2434/AB XXI.GP
Eingelangt am: 10.07.2001
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
zur Zahl 2441/J - NR/2001
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Ilse Mertel, Genossinnen und Genossen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die Schließung bzw. Zusam -
menlegung von Bezirksgerichten in Kärnten“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 6. 11 und 12:
Da die österreichische Gerichtsstruktur, die aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts
stammt, den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird, habe ich bekanntlich
ein idealtypisches Konzept einer Gerichtsorganisation ausarbeiten lassen, das unter
dem Aspekt einer ausgewogenen qualitativ hochstehenden Rechtsversorgung und
einer optimalen, leistungsstarken mittleren Gerichtsgröße erstellt wurde. Dieses
Konzept wurde in der Folge den Landeshauptmännern, dem Rechtsausschuss des
Gemeindebundes, dem Hauptausschuss des österreichischen Städtebundes und
insbesondere sämtlichen Landesregierungen vorgestellt. Diese Gespräche sind sehr
konstruktiv verlaufen. Mittlerweile wird allgemein ein Handlungsbedarf bei der öster -
reichischen Gerichtsorganisation anerkannt, um eine optimale Rechtsversorgung
der österreichischen Bevölkerung sicherzustellen. In die Gespräche und Verhand -
lungen mit den Landesregierungen wurden nunmehr auch Kompromissvarianten
eingebracht, die grundsätzlich auf eine Mindestgröße der Bezirksgerichte abstellen.
Zum Teil wurde bereits Einvernehmen erzielt, dass diese Mindestgröße erst dann
gegeben ist, wenn bei einem Gericht zwei Richter zur Gänze mit richterlichen Recht-
sprechungsaufgaben ausgelastet sind. Ich gehe davon aus, dass in Österreich nach
Abschluss der Gerichtsreorganisation eine gleichmäßige homogene Gerichtsstruktur
gegeben sein wird. Überlegungen, dass ein Gericht - um den heutigen Anforderun -
gen durch die zunehmende Komplexität der
Lebens - und Rechtssachverhalte
gerecht werden zu können - eine gewissen Mindestgröße aufweisen muss, gelten
grundsätzlich auch für Gerichte in den gemischtsprachigen Gebieten. Ich bekenne
mich zur Bedeutung der zweisprachigen Gerichte und habe daher bereits am
19. März 2001 und am 9. Mai 2001 Gespräche mit Vertretern der Kärntner Slowe -
nen geführt. Dabei habe ich zugesagt, dass für jede Reorganisationsmaßnahme
betreffend die gemischtsprachigen Gerichte das Einvernehmen mit den kärntner
Slowenenvertretern gesucht wird.
Zu 7 bis 9:
Im Hinblick darauf, dass die Standorte der neuen Eingangsgerichte erst nach
Abschluss der Verhandlungen feststehen werden, steht auch die Zahl der betroffe -
nen Mitarbeiter noch nicht fest. Wie schon bei den Gerichtszusammenlegungen in
der Vergangenheit wird die Justizverwaltung - in Zusammenarbeit mit der Personal -
und Standesvertretung - bei der konkreten Umsetzung der neuen Gerichtsorganisa -
tion soweit wie möglich auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bediensteten Bedacht
nehmen. Wie bei früheren Organisationsmaßnahmen werden auch aus Anlass der
künftigen Gerichtszusammenlegungen keine Kündigungen von Mitarbeitern
erfolgen.
Zu 10:
Die derzeitige, von großer Inhomogenität und Zersplitterung gekennzeichnete
Gerichtsorganisation führt in der Personalplanung und im Personaleinsatz insbeson -
dere auch zum Problem, dass die Auslastung der Richter, Rechtspfleger und sonsti -
gen Mitarbeiter bei Kleingerichten äußerst ungleich ist. Bei den in der Anfrage
angesprochenen Bezirksgerichten Bleiburg, Ferlach und Eisenkappel variieren nach
der im Justizressort bestehenden Personalanforderungsrechung (PAR) die Werte
der Auslastung bei Rechtspflegern etwa zwischen 72,5 und 123,2 % bzw. bei den
Richtern zwischen 81 und 117,3 %. Auf Grund der Kleinheit der Einheiten, der
räumlichen Zersplitterung und des Umstandes, dass sich die Arbeitskraft von Mitar -
beitern nicht auf beliebig viele Standorte verteilen lässt, macht die derzeitige
Gerichtsorganisation einen optimalen Personaleinsatz nicht möglich.
Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Qualität und Raschheit von Entscheidungen
bedenklich, sondern auch im Hinblick darauf, dass der Dienstgeber gegenüber den
Mitarbeitern bemüht sein muss, die zu erledigende Arbeit möglichst gleichmäßig und
damit gerecht aufzuteilen.
Schließlich führt die derzeitige Gerichtsstruktur zum Problem, dass Richter in sehr
hohem Maß - bei den angesprochenen Gerichten (bis zu 23 %) - Rechtspflegertätig -
keiten zu verrichten haben, was wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.