398/AE XXI.GP

Eingelangt am: 12.03.2001

 

                                                               Entschließungsantrag

 

 

 

der Abgeordneten DDr. Niederwieser

 

und GenossInnen

 

betreffend notwendige Reformschritte an den österreichischen Universitäten

 

 

Die Wissenschafts - und Forschungspolitik der gegenwärtigen Bundesregierung hat bereits zu

zahlreichen Protesten an den Universitäten und aus dem Kreis der Studierenden geführt. Die

überfallsartige Einführung der Studiengebühren stellte offensichtlich den ersten Schritt zur

Einschränkung bzw. Abschaffung des offenen Universitätszugangs in Österreich dar. Weitere

Hürden sind im Zuge der von der Bundesregierung geplanten ,,Vollrechtsfähigkeit“ der

Universitäten zu erwarten. Dazu kommt die große Verunsicherung der

UniversitätslehrerInnen durch die unausgegorenen Vorschläge betreffend ein neues

Dienstrecht. Die bisher bekanntgegebenen Vorstellungen betreffend die Organisationsreforrm

der Universitäten bedeuten das Ende der demokratischen Mitbestimmung aller Universitäts -

angehöriger.

 

Seit der am 15.12.2000 im Bildungsministerium erfolgten Präsentation der ,,Eckpunkte zur

Weiterentwicklung des Universitätsbereichs“ verstärkt sich die Kritik an der chaotischen

Wissenschaftspolitik dieser Bundesregierung durch die Universitätsangehörigen und die

Studierenden in Österreich. Vorläufiger Höhepunkt des Widerstandes der betroffenen

Universitätsangehörigen wird der 15.03.2001 sein, an dem in ganz Österreich

Protestversammlungen abgehalten werden. Trotzdem ist das Bildungsministerium bis heute

nicht bereit, den Schlagworten vom 15.12.2000 konkret ausformulierte Vorstellungen folgen

zu lassen. Das hat zu einer massiven Verunsicherung sowohl hinsichtlich der

dienstrechtlichen Fragen als auch des künftigen Organisationsrechts an den Universitäten

geführt. Große Teile des Mittelbaus werden durch die angekündigten Dienstrechtsänderungen

in ihrer beruflichen Existenz bedroht. Auch die Ausgliederung der Universitäten soll

offensichtlich ohne breite Diskussion mit den davon betroffenen Gruppen durchgepeitscht

werden. Noch dazu sollen diese Reformen ohne Evaluierung des UG 1993 erfolgen.

 

Es ist unbestreitbar, dass Probleme im universitären Bereich existieren, die einer dringenden

Lösung bedürfen. Dazu zählen unter anderem die überdurchschnittlich langen Studienzeiten

in Österreich, das Fehlen von ausreichenden Studienangeboten für Berufstätige, die fehlende

Abstimmung des Lehrangebots, der oft fehlende Arbeitsmarktbezug bei den Studienplänen,

Evaluierungsverfahren ohne Konsequenzen, unzureichende Investitionsmittel, unzureichende

Mittel für den Ausbau der Fachhochschulen usw. Über weitere Schritte der Universitäts -

reform kann aber nur dann sinnvoll diskutiert werden, wenn ein konkreter Bezug zwischen

den vorgeschlagenen Reformen und den dadurch zu lösenden Problemen hergestellt wird.

Dies ist bei den bisher bekanntgewordenen Vorstellungen der Bildungsministerin nirgends der

Fall. Welche Probleme durch welche Reformschritte gelöst werden sollen bleibt im

Schlagwortkatalog des Bildungsministerium völlig im Dunkeln.

 

Dazu kommt die Tendenz, Fragen der Universitätsreform ausschließlich aus einer

wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu sehen. Offensichtlich soll ein möglichst hoher

,,Output“ an akademisch gebildeten Arbeitskräften für die Wirtschaft in möglichst kurzer Zeit

und zu möglichst geringen Kosten produziert werden. Dieser Ansatz ist völlig unzureichend

und geht an der gesellschaftlichen Bedeutung von Bildung vorbei. Universitäten haben in

Lehre und Forschung eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und können daher nicht

wie gewinnorientierte Unternehmen organisiert und geführt werden.

 

Die organisationsrechtlichen Vorstellungen der Bildungsministerin einschließlich der

Einführung von ,,Globalbudgets“ lassen das definitive Ende des freien Hochschulzuganges in

Österreich befürchten. Die Universitäten werden ,,Globalbudgets“ nur dann akzeptieren, wenn

die damit zu finanzierenden Studienplätze wie bereits im Fachhochschulsektor - streng

kontingentiert werden. Das würde das Ende der seit den siebziger Jahren in Österreich

erfolgten Bildungsexpansion bedeuten. Die Bundesregierung strebt den Umbau des freien und

demokratischen Universitätssystems Österreichs in Bildungseinrichtungen für gesellschaft -

liche Eliten an, die durch Studiengebühren und Aufnahmeprüfungen dafür sorgen werden,

dass der Anteil von Kindern aus Klein - und Mittelverdienerfamilien begrenzt bleibt.

 

Verschärft werden die Probleme im Universitätsbereich durch die außerordentlich restriktive

Budgetpolitik, die sämtliche gesellschafts - und bildungspolitische Ziele dem Mythos „Null -

Defizit“ opfert. Laut Übersicht 20/2 der Beilagen zur Budgetrede des Finanzministers werden

die Ausgaben für Forschung und Entwicklung von 2.937 Millionen Euro (2001) auf 2.451

Millionen Euro (2002) sinken. Die mehrfach angekündigten zusätzlichen 7 Milliarden ATS

für Forschung und Entwicklung sind immer noch nicht in konkreten Einzelprojekten

realisiert. Entgegen der Ankündigung der Bildungsministerin in den Verhandlungen über den

Bundesvoranschlag 2000 wurden auch die damals um zwei Drittel gekürzten

Investitionsmittel für die Universitäten bis heute nicht kompensiert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

                                                               Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Entschließung:

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Weiterentwicklung des universitären Bereichs in

Österreich nach folgenden Grundsätzen vorzunehmen:

 

•   Der freie und offene Hochschulzugang ist auch weiterhin zu gewährleisten.

     Studiengebühren sind abzuschaffen, Ansatze einer Studienplatzkontingentierung sind

     zurückzunehmen.

 

•   Organisatorische Reformen der Universitäten dürfen zu keiner Einschränkung der

     Qualität der demokratischen Mitbestimmung aller Universitätsangehöriger führen.

 

•   Die Reformen müssen positive Auswirkungen auf die Qualität des Studienangebots (z.B.

     erhöhte Lehrkapazitäten für die Betreuung der Studierenden, Studierbarkeit in der

     gesetzlichen Studiendauer, verbesserte Vereinbarkeit von Studium und Beruf) haben.

 

•   In allen wissenschaftlichen und organisatorischen Führungsbereichen muss es zu einer

     Erhöhung der Frauenquoten kommen.

 

•   Aufgrund der gesamtstaatlichen Verantwortung und der überwiegenden Steuer -

     finanzierung der österreichischen Universitäten müssen sowohl auf parlamentarischer

     Ebene wie auf Regierungsebene entscheidende Steuerungsmöglichkeiten auch weiterhin

     gegeben sein.

 

•   Reformen im Bereich des Dienstrechts dürfen nicht zu einer Verunsicherung der

     Universitätsangehörigen und zu einer Vergeudung des Humankapitals der

     österreichischen Universitäten führen.

 

•   Ein reformiertes Dienstrecht soll zu einem international konkurrenzfähigen

     Laufbahhmodell für Neuaufnahmen führen (z.B. vermehrter Einsatz von Doktorats -

     stipendien und befristeten wissenschaftlichen MitarbeiterInnenstellen bis zum Erwerb des

     Doktorats; ab dem Doktorat ein Modell kontinuierlicher Qualifikation und Evaluation).

•   Evaluierung des UOG 1993 als Grundlage der Reformdebatte.

 

•   Einbindung aller Betroffenen im Rahmen einer breiten Diskussion statt Durchpeitschen

     von gravierenden Dienstrechts - und Organisationsreformen.

 

•   Kein Einfrieren des Pesonalaufwands und dadurch bedingte Stellenkürzungen an den

     Universitäten.

 

•   Erarbeitung eines Hochschulrahmenkonzeptes für den gesamten postsekundären Sektor

     im Hinblick auf Standorte, Finanzierung, Organisation und Studienangebote.

 

•   Rasche Festlegung und Absicherung der Forschungsmittel für die nächsten fünf Jahre, um

     eine längerfristige Projektplanung zu ermöglichen.

 

•   Sonderdotierung für Fachhochschul - Studiengange im Sozial - und IKT - Bereich, damit die

     seit Jahren vorliegenden Anträge genehmigt und die Projekte noch heuer begonnen

     werden können.

 

•   Anerkennung des Fachhochschulabschlusses als Abschluss auf Hochschulniveau im

     öffentlichen Dienst.

 

•   Zusätzliche Investitionsmittel für die Universitäten in der Höhe der im Budget 2000

     gestrichenen Summe.

 

•   Umwandlung der prekären Dienstverhältnisse im Bereich der Universitäten unter

     Berücksichtigung der ExistenzlektorInnen.

 

•   Umsetzung des e - Europe - Programmes in Schulen, Universitäten und im Bereich der

     Erwachsenenbildung.

 

•   Förderung des Bildungssparens (für Zwecke der Erwachsenenbildung) nach dem Modell

     des Bausparens.

 

•   Bereitstellung ausreichender budgetärer Mittel, um die Forschungsquote am BIP auf

     2,5 % zu erhöhen.

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Wissenschaft und Forschung