696/A XXI.GP

Eingelangt am: 23.05.2002

ANTRAG

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, Dr. Heindl, Mag. Maria Kubitschek

und GenossInnen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz und das Neugründungs-Förderungsgesetz

geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz,
mit dem das Einkommensteuergesetz und das Neugründungs-Förderungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Das Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 7/2002, wird wie
folgt geändert:

1. Im § 10 b ist folgender Satz anzufügen:

"Von Anschaffungs- und Herstellungskosten, die nach dem 30. Juni 2002 und vor dem 1. Jänner 2004 anfallen,
kann ein Investitionsfreibetrag nach § 10 nach Maßgabe des § 10 c geltend gemacht werden."

2. § 10 c lautet:

"§ 10 c. (1) Für ungebrauchte Wirtschaftsgüter beträgt der Investitionsfreibetrag von den nach dem 30. Juni 2002
und vor dem 1. Jänner 2004 anfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten höchstens 30%.

(2) Bei Gebäuden kann der Investitionsfreibetrag im Sinne des Abs. 1 nur von den Herstellungskosten geltend
gemacht werden. Voraussetzung ist, dass mit der tatsächlichen Bauausführung nach dem 30. Juni 2002 und vor
dem 1. Jänner 2004 begonnen wurde.


(3) Der Steuerpflichtige kann den Investitionsfreibetrag im Sinne des Abs. 1 nur für jene Anschaffungs- oder
Herstellungskosten geltend machen, die das arithmetische Mittel der Anschaffungs- und Herstellungskosten der
letzten drei Wirtschaftsjahre (Vergleichszeitraum) übersteigen. Sind in Wirtschaftsjahren des
Vergleichszeitraumes keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten angefallen, werden bei der Errechnung des
arithmetischen Mittels hinsichtlich dieser Wirtschaftsjahre Anschaffungs- und Herstellungskosten mit Null
angesetzt. Die Investitionsfreibeträge im Sinne des Abs. 1 dürfen insgesamt 30% der durchschnittlichen
Anschaffungs- und Herstellungskosten im Vergleichszeitraum nicht übersteigen.

(4) Der Steuerpflichtige kann den Investitionsfreibetrag für im Veranlagungszeitraum angeschaffte oder
hergestellte Wirtschaftsgüter seiner Wahl geltend machen, sofern der Gesamtbetrag die Grenzen gemäß Abs. 3
nicht übersteigt.

(5) Im Falle von Umgründungen ist bei der Ermittlung des arithmetischen Mittels gemäß Abs. 3 auf die
Verhältnisse jener (Teil-)Betriebe abzustellen, die vom Steuerpflichtigen fortgeführt werden.

(6) Im Falle der Neugründung eines Betriebes im Sinne des § 2 Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. 1 Nr.
106/1999 in der jeweils gültigen Fassung kann für Anschaffungen oder Herstellungen in den ersten drei
Wirtschaftsjahren ab dem Zeitpunkt der Neugründung der Investitionsfreibetrag gem. Abs. 1 und Abs. 2 ohne
Anwendung der Begrenzungen gem. Abs. 3 geltend gemacht werden."

Artikel II

Inkrafttretensbestimmung
Dieses Bundesgesetz tritt mit l. Juli 2002 in Kraft.

Zuweisungsvorschlag: Finanzausschuß


Vorblatt
Problem:

Der Investitionsfreibetrag (IFB) hat sich als bewährtes Instrument für den Investitionsanreiz erwiesen. Seine
Abschaffung hatte vor allem in der nunmehr bereits seit dem Vorjahr zu konstatierenden Phase des Abschwungs
negative Auswirkungen auf die Entwicklung in Österreich einschließlich der Beschäftigungslage.

Ziel:

Einen dynamischen Investitionsanreiz für die Betriebe schaffen, der dazu anspornt, über die durchschnittlichen
Investitionen der vorangegangenen Jahre hinaus, die betrieblichen Strukturen zu stärken und damit die
Konjunkturerholung zu begünstigen.

Problemlösung:

Deutlich erhöhter IFB von 30% für alle zusätzlichen Investitionen über den Durchschnitt der drei vorangegangen
Jahre hinaus. Einräumung des erhöhten IFB auch für den Fall der Neugründung von Betrieben im Sinne des
NEUFÖG. Das sofortige Inkrafttreten und die zeitliche Befristung bis 1. Jänner 2004 soll den Lenkungseffekt
verstärken.

Kosten:

Die finanziellen Auswirkungen werden mit einem jährlichen Einnahmenentfall in Höhe von rund 500 Mio. Euro
angenommen. Unter Berücksichtigung des dadurch induzierten Wachstumsimpulses mit allen Folgewirkungen auf
die verbesserte Beschäftigungslage wird eine Steigerung des Lohn- und Einkommenssteuer- sowie des
Körperschaftsteueraufkommens um zumindestens 200 Mio. Euro erwartet. Der damit netto verbleibende
Einnahmenentfall von rund 300 Mio. Euro für den IFB NEU kann (ebenso wie das komplementär zu verstehende
SP-Bildungsprämienmodell im Ausmaß von rund 400 Mio. € und der Stabilitätsfonds für die KMU mit rund 200
Mio. €) durch den Verzicht auf die geplante Lohnnebenkostensenkung (Budgetbelastung rund 700 Mio. € p.a.)
und den Verzicht auf die im Regierungsprogramm vorgesehenen zusätzlichen Förderungen im Bereich der
Landwirtschaft (ca. 300 Mio. Euro p.a.) gedeckt werden.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Änderungen haben positive Auswirkungen auf Wachstum, Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort
Österreich. Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft wird gestärkt und die Standortbedingungen
verbessert.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen in den Bereich direkte Steuern und somit nicht in den Anwendungsbereich
des Rechts der Europäischen Union.

Alternativen:

Belassung der derzeitigen Situation ohne Investitionsanreize und somit Behinderung einer konjunkturellen
Erholung.


Erläuterungen
Allgemeiner Teil

Durch die Einschränkungen der Investitionsbegünstigung des Investitionsfreibetrages seit 2001 ist das
nachhaltige Investitionsverhalten der österreichischen Unternehmungen geschwächt worden. Dies hat mit
dazu gerührt, dass das Wirtschaftswachstum in Österreich über das Ausmaß der aktuellen weltweiten und
europaweiten Konjunkturabschwächung hinaus zurückgegangen ist. Es fehlen entsprechende Anreize,
damit über das Niveau der letzten Jahre hinaus Investitionen getätigt werden.

Darüber hinaus hat die Bundesregierung durch hausgemachte Faktoren, wie der Stopp wichtiger
Infrastrukturinvestitionen und der höchsten Steuer- und Abgabenquote in der Geschichte Österreichs die
Lage für die österreichische Wirtschaft verschärft. Dies hat sich auch verheerend auf die
Beschäftigungssituation in Österreich ausgewirkt.

Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung haben bisher nichts gebracht. - Alles was die
Bundesregierung angesichts der Rezession bisher zustande gebracht hat, ist ein sogenanntes
Konjunkturbelebungsgesetz 2002, das diese Bezeichnung allerdings aus den folgenden Gründen nicht
verdient:

Die Maßnahmen der Bundesregierung haben nach einhelliger Expertenmeinung wegen ihrer mittel- bis
langfristigen Wirksamkeit überhaupt keine Auswirkungen auf die Konjunktur bzw. greifen diese zu kurz.

Tatsache ist, dass notwendige Maßnahmen, die mit Konjunkturbelebung tatsächlich zu tun hätten, wie
zum Beispiel im Bereich der Lohn- und Einkommenssteuern zur Belebung der Nachfrage, im Bereich der
Investitionsforderung, der Aus- und Weiterbildung, des Arbeitsmarktes oder der Förderung von Klein-
und Mittelbetriebe in den Regierungsüberlegungen überhaupt keine Rolle spielen und daher völlig fehlen.

Die SPÖ fordert daher ein Steuersenkungsprogramm, das die unteren und mittleren Einkommensbezieher
um rund 2 Milliarden € und die investierende und ausbildende Wirtschaft um rund 1 Milliarde € entlastet.

Ein wesentliches Element der SPÖ-Steuerentlastungs-Vorschläge für die österreichische Wirtschaft sind
neben der Umsetzung des SPÖ-Bildungsprämienmodells und der Schaffung eines Stabilitätsfonds für
Klein- und Mittelbetriebe die Einführung eines Investitionsfreibetrages NEU.

Der kommende Aufschwung braucht zur Unterstützung Investitionsanreize für die österreichische
Wirtschaft. Die Schaffung eines neuen Investitionsfreibetrages erscheint der SPÖ dafür geeigneter zu sein
als die von den Regierungsparteien vorgesehene Lohnnebenkostensenkung, die nach dem
Gießkannenprinzip den Unternehmen einen Steuervorteil ohne Lenkungseffekt gäbe, der überdies
erheblich geringere Einnahmen für die Systeme sozialer Sicherheit bedeutet und deren
Finanzierungsproblematik verschärft.

Bei der Wiedereinführung des IFB soll ein besonderes dynamisches Element durch die Kombination von
hohem IFB-Satz von 30% und der Einschränkung auf Investitionssteigerungen gegenüber dem
Durchschnitt der drei Vorjahre eingeführt werden.

Der IFB NEU soll sofort eingeführt werden, weil zur Unterstützung des Aufschwungs die Effekte der
Investitionsanreize so rasch wie möglich eintreten sollen. Die zeitliche Befristung bis 1. Jänner 2004 soll
den Lenkungseffekt verstärken und reine Mitnahmeeffekte weitgehend ausgeschlossen werden.


Besonderer Teil

zu Artikel I

Einkommensteuergesetz 1988
Zu § 10 b:

Die bisherigen Bestimmungen über die Geltendmachung des IFB sind mit 30. Dezember 2000
ausgelaufen. Der wieder eingeführte IFB soll für Investitionen ab Juli 2002 geltend gemacht werden
können. Die zeitliche Befristung bis 1. Jänner 2004 soll den Lenkungseffekt verstärken und reine
Mitnahmeeffekte weitgehend ausgeschlossen werden.

Zu § 10 c Abs 1:

Analog zu § 10 a soll der IFB nur für neue Wirtschaftsgüter zustehen. Die übrigen Voraussetzungen
ergeben sich aus § 10, insbesondere aus § 10 Abs 2 hinsichtlich der Nutzungsdauer und der inländischen
Betriebsstätte.

Zu § 10 c Abs 2:

Analog zu § 10 a sollt bei Gebäuden der IFB nur von den Herstellungskosten, nicht aber von den
Anschaffungskosten geltend gemacht werden können.

Zu § 10 c Abs 3:

Da nur die gegenüber dem Durchschnitt der drei vorangegangenen Jahre gesteigerten Investitionen
gefördert werden sollen, kann der IFB nur für die zusätzlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
gegenüber dem Durchschnitt der Vorjahre geltend gemacht werden. Die zusätzliche Grenze von 30% der
durchschnittlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten im Vergleichszeitraum soll verhindern, dass
Steuerpflichtige, bei denen in den Vorjahren eine Investitionstätigkeit unterblieben ist oder stark
eingeschränkt war, gegenüber Steuerpflichtigen, die laufend investiert haben, begünstigt werden. Es
bedeutet weiters, dass der IFB nur für Investitionssteigerungen von bis 100% gegenüber dem Durchschnitt
der Vorjahre in Anspruch genommen werden kann. Im übrigen wird auf die Verwaltungspraxis und
Rechtsauslegung zum erhöhten Forschungsfreibetrag gem. § 4 Abs 4 Z 4 lit b EStG 1988 verwiesen.

Zu § 10 c Abs 4:

Es wird damit klargestellt, dass der Steuerpflichtige ein Wahlrecht hat, bei welchen Wirtschaftsgütern er
den IFB geltend machen kann und daher die zeitliche Reihenfolge der Investitionen im
Veranlagungszeitraum nicht von Bedeutung ist.

Beispiel:

Anschaffungs- und Herstellungskosten in den

vorangegangenen drei Jahren:                                                                               300 (Durchschnitt daher 100)

Anschaffungs- und Herstellungskosten im lfd. Jahr:                                              120

IFB möglich von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von          20

30% IFB von 20:                                                                           6

Der StPfl. kann wahlweise 5% IFB von allen Anschaffungskosten oder bis zu 30% IFB von einzelnen
Wirtschaftsgütern bis zum Höchstbetrag von 6 geltend machen.

Zu § 10 c Abs 5:

Bei Umgründungsvorgängen soll bei der Ermittlung der durchschnittlichen Investitionen im
Vergleichszeitraum auf die Verhältnisse der fortgeführten (Teil-)Betriebe abgestellt werden.

Zu § 10 c Abs 6:

Bei NEUFÖG-Fällen soll für alle Investitionen der ersten drei Wirtschaftsjahre der erhöhte IFB von 30%
zustehen.