2679/AB XXI.GP

Eingelangt am: 04.09.2001

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Eva Glawischnig, Freundinnen und Freunde

haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Abhören von Internetverbindun -

gen aller Art“ gerichtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1 und 2:

Die Beantwortung dieser Fragen, die offenbar auf einen direkten Kontakt zwischen

den Sicherheitsbehörden und Providern abzielen, fällt nicht in den Vollziehungsbe -

reich des Bundesministeriums für Justiz.

 

Zu 3:

Dem Bundesministerium für Justiz sind aus Anlass der vorliegenden parlamentari -

schen Anfrage für das Jahr 1999 zwei Fälle, für das Jahr 2000 drei Fälle und für

das Jahr 2001 sechs Fälle mitgeteilt worden, in denen Provider E - Maildaten bzw.

Verbindungsdaten auf Grund eines richterlichen Beschlusses herausgeben

mussten. Da jedoch entsprechendes statistisches Material für die Sprengel der

Landesgerichte für Strafsachen Wien und Graz sowie des Landesgerichtes

Feldkirch nicht verfügbar ist, sind diese Zahlenangaben nur partiell aussagekräftig.

 

Zu 4:

§ 89 Abs. 1 TKG verpflichtet Betreiber - das sind Anbieter von öffentlichen Telekom -

munikationsdiensten im Sinne des Dritten Abschnittes des Telekommunikationsge -

setzes - nach Maßgabe einer gemäß Abs. 3 erlassenen Verordnung, alle

Einrichtungen bereitzustellen, die zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach

den Bestimmungen der StPO erforderlich sind. Mein Ressort verfolgt daher seit

Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes am 1. August 1997 die Bemühungen

um Erlassung einer entsprechenden Verordnung mit Nachdruck. Zur Vermeidung

von Lücken in der Strafverfolgung hat sich die Bundesregierung die Schaffung der

rechtlichen Voraussetzungen zur Sicherstellung der kostenschonenden Durchfüh -

rung von technischen Maßnahmen zur Überwachung eines Fernmeldeverkehrs bei

kriminellen Straftatbeständen zum Ziel gesetzt (vgl. Regierungsübereinkommen

„Österreich neu regieren“, Kapitel Innere Sicherheit und Integration, Pkt. 1.4.). Wie

ich bereits in der Beantwortung der schriftlichen Anfrage der AbgzNR Dr. PILZ und

Genossen, Zl. 2089/J - NR/2001, betreffend „Überwachungsverordnung“ betont habe,

sollen durch die Bestimmungen der erwähnten Verordnung die derzeitigen Überwa -

chungsmöglichkeiten nicht erweitert, sondern bloß die Durchführung gerichtlicher

Anordnungen nach den §§ 149a, 149c StPO sichergestellt werden.

 

Zu 5:

Grundsätzlich ist nach den Bestimmungen der §§ 149a ff StPO eine Überwachung

des über Telekommunikationseinrichtungen abgewickelten Online - Datenverkehrs

unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen und Beschränkungen möglich. Die

Überwachung ist nicht auf öffentliche Leitungen beschränkt. Das allgemein zugängli -

che Internet unterliegt allerdings nicht dem Fernmeldegeheimnis, weshalb die bloße

Verschaffung des Zugangs dazu durch die Strafverfolgungsbehörden keine Überwa -

chung des Fernmeldeverkehrs nach den §§ 149a ff StPO darstellt. Eine Ausfor -

schung der Informationseingeber sowie eine Überwachung ihrer Telefonanschlüsse

wäre aber wiederum nur unter Einhaltung der Bestimmungen der StPO über die

Telefonüberwachung möglich. Gleiches gilt für andere geheime Daten, etwa

E - Mails, die dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10a StGG bzw. Art. 8 Abs. 1

EMRK unterliegen, weshalb deren Erhebung nur auf Grund einer richterlichen

Anordnung durchgeführt werden darf. Die erwähnten Beschränkungen (dringender

Tatverdacht einer vorsätzlich begangenen strafbaren Handlung, die mit mehr als

einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist) gelten im Übrigen auch für die Beschlag -

nahme von Datenträgern, wenn und solange die technische bzw. rechtliche Notwen -

digkeit einer (Zwischen - )Speicherung bzw. eines Ausdrucks von Inhalts -  oder

Verbindungsdaten besteht (vgl. STABENTHEINER, Straf -  und zivillegislativer

Handlungsbedarf durch Datenhighway und Internet?, ecolex 1996, 748 ff; WESSE -

LY, Sicherheitspolizeiliche und strafprozessuale Erhebungen im Internet, ÖJZ 1996,

612 ff; JAHNEL, Datenschutz im Internet, ecolex 2001, 84). Der Zugriff auf Inhalts -

und Verbindungsdaten von E - Mails, sowie auf das Datenaufkommen beim Surfen,

ist daher nur unter Beachtung der erwähnten strafprozessualen Eingriffsermächti -

gungen zulässig.

 

Zu 6:

Die Meinungs -  und Informationsvielfalt des Internet erfordert auch eine Gewährlei -

stung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes. Aufgabe des Staates ist es, die

verfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit der Bürger sicherzustellen, wobei dem

Strafrecht die Aufgabe zukommt, Grenzen zu setzen, die sich auch auf die Bereiche

technischer Fortschritt, Wissenschaft und Ökonomie beziehen, um so die Beachtung

der Rechte Dritter zu garantieren. Datenschutzverletzungen (Offenlegung von Privat -

geheimnissen), Computersabotage, Datenveränderungen („Love - Letter - Virus“),

Verbreitung pornographischer und extremistischer Inhalte sowie Gewaltverherrli -

chung, Urheberrechtsverletzungen und Kreditkartenmissbrauch gewinnen durch den

Einsatz von Internet eine neue Dimension und bieten organisierten Tätergruppen

neue Einsatz -  und Gewinnmöglichkeiten. Die Kriminalitätsentwicklung durch Fehlen

wirksamer Kontrollelemente liegt weder im Interesse der Internet - Betreiber noch in

jenem der Internet - Nutzer. Dem muss durch strafrechtliche und außerstrafrechtliche

Maßnahmen entgegengesteuert werden. In diesem verfassungsrechtlich abgesteck -

ten Rahmen ist die Meinungs -  und Informationsvielfalt des Internets gewährleistet.

 

Zu 7:

Auf europäischer Ebene wird derzeit an einer neuen Richtlinie über die Verarbeitung

personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der elektro -

nischen Kommunikation gearbeitet; die Interessen der Republik Österreich werden

diesbezüglich federführend durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation

und Technologie wahrgenommen. Mein Ressort ist neben anderen, insbesondere

dem Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst, an der innerstaatlichen Koordination

des österreichischen Standpunkts beteiligt. Im Sinne meiner Ausführungen zur

Frage 5. bekenne ich mich dazu, dass für die Strafverfolgungsbehörden - unter

strenger Beachtung der Kautelen der §§ 149a ff StPO - die Möglichkeit bestehen

muss, auf sogenannte Verkehrsdaten zuzugreifen, um Urheber und Verteiler straf -

rechtswidriger Inhalte im Internet ausforschen zu können.