577/A XXI.GP
Eingelangt am: 12.12.2001
Antrag
der
Abgeordneten Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll,
Auer
und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, BGB1. Nr.
569/1978, zuletzt geändert durch
das
Bundesgesetz BGBl.I Nr. XXX/2001, wird wie folgt geändert:
1. § 18 Abs. 4 lautet:
"(4) Bei
Versicherungsverträgen mit Gewinnbeteiligung muss den Versicherten ein
angemessener
Teil des Überschusses zugute kommen. Die FMA kann, soweit dies
zur
Wahrung der Interessen der Versicherten erforderlich ist, unter
Berücksichtigung
der Marktverhältnisse mit Verordnung näher regeln, wie die
Höhe
der Gewinnbeteiligung unter Bedachtnahme auf die jeweiligen
Bemessungsgrundlagen
anzusetzen ist. Insbesondere kann die FMA einen
Nachweis
über die Finanzierbarkeit der Gewinnbeteiligung verlangen und nähere
Bestimmungen
für diesen Nachweis festlegen."
2. An § 73b Abs. 5 wird folgender Abs. 6 angefügt:
"(6) Unbeschadet des
Abs. 5 ist eine Hinzurechnung stiller Reserven zu den
Eigenmitteln jedenfalls insoweit ausgeschlossen, als diese den Betrag der
gemäß
§
81h Abs. 2 letzter Satz unterbliebenen Abschreibungen nicht
übersteigen."
3. In § 77 wird folgender Abs. 5a eingefügt:
"(5a) Bei Anwendung des in
§ 81h Abs. 2 letzter Satz vorgesehenen
Bewertungswahlrechts
ist die dort genannte Voraussetzung für jede Abteilung des
Deckungsstocks
gemäß § 20 Abs. 2 bzw. die Summe der
versicherungstechnischen
Rückstellungen, für die kein Deckungsstock zu bilden
ist,
gesondert zu erfüllen."
4. An § 81h Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:
"Die genannten Kapitalanlagen
können abweichend davon nach den Bestimmungen des
HGB bewertet werden;
Abschreibungen auf den niedrigeren Wert im Falle einer
voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung können jedoch nur insoweit
unterbleiben, als der Gesamtbetrag dieser nicht vorgenommenen Abschreibungen
50vH der gesamten, sonst vorhandenen stillen
Nettoreserven des Unternehmens in der
betreffenden Bilanzabteilung nicht
übersteigt."
5. In § 81h Abs. 5 wird folgender Abs. 5a eingefügt:
"(5a) Die FMA kann zur Sicherung
der Liquidität des Versicherungsunternehmens und
zur Wahrung der
Belange der Versicherten durch Verordnung nähere
Bestimmungen über die Bewertung von
Kapitalanlagen gemäß § 81h treffen und
insbesondere nähere Kriterien
für die Zuordnung zum Anlage- und
Umlaufvermögen sowie für
die Beurteilung der Dauerhaftigkeit von
Wertminderungen festsetzen."
6. Im § 82 wird folgender Abs.6a eingefügt:
"(6a) Der Abschlussprüfer hat im Falle der
Anwendung des § 81h Abs. 2 letzter Satz
das Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen für die Bewertung und
insbesondere die Höhe der im
Unternehmen vorhandenen stillen Nettoreserven zu
bestätigen."
7. Nach § 129g wird folgender § 129h angefügt:
"§
129h. (1) §
18 Abs. 4, § 73b Abs. 6, § 77 Abs. 5a, § 81h Abs. 2 letzter Satz
und
Abs. 5a sowie § 82 Abs. 6a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl.I Nr. XXX/2001
sind erstmals auf Geschäftsjahre
anzuwenden, die nach dem 30. Dezember 2001 enden.
(2) Verordnungen auf Grund der in den §§18 Abs. 4 und 81 h Abs. 5a
angeführten Bestimmungen dürfen
bereits von dem der Kundmachung des Bundesgesetzes
BGBl. I Nr. XXX/2001 folgenden Tag an erlassen werden. Sie dürfen
frühestens auf
Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2001 enden, anzuwenden sein. Vor
dem
1. April 2002 steht dieses Recht der
Versicherungsaufsichtsbehörde zu."
In
formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste
Lesung dem
Finanzausschuss zuzuweisen.
Begründung
Allgemeines
Die schwierige Situation auf den Kapitalmärkten im Jahr 2001 fuhrt
in der
Versicherungswirtschaft
zu einem beachtlichen Abschreibungsbedarf. Mehrere europäische
Staaten (etwa Deutschland) reagieren auf die aktuelle Lage mit einer Anpassung
der für die
Versicherungsunternehmen
relevanten Bewertungsvorschriften, Zur Sicherung gleicher
Wettbewerbsbedingungen
sollen auch in Österreich derartige Maßnahmen getroffen werden.
Durch aufsichtsrechtliche Begleitmaßnahmen soll verhindert werden, dass
es zu einer
Beeinträchtigung der Interessen der Versicherten kommt.
Zu Z 1 (§ 18 Abs. 4)
Bis zur Tariffreigabe im Jahr 1994 war
es Praxis der Versicherungsaufsichtsbehörde,
nur
solche Tarife zu genehmigen, die vorsahen, dass dem anspruchsberechtigten
Versicherungsnehmer
im Allgemeinen mindestens 90 % der Überschüsse aus seinem
Versicherungsvertrag
als Prämienrückgewähr rückerstattet werden. Da
Versicherungsunternehmen
nun vermehrt dazu übergehen, solche Mindestrück-
erstattungssätze
nicht mehr in ihre aktuellen allgemeinen Versicherungsbedingungen
aufzunehmen,
ist es zur Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer erforderlich, die
Möglichkeit
vorzusehen, dass die FMA im Verordnungsweg nähere Regeln für die
Gewinn-
beteiligung
aufstellen kann. Die neue Regelung baut auf der bisherigen Praxis auf,
berücksichtigt darüber hinaus die
geänderten Voraussetzungen im Europäischen Kontext.
Zu Z 2 (§ 73b Abs. 6)
Um bei Anwendung des Bewertungswahlrechts
gemäß § 81h Abs. 2 letzter Satz eine
Mehrfachverwendung
stiller Reserven zu vermeiden, sollen diese von einer Hinzurechnung
jedenfalls insoweit
ausgeschlossen sein, als sie den Betrag der gemäß § 81h Abs. 2
letzter
Satz unterbliebenen Abschreibungen nicht
übersteigen.
Zu Z 3 (§ 77 Abs. 5a)
Zur Sicherstellung der Funktion der Bedeckung
der versicherungstechnischen
Rückstellungen
ist es erforderlich, dass die Deckung der nicht vorgenommenen
Abschreibungen durch stille Nettoreserven
für jede Deckungsstockabteilung bzw. die Summe
der sonstigen der
versicherungstechnischen Rückstellungen gesondert erfüllt ist.
Zu Z 4 (§ 81h Abs. 2 letzter Satz)
Für Kapitalanlagen, die grundsätzlich nach dem
strengen Niederstwertprinzip zu
bewerten sind, soll die Möglichkeit eröffnet werden, sie unter den
handelsrechtlichen
Voraussetzungen dem Anlagevermögen zu
widmen. Eine Abwertung auf einen niedrigeren
Börse- oder Marktwert ist - bei
Inanspruchnahme des Wahlrechts - für diese Kapitalanlagen,
gemäß § 204 Abs. 2 erster Satz HGB, nur bei
voraussichtlich dauernder Wertminderung
verpflichtend vorzunehmen. Die Neuregelung bewirkt insoweit Erleichterungen, da
der
niedrigere Wert am Abschlussstichtag
lediglich bei dauernder Wertminderung maßgeblich ist.
Um eine Beeinträchtigung der Interessen der Versicherten zu
vermeiden, soll für
unterbliebene Abschreibungen bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung
eine
Obergrenze festgesetzt werden. Demnach
dürfen Abschreibungen auf den niedrigeren Wert
im Falle einer voraussichtlich nicht dauernden
Wertminderung nur insoweit unterbleiben, als
ihnen in der betreffenden Bilanzabteilung stille Reserven im gesamten sonstigen
Vermögen
abzüglich
stiller Lasten in doppelter Höhe gegenüberstehen.
Zu Z 5 (§ 81h Abs. 5a)
Der neue Abs. 5a soll der FMA die Möglichkeit geben,
mit Verordnung nähere
Vorschriften für die Zuordnung und Bewertung der in § 81h Abs. 2
letzter Satz angeführten
Kapitalanlagen festgelegt werden
können.
Zu Z 6 (§ 82 Abs. 6a)
Die in § 81h Abs. 2 genannten Voraussetzungen für
die Inanspruchnahme des
Bewertungswahlrechts sollen vom
Abschlussprüfer zu bestätigen sein. Die Bestätigung soll
sich insbesondere auf die Kriterien
der Zuordnung der Kapitalanlagen zum Anlagevermögen,
die Beurteilung der
voraussichtlichen Dauerhaftigkeit von Wertminderungen und das
Vorliegen der vorhandenen stillen
Nettoreserven im Versicherungsunternehmen beziehen.
Zu Z 7 (§ 129h)
Die neuen Bewertungsgrundsätze für
Versicherungsunternehmen sollen bereits für das
Geschäftsjahr
2001 angewendet werden können.