492/A(E) XXI.GP
Eingelangt am:05.07.2001
der Abgeordneten Gradwohl, Maier, Mag. Sima
und GenossInnen,
betreffend grundlegende Neuausrichtung des Agrarsystems durch radikale Umstellung
des Förderungssystems mit strikter Ausrichtung auf soziale Gerechtigkeit und die
nachhaltige Forcierung des Biolandbaus in Österreich
Noch nie wurde nach dem zweiten Weltkrieg die Landwirtschaft auch in Österreich von
derartigen Katastrophen und Skandalen erschüttert wie in den letzten Monaten.
Der Widerstand seitens der schwarz - blauen Bundesregierung gegen mehr Ökologie und
soziale Gerechtigkeit im Zusammenhang mit der Vergabe von massiven Förderungsmitteln
trägt schwere Mitschuld daran.
Trotz Erhöhung des Agrarbudgets 2000 und gerade wegen der ungerechten Verteilung dieser
Mittel beschleunigte sich der Rückgang der Beschäftigen in der Landwirtschaft (-3,6 %). Für
2001 wird durch die verfehlte Agrarpolitik eine noch höhere Hofaufgabe erwartet.
Vor allem die jüngsten Antibiotikaskandale in der Schweinemast in Österreich haben ein
weiteres mal bewiesen, dass der Landwirtschaftsminister, die Präsidentenkonferenz und der
ÖVP - Bauernbund die Interessen der Verbraucher nach einwandfreien Produkten nach wie vor
sträflich negieren.
Die zahlreichen Anträge seitens der SPÖ - Fraktion für eine grundlegende Trendumkehr in der
österreichischen Agrarpolitik wurden im Parlament bisher immer wieder von den
Regierungsfraktionen niedergestimmt.
Dazu gehört etwa die jahrelange Forderung der SPÖ nach einer Forcierung des Biolandbaus
in Österreich durch Aufstockung der Förderungsmittel aus dem Landwirtschaftsbudget. In
diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Bundesminister für Land - und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Rahmen seines Landwirtschaftsbudgets
schon 2001 die Förderung der biologischen Landwirtschaft für Beratung durch
Bioorganisationen von ohnehin nur 14 auf lächerliche öS 11 Mio. empfindlich gekürzt und
diese Kürzung im Budget 2002
bedauerlicherweise beibehalten hat.
Gerade im Zusammenhang mit der Entschlussfassung, der konventionellen Produktionsweise
den Rücken zu kehren um endgültig in den Biolandbau einzusteigen und vor allem für die
Zeitdauer für die Umstellungphase ist eine professionelle Beratung für Biolandwirte von
enormer Wichtigkeit.
Diese Kürzung der Förderungsgelder für die Beratung der Bioorganisationen war und ist ein
negatives Signal, welches dem Biolandbau in Österreich schweren Schaden zufügt!
Dies ist besonders bedauerlich, weil bei der Frage nach positiven Ansätzen in der
österreichischen Landwirtschaft zuallererst die Biobauern genannt werden, und nahmhafte
Experten sehen den biologischen Landbau als d i e Zukunft der österreichischen
Landwirtschaft. Österreich war bisher fast mit 20.000 nach der Produktionsform des
biologischen Landbaus produzierenden Bauern Biolandbau - Spitzenreiter in Europa.
Biobauern bewirtschaften 10% der österreichischen landwirtschaftlichen Nutzfläche nach den
gesetzlichen Auflagen des Biolandbaus. Die Umsätze mit Bioprodukten im Jahre 2000
werden auf 3,5 (Preise auf Großhandelsebene) Milliarden Schilling geschätzt.
Die mitgliederstärkste Biobauernorganisation Österreichs ist mit 12.000 Mitgliedern der
„Ernteverband“. Der Anteil an Direktvermarktern unter den ökologisch wirtschaftenden
Bauern in Österreich beträgt 15%. Bioprodukte werden bereits von etwa 20% der
Konsumenten regelmäßig gekauft. Seit 1997 gibt es keinen Produktionszweig in der
österreichischen Landwirtschaft, in dem nicht der biologische Landbau Einzug gehalten hätte.
Die Sozialdemokratische Partei Österreichs ist der festen Überzeugung, dass der
biologische Landbau in Österreich einen nicht zu unterschätzenden Lösungsansatz für
die Bewältigung der Probleme aller bäuerlichen Betriebe in Österreich bietet und in
Zukunft mit einer breiten „Bio - Offensive“ nachhaltig gestärkt werden muss.
Der biologische Landbau ist imstande, dem heute mehr denn je verunsicherten
Konsumenten die größere Sicherheit zu bieten sowie Forderungen immer weiterer Teile
unserer Bevölkerung nach einer umweitgerechten Landwirtschaftsform, artgerechter
Tierhaltung, Entschärfung der Nitratproblematik und Verbot des Einsatzes von
chemisch - synthetischen Pestiziden gerecht zu werden. Und um ein ganz aktuelles Thema
anzusprechen: Der biologische Landbau in Österreich ist gentechnikfrei!
Der biologische Landbau ist somit die einzige klar geregelte Form der Landwirtschaft!
Der Anteil der in Österreich hergestellten und zum Verkauf angebotenen Lebensmittel
aus biologischer Landwirtschaft
beträgt derzeit knapp unter 10%, Experten schätzen
einen Anteil von 30%, bei manchen Produkten bis zu 50% mittelfristig als realistisch
ein.
Resümee: Die biologische Wirtschaftsweise ist in Anbetracht eines bei weitem noch nicht
gesättigten Marktes weiterhin zu empfehlen!
Der Obmann des Ernteverbandes, des größten Bioverbandes Österreichs Josef Ortner, weist in
diesem Zusammenhang daraufhin, „dass im vergangenen Jahr von 5.000 Biobauern in Tirol
rund die Hälfte ausgestiegen sei“ und „konventionell“ wirtschaften. Der Grund sei darin zu
suchen, dass der Größenunterschied in der Förderung biologischer bzw. konventioneller
Betriebe nicht groß genug sei. Auch die Kürzung von Fördermittel der Bioverbände durch die
österreichische Regierung zeigt, „dass in der Infrastruktur der Umstellung, in Beratung und
Vermarktung für Biobauern weniger investiert werden soll als bisher (APA 11.01.2001)“.
Bedauerlicherweise versucht der ÖVP - Landwirtschaftsminister mit Geldern aus dem
österreichischen Programm für ökologische Landwirtschaft möglichst flächendeckend Gelder
zu verteilen, u.a. auch für Maßnahmen deren umweltschonende Wirkung schwer bzw. kaum
überprüfbar sind, dem konventionellen Betrieben damit große Summen von
Förderungsgeldern bringen, gleichzeitig diese von der Umstellung zum ,,Biolandbau“
abhalten. Die Forderung der Sozialdemokraten, die Unterstützung für Biobetriebe deutlich
attraktiver als für konventionell wirtschaftende Bauern zu gestalten wurde bis heute
abgelehnt, obwohl konventionelle Betriebe im Gegensatz zu Biobetriebe permanent für
gesättigte und unattraktive Märkte produzieren.
Deutlichstes Zeichen für diese völlig verfehlte Politik Molterers ist der schmerzliche
Rückgang der Anzahl der Biobetriebe von 20.000 auf heute 18.000 in unserem Land!
Dafür zu sorgen, dass der Biolandbau auch ein wichtiger Bestandteil der europäischen
Agrarreform wird ist dem ÖVP Minister misslungen. Erst unter der schwedischen
Ratspräsidentschaft kam es kürzlich zu einem viel versprechenden Schritt vorwärts für eine
breitere europaweite Unterstützung des Biolandbaus. Eine Chance, die Österreich davor
bedauerlicherweise ungenützt gelassen hatte.
Landwirtschaftsminister Molterer ist mit dieser Politik dabei, die „Poleposition“ Österreichs
im Bereich des Biolandbaus in Europa zu verspielen! Molterers Politik nach dem Motto
„weiter so“ erschöpft sich in
unverbindlichen Erklärungen.
Hinsichtlich offensiver Strategien und Konzepte für den Biolandbau gibt es seitens Molterer
bis heute nur Lippenbekenntnisse.
Eine soziale Staffelung der Agrarförderungen, die vor allem die Menschen, deren Arbeitskraft
und die Arbeitserschwernisse in den Mittelpunkt stellen würde, hat der österreichische
Landwirtschaftsminister bereits am Beginn dieser Legislaturperiode für Österreich dezidiert
ausgeschlossen!
Tatsache ist, dass ohne generellem Umdenken in der Landwirtschaft die nächste Krise in der
Warteschleife hängt.
Die Kernpunkte einer längst fälligen Wende kann nur durch eine radikale Umstellung
der Agrarförderung und durch eine nachhaltige ,, B i o - O f f e n s i v e“ erfolgen.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten
folgenden
Entschließungsantrag:
„Der Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt - und Wasserwirtschaft wird
aufgefordert,
- Im Rahmen einer nachhaltigen ,, B i o - O f f e n s i v e“ durch massive Erhöhung
der Förderungsmittel für den Biolandbau für einen weiteren Ausbau dieser
besonders ökologisch und tierfreundlich geführten Wirtschaftsweise stärker zum
Durchbruch zu verhelfen;
- eine soziale Staffelung von Agrarförderungsmitteln, insbesondere der
Marktordnungsprämien, zur gerechteren Verteilung im Sinne einer
inneragrarischen Solidarität einzuführen.“
Zuweisungsvorschlag:
Landwirtschaftsausschuss