126/A XXI.GP
Antrag
der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Brigitte Povysil, Dr. Wolfmayr, Dr. Kurzmann
und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz über die Preisbindung
bei Büchern
Anwendungsbereich
§ 1. Dieses Bundesgesetz gilt für den Verlag und den Import sowie den Handel mit
deutschsprachigen Büchern und Musikalien. Es zielt auf eine Preisgestaltung ab,
die auf die Stellung von Büchern als Kulturgut, die Interessen der Konsumenten an
angemessenen Buchpreisen und die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten des
Buchhandels bedacht nimmt.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
1. Verleger, wer die Herausgabe, das Herstellen und das Verbreiten einer Ware im
Sinne des § 1 gewerbsmäßig übernimmt;
2. Importeur, wer eine Ware im Sinne des § 1 gewerbsmäßig zum Vertrieb nach
Österreich einführt;
3. Letztverkäufer, wer gewerbsmäßig Waren im Sinne des § 1 an Letztverbraucher
veräußert.
4. Letztverbraucher, wer eine Ware im Sinne des § 1 zu anderen Zwecken als zum
Weiterverkauf erwirbt;
5. Letztverkaufspreis, der bei der Veräußerung von Waren im Sinne des § 1 an
Letztverbraucher einzuhaltende Mindestpreis exklusive Umsatzsteuer.
6. Buchgemeinschaft, ein Unternehmer, der es gewerbsmäßig übernimmt, Waren
im Sinne des § 1 zu vervielfältigen und der diese ausschließlich an seine
Mitglieder, die eine Abnahmeverpflichtung gegenüber der Buchgemeinschaft für
zumindest die Dauer eines Jahres haben, verkauft;
7. Mängelexemplar, eine Ware im Sinne des § 1, die versehentlich verschmutzt
oder beschädigt worden ist, sodass sie von einem durchschnittlichen
Letztverbraucher eindeutig nicht mehr als neuwertig angesehen wird.
Preisfestsetzung
§ 3. (1) Der Verleger oder Importeur einer Ware gemäß § 1 ist verpflichtet, für die von
ihm verlegten oder die von ihm in das Bundesgebiet importierten Waren gemäß
§ 1 einen Letztverkaufspreis festzusetzen und diesen bekannt zu machen.
(2) Der Importeur darf den vom Verleger für das Bundesgebiet empfohlenen oder
für den Verlagsstaat festgesetzten oder empfohlenen Letztverkaufspreis,
abzüglich einer darin enthaltenen Umsatzsteuer, nicht unterschreiten.
(3) Kauft ein Importeur Waren im Sinne des § 1 zu einem von den üblichen
Handelsbedingungen abweichenden niedrigeren Einkaufspreis, so kann er den
von ihm festzusetzenden Preis niedriger festsetzen. Dies jedoch nur im
Verhältnis seines Handelsvorteils zu dem vom ausländischen Verleger
festgesetzten oder empfohlenen Preis. Der Nachweis des von den üblichen
Handelsbedingungen abweichenden niedrigeren Einkaufspreises obliegt dem
Importeur.
(4) Die Preisfestsetzung von reimportierten Waren im Sinne des § 1 nach anderen
Grundsätzen als den in Abs. 1 bis 3 festgesetzten, ist nur dann zulässig, wenn
der Export und nachfolgende Reimport nicht zur Umgehung dieses
Bundesgesetzes erfolgt ist.
(5) Zum nach Abs. 1 bis 4 festgesetzten Letztverkaufspreis ist die für die Ware im
Sinne des § 1 in Österreich geltende Umsatzsteuer hinzuzurechnen.
Bekanntmachung des Letztverkaufspreises
§ 4. (1) Der Verleger oder der Importeur hat den von ihm für eine Ware im Sinne des §
1 festgesetzten Letztverkaufspreis im Internet oder in geeigneten anderen
Medien unverzüglich bekannt zu machen.
(2) Für die Bekanntmachung nach Abs. 1 ist vom Bundesgremium der Buch - und
Medienwirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Hauptverband des
österreichischen Buchhandels eine elektronisch jederzeit zugängliche Internet -
Seite zu unterhalten.
Preisbindung
§ 5. (1) Letztverkäufer dürfen bei Veräußerung von Waren im Sinne des § 1 an
Letztverbraucher den nach § 3 festgesetzten Letztverkaufspreis höchstens bis
zu 5 von Hundert unterschreiten.
(2) Letztverkäufer dürfen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
eine Unterschreitung des Letztverkaufspreises im Sinne des Abs. 1 nicht
ankündigen.
(3) Die Verpflichtung nach Abs. 1 gilt nicht für Waren im Sinne des § 1, deren
Letztverkaufspreis vor mehr als 24 Monaten zum ersten Mal gemäß § 4 bekannt
gemacht wurde und deren Lieferzeitpunkt länger als sechs Monate zurückliegt,
soferne kein Exemplar der betroffenen Ware im Sinne des § 1 in den letzten
sechs Monaten bezogen wurde.
(4) Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 3 ist vom Letztverkäufer
nachzuweisen.
Ausnahmen
§ 6. Abweichend von § 5 darf der Letztverkäufer vom festgesetzten Letztverkaufspreis
in folgenden Fällen und in folgendem Umfang abweichen:
1. bei Verkauf von Waren im Sinne des § 1 an wissenschaftliche Bibliotheken, die
jedem wissenschaftlich Arbeitenden zugänglich sind, ist ein Abweichen von
maximal 10 von Hundert zulässig;
2. bei Verkauf an Hörer eines an einer Universität Vortragenden zum Eigenbedarf,
gegen Vorlage vom Vortragenden unterschriebenen und mit dem Namen des
Hörers versehenen Hörerscheins, ist ein Abweichen von maximal 20 von
Hundert zulässig;
3. bei Verkauf im Rahmen des Buchklubs der Jugend;
4. bei Verkauf von Mängelexemplaren ist ein handelsübliches Abweichen im
Verhältnis zur Beschädigung zulässig.
Sonderpreise
§ 7. In den folgenden Fällen kann ein Verleger für die von ihm verlegten Waren im
Sinne des § 1 Sonderpreise festsetzen, die an Stelle des nach § 3 festgesetzten
Letztverkaufspreises treten:
1. Serienpreise für den geschlossenen Verkauf einer Reihe zusammengehöriger
Werke desselben Verlages. Sie gelten nicht für einzelne Werke der Reihe;
2. Mengenpreise für den Verkauf einer größeren Anzahl desselben Werkes an
einen Letztverbraucher in einem Verkaufsfall;
3. Subskriptionspreise bis zum vollständigen Erscheinen eines Werkes; bei
einbändigen und mehrbändigen Werken, die gleichzeitig erscheinen, kann ein
Subskriptionspreis bis drei Monate nach Erscheinen in Form einer
Preisermäßigung von höchstens 20 von Hundert des Letztverkaufspreises
festgesetzt werden;
4. Umtauschpreise für den Fall der Rückgabe einer älteren Ausgabe, die vor
Erscheinen des Werkes bekannt gegeben werden;
5. Sonderpreise für Autoren oder andere Personen, die an dem Zustandekommen
oder bei der Herausgabe des Verlagserzeugnisses ausschlaggebend mitgewirkt
haben;
6. Preise für Buchgemeinschaften, soferne diese Waren im Sinne des § 1
ausschließlich an ihre Mitglieder verkauft und vorausgesetzt, dass der
Zeitabstand zwischen dem Erstverkaufstag im Sortiment der vom Verleger
herausgegebenen Originalausgabe und dem Erstverkaufstag der
Buchgemeinschaftsausgabe handelsüblich ist und sich die
Buchgemeinschaftsausgabe in ihrer äußeren Ausstattung in handelsüblicher
Weise derart von der Originalausgabe unterscheidet, dass ein durchschnittlicher
Letztverbraucher beim Vergleich den Eindruck gewinnen muss, dass es sich um
zwei unterschiedliche Verlagserzeugnisse handelt.
Handlungen gegen die Preisfestsetzung
und Preisbindung
§ 8. Handlungen gegen § 3 sowie gegen § 5 gelten als Handlungen im Sinne des § 1
des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl. Nr.448/1984 in der
jeweils geltenden Fassung.
Strafbestimmungen
§ 9. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer entgegen § 4 Abs. 1
Letztverkaufspreise nicht bekannt macht.
(2) Die Übertretungen nach Abs. 1 sind mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 S zu
bestrafen.
Zeitlicher Geltungsbereich
§ 10. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit
30. Juni 2000 in Kraft.
(2) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des 30. Juni 2005 außer Kraft.
Vollziehung
§ 11. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich des § 8 der
Bundesminister für Justiz, hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der
Bundeskanzler betraut.
Übergangsbestimmungen
§ 12. Für Waren im Sinne des § 1, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Bundesgesetzes mit einem festen Ladenpreis, der im Verzeichnis lieferbarer
Bücher, Ausgabe xxxx, veröffentlicht war, in Verkehr gebracht wurden, gilt dieser
Preis als vom Verleger oder Importeur festgesetzte Preis im Sinne dieses
Bundesgesetzes.
In formeller Hinsicht wird angeregt, den Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem
Kulturausschuss
zuzuweisen.
Vorblatt
Der Entwurf eines Bundesgesetzes über die Preisbindung bei Büchern war bisher nicht
in Begutachtung. Daher wird in Aussicht gestellt, dass gemäß § 40 Abs. 1 des
Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates eine Ausschussbegutachtung
durchgeführt werden soll.
An dieser Ausschussbegutachtung sollen teilnehmen:
Präsidium des Nationalrates
Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst
Rechnungshof
Büro des Datenschutzrates
Volksanwaltschaft
Oesterreichische Nationalbank
Finanzprokuratur
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Bundesministerium für Finanzen
Bundesministerium für Inneres
Bundesministerium für Justiz
Bundesministerium für Landesverteidigung
Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport
Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
Amt der Wiener Landesregierung
Amt der Niederösterreichischen Landesregierung
Amt der Oberösterreichischen Landesregierung
Amt der Salzburger Landesregierung
Amt der Steiermärkischen Landesregierung
Amt der Tiroler Landesregierung
Amt der Vorarlberger Landesregierung
Amt der Kärntner Landesregierung
Amt der Burgenländischen Landesregierung
Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung
Bundesarbeitskammer
Österreichischer Gewerkschaftsbund
Freie Gewerkschaft Österreichs
Wirtschaftskammer Österreich
Österreichischer Landarbeiterkammertag
Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs
Österreichische Arztekammer
Österreichische Apothekerkammer
Österreichische
Dentistenkammer
Industriellenvereinigung
Kammer der Wirtschaftstreuhänder
Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
Österreichische Notariatskammer
Bundeskammer der Tierärzte Österreichs
Bundeskomitee Freie Berufe Österreichs
Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten
Österreichische Patentanwaltskammer
Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz
Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche in Österreich
Österreichische Bundes - Sportorganisation
Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger
Kriegsopfer - und Behindertenverband Österreich
Österreichischer Wirtschaftsbund
Freier Wirtschaftsverband Österreichs
Ring freiheitlicher Wirtschaftstreibender
Wirtschaftsforum der Führungskräfte
Österreichischer Bundesjugendring
Österreichischer Städtebund
Österreichischer Gemeindebund
Zentralausschuß der Österreichischen Hochschülerschaft
Hauptverband des Österreichischen Buchhandels
IG - Autoren
IG - Kultur
Übersetzergemeinschaft
Österreichische Nationalbibliothek
Buchmarketing GesmbH
P. E. N. Club
Österreichische Gesellschaft für Literatur
Vereinigung österreichischer Bibliothekare (VÖB)
Internationales Institut für Jugendliteratur und Leseforschung
Grazer Autorenversammlung
AKM
Erläuternde Bemerkungen:
Der vorliegende Gesetzesantrag dient dazu, die Preisbindung für Bücher auf der
Einzelhandelsstufe im österreichischen Bundesgebiet gesetzlich zu verankern. Damit
soll die Aufrechterhaltung der Büchervielfalt und die Verhinderung von
Beeinträchtigungen des lauteren Wettbewerbs gewährleistet werden. Mit dem
vorliegenden Gesetzesantrag soll auch der Position der Europäischen Kommission
Rechnung getragen werden, wonach die bisher bestehenden privaten
grenzüberschreitenden Vereinbarungen zur Buchpreisbindung nicht mit dem
Gemeinschaftsrecht vereinbar sind und bis 30. Juni 2000 ausser Kraft zu setzen sind.
Eine auf nationaler Gesetzgebung beruhende Buchpreisbindung hat - worauf die
Europäische Kommission ausdrücklich hingewiesen hat - die Vorschriften des EG -
Vertrages und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Grundsatz
des freien Warenverkehrs zu beachten.
Der vorliegende Gesetzesantrag orientiert sich an den Regelungen des französischen
Gesetzes zur Buchpreisbindung (Loi Nr. 81 - 766 idF Loi Nr. 85 - 500, "Loi Lang“) und den
dazu ergangenen Durchführungserlässen (insbesondere dem Circulaire vom
10. 1. 1990). Diese Regelungen waren bereits mehrfach Gegenstand von
Entscheidungen des Europäischen Gerichthofes. Es kann daher davon ausgegangen
werden, dass die französische Rechtslage gemeinschaftsrechtskonform ausgestaltet ist.
Ähnlich dem französischen Gesetz werden durch den vorliegenden Gesetzesantrag
neben in Österreich verlegten Büchern auch importierte Bücher von der Preisbindung
erfasst. Eine solche Regelung erweist sich als notwendig, da ein Grossteil der in
Österreich auf den Markt kommenden Bücher nicht in Österreich verlegt wird. Eine
Einbeziehung importierter Bücher ist aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht jedoch nur in
Form eines nationalen Gesetzes sowie unter Berücksichtigung der nachstehenden
Bedingungen zulässig.
Die Bestimmungen des Gesetzesantrages entsprechen im Wesentlichen den
Regelungen der "Loi Lang“ und des Circulaire vom 10. 1. 1990, wonach der Verleger
oder Importeur den Endverkaufpreis frei festsetzen kann. Unverzichtbar ist nach der
Judikatur des EuGH die Bestimmung, wonach ein erzielter Einkaufsvorteil sich im Preis
niederschlagen können muss (vgl. Rs 229/83, Leclerc, Slg. 1985, 1, Rdnr. 26; Rs
281/83, Cullet; Slg. 1985, 305, Rdnr. 25).
Im ggstl. Antrag ist ein Mindestpreis vorgesehen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen
(Verhältnismäßigkeit) sollte nämlich der geringste Eingriff in die Privatautonomie
gewählt werden (vgl. VfGH vom 6. 10. 1999, G 239/96).
Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist den Buchhändlern durch die Einräumung von
Rabattmöglichkeiten unter Beachtung der Zwecke der Buchpreisbindung ein möglichst
grosser Gestaltungsspielraum für autonom unternehmerische Entscheidungen
einzuräumen (vgl. VfSlg. 14259/1994).
Der Katalog der Ausnahmen und Sonderpreise wurde im Hinblick auf die
verfassungsgerichtliche Judikatur zu Beschränkungen der Erwerbsausübungsfreiheit
weit gefasst.
Was die Dauer der Preisbindung betrifft, orientiert sich der Gesetzesantrag an der
französischen Regelung.
Auf Grund des engen sachlichen Zusammenhangs der Bestimmungen dieses Gesetzes
mit dem UWG wird vorgesehen, dass Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtung zur
Preisfestsetzung und gegen die Preisbindung nach der Bestimmung des § 1 UWG zu
sanktionieren sind.
Hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereichs wurde auf Grund der dynamischen
Entwicklungen auf dem Buchmarkt eine Befristung auf fünf Jahre vorgesehen.