2735/AB XXI.GP

Eingelangt am: 12.09.2001

BM für Land -  und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde vom

12. Juli 2001, Nr. 27351J, betreffend Pflanzenschutzmittel in Lebensmittel, beehre ich mich

Folgendes mitzuteilen:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Entsprechend Art 10 Abs 1 Z 12 B - VG regelt das im Bereich des Bundesministeriums für

Land -  und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu vollziehende Pflanzenschutz -

mittelgesetz 1997 ausschließlich die Zulassung und das Inverkehrbringen von Pflanzen -

schutzmitteln. Die Regelungen über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie deren

Kontrolle sind aufgrund dieser kompetenzrechtlichen Verteilung den Ländern vorbehalten.

 

Jedenfalls ist die sachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wie auch die Reduk -

tion des Verbrauches von Pflanzenschutzmitteln ein wichtiges Ziel einer nachhaltigen Land -

wirtschaft. Maßnahmen zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in der land -

wirtschaftlichen Erzeugung von Lebensmitteln werden durch das Bundesministerium für

Land -  und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vor allem durch Beschränkungen

im Rahmen des ÖPUL (Österreichisches Programm zur Förderung einer umweitgerechten,

extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft) gesetzt.

 

Die Teilnahme am ÖPUL ist freiwillig. Die Auswahl der einzelnen ÖPUL - Maßnahmen für den

Landwirtschaftsbetrieb liegt in der Entscheidung des Landwirtes, der sich mittels

Förderungsvertrag zur Einhaltung der Förderungsvoraussetzungen der ausgewählten ÖPUL -

Maßnahmen verpflichtet.

 

Die Beschränkungen bei Pflanzenschutzmitteln im ÖPUL sind vielschichtig. Dies kann sich

von der eingeschränkten Anwendung - an sich zulässiger - Mittel, (Mengen, Konzentration,

Abhängigkeit von Schädlingsauftreten, Anzahl und Zeit der Anwendungen) bis zum

generellen Verzicht von chemisch - synthetischen Pflanzenschutzmitteln erstrecken. Auch

Kauf und Lagerung dieser Mittel kann unzulässig sein, wie z.B. bei biologischer

Wirtschaftsweise und Integrierter Produktion.

 

Übersicht über die Verstöße der bei Teilnahme am ÖPUL verbotenen Pflanzenschutzmittel

aufgrund chemischer Analysen:

 

Jahr

Anzahl Verstöße PSM

(ChemischeAnalysen)

1995

2

1996

0

1997

11

1998

12

1999

8

2000

8

 

Generell kann gesagt werden, dass die Anzahl der festgestellten Verstöße aufgrund chemi -

scher Analysen eher gering ist. Bei den Beanstandungen sind auch nur wenige Fälle ent -

halten, in welchen für die Maßnahme verbotene - wenn auch nach dem Pflanzenschutzmit -

telgesetz zulässige - Mittel verwendet wurden.

Insgesamt waren aufgrund von Beanstandungen (inkl. jener Fälle, in denen gegen andere

Auflagen, wie z. B. Aufzeichnungen verstoßen wird) in rund 60 bis 70 % der beanstandeten

Fälle Fördergelder zurückzuerstatten.

 

Zu Frage 3:

 

Bei einem Richtlinienverstoß sind abgestufte Rückforderungen vorgesehen. Das Ausmaß

der Rückforderung bei Einsatz eines im ÖPUL nicht erlaubten Pflanzenschutzmittels reicht -

je nach Schwere des Verstoßes und Verschuldensgrad - von einer 20%igen Kürzung über

eine vollständige Kürzung der Prämie, über den Ausschluss aus der Maßnahme bis hin zum

Ausschluss des betreffenden Betriebes aus dem gesamten ÖPUL - Programm.

 

Im Rahmen des ÖPUL 2000 tritt - abgestimmt mit der Europäischen Kommission - ein

überarbeitetes Sanktionsmodell in Kraft. Betriebe mit Beanstandungen werden in den

darauffolgenden Jahren im Wege der Risikoanalyse verstärkt kontrolliert.

 

Zu Frage 4:

 

Gemäss der Richtlinie 91/414/EWG des Rates wurde ein Re - Evaluierungsprogramm für alle

„Altwirkstoffe" auf EU - Ebene eingeführt. Mit der Durchführungsverordnung (EWG)

Nr. 3600/92 wurde die Bundesrepublik Deutschland als „berichterstattender Mitgliedstaat“ für

den Wirkstoff Glyphosate auf EU - Ebene festgelegt.

 

Der Wirkstoff Glyphosate (N - [Phosphonomethyl]glycin]) zeichnet sich auf Grund seiner

molekularen Eigenschaften durch eine hohe Sorptionsstärke im Boden aus. Es ist

nachgewiesen, dass Glyphosate über die Phosphonosäuregruppe des Moleküls stabile

Komplexe mit freien und oberflächlich gebundenen mehrwertigen Kationen wie z.B. Eisen

und Aluminium eingehen kann. Die Bindung an der organischen Substanz erfolgt über

Wasserstoffbrückenbindungen. Diese zum Teil selektiven und starken Bindungen führen zu

einer raschen Immobilisierung von Glyphosate in Böden. Er weist daher eine geringe

Toxizität auf, ist im Boden nicht persistent und neigt aufgrund seiner hohen

Adsorptionseigenschaften nicht zur Versickerung ins Grundwasser. Im Wasser erfolgt der

Abbau mit einer Halbwertszeit von 14 Tagen in der Wasserphase, die Toxizität gegenüber

Fischen und Wasserflöhen ist gering. Glyphosate zeigt wenig toxische Wirkungen gegenüber

Regenwürmern, wildlebenden Säugetieren und Nützlingen. Der Hauptmetabolit AMPA

(Aminomethylphosphonosäure) wurde ebenfalls auf seine Abbaubarkeit und

ökotoxikologischen Eigenschaften überprüft, wobei AMPA einer ähnlich starken Bindung im

Boden wie Glyphosate unterliegt und mit ähnlichen Bindungsmechanismen zu rechnen ist.

 

Diese Einschätzung spiegelt sich auch in den im europäischen Raum durchgeführten

Grundwasser - Monitoringstudien wieder. Aus den Jahren 1995 1999 sind 684

Grundwasserproben von Dänemark, Deutschland und Großbritannien aus sehr

unterschiedlichen Landschaftsräumen bekannt. In 9 Proben konnte eine Überschreitung des

Grenzwertes von 0,1 µg Glyphosatell nachgewiesen werden. Diese positiven Befunde

können im Wesentlichen auf Punktkontaminationen durch unsachgemäße Anwendung

glyphosatehältiger Pflanzenschutzmittel zurückgeführt werden.

 

Auf Basis des Berichtes (Monografie) der Bundesrepublik Deutschland sowie

Stellungnahmen der Mitgliedstaaten und des „Wissenschaftlichen Ausschusses für Pflanzen“

(ein EU - Expertengremium von unabhängigen Wissenschaftern) im Rahmen des Re -

Evaluierungsprogrammes wurde der Wirkstoff Glyphosate auf Vorschlag der EU - Kommission

durch den „Ständigen Ausschuss für Pflanzenschutz“ (SCPH) am 29. Juni 2001 mit

Zustimmung sämtlicher Mitgliedstaaten in den Anhang I („Positivliste“) der Richtlinie

91/414/EWG aufgenommen.

 

Die Zustimmung Österreichs für eine Aufnahme des Wirkstoffes Glyphosate in den Anhang I

der Richtlinie 91/414/EWG erfolgte auf Grund der Ergebnisse der oben angeführten

wissenschaftlichen Evaluierung.