671/A XXI.GP
Eingelangt am: 18.04.2002
I nitiativantrag
der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dr. Wittmann, Parnigoni
und GenossInnen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz,
mit
dem das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das
Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52 (WV), in der Fassung des
Bundesgesetzes
BGB1.1 Nr. 138/2000 wird wie
folgt geändert:
1. § 15 lautet:
„§
15.
Geldstrafen sowie der Erlös verfallener Sachen fließen, sofern die
Verwaltungs-
vorschriften nicht anderes bestimmen, dem Land für Zwecke der Sozialhilfe,
bestehen aber
Sozialhilfeverbände, dem Sozialhilfeverband, in dessen Gebiet die Strafe
verhängt wurde,
zu."
2. § 66b wird folgender Absatz 11 angefügt:
„(11) §
15 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2002 tritt mit 1. Jänner 2002
in
Kraft."
Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuß
Die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten wird verlangt
Begründung:
Im
Reichspolizeikostengesetz vom 29. April 1940, dRGBl. I, S 688/1940, war
vorgesehen,
dass die "staatliche Polizeiverwaltung alle Einnahmen [...], die aus den
von ihr zu
erledigenden
polizeilichen Aufgaben entstehen", erhebt. "Das Aufkommen aus
Geldstrafen
und gebührenpflichtigen Verwarnungen" bildete nach dem
Reichspolizeikostengesetz "auch
dann eine polizeiliche Einnahme, wenn die Polizei hierbei nicht kraft eigenen
Rechts, sondern
im Auftrag einer anderen Behörde tätig gewesen ist."
Mit dem 1.
Bundesrechtsbereinigungsgesetz, BGB1.1 Nr. 191/1999, wurde mit Wirksamkeit
vom 1.
Jänner 2000 das Reichspolizeikostengesetz aufgehoben. Gemäß der
damaligen
Fassung
des § 15 VStG wären ab diesem Zeitpunkt auch sämtliche in
Vollziehung von
Bundesgesetzen
eingehobenen Strafgelder nicht mehr dem Bund, sondern dem Land bzw.
bestehenden
Sozialhilfeverbänden für Zwecke der Sozialhilfe zugeflossen.
Durch
die Änderung des § 15 VStG durch das Budgetbegleitgesetz 2000, BGB1.1 Nr.
26/2000, wurde aber eine Ersatzregelung geschaffen. Die Beibehaltung der nach
Aufhebung
des
Reichspolizeikostengesetzes entstandenen Rechtslage hätte nämlich
für den Bund nach
Schätzungen
des Bundesministeriums für Inneres einen Einnahmenentfall aus Strafgeldern
in
der
Höhe von rund 200 Millionen Schilling bedeutet.
Nach
dieser Ersatzregelung (die derzeit geltende Fassung des § 15 VStG)
fließen Geldstrafen
sowie
der Erlös verfallener Sachen, sofern die Verhaltungsvorschriften nicht
anderes
bestimmen, zwar in erster Linie dem Land bzw. bestehenden
Sozialhilfeverbänden, in
dessen/deren
Gebiet die Strafe verhängt wurde, für Zwecke der Sozialhilfe zu.
Wurde aber ein
Bundesgesetz im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde vollzogen, so
fließen diese
Mittel dem Bund zu (§ 15 Z 2 VStG geltende Fassung).
Grundsätzlich
besteht also eine Zweckwidmung von Verwaltungsstrafgeldern für Zwecke der
Sozialhilfe,
was die Antragsteller auch begrüßen. Der Ausnahmefall, daß
nämlich in Vollzug
von
Bundesgesetzen durch eine Bundespolizeibehörde eingehobene Strafgelder dem
Bund
zufließen,
erscheint dagegen aus rechtsstaatlicher Sicht bedenklich. Die Androhung des
Vollzuges
von Strafen hat nämlich präventiven Charakter und soll die
Normadressaten zu
einem
rechtmäßigen Verhalten bewegen. Dieses rechtmäßige
Verhalten ist nämlich das, was
die
Rechtsgemeinschaft von allen erwartet. Der tatsächlich Vollzug von Strafen
ist demgemäß
der durch staatliche
Organe geäußerte Unwille der Rechtsgemeinschaft, ein rechtswidriges
Verhalten
zu tolerieren. Keinesfalls kann er in einem Rechtsstaat den Zweck haben, die
Behörden
zu finanzieren. Man müsste geradezu hoffen, daß zahlreiche
Gesetzesübertretungen
begangen
werden, um die Behörden finanzieren zu können, was offenkundig absurd
ist und
sich
mit der Erwartungshaltung der Rechtsgemeinschaft keinesfalls deckt. Die
Sanktionierung
von
Gesetzesübertretungen sollte daher nicht der Finanzierung von
Polizeibehörden dienen,
sondern
sollen solcherart eingehobene Geldmittel - im Sinne einer Solidargemeinschaft -
Bedürftigen zugute kommen. Denn auch die Unterstützung von
Bedürftigen ist ein wichtiges
Anliegen
unserer Rechtsgemeinschaft. Da der Bund ein Sozialhilfeprogramm aber nicht
anbietet,
sollen auch in der Vollziehung von Bundesgesetzen durch eine
Bundespolizeibehörde eingehobene Geldstrafen und der Erlös
verfallener Sachen den Ländern
für
Zwecke der Sozialhilfe bzw. bestehenden Sozialhilfeverbänden
zufließen.