681/A XXI.GP
Eingelangt am: 22.05.2002
Initiativantrag
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Parnigoni
und Genossen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versammlungsgesetz und das Strafgesetzbuch
geändert werden
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Versammlungsgesetz und das Strafgesetzbuch geändert
werden
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel l
Änderung des Versammlungsgesetzes
Das
Versammlungsgesetz 1953, BGB1. Nr. 98, zuletzt geändert durch das
Bundesgesetz
BGB1.1 Nr. 98/2001, wird wie
folgt geändert:
L Nach § 9 wird folgender § 9a eingefügt:
„§ 9a. (1) Die Behörde kann die Teilnahme an einer
Versammlung gem. § 2 in einer
Aufmachung,
die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung
der
Identität
zu verhindern, untersagen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist,
es
werde im
Schutz einer solchen Aufmachung zu Handlungen kommen, die Leben oder
Gesundheit von Menschen gefährden oder Eigentum oder Umwelt in
großem Ausmaß
gefährden
(Vermummungsverbot). Eine solche Verordnung ist in geeigneter Weise, wie etwa
mittels
Megaphon, kundzumachen. Sie tritt sofort in Kraft.
(2) Ein Verbot gem. Abs. l kann von der Behörde auch vor Beginn der
Versammlung
verfugt
werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen und Erfahrungen in der Vergangenheit
dies
erforderlich scheint, um Handlungen im Sinne des Abs. l vorzubeugen. Eine
solche
Verordnung ist in einer Weise kundzumachen, die geeignet erscheint, einen
möglichst weiten
Kreis
potenziell Betroffener zu erreichen, wie etwa durch Anschlag oder Verlautbarung
in den
Medien.
(3) Die Behörde ist ermächtigt, ein Verbot gem. Abs. l durch
Anwendung von
Zwangsmitteln
gegen Personen, die dagegen verstoßen, in Vollzug zu setzen. Wenn aber zu
befürchten
ist, daß dadurch eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von
Menschen
geschaffen oder vergrößert wird, hat die Behörde davon
abzusehen."
2. Nach §15 wird folgender § 15a eingefügt:
„§ 15a. Die Behörde hat auf den friedlichen Ablauf
einer Versammlung hinzuwirken.
Insbesondere
hat die Behörde ihre Anordnungs- und Zwangsbefugnisse unter Bedachtnahme
auf die
Vermeidung einer möglichen Eskalation auszuüben."
3.
Der bisherige Text des § 19 erhält die Absatzbezeichnung „ (1)
"; folgender Abs. 2 wird
angefügt:
„(2) Die Übertretung eines Verbotes gem. § 9a Abs. l ist
nicht zu ahnden, wenn die
betreffende
Person die Versammlung ohne Aufschub verläßt."
Artikel 2
Änderung
des Strafgesetzbuches
Das Strafgesetzbuch,
BGB1. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGB1.1
Nr.
19/2001, wird wie folgt geändert:
L In § 33 Z 7
wird nach dem Wort „hat" das Satzzeichen „." durch
das Satzzeichen „;"
ersetzt.
2. § 33 wird folgende Z 8 angefügt:
„8. die Tat während oder anläßlich einer
Versammlung gem. § 2 Versammlungsgesetz
in
einer Aufmachung, die geeignet und den Umständen danach daraufgerichtet
war, die
Feststellung
seiner Identität zu verhindern, begangen hat.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Bundesgesetz
tritt mit xx.xx. 2002 in Kraft. Es ist nicht anzuwenden auf Sachverhalte,
die
sich vor dem Inkrafttreten ereignet haben.
Zuweisungsvorschlag: Innenausschuß
Begründung
Derzeit wird in der politischen Diskussion wieder ein generelles
Vermummungsverbot
bei Demonstrationen gefordert. Vorweg sei betont, dass die Antragsteller
jegliche Gewalt bei
Demonstrationen
ablehnen und es auch für wünschenswert halten, dass sich bei
Versammlungen
niemand unter Vermummungen verbirgt. Die Antragsteller stehen aber
einem
generellen Vermummungsverbot ablehnend gegenüber, weil ein solches
gegenüber
dem
Vorteil, allfällige Gewalttäter identifizieren zu können,
gravierende Nachteile aufweist:
• Ein generelles Vermummungsverbot ist - nach
Erfahrungen in der BRD - fast nicht
durchsetzbar;
• der Versuch der
Durchsetzung eines Vermummungsverbotes erhöht uU die Gefahr einer
Eskalation;
• ein eingehaltenes
Vermummungsverbot nimmt den Organen der Sicherheitsbehörde die
Möglichkeit,
bereits frühzeitig zu erkennen, von wem möglicherweise Gewalt
ausgehen
könnte;
• jedes Vermummungsverbot greift in das Grundrecht auf
Versammlungsfreiheit ein;
Personen,
die aus berechtigten Gründen bei Demonstrationen unerkannt bleiben
möchten,
weil sie
Benachteiligungen durch ihren Arbeitgeber befürchten, werden in ihrem
Recht
auf
Versammlungsfreiheit eingeschränkt; ein generelles Vermummungsverbot ist
gegenüber
einem partiellen, wie von den Antragstellern vorgeschlagenen der schwer-
wiegendere
Eingriff in die Versammlungsfreiheit;
• die Reichweite eines generellen
Vermummungsverbotes ist kaum abzustecken;
Diskussionen
wie in der BRD über Umzüge von Weihnachtsmännern sollten der
Exekutive
im Hinblick auf ihr Ansehen in der Bevölkerung erspart bleiben.
Wie von allen Experten betont wird, hängt es von den
Umständen des Einzelfalles ab,
ob ein
Vermummungsverbot zielführend ist oder nicht. Die Antragsteller schlagen
daher eine
flexible Regelung vor, die es den Sicherheitskräften ermöglicht, ein
Vermummungsverbot
dann zu
verhängen, wenn dieses es ermöglicht, Ausschreitungen zu verhindern
oder Gewalt-
täter
zu verfolgen. Vermummungen sind dann zuzulassen, wenn sie harmlos sind (z. B.
Verkleidungen) oder die Durchsetzung eines Vermummungsverbotes erst zu einer
Eskalation
führen
würde.
Die von den Antragstellern vorgeschlagenen Gesetzesänderungen
ermöglichen der
Exekutive,
für bestimmte Versammlungen (wenn begründete Sorge besteht, Einzelne
oder
Gruppen
würden unter dem Schutz einer Vermummung daran teilnehmen um rechtswidrige
Handlungen
zu setzen) anzuordnen, daß eine Vermummung nicht zulässig ist.
Diese Befugniss soll die Exekutive sowohl im Vorfeld als auch
während der Versamm-
lung
haben, um etwaige Eskalationen vermeiden zu können.
Bei dem Begriff „Vermummung" haben die Antragsteller volks-
oder brauchtümliche
Maskierungen,
Maskierungen zum Scherz, Maskierungen, deren Zweck der Ausdruck der
persönlichen
Meinung ist, sowie Verhüllungen aus religiösen Gründen nicht vor
Augen.
Es soll der Vollzug eines allfällig verhängten
Vermummungsverbotes ins Ermessen der
Exekutive gestellt werden, da eine solche Entscheidung am besten vor Ort zu
treffen ist. Unter
Umständen
ergeben sich nämlich Situationen, in denen ein Vollzug im Hinblick auf
eine
Eskalation nicht tunlich erscheint.
Im Zusammenhang mit der Schaffung dieser Befugnis der Exekutive soll
gleichzeitig
gesetzlich
festgelegt werden, daß die Exekutive auf den friedlichen Ablauf von
Versamm-
lungen
hinzuwirken hat und Eskalationen tunlichst zu vermeiden sind. Auf den
friedlichen
Ablauf
einer Versammlung „hinzuwirken" hat die Exekutive zB durch
Absprachen mit den
Versammelten
oder durch die Inanspruchnahme von Vermittlertätigkeiten einzelner
Personen.
Der bloße Verstoß gegen ein verhängtes
Vermummungsverbot ist nach Auffassung der
Antragsteller als Verwaltungsstraftatbestand ausreichend sanktioniert. Im
Zusammenhang mit
Justizstraftaten
scheint aus generalpräventiven Gründen die Schaffung eines besonderen
Erschwerungsgrundes
bei der Strafbemessung angebracht.