2612/AB XXI.GP

Eingelangt am: 23.08.2001

BM für Justiz

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jarolim und Genossen haben an mich eine

schriftliche Anfrage betreffend „Gewissensgefangene nach § 209 StGB und diversio -

neue Erledigung von Verfahren nach § 209 StGB“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

Im Zuge der Erhebungen zur aktuellen Anfrage stellte sich heraus, dass die in der

Beantwortung der Frage 7 der Anfrage 2121/J - NR/01 vom 11. Mai 2001 genannten

Zahlen teilweise nicht zutreffend waren.

 

Im März 2001 befanden sich nämlich nicht eine, sondern zwei Personen ausschließ -

lich wegen einer Verurteilung nach § 209 StGB in Strafhaft.

 

Als „führendes“ (strafbestimmendes) Delikt scheint hingegen § 209 StGB nicht in

fünf sondern lediglich in drei Fällen auf.

 

Diese Divergenzen dürften darauf zurückzuführen sein, dass die für die statistische

Erfassung erforderlichen Formblätter missverständlich ausgefüllt oder ausgewertet

worden waren.

 

Zu 2:

Die in der Anfrage bezeichnete Person wurde vom Landesgericht für Strafsachen

Wien zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt. In einem weite -

ren Fall verhängte das Landesgericht für Strafsachen Graz eine viermonatige

Freiheitsstrafe.

Zu 3:

Das Landesgericht Klagenfurt verurteilte zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe, das

Landesgericht für Strafsachen Graz verhängte eine viermonatige Freiheitsstrafe und

das Landesgericht Korneuburg verurteilte in einem weiteren Fall zu einer Freiheits -

strafe in der Dauer von 18 Monaten, wobei 12 Monate gemäß § 43 a Abs. 3 StGB

unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Zu 4:

Alter des Verurteilten:                                      Alter des Jugendlichen:

26 Jahre                                                                                17 Jahre

25 Jahre                                                                                15 Jahre

30 Jahre                                                                                17 Jahre

42 Jahre                                                                                16 Jahre

36 bis 39 Jahre (mehrjähriger Deliktszeitraum)               14 bis 17 Jahre

 

Zu 5:

Zwei Strafgefangene wurden bereits enthaftet.

 

Ein Strafgefangener wird in der Justizanstalt Graz - Jakomini angehalten, das urteils -

mäßige Strafende ist der 15.9.2001.

 

Ein Strafgefangener wird in der Justizanstalt Korneuburg angehalten, das urteilsmä -

ßige Strafende ist der 28.8.2001.

 

Ein Strafgefangener wird in der Justizanstalt St. Pölten angehalten, das urteilsmä -

ßige Strafende ist der 15.9.2001.

 

Zu 6:

Strafgefangene sind im Sinn des § 87 StVG grundsätzlich berechtigt, Briefe, Karten

und dergleichen ohne Beschränkung und unter Wahrung des Briefgeheimnisses

abzusenden und zu empfangen. Eine briefliche Kontaktaufnahme mit Insassen ist

daher möglich.

 

Das Betreten einer Justizanstalt (auch zum Zweck des Besuches von Insassen) ist

nur mit Genehmigung des Anstaltsleiters bzw. in weiterer Folge des

Bundesministeriums für Justiz zulässig. Die Genehmigung darf nur erteilt werden,

wenn der Besuch mit den Zwecken des Strafvollzuges vereinbar ist. Besucher, die

nicht bekannt sind, müssen sich über ihre Person ausweisen. Nach Maßgabe der

organisatorischen und sicherheitsrelevanten Möglichkeiten steht - wie bei anderen

Besuchern von Justizanstalten - einer unmittelbaren Kontaktaufnahme durch

Mitglieder der angesprochenen Organisationen in Justizanstalten mit Insassen

grundsätzlich nichts entgegen.

 

Zu 7 und 8:

Zur Erhebung der in der Anfrage bezeichneten Strafverfahren, die beginnend mit

1. Jänner 2000 bei den Staatsanwaltschaften wegen des strafsatzbestimmenden

Delikts des § 209 StGB geführt wurden, kann auf eine automationsunterstützte

Auswertung nicht zurückgegriffen werden. Soweit dies nicht mit einem unverhältnis -

mäßigen Aufwand verbunden war, wurde von den Staatsanwaltschaften berichtet,

dass zumindest 68 Verfahren wegen des strafsatzbestimmenden Delikts des § 209

StGB bei den Staatsanwaltschaften anhängig waren, wobei bislang keines dieser

Verfahren diversionell erledigt wurde. In einem bis dato unerledigten Verfahren wird

eine diversionelle Maßnahme in Betracht gezogen.

 

Zu 9:

Der Hauptanwendungsbereich der Diversion liegt im Zuständigkeitsbereich der

Bezirksgerichte. Bereits im Einführungserlass des Bundesministeriums für Justiz zur

Strafprozessnovelle 1999 vom 24. November 1999, JMZ 578.015/35 - II 3/1999,

wurde darauf hingewiesen, dass bei einem Teil der mit Freiheitsstrafe bis zu fünf

Jahren bedrohten Delikte für die Diversion vielfach nur besonders gelagerte Einzel -

fälle in Betracht kommen. § 209 StGB gehört bis zu einer anderen Entscheidung des

Gesetzgebers dem geltenden Rechtsbestand an und ist somit von den Justizbehör -

den - wie jede andere Strafnorm - anzuwenden. In diesem Sinn sehe ich keine

Veranlassung, die staatsanwaltschaftlichen Behörden - die offensichtlich im jeweili -

gen Einzelfall das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Diversion verneinten -

anzuweisen, dieses Rechtsinstitut in Verfahren nach § 209 StGB verstärkt anzuwen -

den.