 

8. Da die Abfertigungszahlungen vom Betrieb ausgelagert werden und damit

    nur die monatlichen Beiträge statt der Gesamtabfertigung gesichert werden

    müssen, wird hiedurch längerfristig der Insolvenz - Ausfallgeld - Fonds

    entlastet (vgl. § 1 Abs. 3 Z 5 IESG). Dies führt zu einer Beitragssenkung für

    den Arbeitgeber.

 

9. Da der Einzahlungsbetrag immer vom aktuellen Monatsbezug und damit

     indirekt auch vom Beschäftigungsausmaß abhängig ist, werden die

     Ungerechtigkeiten des bestehenden Systems, nämlich daß die Abfertigung

     immer nur auf Basis des Letztbezuges berechnet wird, beseitigt.

 

10. Die Unternehmensübergabe -  bzw. nachfolge im klein - und mittelständischen

      Bereich wird erleichtert, da zum Übergabezeitpunkt keine hohen

      Abfertigungszahlungen ausstehen, da diese bereits an die Abfertigungs - und

      Pensionskasse geleistet sind.

 

11. Es gibt Betriebe, für welche die vorgeschlagene Regelung zu einer

      erheblichen Belastung führen würde. Aufgrund der Struktur der kurzen

       Arbeitsverhältnisse in Saisonbetrieben fallen dort bisher Abfertigungen kaum

       an. Daher sollen auch in Zukunft Arbeitsverhältnisse erst dann von der

       gegenständlichen Regelung erfaßt werden, wenn ein Dienstverhältnis länger

       als ein Jahr gedauert hat.

 

12. Ältere Arbeitnehmer werden kostengünstiger, da nach 25 Beitragsjahren der

       Arbeitgeber nichts mehr in die Abfertigungs- und Pensionskasse

       einzubezahlen hat.

 

13. Es ist zu prüfen, ob es einerseits sinnvoll ist, und andererseits ob es aufgrund

       des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, in

       bestehende Arbeitsverhältnisse einzugreifen, und das Modell „Abfertigung

       neu“ ab einem in der Zukunft liegenden Stichtag anzuwenden.

 

14. Aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus könnte man mit einer Verzinsung der

      Deckungsrückstellung von 6 - 7,5 % p.a. rechnen. Aus der

      Gesamteinzahlungssumme inklusive Zinsen ergibt sich innerhalb von

      25 Jahren ca. ein Jahresbezug als Gesamtabfertigung. Bei längerer

      Veranlagung ergibt sich sogar ein Betrag, welcher den derzeitigen

      Abfertigungsanspruch übertrifft.

 

15. Europareifes Modell: Das Modell Abfertigung Neu wäre mit dem Grundsatz

      der Mobilität der Arbeitnehmer voll vereinbar und würde daher eine moderne

      europakonforme Regelung darstellen. Ein ähnliches Abfertigungsmodell

      besitzt seit Jahrzehnten bereits Italien.

 

16. Um die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen in Österreich nicht zu

       gefährden, ist in einem Bereich, welcher dem arbeitsrechtlichen Synallagma

       nicht entspricht, ein Korrektiv vorzunehmen. Nach der derzeitigen Regelung

       des Urlaubsgesetzes (§ 9 Abs. 1 UrIG) ist es nämlich so, daß ein

       Arbeitnehmer bei Kündigung durch den Arbeitgeber den gesamten

      Jahresurlaub erhält, auch wenn er nur mit dem letzten Tag der

      Kündigungsfrist in das neue Urlaubsjahr fällt. In Hinkunft soll der

      Arbeitnehmer den Urlaub, welcher der Zeit seiner Beschäftigung während

      des Urlaubsjahres entspricht, anteilig erhalten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

                                                               Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem

Nationalrat einen Gesetzesentwurf über die „ABFERTIGUNG NEU“ mit

nachstehenden Grundsätzen sowie einen Entwurf für die erforderliche

Novellierung der betroffenen Gesetze vorzulegen, um allen Arbeitnehmern

während ihres Arbeitslebens einen Abfertigungsanspruch in sozialer

Ausgewogenheit zu sichern.

 

I.   Aufrechte Arbeitsverhältnisse sollen von dieser Neuregelung nicht erfaßt

     werden, es sei denn, Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren die

     Anwendung des Modells „Abfertigung neu“ auf ihr bestehendes

     Arbeitsverhältnis.

 

II. Ab einem bestimmten Zeitpunkt leistet der Arbeitgeber für 300 Monate

     ( 25 Jahre) einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu

     bestimmenden Prozentsatz des Bruttomonatsentgeltes (ursprüngliche

     Schätzung 2,5 %‚ Neuberechnung erfolgt derzeit) des Arbeitnehmers an

     eine private Abfertigungs - und Pensionskasse (auf Basis des

     Kapitaldeckungsverfahrens).

 

III. Der Beitrag des Arbeitgebers wird mit der Einbezahlung unverfallbar

       zugunsten des Arbeitnehmers.

 

IV. Im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 23

       Abs. 7 Angestelltengesetz (Kündigung des Arbeitnehmers, unberechtigter

       Austritt, verschuldete Entlassung) besteht zum Zeitpunkt der Beendigung

       des Arbeitsverhältnisses kein Anspruch auf Auszahlung des angesparten

       Betrages. in diesen Fällen soll der Arbeitnehmer erst zum Zeitpunkt der

       Pensionierung ein Wahlrecht zwischen Ausbezahlung des an gesparten

       Betrages oder einer Zusatzpension haben.

 

V.  Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch

      Arbeitgeberkündigung, einvernehmliche Lösung, unverschuldete

      Entlassung, berechtigten Austritt oder Fristablauf hat der Arbeitnehmer

      ein Wahlrecht zwischen Ausbezahlung des angesparten Betrages und

      einer Weiterveranlagung.

 

VI. Im Todesfall des Arbeitnehmers soll dieses Wahlrecht den gesetzlichen

       Erben (insbesondere dem Ehegatten / der Ehegattin, den Kindern)

       zustehen.

 

VII. Die vorstehenden Regelungen sollen erst dann gelten, wenn das

        Arbeitsverhältnis länger als ein Jahr gedauert hat.

 

VIII. Da Zeiten des Präsenz - und Zivildienstes sowie des Mutterschutzes bei

          der Bemessung der Abfertigung zu berücksichtigen sind, sind das

       Arbeitsplatzsicherungsgesetz und das Mutterschutzgesetz an die neue

       Rechtslage anzupassen.

 

IX. Die Besteuerung der Abfertigung bleibt mit 6 % unverändert.

 

X.  Jenen Arbeitgebern, die Beiträge an die private Abfertigungs - und

      Pensionskasse leisten, soll der Insolvenzentgeltsicherungsbeitrag für jene

      Dienstnehmer, die unter die neue Regelung fallen, entsprechend ermäßigt

      werden

 

XI. Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Arbeitgeber (zB

       Berücksichtigung als Betriebsausgaben etc) sind zu normieren.

 

XII. Urlaub: Das Urlaubsgesetz soll derart geändert werden, daß entsprechend

        dem arbeitsrechtlichen Grundsatz des Einvernehmens bei

        Geltendmachung des Urlaubsanspruchs dieser aliquot monatlich entsteht

        und bei Beendigung entsprechend dem offenen Urlaubsguthaben immer

        eine Urlaubsabfindung (§10 UrIG) gebührt.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Ausschuß für Arbeit

und Soziales zuzuweisen.