430/AB XXI.GP
der Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und GenossInnen, an die
Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, betreffend die Verun -
sicherung der Bevölkerung durch die unsozialen Anschläge auf die Geldbörsen
kranker Menschen im FPÖVP Belastungspaket (Nr. 396/J)
Zur oben angeführten parlamentarischen Anfrage führe ich Folgendes aus:
Zunächst darf ich ganz allgemein darauf hinweisen, dass Gegenstand einer parla -
mentarischen Anfrage nur eine Angelegenheit der Vollziehung aus dem Zuständig -
keitsbereich des befragten Bundesministers sein kann. Fragen nach noch nicht reali -
sierten Absichten eines Bundesministers werden als vom Fragerecht ausgenommen
bezeichnet (vgl. Czerny - Fischer, Kommentar zur Geschäftsordnung des National -
rates, Seiten 293 f.). Die Fragen der gegenständlichen parlamentarischen Anfragen
sind ganz überwiegend auf die Erkundung von Absichten gerichtet, deren Um -
setzung erst der weiteren parlamentarischen Behandlung bedarf.
In der Sache selbst ist festzuhalten, dass bekanntlich der meinem Ressort beige -
gebene Staatssekretär Univ. Prof. Dr. Reinhart Waneck unmittelbar nach Regie -
rungsantritt Expertengespräche und Verhandlungen zur Sanierung der Kranken -
versicherungsträger aufgenommen hat.
Nach Vorliegen der Ergebnisse dieser Gespräche und intensiver Beratungen im
Rahmen einer Regierungsklausur hat die Bundesregierung am 14. April 2000 ein
,,Gesundheitspaket für Österreich“ präsentiert, das folgende Eckpunkte beinhaltet:
Die Krankenversicherungsträger sind beauftragt, im Rahmen ihrer Selbstverwaltung
eine Sanierung ihrer finanziellen Situation herbeizuführen, die folgenden Grund -
sätzen folgt:
- keine Einschränkung medizinischer Leistungen
- keine Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge
- kein Selbstbehalt bei niedergelassenen Ärzten
statt dessen:
- Kürzungen im Verwaltungsaufwand
- Dämpfung der Pharmakosten
- Lenkungsmassnahmen mit dem Ziel, die Patienten in verstärktem
Ausmass bei niedergelassenen Ärzten zu versorgen und damit die
Frequenz in Spitalsambulanzen zu reduzieren.
Zur Umsetzung dieser Ziele wurde eine Reihe von Einzelmaßnahmen beschlossen.
Der in der gegenständlichen parlamentarischen Anfrage breit thematisierte Selbst -
behalt für ärztliche Leistungen ist nach den oben angeführten Grundsätzen nicht
vorgesehen; lediglich für die Inanspruchnahme von Spitalsambulanzen ist ein
Selbstbehalt geplant.
Im Hinblick auf diese grundsätzlichen Vorbemerkungen führe ich zu den einzelnen
Fragen Folgendes aus:
Zu den Fragen 1 bis 9 sowie 13 und 14:
Wie schon erwähnt soll im Bereich der ärztlichen Behandlung für die Inanspruch -
nahme von Spitalsambulanzen ein Behandlungsbeitrag eingeführt werden, der bei
Überweisungen ATS 150,-- pro Besuch und bei direktem Aufsuchen der Ambulanz
(ohne Überweisung) ATS 250,-- betragen soll. Ausgenommen vom Behandlungs -
beitrag sind medizinische Notfälle. Insgesamt darf der Behandlungsbeitrag ATS
1 .000,-- pro Jahr nicht überschreiten.
Zur Frage 10:
Für Präventionsmaßnahmen ist kein Selbstbehalt vorgesehen; auch für Kur und Re -
habilitation soll kein über die bestehenden Zuzahlungsregelungen hinausgehender
Selbstbehalt
eingeführt werden.
Zu den Fragen 11 und 12:
Die Ausgestaltung der Leistungen für Kranken - und Rettungstransporte obliegt wie
bisher den Satzungen der Krankenversicherungsträger.
Zu den Fragen 15, 6 und 19:
Bereits nach der geltenden Rechtslage gibt es in der gesetzlichen Krankenver -
sicherung eine Vielzahl verschiedener Formen eines Selbstbehaltes, deren Verein -
barkeit mit dem Solidaritätsprinzip nicht in Zweifel steht. Eine detaillierte Auf -
gliederung der Höhe der bestehenden Selbstbehalte in der von den Anfragestellern
gewünschten Form ist nicht möglich, weil die Einnahmen aus Selbstbehalten bei den
bundesweit zuständigen Versicherungsträgern nicht nach Bundesländern aufge -
schlüsselt werden können, die Ursachen von Selbstbehalten nicht erfasst werden
und einige Selbstbehalte in Form von Zuzahlungen direkt bei den Vertragspartnern
zu entrichten sind. Die Globalzahlen der Einnahmen der Krankenversicherungsträger
aus Selbstbehalten sind in dem vom Hauptverband der österreichischen Sozialver -
sicherungsträger herausgegebenen statistischen Handbuch der österreichischen
Sozialversicherungsträger publiziert.
Zur Frage 17:
Für die Behandlung in Krankenanstalten ist als neuer Selbstbehalt lediglich der oben
erwähnte Behandlungsbeitrag in Spitalsambulanzen vorgesehen. Der bereits be -
stehende Verpflegskostenbeitrag bei stationären Spitalsaufenthalten soll von ATS
70,-- auf ATS 100,-- angehoben werden, wobei hievon ATS 10,-- für die Finan -
zierung der seit langem geforderten verschuldensunabhängigen Patientenver -
sicherung zweckgewidmet werden.
Zur Frage 18:
In den geplanten Maßnahmen sehe ich keine Beeinträchtigung des Solidaritäts -
prinzips. Auch von
riskenbezogenen Selbstbehaltsformen kann keine Rede sein.
Zu den Fragen 20 bis 30 und 33:
In Anbetracht der nunmehr vorgestellten beabsichtigten Maßnahmen gehen diese
Fragen ins Leere. Der vorgesehene Selbstbehalt für Spitalsambulanzleistungen ent -
spricht den Empfehlungen aller namhaften Experten, wonach ärztliche Leistungen
prioritär im niedergelassenen Bereich erbracht werden sollen.
Zu Frage 31:
Der Bund und die Länder haben in der Vereinbarung gemäß Art. 15a B - VG über die
Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre
1997 bis 2000 festgelegt, den Österreichischen Krankenanstalten - und Großgeräte -
plan (ÖKAP/GGP) zu einer Leistungsangebotsplanung weiterzuentwickeln und damit
ein verbessertes Steuerungsinstrument im Gesundheitswesen zu schaffen. Die
Grundlagenarbeiten für die Leistungsangebotsplanung für den stationären Akut -
bereich wurden vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG)
im Auftrag der Strukturkommission bereits im Jänner 1997 in Angriff genommen. Die
Arbeiten sind mittlerweile soweit abgeschlossen, dass Ergebnisse in einem ersten
Schritt im Rahmen der ÖKAP/GGP - Revision per 1. Jänner 2001 in den ÖKAP/GGP
integriert werden können.
Als Zieldefinition für eine Leistungsangebotsplanung können folgende Punkte gelten:
• Die verstärkte Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Angebote kann zu
einer Entlastung des stationären Sektors und damit zu einer ökonomisch effi -
zienteren Gestaltung des Gesundheitswesens bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung
der Qualität beitragen und sollte daher gefördert werden.
• Maßnahmen zu einer qualitativ und ökonomisch sinnvollen Regulierung des Zu -
gangs zu ambulanten medizinischen Leistungen sollten in erster Linie in Form von
Anreizsystemen erfolgen.
Unabhängig von der Frage der Einführung von Selbstbehalten ist auch für den
ambulanten Sektor die Erstellung eines Leistungsangebotsplanes intendiert - derzeit
ist ein derartiges Vorhaben wegen des Fehlens geeigneter Datengrundlagen noch
nicht möglich.
Erstes Bestreben muss demnach sein, eine adäquate und einheitliche
Leistungsdokumentation für den spitalsambulanten Sektor und den nieder -
gelassenen Bereich zu schaffen.
Zur Frage 32:
Das ÖBIG hat die Grundlagen für eine Leistungsangebotsplanung für den
stationären Sektor der Gesundheitsversorgung erarbeitet. Die diesbezüglichen Er -
gebnisse sollen in die diesjährige Revision des ÖKAP/GGP einfließen. Die
Leistungsangebotsplanung wird laufend weiterentwickelt und nach Vorliegen geeig -
neter Datengrundlagen auch auf den intra - und extramuralen ambulanten Bereich
ausgedehnt werden. Als prioritär ist derzeit die Einführung eines sinnvollen Dia -
gnosen - und Leistungsdokumentationssystems im ambulanten Sektor zu sehen. Mit
vorbereitenden Arbeiten für dieses Vorhaben wurde bereits begonnen.
Zu den Fragen 34 bis 36:
Es erscheint sinnvoll, zweckgebundene Mittel von Abgaben einzusetzen, wie dies
bereits mit den dem Fonds Gesundes Österreich zur Verfügung gestellten Mitteln in
der Höhe von 100 Mio. Schilling jährlich geschieht.
Inwieweit diesbezügliche weitere Mittel einforderbar sind, ist derzeit noch nicht zu
beurteilen. Sie sollten aber nur für gezielte Projekte im Bereich der Vorsorge und
Vorbeugung eingesetzt werden.
Derzeit ist eine sofortige Erhöhung der Zigarettenpreise nicht möglich, prinzipiell
halte ich aber die Einführung eines zweckgebundenen ,,Gesundheitsschillings“ für
diskussionswürdig.
Zu den Fragen 37 bis 42:
Es ist weder eine Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage noch eine Anhebung des
Beitragssatzes in der Krankenversicherung geplant, zumal die Bundesregierung be -
reits in der Koalitionsvereinbarung unmissverständlich erklärt hat, die Lohnneben -
kosten senken zu wollen.
Zur Frage 43:
Eine Anhebung des Beitragssatzes der Angestellten auf das nach derzeitigem Stand
um 1,1 % - Punkte höhere Niveau des Beitragssatzes für Arbeiter (mit EFZG - An -
spruch) ergäbe einen Mehrertrag von ATS 5,5 Mrd..
Zu den Fragen 44 und 45:
Nein.
Zur Frage 46:
Die beitragsfreie Anspruchsberechtigung von Angehörigen ist ein wichtiges Instru -
ment der Familienförderung und des solidarischen Ausgleiches. Ein Ausschluss ein -
zelner Gruppen von Angehörigen von der Mitversicherung - wie etwa nicht berufs -
tätigen, kinderlosen Ehegatten von gutverdienenden Versicherten - würde aber
wegen der erforderlichen Prüfung der Voraussetzungen im Einzelfall in der Voll -
ziehung vermutlich einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verur -
sachen.