2680/AB XXI.GP
Eingelangt am: 04.09.2001
Der Bundesminister für Justiz
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alois Pumberger, Dr. Harald Ofner und Kolle -
gen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Krankenkosten für
Häftlinge“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Die Gesamtkosten für die externe und interne Gesundheitsversorgung der ca. 7000
Insassen österreichischer Justizanstalten betrugen im Jahre 2000 rund 556 Mio S.
Zu 2:
Für das gesamte interne Gesundheitswesens des Straf - und Maßnahmenvollzuges,
das ist die medizinische und therapeutische Versorgung der Insassen innerhalb der
Justizanstalten, hat das Bundesministerium für Justiz im Jahre 2000 insgesamt rund
92 Mio S für Bezüge von Ärzten, Psychiatern, Pflegepersonal, für Arzneimittel und
für sonstigen medizinischen Bedarf aufgewendet. Die Entlohnung der ärztlichen
Leistungen erfolgt nach unterschiedlichen Systemen. Der größere Teil der in den
Justizanstalten tätigen Ärzte wird auf Basis eines Dienst - oder Werkvertrages nach
dem vereinbarten Stundensatz entlohnt. In diesen Fällen erfolgt keine
Einzelverrechnung der jeweiligen ärztlichen Behandlungsleistung. Bei einem
geringeren Teil der auf Grund eines freien Dienstvertrages beschäftigten Ärzte wird
die Einzelleistung entsprechend dem jeweiligen
Tarif der Versicherungsanstalt
Öffentlich Bediensteter (BVA) verrechnet.
Für die externe medizinische und therapeutische Versorgung der Insassen der
Justizanstalten bei niedergelassenen Ärzten hat das Bundesministerium für Justiz
im Jahre 2000 insgesamt rund 32 Mio S bezahlt. Die Justizanstalten haben zum
überwiegenden Teil mit niedergelassenen Ärzten Sonderkonditionen vereinbart, die
eine Verrechnung nur geringfügig über dem jeweiligen Krankenkassentarif
vorsehen. Nur in jenen Fällen, wo keine Sonderkonditionen vereinbart sind, wird von
den niedergelassenen Ärzten der jeweilige Tarif für Privatpatienten nach der
diesbezüglichen Richtlinie der Ärztekammer in Rechnung gestellt.
In Anbetracht der Unterschiedlichkeit dieser Entlohnungssysteme für ärztliche
Leistungen kann eine Zuordnung nach der Zahl der Behandlungen und Visitationen
bzw. zum Allgemeinmediziner oder Zahnarzt nicht mit der erforderlichen
Zuverlässigkeit vorgenommen werden. Insgesamt werden die obgenannten
ärztlichen Leistungen aber überwiegend in einer Höhe entlohnt, die im Wesentlichen
dem Niveau der Tarife der Versicherten der BVA entspricht.
Zu 3:
Es ist zutreffend, dass dem Justizressort von den landesfondsfinanzierten
Krankenanstalten für stationäre und ambulante Behandlungsleistungen der Tarif für
Privatpatienten, das sind die Pflegegebühren der Allgemeinen Gebührenklasse
gemäß § 27 Abs. 1 des Bundeskrankenanstaltengesetzes (B - KAG), somit der
höchste Tarif in Rechnung gestellt wird. Der Grund dafür ist, dass die Insassen der
Justizanstalten zumeist nicht krankenversichert sind. Aber auch wenn diese zuvor
krankenversichert waren, ruht dieser Krankenversicherungsanspruch für die Dauer
ihrer Anstaltsunterbringung im Hinblick auf die diesbezüglichen
Ruhensbestimmungen.
Zu 4:
Die Kosten des Bundesministeriums für Justiz für einen Tag stationärer Behandlung
eines Insassen einer Justizanstalt in einer landesfondsfinanzierten Krankenanstalt
sind im bundesweiten Durchschnitt um 55% höher als jene für die stationäre
Behandlung von ASVG - Versicherten.
Zu 5:
Soweit überblickbar, gibt es -
ausgenommen das Österreichische Bundesheer - im
Bundesbereich keine anderen Bereiche, in denen diese Tarife in Rechnung gestellt
werden.
Zu 6:
Das Bundesministerium für Justiz versucht derzeit im Rahmen der Verhandlungen
der Struktur- und Aufgabenreformkommission (FAG - Begleitkommission) mit den
Ländern eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a des Bundesverfassungsgesetzes
(B - VG) über die Reduzierung und Vereinheitlichung der Krankenanstaltentarife für
Häftlinge abzuschließen.
Diese Vereinbarung soll es dem Bundesministerium für Justiz ermöglichen,
zukünftig für Behandlungsleistungen der landesfondsfinanzierten Krankenanstalten
die Tarife der Sozialversicherungsträger zu bezahlen. Sollte dieses Vorhaben
realisiert werden können, wäre damit eine Kostenreduktion in Höhe von rund 118
Mio S verbunden.
Sollte eine Einigung mit den Ländern nicht erzielt werden können, wäre das
Bundesministerium für Justiz gezwungen den überwiegenden Teil der in Öffentli -
chen (landesfondsfinanzierten) Psychiatrischen Krankenanstalten untergebrachten
Insassen im Maßnahmenvollzug anderweitig innerhalb der justizeigenen Strafvoll -
zugsorganisation zu versorgen, sodass den Ländern jedenfalls ein Einnahmenver -
lust entstehen würde.
Zu 7:
Die Einbeziehung von Insassen der Justizanstalten in eine Krankenversicherung
(KV) brächte nur eine teilweise Entlastung, weil die stationär in Krankenanstalten
untergebrachten Insassen im Maßnahmenvollzug zumeist ein chronisches Krank -
heitsbild aufweisen. Damit stellt deren Behandlung keinen Versicherungsfall des
Krankenversicherungsrechtes dar und die Krankenversicherung wäre für diese Form
der medizinischen Versorgung nicht leistungspflichtig. Somit wäre für den größten
Kostenaufwand in diesem Bereich von 154 Mio S (2000) keine Entlastung erzielbar.
Überdies würde das auf die besonderen Bedürfnisse des Strafvollzuges (Sicher -
heitsaspekte, sonstiger Anstieg der Ausführungen etc.) zugeschnittene, anstaltsin -
terne medizinische Versorgungssystem verloren gehen, dessen Fortbestand schon
aus Sicherheitsgründen sinnvoll
wäre. Eine Versorgung ausschließlich durch
externe medizinische Einrichtungen wäre auch mit einem Ansteigen der Ausführun -
gen und daher mit höheren Personalkosten verbunden.
Darüber hinaus repräsentiert die Insassenpopulation im Straf - und
Maßnahmenvollzug eine Konzentration von gesundheitlichen Risikogruppen, die in
dieser Form nicht mit der durchschnittlichen Population von
Krankenversicherungsnehmern zu vergleichen ist. Dieses Risikopotenzial würde
sich in relativ hohen Beitragszahlungen niederschlagen. Bei einer monatlichen
Beitragsleistung von rund 500 S pro Insasse - im Vergleich dazu beträgt der
monatliche freiwillige Sozialversicherungsbeitrag eines geringfügig Beschäftigte
monatlich 550 S für Kranken - , Unfall - und Pensionsversicherung - wäre der jährliche
Aufwand rund 42 Mio S. Da der größte Teil des Kostenaufwandes - rund 144 Mio S -
in diesem Bereich auf die stationäre Unterbringung von geistig abnormen
Rechtsbrechern (§ 21 Abs. 1 StGB) entfällt, deren Behandlung und Betreuung nicht
durch die Krankenversicherung abgedeckt wäre, würde das Einsparungsvolumen
bei dieser Variante bestenfalls etwa 40 Mio S betragen.
Zu 8:
Die Nettohafttagskosten für die Unterbringung eines geistig abnormen
Rechtsbrechers in der Justizanstalt Göllersdorf für den Maßnahmenvollzug gemäß §
21 Abs. 1 StGB betrugen im Jahr 2000 1.590 S.
Zu 9:
Bei einer Unterbringung rehabilitativ zu versorgender geistig abnormer
Rechtsbrecher in externen Pflegeeinrichtungen wäre mit Tagespflegegebühren von
rund 1.200 S bis 1.400 S zu rechnen.
Zu 10:
Die Tagespflegegebühren für Patienten, die in externen Landespflegeheimen nicht
auf Grund strafgerichtlicher Anordnung untergebracht sind, liegen zwischen 900 S
bis 1.200 S.
Zu 11:
Sollte eine Einigung mit den Ländern über die Reduzierung und Vereinheitlichung
der Krankenanstaltentarife für
Häftlinge nicht erzielt werden können, beabsichtigt
das Bundesministerium für Justiz ca. 60 der im externen Maßnahmenvollzug gemäß
§ 21 Abs. 1 StGB untergebrachten Insassen dezentral in geeigneten externen
Pflegeeinrichtungen unterzubringen. Alternativ dazu wird derzeit geprüft, ob
allenfalls in einer weiteren Justizanstalt 50 (40 männliche, 10 weibliche)
Maßnahmeninsassen gemäß § 21 Abs. 1 StGB, psychisch auffällige Strafgefangene
und ca. 40 Maßnahmeninsassen gemäß § 21 Abs. 2 StGB vorübergehend
untergebracht werden können.