2619/AB XXI.GP
Eingelangt am: 24.08.2001
zur Zahl 2638/J - NR/2001
Die Abgeordneten zum Nationalrat Georg Oberhaidinger, Genosseninnen und
Genossen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Auswirkungen der
Stromliberalisierung auf die KonsumentInnen“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Alleine die Ankündigung der Vollliberalisierung des Stromsektors hat schon zu
beträchtlichen Strompreissenkungen zu Gunsten der Konsumenten geführt. Ab
Oktober 2001 werden Konsumenten erstmals die Möglichkeit haben, ihren Stromlie -
feranten zu wechseln. Die dabei zusätzlich zu erwartenden Einsparungen sind aller -
dings nicht allzu hoch zu veranschlagen und werden sich nach Schätzungen von
Experten für einen Durchschnittshaushalt - je nach Stromverbrauch und Lieferanten -
wahl - im Bereich zwischen 300 S und 1.000 S pro Jahr bewegen.
Der logistische Aufwand eines Lieferantenwechsels kann in der Anfangszeit zu
Problemen führen. Es ist zu hoffen, dass diesen Herausforderungen mit wachsender
Routine aller Beteiligten schon kurzfristig beigekommen werden kann. Nachteile -
insbesondere konkrete Schäden - sind nach derzeitigem Erkenntnisstand für die
Konsumenten nicht zu erwarten.
Zu 3:
Das Bundesministerium für Justiz beabsichtigt, einen Informationsfolder für die
Konsumenten herauszugeben, mit dem die am häufigsten auftretenden Fragen im
Zusammenhang mit der Vollliberalisierung
beantwortet werden sollen. Diesbezüglich
besteht ein reger Informationsaustausch mit der Regulierungsbehörde, der auf die
Stromlieferanten selbst erweitert werden soll.
Zu 4, 5 und 6:
Zweifellos wird die Vollliberalisierung von einer verschlechterten Transparenz bei
Leistungen und Preisen begleitet. Dem soll durch diverse Maßnahmen Abhilfe
geschaffen werden:
Zum Einen wurde vom Bundesministerium für Justiz im Begutachtungsverfahren zur
EIWOG - Novelle (mit der die Vollliberalisierung eingeleitet wurde) angeregt, es zur
Aufgabe der Regulierungsbehörde zu machen, für Transparenz bei Endkundenprei -
sen zu sorgen. Diese Anregung wurde auch in den Gesetzestext aufgenommen,
sodass die Regulierungsbehörde entsprechende Schritte zu setzen hat. Von der
Regulierungsbehörde ist konkret geplant, auf ihrer Homepage im Internet
(www.e-control.at) einen Strompreisrechner zu installieren, mit dem jeder Kunde
einen Preisvergleich anstellen kann.
Die Grundleistungen der Lieferanten für Privathaushalte unterliegen im Wesentli -
chen denselben technischen Normen und sind daher weitgehend ident, sodass
einem Leistungsvergleich nur geringe Bedeutung zukommt.
Ein Vergleich allfälliger darüber hinausgehender Leistungen der Lieferanten ist nicht
geplant. Hier wird es den Lieferanten obliegen, die Konsumenten vom Wert der
angebotenen Zusatzleistung zu überzeugen.
Zu 7, 8 und 9:
Als für Konsumentenangelegenheiten zuständiger Bundesminister fällt es nicht in
meinen Zuständigkeitsbereich Angebote für Gewerbe - bzw. Großkunden zu untersu -
chen. Soferne Angebote für Privatkunden am Markt lanciert werden, werden diese
von der Regulierungsbehörde einer Analyse im Sinne eines Strompreisvergleiches,
wie er bereits bei der Beantwortung der Frage 4 angesprochen worden ist, unterzo -
gen. Im Übrigen wird es Aufgabe der Lieferanten sein, für eine entsprechende
Verbreitung von Angeboten an Privatkunden zu sorgen. Dies betrifft auch die in der
Anfrage angesprochene Beseitigung der Intransparenz der Angebote in Bezug auf
den Adressatenkreis.
Zu 10 und 11:
Wünschenswert ist eine Vereinheitlichung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB) aller Netzbetreiber, zumal hier ein faktisches Monopol, also keine
Wettbewerbssituation besteht. Eine Vereinheitlichung der AGB kann durch die
Genehmigungspflicht unterstützt werden.
Davon zu unterscheiden sind allerdings die AGB bei Lieferverträgen. Hier wird ab
1. Oktober 2001 voller Wettbewerb bestehen. Die Unternehmen befinden sich in
einer Konkurrenzsituation. Dies betrifft auch den Bereich der AGB. Diesbezüglich
besteht weder Bereitschaft zur noch Bedarf nach Vereinheitlichung.
Das Bundesministerium für Justiz verfolgt bereits die Entwicklung der einzelnen
Vertragswerke, insbesondere im Hinblick auf allfällige Verbandsklagen im Interesse
der Konsumenten.
Zu 12 bis 21:
Das Bundesministerium für Justiz wird einen Informationsfolder herausgeben; die
Regulierungsbehörde plant in Zusammenarbeit mit dem Verein für
Konsumenteninformation ab September zunächst für ein Jahr eine
Informationshotline zum Ortstarif zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen werden die
auch sonst tätigen Konsumentenberatungsstellen, einschließlich der in meinem
Haus angebotenen Fachberatung, gefordert sein, den Beratungsbedarf abzudecken.
Zu 22 bis 24:
Soweit ersichtlich, steht rechtlich einem Vertragsabschluss mit einem neuen
Lieferanten vor dem 1.10.2001 nichts entgegen. Daher ist auch nicht ersichtlich,
worin allfällige Schäden bestehen sollen. Freilich werden - sofern dies hier
angesprochen sein soll - überlange Fristen der Bindung an einen Lieferanten
sowohl nach § 15 Konsumentenschutzgesetz als auch im Hinblick auf die
spezifischen wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen des EIWOG (Missbrauch von
marktbeherrschenden Stellungen) untersucht werden müssen.
Nach § 15 KSchG sind Stromlieferverträge so auszugestalten, dass Kunden späte -
stens mit Ablauf des 1. Jahres unter Einhaltung einer 2 - monatigen Kündigungsfrist
kündigen können sollen, danach zum Ablauf jeweils eines halben Jahres. In diesem
Zusammenhang wären aus Sicht der Konsumentenpolitik möglichst kurze Kündi -
gungsfristen und möglichst viele
Kündigungstermine sowie ein möglichst reibungslo -
ser und kostengünstiger Betreiberwechsel wünschenswert. Die Empfehlung der
E - Control, die Kosten eines Lieferantenwechsels auf alle Konsumenten zu überwäl -
zen, sodass der einzelne Konsument beim Wechsel keine Kosten zu tragen hat,
wird vom BMJ unterstützt. Eine faktische Bindungswirkung durch hohe Kosten eines
Lieferantenwechsels ist jedenfalls nicht akzeptabel.