2583/AB XXI.GP
Eingelangt am:14.08.2001
Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft
und Kultur
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2584/J - NR/2001 betreffend fehlender
Gebärdendolmetscher in Gehörlosenschulen, die die Abgeordneten Dr. Helene Partik - Pablé und
Kollegen am 21. Juni 2001 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad 1.:
Der Einsatz von Gebärdendolmetschern in Gehörlosenschulen würde auf einen Defizitansatz in der
Gehörlosenbildung hinführen, nämlich dass es sich um die bloße Übersetzung eines
lautsprachlichen Unterrichts in die Gebärdensprache handelt. Unvermeidbar sind damit schwer -
wiegende sozialpsychologische und pädagogische Komplikationen verbunden, weil die
Aufmerksamkeit der Schüler mit unterschiedlichen Schweregraden von Hörbehinderungen
zwischen dem unterrichtsführenden Lehrer und dem Dolmetscher wechseln müsste. Die
Gehörlosenpädagogik in Österreich ist primär lautsprachorientiert und setzt lautsprachbegleitende
Gebärden als zusätzliches Erklärungsmittel ein ohne das Primat der Lautsprache zu
vernachlässigen. In den letzten Jahren wurden auch zunehmend Gebärdensprachelemente sowohl in
die Lehrerausbildung als auch in den Unterricht eingebaut.
Ad 2.:
In den letzten Jahren konnten die Möglichkeiten einer höheren Bildung wesentlich erweitert werden
und auch das berufliche Spektrum hat sich verbessert. In einigen berufsbildenden Schulen sind
unterstützende Lehrgänge für hörbehinderte Schüler eingerichtet worden (z. B. am Schulzentrum
Ungargasse in Wien, in der Fachschule für Textilberufe - Expositur am Bundesinstitut für
Hörbehinderte in 1130 Wien - und in der
privaten Malerschule in Teesdorf).
Es muss in diesem Zusammenhang beachtet werden, ob durch das Erfordernis eines Dolmetschers
nicht die kommunikative Kompetenz in der Lautsprache geschwächt wird bzw. inwieweit dann
auch bei einer späteren Berufsausübung ein Gebärdendolmetscher erforderlich wäre.
Ad 3.:
Die Bundesregierung hat durch die Genehmigung der Behindertenmilliarde einen wesentlichen
Beitrag dazu geleistet um behinderten Menschen die Integration auf dem Arbeitsmarkt zu
erleichtern. Weiters wird auf das Berufsausbildungsgesetz hingewiesen, das durch die Einführung
der Vorlehre einen verbesserten Berufseinstieg für Behinderte ermöglicht.
Ad 4.:
Hinsichtlich des Einsatzes von Gebärdendolmetschern wird derzeit in Erwägung gezogen,
vorhandene Erfahrungen einzelner bilingualer Modelle im In - und Ausland systematisch zu erfassen
und zu evaluieren. Die Bereitstellung von Gebärdendolmetschern stellt jedoch keine pädagogische
Maßnahme dar, sondern eine Hilfe zur schulischen Eingliederung, die aus den Mitteln der
Behindertenhilfe der Länder bereitzustellen wäre.
Ad 5.:
Da die Gebärdensprache in den österreichischen Gehörlosenschulen in Form einer unverbindlichen
Übung einen eigenen Unterrichtsgegenstand bildet, ist eine eigene Zulassung nicht erforderlich.