36/A XXI.GP
ANTRAG
der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Partik - Pablé
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, zuletzt geändert durch das
Bundesgesetz BGBl. I Nr.111/1998, wird wie folgt geändert:
1. § 4 Abs. 1 lautet:
„(1) Das Pflegegeld gebührt bei Zutreffen der Anspruchsvoraussetzungen,
wenn auf Grund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung
oder einer Sinnesbehinderung der ständige Betreuungs - und Hilfsbedarf
(Pflegebedarf) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird oder
würde.“
2. § 49 wird folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) § 4 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 tritt
mit 1. Juli 2000 in Kraft.
Begründung:
Bereits bei der Beschlußfassung über das Bundespflegegeldgesetz im Jahr 1992 haben
die freiheitlichen Abgeordneten angeregt, auch für Kinder unter drei Jahren Pflegegeld
zu gewähren. Leider wurde erst 1996 beschlossen, wenigstens in Härtefällen auch für
Kleinkinder einen Anspruch auf Pflegegeld vorzusehen. Wie die Antragsteller an einem
konkreten Beispiel erfahren mußten, wird diese Härteklausel der Situation der Eltern
stark pflegebedürftiger Kinder in keiner Weise gerecht.
Die Eltern eines mit Treacher Collins Syndrom Ende Mai 1999 geborenen Kindes
schildern den Pflegeaufwand wie folgt:
Ständiges Absaugen der Lunge (5 - 10mal pro Stunde), Kanülenwechsel und -
reinigung, Reinigung Absaugegerät: etwa 100 Stunden pro Monat.
Ernährung mit Magensonde und Spezialflasche: 2 x 5 Stunden pro Tag = 300
Stunden pro Monat.
Verkleben eines Auges, Training des anderen: 2 Stunden pro Tag = 60 Stunden pro
Monat.
Gehörtraining: 2 Stunden pro Tag = 60 Stunden pro Monat.
Alle Transporte in Krankenanstalten oder zu Therapien nur mit zwei Personen zu
bewältigen (ständiges Absaugen).
Allein die Rezeptgebühren betragen ca. ÖS 3.000,-- pro Monat, weil keine
Rezeptgebührenbefreiung erfolgt. Die Kosten belaufen sich insgesamt auf etwa ÖS
18.000,-- pro Monat (Zusatznahrung, Schläuche etc.). Vom Land Tirol wurde aufgrund
der Härtefallregelung lediglich ein Pflegegeld der Stufe 2 abzüglich Erhöhungsbetrag
der Familienbeihilfe gewährt (somit ÖS 2.863 monatlich).
Wie dieser Beispielsfall zeigt kann durchaus ab der Geburt schon ein Pflegebedarf
bestehen, der über die normale altersgemäße Pflege eines Kleinkindes bei weitem
hinausgeht und auch rein finanziell die Möglichkeiten der Eltern bei weitem übersteigen
und existentielle Probleme verursachen kann.
Zusätzlich ist zu bedenken, daß eine gute Pflege bei behinderten Kindern insbesondere
in den ersten Lebensjahren auch die eminent wichtigen Frühförderungsmaßnahmen
umfaßt, die einen hohen Zeitaufwand verursachen, für das weitere Leben des Kindes
aber von entscheidender Bedeutung sind. Dies wird im Bereich der Familienbeihilfe auch
anerkannt, indem diese nicht erst ab einer gewissen Altersstufe gewährt wird.
Die Situation der Eltern behinderter Kinder ist meist durch die Unmöglichkeit, neben der
Betreuung der Kindes noch einen Beruf auszuüben, ohnehin schwierig genug. Die
große Leistung der Eltern sollte daher zumindest durch eine Gleichbehandlung beim
Pflegegeld in Ansätzen anerkannt werden. Gerade für alleinstehende Mütter stellt das
Pflegegeld zumindest nach dem Ende des Karenzurlaubes oft die einzige Möglichkeit
dar, nicht aus finanziellen Gründen Arbeit annehmen zu müssen, obwohl die Pflege ihre
ganze Zeit beanspruchen würde.
Die Antragsteller schlagen aus all diesen Gründen vor, die Altersgrenze von drei Jahren
zur Gänze entfallen zu lassen und nicht nur in Härtefällen die Möglichkeit des
Pflegegeldbezugs vorzusehen, zumal ohnedies in § 4 Abs. 3 geregelt ist, daß für die
Beurteilung des Pflegebedarfs nur das Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen ist, das
über das erforderliche Ausmaß bei gleichaltrigen nicht behinderten Kindern hinausgeht.
In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf die erste Lesung die Zuweisung an den
Ausschuß für Arbeit und Soziales beantragt.