680/A XXI.GP
Eingelangt am: 22.05.2002
Antrag |
der Abgeordneten Dr.
Andreas Khol, Ing .Peter Westenthaler
und Kollegen
betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Versammlungsgesetz 1953 geändert wird
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Versammlungsgesetz 1953 geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das
Versammlungsgesetz 1953, BGB1. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch das
Bundesgesetz BGB1. I Nr.
98/2001 wird wie folgt geändert:
1. § 9 (neu) lautet wie folgt:
„§ 9. (1) An einer Versammlung dürfen keine Personen teilnehmen,
1. die ihre
Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände allein zu dem
Zweck verhüllen oder
verbergen, ihre Wiedererkennung im
Zusammenhang mit der Versammlung zu verhindern oder
2.
die Gegenstände mit sich führen, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt
sind, die Feststellung der Iden-
tität zu verhindern.
(2) Von der Festnahme einer Person gemäß
§ 35 Z 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 wegen eines Ver-
stoßes gegen Abs. l
ist abzusehen, wenn der gesetzmäßige Zustand durch Anwendung eines
gelinderen Mittels
hergestellt werden kann;
§ 81 Abs. 3 bis 6 des Sicherheitspolizeigesetzes gilt
sinngemäß.
(3) Darüber hinaus kann von der Durchsetzung der
Verbote nach Abs. l abgesehen werden, wenn eine Ge-
fährdung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit nicht zu
besorgen ist."
2. Nach § 9 (neu) wird folgender § 9a eingefügt:
„
§ 9a. An den im § 2
erwähnten Versammlungen dürfen Bewaffnete nicht teilnehmen; ebenso
dürfen
Personen nicht teilnehmen, die Gegenstände bei sich haben, die geeignet
sind und den Umständen nach nur dazu
dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen
auszuüben."
3. In §19 wird der Ausdruck „360 Euro " durch den Ausdruck „ 720 Euro " ersetzt.
4. 4. Nach § 19 wird folgender § 19a eingefügt:
„ § 19a. Wer an einer Versammlung entgegen dem Verbot des
§ 9 Abs. l teilnimmt und bewaffnet ist
oder andere
Gegenstände gemäß § 9a bei sich hat, wird vom Gericht mit
Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten
oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, im Wiederholungsfall mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen bestraft."
5. § 21 wird folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) Die
§§ 9, 9a, 19 und 19a in der Fassung des Bundesgesetzes BGB1. I Nr. xxx/2002
treten mit
xx.xx.xxxx in Kraft."
Begründung
Die Demonstrationen der letzten Zeit haben Überlegungen zur
Einführung eines Vermummungsverbotes er-
forderlich gemacht.
Der Initiativantrag sieht vor, die Teilnahme an
Versammlungen im vermummten Zustand zu verbieten. Da
§ 9 nur für
Versammlungen nach § 2 Versammlungsgesetz gilt, sind Verkleidungen oder
das Tragen von Masken
bei öffentlichen
Belustigungen, volksgebräuchlichen Festen und Aufzügen (z.B.
Perchtenlauf) (§ 5 VersG) je-
denfalls nicht erfasst.
Sollte gegen das „Vermummungsverbot" von
einzelnen Teilnehmern verstoßen werden, soll vorerst ein ge-
genüber der
Auflösung der Versammlung gelinderes Mittel, nämlich die Wegweisung
Zuwiderhandelnder, zur
Verfügung stehen.
Abs. 2 sieht in diesem Sinne vor, dass entweder vermummte Versammlungsteilnehmer
weg-
gewiesen oder die der Vermummung dienenden Gegenstände
sichergestellt werden können. Sollte dieses gelin-
dere
Mittel die Durchsetzung des Vermummungsverbots nicht sicherstellen können,
so ist mit den entsprechen-
den
Zwangsmaßnahmen des Versammlungsgesetzes und des SPG bis hin zu § 35
VStG vorzugehen.
Unter Bedachtnahme auf die Judikatur des
Verfassungsgerichtshofes sowie unter Berücksichtigung der
deutschen
Rechtslage die sowohl eine gerichtliche Strafbarkeit, aber auch die
Möglichkeit eines Verfolgungsver-
zichts
(Opportunitätsprinzip, § 17a Abs.3. dVersG) vorsieht, schlägt
der Initiativantrag in § 9 Abs. 3 ebenfalls
die Schaffung eines Opportunitätsprinzips vor. So soll das
Vermummungsverbot auch zur Vermeidung einer
Eskalation
dann nicht durchgesetzt werden müssen, wenn die Demonstration sonst in
geordneten Bahnen ver-
läuft
und eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit
nicht zu befürchten ist. Diese als
„Kann-Bestimmung"
ausgestattete Befreiungsermächtigung, die jedenfalls grundrechtsfreundlich
auszulegen ist,
räumt
der Behörde aber kein freies Ermessen ein. Eine solche Ausnahme wird
insbesondere dann angezeigt sein,
wenn in
besonders gelagerten Fällen ein berechtigtes Interesse etwa
ausländischer Demonstrationsteilnehmer
besteht,
die Repressalien gegen Angehörige in ihrem Heimatstaat befürchten
müssen.
Im Lichte des verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechts auf Versammlungsfreiheit und unter Bedacht-
nahme
auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes darf eine Versammlung aber nicht
schon deshalb aufge-
löst
werden, weil Übertretungen des Abs. l gesetzt werden. Bei sonst
ordnungsgemäßem Ablauf einer Ver-
sammlung
würde nämlich eine Auflösung nur aus diesem Grund, also ohne
Hinzutreten anderer Umstände, in
ein Spannungsverhältnis
mit dem Grundrecht geraten. Ungeachtet dessen gilt im Falle der Zuwiderhandlung
für
die
betroffenen Versammlungs- bzw. Demonstrationsteilnehmer die Strafbestimmung des
§ 19 des Versamm-
lungsgesetzes.
Ferner soll durch eine Änderung des ursprünglichen
§ 9, dessen Inhalt nunmehr in § 9a aufgenommen wer-
den soll,
erreicht werden, daß die Mitnahme aller Gegenstände, die im Falle
einer Auseinandersetzung zur Ge-
waltanwendung
geeignet und den Umständen nach nur zur Ausübung von Gewalt mitgebracht
werden, und nicht
nur wie bisher von Waffen iS des Waffengesetzes, verboten wird. Die
Ergänzung des § 9a soll daher neben dem
Verbot
jedweder Teilnahme von Menschen, die Waffen im Sinne des Waffengesetzes mit
sich führen, auch die
Teilnahme
von Menschen, die gefährliche Gegenstände bei sich haben, verbieten.
Bei diesen Gegenständen
muss es
sich zum einen um Dinge handeln, die tatsächlich zur Gewaltanwendung
geeignet sind und den Um-
ständen
nach nur zu diesem Zweck mitgeführt werden. So werden unter dieses Verbot
jedenfalls Brechstangen,
Baseballschläger,
Ziegel und Pflastersteine, Ketten, Latten und Rohre, Flaschen und Farbbeutel
aber auch
Schleudern
u.a.m. fallen. Die gewählte Textierung berücksichtigt aber auch, dass
bei Versammlungen mitunter
Gegenstände
mitgeführt werden dürfen, die zwar an sich zur Gewaltausübung
geeignet sind, aber den Umstän-
den nach nicht zu diesem Zweck mit geführt werden, wie etwa Stangen zur
Befestigung von Transparenten.
Sowohl die Vermummung wie auch das
Mitführen gefährlicher Gegenstände sollen nach dem Versamm-
lungsgesetz
verwaltungsstrafrechtlich (§ 19) geahndet werden. Sofern
Demonstrationsteilnehmer jedoch gleich-
zeitig
beide Verbote übertreten, besteht die Gefahr, daß die Vermummung
gerade deshalb durchgeführt wurde,
um unter
ihrem Schutz die Entdeckung bei einem Gewalteinsatz zu verhindern. Im Hinblick
auf diese Gefähr-
dung
erscheint es gerechtfertigt, in diesem Fall kumulierter Verstöße
nach dem Versammlungsgesetz gerichtli-
ches
Strafrecht zum Einsatz zu bringen. Bei diesem Straftatbestand handelt es sich
um ein Gefährdungsdelikt,
d.h. daß wegen der besonderen Gefährlichkeit der Kombination von
Vermummung und Mitfuhren gefährlicher
Gegenstände und des dadurch gerechtfertigten Schlusses auf besondere
Gewaltbereitschaft eine Strafbarkeit
bereits
eintritt, ohne daß weitere konkrete Straftaten gesetzt werden. Kommt es
aber zur Begehung solcher weite-
rer Straftaten, so ist der Täter entsprechend den Grundsätzen des
gerichtlichen Strafrechts wegen der schwereren
Straftaten,
etwa Körperverletzung oder Widerstand gegen die Staatsgewalt zu bestrafen.
Unter Bedachtnahme
auf die
besondere Gewaltbereitschaft der Demonstrationen in letzter Zeit und um eine
entsprechende präventive
Wirkung
zu entfalten, schlägt der Initiativantrag eine Freiheitsstrafe bis zu 6
Monaten oder eine Geldstrafe, im
Fall der Wiederholung allerdings - neben einer Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen - eine Freiheitsstrafe bis zu
einem
Jahr vor. Im Zuge der Strafzumessung wird aber auch berücksichtigt werden
können, welche besondere
Gefahr
von den nutgeführten Gegenständen ausgeht.
Informeller Hinsicht wird beantragt, diesen
Antrag unter Verzicht auf eine erste Lesung dem Ausschuß für
innere
Angelegenheiten zuzuweisen.