59 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 20. 4. 2000

Regierungsvorlage


Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von euro­päischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechts­anwaltsordnung


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG)

1. Teil

Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Nieder­lassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirt­schaftsraum, die berechtigt sind, als Rechtsanwalt unter einer der in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Bezeichnungen beruflich tätig zu sein (europäische Rechtsanwälte).

2. Teil

Freier Dienstleistungsverkehr

Vorübergehende Tätigkeit

§ 2. Europäische Rechtsanwälte dürfen, soweit sie Dienstleistungen im Sinn des Art. 50 EGV erbringen, in Österreich vorübergehend rechtsanwaltliche Tätigkeiten wie ein in die Liste der Rechts­anwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragener Rechtsanwalt erbringen, wobei sie jedoch den sich aus den Bestimmungen dieses Teils ergebenden Beschränkungen unterliegen (dienst­leistende europäische Rechtsanwälte).

Berufsbezeichnung, Nachweis der Berechtigung

§ 3. (1) Dienstleistende europäische Rechtsanwälte haben bei Ausübung des freien Dienstleistungs­verkehrs die Berufsbezeichnung, die sie im Staat ihrer Niederlassung (Herkunftsstaat) nach dem dort geltenden Recht zu führen berechtigt sind, zu verwenden und die Berufsorganisation, der sie im Her­kunftsstaat angehören, anzugeben.

(2) Wollen sie in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs Dienstleistungen vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde in Österreich erbringen, so haben sie auf Verlangen des Gerichtes oder der Verwaltungsbehörde ihre Berechtigung nach § 1 nachzuweisen. Wird dieses Verlangen gestellt, so dürfen sie die Tätigkeit erst ausüben, wenn der Nachweis erbracht ist.

(3) Im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht nach § 7 Abs. 1 kann auch die zuständige Rechtsanwalts­kammer von den in Österreich tätigen dienstleistenden europäischen Rechtsanwälten den Nachweis ihrer Berechtigung nach § 1 verlangen.

Rechte und Pflichten

§ 4. (1) Bei Ausübung einer Tätigkeit, die mit der Vertretung oder Verteidigung eines Mandanten im Bereich der Rechtspflege oder vor Behörden zusammenhängt, haben dienstleistende europäische Rechts­anwälte die Stellung eines in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalts, insbesondere dessen Rechte und Pflichten, soweit diese nicht die Zuge­hörigkeit zu einer Rechtsanwaltskammer oder den Kanzleisitz betreffen. Vor der erstmaligen Ausübung einer derartigen Tätigkeit in Österreich haben sie die zuständige Rechtsanwaltskammer (§ 7 Abs. 1) schriftlich zu verständigen.

(2) Bei der Ausübung sonstiger rechtsanwaltlicher Tätigkeiten haben dienstleistende europäische Rechtsanwälte die in Österreich geltenden Regeln für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft soweit ein­zuhalten, als sie von ihnen als dienstleistende Rechtsanwälte beachtet werden können, und nur insoweit, als ihre Einhaltung objektiv gerechtfertigt ist, um eine ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeit des Rechtsanwalts sowie die Beachtung der Würde des Berufes und der Unvereinbarkeiten zu gewährleisten.

Einvernehmensrechtsanwalt

§ 5. (1) In Verfahren, in denen sich die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen oder ein Verteidiger beigezogen werden muss, dürfen dienstleistende europäische Rechtsanwälte als Vertreter oder Verteidiger einer Partei nur im Einvernehmen mit einem in die Liste der Rechtsanwälte einer öster­reichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt (Einvernehmensrechtsanwalt) handeln. Diesem obliegt es, beim dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt darauf hinzuwirken, dass er bei der Vertretung oder Verteidigung die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege beachtet. Zwischen dem Einvernehmensrechtsanwalt und der Partei kommt kein Vertragsverhältnis zustande, sofern die Beteilig­ten nichts anderes bestimmt haben.

(2) Das Einvernehmen ist bei der ersten Verfahrenshandlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf des Einvernehmens ist dem Gericht schriftlich mitzuteilen. Er hat Wirkung nur für die Zukunft. Verfahrenshandlungen, für die der Nachweis des Einvernehmens im Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht vorliegt, gelten als nicht von einem Rechtsanwalt vorgenommen. Sowohl die Herstellung als auch ein allfälliger Widerruf des Einvernehmens sind vom Einvernehmensrechtsanwalt schriftlich seiner Rechtsanwaltskammer bekanntzugeben.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht, wenn der dienstleistende europäische Rechtsanwalt mit Erfolg die im 3. Hauptstück des 3. Teils geregelte Eignungsprüfung abgelegt hat.

Zustellungen

§ 6. Für Zustellungen in gerichtlichen und behördlichen Verfahren haben dienstleistende europäische Rechtsanwälte bei ihrer ersten Verfahrenshandlung einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevoll­mächtigten namhaft zu machen. Wurde kein Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht, so gilt in den im § 5 Abs. 1 angeführten Verfahren der Einvernehmensrechtsanwalt als Zustellungsbevollmächtigter. In allen anderen Fällen ist in sinngemäßer Anwendung des § 10 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzu­gehen und die Zustellung nach erfolgloser Aufforderung an den dienstleistenden europäischen Rechts­anwalt durch Hinterlegung beim Gericht oder bei der Behörde vorzunehmen.

Aufsicht, Disziplinarbehandlung

§ 7. (1) Dienstleistende europäische Rechtsanwälte unterliegen bei Ausübung des freien Dienst­leistungsverkehrs der Aufsicht der Rechtsanwaltskammer (§ 23 der Rechtsanwaltsordnung) und der Disziplinarbehandlung durch den Disziplinarrat und die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission in sinngemäßer Anwendung des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (DSt), BGBl. Nr. 474/1990. Die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammer richtet sich nach dem Ort der inländischen Dienstleistungserbringung, die Zuständigkeit im Disziplinarverfahren nach dem Ort der Begehung des Disziplinarvergehens. Ist jedoch ein Einvernehmensrechtsanwalt bestellt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dessen Kammerzugehörigkeit.

(2) Disziplinarstrafen und einstweilige Maßnahmen, die die Berufsausübung des Rechtsanwalts beschränken, dürfen nur mit Wirksamkeit für das Inland ausgesprochen werden. An die Stelle der Disziplinarstrafe der Streichung von der Liste tritt das Verbot, im Inland Dienstleistungen zu erbringen.

(3) § 45 DSt gilt nur dann, wenn der Aufenthalt des dienstleistenden europäischen Rechtsanwalts unbekannt oder eine Zustellung an ihn im Ausland nicht innerhalb angemessener Frist möglich ist.

(4) Maßnahmen der Rechtsanwaltskammer nach § 23 der Rechtsanwaltsordnung betreffend einen dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt sowie im Disziplinarverfahren gegen ihn ergehende Einlei­tungsbeschlüsse, Beschlüsse über einstweilige Maßnahmen und Disziplinarerkenntnisse sind der zustän­digen Stelle des Herkunftsstaats mitzuteilen.

Inländische Kanzleieinrichtung

§ 8. In Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Bestimmungen dieses Teils sind europäische Rechtsanwälte nicht in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer einzutragen. Eine inländische Kanzleieinrichtung dürfen sie nur insoweit unterhalten, als dies zur Erbringung der vorübergehenden Dienstleistungen erforderlich ist. Von der Begründung der Kanzleieinrichtung haben sie die Rechtsanwaltskammer schriftlich zu verständigen.

2

3. Teil

Niederlassung

1. Hauptstück

Niederlassung unter der Berufsbezeichnung des Herkunftsstaats

Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte

§ 9. Europäische Rechtsanwälte dürfen sich in Österreich unter der Berufsbezeichnung des Her­kunftsstaats auf Dauer zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft mit den sich aus den Bestimmungen dieses Teils ergebenden Beschränkungen niederlassen, wenn sie auf Antrag in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragen werden.

Antrag

§ 10. (1) Der Antrag auf Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte ist unter Angabe des Kanzleisitzes im Inland an den Ausschuss der danach zuständigen österreichischen Rechtsanwaltskammer zu richten.

(2) Dem Antrag sind anzuschließen

           1. ein Nachweis der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum;

           2. eine Bescheinigung der im Herkunftsstaat zuständigen Stelle über die Zugehörigkeit des europäischen Rechtsanwalts zu diesem Beruf, wobei die Rechtsanwaltskammer verlangen kann, dass diese Bescheinigung zum Zeitpunkt ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate ist;

           3. der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung oder Garantie im Sinn des § 15.

(3) Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen sind – soweit sie vom Bewerber stammen – in deutscher Sprache einzureichen; sonstige Unterlagen sind mit einer beglaubigten Übersetzung vorzulegen, wenn sie nicht in deutscher Sprache abgefasst sind.

Eintragungsverfahren

§ 11. (1) Hat der Bewerber die Erfordernisse nach § 10 erbracht, so ist er in die Liste der nieder­gelassenen europäischen Rechtsanwälte einzutragen. Die Vertrauenswürdigkeit im Sinn des § 5 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung ist vorher nicht zu prüfen. Soll die Eintragung verweigert werden, so ist der Bewerber vorher zu hören. § 5a der Rechtsanwaltsordnung ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Rechtsanwaltskammer hat die zuständige Stelle des Herkunftsstaats von der Eintragung in Kenntnis zu setzen.

(3) Die im § 5 Abs. 5 der Rechtsanwaltsordnung geregelten inländischen Anzeige- und Ver­öffentlichungspflichten gelten sinngemäß auch für die Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte. In die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag oder der jeweiligen Rechtsanwaltskammer aufgelegten Rechtsanwaltsverzeichnisse sind auch die niedergelassenen europä­ischen Rechtsanwälte aufzunehmen.

Berufsbezeichnung

§ 12. Niedergelassene europäische Rechtsanwälte haben die Berufsbezeichnung zu verwenden, die sie im Herkunftsstaat nach dem dort geltenden Recht zu führen berechtigt sind. Wer danach berechtigt ist, die Berufsbezeichnung “Rechtsanwalt” zu führen, hat zusätzlich die Berufsorganisation anzugeben, der er im Herkunftsstaat angehört.

Berufliche Stellung

§ 13. Niedergelassene europäische Rechtsanwälte haben die Stellung eines in die Liste der Rechts­anwälte eingetragenen Rechtsanwalts. Sie sind jedoch nicht befugt,

           1. zu einem Organ der Rechtsanwaltskammer, des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, des Disziplinarrats, der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission sowie zum Kammeranwalt gewählt zu werden;

           2. Rechtsanwaltsanwärter auszubilden;

           3. zum Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt, Verfahrenshilfe-Verteidiger oder Amtsverteidiger bestellt zu werden; niedergelassene europäische Rechtsanwälte haben daher auch keinen Anspruch auf Verwendung der Pauschalvergütung für ihre Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenen­versorgung.

Einvernehmensrechtsanwalt

§ 14. In Verfahren, in denen sich die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen oder ein Verteidiger beigezogen werden muss, müssen niedergelassene europäische Rechtsanwälte einen Einver­nehmensrechtsanwalt nach § 5 beiziehen. Dies gilt nicht, wenn der niedergelassene europäische Rechts­anwalt mit Erfolg die im 3. Hauptstück geregelte Eignungsprüfung abgelegt hat.

Berufshaftpflichtversicherung

§ 15. (1) Von der Verpflichtung, eine Berufshaftpflichtversicherung nach § 21a der Rechtsanwalts­ordnung abzuschließen und aufrecht zu erhalten, sind niedergelassene europäische Rechtsanwälte befreit, wenn sie der Rechtsanwaltskammer eine nach den Vorschriften des Herkunftsstaats bestehende Ver­sicherung oder Garantie nachweisen, die hinsichtlich der Bedingungen und des Deckungsumfangs einer Versicherung nach § 21a der Rechtsanwaltsordnung gleichwertig ist und auch seine berufliche Tätigkeit in Österreich deckt. Bei fehlender Gleichwertigkeit ist durch eine Zusatzversicherung oder ergänzende Garantie ein Schutz zu schaffen, der den Anforderungen des § 21a der Rechtsanwaltsordnung gleich­kommt. § 21a Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung gilt sinngemäß.

(2) Niedergelassene europäische Rechtsanwälte haben im Fall des Abs. 1 eine vertragliche Verein­barung mit dem ausländischen Versicherer oder der ausländischen Berufsgarantiekasse zu schließen, die diese zu den im § 21a Abs. 6 der Rechtsanwaltsordnung geregelten Meldungen an die zuständige Rechts­anwaltskammer bei sonstigem Fortbestand der Deckungspflicht verpflichtet, und dies der Rechtsanwalts­kammer nachzuweisen.

Rechtsanwalts-Gesellschaft im Herkunftsstaat

§ 16. (1) Gehören niedergelassene europäische Rechtsanwälte im Herkunftsstaat einem Zusammen­schluss zur gemeinschaftlichen Berufsausübung an, so haben sie dies der Rechtsanwaltskammer mit­zuteilen. Sie haben die Bezeichnung des Zusammenschlusses und die Rechtsform anzugeben. Die Rechtsanwaltskammer kann ihnen auferlegen, weitere zweckdienliche Auskünfte über den betreffenden Zusammenschluss zu geben.

(2) Niedergelassene europäische Rechtsanwälte können im Rechtsverkehr die Bezeichnung eines Zusammenschlusses zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verwenden, dem sie im Herkunftsstaat angehören, und die Rechtsanwaltschaft auch im Rahmen einer Zweigniederlassung dieser Gesellschaft ausüben. Sie haben in diesem Fall auch die Rechtsform des Zusammenschlusses im Herkunftsstaat anzu­geben.

Aufsicht, Disziplinarbehandlung

§ 17. (1) Niedergelassene europäische Rechtsanwälte unterliegen der Aufsicht der Rechtsanwalts­kammer (§ 23 der Rechtsanwaltsordnung) und der Disziplinarbehandlung durch den Disziplinarrat und die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission in sinngemäßer Anwendung des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter.

(2) Disziplinarstrafen und einstweilige Maßnahmen, die die Berufsausübung des Rechtsanwalts beschränken, dürfen nur mit Wirksamkeit für das Inland ausgesprochen werden.

(3) Vor der Einleitung eines Disziplinarverfahrens hat der Disziplinarrat unverzüglich die zuständige Stelle des Herkunftsstaats unter Angabe aller zweckdienlichen Einzelheiten in Kenntnis zu setzen und diese auch über den Fortgang des Disziplinarverfahrens, insbesondere durch Übersendung der im Disziplinarverfahren ergehenden Einleitungsbeschlüsse, Beschlüsse über einstweilige Maßnahmen und Disziplinarerkenntnisse, zu informieren. Dies gilt sinngemäß auch für Maßnahmen der Rechtsanwalts­kammer nach § 23 der Rechtsanwaltsordnung. Im Rechtsmittelverfahren ist der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Vertreter der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats haben das Recht, an Disziplinarverhandlungen teilzunehmen.

(4) Das Ruhen oder Erlöschen der Genehmigung zur Berufsausübung im Herkunftsstaat zieht für den Betreffenden unmittelbar das einstweilige oder endgültige Verbot nach sich, im Inland seine Tätigkeit als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt auszuüben.

2. Hauptstück

Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach dreijähriger Tätigkeit

Allgemeine Voraussetzungen

§ 18. (1) Wer eine mindestens dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Österreich auf dem Gebiet des österreichischen Rechts, einschließlich des Gemeinschaftsrechts, gemäß § 19 nachweist, ist auf Antrag in die Liste der Rechtsanwälte (§ 1 Abs. 1 der Rechtsanwaltsordnung) einzutragen.

(2) Effektive und regelmäßige Tätigkeit ist die tatsächliche Ausübung des Berufs ohne Unter­brechung. Unterbrechungen werden bei der Beurteilung der Dauer der effektiven und regelmäßigen Tätig­keit nicht eingerechnet. Unterbrechungen auf Grund von Ereignissen des täglichen Lebens bleiben jedoch außer Betracht.

(3) Bei der Beurteilung von Unterbrechungen im Sinn des Abs. 2 hat die zuständige Rechtsanwalts­kammer alle Umstände des Einzelfalls zu beachten und Grund, Dauer und Häufigkeit der Unterbrechung zu berücksichtigen.

Nachweis der Tätigkeit

§ 19. (1) Der Bewerber um die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte hat die Anzahl und die Art der von ihm im österreichischen Recht bearbeiteten Rechtssachen sowie die Dauer seiner Tätigkeit nachzuweisen. Er hat der Rechtsanwaltskammer alle Auskünfte zu erteilen und ihr alle Unterlagen zu übermitteln, die für diesen Nachweis geeignet sind. Die Rechtsanwaltskammer kann den Bewerber auffordern, seine Angaben und Unterlagen mündlich oder schriftlich zu erläutern.

(2) Zum Nachweis der im österreichischen Recht bearbeiteten Rechtssachen sind Falllisten vor­zulegen, die in der Regel Aktenzeichen, Gegenstand, Zeitraum, Art und Umfang der Tätigkeit sowie Verfahrensstand enthalten müssen. Außerdem sind auf Verlangen der Rechtsanwaltskammer anonymi­sierte Arbeitsproben, etwa Schriftssätze oder Rechtsmittel, vorzulegen.

(3) Für die Angaben und Unterlagen des Bewerbers gilt § 10 Abs. 3 sinngemäß.

Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte bei kürzerer Tätigkeit im österreichischen Recht

§ 20. (1) Wer mindestens drei Jahre effektiv und regelmäßig als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Österreich tätig war, sich dabei im österreichischen Recht jedoch nur für kürzere Zeit betätigt hat, ist auf Antrag auch dann in die Liste der Rechtsanwälte einzutragen, wenn er seine Fähigkeit, diese Tätigkeit weiter auszuüben, auf die im Abs. 2 geregelte Weise nachweist.

(2) Der Bewerber hat in diesem Fall der Rechtsanwaltskammer über die Nachweise gemäß § 19 hinaus alle Auskünfte zu erteilen und alle Unterlagen zu übermitteln, die als Nachweis für seine Kenntnisse und Berufserfahrungen im österreichischen Recht geeignet sind. § 10 Abs. 3 gilt sinngemäß. In einem Gespräch hat dann die Rechtsanwaltskammer zu überprüfen, ob der Bewerber effektiv und regelmäßig als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt im Inland auf dem Gebiet des österreichischen Rechts tätig war und ob er im Stande ist, diese Tätigkeit weiter auszuüben. Der Inhalt des Gesprächs hat sich auf die berufliche Praxis des Bewerbers und seine sonstigen Erfahrungen im österreichischen Recht zu beziehen.

(3) Bei ihrer Entscheidung hat die Rechtsanwaltskammer Art und Umfang der beruflichen Tätigkeit sowie sämtliche Kenntnisse und Berufserfahrungen im österreichischen Recht, ferner die Teilnahme an Kursen und Seminaren über das österreichische Recht einschließlich des Berufs- und Standesrechts der Rechtsanwälte zu berücksichtigen.

Ablegung einer Eignungsprüfung durch niedergelassene europäische Rechtsanwälte

§ 21. Niedergelassene europäische Rechtsanwälte sind unabhängig von den in diesem Hauptstück geregelten Voraussetzungen auch dann jederzeit auf Antrag in die Liste der Rechtsanwälte einzutragen, wenn sie mit Erfolg die im 3. Hauptstück geregelte Eignungsprüfung abgelegt haben. Zuständig ist in diesem Fall die nach dem inländischen Kanzleisitz des niedergelassenen europäischen Rechtsanwalts örtlich zuständige Rechtsanwaltsprüfungskommission.

Rechtsmittelbefugnis

§ 22. Für die Rechtsmittelbefugnis des Bewerbers gegen die nach diesem Hauptstück ergehenden Entscheidungen des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer gilt § 5a der Rechtsanwaltsordnung sinn­gemäß.

Berufsbezeichnung nach Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte

§ 23. Niedergelassene europäische Rechtsanwälte, die gemäß den Bestimmungen dieses Hauptstücks in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen wurden, sind berechtigt, neben der Berufsbezeichnung “Rechtsanwalt” auch die Berufsbezeichnung des Herkunftsstaats (§ 12) zu führen.

3. Hauptstück

Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach Ablegung einer Eignungsprüfung

Voraussetzungen

§ 24. (1) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertrags­staaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die ein Diplom erlangt haben, aus dem hervorgeht, dass der Inhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den unmittelbaren Zugang zu einem in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Beruf erforderlich sind, sind auf Antrag in die Liste der Rechtsanwälte (§ 1 Abs. 1 der Rechtsanwaltsordnung) einzutragen, wenn sie mit Erfolg eine Eignungsprüfung abgelegt haben.

(2) Diplome im Sinn des Abs. 1 sind Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungs­nachweise im Sinn der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. Nr. L 19 vom 24. 1. 1989, S 16). Ein Diplom auf Grund einer Ausbildung, die nicht überwiegend in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum stattgefunden hat, berechtigt zur Niederlassung im Sinn des Abs. 1, wenn der Inhaber einen in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Beruf tatsächlich und rechtmäßig mindestens drei Jahre ausgeübt hat und dies vom Mitgliedstaat der Europäischen Union oder vom Vertragsstaat des Abkommens über den Europä­ischen Wirtschaftsraum bescheinigt wird, der das Diplom ausgestellt oder anerkannt hat.

Zweck der Eignungsprüfung

§ 25. Die Eignungsprüfung ist eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des Bewerbers betref­fende staatliche Prüfung, mit der seine Fähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwalts in Österreich auszuüben, beurteilt werden soll. Die Eignungsprüfung muß dem Umstand Rechnung tragen, dass der Bewerber in einem Staat, der Mitglied der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europä­ischen Wirtschaftsraum ist, über eine berufliche Qualifikation zur Ausübung eines Anwaltsberufs verfügt.

Prüfungskommission

§ 26. (1) Die Eignungsprüfung ist vor einem Senat der Rechtsanwaltsprüfungskommission (§ 3 des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes – RAPG, BGBl. Nr. 556/1985) abzulegen.

(2) Die Zuständigkeit der Rechtsanwaltsprüfungskommission richtet sich nach dem Herkunftsstaat des Bewerbers. Danach sind zuständig:

           1. die Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Wien für Bewerber aus dem Königreich Dänemark, aus der Bundesrepublik Deutschland, aus der Republik Finnland, aus der Republik Island, aus dem Königreich Norwegen und aus dem Königreich Schweden;

           2. die Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Graz für Bewerber aus der Griechischen Republik, aus dem Königreich Spanien, aus der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik;

           3. die Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Linz für Bewerber aus der Französischen Republik, aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland und aus Irland;

           4. die Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Innsbruck für Bewerber aus dem Königreich Belgien, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und dem Fürstentum Liechtenstein.

Zulassung zur Eignungsprüfung

§ 27. Über die Zulassung zur Eignungsprüfung entscheidet auf Antrag des Bewerbers der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission im Einvernehmen mit der Rechtsanwaltskammer am Sitz des Ober­landesgerichts spätestens vier Monate nach Vorlage der vollständigen Unterlagen durch den Bewerber.

Antrag

§ 28. (1) Dem Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung sind anzuschließen

           1. die Diplome, Prüfungszeugnisse oder Befähigungsnachweise nach § 24 Abs. 2;

           2. ein Nachweis, dass der Bewerber mehr als die Hälfte der Mindestausbildungszeit in einem Staat, der Mitglied der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, abgeleistet hat, oder eine Bescheinigung über eine mindestens dreijährige Berufsausübung in einem derartigen Staat;

           3. ein Nachweis der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum;

           4. die Bestimmung der Wahlfächer;

           5. der Beleg über die Einzahlung der Prüfungsgebühr;

           6. allfällige Prüfungszeugnisse nach § 29.

(2) Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen, soweit sie vom Bewerber stammen, sind in deutscher Sprache einzureichen, sonstige Unterlagen sind mit einer beglaubigten Übersetzung vorzulegen.

3

Erlassung von Prüfungsfächern

§ 29. Der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission hat im Einvernehmen mit der nach § 26 zuständigen Rechtsanwaltskammer auf Antrag Prüfungsfächer zu erlassen, wenn der Bewerber nachweist, dass er in seiner bisherigen Ausbildung oder seiner bisherigen Berufstätigkeit in einem Prüfungsfach die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Österreich erforderlichen materiellrechtlichen und ver­fahrensrechtlichen Kenntnisse im österreichischen Recht erworben hat.

Prüfungsteile

§ 30. Die Eignungsprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Sie ist in deutscher Sprache abzulegen.

Schriftliche Prüfung

§ 31. (1) Die schriftliche Prüfung umfasst zwei Arbeiten.

(2) Eine Arbeit ist zwingend auf dem Gebiet des Zivilrechts abzulegen. Dabei hat der Prüfungs­werber entweder an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz oder auf Grund einer schriftlichen Information Klage, Klagebeantwortung und Entscheidung auszuarbeiten.

(3) Die andere Arbeit ist nach Wahl des Bewerbers entweder auf dem Gebiet des Strafrechts oder auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts abzulegen. Bei Wahl des Gebietes Strafrecht ist an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz, bei Wahl des Gebietes Verwaltungsrecht auf Grund eines Bescheides eine Rechtsmittelschrift oder eine Beschwerde an den Verfassungs- oder an den Verwaltungsgerichtshof auszuarbeiten.

Mündliche Prüfung

§ 32. (1) Gegenstand der mündlichen Prüfung sind zwingend

           1. bürgerliches Recht sowie Grundzüge des Arbeitsrechts und des Sozialrechts;

           2. Handelsrecht;

           3. Berufs- und Standesrecht der Rechtsanwälte sowie rechtsanwaltliches Kostenrecht.

(2) Außerdem hat der Bewerber ein Wahlfach aus den folgenden Gebieten auszuwählen:

           1. Strafrecht;

           2. Verfassungs- und Verwaltungsrecht;

           3. Abgabenrecht.

(3) Der Bewerber darf nicht dasselbe Wahlfach für die schriftliche und die mündliche Prüfung wählen. Hat der Bewerber keine schriftliche Prüfung auf dem Gebiet des Strafrechts abgelegt, so muss er dieses Fach für die mündliche Prüfung wählen.

(4) Gegenstand der Prüfungsfächer ist auch das jeweils zugehörige Verfahrensrecht.

Wiederholung der Eignungsprüfung

§ 33. Die Eignungsprüfung darf zweimal wiederholt werden.

Sinngemäße Anwendung des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes

§ 34. Im Übrigen ist auf die Eignungsprüfung das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz sinngemäß anzu­wenden.

Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte

§ 35. (1) Nach erfolgreicher Ablegung der Eignungsprüfung hat der Bewerber, wenn er sich zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich niederlassen will, beim Ausschuss der Rechtsanwalts­kammer, in deren Sprengel er seinen Kanzleisitz nimmt, die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (§ 1 Abs. 1 der Rechtsanwaltsordnung) zu erwirken. Für die Entscheidung des Ausschusses und die Rechtsmittelbefugnis des Bewerbers gelten die §§ 5 und 5a der Rechtsanwaltsordnung.

(2) Dem in deutscher Sprache einzureichenden Antrag sind das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Eignungsprüfung und zum Nachweis der Vertrauenswürdigkeit eine Bescheinigung über die disziplinäre Unbescholtenheit, die Bescheinigung der Konkursfreiheit und ein polizeiliches Führungs­zeugnis im Sinn des Art. 6 der in § 24 Abs. 2 angeführten Richtlinie anzuschließen. Diese Bescheini­gungen dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein; sie sind in beglaubigter Übersetzung vorzulegen.

4. Hauptstück

Gelöbnis

§ 36. Bei dem nach § 7 der Rechtsanwaltsordnung vor Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte abzulegenden Gelöbnis entfallen für Personen ohne österreichische Staatsangehörigkeit der Hinweis auf die staatsbürgerliche Ehre sowie das Treuegelöbnis auf die Republik Österreich. Dies gilt auch für die Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte.

5. Hauptstück

Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen in anderen Staaten

§ 37. Die Rechtsanwaltskammern haben Amtshilfe zu leisten, wenn die zuständige Stelle des Herkunftsstaats hierum unter Berufung auf die Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl. Nr. L 77 vom 14. 3. 1998, S 36), ersucht.

6. Hauptstück

Verbot der Verwendung der Bezeichnung “europäischer Rechtsanwalt” als Berufsbezeichnung und in der Werbung

§ 38. Die in diesem Bundesgesetz verwendete Bezeichnung “europäischer Rechtsanwalt” darf als Berufsbezeichnung und in der Werbung nicht verwendet werden.

4. Teil

Verordnungsermächtigung

§ 39. Der Bundesminister für Justiz wird ermächtigt, durch Verordnung die Anlage zu § 1 anzu­passen, wenn sich der Kreis oder die Bezeichnungen der angeführten Berufe oder der Kreis der Mit­gliedstaaten der Europäischen Union oder der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ändern.

Anlage zu § 1

Rechtsanwaltsberufe in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum

–   in Belgien:                                       Avocat/Advocaat/Rechtsanwalt

–   in Dänemark:                                   Advokat

–   in Deutschland:                              Rechtsanwalt

–   in Finnland:                                     Asianajaja/Advokat

–   in Frankreich:                                  Avocat

–   in Griechenland:                             Dikigoros

–   in Großbritannien:                          Advocate/Barrister/Solicitor

–   in Irland:                                          Barrister/Solicitor

–   in Italien:                                          Avvocato

–   in Luxemburg:                                 Avocat

–   in den Niederlanden:                     Advocaat

–   in Portugal:                                      Advogado

–   in Schweden:                                  Advokat

–   in Spanien:                                      Abogado/Advocat/Avogado/Abokatu

–   in Island:                                          Lögmaur

–   in Liechtenstein:                             Rechtsanwalt

–   in Norwegen:                                  Advokat

Artikel II

Änderungen der Rechtsanwaltsordnung

Die Rechtsanwaltsordnung vom 6. Juli 1868, RGBl. Nr. 96, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/1999, wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 3 lautet:

“(3) Die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist der österreichischen Staats­bürgerschaft gleichzuhalten.”

2. Im § 1a Abs. 2 lautet die Z 2:

         “2. Namen, Anschriften, Kanzleisitze und Berufsbezeichnungen der zur Vertretung und Geschäfts­führung berechtigten Gesellschafter sowie Namen und Anschriften der übrigen Gesellschafter; § 12 Abs. 1 EuRAG, BGBl. I Nr. . . ./2000, gilt sinngemäß;”

3. Im § 1b lautet der Abs. 1:

“(1) Die Firma oder die Bezeichnung einer Rechtsanwalts-Gesellschaft darf nur die Namen eines oder mehrerer der folgenden Personen enthalten: eines Gesellschafters, der Rechtsanwalt im Sinn des § 21c Z 1 lit. a ist, oder eines ehemaligen Rechtsanwalts, der auf die Rechtsanwaltschaft verzichtet hat und im Zeitpunkt der Verzichtleistung Gesellschafter war oder dessen als Rechtsanwalts-Gesellschaft oder Einzelunternehmen geführte Kanzlei von der Gesellschaft fortgeführt wird. Die Namen anderer Personen dürfen in die Firma nicht aufgenommen werden. § 12 Abs. 1 EuRAG, BGBl. I Nr. …/2000, gilt sinngemäß. Als Sachbestandteil ist nur ein Hinweis auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft auf­zunehmen.”

4. Im § 21c

a) lautet die Z 1 lit. a:

              “a) inländische Rechtsanwälte und Rechtsanwälte im Sinn der Anlage zum EuRAG, BGBl. I Nr. …/2000,”

b) lautet die Z 8:

         “8. Rechtsanwälte dürfen keinem weiteren beruflichen Zusammenschluss in Österreich angehören. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch vorsehen, dass ein Rechtsanwalt die Rechtsanwaltschaft auch außerhalb der Gesellschaft ausüben darf. Die Beteiligung von Rechtsanwalts-Gesellschaften an anderen Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in Österreich ist unzu­lässig.”

c) lautet die Z 9:

         “9. Alle der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwälte müssen allein zur Vertretung und zur Geschäftsführung befugt sein. Sie können die Vertretung und Geschäftsführung jedoch nur im Rahmen ihrer eigenen beruflichen Befugnisse ausüben. Alle anderen Gesellschafter müssen von der Vertretung und Geschäftsführung ausgeschlossen sein.”

d) lautet die Z 10:

       “10. Am Kapital der Gesellschaft muss Rechtsanwälten die Mehrheit und bei der Willensbildung ein bestimmender Einfluss zukommen. Die Ausübung des Mandats durch den der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalt darf nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden.”

5. § 21 e lautet:

§ 21 e. Rechtsanwalts-Partnerschaften und Rechtsanwalts-Gesellschaften in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann Vollmacht erteilt werden. Sie sind durch ihre vertretungsbefugten Gesell­schafter im Rahmen der diesen zukommenden beruflichen Befugnisse vertretungsbefugt im Sinn des § 8.”

6. Nach dem § 21f wird folgender § 21g eingefügt:

§ 21g. Rechtsanwälte dürfen als Dienstnehmer ein Dienstverhältnis, dessen Gegenstand auch Tätig­keiten umfasst, die zu den befugten Aufgaben des Rechtsanwalts gehören, nur mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwalts-Gesellschaft eingehen.”


7. § 48 Abs. 1 lautet:


§ 48. (1) Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hat die Pauschalvergütung auf die einzelnen Rechtsanwaltskammern so zu verteilen, dass eine Hälfte der Pauschalvergütung nach der Anzahl der am vorangegangenen 31. Dezember in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Mitglieder verteilt wird, die andere Hälfte der Pauschalvergütung nach der Anzahl der auf die Mitglieder der Rechtsanwaltskammer im vorangegangenen Jahr entfallenden Bestellungen nach § 45. Die Pauschalvergütung nach § 47 Abs. 5 ist der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu überweisen.”

8. Im § 57 Abs. 1 wird nach dem Wort “Rechtsanwalt” folgende Wendung eingefügt:

“oder eine der in der Anlage zum EuRAG, BGBl. I Nr. …/2000, angeführten Anwaltsbezeichnungen”.

Artikel III

Inkrafttreten, Vollziehung

(1) Dieses Bundesgesetz tritt – soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird – am Tag nach seiner Kundmachung in Kraft.

(2) Artikel II Z 7 (§ 48 Abs. 1 RAO) tritt am 1. Jänner 2001 in Kraft.

(3) Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt das Bundesgesetz über die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Niederlassung von Rechtsanwälten aus dem Europäischen Wirtschafts­raum, BGBl. Nr. 21/1993, außer Kraft.

(4) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut.

Vorblatt

Ziele des Vorhabens:

Das Gesetzesvorhaben dient der innerstaatlichen Umsetzung der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechts­anwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl. Nr. L 77 vom 14. 3. 1998, S 36; sog. Rechtsanwalts-Niederlassungsrichtlinie).

Inhalt:

Durch die Umsetzung der oben angeführten Rechtsanwalts-Niederlassungsrichtlinie werden die Möglich­keiten von Rechtsanwälten aus der Europäischen Union und aus dem EWR-Raum, sich in Österreich niederzulassen und den Rechtsanwaltsberuf auszuüben, grundlegend erweitert. Solche Rechtsanwälte werden sich in Hinkunft unter der Berufsbezeichnung des Herkunftsstaats sofort ohne vorherige Eignungsprüfung in Österreich niederlassen können; nach dreijähriger “effektiver und regelmäßiger” Berufsausübung im Aufnahmestaat sollen sie sich unter bestimmten Voraussetzungen voll in die öster­reichische Rechtsanwaltschaft integrieren können.

Die auf Grund der neuen Richtlinie erforderlichen Umsetzungsvorschriften sollen gemeinsam mit den bereits derzeit im EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992, BGBl. Nr. 21/1993, geregelten Bestimmungen über die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der Rechtsanwälte in einem Bundesgesetz zusammen­gefasst werden.

In der Rechtsanwaltsordnung werden in diesem Zusammenhang auch die Bestimmungen über die Rechtsanwalts-Gesellschaften angepasst.

Alternativen:

Alternativen, durch welche die gleichen Ergebnisse erzielt werden, eröffnen sich nicht.

Kosten:

Mehrkosten für den Bund sind mit den vorgesehenen Änderungen nicht verbunden.

EU-Konformität:

Durch die im Entwurf vorgeschlagenen Regelungen wird im Bereich des rechtsanwaltlichen Berufsrechts die EU-Konformität hergestellt.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

1. Der vorliegende Gesetzesentwurf dient in erster Linie der innerstaatlichen Umsetzung der Richt­linie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Quali­fikation erworben wurde (ABl. Nr. L 77 vom 14. 3. 1998, S 36; sog. Rechtsanwalts-Niederlassungs­richtlinie).

Die Richtlinie soll durch die weitere Beseitigung von Hindernissen für die Niederlassungsfreiheit europä­ischer Rechtsanwälte die vollständige Verwirklichung des Binnenmarktes fördern. Insbesondere soll damit auch den Bedürfnissen von Unternehmen und Konsumenten im Rahmen des immer mehr zunehmenden grenzüberschreitenden Geschäftsverkehrs, bei dem nationales, internationales und Gemein­schaftsrecht miteinander verschränkt sind, entsprochen werden.

Im Verhältnis zum bisherigen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsbestand werden dadurch die Möglichkeiten von Rechtsanwälten aus der Europäischen Union, sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie die Berufsqualifikation erworben haben, als Selbständige oder als Angestellte niederzulassen und den Rechtsanwaltsberuf auszuüben, grundlegend erweitert.

2. Der gemeinschaftsrechtliche Rechtsbestand für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs innerhalb der Europäischen Union wurde bisher einerseits durch die RL 77/249/EWG zur Erleichterung der tat­sächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (ABl. Nr. L 78 vom 26. 3. 1977, S 17; sog. “Rechtsanwalts-Dienstleistungsrichtlinie”), andererseits – für den Bereich der Nieder­lassungsfreiheit – durch die Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. Nr. L 19 vom 24. 1. 1989, S 16; sog. “Hochschuldiplom-Anerkennungsrichtlinie”), gebildet, die als Voraussetzung für die Niederlassung die Ablegung einer Eignungsprüfung vorsieht. Die Umsetzung dieser Richtlinien in das österreichische Recht erfolgte bereits mit dem EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992 (EWR-RAG 1992), BGBl. Nr. 21/1993.

3. Die nunmehr zusätzlich umzusetzende Richtlinie 98/5/EG eröffnet im Wesentlichen zwei weitere Möglichkeiten, als Rechtsanwalt eines Mitgliedstaats der Europäischen Union in einem anderen Mit­gliedstaat den Rechtsanwaltsberuf auszuüben:

3.1. Ein Rechtsanwalt kann in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem er seine Berufsqualifikation erworben hat, unter der Berufsbezeichnung des Herkunftsstaats den Rechtsanwaltsberuf ausüben, ohne vorher eine Eignungsprüfung abzulegen. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass der Rechtsanwalt seine Eintragung bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats bescheinigen kann. Im Bereich der Vertretung vor Gericht kann der Aufnahmestaat jedoch – soweit Anwaltspflicht besteht – die Beiziehung eines sog. “Einvernehmensrechtsanwalts” vorschreiben, wie dies bisher auch schon beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr im Rahmen der RL 77/249/EWG der Fall war.

3.2. Nach dreijähriger “effektiver und regelmäßiger” Berufsausübung im Aufnahmestaat unter der ur­sprünglichen Berufsbezeichnung kann der europäische Rechtsanwalt unter bestimmten Voraussetzungen die vollständige Integration in den Rechtsanwaltsberuf des Aufnahmestaats erreichen, ohne eine Eignungsprüfung im Sinn der RL 89/48/EWG ablegen zu müssen. Dann darf er auch die im Aufnahme­staat übliche Berufsbezeichnung führen.

4. Aus Anlass der nunmehr erforderlichen Umsetzung dieser Richtlinie ist es zweckmäßig, alle in Hinkunft geltenden Vorschriften für eine Berufstätigkeit von Rechtsanwälten aus anderen Mitgliedstaaten der EU bzw. aus den EWR-Vertragsstaaten in einem einzigen Bundesgesetz zusammenzufassen. Dieses neue Bundesgesetz soll als EuRAG bezeichnet werden. Vereinzelt sind in diesem Zusammenhang auch Anpassungen der Rechtsanwaltsordnung notwendig, insbesondere hinsichtlich der durch die RL 98/5/EG vorgesehenen Möglichkeiten für europäische Anwälte, in Österreich Rechtsanwalts-Gesellschaften zu bilden oder solchen beizutreten. Außerdem werden internationale Rechtsanwalts-Gesellschaften (“Vergesellschaftung über die Grenze”) ausdrücklich zugelassen.

5. Die Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bundesgesetzes stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (“Angelegenheiten der Rechtsanwälte”).

6. Durch die im Entwurf vorgeschlagenen Regelungen wird im Bereich des rechtsanwaltlichen Berufs­rechts die EU-Konformität hergestellt.

7. Mehrkosten für den Bund sind mit den vorgesehenen Änderungen nicht verbunden, da die auf Grund der RL 98/5/EG neu anfallenden Aufgaben entsprechend der Systematik der Richtlinie von den Rechts­anwaltskammern wahrzunehmen sind.

Besonderer Teil

Zum Art. I (EuRAG):

Zum 1. Teil (§ 1 EuRAG):

Diese Bestimmung umschreibt einleitend den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der im EuRAG zusammengefassten Bestimmungen.

In sachlicher Hinsicht geht es um die umfassende Regelung der für die Ausübung des freien Dienst­leistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit im Bereich der rechtsanwaltlichen Berufsausübung in Österreich geltenden Bestimmungen.

Der persönliche Anwendungsbereich beschränkt sich entsprechend den im allgemeinen Teil angeführten EU-Richtlinienbestimmungen auf Staatsangehörige der EU- und EWR-Staaten, die zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs unter der in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Berufsbezeichnungen qualifiziert sind. Die in der Anlage angeführten Berufsbezeichnungen entsprechen dem Art. 1 Abs. 2 der RL 98/5/EG, ergänzt um die Berufsbezeichnungen der EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen, wie sie derzeit bereits in der Anlage zum EWR-RAG 1992 enthalten sind. Für diese Personen wird zur gesetzestechnischen Erleichterung der Begriff des “Europäischen Rechtsanwalts” eingeführt.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Personenkreis der im 2. Teil und im 1. und 2. Hauptstück des 3. Teils umgesetzten Richtlinien 98/5/EG und 77/249/EWG einerseits und der im 3. Hauptstück des 3. Teils umgesetzten RL 89/48/EWG nicht völlig deckungsgleich ist. Während die beiden ersten Richtlinien auf eingetragene – also tatsächlich berufsberechtigte – Rechtsanwälte abstellen, umfasst der Personenkreis der RL 89/48/EWG nicht nur eingetragene Rechtsanwälte, sondern auch solche Personen, die über alle beruflichen Voraussetzungen für den unmittelbaren Zugang zum Rechtsanwaltsberuf (Hochschulstudium, Berufspraxis, Berufsprüfung) verfügen, ohne dass sie aktuell eingetragene Rechts­anwälte sind.

Zum 2. Teil (Dienstleistung):

Dieser Teil regelt die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der europäischen Rechtsanwälte und entspricht im Wesentlichen den bisherigen §§ 1 bis 7 des EWR-RAG 1992.

Zum § 2 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht unter Verwendung des neu eingeführten Begriffs des europäischen Rechts­anwalts inhaltlich dem § 1 EWR-RAG 1992, wobei berücksichtigt wird, dass Österreich nunmehr EU-Mitglied ist. Für die den vorübergehenden, grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr vom Kanzlei­sitz im Ausland aus ausübenden Rechtsanwälte wird der Begriff der “dienstleistenden europäischen Rechtsanwälte” verwendet.

Unter “Liste der Rechtsanwälte” ist die Liste der inländischen bzw. bereits vollintegrierten europäischen Rechtsanwälte zu verstehen. Daneben ist nunmehr von den österreichischen Rechtsanwaltskammern auch eine Liste der “niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte” im Sinn des § 9 EuRAG zu führen.

Zum § 3 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem § 2 EWR-RAG 1992. Im Einklang mit dem neuen § 12 Abs. 1 EuRAG wird aber nur noch vorgesehen, dass der dienstleistende europäische Rechtsanwalt die Berufsorganisation, der er im Herkunftsstaat angehört, verwendet. Auf die bisher im § 2 EWR-RAG 1992 vorgesehene zusätzliche Variante der Angabe des Gerichts, bei dem er nach dem Recht des Herkunfts­staats zugelassen ist, wird aus Gründen der Einheitlichkeit der Regelung verzichtet. Im Übrigen ist die Anführung der Berufsorganisation, der der Rechtsanwalt angehört, auch aussagekräftiger.

Zum § 4 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem § 3 EWR-RAG 1992.

Klarzustellen wäre, dass die im Abs. 1 vorgesehene Verständigung der Rechtsanwaltskammer lediglich einen standesrechtlichen Hintergrund hat, selbstverständlich aber keine verfahrensrechtliche Zulassungs­voraussetzung darstellt.

Zum § 5 EuRAG:

Diese Regelung entspricht inhaltlich dem § 4 EWR-RAG 1992. Der schon beim § 2 EuRAG erläuterte Begriff der “Liste der Rechtsanwälte” stellt klar, dass als Einvernehmensrechtsanwalt nur ein inländischer bzw. bereits vollintegrierter europäischer Rechtsanwalt herangezogen werden kann, nicht jedoch ein bloß in die Liste der “niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte” eingetragener Anwalt, da dieser ja noch keinerlei Nachweis über die Kenntnisse der österreichischen Rechtsordnung abgelegt hat. Mit dem neuen Abs. 3 wird berücksichtigt, dass es vereinzelt auch dienstleistende Rechtsanwälte gibt, die die im 3. Hauptstück des 3. Teils geregelte Eignungsprüfung mit Erfolg abgelegt haben, aber (noch) nicht als inländischer Rechtsanwalt eingetragen sind. Da diese Personen durch die Ablegung der Eignungsprüfung bereits die fachliche Qualifikation zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich nachgewiesen haben, wäre es unsachlich, auch von diesen die Beiziehung eines Einvernehmensrechtsanwalts zu verlangen.

Zum § 6 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht dem bisherigen § 5 EWR-RAG 1992.

Zum § 7 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem bisherigen § 6 EWR-RAG 1992.

Zum § 8 EuRAG:

Wie der bisherige § 7 EWR-RAG 1992 stellt diese Regelung zunächst klar, dass der lediglich in Aus­übung des freien Dienstleistungsverkehrs, also im Rahmen einer vorübergehenden grenzüberschreitenden Tätigkeit in Österreich, einschreitende europäische Rechtsanwalt nicht in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer einzutragen ist. Nicht in dieser generellen Weise aufrecht erhalten werden kann aber die in Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit im bisherigen § 7 EWR-RAG 1992 getroffene zusätzliche Regelung, wonach der dienstleistende Rechtsanwalt keinen inländischen Kanzleisitz begründen darf. Der EuGH hat nämlich in seiner “Gebhard-Entscheidung”, Rs C 55/94, ausgesprochen, dass es für die Abgrenzung zwischen Niederlassung und Dienstleistung nicht maßgeblich ist, ob eine dauernde Infrastruktur, also etwa ein Büro im Aufnahmestaat vorliegt, da auch eine derartige Einrichtung mit einer unterbrochenen zeitweiligen Tätigkeit im Rahmen der Dienstleistungs-Richtlinie einhergehen kann. Wesentlich für die Abgrenzung sind vielmehr die Dauer, Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr und Kontinuität der Tätigkeit. Nur dort, wo die inländische Kanzleieinrichtung tatsächlich dem Willen und dem Interesse zur Ausübung einer dauernden Tätigkeit dient, ist die Grenze der Dienstleistungsfreiheit überschritten und sind für die Tätigkeit dieses Rechtsanwalts die einschlägigen Bestimmungen für die berufliche Niederlassung zu beachten (vgl. dazu auch Hempel, Die rechtsberatenden Berufe im Europarecht, Manz Verlag Wien, 1996, 37 f.). Es wird daher nunmehr die Begründung und Unterhaltung einer entsprechenden Kanzleieinrichtung zur bloßen Unterstützung der Ausübung des grenzüber­schreitenden Dienstleistungsverkehrs ausdrücklich für zulässig erklärt. Die vorgesehene Pflicht zur Verständigung der Rechtsanwaltskammer ergibt sich aus der Standesaufsicht.

Zum 3. Teil (Niederlassung):

Während im 2. Teil die Bestimmungen der Dienstleistungs-Richtlinie, 77/249/EWG, umgesetzt werden, enthält der 3. Teil die für die Niederlassung geltenden Bestimmungen. Dabei werden im 1. und 2. Haupt­stück die Regelungen der neuen Niederlassungs-Richtlinie, 98/5/EG, umgesetzt und im dritten Hauptstück die bisher bereits geltenden Bestimmungen der §§ 8 ff. EWR-RAG 1992 zusammengefasst, die die für die Rechtsanwälte maßgeblichen Bestimmungen der Hochschuldiplom-Anerkennungsrichtlinie, 98/48/EWG, umsetzen. Auf die Erläuterungen zum § 1 EuRAG hinsichtlich des nicht ganz deckungsgleichen Perso­nenkreises dieser Richtlinien wird verwiesen.

Zum 1. Hauptstück (Niederlassung unter der Berufsbezeichnung des Herkunftsstaats):

Zum § 9 EuRAG:

Damit wird Art. 2 Abs. 1 der RL 98/5/EG umgesetzt. Danach hat jeder Rechtsanwalt das Recht, die im Art. 5 der RL 98/5/EG geregelten Anwaltstätigkeiten auf Dauer in jedem anderen Mitgliedstaat unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung auszuüben. “Ursprüngliche Berufsbezeichnung” ist nach Art. 1 Abs. 2 lit. d der RL 98/5/EG die Berufsbezeichnung des Mitgliedstaats, in dem der Rechtsanwalt vor Ausübung der Anwaltstätigkeit im Aufnahmestaat das Recht erworben hat, diese Bezeichnung zu führen (Herkunftsstaat).

Die Voraussetzung der vorherigen Eintragung in die Liste der “niedergelassenen europäischen Rechts­anwälte” bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer des Aufnahmestaats entspricht Art. 3 Abs. 1 der RL 98/5/EG. Die wesentliche Beschränkung des Tätigkeitsbereichs des niedergelassenen europäischen Rechtsanwalts gegenüber den inländischen Rechtsanwälten ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3 der RL 98/5/EG, wonach der Aufnahmestaat die Beiziehung eines sogenannten Einvernehmensrechtsanwalts bei Verfahren mit Anwaltspflicht verlangen kann, wie dies bisher schon nach der Dienstleistungs-Richtlinie, 77/249/EWG, vorgesehen war (siehe die §§ 5 und 14 des Entwurfs).

Zum § 10 EuRAG:

“Zuständige Stelle” im Sinn des Art. 1 Abs. 2 lit. f der RL 98/5/EG für die Eintragung ist entsprechend der Systematik der Rechtsanwaltsordnung die Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel der Bewerber seinen Kanzleisitz nimmt. Im Antrag ist auch die Anschrift des Kanzleisitzes im Inland bekanntzugeben (Abs. 1).

Der Abs. 2 regelt die vom Eintragungswerber beizubringenden Nachweise. Das Erfordernis eines Staats­angehörigkeitsnachweises (Z 1) ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 lit. a der RL 98/5/EG, der hinsichtlich des Personenkreises ausdrücklich auf die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats abstellt. Die in der Z 2 verlangte Bescheinigung ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 der RL 98/5/EG, wonach die Eintragung im Aufnahmestaat anhand einer Bescheinigung über die Eintragung des europäischen Rechtsanwalts bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats vorzunehmen ist; nach der Richtlinie kann dabei zweckmäßiger­weise verlangt werden, dass die Bescheinigung nicht älter als drei Monate ist. Da nach § 1 Abs. 2 lit. g RAO der Abschluss einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung für inländische Rechtsanwälte Eintragungsvoraussetzung ist, muss dies auch für die Eintragung in die Liste der “niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte” gelten, und ist daher der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung oder Garantie im Sinn des § 15 EuRAG bereits mit dem Antrag vorzulegen (Z 3).

Der Abs. 3 stellt klar, dass Antrag und Unterlagen des Antragstellers in deutscher Sprache einzureichen sind; sonstige, nicht in Deutsch abgefasste Unterlagen, etwa Berufszulassungsbescheinigungen, sind mit beglaubigten Übersetzungen vorzulegen. Eine ähnliche Regelung enthält bereits derzeit § 12 Abs. 2 EWR-RAG 1992.

Zum § 11 EuRAG:

Der Abs. 1 regelt, dass – entsprechend dem System der RL 98/5/EG – die Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte lediglich anhand der im § 10 Abs. 2 EuRAG vorgelegten Bescheinigungen vorzunehmen ist. Eine zusätzliche Prüfung der Vertrauenswürdigkeit des Eintragungs­werbers, wie sie bei inländischen Rechtsanwälten im § 5 RAO vorgesehen ist, kann hier nicht stattfinden, weil sich die Rechtsanwaltskammer entsprechend der Richtlinie auf die Aufsicht der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats verlassen muss. Im Übrigen gelten die Verfahrensvorschriften für die inländische Eintragung; insbesondere ist der Eintragungswerber im Fall einer allfälligen Verweigerung der Eintragung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs vorher zu hören, wobei die Anhörung wegen der örtlichen Distanz üblicherweise schriftlich erfolgen wird. Gegen die Verweigerung der Eintragung steht dem Bewerber das Recht der Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter im Sinn des § 5a RAO zu. Auf Grund der rechtlichen Konstruktion der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission (§ 59 DSt) handelt es sich dabei um ein “gerichtliches Rechtsmittel” im Sinn des Art. 10 Abs. 3 letzter Satz der RL 98/5/EG (siehe auch die Erläuterungen zum § 22 EuRAG).

Die im Abs. 2 geregelte Verständigungspflicht ist im Art. 3 Abs. 2 letzter Satz der RL 98/5/EG vorge­sehen. Die im Abs. 3 geregelten Anzeige- und Veröffentlichungspflichten ergeben sich aus Art. 3 Abs. 4 der RL 98/5/EG.

Zum § 12 EuRAG:

Damit wird Art. 4 der RL 98/5/EG umgesetzt, der vorsieht, dass niedergelassene europäische Rechts­anwälte unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung auftreten müssen. Sie haben also die Berufs­bezeichnung zu verwenden, die sie im Herkunftsstaat nach dem dort geltenden Recht zu führen berechtigt sind. Wenn auf Grund dieser Berufsbezeichnung eine Verwechslung mit der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats möglich ist, kann nach Art. 4 Abs. 2 der RL 98/5/EG unter anderem verlangt werden, dass der betreffende Rechtsanwalt zusätzlich die Berufsorganisation angibt, der er im Herkunftsstaat angehört. Dies ist der Fall, wenn der betreffende europäische Rechtsanwalt ebenfalls zur Führung der österreichischen Berufsbezeichnung “Rechtsanwalt” berechtigt ist, wie etwa in Deutschland. Ohne diesen Zusatz wäre für den Rechtsuchenden nicht erkennbar, dass es sich um keinen österreichischen Rechts­anwalt handelt. Da die Anführung der zuständigen Berufsorganisation am aussagekräftigsten ist, wurde davon abgesehen, von der im Art. 4 Abs. 2 der RL 98/5/EG ebenfalls vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Gericht anzugeben, bei dem der betreffende Rechtsanwalt zugelassen ist.

Zum § 13 EuRAG:

Ist der betreffende europäische Rechtsanwalt in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsan­wälte eingetragen, so entspricht seine berufliche Stellung grundsätzlich der inländischer Rechtsanwälte, sofern hier nicht entsprechende Ausnahmen vorgesehen sind.

Die in der Z 1 vorgesehene Ausnahme entspricht dem Art. 6 Abs. 2 der RL 98/5/EG, wonach der Aufnahmestaat den niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten zwar das aktive Wahlrecht zu den Berufsorganisationen einräumen muss, nicht aber das passive Wahlrecht. Dies ist auch sachgerecht, weil ja doch der niedergelassene europäische Rechtsanwalt noch nicht in die inländische Rechtsanwaltschaft integriert ist. Soweit in der Z 2 vorgesehen ist, dass der niedergelassene europäische Rechtsanwalt keine Rechtsanwaltsanwärter ausbilden kann, so ergibt sich dies bereits zwangsläufig aus dem Umstand, dass er ja noch keinerlei Nachweis über Kenntnisse der österreichischen Rechtsordnung erbracht hat. Es kann ihm daher auch keine Ausbildungsfunktion hinsichtlich inländischer Rechtsanwaltsanwärter übertragen werden. Aus derselben sachlichen Erwägung können niedergelassene europäische Rechtsanwälte auch nicht zum Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt, Verfahrenshilfe-Verteidiger oder Amtsverteidiger bestellt werden. Sie können daher auch keinen Anspruch auf Verwendung der Pauschalvergütung für ihre Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung haben, da diese ja gemäß § 47 Abs. 1 RAO eine Abgeltung der erbrachten Verfahrenshilfeleistungen darstellt (Z 3).

Zum § 14 EuRAG:

Zum Schutz der inländischen, rechtsuchenden Bevölkerung wird hier von der im Art. 5 Abs. 3 der RL 98/
5/EG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, vom niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt zu verlangen, dass er bei der Vertretung oder Verteidigung in Verfahren mit Anwaltspflicht einen sog. “Einvernehmensrechtsanwalt” beizieht, wie dies entsprechend der Rechtsanwalts-Dienstleistungsricht­linie, 77/249/EWG, bereits bisher schon im EWG-RAG 1992 geregelt war und auch weiterhin vorgesehen ist (siehe § 5 EuRAG).

Zum § 15 EuRAG:

Diese Bestimmung setzt Art. 6 Abs. 3 der RL 98/5/EG um. Danach kann der Aufnahmestaat vom nieder­gelassenen europäischen Rechtsanwalt grundsätzlich verlangen, dass er entsprechend den inländischen berufsrechtlichen Regelungen eine Berufshaftpflichtversicherung abschließt. Von dieser Verpflichtung soll der niedergelassene europäische Rechtsanwalt jedoch befreit sein, wenn er eine nach den Regeln des Herkunftsstaats geschlossene Versicherung oder Garantie nachweist, die hinsichtlich der Modalitäten und des Deckungsumfangs einer Versicherung nach § 21a RAO gleichwertig ist. Selbstverständlich muss diese Versicherung (Garantie) auch die berufliche Tätigkeit in Österreich abdecken; das ist ja der Sinn der Regelung. Bei nur partieller Gleichwertigkeit kann die zuständige Stelle des Aufnahmestaats den Abschluss einer Zusatzversicherung oder einer ergänzenden Garantie zur Abdeckung der Teile verlangen, die nicht durch die nach den Regeln des Herkunftsstaats geschlossene Versicherung oder Garantie abgedeckt sind. Soweit niedergelassene europäische Rechtsanwälte gemäß § 16 EuRAG in Österreich unter der Bezeichnung ihrer Rechtsanwaltsgesellschaft im Herkunftsstaat bzw. im Rahmen einer Zweigniederlassung dieser Gesellschaft tätig werden, sind hinsichtlich des Umfangs und der Modalitäten der Berufshaftpflichtversicherung die entsprechenden, für Gesellschaften geltenden Regelungen des § 21a RAO anzuwenden (siehe insbesondere dessen Abs. 4 für Rechtsanwalts-GmbHs).

Nach § 21a Abs. 6 RAO sind die Versicherer im Rahmen der rechtsanwaltlichen Berufshaftpflicht­versicherung verpflichtet, der zuständigen Rechtsanwaltskammer unaufgefordert und umgehend jeden Umstand zu melden, der eine Beendigung oder Einschränkung des Versicherungsschutzes oder eine Abweichung von der ursprünglichen Versicherungsbestätigung bedeutet oder bedeuten kann, und auf Verlangen der zuständigen Rechtsanwaltskammer über solche Umstände Auskunft zu erteilen, und zwar bei sonstigem Fortbestand der Deckungspflicht des Versicherers bis zu zwei Wochen nach der Ver­ständigung. Damit soll der Rechtsanwaltskammer zum Schutz der Klienten ein möglichst rasches Eingreifen ermöglicht werden. Da eine solche Verpflichtung vom österreichischen Gesetzgeber nicht unmittelbar den hier maßgeblichen Versicherungen oder Berufsgarantiekassen auferlegt werden kann, sollen die niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte, die von der Möglichkeit des Abs. 1 Gebrauch machen, zum Abschluss von entsprechenden individuellen Vereinbarungen mit der ausländischen Ver­sicherung oder Berufsgarantiekasse verpflichtet werden.

Zum § 16 EuRAG:

Der Abs. 1 setzt Art. 11 Z 4 der RL 98/5/EG um. Dort ist eine Auskunftspflicht des unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätigen Rechtsanwalts gegenüber der zuständigen Stelle des Auf­nahmestaats hinsichtlich der eventuellen Zugehörigkeit zu einer “Gruppe” im Herkunftsstaat vorgesehen. Unter “Gruppe” ist nach Art. 1 Abs. 2 lit. e der RL 98/5/EG jeder nach dem Recht eines Mitgliedstaats errichtete Zusammenschluss mit oder ohne Rechtspersönlichkeit, in dem Rechtsanwälte ihre Berufs­tätigkeit gemeinsam und unter einem gemeinsamen Namen ausüben, zu verstehen. Diese Mitteilungs- und Auskunftspflicht an die Rechtsanwaltskammern soll sicherstellen, dass die Präsenz ausländischer Sozietäten in Österreich beobachtet werden kann und durchschaubar bleibt.

Nach Art. 12 Abs. 1 der RL 98/5/EG kann der unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätige Rechtsanwalt bei seiner Berufsausübung auf die Zugehörigkeit zu einem Zusammenschluss im Herkunftsstaat hinweisen. Dies wird zur Klarstellung im Abs. 2 ausdrücklich gesagt. Weiters übernimmt dieser Absatz die im Art. 11 Z 1 der RL 98/5/EG ausdrücklich eingeräumte Befugnis der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte, ihre berufliche Tätigkeit im Aufnahmestaat auch im Rahmen einer Zweigstelle oder Niederlassung ihrer Gruppe im Herkunftsstaat auszuüben. Im Sinn einer ausreichenden Information der inländischen rechtsuchenden Bevölkerung wird außerdem von der im Art. 12 Abs. 2 der RL 98/5/EG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den unter ihrer ursprünglichen Berufs­bezeichnung tätigen Rechtsanwälten die Angabe der Rechtsform des Zusammenschlusses, dem sie im Herkunftsstaat angehören, aufzuerlegen (Abs. 2).

Die übrigen Vorschriften des Art. 11 der RL 98/5/EG, die den Mitgliedstaat verpflichten, den nieder­gelassenen europäischen Rechtsanwälten entsprechende Möglichkeiten zur Vergesellschaftung im Auf­nahmestaat zu ermöglichen, werden im § 21c RAO idF des Art. II des Entwurfs umgesetzt.

Zum § 17 EuRAG:

Diese Bestimmung setzt Art. 7 der RL 98/5/EG um, wonach hinsichtlich des unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätigen Rechtsanwalts im Fall einer Verletzung der im Aufnahmestaat geltenden Verpflichtungen die dort geltenden Bestimmungen über Verfahren, Ahndung und Rechtsmittel anwendbar sind. Weiters werden die dort festgelegten Verständigungspflichten und Teilnahmerechte der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats berücksichtigt (Abs. 1 und Abs. 3). So wie bisher im Fall der Ausübung der Dienstleistungsfreiheit können selbstverständlich die inländischen Disziplinarorgane Disziplinarstrafen und einstweilige Maßnahmen, die die Berufsausübung des Rechtsanwalts beschränken, nur für den örtlichen Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes aussprechen (Abs. 2). Über die Folgen der von der zuständigen Stelle des Aufnahmestaats gegen den unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätigen Rechtsanwalt getroffenen Entscheidung im Herkunftsstaat entscheidet in diesen Fällen die dort zuständige Stelle nach den eigenen Rechts- und Verfahrensregeln (Art. 7 Abs. 4 der RL 98/5/EG). Der Abs. 4 entspricht inhaltlich dem Art. 7 Abs. 5 der RL 98/5/EG.

Zum 2. Hauptstück (Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach dreijähriger Tätigkeit):

Dieses Hauptstück regelt die Vollintegration der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte in die österreichische Rechtsanwaltschaft im Sinn der RL 98/5/EG.

Zum § 18 EuRAG:

Diese Bestimmung setzt Art. 10 Abs. 1 der RL 98/5/EG um, und zwar die Vollintegration von nach den Bestimmungen des 1. Hauptstücks in Österreich niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten nach mindestens dreijähriger effektiver und regelmäßiger Tätigkeit in Österreich und auf dem Gebiet des österreichischen Rechts, einschließlich des Gemeinschaftsrechts.

Mit der “Übertragung” aus der Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte in die Liste der Rechtsanwälte (§ 1 Abs. 1 RAO) ist die völlige Gleichstellung mit den in Österreich ausgebildeten Rechtsanwälten verbunden. Nach der Übertragung muss der betreffende Rechtsanwalt daher auch nicht mehr die im Herkunftsstaat geltende Berufsbezeichnung verwenden, kann dies aber neben der Bezeichnung als (inländischer) Rechtsanwalt zusätzlich tun (Art. 10 Abs. 6 der RL 98/5/EG).

Voraussetzung nach Abs. 1 ist also richtliniengemäß eine mindestens dreijährige effektive und regel­mäßige Tätigkeit als Rechtsanwalt unter der ursprünglichen Berufsbezeichnung in Österreich und im österreichischen Recht, einschließlich des Gemeinschaftsrechts. Da diese praktische Tätigkeit im Wesent­lichen die inländische Ausbildung zum Rechtsanwalt ersetzt, wird sich diese Tätigkeit vornehmlich auf originäres österreichisches Recht beziehen müssen, jedenfalls nicht ausschließlich auf Gemeinschafts­recht. Ein Erfordernis, in bestimmten Sparten in gewissem Ausmaß anwaltlich tätig zu sein, erschien angesichts der Verschiedenartigkeit und Vielfalt des Anwaltsberufs aber nicht angebracht.

Der Abs. 2 definiert in Übereinstimmung mit Art. 10 Abs. 1 der RL 98/5/EG den Begriff “effektive und regelmäßige Tätigkeit” und stellt klar, dass Unterbrechungen “auf Grund von Ereignissen des täglichen Lebens” außer Betracht bleiben. Dabei wurde von der Normierung einer bestimmten Dauer als Voraus­setzung für eine Unterbrechung noch “auf Grund von Ereignissen des täglichen Lebens” Abstand genommen; es soll vielmehr die zuständige Rechtsanwaltskammer im Sinn des Gesetzes von dem dadurch eingeräumten Ermessen Gebrauch machen, indem sie alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen hat und Grund, Dauer und Häufigkeit von Unterbrechungen in Art eines beweglichen Systems (vgl. F. Bydlinski in Rummel, ABGB I2, Rz 13 zu § 6) gewichtet und danach die Unterbrechungen qualifiziert (Abs. 3).

Als Folge von nicht bloß auf Grund von Ereignissen des täglichen Lebens eingetretenen Unterbrechungen legt der Abs. 2 fest, dass diese bei der Beurteilung der Dauer der effektiven und regelmäßigen Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht eingerechnet werden dürfen; damit wird klargestellt, dass Zeiträume der Tätigkeit vor derartigen Unterbrechungen nicht etwa durch Eintritt der Unterbrechung verfallen, sondern nur den erforderlichen Zeitraum verlängern. Aus Art. 10 Abs. 1 der RL 98/5/EG lässt sich nämlich nicht ableiten, dass die mindestens dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit zeitlich unmittelbar zusammenhängen muss. Allerdings können überaus lange Unterbrechungen oder zahlreiche kurze Unterbrechungen im Extremfall doch auch bewirken, dass insgesamt keine “effektive Tätigkeit” im Sinn der Richtlinie mehr vorliegt.

Zum § 19 EuRAG:

Hier wird – in Entsprechung der Vorgaben des Art. 10 Abs. 1 lit. a und b der RL 98/5/EG – im Einzelnen geregelt, wie der Bewerber um die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte seine Tätigkeit als nieder­gelassener europäischer Rechtsanwalt im österreichischen Recht nachweisen muss.

Darauf, bestimmte Arten von in bestimmtem Ausmaß zu bearbeitenden Rechtssachen zu verlangen, wurde verzichtet, um der Vielfalt anwaltlicher Tätigkeit Rechnung zu tragen.

Die im Abs. 2 vorgesehenen Falllisten sollen einen Überblick über die vom Bewerber im österreichischen Recht bearbeiteten Rechtssachen ermöglichen. Die Rechtsanwaltskammer soll darüber hinaus auch die Vorlage anonymisierter Arbeitsproben verlangen können, sodass anhand dieser auch ein Einblick in die Qualität der Leistungen des Bewerbers gewonnen werden kann. Der Inhalt der vorzulegenden Falllisten wird selbstverständlich insofern differenzieren müssen (“in der Regel”), ob es sich um eine beratende oder vertretende Anwaltstätigkeit handelt. Bei beratender Tätigkeit werden die Angaben des Aktenzeichens und des Verfahrensstandes entfallen müssen, und der Inhalt der beratenden Tätigkeit näher zu um­schreiben sein.

Zum § 20 EuRAG:

Diese Regelung setzt Art. 10 Abs. 3 der RL 98/5/EG um. Danach kann unter bestimmten Voraus­setzungen der unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätige Rechtsanwalt die Vollintegration in den Rechtsanwaltsberuf des Aufnahmestaats auch dann erlangen, wenn er zwar drei Jahre lang effektiv und regelmäßig als Rechtsanwalt im Aufnahmestaat, in dessen Recht jedoch nur während eines kürzeren Zeitraums tätig war (Abs. 1).

Der Abs. 2 legt die dabei einzuhaltende Vorgangsweise fest und sieht in Anlehnung an Art. 10 Abs. 3 lit. b der RL 98/5/EG ein mit dem Bewerber durchzuführendes Gespräch vor, das einer Überprüfung der bisherigen effektiven und regelmäßigen Tätigkeit des Bewerbers im österreichischen Recht und seiner Fähigkeit, diese Tätigkeit auch weiterhin auszuüben, dient. Der hier umschriebene, eingeschränkte Inhalt des Gesprächs verdeutlicht, dass es sich dabei um kein eigentliches Prüfungsgespräch über die rechtlichen Kenntnisse des Bewerbers handeln darf.

Da aber auch die Eintragung nach § 20 zu einer vollständigen Gleichstellung mit den in Österreich ausgebildeten Rechtsanwälten führt, wird wohl auch hier ein gewisses Mindestmaß an praktischer Tätigkeit im österreichischen Recht verlangt werden müssen, das wohl mindestens die Hälfte des im § 18 EuRAG festgesetzten Zeitraums von drei Jahren umfasst.

Der Abs. 3 legt in Übereinstimmung mit Art. 10 Abs. 3 lit. a der RL 98/5/EG die von der Rechtsan­waltskammer bei dieser Entscheidung zu beachtenden Kriterien fest. Neben der beruflichen Tätigkeit selbst sind dabei auch alle Kenntnisse und Berufserfahrungen des Bewerbers im österreichischen Recht sowie seine Teilnahme an Weiterbildungsangeboten im österreichischen Recht zu beachten.

Zum § 21 EuRAG:

Diese Bestimmung stellt im Sinn des Art. 10 Abs. 2 der RL 98/5/EG klar, dass es den niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten selbstverständlich auch freisteht, jederzeit eine Eignungsprüfung nach der RL 89/48/EWG (3. Hauptstück) abzulegen und so die Vollintegration in die österreichische Rechts­anwaltschaft allenfalls früher herbeizuführen.

Zum § 22 EuRAG:

Diese Bestimmung räumt dem Bewerber im Weg einer Verweisung auf § 5a RAO auch gegen die nach dem 2. Hauptstück ergangenen Entscheidungen des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer das Rechts­mittel der Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechts­anwaltsanwärter ein und entspricht damit Art. 10 Abs. 4 der RL 98/5/EG, welcher ein “gerichtliches Rechtsmittel nach dem innerstaatlichen Recht” verlangt. Die in den §§ 59 ff Disziplinarstatut geregelte Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission ist als Kollegialbehörde “mit richterlichem Einschlag” im Sinn des Art. 133 Z 4 B-VG eingerichtet und daher als “tribunal” im Sinn des Art. 6 MRK zu betrachten (Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 699; Mayer, B-VG2, Anm. II.1. zu Art. 6 MRK). Das an sie zu richtende Rechtsmittel der Berufung ist somit ein gerichtliches Rechtsmittel im Sinn der Richtlinie.

Zum § 23 EuRAG:

Damit wird Art. 10 Abs. 6 der RL 98/5/EG umgesetzt.

Zum 3. Hauptstück (Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach Ablegung einer Eignungs­prüfung):

Die Bestimmungen des 3. Hauptstücks entsprechen im Wesentlichen dem 2. Abschnitt des EWR-RAG 1992, BGBl. Nr. 21/1993, in dem für den Bereich der Niederlassungsfreiheit der Rechtsanwälte bereits aus Anlass des EWR-Abkommens die “Hochschuldiplom-Anerkennungsrichtlinie”, 89/48/EWG, in das österreichische Recht umgesetzt wurde.

Zum § 24 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht weitgehend dem bisherigen § 8 EWR-RAG 1992, wobei aber im Hinblick auf den mit 1. Jänner 1995 erfolgten Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nunmehr nicht bloß auf die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, sondern vor allem auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Bezug genommen wird.

Zum § 25 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem bisherigen § 9 EWR-RAG 1992.

Zum § 26 EuRAG:

Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 10 EWR-RAG 1992.

Zum § 27 EuRAG:

Gegenüber der im Übrigen gleichlautenden Bestimmung des bisherigen § 11 EWR-RAG 1992 wurde die Bestimmung durch die ausdrückliche Normierung der sich aus der RL 89/48/EWG ergebenden Ent­scheidungsfrist von vier Monaten ab Vorlage der Unterlagen durch den Bewerber ergänzt.

Zum § 28 EuRAG:

Diese Bestimmung entspricht dem bisherigen § 12 EWR-RAG 1992.

Zum § 29 EuRAG:

Die Regelung über die Erlassung von Prüfungsfächern entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 13 EWR-RAG 1992. Es wird jedoch die bisher nur in den Gesetzesmaterialien zum EWR-RAG 1992 (RV 777 BlgNR 18. GP) enthaltene Klarstellung, dass der Bewerber die für die Ausübung des Rechtsan­waltsberufs in Österreich erforderlichen Kenntnisse im österreichischen Recht nicht nur in seiner bisherigen Ausbildung im engeren Sinn, sondern auch in seiner bisherigen Berufstätigkeit erworben haben kann, in den Gesetzestext aufgenommen.

Zum § 30 EuRAG:

Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 14 EWR-RAG 1992.

Zum § 31 EuRAG:

Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 15 EWR-RAG 1992.

Zum § 32 EuRAG:

Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 16 EWR-RAG 1992.

Zum § 33 EuRAG:

Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 17 EWR-RAG 1992.

Zum § 34 EuRAG:

Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 18 EWR-RAG 1992.

Zum § 35 EuRAG:

Die Bestimmung über die nach erfolgreicher Ablegung der Eignungsprüfung auf Antrag vorzunehmende Eintragung in die Liste der (inländischen) Rechtsanwälte entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 19 Abs. 1 und 2 EWR-RAG 1992.

Zum 4. Hauptstück (§ 36 EuRAG):

Die Bestimmung über das Gelöbnis entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 19 Abs. 3 EWR-RAG 1992. Es handelt sich dabei um die erforderliche Anpassung des Gelöbnisses nach § 7 RAO für Rechtsanwälte, die nicht österreichische Staatsbürger sind. Klargestellt wird, dass dieses modifizierte Gelöbnis auch für die Eintragung in die Liste der “niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte” gilt.

Zum 5. Hauptstück (§ 37 EuRAG):

Die Bestimmung über die Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen in anderen Staaten setzt die Vorgabe des Art. 13 Satz 1 der RL 98/5/EG um. Der in Art. 13 Satz 2 der Richtlinie ausgesprochenen Verpflichtung, die Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen zu gewährleisten, wird bereits durch die verfassungsrechtliche Anordnung der Amtsverschwiegenheit gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG ausreichend Rechnung getragen.

Zum 6. Hauptstück (§ 38 EuRAG):

Da der Begriff “europäischer Rechtsanwalt” nur aus gesetzestechnischen Gründen zur sprachlichen Ver­einfachung in das vorliegende Gesetz aufgenommen wurde, muss klargestellt werden, dass dieser Begriff als Berufsbezeichnung oder zu Werbezwecken nicht verwendet werden darf, da dies sonst bei der recht­suchenden Bevölkerung den unzutreffenden Eindruck erwecken könnte, es handle sich um eine besondere Qualifikation des betreffenden Anwalts.

Zum 4. Teil (§ 39 EuRAG):

Mit dieser Verordnungsermächtigung soll eine rasche Anpassung der Anlage zu § 1 EuRAG ermöglicht werden, wenn sich der Kreis oder die Bezeichnungen der angeführten Berufe oder der Kreis der EU- oder EWR-Staaten ändert. Derartige – ohnedies zwingend vorgegebene – Änderungen sollen nicht einen neuerlichen Gesetzesbeschluss erforderlich machen.

Zum Art. II (Änderungen der Rechtsanwaltsordnung):

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 3 RAO):

Die bisher hier geregelte Gleichstellung von EWR-Staatsangehörigen mit österreichischen Staatsbürgern wäre auf Grund der nunmehrigen EU-Mitgliedschaft Österreichs entsprechend zu adaptieren.

Zu Z 2 (§ 1a Abs. 2 Z 2 RAO):

Da künftig auch Rechtsanwälte aus anderen EU- und EWR-Staaten geschäfts- und vertretungsbefugte Gesellschafter einer inländischen Rechtsanwalts-Gesellschaft sein können, muss die Anmeldung in die Liste der Rechtsanwalts-Gesellschaften künftig auch die Berufsbezeichnung des betreffenden Gesell­schafters enthalten, da es sich dabei ja nicht mehr automatisch um inländische Rechtsanwälte handelt. Bei ausländischen Rechtsanwälten ist dies die jeweilige in der Anlage zum EuRAG (Art. I) angeführte Anwaltsbezeichnung, wobei dies sowohl für die nach den Bestimmungen des EuRAG in Österreich niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte gilt als auch für solche, die in Österreich keinen Kanzleisitz begründen (“Vergesellschaftung über die Grenze”). In diesen Fällen ist auch der letzte Satz des § 12 Abs. 1 EuRAG sinngemäß anzuwenden (Angabe der Berufsorganisation im Herkunftsstaat, wenn die Bezeichnung des Herkunftsstaats “Rechtsanwalt” lautet).

Zu Z 3 (§ 1b Abs. 1 RAO):

Die Bezeichnung oder Firma einer Rechtsanwalts-Gesellschaft soll künftig auch die Namen von Rechts­anwalts-Gesellschaftern aus anderen EU- und EWR-Staaten enthalten können (vgl. § 21c Z 1 lit. a neu), außerdem – wie in vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten zugelassen und üblich – auch die Namen bereits emeritierter Rechtsanwalts-Gesellschafter. Da die Firma einer Rechtsanwalts-GmbH mit ihrem obliga­torischen Hinweis auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft eine sog. “gemischte Firma” ist, wird sie außerdem nicht mehr wie bisher als “Personenfirma” bezeichnet. Weiterhin hat aber die Firma nur den verpflichtenden Hinweis auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zu enthalten; sonstige Sachbestandteile der Firma werden ausdrücklich für unzulässig erklärt.

Da – wie erwähnt – die Firma in Hinkunft auch die Namen von Rechtsanwälten aus anderen EU- und EWR-Staaten enthalten kann, ist auch hier § 12 Abs. 1 EuRAG sinngemäß anzuwenden (siehe dazu die Erläuterungen zum § 1a Abs. 2 Z 2 RAO).

Zu Z 4 (§ 21c RAO):

Mit der neuen Z 1 lit. a wird der Kreis der Rechtsanwalts-Gesellschafter insoweit erweitert, als er in Hinkunft nicht nur inländische Rechtsanwälte sondern auch Rechtsanwälte aus dem EU- und EWR-Raum umfasst. Damit wird in Umsetzung des Art. 11 Abs. 5 der RL 98/5/EG einerseits die Vergesellschaftung von in Österreich niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten (untereinander und mit inländischen Rechtsanwälten) ermöglicht, darüber hinaus aber auch die Vergesellschaftung “über die Grenze” zwischen inländischen Rechtsanwälten und Anwälten aus dem EU- und EWR-Raum, die sich nicht in Österreich niederlassen.

In Hinblick auf die Erweiterung des Kreises der Rechtsanwalts-Gesellschafter wird in der Z 8 klargestellt, dass sich das bereits derzeit bestehende Verbot der Bildung von sog. “Sternsozietäten” nur auf das Inland bezieht.

In der Z 9 wird ebenfalls wegen der Erweiterung des Kreises der Rechtsanwalts-Gesellschafter klar­gestellt, dass die Gesellschafter nur solche Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen wirksam vor­nehmen können, die sich im Rahmen ihrer eigenen berufsrechtlichen Befugnisse halten. Niedergelassene europäische Rechtsanwälte benötigen daher auch als Gesellschafter in Verfahren mit Anwaltspflicht einen Einvernehmensrechtsanwalt (§ 14 EuRAG).

In der Z 10 wird der schon bisher verlangte “bestimmende Einfluss” der Rechtsanwälte (Z 1 lit. a) durch Aufnahme des Erfordernisses auch einer Kapitalmehrheit der Rechtsanwalts-Gesellschafter präzisiert.

Zu Z 5 (§ 21 e RAO):

Der neu gefasste zweite Satz des § 21 e RAO stellt in Übereinstimmung mit dem neuen § 21c Z 9 klar, dass auch die Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters im Sinn des § 8 RAO nur soweit reicht wie die beruflichen Befugnisse dieses Gesellschafters.

Zu Z 6 (§ 21g RAO):

Mit dem neuen § 21g RAO wird im Wesentlichen die bisher nur in den Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs (§ 5 Abs. 1 RL-BA) enthaltene Regelung über die Zulässigkeit der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Form eines Angestelltenverhältnisses in die RAO übernommen. Diese gesetzliche Klarstellung ist schon wegen Art. 8 der RL 98/5/EG erforderlich, der vorsieht, dass der im Aufnahmestaat unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung eingetragene Rechtsanwalt als abhängig Beschäftigter eines anderen Rechtsanwalts, eines Zusammenschlusses von Anwälten oder einer Anwaltssozietät oder eines öffentlichen oder privaten Unternehmens tätig sein kann, wenn der Aufnahmestaat dies für die eigenen Rechtsanwälte gestattet. Daraus ergibt sich, dass die Berufsausübung als unselbständiger Unter­nehmensanwalt für niedergelassene europäische Rechtsanwälte in Österreich nicht zulässig ist. Solche Anwälte können sich aber als unabhängige Rechtsanwälte in Österreich niederlassen, sind dabei aber wie sich aus Art. 6 Abs. 1 der RL 98/5/EG ergibt, weiterhin an die für unselbständige Unternehmensanwälte geltenden Berufs- und Standesregeln des Herkunftsstaats gebunden.

Zu Z 7 (§ 48 Abs. 1 RAO):

Der derzeit geltende § 48 Abs. 1 RAO trägt den unterschiedlichen Belastungen der Rechtsanwalts­kammern durch die zu leistende Verfahrenshilfe nicht ausreichend Rechnung. Durch die neu vorgesehene Verteilung einer Hälfte der Pauschalvergütung nach der Anzahl der auf die Mitglieder der Rechtsanwalts­kammern entfallenden Verfahrenshilfebestellungen soll eine sachgerechtere Lösung erzielt werden. Dabei wird berücksichtigt, dass Funktion der Pauschalvergütung ja nicht nur die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Kammermitglieder ist, sondern diese auch der angemessenen Abgel­tung der erbrachten Verfahrenshilfeleistungen dient. Es ist daher nur sachgerecht, bei der Verteilung der Pauschalvergütung auch die Anzahl der Verfahrenshilfebestellungen zu berücksichtigen, die ja ein deut­licheres Kriterium für die Belastung einer Rechtsanwaltskammer mit Verfahrenshilfeleistungen darstellt. Die Anzahl der Verfahrenshilfebestellungen ist nicht zuletzt auch ein wesentliches Kriterium für die Bemessung der Höhe der Pauschalvergütung (§ 47 Abs. 3 Z 2 RAO). Das in § 47 Abs. 3 Z 2 RAO ebenfalls angeführte Kriterium des (honorarmäßigen) Umfangs der erbrachten Leistungen soll aber hier nicht auch noch zusätzlich herangezogen werden, weil dies nicht praktikabel wäre.


Zu Z 8 (§ 57 Abs. 1 RAO):

Durch eine entsprechende Erweiterung der Strafbestimmung des § 57 Abs. 1 RAO sollen auch die in der Anlage zu § 1 EuRAG genannten Anwaltsberufsbezeichnungen geschützt werden.

Zum Art. III (Inkrafttreten, Vollziehung):

Durch die Aufnahme der bisherigen Bestimmungen des EWR-RAG 1992 in das neue EuRAG ist das EWR-RAG 1992 mit Inkrafttreten des in diesem Entwurf vorgeschlagenen Bundesgesetzes entbehrlich.

Der Geltungsbeginn des neu gefassten § 48 Abs. 1 RAO wird erst mit 1. Jänner 2001 festgesetzt, um die entsprechende Umstellung der Rechtsanwaltskammern bei der Verteilung der Pauschalvergütung zu ermöglichen.

 

 


Textgegenüberstellung

                                                      Geltende Fassung:                                                                                                             Vorgeschlagene Fassung:        


Änderungen der Rechtsanwaltsordnung


I. Abschnitt

I. Abschnitt


Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft

Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft


§ 1. (1) …

§ 1. (1) …


(3) Die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist der österreichischen Staatsbürgerschaft gleichzuhalten.

(3) Die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist der österreichischen Staatsbürgerschaft gleichzuhalten.


§ 1a. (1) …

§ 1a. (1) …


(2) Die beabsichtigte Errichtung der Gesellschaft ist unter Verwendung eines vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag aufzulegenden Formblatts beim Ausschuß der zuständigen Rechtsanwaltskammer anzumelden. Die Anmeldung hat zu enthalten:

(2) Die beabsichtigte Errichtung der Gesellschaft ist unter Verwendung eines vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag aufzulegenden Formblatts beim Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer anzumelden. Die Anmeldung hat zu enthalten:


                                                                                               1.                                                                                               …

                                                                                               1.                                                                                               …


                                                                                               2.                                                                                               Namen, Anschriften und Kanzleisitze der zur Vertretung und Geschäftsführung berechtigten Gesellschafter sowie Namen und Anschriften der übrigen Gesellschafter;

                                                                                               2.                                                                                               Namen, Anschriften, Kanzleisitze und Berufsbezeichnungen der zur Vertretung und Geschäftsführung berechtigten Gesellschafter sowie Namen und Anschriften der übrigen Gesellschafter; § 12 Abs. 1 EuRAG, BGBl. I Nr. …/2000, gilt sinngemäß;



§ 1b. (1) Als Firma der Rechtsanwalts-Gesellschaft in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nur eine Personenfirma zulässig. Sie muß neben dem Hinweis auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft den Namen wenigstens eines Gesellschafters, der Rechtsanwalt ist, enthalten. Die Namen anderer Personen als der Rechtsanwalts-Gesellschafter dürfen in die Firma nicht aufgenommen werden.

§ 1b. (1) Die Firma oder die Bezeichnung einer Rechtsanwalts-Gesellschaft darf nur die Namen eines oder mehrerer der folgenden Personen enthalten: eines Gesellschafters, der Rechtsanwalt im Sinn des § 21c Z 1 lit. a ist, oder eines ehemaligen Rechtsanwalts, der auf die Rechtsanwaltschaft verzichtet hat und im Zeitpunkt der Verzichtleistung Gesellschafter war oder dessen als Rechtsanwalts-Gesellschaft oder Einzelunternehmen geführte Kanzlei von der Gesellschaft fortgeführt wird. Die Namen anderer Personen dürfen in die Firma nicht aufgenommen werden. § 12 Abs. 1 EuRAG, BGBl. I Nr. …/2000, gilt sinngemäß. Als Sachbestandteil ist nur ein Hinweis auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft aufzunehmen.


(2) …

(2) …


§ 21c. Bei Gesellschaften zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft müssen jederzeit folgende Erfordernisse erfüllt sein:

§ 21c. Bei Gesellschaften zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft müssen jederzeit folgende Erfordernisse erfüllt sein:


                                                                                               1.                                                                                             Gesellschafter dürfen nur sein,

                                                                                               1.                                                                                             Gesellschafter dürfen nur sein:


              a) Rechtsanwälte,

              a) inländische Rechtsanwälte und Rechtsanwälte im Sinn der Anlage zum EuRAG, BGBl. I Nr. …/2000,



                                                                                               8.                                                                                             Rechtsanwälte dürfen nur einer Gesellschaft angehören; der Gesellschaftsvertrag kann jedoch vorsehen, daß ein der Gesellschaft angehörender Rechtsanwalt die Rechtsanwaltschaft auch außerhalb der Gesellschaft ausüben darf. Die Beteiligung von Rechtsanwalts-Gesellschaften an anderen Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung ist unzulässig.

                                                                                               8.                                                                                             Rechtsanwälte dürfen keinem weiteren beruflichen Zusammenschluss in Österreich angehören. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch vorsehen, dass ein Rechtsanwalt die Rechtsanwaltschaft auch außerhalb der Gesellschaft ausüben darf. Die Beteiligung von Rechtsanwalts-Gesellschaften an anderen Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in Österreich ist unzulässig.


                                                                                               9.                                                                                               Alle der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwälte müssen allein zur Vertretung und zur Geschäftsführung befugt sein. Alle anderen Gesellschafter müssen von der Vertretung und Geschäftsführung ausgeschlossen sein.

                                                                                               9.                                                                                               Alle der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwälte müssen zur Vertretung und zur Geschäftsführung befugt sein. Sie können die Vertretung und Geschäftsführung jedoch nur im Rahmen ihrer eigenen beruflichen Befugnisse ausüben. Alle anderen Gesellschafter müssen von der Vertretung und Geschäftsführung ausgeschlossen sein.


                                                                                               9a.                                                                                               …

                                                                                               9a.                                                                                               …


                                                                                               10.                                                                                               Bei der Willensbildung der Gesellschaft muß Rechtsanwälten ein bestimmender Einfluß zukommen. Die Ausübung des Mandats durch den der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalt darf nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden.

                                                                                               10.                                                                                               Am Kapital der Gesellschaft muss Rechtsanwälten die Mehrheit und bei der Willensbildung ein bestimmender Einfluss zukommen. Die Ausübung des Mandats durch den der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwalt darf nicht an eine Weisung oder eine Zustimmung der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) gebunden werden.


§ 21e. Rechtsanwalts-Partnerschaften und Rechtsanwalts-Gesellschaften in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann Vollmacht erteilt werden. Sie sind durch ihre vertretungsbefugten Gesellschafter vertretungsbefugt im Sinn des § 8.

§ 21 e. Rechtsanwalts-Partnerschaften und Rechtsanwalts-Gesellschaften in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann Vollmacht erteilt werden. Sie sind durch ihre vertretungsbefugten Gesellschafter im Rahmen der diesen zukommenden beruflichen Befugnisse vertretungsbefugt im Sinn des § 8.

 

§ 21g. Rechtsanwälte dürfen als Dienstnehmer ein Dienstverhältnis, dessen Gegenstand auch Tätigkeiten umfasst, die zu den befugten Aufgaben des Rechtsanwalts gehören, nur mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwalts-Gesellschaft eingehen.

§ 48. (1) Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hat die Pauschalvergütung auf die einzelnen Rechtsanwaltskammern verhältnismäßig nach der Anzahl ihrer am vorangegangenen 31. Dezember in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Mitglieder zu verteilen. Die Pauschalvergütung nach § 47 Abs. 5 ist der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu überweisen.

§ 48. (1) Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hat die Pauschalvergütung auf die einzelnen Rechtsanwaltskammern so zu verteilen, dass eine Hälfte der Pauschalvergütung nach der Anzahl der am vorangegangenen 31. Dezember in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Mitglieder verteilt wird, die andere Hälfte der Pauschalvergütung nach der Anzahl der auf die Mitglieder der Rechtsanwaltskammer im vorangegangenen Jahr entfallenden Bestellungen nach § 45. Die Pauschalvergütung nach § 47 Abs. 5 ist der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu überweisen.


(2) …

(2) …


VIII. Abschnitt

VIII. Abschnitt


Strafbestimmungen

Strafbestimmungen


§ 57. (1) Wer die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt unberechtigt führt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 42 000 S zu bestrafen.

§ 57. (1) Wer die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt oder eine der in der Anlage zum EuRAG, BGBl. I Nr. …/2000, angeführten Anwaltsbezeichnungen unberechtigt führt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 42 000 S zu bestrafen.