392/AE XXI.GP

Eingelangt am: 2001.03.02

 

Dringlicher Antrag

(gem. §74a GOG NR in Verbindung mit §93 Abs 1)

 

 

der Abgeordneten Doris Bures

 

und GenossInnen

 

betreffend Abschaffung der unsozial - treffsicheren Maßnahmen der Bundesregierung

 

Unter dem zynischen Titel „Hebung der sozialen Treffsicherheit“ wurde von der FPÖVP-

Koalition vor wenigen Wochen ein Kahlschlag im Sozialsystem mit einem unvorstellbaren

Kürzungsvolumen von knapp 8 Milliarden Schilling durchgeführt. Dieser Sozialraubzug der

FPÖVP - Koalition übertraf alle Befürchtungen, die bereits im Vorfeld von Organisationen wie

Volkshilfe, Österreichischer Pensionistenverband, Caritas, Diakonie, Katholischer

Familienverband und vielen anderen im Interesse der Menschen in unserem Land tätigen

Institutionen geäußert wurden .Durch dieses Belastungspaket werden untere und mittlere

EinkommensbezieherInnen in einem Ausmaß getroffen, das viele von ihnen an den Rande ihrer

Existenz bringt.

 

Dieses Paket trägt die „Handschrift der sozialen Kälte“: Der beispiellose Sozialabbau wird auf den

Rücken von Beziehern von Unfallrenten, auf den Rücken von Arbeitslosen, auf den Rücken von

StudentInnen und PensionistInnen und vor allem auf den Rücken von Familien ausgetragen.

 

Sämtliche Befürchtungen, dass das Verständnis der FPÖVP Koalition von sozialer Treffsicherheit

darin besteht, die unteren und mittleren Einkommensschichten abzukassieren, haben sich bestätigt.

Die Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung von Partnern ohne Kinder ist ein weiterer

Anschlag vor allem auf PensionistInnen und Ehepaare in strukturschwachen, ländlichen Gebieten,

wo Frauen vielfach keinen Arbeitsplatz gefunden haben und noch immer nicht finden.

 

Die von der Koalition selbst durchgeführten Berechnungen der finanziellen Auswirkungen der

einzelnen Maßnahmen - in den Erläuterungen zum Budget und zum Budgetbegleitgesetz

nachzulesen - ergeben für das Jahr 2001 eine Steigerung der Belastungen der Österreicherinnen

und Österreicher insbesondere durch Steuererhöhungen und Einführung neuer Steuern um 30

Milliarden Schilling.

 

Die Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes 2001 sind ein massives Belastungspaket, das

zusammen mit dem Belastungspaket 2000 und den Pensionskürzungen dazu führen wird, dass am

Ende dieser Legislaturperiode die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen um jährlich 43,4 Mrd.

ATS weniger Einkommen haben werden als heute. Unternehmer und Selbstständige hingegen

werden jährlich über 3,4 Mrd. ATS mehr verfügen. Die blau - schwarze Regierung ist im vollen

Bewusstsein und mit „Treffsicherheit“ auf die Schwächsten in der Gesellschaft losgegangen und

hat ihnen 8 Milliarden Schilling jährlich weggenommen.

 

Die Aussage des ÖVP Klubobmannes Dr. Khol, dass die Regierung vom Finanzminister mit

falschen Zahlen versorgt wurde, kann nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen werden.

Wenn Dr. Khol schon von seinem Regierungskollegen mit falschen Zahlen versorgt wurde, so

hätte er über Monate die Möglichkeit gehabt, den Argumenten und Berechnungen der SPÖ Gehör

zu schenken.

 

•     Seit dem Sommer 2000 hat die SPÖ mit konkreten Beispielen auf die unsozialen

      Auswirkungen des Treffsicherheitspaketes hingewiesen.

•     Die Kritik wurde nach dem Regierungsbeschluss im September verstärkt.

•     Bei den Beratungen für das Budget 2001 wurden im Nationalrat - auf Druck der SPO -

      ExpertInnen von Behindertenverbänden und den Interessenvertretungen der

      ArbeitnehmerInnen geladen, die der FPÖVP genau diese unsozialen Auswirkungen erklärt

      haben.

•     Die SPÖ hat am 23.11.2000 einen Antrag zur Änderung des Budgetbegleitgesetzes

      eingebracht, der im Plenum des Nationalrates von der FPÖVP ebenso abgelehnt wurde             wie der

      Rückverweisungsantrag des Budgetbegleitgesetzes in den Budgetausschuss.

•     Die SPÖ hat daher eine namentliche Abstimmung verlangt, damit klar erkennbar ist, wer            die politische Verantwortung für diese unsozialen Maßnahmen trägt:

 

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe

ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

 

Mit "Ja„ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Bauer Rosemarie, Baumgartner - Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Brugger,

Burket, Dolinschek, Donabauer, Egghart, Ellmauer, Fallent, Fekter, Fink, Firlinger, Freund,

Frieser, Gahr, Gatterer, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck, Hakl, Haller,

Hartinger, Hetzl, Hofmann, Hornegger, Hornek, Jung, Kampichler, Khol. Kiss, Knerzl, Kopf

Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann, Leiner, Lentsch, Loos, Maderthaner, Mainoni,

Miedl, Mikl - Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer, Neudeck, Ortlieb, Paphazy,

Partik - Pablè, Pecher, Pistotnig, Povysil, Prinz, Pumberger, Puttinger, Rasinger, Reindl,

Schender, Scheuch, Schoettel - Delacher, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer,

Sevignani, Sodian, Spindelegger, Stadler, Staffaneller, Steibl, Stummvoll, Tancsits, Trattner,

Trinkl, Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wochesländer, Wolfmayr, Zellot, Zernatto,

Zierler, Zweytick.

 

Die Auswirkungen dieser unsozialen Politik sind im Heft 27 der WIFO MONATSBERICHTE

1/2001, in der Zusammenfassung zur Bewertung der Budgetpolitik nachzulesen:

 

„Die vierte Phase („Erhöhung der sozialen Treffsicherheit") verwischte den Eindruck sozialer

Ausgewogenheit wieder, indem sie zum Teil auf sozial schwächere Anspruchsberechtigte abzielte.

Insgesamt ergibt das Mosaik der Einzelmaßnahmen das Bild, dass die Begünstigung der breiten

Mehrheit der Bevölkerung, die Anfang 2000 eingetreten ist und im Prinzip auf Dauer angelegt

war, schon nach kurzer Zeit zulasten eben dieser großen Teile der Bevölkerung wieder teilweise

zurückgenommen werden musste. Die Konsolidierungsmaßnahmen trafen und treffen ab Anfang

2001 besonders die Bezieher niedriger (nicht unbedingt der niedrigsten) und mittlerer

Einkommen, die ein Jahr zuvor als stärker begünstigt erschienen"

 

Wie aus diesen Anmerkungen erkennbar ist, wurden die positiven Effekte der Steuerreform 1999,

die die Handschrift der SPÖ trägt, für die Klein- und Mittelverdiener durch diese Regierung

umgehend zunichte gemacht.

 

Massive Proteste und Aktivitäten von Betroffenen haben dazu geführt, dass der Landeshauptmann

von Kärnten in der Pressestunde vom 25.2.2001 gezwungen war, die Argumentation der SPÖ

aufzugreifen:

 

Haider: "................... Ich sage ihnen überhaupt, ich glaube, dass der wirkliche Fehler bei der

ganzen Budgetsanierung der war, dass man ein verhältnismäßig unbedeutendes finanzielles

Volumen, soziale Treffsicherheit von ein paar Milliarden Schilling, überhaupt angegangen hat

als Maßnahme der Budgetsanierung. Das bringt unterm Strich aber nicht sehr viel. Bei den

Unfallrenten haben sie 2 Milliarden Einnahmen, eine Milliarde geben sie wieder in eine

Behindertenoffensive hinein, sozusagen, um Arbeitsplatze für Behinderte zu schaffen. Wenn das

auf dem Rücken von wirklich armen Leuten ausgeht, der dann statt 16.000 Schilling im Monat

dann 10.000 hat oder einer, der 10.000 hat, hat halt dann nur mehr 7.000 Schilling, 8.000

Schilling. Das kann niemand verantworten.“

 

Insgesamt stellt die klar erkennbare Politikgestaltung der neuen Koalition ein aggressives

Vorgehen gegen ArbeitnehmerInnen- und PensionistInnen dar, ist mit dem Geist der

Konsensdemokratie unvereinbar und führt damit zu einer Gefährdung der gesellschaftlichen

Stabilität und des sozialen Friedens und höhlt damit auch die Grundlagen des österreichischen

Wohlfahrtsstaates aus.

 

Diese FPÖVP - Koalition ist mit dem Anspruch angetreten an ihren Taten gemessen zu werden,

daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

ENTSCHLIEßUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage

zuzuleiten, die vorsieht, dass die bereits beschlossenen unsozialen Maßnahmen zur Treffsicherheit

aus dem Budgetbegleitgesetz 2001 (13GBl. I Nr.142/2000), rückwirkend zum 1. Jänner 2001,

zurückgenommen werden. Insbesondere sollen dabei folgende Maßnahmen enthalten sein:

 

1. Die Rücknahme der Besteuerung der Unfallrenten.

2. Die Rücknahme der Verschlechterungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung.

3. Die Rücknahme der Studiengebühren.

4. Die Wiedereinführung der kostenlosen Mitversicherung.