609/AE XXI.GP
Eingelangt am: 27.02.2002
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Gaal, Gradwohl, Lackner
und GenossInnen
betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp
Die Veränderung
der politischen Situation in Europa durch den Fall des „Eisernen Vorhanges"
1989
hat -
neben allen positiven Veränderungen in politischer, gesellschaftlicher und
wirtschaftlicher
Hinsicht
- auch zu einer neuen sicherheitspolitischen Herausforderung geführt.
Die Organisation und
die vorhandene Infrastruktur der österreichischen Fliegerkräfte
entsprechen
nicht
mehr den Kriterien der Einsatzeffizienz und Wirtschaftlichkeit. Die neuen
Aufgaben des
Bundesheeres
erfordern eine gänzlich neue Bewertung der österreichischen
Fliegerkräfte vor
allfälligen
Beschaffungen im Luftbereich.
Vor
Neuanschaffungen muss daher ein Reformkonzept vorliegen, dass für die
österreichischen
Fliegerkräfte
effiziente Strukturen, klare Verantwortlichkeiten, eine einheitlich
eingerichtete Planung
und
wirtschaftliche Betriebsabläufe schafft. Nur auf der Grundlage einer neuen
Struktur der
österreichischen Fliegerkräfte ist eine Modernisierung sinnvoll.
Der
Rechnungshof hat überdies in mehreren Berichten schwerwiegende und damit
kostspielige
Mängel
bei der Planung und in der Durchführung der Rüstungsbeschaffungen des
Bundesheeres
aufgezeigt.
Bis jetzt wurde weder eine Neuordnung des militärischen Beschaffungswesens
durchgeführt
noch ein längerfristiger Investitionsplan vorgelegt. Das ist keine
geeignete Basis für
eine Beschaffung in
Milliardenhöhe.
Wie den Medien zu
entnehmen ist, hat die Bundesregierung beschlossen, den Kauf neuer
Abfangjäger
auszuschreiben. Mindestens 24 einsitzige Flugzeuge sollen zu einem Kaufpreis -
ohne
Nebenkosten - von 25.000.000.000,- Schilling (1,82 Mia. €) angeschafft
werden, weiters besteht eine
Option
auf 6 zweisitzige Flugzeuge.
Das
Beschaffungskonzept, dass dieser Entscheidung zugrundeliegt, beruht auf der
Basis der
seinerzeitigen Draken-Beschaffung. Heute ist eine geänderte
sicherheitspolitische Situation gegeben,
gleichzeitig
haben sich die technischen Möglichkeiten rasant weiterentwickelt. Auch die
umfassende
Begründung, wofür Österreich im Hinblick auf die Teilnahme an
einem künftigen europäischen
Sicherheitssystem
Abfangjäger benötigt, ist bis jetzt unbeantwortet geblieben.
In der
Beantwortung der Anfrage 2797/J XXI.GP, 2744/AB XXI.GP gab der BUNDESMINISTER
FÜR
LANDESVERTEIDIGUNG, am 12.09.2001 an, dass in den letzten 5 Jahren bei
Verletzungen des österreichischen Luftraumes in 30 Fällen
Identifizierungsflüge mit Draken
und weitere 37
Einsätze mit Saab 105 durchgeführt wurden.
Es kam zu 20
Identifizierungen mit Draken und 28 mit Saab 105. In den
übrigen 19 Fällen sind
Rückfrageergebnisse erst nach dem
Start eingetroffen, sodass der Flug in den meisten Fällen
vorzeitig
beendet werden konnte.
Im
Klartext wurden in den letzten 5 Jahren 48 Einsätze mit Abfangjägern
geflogen, es war in keinem
Fall erforderlich, Flugzeuge, die in dieser Weise den österreichischen
Luftraum verletzt haben, zur
Landung
zu zwingen.
Die Beantwortung der Frage:
„ Wieviel kostet der Einsatz der
„Draken "jährlich unter Berücksichtigung aller direkten
und
indirekten Ausgaben (Personalkosten,
Sachaufwand und Zweckaufwand für Betrieb, Wartung,
Instandhaltung der Flugzeuge und
aller für die Flugzeuge erforderlichen Einrichtungen)? ".
lautet wie folgt:
Diese Frage kann in
der gewünschten Differenzierung nicht beantwortet werden, weil die
jährlichen Kosten für den Einsatz des Draken nicht gesondert
erfasst werden, sondern in einer
Vielzahl von Voranschlagposten des VA-Ansatzes 1/40108, welche alle
Luftfahrzeuge betreffen,
enthalten sind.
Damit
ist klar bewiesen, dass schon bisher gegen die Budgetgrundsätze der
Kostenwahrheit und der
Kostenklarheit
gröbstens verstoßen und die wahren Kosten verschleiert wurden.
Nun sollen 24 neue, milliardenteure Abfangjäger beschafft werden, ohne die
zu erwartenden
Gesamtkosten
- inklusive Wartung und Betrieb - zu kennen.
Diese Bundesregierung ignoriert die Budgethoheit des Nationalrates.
Es gibt noch keinen Beschluss des Nationalrates, der die budgetäre Grundlage für die Beschaffung
der Abfangjäger bildet, weiters ist keine Finanzierungsplanung vorhanden.
Aus der Anfragebeantwortung des BUNDESMINISTERS FÜR LANDESVERTEIDIGUNG lässt
sich ableiten, dass die Kosten für die Beschaffung im extremen Missverhältnis zu den tatsächlichen
Einsatzmöglichkeiten stehen.
Wenn in Zukunft die gleiche Einsatzhäufigkeit wie in den letzten 5 Jahren (48 Einsätze) unterstellt
wird, dann sind das über den Lebenszyklus der neuen Abfangjäger (20 Jahre) insgesamt 192
Einsätze.
Wenn nur die
Anschaffungskosten durch die Zahl der Einsätze dividiert werden (ohne
Personalkosten, Sachaufwand und Zweckaufwand
für Betrieb, Wartung, Instandhaltung der
Flugzeuge und aller für die
Flugzeuge erforderlichen Einrichtungen)
25.000.000.000,-
ATS (rd. 1,82 Mia. €): 192 Einsätze = 130.208.333,- ATS (rd.9,46
Mio. €) -,
ist
erkennbar, dass jeder Einsatz rund 130,2 Mio. Schilling (rd.9,46
Mio. €) kostet.
Auf der
einen Seite wird von der schwarz-blauen Regierung unter dem Deckmantel „Nulldefizit"
ein
radikaler
Sozialabbau durchgeführt, auf der anderen Seite sollen für
Rüstungsausgaben enorme
Schulden
in die Zukunft gemacht werden.
Aus der
Summe der Argumente ist nachvollziehbar, warum zwei Drittel der
österreichischen
Bevölkerung
die Beschaffung von Abfangjägern durch diese Regierung ablehnt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
„Der
Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, sofort alle
Schritte zu setzen, um den
Beschaffungsvorgang
für neue Abfangjäger zu stoppen."
Zuweisungsvorschlag: Landesverteidigungsausschuss