423/AE XXI.GP

Eingelangt am: 03.04.2001

 

 

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Inge Jäger

und GenossInnen

betreffend Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan

 

Im Juni 1996 eroberten die fundamentalistischen Taliban - Milizen die Hauptstadt

Afghanistans Kabul. Bis Mai 1997 brachten sie 30 der 32 Provinzen des Staates unter ihre

Kontrolle. Somit herrscht die Taliban - Regierung fast im gesamten Staatsgebiet. Sie wird aber

nur von den Ländern Pakistan, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten

anerkannt.

 

Die Entrechtung der Frauen ist ein zentraler Bestandteil der Politik der Taliban, die als Ziel

einen Gottesstaat anstreben. Sie verurteilen Frauen und Mädchen zu einer Form der Nicht -

Existenz. Die Fatwah zur Frauenfrage, also der Verhaltencodex für Frauen, der mit

Gesetzeskraft ausgestattet ist, belegt Frauen mit einem Ausgeh - , Arbeits - und Schulverbot um

sie so aus dem sozialen und öffentlichen Leben zu verbannen. Der Ganzkörperschleier, die

Burka, ist für Frauen verpflichtend und auch die medizinische Versorgung wird Frauen

untersagt. Bei Nichteinhaltung der „Gesetze“ werden Frauen öffentlich ausgepeitscht, gehängt

oder gesteinigt.

 

Für Frauen ohne Mann - (Kriegs - )Witwen oder alleinstehende Frauen - werden die „Gesetze“

der Taliban zur tödlichen Gefahr, da sie jeder Lebensgrundlage beraubt sind, da sie über kein

Einkommen und keinen Ernährer verfügen und auch das Haus für den Einkauf nicht verlassen

dürfen und ihnen so der Hungertod droht. Diese Behandlung von Frauen in Afghanistan stellt

eine massive und andauernde Menschenrechtsverletzungen dar und ist aufs schärfste zu

verurteilen.

 

Durch die fortwährenden Kämpfe im Inneren des Landes und der extreme Dürre und Kalte

befinden sich tausende Menschen innerhalb Afghanistans auf der Flucht. An den Grenzen zu

Tadschikistan und Pakistan droht eine Flüchtlingskatastrophe. Derzeit sind laut Kenzo

Oshima, UN - Koordinator für humanitäre Angelegenheiten, in Afghanistan rund 1 Million

Menschen von einer Hungersnot bedroht.

 

Im Jänner dieses Jahres verschärfte die UNO die Sanktionen gegen Afghanistan, da sich die

Taliban weigern, den mutmaßlichen Terroristenchef Ussama Bin Laden an die USA

auszuliefern. Die Sanktionen, welche die Taliban treffen sollten, treffen aber vorwiegend die

Zivilbevölkerung. Die Spekulationspreise fur Nahrungsmittel stiegen nach der Verschärfung

der Sanktionen sofort um zehn Prozent.

 

Anfang März 2001 erregte das Taliban - Regime enormes Aufsehen mit der Zerstörung der

Buddha - Statuen von Bamiyan. Die Zerstörung dieser Kunstwerke von unschätzbarem

historischen Wert, mit der nicht nur das reiche Kulturerbe Afghanistans sondern auch ein

wichtiger Teil des Weltkulturerbes vernichtet wurde, wurde von der Weltöffentlichkeit mit

großer Bestürzung verfolgt und zu Recht verurteilt.

 

Das zur Zeit vorhandene öffentliche und mediale Interesse an Afghanistan sollte genutzt

werden, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auch auf die anhaltenden

Menschenrechtsverletzungen, die beispiellose Diskriminierung der Frauen, die Massaker an

unschuldigen Zivilisten, die Zwangsvertreibungen unschuldiger Zivilisten und die daraus

resultierende Flüchtlingskatastrophe in Pakistan und den Grenzgebieten Afghanistans zu

lenken.

 

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Angesichts der alarmierenden Entwicklung des Konflikts in Afghanistan wird die

Bundesregierung in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen des Gemeinsamen Standpunktes

des Rats der Europäischen Union vom 22. Jänner 2001 ersucht

 

-   für eine Beendigung der Kämpfe in Afghanistan, die Herbeiführung eines dauerhaften

    Friedens, die Beendigung der ausländischen Intervention und die Förderung des

    innerafghanischen Dialogs einzutreten;

 

-   die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen, insbesondere beispiellose

    Diskriminierung der Frauen in Afghanistan, die auch die humanitäre Hilfe

    internationaler Organisationen und von Nichtregierungsorganisationen behindert, mit

    Nachdruck zu verurteilen;

 

-   die Bereitstellung wirksamer humanitärer Hilfe aktiv zu unterstützen;

-   einen Beitrag zur Betreuung der 1,5 Millionen afghanischen Flüchtlinge in Pakistan zu

    leisten und sich dabei auch für ein stärkeres Engagement der EU und der Vereinten

    Nationen einzusetzen;

 

-   gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten der EU an die Regierung Pakistans zu

    appellieren, jene Flüchtlinge aus Afghanistan, die zur Zeit den Status illegaler

    Einwanderer haben, auch als Asylwerber anzuerkennen, damit diese ebenfalls

    humanitäre Hilfe internationaler Organisationen und von Nichtregierungsorganisationen

    in Anspruch nehmen können;

 

-   und im Sinne der Erklärung der EU vom 17. Jänner d.J. die Regierung Tadschikistans

    aufzufordern, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um in enger Zusammenarbeit mit

    den entsprechenden internationalen Gremien wie dem UNHCR die humanitäre Lage der

    Flüchtlinge, die sich zwischen den Fronten im Grenzgebiet zu Tadschikistan aufhalten,

    zu lindern.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuß beantragt.