2495/AB XXI.GP

Eingelangt am:24.07.2001

 

Bundesminister

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2563/J betreffend

geplante Änderungen des Öffnungszeitengesetzes, des Arbeitsruhegesetzes und

der Gewerbeordnung, welche die Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen am

7. Juni 2001 an mich richteten, stelle ich fest:

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Seitens der Arbeitsinspektorate wird den Sonderbestimmungen für Arbeitnehmer in

Verkaufsstellen bei Beschäftigung an Samstagen nach 13.00 Uhr (§ 22d ARG und

§ 19a KJBG und entsprechenden kollektivvertragliche Regelungen) seit Inkrafttreten

dieser Bestimmungen besondere Beachtung zugewendet. So wurde im Sommer

1997 eine Schwerpunktaktion durchgeführt, bei der 1.002 Betriebsstätten im Bereich

Handel überprüft wurden; es wurden 222 Übertretungen festgestellt. Im Jahr 2000

wurden 10.731 Betriebe der entsprechenden Wirtschaftsklasse mit insgesamt

103.583 beschäftigten Arbeitnehmern überprüft; dabei wurden 84 Übertretungen der

Sonderbestimmungen festgestellt. Die Zahl der Übertretungen gibt jedoch keinen

Aufschluss darüber, wieviele Arbeitnehmer davon betroffen waren.

Antwort zu den Punkten 2 und 3 der Anfrage:

 

Laut Arbeitszeitgesetz (§19d) ist Teilzeitarbeit wie folgt definiert:

„Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die vereinbarte Wochenarbeitszeit die gesetzliche

Normalarbeitszeit oder eine durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung

festgelegte kürzere Normalarbeitszeit im Durchschnitt unterschreitet.“

Zur Beantwortung der Fragen nach Voll - und Teilzeit - Beschäftigungen wurden die

Ergebnisse des Mikrozensus der Statistik Austria (vormals ÖSTAT) auf der

Grundlage des "Lebensunterhaltskonzepts“ (12 bis 35 Stunden) herangezogen,

nachdem das „Labour - Force – Konzept“ des Mikrozensus Statistik Austria bereits eine

bezahlte Beschäftigung von lediglich einer Stunde pro Woche bzw. die Mitarbeit im

Familienbetrieb enthält. Laut dieser Erhebung betrug der Durchschnitt an

unselbständig Beschäftigten in den Jahren 1996 bzw. 2000 im Handel (inkl.

Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen):

 

                                                               1996                      2000

 

• Vollzeit (laut Mikrozensus):            391.800                  368.800

• Teilzeit (laut Mikrozensus):            81.600                    108.500

 

Die Zahl von geringfügig Beschäftigten wird vom Hauptverband der Sozialversiche -

rungsträger erhoben. Die jahresdurchschnittliche Zahl der geringfügig Beschäftigten

(ÖNACE Abschnitte 50 bis 52) - also inkl. Instandhaltung und Reparatur von Kfz

(laut Hauptverband) beträgt:

 

                                               1996                      2000

                                               28.547                    41.642

 

 

Antwort zu den Punkten 4 und 5 der Anfrage:

 

Da es keine einheitliche Definition des Begriffs ,,Nahversorgungsbetrieb“ gibt, wird im

Folgenden die Anzahl der Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels (nach Geschäfts -

typen) angeführt. Die Daten stammen vom Marktforschungsinstitut AC Nielsen,

welches jährlich Zensusuntersuchungen im österreichischen Lebensmitteleinzel -

handel durchführt.

 

Ausgenommen sind die Unternehmen Lidl und Hofer, die Unternehmen des

Bereiches Nahrung/Genussmittel des Gewerbes (zB. Bäckereien, Fleischereien),

Fachgeschäfte des Lebensmittelhandels (zB. Fisch- und Obstgeschäfte etc.).

 

 

 

 

Anzahl (absolut)

 

 

9.989

7618

6914

 

 

% - Anteil

 

kleiner LH

71,3

57.2

51,1

Großer LH (ab 250m2)

13,2

16,8

16,9

Supermärkte (ab 400m2)

13,1

22,5

27,9

Verbrauchermärkte (ab 1.000m2)

2,4

3,5

4,1

 

1990

1996

1999

 

 

 

(für 2000 liegen keine Zahlen vor)

 

Ausführlich mit dem Thema Ladenöffnung hat sich unter anderem Prof. Dr. Christian

Täger, ifo Institut für Wirtschaftsforschung München, auseinandergesetzt. In seinen

wissenschaftlichen Untersuchungen, die er auch bei der Enquete „Öffnungszeiten im

Wandel“, am 5. Oktober 2000 im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

darlegte, kam er zum Ergebnis, dass ein Zusammenhang zwischen dem System der

Ladenöffnungszeiten und der Konzentration im Einzelhandel nicht nachweisbar ist.

Während in der Ladenschlussdebatte die längere Offenhaltemöglichkeit vielfach mit

einer Benachteiligung kleinerer Einzelhändler assoziiert wird, hat sich in allen

europäischen Ländern gezeigt, dass ihre Begrenzung keinen wirksamen Schutz

gegen die Verdrängung der kleinen und mittleren Unternehmen darstellt, vielmehr

konnte gerade z.B. in Schweden nach Einführung der liberalisierten Öffnungszeiten

ein überraschend starkes Wachstum von kleinen Geschäften verzeichnet werden.

 

Antwort zu den Punkten 6 und 7 der Anfrage:

 

Der Begriff „Handelskette“ findet in offiziellen Statistiken keine Verwendung. Um die

gegenständliche Frage dennoch beantworten zu können, wurden daher Beschäftig -

tengrößenklassen herangezogen. Es kann davon ausgegangen werden, dass

Handelsketten primär in der Größenklasse ab 1.000 Beschäftigte zu finden sind.

 

 

Tabelle 1:

Anzahl der Unternehmen nach Beschäftigtengrößenklassen, 1995 - 1998,

Einzelhandel*

 

1995

1998

1 bis 4 Beschäftigte

 28.451

27.281

5 bis 9 Beschäftigte

 5.730

 5.762

10 bis 19 Beschäftigte

 2197

 2232

20 bis 49 Beschäftigte

 772

 749

50 bis 99 Beschäftigte

 172

184

100 bis 249 Beschäftigte

 101

 95

250 bis 499 Beschäftigte

 29

 35

500 bis 999 Beschäftigte

 30

19

ab1.000Beschäftigte

 24

29

Gesamt

137.506

 136.386

 

*ohne Kfz und Tankstellen, einschließlich der Reparatur von Gebrauchsgütern

Anmerkung: VÄ = Veränderung

Gliederung nach ÖNACE

 

Quelle: Statistik Austria

 

 

Die Statistik Austria weist keine Zahlen für das Jahr 1996 aus, die aktuellsten Zahlen

sind von 1998 verfügbar.

Tabelle 2:

Erlöse und Erträge (in öS Mio) nach Beschäftigtengrößenklassen, 1995 - 1998,

Einzelhandel*

 

 

1995

Anteil in %

1998

Anteil in %

 

 

1995

 

1998

1 bis4 Beschäftigte

 73.142

 16,7

 71.629

 15,1

5 bis 9 Beschäftigte

 52.161

 11,9

 55.759

 11,8

10 bis 19 Beschäftigte

 43.895

 10,0

 47.229

 10,0

20 bis 49 Beschäftigte

 35.831

 8,2

 37.478

 7,9

50 bis 99 Beschäftigte

 25.791

 5,9

 24.151

 5,1

100 bis 249 Beschäftigte

 26.451

 6,0

 29.245

 6,2

250 bis 499 Beschäftigte

 23.409

 5,3

 24.085

 5,1

500 bis 999 Beschäftigte

 40.133

9,1

27.124

 5,7

ab 1.000 Beschäftigte

 117.990

 26,9

 156.898

 33,1

Gesamt

 438.801

 100,0

 473.599

 100,0

 

*ohne Kfz und Tankstellen, einschließlich der Reparatur von Gebrauchsgütern

Anmerkung: VÄ = Veränderung

Für 1999 und 2000 sind nur Umsatzindizes verfügbar, jedoch nicht gegliedert nach Beschäftigtengrößenklassen.

Gliederung nach ÖNACE

 

Quelle: Statistik Austria

 

 

Antwort zu den Punkten 8 und 9 der Anfrage:

 

Laut einer Ad - hoc - Umfrage der EU zur Arbeitsmarktlage im Einzelhandel aus dem

Jahr 1999 (Europäische Wirtschaft - Europäische Kommission, Generaldirektion

Wirtschaft und Finanzen, Beiheft B) sind die Geschäfte im Einzelhandel in Österreich

im Durchschnitt 48 Stunden pro Woche geöffnet.

 

Es liegen keine empirischen Daten vor, die eine Differenzierung der Öffnungszeiten

nach Betriebstypen bzw. nach Betriebsgrößen ermöglichen. Jedenfalls läßt eine

Liberalisierung von Öffnungszeiten das Nützen von Zeitnischen zu.

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

 

Nach dem Begutachtungsentwurf sollen in die Sonderbestimmungen des § 22 d des

Arbeitsruhegesetzes nur jene Arbeitnehmer von Dienstleistungsbetrieben einbe -

zogen werden, die in Betriebseinrichtungen arbeiten, die mit Betriebseinrichtungen

des Handels vergleichbar sind. Es muss sich somit um verkaufsähnliche Dienst -

leistungsbetriebe handeln. Diese Tätigkeiten müssen daher mit jenen in Han -

delsbetrieben vergleichbar sein. Das ist dann der Fall, wenn eine Lokalität

vorhanden ist, in der ein unmittelbarer Kundenkontakt stattfindet und die

Dienstleistungen auch an Ort und Stelle verrichtet werden. Als Beispiele sind

Friseure, Kosmetiksalons, Reisebüros, Fotografen, Schuhservice, Copyshops,

Banken und Wechselstuben anzuführen.

 

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

 

Die vorgeschlagene Änderung des § 22 d des Arbeitsruhegesetzes stellt keine

Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im Handel dar, sondern bedeutet eine

flexiblere Regelung für die Beschäftigung von Arbeitnehmern am Samstag -

Nachmittag. Da die Lage der Arbeitszeit nach §§ 19c und 19d grundsätzlich zu

vereinbaren ist, sind bei der Verteilung der arbeitsfreien Samstage während des

Jahres auch Wünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Zu den vorgesehenen

Ausnahmen von den Sonderbestimmungen ist festzuhalten, dass eine Ausnahme für

bestimmte Teilzeitbeschäftigte bereits derzeit auf kollektiwertraglicher Ebene

vorgesehen ist. Die Ausnahme für Arbeitnehmer, die zu einem erheblichen Teil in

Form von Provisionen entlohnt werden, entspricht einem vielfach geäußerten

Wunsch der betroffenen Beschäftigten, denen derzeit oft erhebliche Provisionen

entgehen, wenn Kunden sich an einem Samstag - Nachmittag über ein bestimmtes

Produkt informieren und am nächsten Samstag-Nachmittag den Kauf abschließen.

Hinsichtlich der Nachtarbeit waren im Begutachtungsentwurf keine Änderungen

vorgesehen. Soweit durch die vorgesehene Ausweitung der Öffnungszeiten

tatsächlich eine wesentliche Ausweitung der Abendarbeit oder Nachtarbeit eintritt,

wird es Aufgabe der Kollektivvertragsparteien sein, für eine adäquate Abgeltung zu

sorgen.