619/AE XXI.GP

Eingelangt am: 27.02.2002

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, DI Wolfgang Pirklhuber,
Freundinnen und Freunde

betreffend Pestizid-Aktionsprogramm zur Reduktion des Pflanzenschutz-
mitteleinsatzes in Österreich

Ein Bericht der Europäischen Kommission im August 2001 spricht Klartext: 40.000
Proben von Obst, Gemüse und Getreide wurden 1999 in den einzelnen
Mitgliedstaaten auf Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln analysiert und
jetzt veröffentlicht.

Bei 32% der Proben wurden Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln
teilweise bis zur Höhe der erlaubten Grenzwerte nachgewiesen! Die Anzahl der
Proben, in denen Rückstände gefunden wurden, ist erheblich gestiegen.

Bei weiteren 4,3% wurden die zulässigen Höchstwerte deutlich überschritten, was
nach Aussage der Kommission "..eine beträchtliche Zunahme gegenüber früheren
Jahren" (Zitat aus der Pressemeldung der Europäischen Kommission) bedeutet.

In 14% der Proben wurden sogar Rückstände von mehr als einem
Schädlingsbekämpfungsmittel gefunden.

Blumenkohl, Paprika, Weizenkörner und Melonen wurden aufgrund bekannter
Probleme EU-weit für gezielte Tests ausgewählt; hier waren in Summe (also alle 4
Lebensmittel zusammen) sogar 8,7% der gezogenen Proben über dem höchst
zulässigen Grenzwert!

Besonders belastet ist Paprika. Hier waren 18,8% der Proben über dem Grenzwert!
Zitat Europäische Kommission: "In einem kleinen Teil der Proben von
Paprikaschoten wurden hohe Methamidophos- und Endosulfanwerte festgestellt,
was beim Vergleich mit den durchgeführten Bewertungen des akuten Risikos Anlass
zur Sorge gibt."

•       Für Babynahrung hat die Europäische Kommission festgelegt, dass diese
keinerlei Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln enthalten darf. Etwa
40% der auf dem europäischen Markt befindlichen Produkte entsprechen
bereits diesen Anforderungen. Einige Hersteller werden allerdings eine gewisse
Zeit benötigen, um ihr Angebot, Herstellungsverfahren und insbesondere die
Beschaffung von Rohmaterial umzustellen, um den Anforderungen zu
entsprechen. Dafür muss ihnen eine angemessene Übergangszeit eingeräumt
werden


Die spezifische Auswertung für Österreich (1999) gibt ebenfalls Anlass zur Sorge
und erfordert ein politisches Maßnahmepaket

39,9% der Lebensmittel-Proben (Obst, Gemüse) waren mit Rückständen von
Schädlingsbekämpfungsmitteln belastet, teilweise bis zur Höhe des Grenzwertes.

Knapp 11% (Obst, Gemüse) wiesen Überschreitungen des zulässigen Grenzwertes
auf.

100% der Getreideproben waren rückstandsfrei.

In 85% der Proben wurden Rückstände von mehr als einem
Schädlingsbekämpfungsmittel gefunden.

Blumenkohl. Paprika, Weizenkörner und Melonen:

Hier waren insgesamt 23% mit Rückständen belastet, 21% lagen sogar über dem
jeweiligen Grenzwert.

Bereits 1994 beschloss das österreichische Landwirtschaftsministerium eine
Reduktion des Pestizidverbrauchs um 20% bis zum Jahr 2000. Doch laut neuester
Agrarstatistik aus dem Grünen Bericht des BMLFUW wurden im Jahr 2000
insgesamt 3563 t an Wirkstoffen von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Österreich in

Verkehr gebracht.

•       Dies bedeutet einen Zuwachs gegenüber 1999 um 145 t. Damit ist seit 1997
erstmals wieder ein Anstieg der Menge an Wirkstoffen zu verzeichnen!

•       Zusätzlich gibt es noch umfangreiche Eigenimporte der Landwirte, die in dieser
offiziellen Statistik nicht erfasst sind.

"Zur offiziellen Mengenstatistik ist anzumerken, dass in den letzten Jahren - v.a.
wegen der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze für Pflanzenschutzmittel in den
einzelnen EU-Mitgliedstaaten - von den österreichischen Landwirten eine nicht
erfassbare Menge an Pflanzenschutzmitteln direkt in anderen EU-Mitgliedstaaten
eingekauft wurde." Zitat: Grüner Bericht, S. 75.

•       Darüber hinaus steigt auch die Zahl der zugelassenen Präparate seit 1998
kontinuierlich! Im Jahr 2000 waren 837 verschiedene Pflanzenschutzmittel-
präparate zugelassen, was einen Anstieg um 47 gegenüber 1999 bedeutet.

•       Und es steigen nicht nur die Wirkstoffmengen und die zugelassenen Präparate,
sondern auch die Konzentration der Wirkstoffmengen ist stark gestiegen - dies
kann mit der Entwicklung bei diversen Waschmitteln verglichen werden. D.h.
mit derselben Menge kann jetzt eine größere Fläche bzw. dieselbe Fläche öfter
behandelt werden.

Sowohl die Anfragebeantwortung 2906AB als auch jüngste Untersuchungen durch
Global 2000 zeigen die Brisanz der Schadstoffbelastung in aller Deutlichkeit. Ein
umfassendes Anti-Pestizid-Aktionsprogramm aus den Bausteinen:


•       umfassende Information der Konsumentinnen,

•       regelmäßiger Publikation der Untersuchungsergebnisse mit
Gefahreneinschätzung,

•       Maßnahmen zur Reduktion des Pestizideinsatzes (Sechsjahresprogramm),

•       Einführung einer Abgabe auf Pflanzenschutzmittel, wobei die über die Abgabe
aufgebrachten Mittel zweckgebunden wieder an die Landwirtschaft
zurückfließen sollen, insbesondere in die Förderung und Beratung
„nichtchemischer" Pflanzenschutztechniken

•      Akkordierung des Österreichischen Programms für umweltgerechte
Landwirtschaft (ÖPUL) mit den Zielvorgaben des Aktionsprogramms
zur Reduzierung des Pestizidverbrauchs.

•       Vorstöße auf europäischer Ebene zur Erlassung von Verordnungen zur
Pestizidreduktion, Erarbeitung eines Programms zur Pestizidreduktion auf
europäischer Ebene

ist dringend nötig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesminister für Landwirtschaft und für Gesundheit werden beauftragt, die
Konsumentinnen regelmäßig über die Pestizid-Belastung von Lebensmitteln zu
informieren und ein Pestizid-Aktionsprogramm zur Reduktion des Pflanzenschutz-
mitteleinsatzes in der österreichischen Landwirtschaft auf schnellstem Wege zu

erarbeiten.

In   formeller  Hinsicht   wird  die  Zuweisung   an   den  Ausschuss   für  Land-   und
Forstwirtschaft vorgeschlagen.