2640/AB XXI.GP
Eingelangt am: 31.08.2001
DER BUNDESMINISTER
FÜR JUSTIZ
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „das Strafausmaß bei Verstößen
gegen das Lebensmittelrecht“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Da diese Fragen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für
Justiz fallen, ersuche ich um Verständnis, dass ich von einer Beantwortung Abstand
nehme.
Zu 3:
Bei der Frage der Strafdrohungen ist das gesamte österreichische Rechtssystem
insbesondere die Aufgabenverteilung zwischen gerichtlichem Strafrecht und Verwal -
tungsstrafrecht, zu berücksichtigen. Die Strafrahmen sind in dieses gewachsene
System eingebettet. Die gerichtlichen Strafdrohungen des LMG reichen bis zu drei
Jahren Freiheitsstrafe.
Derzeit bemühen sich das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generatio -
nen und das Bundesministerium für Justiz im Wege einer Subsidiaritätsklausel
sicherzustellen, dass das Strafgesetzbuch, insbesondere hinsichtlich des 7.
Abschnittes (gemeingefährliche strafbare Handlungen) künftig auch im lebensmittel -
rechtlichen Bereich zur Anwendung kommen kann. Mit dem vom Bundesministerium
für soziale Sicherheit und Generationen
geplanten Tierarzneimittelkontrollgesetz -
das sich derzeit in Begutachtung befindet - sollen strengere Rahmenbedingungen
bezüglich Import, Besitz und Abgabe von Tierarzneimitteln für Nutztiere geschaffen
und der Vollzug optimiert werden.
Im Jahr 1999 kam es laut gerichtlicher Kriminalstatistik zu insgesamt 611
Verurteilungen nach dem Lebensmittelgesetz (§ 56: 2, § 57: 153, § 63:14 und § 64:
429 Verurteilungen).
Die Frage der Erhöhung der Verwaltungsstrafdrohungen fällt nicht in die
Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz.
Zu 4:
Zunächst ist zu betonen, dass gemäß § 82 LMG lediglich die §§ 56 bis 73 sowie
§ 48 LMG - soweit er sich auf das gerichtliche Strafverfahren bezieht - in den
Kompetenzbereich des Bundesministers für Justiz fallen.
Im LMG, wie auch in allen anderen Bereichen des gerichtlichen Strafrechts, gibt es
bei Vergehen (§ 17 StGB) keine Strafuntergrenzen. Die unabhängigen Gerichte
haben die Möglichkeit, in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der mildernden
und erschwerenden Strafzumessungsgründe eine angemessene Strafe zu
verhängen; dieses einzelfallbezogene Ermessen der Gerichte sollte nicht eingeengt
werden.
Für die Verwaltungsstrafdrohungen, die nicht in meinen Kompetenzbereich fallen,
gilt diese Überlegung grundsätzlich ebenfalls, wobei auch verfassungsrechtliche
Bedenken gegen (höhere) Mindeststrafen zu berücksichtigen sind. Hier können
jedoch je nach Sachgebiet und Normadressat Mindeststrafen in Betracht kommen.
Zu 5:
Fragen der Umsetzung von geltendem EU - Recht in nationales Recht im Bereich des
LMG fallen in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und
Generationen, allenfalls des Bundesministeriums für Land - und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft.
Zu 6:
Im Bereich der Futter - und (Tier - ) Arzneimittel kommt die Zuständigkeit der Gerichte -
wie bereits zu Frage 3 ausgeführt -
derzeit kaum zum Tragen.
Hinweise auf Informationsdefizite von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwäl -
tinnen und Staatsanwälten im Bereich des Lebens -, Futtermittel - sowie Arzneimittel -
rechts liegen dem Bundesministerium für Justiz bislang nicht vor.
Sollte sich ein Fortbildungsbedarf auf diesem speziellen Rechtsgebiet - insbeson -
dere auf Grund neuer gesetzlicher Regelungen - ergeben, wird dem genannten
Personenkreis ein entsprechendes Fortbildungsangebot zur Verfügung gestellt
werden.
Zu 7:
Dem Bundesministerium für Justiz liegt nur der Entwurf des Tierarzneimittelkontroll -
gesetzes vor, das keinen Vorschlag einer Ausweitung des Verbandsklagerechts
beinhaltet.
Zu 8:
Gemäß § 69 Abs. 1 LMG haftet der Betriebsinhaber für Geldstrafen, Kosten der
Urteilsveröffentlichung und für „als Bereicherung abgeschöpfte“ Geldbeträge (§ 20
StGB), zu deren Zahlung ein Arbeitnehmer oder Beauftragter seines Betriebes
wegen einer nach den §§ 56 bis 64 mit Strafe bedrohten Handlung verurteilt worden
ist, es sei denn, dass der Verurteilte die strafbare Handlung nicht im Rahmen der
dienstlichen Obliegenheiten des Betriebes begangen hat.
Weitere Überlegungen werden im Rahmen der in meinem Ressort in Vorbereitung
stehenden legislativen Maßnahmen zur Verantwortlichkeit juristischer Personen
angestellt.
Zu 9:
Diese Frage fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für soziale
Sicherheit und Generationen.
Zu 10:
Wie bereits den Äußerungen zahlreicher Experten - auch in der parlamentarischen
Enquete - Kommission „Die Reaktionen auf strafbares Verhalten in Österreich, ihre
Angemessenheit, ihre Effizienz, ihre Ausgewogenheit“ - zu entnehmen war, wäre es
zweckmäßig, die Befugnisse der zuständigen Lebensmittelaufsichtsorgane in der in
der Frage angesprochenen Richtung zu erweitern, weshalb dieser Vorschlag aus
meiner Sicht zu begrüßen ist. Durch entsprechende Befugnisse und effiziente
Kontrollen könnten die bestehenden
Möglichkeiten des Lebensmittelgesetzes
besser ausgeschöpft werden, womit auch deren vorbeugende Wirkung deutlich
erhöht würde. In die Richtung einer effizienten Kontrolle „from stable to table“ zielt
nach meinen Informationen die vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen und vom Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft geplante Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit
GmbH und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie die Neuorganisation der
Tiergesundheitsdienste.