209/A XXI.GP

 

Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Harald Ofner

und Kollegen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 und das Auslieferungs -

und Rechtshilfegesetz geändert werden

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 und das

Auslieferungs - und Rechtshilfegesetz geändert werden

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel I

 

                Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631. zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 26/2000, wird wie folgt geändert:

 

1. Dem § 84 wird folgender Abs. 2a ein gefügt:

 

                „(2a) Unbeschadet der Vorschrift des Abs. 2 hat die Behörde oder öffentliche

Dienststelle Anzeige zu erstatten, wenn dies zum Schutz des Verletzten oder anderer Personen

vor weiterer Gefährdung erforderlich ist.“

 

2. Nach dem § 145 wird folgende Bestimmung ein gefügt:

 

                „§ 145a. (1) Soweit Kreditinstitute das Bankgeheimnis nicht auch im

Strafverfahren zu währen haben (§ 38 Abs. 2 Z 1 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr.

532/1993), sind sie und für sie tätige Personen verpflichtet, alle Urkunden und anderen

schriftlichen Unterlagen über Art und Umfang der Geschäftsverbindung und damit im

Zusammenhang stehende Geschäftsvorgänge und sonstige Geschäftsvorfälle herauszugeben,

wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, die Geschäftsverbindung einer Person

mit dem Kreditinstitut stehe mit der Begehung einer strafbaren Handlung im Zusammenhang.

Unter denselben Voraussetzungen haben für das Kreditinstitut tätige Personen über solche

Geschäftsvorfälle als Zeugen auszusagen.

 

                (2) Anstelle der Originale von Urkunden und anderen schriftlichen Unterlagen

können Ablichtungen herausgegeben werden, sofern deren Übereinstimmung mit dem

Original außer Zweifel steht. Werden Datenträger verwendet, so hat das Kreditinstitut

dauerhafte und ohne weitere Hilfsmittel lesbare Wiedergaben auszufolgen oder herstellen zu

lassen. Für seine Mitwirkung gebührt dem Kreditinstitut auf Antrag der Ersatz der

angemessenen und ortsüblichen Kosten für Personal - und Materialaufwand.

                (3) Das Bestehen der Verpflichtungen nach Abs. 1 hat der

Untersuchungsrichter mit Beschluss festzustellen. Dieser Beschluss hat zu enthalten:

                1. Die Bezeichnung des Verfahrens und der Tat, die der Untersuchung zu

                    Grunde liegt,

                2. das Kreditinstitut und die für die Erfüllung seiner Verpflichtungen

                    unerlässlichen Angaben,

                3. die Tatsachen, aus denen sich der Zusammenhang zwischen der

                    Geschäftsverbindung und dem Gegenstand der Untersuchung ergibt, und

                4. die Bezeichnung der herauszugebenden Unterlagen und der zu erteilenden

                    Informationen.

 

                (4) Ein Beschluss nach Abs. 3 ist dem Kreditinstitut, dem Beschuldigten und

der aus der Geschäftsverbindung verfügungsberechtigten Person zuzustellen. Die Zustellung

an den Beschuldigten und den Verfügungsberechtigten kann aufgeschoben werden, solange

durch sie der Zweck der Untersuchung gefährdet wäre.

 

                (5) Will das Kreditinstitut bestimmte Unterlagen nicht herausgeben oder

bestimmte Informationen nicht erteilen, so ist im Sinne der §§ 143 Abs. 2 und 145 Abs. 2

vorzugehen.

 

3. § 285 wird wie folgt geändert:

 

                (a) Im Abs.1 entfällt der letzte Satz.

 

                (b) Der bisherige Abs. 2 erhält die Absatzbezeichnung "(5) „; folgende Abs. 2

bis 4 werden eingefügt:

 

                „(2) Im Falle extremen Umfangs oder extremer Schwierigkeiten des

Verfahrens hat der Gerichtshof erster Instanz die in Abs. 1 genannte Frist auf Antrag des

Beschwerdeführers um den Zeitraum zu verlängern, der erforderlich ist, um eine ausreichende

Vorbereitung der Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 lit. b der Konvention zum Schutze der

Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl.Nr. 210/1958, und Art. 2 des 7. Zusatzprotokolls,

BGBl.Nr. 628/1988) oder der Verfolgung der Anklage zu gewährleisten.

 

                (3) Ein Antrag nach Abs. 2 ist beim Gerichtshof erster Instanz binnen der für

die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde offenstehenden Frist (§ 284 Abs. 1) mündlich zu

Protokoll zu geben oder schriftlich einzubringen. Über den Antrag entscheidet der

Vorsitzende mit nicht anfechtbarem Beschluss, der dem Beschwerdeführer und seinem

Gegner spätestens zugleich mit der Ausfertigung des Urteils bekannt zu machen ist. Die Frist

zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde beginnt jedenfalls nicht zu laufen, ehe der

Beschluss über den Antrag bekannt gemacht ist.

 

                (4) Hat der Beschwerdeführer seine Rechtsmittelausführung rechtzeitig

eingebracht, so ist sie seinem Gegner mit der Belehrung zuzustellen, dass er binnen vier

Wochen seine Gegenausführung überreichen könne. Diese Frist kann unter sinngemäßer

Anwendung der Abs. 2 und 3 verlängert werden.

 

4. § 294 wird wie folgt geändert:

 

a) Im Abs. 2 wird nach dem zweiten Satz folgender Satz eingefügt:

 

„Wurde dem Beschwerdeführer für die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285

Abs. 2 eine längere Frist gewährt, so gilt diese auch für die Ausführung der Berufung."

 

b) Im Abs. 5 hat der zweite Satz zu lauten:

 

"Für die Anberaumung und Durchführung des Gerichtstages gelten die Bestimmungen der §§

286 und 287 dem Sinne nach mit der Maßgabe, dass der nicht verhaftete Angeklagte

vorzuladen und auch die Vorführung des verhafteten Angeklagten zu veranlassen ist, es sei

denn, dieser hätte in seiner Berufung oder Gegenausführung ausdrücklich darauf verzichtet.“

 

5. Jm § 296 Abs. 3 hat der zweite Satz zu lauten:

 

„In diesem Fall ist zum Gerichtstag der nicht verhaftete Angeklagte vorzuladen und die

Vorführung des verhafteten Angeklagten zu veranlassen, es sei denn, dieser hätte in seiner

Berufung oder Gegenausführung ausdrücklich darauf verzichtet.“

 

6. § 376 Abs.1 hat zu lauten:

 

                „(1) Eine solche Beschreibung ist durch Aufnahme in die Ediktsdatei öffentlich

bekannt zu machen (§ 89j Abs. 1 GOG). In diesem Edikt ist der Eigentümer aufzufordern,

sich binnen eines Jahres ab Bekanntmachung zu melden und sein Recht nachzuweisen.“

 

7. Im § 467 Abs. 5 wird die Wortfolge „vierzehn Tagen“ durch die Wendung „vier Wochen“

ersetzt.

 

8. § 471 Abs. 3 hat zu lauten:

 

                „(3) Ist der Angeklagte verhaftet, so hat der Gerichtshof seine Vorführung zu

veranlassen, es sei denn, der Angeklagte hätte in seiner Berufung oder Gegenausführung

ausdrücklich darauf verzichtet.“

 

9. Im § 489 Abs.1 hat der zweite Satz zu lauten:

 

„Für das Verfahren gelten dem Sinne nach die Vorschriften der §§ 464 bis 477 und 479 mit

Ausnahme des zweiten Satzes im § 468 Abs. 2; die Frist zur Ausführung der

Berufungsgründe sowie der Gegenausführung (§ 467 Abs. 1 und 5) kann jedoch in

sinngemäßer Anwendung des § 285 Abs. 2 bis 5 verlängert werden.“

Artikel II

Änderung des Auslieferungs - und Rechtshilfegesetzes

 

                Das Auslieferungs - und Rechtshilfegesetz, BGBl.Nr. 529/1979, zuletzt

geändert durch das Bundesgesetz BGBl.Nr. 762/1996, wird wie folgt geändert:

 

                Im § 55 Abs. 1 erster Satz werden die Worte „oder einstweilige Verfügung“

durch die Wendung“, einstweilige Verfügung oder Beschlussfassung nach § 145a StPO“

ersetzt.

 

Artikel III

 

Inkrafttreten und Schlußbestimmungen

 

Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. November 2000 in Kraft.

 

Begründung

 

Durch den gegenständlichen Initiativantrag soll den Ergebnissen des Begutachtungsverfahren,

das zur Zeit zu diesem Gesetzesvorhaben durchgeführt wird, nicht vorgegriffen werden.

 

Die Unterzeichner sind aber der Auffassung, daß diese Novelle, insbesondere der § 145a

StPO, gleichzeitig mit der Abschaffung der Anonymität von Sparkonten mit 1. November

2000 in Kraft treten soll. Dieses Ziel kann auf Grund der parlamentarischen Fristen nur durch

die Einbringung eines Initiativantrages erreicht werden.

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf eine erste Lesung dem

Justizausschuß zuzuweisen