2468/AB XXI.GP

Eingelangt am: 18.07.2001

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 31.

Mai 2001 unter der Nr. 2501/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend

"den Hinweis eines Arztes der Bundespolizeidirektion Wien im Rahmen einer Schulung, dass

in Österreich Medikamente zur Sicherstellung von Abschiebungen eingesetzt werden“, ge -

richtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Vorauszuschicken ist, dass in der ORF - Sendung „Zeit im Bild 2“ vom 16.5.2001 der in Rede

stehende Beitrag mit einem falschen Insert unterlegt wurde. Im Beitrag war nicht - wie einge -

blendet - Dr. SAURMA, sondern der stellvertretende Polizeichefarzt der Bundespolizeidirek -

tion Wien zu sehen.

 

Zu den Fragen 1 und 7

Nein.

 

Die fragliche Aussage ist nach Angabe der Bundespolizeidirektion Wien offensichtlich aus

dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben worden. Demnach habe der stellvertretende

Polizeichefarzt im Rahmen dieser Schulung zum Ausdruck bringen wollen, dass Personen,

die mittels Flugabschiebung außer Landes geschafft werden sollen und sich deshalb oder aber

wegen Flugangst in einem erregten Zustand befinden, Beruhigungsmittel angeboten werden.

Dabei handle es sich um Medikamente, die auch sonst bei Personen Anwendung finden, die

unter Flugangst leiden.

 

Es sei daher keinesfalls so, dass solche Beruhigungsmedikamente gegen den Willen einer

abzuschiebenden Person verabreicht werden; es bleibe den Abzuschiebenden überlassen, ob

sie von der ihnen angebotenen Möglichkeit Gebrauch machen oder nicht.

 

Im Hinblick auf die einleitenden Bemerkungen erscheinen dienstrechtliche Maßnahmen ge -

gen Dr. SAURMA nicht geboten. Die Anfrage wird aber zum Anlass genommen, sowohl den

vortragenden Arzt wie auch die anderen Vortragenden nochmals gesondert darauf hinzuwei -

sen, dass auf die besondere Sensibilität des Themas zu achten sei und unmissverständliche

Formulierungen zu wählen seien.

Zu Frage 2

Nein. Dies entspräche auch nicht der tatsächlichen Praxis bei Problemabschiebungen.

Bei besonderen psychischen Ausnahmesituationen des Häftlings wird von einer Abschiebung

Abstand genommen.

 

Zu Frage 3

Die entsprechende Richtlinie ist in der Beilage angeschlossen. Hier ist insbesondere auf die

Ausführungen in der Anlage 2, Punkt „Phase 1“, hinzuweisen.

 

Zu Frage 4

Nein - im Übrigen darf auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen werden.

 

Zu Frage 5

In keinem Fall.

 

Zu Frage 6

Bereits derzeit wird in den laufenden Schulungen im Sinne der obgenannten Richtlinie aus -

drücklich darauf hingewiesen, dass eine Verabreichung von Medikamenten oder auch Injekti -

onen gegen den Willen eines Menschen zur Ruhigstellung das Grundrecht des Art. 3 EMRK

verletzen würde und daher unzulässig ist.

 

Zu Frage 8

Nachdem - wie aus den Beantwortungen der Fragen 1 und 6 entnommen werden kann - keine

falschen Informationen gegenüber den zu schulenden Bediensteten in Bezug auf die Verabrei -

chung der angesprochenen Medikamente geäußert wurden, entstand auch kein Schaden, wel -

cher durch zweckdienliche Korrekturmaßnahmen zu beseitigen wäre.

 

Zu Frage 9

Da nach dem vorgelegten Überprüfungsergebnis keine Anhaltspunkte vorliegen, wonach ei -

nen Abzuschiebenden gegen dessen Willen die genannten Medikamente verabreicht worden

seien, entbehrt die Behauptung, es seien in der Anfragebeantwortung 1960/AB (XXI GP) un -

richtige Angaben gemacht worden, jeglicher Grundlage.

T E L E FA X

 

An alle

Sicherheitsdirektionen

(ausgenommen Wien)

 

An alle

Bundespolizeidirektionen

 

An alle

Landesgendarmeriekommanden

 

An das

Gendarmerieeinsatzkommando

 

An die

Gendarmeriezentralschule

 

nachrichtlich

 

An den

Zentralausschuss für die

Bediensteten der Sicherheitsverwaltung

An den

Zentralausschuss für die

Bediensteten der Sicherheitswache

 

An den

Zentralausschuss für die

Bediensteten des Kriminaldienstes

 

An den

Zentralausschuss für die

Bediensteten der Bundesgendarmerie beim BMI

 

In der Beilage wird die modifizierte ,,Richtlinie für die Organisation und

Durchführung von Abschiebungen auf dem Luftwege (Linienflüge)" zur

Kenntnisnahme und Beachtung übermittelt.

 

Derzeit können bis zur Einschulung der Beamten aus den in Ziffer 2.1.

geannten Bundespolizeibehörden nur Angehörige des Gendarmerie -

einsatzkommandos und der Sondereinsatzgruppe der Landesgendarme -

riekommanden zu Abschiebungen herangezogen werden.

 

Der Erlass vom 07. Mai 1999, Zl. 19.250/39 - GD/99, wird aufgehoben.

 

Alle früheren Bestimmungen des Bundesministeriums für Inneres, die

diesen Richtlinien widersprechen, gelten als gegenstandslos.

 

Zusatz für die Sicherheitsdirektionen

 

Die Sicherheitsdirektionen haben die Bezirksverwaltungsbehörden über die gegen –

ständliche Richtlinie unverzüglich in Kenntnis zu setzen

 

Zusatz für die Landesgendarmeriekommanden:

 

Gegenständlicher Erlass wird in die GES aufgenommen.

 


 

Bundesministerium für Inneres

Generaldirektionen für die öffentliche Sicherheit

Zahl: 19.250/42 – GD/99

                                              

Richtlinie

für die Organisation und Durchführung von

Abschiebungen auf dem Luftwege (Linienflüge)

 

 

1. Einleitung

 

Zur ordnungsgemäßen Abwicklung von Abschiebungen auf dem Luftwege sind

Regelungen erforderlich, die einerseits die Umsetzung der behördlichen

Maßnahmen sicherstellen und andererseits den begleitenden Exekutivorganen die

notwendige Rechtssicherheit vermitteln

 

2. Organisatorische und rechtliche Bestimmungen

 

2.1. Für Abschiebungen auf dem Luftwege, die durch Organe des öffentlichen

        Sicherheitsdienstes begleitet werden, sind ausschließlich entsprechend

        ausgebildete Beamte (GEK -  und SEG - Angehörige sowie Angehörige der

        Alarmabteilung der Bundespolizeidirektion Wien und Beamte der

        mobilen Einsatzkommanden der Bundespolizeidirektionen Graz, Linz,

        Klagenfurt und Schwechat (Einsatzabteilung Flughafen) einzusetzen.

        Besteht zukünftig ein Bedarf zur Erweiterung des Pools, können auch

        Angehörige anderer Organisationsteile der Bundespolizeidirektion Wien

        sowie der MEKs anderer Bundespolizeibehörden herangezogen werden;

        hiebei ist sicherzustellen, dass diese Angehörigen erst nach erfolgter

        Schulung eingesetzt werden. Die personelle Stärke der exekutiven

        Abschiebebegleitung hat sich an dem zu erwartenden Widerstand und

        am möglichen Gefahrenpotential zu orientieren. Für die Begleitung ist

        der Kommandant ausdrücklich zu bestimmen. Sind nicht nur männliche

        Fremde abzuschieben, ist mindestens eine Beamtin einzusetzen.

 

        Bis zum Abschluss der Ausbildung von Beamten der oa.

        Bundespolizeidirektionen (voraussichtlich Ende Juni 1999) ist das

        Gendarmerieeinsatzkommando als Koordinationsstelle anzusprechen

        (Tel.: 02622/333; Fax 02622/333 - 2035 oder 2036).

2.2. Die mit der Abschiebebegleitung befassten Organe des öffentlichen

        Sicherheitsdienstes haben mit dem abzuschiebenden Fremden

        rechtzeitig Kontakt aufzunehmen, um diesen für den Abschiebevorgang

        in psychologischer Hinsicht vorzubereiten. Diese Organe haben sich

       davon zu überzeugen, ob der Fremde hygienisch versorgt und ernährt

       worden ist, sowie seinen menschlichen Bedürfnissen nachkommen

       konnte. Unmittelbar nach Übernahme des Häftlings ist - unter

       Mitwirkung von Aufsichtsorganen der Hafträume der Sicherheitsbehörde

       - eine Durchsuchung des Betroffenen (gem. § 40 Abs. 1 SPG)

       vorzunehmen.

 

2.3. Bei Abschiebungen auf dem Luftwege, die vom Flughafen Wien aus

       erfolgen, ist die Bundespolizeidirektion Schwechat, Einsatzabteilung

       Flughafen, hierüber rechtzeitig mittels Fax (01/70 166/5709) zu

       verständigen, die ihrerseits beim Abschiebevorgang entsprechend

       mitzuwirken hat. Soweit solche Abschiebungen über andere Flughäfen

       im Bundesgebiet erfolgen, ist die mit der Flughafenüberwachung

       zuständige Polizei -  bzw. Gendarmeriedienststelle zu verständigen, um

       eine analoge Mitwirkung zu gewährleisten. Auch die mit der

       Grenzkontrolle befassten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes

       haben beim Abschiebevorgang mitzuwirken.

 

       Bei der Verbringung von Schubhäftlingen in ein Luftfahrzeug ist mit dem

        verantwortlichen Piloten oder mit dessen Beauftragten Kontakt

       aufzunehmen. Hiebei sind auch allfällige Fragen hinsichtlich der

       Beförderung abzuklären.

 

2.4. Über jede vollzogene oder versuchte Abschiebung auf dem Luftwege ist

        ein Bericht über deren Verlauf zu legen. Dieser Bericht hat jedenfalls Art,

        Intensität, Dauer sowie den Grund der angewendeten Zwangsmittel zu

        enthalten und auch sonst alle maßgeblichen Umstände der

        Amtshandlung i.S.d. § 10 der Richtlinien - Verordnung zu dokumentieren.

 

2.5. Widersetzt sich ein Fremder seiner Abschiebung in der Zeit zwischen der

        Abholung aus dem Gefangenenhaus bis unmittelbar vor Verbringung in

        das Luftfahrzeug, kommt die Ausübung von Befehls -  und Zwangsgewalt

        zur Durchsetzung der Abschiebung (§ 60 FrG, § 26 AnhO) ausschließlich

        den begleitenden Beamten zu. Schreien ist kein Grund für die

        Anwendung von Zwangsgewalt.

 

2.6. Widersetzt sich ein Fremder seiner Abschiebung in der Zeit unmittelbar

        vor Verbringung in das Luftfahrzeug bis zum Verschließen der Außentü -

        ren, kommt den begleitenden Beamten die Ausübung von Befehls -  und

        Zwangsgewalt sowohl zur Überwindung physischen Widerstandes als

        auch zur Beendigung ruhe - und ordnungsstörenden Verhaltens, das eine

        Mitbeförderung im Luftfahrzeug verhindern würde, zu. Die Maßnahmen

        dürfen keinesfalls in die körperliche Integrität des Fremden eingreifen

        oder gesundheitsgefährdend sein, insbesondere dürfen nicht Mittel

        angewendet werden, die die Atmungswege verlegen (Mund oder Nase).

        Zulässig ist das Fesseln des Betroffenen an Händen und/oder Beinen,

        das Fixieren mit Händen und Beinen am Sitz (z.B. mit Bandschlingen,

        Klettbändern, Gürtel). In dieser Phase kommt dem verantwortlichen

        Piloten oder anderen Vertretern der Luftlinie wie z.B. dem "Station

        Manager“ keine wie immer geartete Anordnungsbefugnis hinsichtlich der

        Ausübung von unmittelbarer Befehls - und Zwangsgewalt zu.

 

2.7. Ab dem Verschließen der Flugzeugaußentüren steht bis zu deren

       Öffnung jegliche Befugnis ausschließlich dem verantwortlichen Piloten

       zu. Dieser kann auch die begleitenden Beamten auffordern oder

       ermächtigen, ihn durch die Ausübung von Zwang zu unterstützen.

       Sofern die Anordnungen nicht über die gemäß Ziffer 2.6. zulässigen

       Maßnahmen hinausgehen, kann der Aufforderung oder Ermächtigung

       Folge geleistet werden. Ein Verschließen von Atemwegen (Mund oder

       Nase) ist auch in diesem Fall nicht zulässig.

 

2.8. Nach der Landung (Öffnen der Außentüren) besteht - gleichgültig ob in

        einem Transit - oder dem Zielstaat - die ausschließliche Zuständigkeit der

        ausländischen Behörden. Die begleitenden Beamten haben auch über

        deren Ersuchen keine Befehls- und Zwangsgewalt anzuwenden.

 

2.9. Bei der Ausübung jeglicher Zwangsmaßnahmen ist besonders auf die

       Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 29 SPG sowie darauf

       zu achten, dass die Zwangsmaßnahmen nicht die Würde des Betroffenen

       als Mensch verletzen (Artikel 3 MRK); müsste das Maß überschritten

       werden, ist die Abschiebung unverzüglich abzubrechen.

 

       Das zwangsweise Anlegen von Windeln udgl. ist ausnahmslos zu

       unterlassen. Werden Maßnahmen zur Reinigung des Fremden nach

       Selbstbeschmutzung ergriffen, so sind diese - sofern sie nicht bloß

       oberflächlich erfolgen - außer Sichtweite Dritter vorzunehmen. Hiebei

       darf Zwang nur insoweit angewendet werden, als der Fremde nicht selbst

       zur Reinigung bereit ist.

 

       Die Verwendung von Klebebändern, Leukoplast oder ähnlicher

       Produkte ist ausnahmslos untersagt.


2.10. Notwehr – und Nothilfehandlungen sind selbstverständlich in jeder Phase der Abschiebung        

          zulässig.

 

2.11. Die Wahrung der Eigensicherung ist i.S.d. § 3 der Richtlinien –

         Verordnung sicherzustellen

 

3. Ärztliche Maßnahmen

 

3.1. Ab sofort ist bei jeder Abschiebung auf dem Luftwege der betroffene

       Fremde möglichst unmittelbar, längstens jedoch 24 Stunden vor dem

       Abflug von einem Amtsarzt zu untersuchen.

 

3.2. Unbeschadet der ärztliche Betreuung der Häftlinge gemäß § 10 der

       Anhalteordnung, BGBL. Nr. II 128/1999, hat die ärztliche Untersuchung

       die Beurteilungskriterien gemäß dem beiliegenden Formular (Ziffer 3.5.)

       zu umfassen.

 

3.3. Die Behörde hat dem Amtsarzt vor der Untersuchung alle bekannten

       Auffälligkeiten insbesondere jene psychischer Art sowie

       Aggressionsneigungen und auch bisher erhobene Daten (z.B.

       Haltfähigkeitsberichte, Krankenblätter, sonstige Behandlungen,

       Fremdbefunde) mitzuteilen.

 

3.4. Verweigert der Fremde die ärztliche Untersuchung und besteht kein

        augenscheinlicher Grund zur Annahme mangelnder Flugtauglichkeit, so

        kann auf dem Luftwege abgeschoben werden.

 

3.5. Das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung ist mittels beiliegenden

                Formulars zu dokumentieren. Das ausgefüllte Formular verbleibt im

                fremdenpolizeilichen Akt, eine Durchschrift wird den die Abschiebung

                durchführenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes

                mitgegeben.

 

3.6. In der Rubrik „Zusatzinformation für den begleitenden Beamten“ hat der

                Amtsarzt für den Abschiebevollzug alle notwendigen Informationen

                bekannt zu geben, welche für die Erfüllung dieser Aufgaben von

                Bedeutung sein könnte (z.B. persönliche Eigenheiten bereits gesetztes

                aggressives Verhalten, einschließlich dessen Begehungsweise,

                durchgeführter Hungerstreik, Raucher etc.).

 

 

3.7. Schubhäftlinge, die in gerichtlichen Gefangenenhäusern oder in

                Strafvollzugsanstalten i.S.d. § 66 Abs. 1 FrG angehalten werden, sind

                ebenfalls gem. Ziffer 3.1. von Amtsärzten der Bundespolizeidirektionen


                oder Bezirksverwaltungsbehörden ärztlich, nach Möglichkeit vor Ort, zu

                untersuchen.

 

                In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für Justiz die

Leiter der Justizanstalten ersucht, organisatorische Vorkehrungen für

einen möglichst reibungslosen Ablauf der amtsärztliche Untersuchung

der in Frage kommenden Fremden zu treffen.

 

4. Sonstiges

 

Die Rechtsgrundlagen für die Abschiebung mit einem Luftfahrzeug sind

in der Anlage 2 dargestellt.

 

4.2. Den mit den gegenständlichen Abschiebungen befassten Beamten ist für

        unvorhersehbare Barauslagen während des Abschiebevorganges -

        unbeschadet eventueller Reisekostenvorschüsse - ausreichende

        finanzielle Mittel (nach Möglichkeit in US - Dollar) zur Verfügung zu

        stellen. Die Höhe der verwendeten Barmittel und der Verwendungszweck

        ist im Bericht gemäß Ziffer 2.4. festzuhalten.

 

4.3. Für die unter Ziffer 2.1. einzusetzenden Beamten sind Dienstpässe

        vorzusehen.

 

4.4. Für Schäden, deren Ersatz in Österreich geltend gemacht wird, gilt das

       Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr 20/1949.

    

4.5. An Ausrüstung/Unterlagen ist grundsätzlich vorzusehen:

 

       • Reisetasche / Rucksack

       • Reiseapotheke

       • Informationsblatt über Maßnahmen nach Verletzungen und/oder

          Erkrankungen

       • Bandschlingen, Klettbänder, Gürtel

       • Handschuhe gegen Schnittverletzungen, Einweghandschuhe,

         Überhose

       • Gurtschneider

 

4.6. Die Begleitung von Schubhäftlingen hat ohne Mitnahme von

        Schusswaffen zu erfolgen. Die für das Gendarmerieeinsatzkommando

        bestehende Sonderregelung bleibt unberührt.


4.7. Für die in Ziffer 2.1. vorgesehenen Beamten sind entsprechende

        Schutzimpfungen und allenfalls auch eine Malaria - Prophylaxe zu

        ermöglichen.


                                                               Anlage 2 zu ZL 19.250/42 - GD/99

 

Rechtsgrundlagen für die Abschiebung mit Luftfahrzeugen

 

Problemstellung

 

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen einen Fremden, der nicht freiwillig

ausreist, sind mittels Abschiebung durchzusetzen. Die Erfahrung zeigt, dass

manche Fremde - insbesondere bei Abschiebungen auf dem Luftwege - diese

dadurch zu vereiteln versuchen, dass entweder physischer Widerstand geleistet

oder die Sicherheit und Ordnung im Flugzeug (durch Schreien) gestört wird.

Private Fluglinien sind grundsätzlich nur bereit, Passagiere zu befördern, wenn

die Ordnung und Disziplin an Bord gewährleistet ist. Im Folgenden werden die

Befugnisse jener Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgestellt, die

bei Abschiebungen eingesetzt werden, bei denen mit der Notwendigkeit der

Ausübung verwaltungsbehördlicher Zwangsgewalt zu rechnen ist; hiebei wird

nach den einzelnen Phasen einer solchen Amtshandlung unterschieden.

 

Phase1:

Abholung des Schubhäftlings aus dem Gefangenenhaus

bis vor Verbringung in das Luftfahrzeug

 

§ 60 FrG normiert, dass die Abschiebung von Fremden durch Organe des

öffentlichen Sicherheitsdienstes mit unmittelbarer Befehls - und Zwangsgewalt

durchsetzbar ist, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig

möglich ist. Neben den §§ 4, 5 und 6 des Waffengebrauchsgesetzes und § 26

der Anhalteordnung ist - dem Grundsatz nach - auch § 29 SPG in Bezug auf

die Verhältnismäßigkeit zu beachten. Demnach darf ein Eingriff in Rechte von

Menschen, soweit er zur Erfüllung der Aufgaben im Sinne des § 28 SPG

erforderlich ist, nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass

und zum angestrebten Erfolg währt. Hiebei haben die Organe des öffentlichen

Sicherheitsdienstes von den in § 29 Abs 2 Z 1 bis 5 SPG genannten

Erwägungsgründen Gebrauch zu machen. Der Verfassungsgerichtshof hat in

ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass physische Zwangsakte dann Art. 3

EMRK verletzen, wenn »qualifizierend hinzutritt, dass ihnen eine die

Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Missachtung des Betroffenen als

Person eigen ist“ (so stellt etwa die zur Überwindung des Widerstandes

notwendige Fesselung keine Verletzung des Art. 3 EMRK dar, eine

Verabreichung von Medikamenten oder auch Injektionen gegen den Willen

eines Menschen zur Ruhigstellung verletzt jedoch dieses Grundrecht).

 

Diese Rechtslage gibt ausreichende Möglichkeiten, physischen Widerstand des

abzuschiebenden Fremden zu überwinden. Schreien ist kein Grund für die

Anwendung von Zwangsgewalt.

 


Phase 2:

Einsteigen in das Luftfahrzeug bis zum Verschließen der Außentüren

 

Hinsichtlich der Überwindung physischen Widerstandes gilt das zu Phase 1

Ausgeführte. In dieser Phase kommt dem verantwortlichen Piloten oder

anderen Vertretern der Luftlinie wie z.B. dem „Station Manager“ keine wie auch

immer geartete Anordnungsbefugnis hinsichtlich der Ausübung von Befehls -

und Zwangsgewalt zu.

 

Faktisch hat der verantwortliche Pilot das Recht, die Mitnahme eines

Passagiers, der die Ordnung und Disziplin an Bord voraussichtlich stören wird,

zu verweigern. Auch in diesem Fall ist, sofern ein psychologisches Einwirken

der Beamten auf den Fremden fehlschlägt, gemäß § 60 FrG die Ausübung von

Befehls - und Zwangsgewalt durch die Beamten zulässig. Art und Intensität der

Maßnahmen zur Beendigung des ruhe - und ordnungsstörenden Verhaltens

richtet sich nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, wobei Eingriffe in die

körperliche Integrität aus diesem Grunde nicht zulässig sind. Keinesfalls

verhältnismäßig ist die Verwendung von Klebebändern oder anderen Mitteln,

die die Verschließung der Atemwege (Nase oder Mund) bewirken können.

 

Phase 3:

Verschließen der Außentüren bis zur Landung (Öffnender Außentüren)

 

Rechtliche Grundlage ist das Abkommen vom 14. September 1963 über

strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene

Handlungen (Tokioter Abkommen), BGBl. Nr. 247/1974 i.d.g.F.

 

Gemäß Art 6 leg.cit. kann der verantwortliche Pilot, um die Ordnung und

Disziplin an Bord aufrechtzuerhalten, gegenüber einer Person angemessene

Maßnahmen, einschließlich Zwangsmaßnahmen treffen. Hiezu kann er von

anderen Besatzungsmitgliedern verlangen oder sie ermächtigen sowie

Fluggäste (zu diesen gehören auch die begleitenden Beamten) auffordern oder

ermächtigen, ihn durch die Ausübung von Zwang gegen eine Person zu

unterstützen. Wenngleich den begleitenden Beamten in dieser Phase keine

eigenständige Befugnis zur Ausübung von Befehls - und Zwangsgewalt

zukommt, können sie der Aufforderung des verantwortlichen Piloten Folge

leisten. Dem Verlangen ist jedenfalls nur dann nachzukommen, wenn die

Anordnungen des verantwortlichen Piloten im Einklang mit dem

Verhältnismäßigkeitsprinzip - siehe wieder § 29 SPG - stehen. Ein Verkleben

der Atemwege (Mund oder Nase) durch die begleitenden Beamten ist keinesfalls

zulässig.

Notwehr - und Nothilfehandlungen sind selbstverständlich in jeder Phase der

Abschiebung zulässig.


Phase 4:

Landung (Öffnung der Außentüren)

 

Jegliche Maßnahmen der Befehls - und Zwangsgewalt durch die begleitenden

Beamten haben zu unterbleiben. Den begleitenden Beamten steht im Transit -

oder dem Zielland keine Exekutivbefugnis und somit keine Befehls - und

Zwangsbefugnis zu. Es ergibt sich die ausschließliche Zuständigkeit der

ausländischen Behörden. Handelt es sich um eine Zwischenlandung, so

schließt bei einem Weiterflug die Phase 3 an, und es gilt das dort Ausgeführte.