3908/AB XXI.GP

Eingelangt am: 19.07.2002

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3902/J-NR/2002 betreffend Sicherheit im Schiland
Österreich, die die Abgeordneten Lichtenberger und FreundInnen am 21. Mai 2002 an mich gerichtet
haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

So tragisch das Seilbahnunglück in Kaprun war und so wenig an dieser Tragödie und am Leid der
Angehörigen die Tatsache etwas zu ändern vermag, dass bei einer jährlichen Beförderungszahl
von mehr als 500 Mio. Personen vor Kaprun 8 Jahre lang kein Unfall mit Todesfolgen bei
Seilbahnen zu verzeichnen war: Österreich war und ist ein sicheres Seilbahnland, auch auf Grund
der Katastrophe in Kaprun kann der hohe Sicherheitsstandard der österreichischen Seilbahnen
nicht in Zweifel gezogen werden. Ich habe auch keinen Zweifel daran, dass die mit der
Genehmigung und Aufsicht der Seilbahnen befassten Beamten meines Ressorts durch ihre
langjährige Erfahrung, ihr know-how und ihre sach- und fachgerechte Aufgabenerfüllung einen
wesentlichen Beitrag zu diesem hohen Sicherheitsstandard geleistet haben und leisten. Auch die
unmittelbar nach dem Unglück durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie in Auftrag gegebene Expertise einer Internationalen Expertenkommission bestätigt
die Tatsache, dass die Seilbahn in Kaprun dem internationalen Stand der Technik entsprochen
hat. Österreich war und ist für seine strenge Genehmigungs- und Aufsichtspraxis bei Seilbahnen
international anerkannt. Österreich nimmt daher auch im Weltseilbahnverband O.I.T.A.F. eine
führende Position ein.

Im Sinne dieser Vorbemerkungen hat das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie selbstverständlich weitere Verbesserungsmöglichkeiten nach dem Unglück in Kaprun
untersucht und auf Grund der in Kaprun gewonnenen neuen Erkenntnisse entsprechende
ergänzende Maßnahmen gesetzt, um die Sicherheit weiter zu optimieren.

Frage 1:

Welche Sicherheitsmaßnahmen wurden für Seilbahn- und Schipistenanlagen seit dem Unglück in
Kaprun durchgeführt, um die Sicherheit für unsere Gäste zu erhöhen?


Antwort:

Auf Grund des Ereignisses in Kaprun wurden gemäß den Empfehlungen der Internationalen
Expertenkommission für vergleichbare Tunnelseilbahnen ergänzende Maßnahmen zur
Verhinderung dieses auch international neuen Gefährdungsbildes angeordnet, z.B.
Brandmeldeanlage mit Absaugsystem zur Brandfrüherkennung in den Führerständen,
Automatische Feuerlöschsysteme für die rasche Löschhilfe im Elektrotechnikbereich und im
Fahrerpult, Verbesserung der Kommunikation des Wagenbegleiters mit den Fahrgästen, visuelle
Überwachung des Fahrgastbereiches.

Weitere Maßnahmen können sich auf Grund einer derzeit durch die Landesstellen für
Brandverhütung Österreichs in Ausarbeitung befindlichen Richtlinie für vorbeugenden Brandschutz
bei Seilbahnen ergeben.

Festzuhalten ist, dass unmittelbar nach Kaprun Tunnelseilbahnen in Österreich unter Beiziehung
aller in Betracht kommenden Experten an Ort und Stelle einer eingehenden kommissionellen
Überprüfung unterzogen wurden, wobei einige Adaptierungsmaßnahmen vorgeschrieben wurden,
jedoch von keinem der Experten trotz Kenntnis der Ereignisse in Kaprun die Einstellung der
Seilbahnbetriebe aus Sicherheitsgründen für notwendig erachtet worden war.

Frage 2:

Gibt es in Österreich weiter Anlagen, die mit jener von Kaprun vergleichbar sind und wenn ja,
können sie diese auflisten?

Antwort:

In Österreich sind noch zwei weitere Tunnelseilbahnen in Betrieb, je eine in Kärnten bzw. in Tirol.
Bezüglich der erhöhten Sicherheitsstandards wird auf die Beantwortung zu Frage 1 hingewiesen.

Frage 3:

Gibt es für das Schiland Österreich einen bundesweit gültigen Sicherheitsrahmen mit meßbaren,
nachvollziehbaren Kriterien und Indikatoren sowie Sollwerten, die eine Beurteilung bezüglich
Sicherheit möglich machen, und wenn ja, wo ist dieser Sicherheitsrahmen samt Kriterien,
Indikatoren und Sollwerten im einzelnen gesetzlich verankert bzw. wo liegt er auf?

Antwort:

Der Sicherheitsrahmen mit nachvollziehbaren messbaren Kriterien, Indikatoren und Sollwerten
ergibt sich auf Grundlage interner Verwaltungserlässe und der jeweils im Einzelfall umfassenden
Begutachtung seitens der Amtssachverständigen des Ressorts.

Grundlage der Beurteilung ist das Eisenbahngesetz, insbesondere die §§ 33 - 37.

Unter federführender Mitarbeit Österreichs sind derzeit Seilbahnnormen des europäischen
Normungsinstitutes CEN in Ausarbeitung, die umfassende einheitliche Kriterien, Indikatoren und
Sollwerte beinhalten, voraussichtlich Ende 2004 fertig gestellt sein werden und dann die
Grundlage der behördlichen Beurteilung bilden; anzumerken ist, dass der derzeitige
Sicherheitsstandard in Österreich keineswegs unter den in Diskussion stehenden Normen liegt.


Frage 4:                                                                                                                                                                                    
Wurden alle Seilbahn- und Schipistenanlagen auf ihre Sicherheit überprüft, und wer hat diese
Überprüfungen durchgeführt?

Antwort:

Sämtliche Seilbahnanlagen werden laufend und periodisch auf ihre Sicherheit kontrolliert. Neben
den täglichen, wöchentlichen und monatlichen Kontrollen gibt es einmal jährlich eine umfassende
Hauptuntersuchung jeder Anlage durch die Seilbahnunternehmen, worüber durch den
verantwortlichen Betriebsleiter ein eingehender Bericht zu verfassen ist.

Darüber hinaus gibt es aus Anlass besonderer Ereignisse Schwerpunktüberprüfungen durch die
Behörde, wobei notwendige Sicherheitsmaßnahmen in Erlassform angeordnet wurden und
werden; mit der Seilbahnüberprüfungs-Verordnung 1995 wurde festgelegt, dass zusätzlich,
mindestens alle 5 Jahre, die Anlagen auf ihre Übereinstimmung mit dem genehmigten Zustand
sowie bezüglich Seilbahntechnik, Elektrotechnik (insbesondere auch Einhaltung der ÖVE-
Vorschriften) durch akkreditierte Prüfstellen eingehend zu überprüfen sind.

Frage 5:

Nach welchen Kriterien erfolgte die Beurteilung der einzelnen Sicherheitsaspekte?

Antwort:

Die Beurteilung der einzelnen Sicherheitsaspekte erfolgt nach dem jeweiligen Stand der
technischen Wissenschaften der in Betracht kommenden Fachgebiete.

Fragen 6 und 7:

Gibt es in Österreich Seilbahn- und/oder Schipistenanlagen, die derzeit als nicht sicher gelten?
Wenn ja, welche sind das, und welche Kriterien für ein sicheres Schigebiet erfüllen sie nicht?

Sind diese Anlagen derzeit gesperrt, und wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Es gibt in Österreich keine Seilbahnanlagen, die derzeit als nicht sicher gelten.

Fragen 8 und 10:

Welche Änderungen an Seilbahnanlagen sind im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-
Festlegungen zur Seilbahnsicherheit zu erwarten?

Werden Sie im Sinne der Sicherheit im Schiland Österreich auch eine Anwendung der EU-
Vorgaben für bestehende Anlagen veranlassen, und wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie in die nationale Gesetzgebung ist keine Änderung bezüglich
der Seilbahnsicherheit zu erwarten, da der Inhalt dieser Richtlinie maßgeblich von der hohen
österreichischen Sicherheitsphilosophie ausgeht. Eine Änderung bestehender Anlagen wird daher
nicht erforderlich sein, auch die EU-Richtlinie selbst sieht keine Anwendung auf bestehende
Anlagen vor.


Frage 9:                                                                                                                                                                                   
Welchen Stand haben die Arbeiten auf Ebene der Normungseinrichtungen im Zusammenhang mit
Materialien im Seilbahnbau innerstaatlich wie international erreicht?

Antwort:

Im Zusammenhang mit Materialien im Seilbahnbau, soweit hiefür hinkünftig nicht die in
Ausarbeitung befindlichen CEN-Normen heranzuziehen sind, erarbeiten die Landesstellen für
Brandverhütung derzeit eine Richtlinie; diese Richtlinie wird den neuen Genehmigungsverfahren
ab 2003 zugrunde gelegt werden.

Die ebenfalls erst nach dem Seilbahnunglück in Kaprun durch die europäische
Normungsorganisation CEN eingesetzte Arbeitsgruppe hat ihre Arbeit im Zusammenhang mit
Brandschutz und Klassifizierung von Materialien aufgenommen.