2532/AB XXI.GP

Eingelangt am:31.07.2001

 

BUNDESMINISTER

FÜR LAND - UND FORSTWIRTSCHAFT,

UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Kollegen vom 7. Juni

2001, Nr. 2574/J, betreffend der Empfehlung der Landwirtschaftskammer „Gift spritzen statt

pflügen“, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

 

Das Pflanzenschutzmittel „Roundup Ultra“ enthält den Wirkstoff „Glyphosate“. Ein Wirkstoff,

auf dessen Basis in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union seit vielen Jahren amtliche

Zulassungen für Pflanzenschutzmittel bestehen.

 

Gemäss der Richtlinie 91/414/EWG des Rates wurde ein Re - Evaluierungsprogramm für alle

„Altwirkstoffe“ auf EU - Ebene eingeführt. Mit der Durchführungsverordnung (EWG) Nr.

3600/92 wurde Deutschland als „berichterstattender Mitgliedstaat“ für den Wirkstoff

Glyphosate auf EU - Ebene festgelegt.

 

Auf Basis des Berichtes Deutschlands sowie Stellungnahmen der Mitgliedstaaten und des

„Wissenschaftlichen Ausschusses für Pflanzen" im Rahmen des Re -

Evaluierungsprogramms wurde der Wirkstoff Glyphosate auf Vorschlag der EU - Kommission

durch den „Ständigen Ausschuss für Pflanzenschutz“ (SCPH) am 29. Juni 2001 mit

Zustimmung sämtlicher Mitgliedstaaten in den Anhang I („Postivliste“) der Richtlinie

91/414/EWG aufgenommen.

 

Es kann daher davon ausgegangen werden, dass für diesen Wirkstoff und die Formulierung

„Roundup Ultra“ alle nach Annex II und III der Richtlinie 91/414/EWG geforderten Daten

vorliegen, sowie die „Einheitlichen Grundsätze“ nach Anhang VI der Richtlinie 91/414/EWG

erfüllt sind, die den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt

sicherstellen sollen.

Der Wirkstoff Glyphosate bzw. sein Isopropylaminsalz weist eine geringe Toxizität auf.

Glyphosate ist im Boden nicht persistent und neigt aufgrund seiner hohen

Adsorptionseigenschaften nicht zur Versickerung ins Grundwasser. Im Wasser erfolgt der

Abbau mit einer Halbwertszeit von 14 Tagen in der Wasserphase, die Toxizität gegenüber

Fischen und Wasserflöhen ist gering. Glyphosate zeigt wenig toxische Wirkungen gegenüber

Regenwürmern, wildlebenden Säugetieren und Nützlingen. Der Hauptmetabolit AMPA

(Aminomethylphosphonsäure) wurde ebenfalls auf seine Abbaubarkeit und

ökotoxikologischen Eigenschaften überprüft.

 

Somit ist nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse

sichergestellt, dass bei bestimmungs - und sachgemäßer Anwendung von Glyphosate -

hältigen Herbiziden keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt und das

Grundwasser bestehen.

 

Zu den Fragen 4, 5 und 10:

 

Auf Grund einer Rückfrage wurde seitens der Landeskammer für Land - und Forstwirtschaft

in der Steiermark darauf hingewiesen, dass eine Empfehlung für einen verstärkten

Spritzmitteleinsatz nie ausgesprochen wurde. Die Landeskammer berät die Landwirte nach

den Grundregeln des „Integrierten Pflanzenschutzes". Das heißt, dass die Landwirte mit

chemischen Pflanzenschutzmitteln sparsam umgehen und nicht öfter chemischen

Pflanzenschutz betreiben sollen, als tatsächlich unbedingt notwendig ist.

 

Die winterharten Gründecken in den Wasserschongebieten der südlichen Steiermark werden

von den Landwirten mit der Absicht angelegt, während der Wintermonate eine verstärkte

Einwaschung von Nitrat in das Grundwasser zu verhindern. Im Frühjahr müssen jedoch die

Gründecken rechtzeitig beseitigt werden, um Kulturpflanzen anbauen zu können. Zwischen

dem frühest möglichen Zeitpunkt der Beseitigung der Gründecken und dem Anbau der

Kulturpflanzen verbleibt oft eine zu kurze Zeitspanne, so dass diese bei einem

mechanischen Umbruch (Einackern) für eine Verrottung der Pflanzenmasse mit Hilfe der

Bodenorganismen nicht ausreicht. Dies trifft vor allem bei schwereren, kalten Böden im

Frühjahr zu. Die Sonnenenergie reicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus, die Böden rasch

genug zu erwärmen. In dieser Situation kann das Pflanzenschutzmittel „Roundup Ultra“ unter

Umständen die Möglichkeit bieten auf schweren Böden eine Gründecke zu ermöglichen. Die

Applikation des Mittels erfolgt im konkreten Fall nicht auf den nackten Boden, sondern auf

die darauf befindliche, dichte Pflanzendecke.

 

Die Aufwandmengen sind in den Anwendungsbestimmungen mit 4 l/ha festgelegt. Das

entspricht 0,4 mVm2. Die Anzahl der Anwendungen ist auf maximal 1 Anwendung pro Jahr

festgesetzt.

 

Die Anwendung von ,,Roundup Ultra“ ist mit Kosten von ca. ATS 640, -- pro Hektar

verbunden, so dass die Landwirte schon aus Kostengründen sparsam mit dem

Pflanzenschutzmittel umgehen.

 

Zu Frage 6:

 

Beide Produkte enthalten als aktive Wirksubstanz Glyphosate in einer Konzentration von 360

g/l. In beiden Produkten liegt Glyphosate in Form des Isopropylamin - Salzes vor. Die Art der

Zubereitung ist in beiden Fällen ein wasserlösliches Konzentrat.

 

Der Unterschied besteht in der Zusammensetzung der Beistoffe (oberflächenaktive

Substanzen - Detergentien), welche die physikalischen und chemischen Eigenschaften der

Spritzlösung hinsichtlich Pflanzenwirksamkeit beeinflussen (Blattbenetzbarkeit, Penetration

in das Blatt, Aufnahme in die Zellen des Blattgewebes und Translokation im Phloem).

 

Zu Frage 7:

 

Das Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft tritt auf

jeden Fall für einen Spritzmitteleinsatz im nur unbedingt notwendigen Ausmaß ein.

So ist auch in der Zielbestimmung des § 1 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997

festgelegt, dass die Voraussetzungen für eine risikominimierte Anwendung von

Pflanzenschutzmitteln unter Zugrundelegung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit

von Mensch und Tier und für die Umwelt zu schaffen sind und gleichzeitig nach Maß9abe

des Gesetzes die ausreichende Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln sicherzustellen ist.

Im Rahmen der Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 wird jedenfalls auf die

Grundsätze des „Integrierten Pflanzenschutzes“ Bedacht genommen. Darunter ist die

gezielte Anwendung einer Kombination von Maßnahmen biologischer, biotechnologischer,

chemischer, physikalischer, anbautechnischer und pflanzenzüchterischer Art zu verstehen,

wobei die Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf das unbedingt

notwendige Mindestmaß beschränkt wird, um den Befall mit Schadorganismen so gering zu

halten, dass kein wirtschaftlich unzumutbarer Schaden oder Verlust entsteht (§ 2 Abs. 12

des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997).

 

Zu Frage 8:

 

Wie auch schon weiter oben ausgeführt wurde, kommt es auf schweren Böden bei

mechanischer Einarbeitung der winterharten Gründecke im Frühjahr zu einem

unzureichendem Abbau der organischen Substanz durch Vertorfung im anaeroben Millieu.

Dadurch ist der Aufgang und die Pflanzenentwicklung der Folgekultur stark beeinträchtigt.

Deutliche Ertragseinbußen auf solchen Flächen haben die schweren Böden in der

Vergangenheit von einem Anbau winterharter Gründecken ausgenommen.

 

Die Anlage von winterharten Gründecken ist aber eine effiziente Methode, vor allem über die

Wintermonate, also besonders während des Grundwasserneubildungszeitraumes, den

Nitrataustrag in das Grundwasser deutlich zu verringern. Daher ist aus Sicht des

Grundwasserschutzes eine möglichst flächendeckende Winterbegrünung auch auf schweren

Böden erwünscht. Der Einsatz von "Roundup Ultra“ kann unter bestimmten Umständen die

Möglichkeit bieten, eine Gründecke auf diesen schweren Böden zu gewährleisten.

 

Zu Frage 9:

 

Resistenzbildungen durch den Einsatz von Glyphosat treten nach derzeitigem Wissensstand

sehr selten auf und sind nicht weit verbreitet. Resistenzbildungen bei Glyphosat treten in

wesentlich geringerer Zahl als bei irgend einer anderen derzeit auf dem Markt befindlichen

Herbizidgruppe auf. In Österreich sind keine Glyphosatresistenzen bekannt.

 

Zu Frage 11:

 

Im konkreten Fall handelt es sich um eine Abänderung der Zulassung

(Indikationserweiterung) gemäß § 18 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 für das

Pflanzenschutzmittel ,,Roundup Ultra“.

 

Gemäß § 18 Abs. 2 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 ist einem Antrag auf

Abänderung der Zulassung stattzugeben, wenn die Beurteilung des Abänderungsantrages

das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzung ergibt.

 

Da im gegenständlichen Fall die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt waren, wurde dem

Antrag stattgegeben.

 

Zu den Fragen 12 und 13:

 

Es wird darauf hingewiesen, dass die Landes - Landwirtschaftskammern eine Einrichtung der

beruflichen Selbstverwaltung sind und der Aufsicht der Landesregierungen unterstehen.

 

Im Rahmen ihrer Beratungsfunktion informieren die Landes - Landwirtschaftskammern alle

Landwirte über die mit den einzelnen Maßnahmen des ÖPUL verbundenen Auflagen und

Förderungsvoraussetzungen sowie über die betriebswirtschaftliche und ökologische

Sinnhaftigkeit einzelner Bewirtschaftungsschritte.

 

Im Sinne einer stärkeren Ökologisierung der Landwirtschaft werden im Rahmen des ÖPUL

mehrere Maßnahmen, die eine Reduktion des Einsatzes chemisch synthetischer

Pflanzenschutzmittel oder den gänzlichen Verzicht auf diese vorschreiben, angeboten. Im

Jahr 2000 wurden daher aufgrund bestehender ÖPUL - Verträge etwas mehr als 100.000 ha

Ackerfläche ohne die Anwendung chemisch synthetischer Pflanzenschutzmittel

bewirtschaftet.

Die Maßnahme „Begrünung von Ackerflächen im Herbst und Winter“ im Rahmen des ÖPUL

2000 ist auf die Anlegung von Gründecken auf Ackerflächen in einem bestimmten Ausmaß

über einen längeren Zeitraum gerichtet; eine über diesen Zeitraum hinausgehende

Festlegung der Bewirtschaftungsweise dieser Flächen ist in den Richtlinienbestimmungen

nicht vorgesehen. Der Einsatz eines Pflanzenschutzmittels ist daher nach Ablauf der Frist,

innerhalb derer das Bestehen einer Begrünung zu gewährleisten ist, prinzipiell nicht

richtlinienwidrig.

 

Ganz im Sinne der Entschließung des Nationalrates E 83 NR/XXI.GP vom 10.05.2001 hat

sich der ÖPUL - Evaluierungsbeirat in seiner Sitzung vom 28.06.2001 mit der Frage des

Einsatzes von Herbiziden, insbesondere des Wirkstoffes „Glyphosate“, befasst. Es wurde

vereinbart, dass der Beirat unter Einbeziehung von Fachexperten eine Information zum

gegenständlichen Thema erarbeitet1 die dann seitens des Bundesministeriums für Land - und

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auch den Landes - Landwirtschaftskammern

übermittelt wird.