407/A(E) XXI.GP

Eingelangt am: 20.03.2001

 

Dringlicher Antrag

(gem. § 74a in Verbindung mit § 93 Abs 2 GOG - NR)

 

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer

 

und GenossInnen

 

an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen

 

betreffend Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren

 

Die Bundesregierung verursacht ein totales Chaos in der Sozial - und Gesundheitspolitik und

verunsichert damit einen großen Teil der österreichischen Bevölkerung. Wie zurzeit der

Einbringung dieses Antrages noch unbestätigten Pressemeldungen zu entnehmen ist, wird der

Verfassungsgerichtshof das Hauptstück der blau - schwarzen Regierungsarbeit, die unsoziale

Pensionsreform, wegen Gesetzwidrigkeiten bei der Beschlußfassung und der Kundmachung

aufheben.

 

Über die unsozialen Auswirkungen der Pensionsreform hat der Verfassungsgerichtshof noch gar

nicht entschieden, damit hat der Verfassungsgerichtshof der blau - schwarzen Regierung eine

Nachdenkpause verordnet. Diese Nachdenkpause sollte von der FPÖVP Regierung genutzt

werden um einen von allen Seiten getragenen Kompromiss zu erreichen. Bleibt diese

Nachdenkpause ungenutzt, wird die sozialdemokratische Parlamentsfraktion diese unsoziale

Pensionsreform inhaltlich anfechten. Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion ist sehr

zuversichtlich, dass der Verfassungsgerichtshof den inhaltlichen Argumenten der Anfechtung

folgen und damit die unerträglichen Auswirkungen der blau - schwarzen Belastungspolitik auf die

Bevölkerung zurücknehmen wird.

 

Die Aufhebung wird vermutlich auch für die unsoziale Ambulanzgebühr gelten, die einen der

Höhepunkte der Verunsicherung durch die Politik der blau - schwarzen Bundesregierung auslöste.

Den ÄrztInnen, den PatientInnen, den MitarbeiterInnen der Krankenhausverwaltungen und den

verantwortlichen LandespolitikerInnen konnten von Minister Haupt und Staatssekretär Waneck

keine Antworten auf viele offene Fragen gegeben werden:

 

So berichtete der ORF im Mittagsjournal vom 1. März 2001:

"Muss man für einen Ambulanzbesuch schon ab heute zahlen oder gilt diese Regelung erst in

einer Woche? Rund um die Einführung der Ambulanzgebühren herrscht Verwirrung.

Ursprünglich sollte die neue Regelung heute in Kraft treten. Gestern Abend hieß es dann aus dem

Gesundheitsstaatssekretariat, die Einführung müsse um etwa eine Woche verschoben werden.

Heute Vormittag erreicht uns dann die Meldung, dass die Gebühr doch seit heute in Kraft sei.

Während Sozialminister Herbert Haupt davon ausgeht, dass die Gebühr ab heute eingehoben

wird, meldet der Verfassungsexperte Heinz Mayer rechtliche Zweifel an. Anlass der

Auseinandersetzung ist eine nachträglich eingefügte Verordnung, mit der Regeln für

Ausnahmefälle festgelegt werden. Wolfgang Geier hat versucht, Licht ins Dunkel der Einführung

der Ambulanzgebühr zu bringen und er informiert auch noch einmal darüber, wer wie viel und

wann zahlen muss.

 

Dieser unsoziale Selbstbehalt trifft ausschließlich Kranke und entlässt die Arbeitgeber aus ihrer

solidarischen Mitverantwortung. Es ist verteilungspolitisch ungerecht, wenn zusätzliches Geld für

die Krankenversicherung nicht von Gesunden und Kranken sowie ArbeitgeberInnen und

ArbeitnehmerInnen solidarisch aufgebracht wird, sondern nur von kranken Menschen. Im

Gegenzug verteilt die FPÖVP Regierung Geschenke an die Unternehmer indem sie die

Dienstgeberbeiträge zur Krankenversicherung der Arbeiter um 0,3 Prozent gesenkt hat

(Einnahmenentfall für die Sozialversicherung 900 Mio. ATS pro Jahr).

 

Durch den Ambulanzselbstbehalt sind vor allem Menschen mit schweren oder seltenen

Krankheiten, Menschen mit erhöhter Krankheitshäufigkeit (z.B. alte Menschen), Menschen mit

Nachbehandlungsbedarf nach einem Spitalsaufenthalt und MigrantInnen betroffen.

 

Der Ambulanzselbstbehalt verursacht sowohl für die Sozialversicherung als auch für die

Spitäler enorme Verwaltungskosten.

Was nach Abzug der Verwaltungskosten von den Einnahmen aus den Selbstbebalten übrig bleibt,

wird für die Finanzierung der erhöhten Inanspruchnahme der niedergelassenen Ärzte nicht

ausreichen. Für die Sozialversicherung ist der geplante Selbstbehalt daher eine finanzielle

Mehrbelastung.

 

Auch die Krankenanstalten werden ihre Fixkosten für die Ambulanzen durch eine Stagnation der

Patientenfrequenz kaum senken können. Mehr als die Hälfte der in einer Spitalsambulanz

erbrachten Leistungen erfolgt an stationären PatientInnen. Der Großteil des in den Ambulanzen

eingesetzten Personals sowie der apparativen und räumlichen Ausstattung wäre auch bei einem

deutlichen Rückgang der Ambulanzfrequenz für die Aufrechterhaltung des Spitalsbetriebes

erforderlich. Das Einsparungspotenzial wäre also gering, die Auslastung der ohnedies

vorzuhaltenden Ressourcen würde sinken und die Stückkosten der Leistungen würden steigen.

Durch den gleichzeitigen Ausbau paralleler ambulanter Angebote in Form von Ordinationen

würden teure und nicht bedarfsnotwendige Doppelgleisigkeiten entstehen. Parallelangebote und

die dadurch erzeugte angebotsinduzierte Nachfrage führen zu einem ineffizienten

Gesundheitssystem und zu einer unnotwendigen Steigerung der volkswirtschaftlichen Kosten.

 

In Studien wird nachgewiesen, dass Kassenambulatorien und Spitalsambulanzen in der Regel

billiger als Ordinationen arbeiten. Eine Schwächung dieser Einrichtungen zu Lasten teurerer

Angebote kommt einer Verschleuderung von Steuer - und Beitragsgeldern gleich.

 

Ambulanzen haben für PatientInnen alle Vorteile einer „Gruppenpraxis“.

Spitalsambulanzen bieten für die PatientInnen alle Vorteile einer „Gruppenpraxis“: Deutlich

längere Öffnungszeiten als Einzelordinationen mit einer 24 Stunden - Zugänglichkeit im Notfall;

ein fächerübergreifendes, integriertes Angebot („alles unter einem Dach“, weniger

Patientinnenwege); bestehende apparative Ausstattung; besonderes medizinisches Know - how der

Ärztinnen in den Spezialambulanzen (mehr Erfahrung mit schwereren und aufwändiger zu

behandelnden Krankheitsbildern); etc. Daher besuchten 1999 über 5 Millionen Patientinnen die

Spitalsambulanzen. Eine Diskriminierung der Spitalsambulanzen ist gleich bedeutend mit einer

Verschlechterung des Angebotes für die Patientinnen.

 

Der Ambulanzselbstbehalt untergräbt die Qualität der Behandlung.

Viele AmbulanzpatientInnen kommen im Zuge der Nachbehandlung nach einem stationären

Aufenthalt. Diese Patientinnen werden in Zukunft auch einen Selbstbehalt (150,- bzw. 250,- ATS)

bei jedem Besuch zahlen müssen, da sie in die selbe Ambulanz wiederbestellt sind und keine

Überweisung von einem niedergelassenen Arzt haben. Die blau - schwarze Bundesregierung

verhindert damit, dass die Nachbehandlung - etwa nach einer Operation - in einem geschlossenen

Behandlungszyklus von dem mit den Befunden und dem Therapieverlauf unmittelbar vertrauten

Ärzteteam erfolgt. Die Nachbehandlung nach einem stationären Aufenthalt an der behandelnden

Krankenanstalt ist aus Gründen der Qualitätssicherung wichtig und sinnvoll. Eine Unterbrechung

der Behandlungskontinuität mindert die Qualität und kann die Heilungschancen gefährden.

 

Der unsoziale Ambulanzselbstbehalt ist als Steuerungsinstrument völlig ungeeignet.

Bis zu 80 Prozent der Ambulanzpatienten kommen auf Grund einer ärztlichen Zuweisung oder zur

Nachbehandlung nach einem stationären Aufenthalt. Zur Vermeidung sehr weniger

ungerechtfertigter Inanspruchnahmen werden sehr viele PatientInnen, die der

Ambulanzbehandlung dringend bedürfen, mit einer völlig ungerechtfertigten Strafgebühr belegt.

 

Durch den unsozialen Ambulanzselbstbehalt werden den ÄrztInnen Ärmelschoner

verordnet und unzumutbare Entscheidungen abverlangt.

Nach der neuen Regelung werden die ÄrztInnen in den Ambulanzen bei den Patientinnen

überprüfen müssen, ob außerhalb der Ambulanz das jeweils notwendige Untersuchungs - und

Behandlungsangebot „in angemessener Entfernung unzureichend“ ist oder nicht. Darauf

aufbauend müssen die Ärztinnen dann die Entscheidung über die Zahlungspflicht der Patientinnen

treffen. Wenn am Freitag um 14:00 Uhr PatientInnen die urologische Ambulanz bzw. die

urologische Abteilung aufsuchten, müssten die ÄrztInnen dann wissen, ob um diese Zeit noch eine

Ordination in angemessener Entfernung offen hat. Solche und „ähnlich absurde Entscheidungen

werden auf die SpitalsärztInnen abgewälzt. Es wäre keinem Arzt zu verdenken, würde er jeden

Zweifelsfall zu Gunsten der Patientinnen auslegen. Dies um so mehr, als die Spitäler mit

Öffentlichkeitsrecht verpflichtet sind, allen BürgerInnen ärztliche Hilfe zu leisten.

 

Der unsoziale Ambulanzselbstbebalt bringt eine extreme Ausweitung der Bürokratie in den

Spitälern

Die heranrollende Bürokratielawine wird den ÄrztInnen viel Zeit und den Spitälern viel Geld für

die PatientInnenbetreuung rauben. Spitalsärztinnen müssen vor Ort entscheiden, wer von den

PatientInnen Ambulanzgebühr bezahlen muss und wer nicht. Dazu bedarf es einer bisher nicht

vorgesehenen zusätzlichen Datenerhebung: Es muss geprüft werden, ob ein Notfall mit

Lebensgefahr vorliegt, ob die Erreichbarkeit alternativer Angebote gegeben war, usw. Diese

blühende Bürokratie nimmt den ÄrztInnen wertvolle Zeit, die viel besser für

PatientInnengespräche genutzt werden könnte.

 

Aus diesem Grund kam es auch innerhalb der ÖVP zu sehr heftigen Auseinandersetzungen:

Schüssel - Vize: „Fehlentscheidung“

Für Tirols Gesundheitslandesrätin Elisabeth Zanon - zur Nedden (ÖVP), selbst Ärztin, ist der

Befund in Sachen Ambulanzgebühr klar: „Das ist eine unüberlegte Geschichte und einfach

falsch“, so die seit 1994 im Gesundheitsressort „regierende“ Politikerin, die seit April 1995 auch

Schüssels Stellvertreterin an der ÖVP - Spitze ist. Im Gespräch mit dem „Standard“ (3. März 2001)

sagte Zanon - zur Nedden: Die Politik müsse den Mut haben, „Fehlentscheidungen“

zurückzunehmen.

 

„Schon Grundgedanke falsch“

Zanon - zur Nedden kann dem Grundgedanken der Ambulanzgebühr, Patientinnen verstärkt von

den Ambulanzen hin zu den niedergelassenen Ärzten zu verlagern, nichts abgewinnen: Sie

argumentiert, dass das Leistungsangebot der freien Praxen meist nicht an jenes der Ambulanzen

heranreiche.

 

Görg spricht von „Schwachsinn"

Wiens Landeschef Bernhard Görg unterstützt diese Position: „Diese Regelung - so weit ich sie

verstehe - halte ich für Schwachsinn.“ Auch Görg kritisierte, dass der administrative Aufwand für

Ärzte und Schwestern „Wahnsinn“ sei. Ins Visier nimmt er vor allem Gesundheitsstaatssekretär

Reinhart Waneck (FPÖ), der im Vorjahr das erste Kassen - Sanierungspaket mit der

Ambulanzgebühr führend ausverhandelt hatte. Wörtlich spricht Görg von einer „Waneck'schen

Fehlleistung von kosmischen Ausmaßen".

 

Die Sorgen maßgeblicher ÖVP - Landesräte über den unsozialen Ambulanzselbstbehalt

wurden in einem Brief an Gesundheitsminister Haupt zusammengefasst:

 

1. Die Behandlungsgebühr Ambulanz in der derzeitigen Form führt zu Ungerechtigkeiten, da die

    völlig unzulängliche Definition der Ausnahmetatbestände der Willkür Tür und Tor öffnet.

2. Der Behandlungsbeitrag Ambulanz in der derzeitigen Form ist unzumutbar, da er zu

    Rechtsunsicherheit bei den Patienten, bei den im Krankenhaus tätigen Ärzten und sonstigen

    Mitarbeitern und auch bei den Rechtströgern und Spitalsverwaltungen führt.

3. Der Behandlungsbeitrag Ambulanz in der derzeitigen Form ist weder als Steuerungs - noch als

    Finanzierungselement geeignet, da er zu einem massiven Verwaltungsaufwand führt, der einen

    erheblichen Teil der Erträge sofort wieder bindet.

4. Die Tatsache, dass von ihnen in die Verordnung über die Ausnahmen von der Einhebung des

    Behandlungsbeitrages Ambulanz ohne Begutachtung eine wesentliche Änderung eingefügt

    wird, nämlich, dass gemäß § 1 der Verordnung die Feststellung über die Ausnahme vom

    Behandlungsbeitrag allein dem behandelnden Spitalsarzt obliegt, ist sowohl von der

    Vorgangsweise, als auch voll inhaltlich abzulehnen.

 

Der Bundeskanzler kanzelte die Einwände als technische Fragen ab:

APA267 5 II 0243 Siehe APA101/08.03 08.Mär 01 Soziales/Gesundheit/ÖVP/Schüssel

      Grundsätzlich verteidigte Schüssel den Behandlungsbeitrag. Die Maßnahme sei in der

vorliegenden Form durchaus sozial verträglich. Nun gehe es um eine „kostengünstige

Umsetzung“. Insgesamt unterstrich der Kanzler, dass ihm das Kindergeld ohnehin „um

Lichtjahre wichtiger“ sei als „technische Fragen „ bei der Ambulanzgebühr, die man so oder so sehen könne.

 

Streichung der beitragsfreien Mitversicherung und Besteuerung der Unfallrenten.

Diese Ambulanzgebühr ist kein Einzelfall. Neben der Einführung der unsozialen

Ambulanzgebühren, mit dem Sozialrechts - Änderungsgesetz 2000, wurden durch die unsozialen

Maßnahmen zur Treffsicherheit mit dem Budgetbegleitgesetzes 2001 (BGBl. I Nr.142/2000), der

Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung für kinderlose EhepartnerInnen/LebensgefährtInnen

und die Besteuerung der Unfallrenten eingeführt.

 

Bisher konnten Angehörige von Erwerbstätigen in der Krankenversicherung beitragsfrei

mitversichert werden.

Ab 2001 ist vom Versicherten für EhepartnerInnen bzw. LebensgefährtInnen ein Zusatzbeitrag in

der Krankenversicherung zu leisten.

 

• Etwa 100.000 Personen (mehrheitlich PensionistInnen) werden hinkünftig zur Kasse gebeten.

• Laut Bundesregierung werden Mehreinnahmen von 850 Mio. ATS erwartet bei

   100.000 Zahlern also im Schnitt 8.500,- ATS jährlich!

 

Hier einige Beispiele:

• Kinderloses Pensionistenpaar mit 14.000,- ATS brutto monatlich. Ab April rückwirkend mit

   1. Jänner 2001 476,- ATS monatlich an zusätzlicher Belastung. Fällig mit April vier

   Monatszahlungen in der Gesamthöhe von 1.904,- ATS; Jahresbelastung: 6.664,- ATS

• Pensionistenhaushalt mit einer Pension von 16.500,- ATS brutto: pro Jahr sind etwa

   7.900,- ATS für die Krankenversicherung zusätzlich zu zahlen!

• Alleinverdienerarbeiterhaushalt mit einem Arbeitseinkommen von 20.000,- ATS brutto:

   im Jahr sind beinahe 10.000,- ATS zusätzlich zu zahlen!

 

Die angeführten Beispiele zeigen, dass die ohne jede Übergangsfrist eingeführte Neuregelung für

viele Betroffene eine enorme Mehrbelastung bringt. Das Argument, die Betroffenen könnten als

Alternative zur Beitragspflicht eine Erwerbsarbeit aufnehmen, ist unhaltbar. Allein auf Grund des

Alters der Mehrheit der Betroffenen, besteht dafür keine ernsthafte Möglichkeit.

 

Dazu kommen folgende unsoziale Konsequenzen:

• Wenn die betroffene Frau ihren Ehepartner pflegt, ist sie weiterhin mitversichert. Werden

   andere nahe Angehörige gepflegt, muss sie zahlen.

• Arbeitslose Frauen, die wegen der Anrechnung des Partnereinkommens keine Notstandshilfe

   bekommen, werden mit der verpflichtenden Beitragsleistung für die Krankenversicherung ein

   zweites Mal getroffen.

 

Besteuerung der Unfallrenten

Die Unfallrentner gehören zu jener Bevölkerungsgruppe, die nicht nur vom Schicksal hart

getroffen wurde, sondern auch durchschnittlich sehr geringe Einkommen bezieht. Durch die

unsoziale Besteuerung sinkt dieses verhältnismäßig geringe Einkommen noch einmal um 30 bis

40 Prozent. Damit trifft diese Maßnahme der unsozialen Treffsicherheit gerade die Ärmsten der

Armen und ist aus diesem Grund umgehend zurückzunehmen.

 

Die Regierungspläne bringen sinnlose Geldumschichtungen. Dieser Ambulanzselbstbehalt ist

gesundheitspolitisch kontraproduktiv und richtet sich ausschließlich gegen die Menschen. Der

Regierung geht es mit der Einführung von Strafgebühren für AmbulanzpatientInnen, aus

vordergründigen ideologischen Gründen und als Beispiel von gelebtem Lobbyismus,

ausschließlich um eine Umsatzverschiebung hin zu niedergelassenen Ärzten. Der Selbstbehalt

bildet eine Zugangsbarriere, die in vielen Fällen das Krankheitsrisiko der PatientInnen erhöht.

Diese Maßnahme der Regierung zielt erklärtermaßen darauf ab, PatientInnen durch ökonomische

Barrieren von einer Inanspruchnahme einer Ambulanzleistung abzuschrecken. MedizinerInnen

werten diese Maßnahme als gesundheitspolitischen Rückschritt.

 

Daher hat die SPÖ schon immer argumentiert, dass dieser Ambulanzselbstbehalt unsozial und der

Bevölkerung nicht zumutbar ist:

 

1) Die Ambulanzgebühr trifft ausschließlich Kranke. Das ist verteilungspolitisch ungerecht.

2) Der neue Behandlungsbeitrag Ambulanz kostet mehr als er bringt. Die Einhebung der

     Ambulanzgebühr verursacht sowohl für die Kassen als auch für die Spitäler enorm hohe

     Verwaltungskosten.

3) Die Ambulanzgebühr erhöht die volkswirtschaftlichen Kosten des Gesundheitswesens.

     Der Großteil des in den Ambulanzen eingesetzten Personals sowie der apparativen und

     räumlichen Ausstattung wäre für die Aufrechterhaltung des Spitalsbetriebs auch bei

     einem deutlichen Rückgang der Ambulanzfrequenz erforderlich.

4) Ambulanzen arbeiten im Durchschnitt billiger als Ordinationen.

5) Durch die Ambulanzgebühr werden notwendige medizinische Behandlungen

     unterdrückt oder verzögert. Der neue Behandlungsbeitrag bildet eine Zugangsbarriere,

     die in vielen Fällen das Krankheitsrisiko der Patientinnen erhöht.

6) Die Ambulanzgebühr untergräbt die Qualität der Versorgung. Viele Ambulanzpatienten

     in Nachbehandlung nach einem stationären Aufenthalt werden in Zukunft auch bei

     jedem Besuch einen Selbstbehalt (150,- ATS, 250,- ATS) zahlen müssen.

7) Die Ambulanzgebühr ist als Steuerungsinstrument ungeeignet. Rund 80 Prozent der

     Ambulanzpatienten kommen auf Grund einer ärztlichen Zuweisung oder zur

     Nachbehandlung nach einem stationären Aufenthalt.

8) Durch die neuen gesetzlichen Bestimmungen werden ÄrztInnen und Ärzten zu

     Gesundheitspolizisten degradiert.

9) Die Behandlungsgebühr Ambulanz in der derzeitigen Form führt zu Ungerechtigkeiten,

     weil die völlig unzulängliche Definition der Ausnahmetatbestände der Willkür Tür und

     Tor öffnet.

10) Der Behandlungsbeitrag Ambulanz ist somit insgesamt unzumutbar, weil er zu

       Rechtsunsicherheit für die PatientInnen, für die im Krankenhaus arbeitenden Ärzte und

       auch für die Rechtsträger sowie Spitalsverwaltungen führt.

11) Die Ambulanzstrafgebühr trifft insbesondere Familien mit Kindern.

      Die Ablehnung der Ambulanzgebühr ist einhellig und geht quer durch alle politischen Lager und

      Interessenvertretungen. Dieser massiven Gegenbewegung soll sich die blau - schwarze

      Bundesregierung nicht länger verschließen und daher diesen unsozialen Ambulanzselbstbehalt

      rückwirkend aufheben.

 

Diese FPÖVP - Koalition ist mit dem Anspruch angetreten an ihren Taten gemessen zu werden,

daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

 

„Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, alle Maßnahmen

zu setzen, damit die unsozialen Ambulanzgebühren, rückwirkend mit 1. März 2001‚ abgeschafft

werden.“