2468/AB XXI.GP
Eingelangt am: 18.07.2001
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 31.
Mai 2001 unter der Nr. 2501/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
"den Hinweis eines Arztes der Bundespolizeidirektion Wien im Rahmen einer Schulung, dass
in Österreich Medikamente zur Sicherstellung von Abschiebungen eingesetzt werden“, ge -
richtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Vorauszuschicken ist, dass in der ORF - Sendung „Zeit im Bild 2“ vom 16.5.2001 der in Rede
stehende Beitrag mit einem falschen Insert unterlegt wurde. Im Beitrag war nicht - wie einge -
blendet - Dr. SAURMA, sondern der stellvertretende Polizeichefarzt der Bundespolizeidirek -
tion Wien zu sehen.
Zu den Fragen 1 und 7
Nein.
Die fragliche Aussage ist nach Angabe der Bundespolizeidirektion Wien offensichtlich aus
dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben worden. Demnach habe der stellvertretende
Polizeichefarzt im Rahmen dieser Schulung zum Ausdruck bringen wollen, dass Personen,
die mittels Flugabschiebung außer Landes geschafft werden sollen und sich deshalb oder aber
wegen Flugangst in einem erregten Zustand befinden, Beruhigungsmittel angeboten werden.
Dabei handle es sich um Medikamente, die auch sonst bei Personen Anwendung finden, die
unter Flugangst leiden.
Es sei daher keinesfalls so, dass solche Beruhigungsmedikamente gegen den Willen einer
abzuschiebenden Person verabreicht werden; es bleibe den Abzuschiebenden überlassen, ob
sie von der ihnen angebotenen Möglichkeit Gebrauch machen oder nicht.
Im Hinblick auf die einleitenden Bemerkungen erscheinen dienstrechtliche Maßnahmen ge -
gen Dr. SAURMA nicht geboten. Die Anfrage wird aber zum Anlass genommen, sowohl den
vortragenden Arzt wie auch die anderen Vortragenden nochmals gesondert darauf hinzuwei -
sen, dass auf die besondere Sensibilität des Themas zu achten sei und unmissverständliche
Formulierungen zu wählen seien.
Zu Frage 2
Nein. Dies entspräche auch nicht der tatsächlichen Praxis bei Problemabschiebungen.
Bei besonderen psychischen Ausnahmesituationen des Häftlings wird von einer Abschiebung
Abstand genommen.
Zu Frage 3
Die entsprechende Richtlinie ist in der Beilage angeschlossen. Hier ist insbesondere auf die
Ausführungen in der Anlage 2, Punkt „Phase 1“, hinzuweisen.
Zu Frage 4
Nein - im Übrigen darf auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen werden.
Zu Frage 5
In keinem Fall.
Zu Frage 6
Bereits derzeit wird in den laufenden Schulungen im Sinne der obgenannten Richtlinie aus -
drücklich darauf hingewiesen, dass eine Verabreichung von Medikamenten oder auch Injekti -
onen gegen den Willen eines Menschen zur Ruhigstellung das Grundrecht des Art. 3 EMRK
verletzen würde und daher unzulässig ist.
Zu Frage 8
Nachdem - wie aus den Beantwortungen der Fragen 1 und 6 entnommen werden kann - keine
falschen Informationen gegenüber den zu schulenden Bediensteten in Bezug auf die Verabrei -
chung der angesprochenen Medikamente geäußert wurden, entstand auch kein Schaden, wel -
cher durch zweckdienliche Korrekturmaßnahmen zu beseitigen wäre.
Zu Frage 9
Da nach dem vorgelegten Überprüfungsergebnis keine Anhaltspunkte vorliegen, wonach ei -
nen Abzuschiebenden gegen dessen Willen die genannten Medikamente verabreicht worden
seien, entbehrt die Behauptung, es seien in der Anfragebeantwortung 1960/AB (XXI GP) un -
richtige Angaben gemacht worden, jeglicher
Grundlage.
T E L E FA X
An alle
Sicherheitsdirektionen
(ausgenommen Wien)
An alle
Bundespolizeidirektionen
An alle
Landesgendarmeriekommanden
An das
Gendarmerieeinsatzkommando
An die
Gendarmeriezentralschule
nachrichtlich
An den
Zentralausschuss für die
Bediensteten der Sicherheitsverwaltung
An den
Zentralausschuss für die
Bediensteten der Sicherheitswache
An den
Zentralausschuss für die
Bediensteten des Kriminaldienstes
An den
Zentralausschuss für die
Bediensteten der Bundesgendarmerie beim BMI
In der Beilage wird die modifizierte ,,Richtlinie für die Organisation und
Durchführung von Abschiebungen auf dem Luftwege (Linienflüge)" zur
Kenntnisnahme und Beachtung übermittelt.
Derzeit können bis zur Einschulung der Beamten aus den in Ziffer 2.1.
geannten Bundespolizeibehörden nur Angehörige des Gendarmerie -
einsatzkommandos und der Sondereinsatzgruppe der Landesgendarme -
riekommanden zu Abschiebungen herangezogen werden.
Der Erlass vom 07. Mai 1999, Zl. 19.250/39 - GD/99, wird aufgehoben.
Alle früheren Bestimmungen des Bundesministeriums für Inneres, die
diesen Richtlinien widersprechen, gelten als gegenstandslos.
Zusatz für die Sicherheitsdirektionen
Die Sicherheitsdirektionen haben die Bezirksverwaltungsbehörden über die gegen –
ständliche Richtlinie unverzüglich in Kenntnis zu setzen
Zusatz für die Landesgendarmeriekommanden:
Gegenständlicher Erlass wird in die GES aufgenommen.
Bundesministerium für Inneres
Generaldirektionen für die öffentliche Sicherheit
Zahl: 19.250/42 – GD/99
Richtlinie
für die Organisation und Durchführung von
Abschiebungen auf dem Luftwege (Linienflüge)
1. Einleitung
Zur ordnungsgemäßen Abwicklung von Abschiebungen auf dem Luftwege sind
Regelungen erforderlich, die einerseits die Umsetzung der behördlichen
Maßnahmen sicherstellen und andererseits den begleitenden Exekutivorganen die
notwendige Rechtssicherheit vermitteln
2. Organisatorische und rechtliche Bestimmungen
2.1. Für Abschiebungen auf dem Luftwege, die durch Organe des öffentlichen
Sicherheitsdienstes begleitet werden, sind ausschließlich entsprechend
ausgebildete Beamte (GEK - und SEG - Angehörige sowie Angehörige der
Alarmabteilung der Bundespolizeidirektion Wien und Beamte der
mobilen Einsatzkommanden der Bundespolizeidirektionen Graz, Linz,
Klagenfurt und Schwechat (Einsatzabteilung Flughafen) einzusetzen.
Besteht zukünftig ein Bedarf zur Erweiterung des Pools, können auch
Angehörige anderer Organisationsteile der Bundespolizeidirektion Wien
sowie der MEKs anderer Bundespolizeibehörden herangezogen werden;
hiebei ist sicherzustellen, dass diese Angehörigen erst nach erfolgter
Schulung eingesetzt werden. Die personelle Stärke der exekutiven
Abschiebebegleitung hat sich an dem zu erwartenden Widerstand und
am möglichen Gefahrenpotential zu orientieren. Für die Begleitung ist
der Kommandant ausdrücklich zu bestimmen. Sind nicht nur männliche
Fremde abzuschieben, ist mindestens eine Beamtin einzusetzen.
Bis zum Abschluss der Ausbildung von Beamten der oa.
Bundespolizeidirektionen (voraussichtlich Ende Juni 1999) ist das
Gendarmerieeinsatzkommando als Koordinationsstelle anzusprechen
(Tel.: 02622/333; Fax 02622/333 - 2035 oder 2036).
2.2. Die mit der Abschiebebegleitung befassten Organe des öffentlichen
Sicherheitsdienstes haben mit dem abzuschiebenden Fremden
rechtzeitig Kontakt aufzunehmen, um diesen für den Abschiebevorgang
in psychologischer Hinsicht vorzubereiten. Diese Organe haben sich
davon zu überzeugen, ob der Fremde hygienisch versorgt und ernährt
worden ist, sowie seinen menschlichen Bedürfnissen nachkommen
konnte. Unmittelbar nach Übernahme des Häftlings ist - unter
Mitwirkung von Aufsichtsorganen der Hafträume der Sicherheitsbehörde
- eine Durchsuchung des Betroffenen (gem. § 40 Abs. 1 SPG)
vorzunehmen.
2.3. Bei Abschiebungen auf dem Luftwege, die vom Flughafen Wien aus
erfolgen, ist die Bundespolizeidirektion Schwechat, Einsatzabteilung
Flughafen, hierüber rechtzeitig mittels Fax (01/70 166/5709) zu
verständigen, die ihrerseits beim Abschiebevorgang entsprechend
mitzuwirken hat. Soweit solche Abschiebungen über andere Flughäfen
im Bundesgebiet erfolgen, ist die mit der Flughafenüberwachung
zuständige Polizei - bzw. Gendarmeriedienststelle zu verständigen, um
eine analoge Mitwirkung zu gewährleisten. Auch die mit der
Grenzkontrolle befassten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
haben beim Abschiebevorgang mitzuwirken.
Bei der Verbringung von Schubhäftlingen in ein Luftfahrzeug ist mit dem
verantwortlichen Piloten oder mit dessen Beauftragten Kontakt
aufzunehmen. Hiebei sind auch allfällige Fragen hinsichtlich der
Beförderung abzuklären.
2.4. Über jede vollzogene oder versuchte Abschiebung auf dem Luftwege ist
ein Bericht über deren Verlauf zu legen. Dieser Bericht hat jedenfalls Art,
Intensität, Dauer sowie den Grund der angewendeten Zwangsmittel zu
enthalten und auch sonst alle maßgeblichen Umstände der
Amtshandlung i.S.d. § 10 der Richtlinien - Verordnung zu dokumentieren.
2.5. Widersetzt sich ein Fremder seiner Abschiebung in der Zeit zwischen der
Abholung aus dem Gefangenenhaus bis unmittelbar vor Verbringung in
das Luftfahrzeug, kommt die Ausübung von Befehls - und Zwangsgewalt
zur Durchsetzung der Abschiebung (§ 60 FrG, § 26 AnhO) ausschließlich
den begleitenden Beamten zu. Schreien ist kein Grund für die
Anwendung von Zwangsgewalt.
2.6. Widersetzt sich ein Fremder seiner Abschiebung in der Zeit unmittelbar
vor Verbringung in das Luftfahrzeug bis zum Verschließen der Außentü -
ren, kommt den begleitenden Beamten die Ausübung von Befehls - und
Zwangsgewalt sowohl zur Überwindung physischen Widerstandes als
auch zur Beendigung ruhe - und ordnungsstörenden Verhaltens, das eine
Mitbeförderung im Luftfahrzeug verhindern würde, zu. Die Maßnahmen
dürfen keinesfalls in die körperliche Integrität des Fremden eingreifen
oder gesundheitsgefährdend sein, insbesondere dürfen nicht Mittel
angewendet werden, die die Atmungswege verlegen (Mund oder Nase).
Zulässig ist das Fesseln des Betroffenen an Händen und/oder Beinen,
das Fixieren mit Händen und Beinen am Sitz (z.B. mit Bandschlingen,
Klettbändern, Gürtel). In dieser Phase kommt dem verantwortlichen
Piloten oder anderen Vertretern der Luftlinie wie z.B. dem "Station
Manager“ keine wie immer geartete Anordnungsbefugnis hinsichtlich der
Ausübung von unmittelbarer Befehls - und Zwangsgewalt zu.
2.7. Ab dem Verschließen der Flugzeugaußentüren steht bis zu deren
Öffnung jegliche Befugnis ausschließlich dem verantwortlichen Piloten
zu. Dieser kann auch die begleitenden Beamten auffordern oder
ermächtigen, ihn durch die Ausübung von Zwang zu unterstützen.
Sofern die Anordnungen nicht über die gemäß Ziffer 2.6. zulässigen
Maßnahmen hinausgehen, kann der Aufforderung oder Ermächtigung
Folge geleistet werden. Ein Verschließen von Atemwegen (Mund oder
Nase) ist auch in diesem Fall nicht zulässig.
2.8. Nach der Landung (Öffnen der Außentüren) besteht - gleichgültig ob in
einem Transit - oder dem Zielstaat - die ausschließliche Zuständigkeit der
ausländischen Behörden. Die begleitenden Beamten haben auch über
deren Ersuchen keine Befehls- und Zwangsgewalt anzuwenden.
2.9. Bei der Ausübung jeglicher Zwangsmaßnahmen ist besonders auf die
Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 29 SPG sowie darauf
zu achten, dass die Zwangsmaßnahmen nicht die Würde des Betroffenen
als Mensch verletzen (Artikel 3 MRK); müsste das Maß überschritten
werden, ist die Abschiebung unverzüglich abzubrechen.
Das zwangsweise Anlegen von Windeln udgl. ist ausnahmslos zu
unterlassen. Werden Maßnahmen zur Reinigung des Fremden nach
Selbstbeschmutzung ergriffen, so sind diese - sofern sie nicht bloß
oberflächlich erfolgen - außer Sichtweite Dritter vorzunehmen. Hiebei
darf Zwang nur insoweit angewendet werden, als der Fremde nicht selbst
zur Reinigung bereit ist.
Die Verwendung von Klebebändern, Leukoplast oder ähnlicher
Produkte ist ausnahmslos untersagt.
2.10. Notwehr – und Nothilfehandlungen sind selbstverständlich in jeder Phase der Abschiebung
zulässig.
2.11. Die Wahrung der Eigensicherung ist i.S.d. § 3 der Richtlinien –
Verordnung sicherzustellen
3. Ärztliche Maßnahmen
3.1. Ab sofort ist bei jeder Abschiebung auf dem Luftwege der betroffene
Fremde möglichst unmittelbar, längstens jedoch 24 Stunden vor dem
Abflug von einem Amtsarzt zu untersuchen.
3.2. Unbeschadet der ärztliche Betreuung der Häftlinge gemäß § 10 der
Anhalteordnung, BGBL. Nr. II 128/1999, hat die ärztliche Untersuchung
die Beurteilungskriterien gemäß dem beiliegenden Formular (Ziffer 3.5.)
zu umfassen.
3.3. Die Behörde hat dem Amtsarzt vor der Untersuchung alle bekannten
Auffälligkeiten insbesondere jene psychischer Art sowie
Aggressionsneigungen und auch bisher erhobene Daten (z.B.
Haltfähigkeitsberichte, Krankenblätter, sonstige Behandlungen,
Fremdbefunde) mitzuteilen.
3.4. Verweigert der Fremde die ärztliche Untersuchung und besteht kein
augenscheinlicher Grund zur Annahme mangelnder Flugtauglichkeit, so
kann auf dem Luftwege abgeschoben werden.
3.5. Das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung ist mittels beiliegenden
Formulars zu dokumentieren. Das ausgefüllte Formular verbleibt im
fremdenpolizeilichen Akt, eine Durchschrift wird den die Abschiebung
durchführenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes
mitgegeben.
3.6. In der Rubrik „Zusatzinformation für den begleitenden Beamten“ hat der
Amtsarzt für den Abschiebevollzug alle notwendigen Informationen
bekannt zu geben, welche für die Erfüllung dieser Aufgaben von
Bedeutung sein könnte (z.B. persönliche Eigenheiten bereits gesetztes
aggressives Verhalten, einschließlich dessen Begehungsweise,
durchgeführter Hungerstreik, Raucher etc.).
3.7. Schubhäftlinge, die in gerichtlichen Gefangenenhäusern oder in
Strafvollzugsanstalten i.S.d. § 66 Abs. 1 FrG angehalten werden, sind
ebenfalls gem. Ziffer 3.1. von Amtsärzten der Bundespolizeidirektionen
oder Bezirksverwaltungsbehörden ärztlich, nach Möglichkeit vor Ort, zu
untersuchen.
In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für Justiz die
Leiter der Justizanstalten ersucht, organisatorische Vorkehrungen für
einen möglichst reibungslosen Ablauf der amtsärztliche Untersuchung
der in Frage kommenden Fremden zu treffen.
4. Sonstiges
Die Rechtsgrundlagen für die Abschiebung mit einem Luftfahrzeug sind
in der Anlage 2 dargestellt.
4.2. Den mit den gegenständlichen Abschiebungen befassten Beamten ist für
unvorhersehbare Barauslagen während des Abschiebevorganges -
unbeschadet eventueller Reisekostenvorschüsse - ausreichende
finanzielle Mittel (nach Möglichkeit in US - Dollar) zur Verfügung zu
stellen. Die Höhe der verwendeten Barmittel und der Verwendungszweck
ist im Bericht gemäß Ziffer 2.4. festzuhalten.
4.3. Für die unter Ziffer 2.1. einzusetzenden Beamten sind Dienstpässe
vorzusehen.
4.4. Für Schäden, deren Ersatz in Österreich geltend gemacht wird, gilt das
Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr 20/1949.
4.5. An Ausrüstung/Unterlagen ist grundsätzlich vorzusehen:
• Reisetasche / Rucksack
• Reiseapotheke
• Informationsblatt über Maßnahmen nach Verletzungen und/oder
Erkrankungen
• Bandschlingen, Klettbänder, Gürtel
• Handschuhe gegen Schnittverletzungen, Einweghandschuhe,
Überhose
• Gurtschneider
4.6. Die Begleitung von Schubhäftlingen hat ohne Mitnahme von
Schusswaffen zu erfolgen. Die für das Gendarmerieeinsatzkommando
bestehende Sonderregelung bleibt unberührt.
4.7. Für die in Ziffer 2.1. vorgesehenen Beamten sind entsprechende
Schutzimpfungen und allenfalls auch eine Malaria - Prophylaxe zu
ermöglichen.
Anlage 2 zu ZL 19.250/42 - GD/99
Rechtsgrundlagen für die Abschiebung mit Luftfahrzeugen
Problemstellung
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen einen Fremden, der nicht freiwillig
ausreist, sind mittels Abschiebung durchzusetzen. Die Erfahrung zeigt, dass
manche Fremde - insbesondere bei Abschiebungen auf dem Luftwege - diese
dadurch zu vereiteln versuchen, dass entweder physischer Widerstand geleistet
oder die Sicherheit und Ordnung im Flugzeug (durch Schreien) gestört wird.
Private Fluglinien sind grundsätzlich nur bereit, Passagiere zu befördern, wenn
die Ordnung und Disziplin an Bord gewährleistet ist. Im Folgenden werden die
Befugnisse jener Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgestellt, die
bei Abschiebungen eingesetzt werden, bei denen mit der Notwendigkeit der
Ausübung verwaltungsbehördlicher Zwangsgewalt zu rechnen ist; hiebei wird
nach den einzelnen Phasen einer solchen Amtshandlung unterschieden.
Phase1:
Abholung des Schubhäftlings aus dem Gefangenenhaus
bis vor Verbringung in das Luftfahrzeug
§ 60 FrG normiert, dass die Abschiebung von Fremden durch Organe des
öffentlichen Sicherheitsdienstes mit unmittelbarer Befehls - und Zwangsgewalt
durchsetzbar ist, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig
möglich ist. Neben den §§ 4, 5 und 6 des Waffengebrauchsgesetzes und § 26
der Anhalteordnung ist - dem Grundsatz nach - auch § 29 SPG in Bezug auf
die Verhältnismäßigkeit zu beachten. Demnach darf ein Eingriff in Rechte von
Menschen, soweit er zur Erfüllung der Aufgaben im Sinne des § 28 SPG
erforderlich ist, nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass
und zum angestrebten Erfolg währt. Hiebei haben die Organe des öffentlichen
Sicherheitsdienstes von den in § 29 Abs 2 Z 1 bis 5 SPG genannten
Erwägungsgründen Gebrauch zu machen. Der Verfassungsgerichtshof hat in
ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass physische Zwangsakte dann Art. 3
EMRK verletzen, wenn »qualifizierend hinzutritt, dass ihnen eine die
Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Missachtung des Betroffenen als
Person eigen ist“ (so stellt etwa die zur Überwindung des Widerstandes
notwendige Fesselung keine Verletzung des Art. 3 EMRK dar, eine
Verabreichung von Medikamenten oder auch Injektionen gegen den Willen
eines Menschen zur Ruhigstellung verletzt jedoch dieses Grundrecht).
Diese Rechtslage gibt ausreichende Möglichkeiten, physischen Widerstand des
abzuschiebenden Fremden zu überwinden. Schreien ist kein Grund für die
Anwendung von Zwangsgewalt.
Phase 2:
Einsteigen in das Luftfahrzeug bis zum Verschließen der Außentüren
Hinsichtlich der Überwindung physischen Widerstandes gilt das zu Phase 1
Ausgeführte. In dieser Phase kommt dem verantwortlichen Piloten oder
anderen Vertretern der Luftlinie wie z.B. dem „Station Manager“ keine wie auch
immer geartete Anordnungsbefugnis hinsichtlich der Ausübung von Befehls -
und Zwangsgewalt zu.
Faktisch hat der verantwortliche Pilot das Recht, die Mitnahme eines
Passagiers, der die Ordnung und Disziplin an Bord voraussichtlich stören wird,
zu verweigern. Auch in diesem Fall ist, sofern ein psychologisches Einwirken
der Beamten auf den Fremden fehlschlägt, gemäß § 60 FrG die Ausübung von
Befehls - und Zwangsgewalt durch die Beamten zulässig. Art und Intensität der
Maßnahmen zur Beendigung des ruhe - und ordnungsstörenden Verhaltens
richtet sich nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, wobei Eingriffe in die
körperliche Integrität aus diesem Grunde nicht zulässig sind. Keinesfalls
verhältnismäßig ist die Verwendung von Klebebändern oder anderen Mitteln,
die die Verschließung der Atemwege (Nase oder Mund) bewirken können.
Phase 3:
Verschließen der Außentüren bis zur Landung (Öffnender Außentüren)
Rechtliche Grundlage ist das Abkommen vom 14. September 1963 über
strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene
Handlungen (Tokioter Abkommen), BGBl. Nr. 247/1974 i.d.g.F.
Gemäß Art 6 leg.cit. kann der verantwortliche Pilot, um die Ordnung und
Disziplin an Bord aufrechtzuerhalten, gegenüber einer Person angemessene
Maßnahmen, einschließlich Zwangsmaßnahmen treffen. Hiezu kann er von
anderen Besatzungsmitgliedern verlangen oder sie ermächtigen sowie
Fluggäste (zu diesen gehören auch die begleitenden Beamten) auffordern oder
ermächtigen, ihn durch die Ausübung von Zwang gegen eine Person zu
unterstützen. Wenngleich den begleitenden Beamten in dieser Phase keine
eigenständige Befugnis zur Ausübung von Befehls - und Zwangsgewalt
zukommt, können sie der Aufforderung des verantwortlichen Piloten Folge
leisten. Dem Verlangen ist jedenfalls nur dann nachzukommen, wenn die
Anordnungen des verantwortlichen Piloten im Einklang mit dem
Verhältnismäßigkeitsprinzip - siehe wieder § 29 SPG - stehen. Ein Verkleben
der Atemwege (Mund oder Nase) durch die begleitenden Beamten ist keinesfalls
zulässig.
Notwehr - und Nothilfehandlungen sind selbstverständlich in jeder Phase der
Abschiebung zulässig.
Phase 4:
Landung (Öffnung der Außentüren)
Jegliche Maßnahmen der Befehls - und Zwangsgewalt durch die begleitenden
Beamten haben zu unterbleiben. Den begleitenden Beamten steht im Transit -
oder dem Zielland keine Exekutivbefugnis und somit keine Befehls - und
Zwangsbefugnis zu. Es ergibt sich die ausschließliche Zuständigkeit der
ausländischen Behörden. Handelt es sich um eine Zwischenlandung, so
schließt bei einem Weiterflug die Phase 3 an, und es gilt das dort Ausgeführte.