76 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Nachdruck vom 31. 5. 2000

Regierungsvorlage

 

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden

 

Artikel 1

Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG)

Inhaltsverzeichnis

1. Teil

Allgemeine Bestimmungen

§  1. Begriffsbestimmungen

§  2. Militärischer Eigenschutz und Abgrenzung zur Sicherheitspolizei

§  3. Grundsätze der Aufgabenerfüllung und Befugnisausübung

§  4. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

§  5. Rechte der betroffenen Person

2. Teil

Besondere Aufgaben und Befugnisse

1. Hauptstück

Wachdienst

1. Abschnitt

Aufgabe

§  6. Wachdienst

2. Abschnitt

Befugnisse

§  7. Auskunftsverlangen

§  8. Kontrolle von Personen

§  9. Platzverbot

§ 10. Wegweisung

§ 11. Vorläufige Festnahme

§ 12. Durchsuchen von Personen

§ 13. Betreten von Grundstücken, Räumen und Fahrzeugen

§ 14. Sicherstellen von Sachen

§ 15. Verarbeitung von Daten

3. Abschnitt

Maßnahmen zur Befugnisausübung

§ 16. Unmittelbare Zwangsgewalt

§ 17. Mittel zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt

§ 18. Waffengebrauch

§ 19. Lebensgefährdender Waffengebrauch

2. Hauptstück

Militärische Nachrichtendienste

1. Abschnitt

Aufgaben

§ 20. Nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr

2. Abschnitt

Befugnisse

§ 21. Auskunftsverlangen

§ 22. Verarbeitung von Daten

§ 23. Verlässlichkeitsprüfung

§ 24. Durchführung der Verlässlichkeitsprüfung

§ 25. Übermittlung

3. Hauptstück

Militärische Luftraumüberwachung

§ 26. Aufgaben und Befugnisse

3. Teil

Inanspruchnahme von Leistungen (Leistungsrecht)

1. Hauptstück

Allgemeines

§ 27. Leistungen

§ 28. Voraussetzungen

§ 29. Leistungspflichtiger

§ 30. Ausnahmen von der Inanspruchnahme

2. Hauptstück

Behörden und Verfahren

§ 31. Anforderungsbehörde

§ 32. Informationspflichten

§ 33. Verfahren zur Anforderung

§ 34. Aufhebung der Anforderung

§ 35. Verfahrensrechtliche Sonderregelungen

§ 36. Unmittelbare Inanspruchnahme

3. Hauptstück

Besondere Bestimmungen

§ 37. Pflichten aus dem Bereitstellungsbescheid

§ 38. Erbringung der Leistung

§ 39. Rechtsverhältnisse betreffend den Leistungsgegenstand

§ 40. Rückstellung des Leistungsgegenstandes

§ 41. Verwahrung und Hinterlegung des Leistungsgegenstandes

§ 42. Eigentumsübernahme durch den Bund

4. Teil

Rechtsschutz

1. Hauptstück

Schadloshaltung

1. Abschnitt

Ersatz von Schäden durch Maßnahmen zur Befugnisausübung

§ 43. Anspruch und Höhe

§ 44. Übergang von Ansprüchen

§ 45. Anspruch im Falle einer Versicherungsleistung

2. Abschnitt

Ersatz von Schäden durch die Inanspruchnahme von Leistungen

§ 46. Anspruch und Höhe

§ 47. Kostenersatz

2

3. Abschnitt

Verfahren

§ 48. Entschädigung für eine Befugnisausübung

§ 49. Rückersatz wegen Versicherungsleistung

§ 50. Entschädigung für eine Inanspruchnahme von Leistungen

§ 51. Verjährung von Entschädigungsansprüchen

§ 52. Auszahlung der Entschädigungen

2. Hauptstück

Beschwerden

§ 53. Recht auf Gesetzmäßigkeit militärischer Maßnahmen

§ 54. Beschwerden wegen behaupteter Verletzung subjektiver Rechte

§ 55. Beschwerden wegen Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen

§ 56. Amtsbeschwerde

3. Hauptstück

Rechtsschutz im Bereich der Nachrichtendienste

§ 56a. Rechtsschutzbeauftragter

5. Teil

Straf- und Schlussbestimmungen

§ 57. Verwaltungsübertretungen

§ 58. Abgabenfreiheit

§ 59. Verweisungen auf andere Bundesgesetze

§ 60. In- und Außerkrafttreten

§ 61. Übergangsbestimmungen

§ 62. Vollziehung

1. Teil

Allgemeine Bestimmungen

Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Militärische Organe nach diesem Bundesgesetz sind

           1. Soldaten und

           2. Angehörige der Heeresverwaltung, wenn diese Organe ermächtigt sind, Befugnisse nach diesem Bundesgesetz auszuüben,

soweit diese Personen mit der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung betraut sind.

(2) Militärische Dienststellen nach diesem Bundesgesetz sind alle Dienststellen im Vollziehungs­bereich des Bundesministers für Landesverteidigung.

(3) Militärische Bereiche nach diesem Bundesgesetz sind unbewegliche Sachen, die zur Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung zur Verfügung stehen. Militärische Bereiche sind nach Maßgabe der jeweiligen besonderen örtlichen und militärischen Verhältnisse zu kennzeichnen.

(4) Heeresgut nach diesem Bundesgesetz sind bewegliche Sachen, die militärischen Organen zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben zur Verfügung stehen.

(5) Militärische Geheimnisse nach diesem Bundesgesetz sind alle militärisch bedeutsamen Tatsachen, Erkenntnisse, Nachrichten und Vorhaben, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und ihrer Art nach offenbar nicht ohne Gefahr für die Erfüllung einer Aufgabe des Bundesheeres preisgegeben werden können.

(6) Daten nach diesem Bundesgesetz sind sämtliche personenbezogenen Daten im Sinne des § 4 Z 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999.

(7) Militärische Rechtsgüter nach diesem Bundesgesetz sind

           1. Leben und Gesundheit von Personen, die mit der Vollziehung militärischer Angelegenheiten betraut sind, während ihrer Dienstausübung, oder

           2. darüber hinaus Leben und Gesundheit von Organwaltern verfassungsmäßiger Einrichtungen sowie von Vertretern ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen oder sonstiger zwischenstaatlicher Einrichtungen, sofern deren Schutz jeweils im Rahmen der militärischen Landesverteidigung zu gewährleisten ist, oder

           3. militärische Bereiche oder Heeresgut oder militärische Geheimnisse.

(8) Ein Angriff gegen militärische Rechtsgüter nach diesem Bundesgesetz ist die Bedrohung eines geschützten Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird. Ein solcher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Handlung vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.

(9) Einsatz nach diesem Bundesgesetz ist ein Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung nach § 2 Abs. 1 lit. a des Wehrgesetzes 1990 (WG), BGBl. Nr. 305.

(10) Im Falle eines Einsatzes ist der Einsatzraum entsprechend den jeweiligen militärischen Erfordernissen im erforderlichen Umfang als jener Raum festzulegen, in dem die eingesetzten Truppen Einsatzaufgaben zu erfüllen haben. Diese Festlegung oder Änderung oder Aufhebung eines Einsatzraumes obliegt dem Bundesminister für Landesverteidigung innerhalb der ihm von der Bundesregierung erteilten Ermächtigung. Sie ist nach Maßgabe der jeweiligen militärischen Interessen in geeigneter Weise kundzumachen, insbesondere durch Rundfunk oder andere optische oder akustische Mittel. Der Zeitpunkt des In- oder Außerkrafttretens einer solchen Maßnahme ist in der Kundmachung anzugeben. Im Falle eines Angriffes auf das Bundesgebiet gilt jedenfalls jenes Gebiet als Einsatzraum, das von Kampf­handlungen betroffen ist.

(11) Militärische Sicherheit nach diesem Bundesgesetz ist der Schutzzustand militärischer Rechtsgüter, der der Art und Schutzwürdigkeit dieser Rechtsgüter sowie der Art und Intensität einer möglichen Gefährdung entspricht.

(12) Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke betreffen, soweit dies inhaltlich in Betracht kommt, Frauen und Männer gleichermaßen.

Militärischer Eigenschutz und Abgrenzung zur Sicherheitspolizei

§ 2. (1) Der militärische Eigenschutz umfasst

           1. den Wachdienst zum Schutz vor drohenden und zur Abwehr von gegenwärtigen Angriffen gegen militärische Rechtsgüter oder zum Schutz oder zur Abwehr betreffend vergleichbare Tatbestände von Verwaltungsübertretungen, die gegen militärische Rechtsgüter gerichtet sind, und

           2. die nachrichtendienstliche Abwehr.

(2) Besteht ein Verhalten, gegen das sich der militärische Eigenschutz richtet, in einer allgemeinen Gefahr nach § 16 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, so ist die Erfüllung von Aufgaben nach diesem Bundesgesetz nur zulässig, wenn und solange nicht Sicherheitsbehörden zur Gefahrenabwehr einschreiten. Die zum militärischen Eigenschutz einschreitenden militärischen Organe haben

           1. die Sicherheitsbehörden von einer solchen allgemeinen Gefahr unverzüglich zu benachrichtigen und

           2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammen­zuarbeiten.

Grundsätze der Aufgabenerfüllung und Befugnisausübung

§ 3. (1) Militärische Organe und Dienststellen dürfen zur Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung unter angemessener Bedachtnahme auf andere öffentliche Interessen alle Mittel einsetzen, die nicht in die Rechte einer Person eingreifen. Hiebei dürfen diese Organe und Dienststellen ausschließlich jene Befugnisse ausüben, die

           1. mit der Wahrnehmung der ihnen konkret übertragenen Aufgaben verbunden sind und

           2. zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben unerlässlich sind.

Eine Übertragung von Aufgaben, die zur Ausübung von Befugnissen nach diesem Bundesgesetz berechtigen, ist nur an solche militärische Organe zulässig, die über die hiefür notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen.

(2) Bei der Ausübung von Befugnissen sind Eingriffe in Rechte einer Person nur zulässig, sofern

           1. derartige Befugnisse ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind und

            2. a) andere Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht ausreichen oder

               b) ihre Ausübung außer Verhältnis zum sonst gebotenen Eingriff steht.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

§ 4. (1) Die militärische Sicherheit dient dem Schutz militärischer Rechtsgüter in jenem Ausmaß, das der Schutzwürdigkeit dieser Rechtsgüter im Interesse der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres und dem Ausmaß der Bedrohung dieser Rechtsgüter im Verhältnis zum Aufwand für deren Schutz und den damit verbundenen Rechtseingriffen angemessen ist.

(2) Erweist sich ein Eingriff in die Rechte von Personen als erforderlich, so darf er dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass und zum angestrebten Erfolg wahrt.

(3) Bei der Ausübung von Befugnissen nach diesem Bundesgesetz haben militärische Organe und Dienststellen insbesondere

           1. von mehreren zielführenden Befugnissen jene auszuwählen, die voraussichtlich die Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt,

           2. darauf Bedacht zu nehmen, ob sich die Maßnahme gegen einen Unbeteiligten oder gegen denjenigen richtet, von dem die Gefahr ausgeht oder dem sie zuzurechnen ist,

           3. darauf Bedacht zu nehmen, dass der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Schäden und Gefährdungen steht,

           4. auch während der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt auf die Schonung der Rechte und schutzwürdigen Interessen der Betroffenen Bedacht zu nehmen und

           5. die Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde oder sich zeigt, dass er auf diesem Weg nicht erreicht werden kann.

Rechte der betroffenen Person

§ 5. (1) Bei der Ausübung von Befugnissen durch militärische Organe ist die betroffene Person berechtigt, eine Person ihres Vertrauens beizuziehen sowie für die Amtshandlung bedeutsame Tatsachen vorzubringen und deren Feststellung zu verlangen. Darüber hinaus ist der Betroffene auf sein Verlangen zu informieren über

           1. Anlass und Zweck der getroffenen Maßnahme und

           2. eine Personalnummer des einschreitenden Organes.

(2) Die Rechte nach Abs. 1 entfallen, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre.

2. Teil

Besondere Aufgaben und Befugnisse

1. Hauptstück

Wachdienst

1. Abschnitt

Aufgabe

Wachdienst

§ 6. (1) Der Wachdienst dient

           1. dem Schutz vor drohenden und der Abwehr von gegenwärtigen Angriffen gegen militärische Rechtsgüter sowie dem Schutz oder der Abwehr betreffend vergleichbare Tatbestände von Verwaltungsübertretungen, die gegen militärische Rechtsgüter gerichtet sind, und

           2. dem Schutz von Personen, sofern deren Leben oder Gesundheit oder Eigentum durch die Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung gefährdet werden.

(2) Der Wachdienst darf von militärischen Organen nur auf Grund eines besonderen Auftrages geleistet werden. Ohne einen solchen Auftrag dürfen militärische Organe Aufgaben des Wachdienstes wahrnehmen, wenn und solange

           1. dies zur Abwehr eines gegenwärtigen Angriffes gegen militärische Rechtsgüter erforderlich ist und

           2. hiezu besonders beauftragte militärische Organe die notwendigen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig setzen können.

(3) Während eines Einsatzes

           1. dürfen im Rahmen des Wachdienstes auch solche Bereiche geschützt werden, die für die Erfüllung von Einsatzaufgaben von wesentlicher Bedeutung sind, und

           2. stehen die Befugnisse im Wachdienst allen eingesetzten militärischen Organen zur Erfüllung von Einsatzaufgaben zu.

2. Abschnitt

Befugnisse

Auskunftsverlangen

§ 7. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen von jenen Personen Auskünfte einholen, von denen anzunehmen ist, sie könnten sachdienliche Hinweise für die Wahrnehmung des Wachdienstes geben. Bei der Einholung von Auskünften ist auf die Freiwilligkeit der Mitwirkung hinzuweisen. Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieser Befugnis ist unzulässig.

(2) Die Befugnis nach Abs. 1 steht während eines Einsatzes mit der Maßgabe zu, dass auch Auskünfte über sachdienliche Hinweise für die Erfüllung von Einsatzaufgaben eingeholt werden dürfen.

Kontrolle von Personen

§ 8. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen kontrollieren, wenn auf Grund be­stimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass diese Personen

           1. mit einem Angriff gegen militärische Rechtsgüter im Zusammenhang stehen oder

           2. über einen solchen Angriff Auskunft geben können.

Diese Kontrolle hat die Feststellung der Identität zu umfassen und darf nur in engem zeitlichen Zu­sammenhang mit dem Angriff durchgeführt werden.

(2) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen kontrollieren, die

           1. einen militärischen Bereich betreten oder zu betreten versuchen oder

           2. sich in einem solchen Bereich aufhalten oder ihn zu verlassen versuchen oder

           3. einen solchen Bereich unmittelbar zuvor verlassen haben.

Diese Kontrolle hat die Feststellung der Identität der betroffenen Person und die Gründe für das Betreten oder den Aufenthalt oder das Verlassen zu umfassen.

(3) Eine Feststellung der Identität nach den Abs. 1 und 2 kann nach Maßgabe der militärischen Erfordernisse das Feststellen des Namens, des Geburtsdatums und des Wohnsitzes einer Person umfassen.

(4) Die Kontrollen von Personen sind mit der dem jeweiligen Anlass entsprechenden Verlässlichkeit durchzuführen. Die einschreitenden militärischen Organe haben Personen, deren Identität festgestellt werden soll, hievon in Kenntnis zu setzen. Jeder Betroffene ist verpflichtet, an einer Kontrolle mit­zuwirken und deren unmittelbare Durchsetzung zu dulden.

Platzverbot

§ 9. (1) Der Bundesminister für Landesverteidigung hat mit Verordnung das Betreten eines militärischen Bereiches oder eines Teiles davon oder des unmittelbaren Nahbereiches eines Standortes von Heeresgut und den Aufenthalt in solchen Bereichen zu verbieten sowie die Nichtbefolgung dieses Verbotes als Verwaltungsübertretung zu erklären, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass in einem solchen Bereich

           1. im Zusammenhang mit der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung Gefahr für das Leben oder die Gesundheit oder das Eigentum von Personen besteht oder

           2. in größerem Umfang die Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung verhindert oder erheblich behindert wird oder

           3. die Umstände nach den Z 1 und 2 unmittelbar eintreten werden.

Wurde über einen Bereich ein Platzverbot verhängt, so dürfen militärische Organe im Wachdienst Personen nach Maßgabe der jeweiligen Umstände am Betreten dieses Bereiches hindern und aus diesem Bereich wegweisen.

(2) Eine Verordnung nach Abs. 1 hat den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens zu bestimmen. Sie ist nach Maßgabe der jeweiligen militärischen Interessen in geeigneter Weise kundzumachen, insbesondere durch Rundfunk oder andere akustische Mittel. Die Verordnung ist aufzuheben, sobald die Gründe für ihre Erlassung weggefallen sind. Sie tritt jedenfalls drei Monate nach ihrem Wirksamwerden außer Kraft.

Wegweisung

§ 10. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen, solange der Bundesminister für Landes­verteidigung nicht nach § 9 einschreiten kann, Personen aus einem militärischen Bereich oder aus einem Teil davon oder aus dem unmittelbaren Nahbereich eines Standortes von Heeresgut wegweisen, wenn durch die Anwesenheit dieser Personen in einem solchen Bereich

           1. im Zusammenhang mit der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihr Eigentum besteht oder

           2. in größerem Umfang die Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung verhindert oder erheblich behindert wird oder

           3. der Eintritt der Umstände nach den Z 1 und 2 unmittelbar bevorsteht.

(2) Darüber hinaus dürfen militärische Organe im Wachdienst, sofern nicht Abs. 1 anzuwenden ist, Personen, die sich in einem militärischen Bereich oder im unmittelbaren Nahbereich eines Standortes von Heeresgut ohne ausreichende Begründung aufhalten, nach Maßgabe wichtiger militärischer Erfordernisse aus diesem Bereich wegweisen.

3

Vorläufige Festnahme

§ 11. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen vorläufig festnehmen, wenn hin­reichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass diese Personen einen Angriff gegen militärische Rechtsgüter ausführen oder unmittelbar vorher ausgeführt haben oder dass nach ihnen wegen eines solchen Angriffes gefahndet wird.

(2) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen zum Zweck ihrer Vorführung vor die für das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz zuständige Behörde vorläufig festnehmen, sofern diese Personen auf frischer Tat betreten werden

           1. bei einer als Verwaltungsübertretung erklärten Nichtbefolgung eines Verbotes betreffend ein Platzverbot nach § 9 oder

           2. bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 des Sperrgebietsgesetzes 1995 (SperrGG 1995), BGBl. Nr. 260.

(3) Eine Festnahme nach Abs. 2 ist nur zulässig, wenn

           1. der Betretene dem militärischen Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder

           2. begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder

           3.  a) der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht und

               b) eine Wegweisung aus dem betreffenden Bereich zur Verhinderung der Fortsetzung oder Wiederholung der strafbaren Handlung nicht ausreicht.

(4) Der Festgenommene ist unter Achtung seines Ehrgefühles und seiner Menschenwürde sowie mit möglichster Schonung seiner Person zu behandeln.

(5) Der Festgenommene ist unverzüglich dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überstellen oder, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen. Er darf durch militärische Organe in keinem Fall länger als 24 Stunden festgehalten werden.

(6) Der Festgenommene ist ehestens, wenn möglich bereits bei seiner Festnahme, über die diesbezüglich relevanten Gründe und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Er hat das Recht, dass auf sein Verlangen ohne unnötigen Aufschub und nach seiner Wahl von der Festnahme verständigt werden

           1. ein Angehöriger oder eine sonstige Person seines Vertrauens und

           2. ein Rechtsbeistand.

Über dieses Recht ist der Festgenommene zu belehren.

(7) Der Festgenommene ist unmittelbar vor einer allfälligen Abschließung in einem Haftraum zu durchsuchen. Er hat für die Dauer der Festhaltung Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung. Zusätzlich zu dieser Verpflegung dürfen Nahrungs- oder Genussmittel nicht mitgenommen werden.

(8) Ein Festgenommener ist in einem einfach und zweckmäßig eingerichteten Haftraum mit aus­reichendem Luftraum und genügender Helligkeit unterzubringen. Dem Festgenommenen ist die erfor­derliche Gelegenheit zur Körperpflege und zum Aufsuchen der Toilettenanlagen zu geben.

Durchsuchen von Personen

§ 12. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen durchsuchen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass diese Personen

           1. mit einem Angriff gegen militärische Rechtsgüter im Zusammenhang stehen und

           2. einen Gegenstand bei sich haben, von dem eine Gefahr für militärische Rechtsgüter ausgeht.

Eine solche Durchsuchung darf nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Angriff oder der Gefahr durchgeführt werden.

(2) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen durchsuchen, die

           1. einen militärischen Bereich betreten oder zu betreten versuchen oder

           2. sich in einem solchen Bereich aufhalten oder ihn zu verlassen versuchen oder

           3. einen solchen Bereich unmittelbar zuvor verlassen haben,

sofern dies aus Gründen der militärischen Sicherheit unerlässlich ist.

(3) Die Durchsuchungsermächtigung nach § 11 Abs. 7 betreffend Festgenommene bleibt unberührt.

(4) Die Ermächtigung zur Durchsuchung einer Person gilt auch für das Durchsuchen von Gegen­ständen, die diese Person mit sich führt. Eine Durchsuchung ist unter Achtung des Ehrgefühles und der Menschenwürde des Betroffenen sowie mit möglichster Schonung seiner Person durchzuführen.

Betreten von Grundstücken, Räumen und Fahrzeugen

§ 13. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen bei Gefahr im Verzug Grundstücke und Räume sowie Luft-, Land- und Wasserfahrzeuge (Fahrzeuge) betreten, sofern

           1. dies zur Abwehr eines Angriffes gegen militärische Rechtsgüter erforderlich ist oder

           2. dadurch ein zulässiger Waffengebrauch vermieden werden kann oder

           3. dies zur Erfüllung von Einsatzaufgaben erforderlich ist.

Zu diesen Zwecken dürfen militärische Organe auch Behältnisse, die sich in den zu betretenden Objekten befinden, öffnen.

(2) Bei der Ausübung der Befugnisse nach Abs. 1 ist eine Durchsuchung nicht zulässig. Es ist besonders darauf zu achten, dass Eingriffe in die Rechtssphäre der Betroffenen die Verhältnismäßigkeit wahren und Verletzungen gesetzlich geschützter Berufsgeheimnisse möglichst vermieden werden.

Sicherstellen von Sachen

§ 14. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Sachen sicherstellen, wenn

           1. dies für Zwecke des militärischen Eigenschutzes erforderlich ist oder

           2. von diesen Sachen eine sonstige Gefahr für militärische Rechtsgüter ausgeht oder

           3. sich diese Sachen im Gewahrsam eines Festgenommenen befinden und geeignet sind, während dessen Festhaltung

                a) seine eigene oder die körperliche Sicherheit anderer Personen zu gefährden oder

               b) ihm die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern oder

                c) eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung im Haftraum darzustellen,

                oder

           4. für diese Sachen nach § 5 Abs. 3 SperrGG 1995 die Strafe des Verfalles droht und Gefahr im Verzug vorliegt oder

           5. dies zur Erfüllung von Einsatzaufgaben erforderlich ist.

Wird eine Sache sichergestellt, so ist dem Betroffenen hierüber ehestmöglich eine Bestätigung auszu­stellen.

(2) Die sichergestellten Sachen sind auszufolgen, sobald der Grund für ihre weitere Verwahrung entfällt. Sie sind der jeweils zuständigen Behörde zu übergeben, wenn

           1. ein Festgenommener der zur weiteren Verfolgung zuständigen Behörde überstellt wird oder

           2. anzunehmen ist, dass der Grund für die Sicherstellung dauernd bestehen bleibt.

Verarbeitung von Daten

§ 15. Im Wachdienst dürfen Daten ausschließlich in Ausübung der damit verbundenen Befugnisse zur Erfüllung der zu Grunde liegenden Aufgaben verarbeitet werden.

3. Abschnitt

Maßnahmen zur Befugnisausübung

Unmittelbare Zwangsgewalt

§ 16. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, die ihnen eingeräumten Befugnisse mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchsetzen. Dies gilt während eines Einsatzes auch für alle eingesetzten militärischen Organe zur Durchsetzung aller ihnen eingeräumten Befugnisse, mit Ausnahme einer Befugnisausübung für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr. Bei der Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt ist auf den Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit besonders Bedacht zu nehmen.

(2) Unmittelbare Zwangsgewalt gegen Personen darf nur ausgeübt werden, wenn dies für die Ausübung einer Befugnis unerlässlich ist und wenn ihre Ausübung den Betroffenen angekündigt wird, sofern durch eine solche Ankündigung der Zweck der Zwangsanwendung nicht gefährdet wird.

(3) Unmittelbare Zwangsgewalt gegen Sachen darf ausgeübt werden, wenn dies für die Ausübung einer Befugnis unerlässlich ist. Hiebei ist eine Gefährdung von Personen möglichst zu vermeiden.

Mittel zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt

§ 17. Militärische Organe im Wachdienst dürfen unmittelbare Zwangsgewalt ausüben durch

           1. körperliche Gewalt in Form unmittelbarer körperlicher Einwirkung auf Personen und Sachen,

           2. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt einschließlich technischer Sperren und Diensthunde,

           3. dienstlich zugelassene Waffen und

           4. sonstige Waffen sowie Mittel, deren Wirkung der einer Waffe gleichkommt, sofern eine geeignet erscheinende Waffe nach Z 3 nicht zur Verfügung steht.

Waffengebrauch

§ 18. (1) Als Waffengebrauch gilt die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt durch

           1. Waffen und sonstige Mittel nach § 17 Z 3 und 4 und

           2. den scharfen Einsatz eines Diensthundes gegen Personen.

(2) Militärische Organe im Wachdienst dürfen unter Bedachtnahme auf die ihnen erkennbaren Umstände Waffen gebrauchen

           1. zur Überwindung eines auf die Vereitlung einer rechtmäßigen Befugnisausübung gerichteten Widerstandes oder

           2. zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig angehaltenen oder festgenommenen Person oder

           3. zur Abwehr einer von einer Sache drohenden Gefahr für Personen oder Sachen, die im Rahmen des Wachdienstes geschützt und gesichert werden.

(3) Waffengebrauch ist nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, insbesondere die Androhung des Waffengebrauches oder die Verfolgung eines Flüchtenden oder die Anwendung anderer Mittel zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt, offensichtlich keinen Erfolg versprechen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Stehen verschiedene zum Waffengebrauch geeignete Mittel zur Verfügung, so darf nur von dem am wenigsten gefährlichen, nach den jeweiligen Umständen geeignet erscheinenden Mittel Gebrauch gemacht werden.

(4) Ein Waffengebrauch gegen Personen ist nur zulässig, wenn dessen Zweck durch einen Waffengebrauch ausschließlich gegen Sachen nicht erreicht werden kann. Der Waffengebrauch gegen Personen darf nur dazu dienen, diese Personen angriffs- oder widerstands- oder fluchtunfähig zu machen.

(5) Während eines Einsatzes darf im Einsatzraum von den Voraussetzungen nach Abs. 2 bis 4 abgewichen werden, wenn dies zur Erfüllung des Einsatzzweckes erforderlich ist.

Lebensgefährdender Waffengebrauch

§ 19. (1) Über die Voraussetzungen der §§ 16 bis 18 hinaus ist ein mit Lebensgefährdung verbundener Waffengebrauch gegen Personen nur zulässig zur notwendigen Verteidigung gegen einen unmittelbar drohenden oder gegenwärtigen schwerwiegenden rechtswidrigen Angriff auf Leben oder Gesundheit oder körperliche Unversehrtheit oder Freiheit einer Person.

(2) Ein lebensgefährdender Waffengebrauch ist ausdrücklich, zeitlich unmittelbar vorangehend und deutlich wahrnehmbar anzudrohen. Gegenüber einer Menschenmenge ist die Androhung zu wiederholen. Als Androhung des Schusswaffengebrauches gilt auch die Abgabe eines Warnschusses.

(3) Ein lebensgefährdender Waffengebrauch ist nur dann zulässig, wenn dadurch Unbeteiligte voraussichtlich nicht gefährdet werden. Dies gilt nicht, sofern dieser Waffengebrauch unvermeidbar erscheint, um eine Menschenmenge von solchen Gewalttaten abzuhalten, durch die die Sicherheit von Personen mittelbar oder unmittelbar gefährdet wird, deren Schutz und Sicherung im Interesse der militärischen Landesverteidigung erforderlich ist.

(4) Die Abs. 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn eine schwerwiegende Gefahr für Leben oder Gesundheit oder körperliche Unversehrtheit oder Freiheit einer Person nur durch sofortigen Waffengebrauch abgewendet werden kann und dieser den Umständen nach verhältnismäßig ist.

(5) Während eines Einsatzes darf im Einsatzraum von den Voraussetzungen nach Abs. 1 bis 3 insoweit abgewichen werden, als dies für die Erfüllung des Einsatzzweckes unerlässlich ist.

2. Hauptstück

Militärische Nachrichtendienste

1. Abschnitt

Aufgaben

Nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr

§ 20. (1) Die nachrichtendienstliche Aufklärung dient der Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen über das Ausland oder über internationale Organisationen oder sonstige zwischenstaatliche Einrichtungen betreffend militärische und damit im Zusammenhang stehende sonstige Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben.

(2) Die nachrichtendienstliche Abwehr dient dem militärischen Eigenschutz durch die Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten, die vorsätzliche Angriffe gegen militärische Rechtsgüter zur Beeinträchtigung der militärischen Sicherheit erwarten lassen.

(3) Die nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr sind von den nach der jeweiligen Heeres­organisation zur Erfüllung dieser Aufgaben eingerichteten militärischen Dienststellen sowie von den diesen Dienststellen angehörenden oder ihnen fachlich unterstellten militärischen Organen wahrzu­nehmen.

2. Abschnitt

Befugnisse

Auskunftsverlangen

§ 21. Militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Auf­klärung oder Abwehr betraut sind, dürfen von jenen Personen Auskünfte einholen, von denen anzu­nehmen ist, sie könnten sachdienliche Hinweise für die Wahrnehmung der nachrichtendienstlichen Auf­klärung oder Abwehr geben. Bei der Einholung von Auskünften ist auf die Freiwilligkeit der Mitwirkung hinzuweisen. Sollen durch die Einholung von Auskünften Daten ermittelt werden, so ist auch auf den amtlichen Charakter hinzuweisen. Besteht wegen wiederholter Kontakte über diese Umstände kein Zweifel, so können diese Hinweise entfallen.

Verarbeitung von Daten

§ 22. (1) Militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, dürfen zur Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben Daten verarbeiten.

(2) Militärische Organe und Dienststellen nach Abs. 1 dürfen von den Organen der Gebietskörper­schaften und der anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von den durch diese Körper­schaften betriebenen Stiftungen, Anstalten und Fonds jene Auskünfte verlangen, die diese Organe und Dienststellen als wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung von Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr benötigen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Eine Verweigerung der Auskunft unter der Berufung auf den Umstand, dass es sich um automationsunterstützt verarbeitete Daten handelt, ist nur zulässig, wenn eine Auskunftsbeschränkung ausdrücklich auch militärischen Dienststellen gegenüber gilt. Weiters ist eine Verweigerung der Auskunft insoweit zulässig, als andere öffentliche Interessen die Interessen der militärischen Landesverteidigung erheblich über­wiegen oder völkerrechtliche Verpflichtungen einer Auskunftserteilung entgegenstehen. Über die Amts­verschwiegenheit hinausgehende sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Verschwiegenheit bleiben un­berührt.

(3) Die Datenermittlung durch Beobachten (Observation) ist zulässig

           1. zur Abwehr gegenwärtiger vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter unter Bedacht­nahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs. 2,

           2. zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen mit Angriffen gegen militärische Rechtsgüter zu rechnen ist, und

           3. für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung.

(4) Die Datenermittlung durch Einholen von Auskünften ohne Hinweise nach § 21 (verdeckte Ermittlung) ist zulässig,

           1. zur Abwehr gegenwärtiger vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter unter Bedacht­nahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs. 2,

           2. zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen mit Angriffen gegen militärische Rechtsgüter mit schwerer Gefahr für die militärische Sicherheit zu rechnen ist und der Zweck der Ermittlung auf andere Weise nicht erreicht werden kann, und

           3. für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung.

(5) Die Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten ist zulässig

           1. zur Abwehr gegenwärtiger vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter unter Bedacht­nahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs. 2,

           2. zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen eine drohende oder gegenwärtige Gefahr von Angriffen gegen militärische Rechtsgüter als wahr­scheinlich anzunehmen ist, und

           3. für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung.

Eine solche Ermittlung darf unter den Voraussetzungen des Abs. 4 auch verdeckt erfolgen. Das Fern­meldegeheimnis bleibt unberührt.

(6) Eine Ermittlung aus dem Inland stammender Daten nach Abs. 5 ist unzulässig

           1. mit Tonaufzeichnungsgeräten, um nicht öffentliche und nicht im Wahrnehmungsbereich eines ermittelnden Organes erfolgende Äußerungen aufzuzeichnen und

           2. mit Bildaufzeichnungsgeräten, um nicht öffentliches und nicht im Wahrnehmungsbereich eines ermittelnden Organes erfolgendes Verhalten aufzuzeichnen.

(7) Darüber hinaus ist die Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten unter Bedacht­nahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs. 2 bei einer Zusammenkunft mehrerer Personen zulässig, wenn anzunehmen ist, dass es bei dieser Zusammenkunft zu einem Angriff gegen militärische Rechtsgüter kommen werde. Eine derartige Maßnahme ist zuvor auf solche Weise anzukündigen, dass sie einem möglichst weiten Kreis von möglichen Betroffenen bekannt wird. Die auf diese Weise ermittelten Daten dürfen auch zur Abwehr der sich bei diesen Zusammenkünften tatsächlich ereignenden Angriffe verarbeitet werden.

(8) Soweit Bundesbehörden oder Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung oder Bürgermeister gesetzlich zur Ausstellung von Urkunden berufen sind, haben sie auf Verlangen des Bundesministers für Landesverteidigung zum Zweck verdeckter Ermittlungen nach Abs. 4 Urkunden herzustellen, die über die Identität einer Person täuschen. Diese Urkunden dürfen nur im Rahmen eines Auftrages einer militärischen Dienststelle nach Abs. 1 im Rechtsverkehr verwendet werden.

Verlässlichkeitsprüfung

§ 23. (1) Militärische Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Abwehr betraut sind, dürfen in Angelegenheiten der militärischen Landesverteidigung eine Verlässlichkeitsprüfung durchführen. Eine Verlässlichkeitsprüfung ist die Abklärung der Verlässlichkeit einer Person anhand von Daten, die Aufschluss darüber geben, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass von dieser Person eine Gefahr für die militärische Sicherheit ausgeht.

(2) Als nicht verlässlich gilt eine Person jedenfalls im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen

           1. einer Straftat nach dem Militärstrafgesetz (MilStG), BGBl. Nr. 344/1970, oder

           2. einer Straftat nach dem Vierzehnten bis Siebzehnten oder Vierundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teiles des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, betreffend Hochverrat und andere Angriffe gegen den Staat, Angriffe auf oberste Staatsorgane, Landesverrat, strafbare Handlungen gegen das Bundesheer und Störung der Beziehungen zum Ausland oder

           3. einer Straftat nach den §§ 57 und 58 WG betreffend Nötigung zur Teilnahme an politischen Vereinigungen und Umgehung der Wehrpflicht oder

           4. darüber hinaus jeglichen Angriffes gegen militärische Rechtsgüter.

Nach Tilgung einer solchen Verurteilung ist die Verlässlichkeit jedoch nicht mehr von vornherein ausgeschlossen. Weiters gilt eine Person jedenfalls als nicht verlässlich, wenn aus von ihr zu vertretenden Gründen die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war.

(3) Eine Verlässlichkeitsprüfung darf erfolgen hinsichtlich Personen, die

           1. Zugang zu militärischen Rechtsgütern nach § 1 Abs. 7 Z 3 haben oder erlangen sollen oder

           2. sich im räumlichen Umfeld von Personen oder Sachen aufhalten, deren Schutz und Sicherung im Rahmen des militärischen Wachdienstes erforderlich ist.

(4) Solange die Voraussetzungen nach Abs. 3 erfüllt sind, darf eine Verlässlichkeitsprüfung jeden­falls nach jeweils drei Jahren wiederholt werden.

Durchführung der Verlässlichkeitsprüfung

§ 24. (1) Eine Verlässlichkeitsprüfung ist in den Fällen des § 23 Abs. 3 Z 1 nur auf Grund einer Erklärung des Betroffenen hinsichtlich seines Vorlebens und seiner gegenwärtigen Lebensumstände (Verlässlichkeitserklärung) und mit dessen Zustimmung durchzuführen. Der Bundesminister für Landes­verteidigung hat mit Verordnung nähere Bestimmungen über die Verlässlichkeitserklärung zu erlassen.

(2) In die Verlässlichkeitsprüfung sind jene Daten einzubeziehen, die die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Abwehr betrauten militärischen Dienststellen ermittelt haben. Darüber hinaus dürfen ermittelt werden

           1. im Falle des § 23 Abs. 3 Z 1 die zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Geprüften gemachten Angaben notwendigen Daten und

           2. im Falle des § 23 Abs. 3 Z 2 jene Daten, ohne die die Durchführung der Verlässlichkeitsprüfung nicht möglich wäre.

Bei der Einbeziehung von Daten in eine Verlässlichkeitsprüfung ist die Verhältnismäßigkeit zu wahren zwischen den Interessen des Privat- und Familienlebens des Betroffenen und den zwingenden öffentlichen Interessen.

Übermittlung

§ 25. (1) Militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, dürfen Daten übermitteln

           1. anderen militärischen Dienststellen,

           2. den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland in Angelegenheiten der militärischen Landesverteidigung und

           3. ausländischen öffentlichen Dienststellen, soweit dies

                a) auf einer völkerrechtlichen Verpflichtung beruht oder

               b) eine wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung von Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr darstellt.

(2) Eine Übermittlung nach Abs. 1 Z 3 darf, soweit dies zur Gewährleistung der Beachtung von Grundsätzen des Datenschutzes erforderlich ist, unter Auflagen geschehen. Eine solche Übermittlung ist unzulässig, sofern Grund zur Annahme besteht, dass

           1. hiedurch wesentliche Interessen der Republik Österreich verletzt werden oder

           2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen oder Dritter verletzt werden oder

           3. der Datenempfänger nicht für den gebotenen Schutz des Privatlebens des Betroffenen Sorge tragen oder Auflagen der übermittelnden militärischen Organe und Dienststellen missachten werde.

(3) Eine Übermittlung nach Abs. 1 Z 3 ist nur zulässig, wenn dem Datenempfänger auferlegt ist,

           1. die übermittelten Daten ohne Zustimmung der übermittelnden Organe und Dienststellen zu keinen anderen als den der Übermittlung zu Grunde liegenden Zwecken zu verwenden,

           2. die übermittelten Daten zu löschen, sobald

                a) sich die Unrichtigkeit der Daten ergibt oder

               b) die übermittelnde Dienststelle mitteilt, dass die übermittelten Daten rechtswidrig ermittelt oder übermittelt worden sind, oder

                c) die Daten nicht mehr zur Erfüllung des für die Übermittlung maßgeblichen Zweckes benötigt werden,

               und

           3. auf Ersuchen des Bundesministers für Landesverteidigung diesem über jegliche Verwendung Auskunft zu geben.

(4) Stellen militärische Organe und Dienststellen im Falle einer Übermittlung nach Abs. 1 Z 3 fest, dass übermittelte Daten unrichtig oder unrechtmäßig verarbeitet worden und deshalb richtigzustellen oder zu löschen sind, so haben sie den Datenempfänger darauf hinzuweisen.

(5) Im Falle einer Ermächtigung zum Abschluss von Übereinkommen nach Art. 66 Abs. 2 B-VG dürfen unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit völkerrechtliche Vereinbarungen betreffend die Übermittlung oder Überlassung von Daten nach Abs. 1 Z 3 abgeschlossen werden. Hiebei ist vorzusehen, dass die Verwendung der übermittelten Daten unter den Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 erfolgt.

(6) Der Bundesminister für Landesverteidigung hat dem Rechtsschutzbeauftragten bis Ende März jeden Jahres über die im Vorjahr durchgeführten Übermittlungen von Daten österreichischer Staatsbürger nach Abs. 1 Z 3 zu berichten.

3. Hauptstück

Militärische Luftraumüberwachung

Aufgaben und Befugnisse

§ 26. (1) Die militärische Luftraumüberwachung dient der ständigen Wahrung der Lufthoheit der Republik Österreich, insbesondere zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Souveränität.

(2) Die mit Aufgaben der militärischen Luftraumüberwachung betrauten militärischen Organe, ins­besondere jene der militärischen Luftfahrtverbände sowie der Einrichtungen des technischen Luftraum­beobachtungs- und Luftfahrzeugleitsystems, dürfen

           1. jene den österreichischen Luftraum benützenden Luftfahrzeuge stellen, die einer Verletzung der Lufthoheit oder einer Gefährdung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres verdächtig sind, und

           2. die maßgeblichen Umstände dieser Luftraumbenützung einschließlich der Identität des Luft­fahrzeuges feststellen.

(3) Die militärischen Organe nach Abs. 2 dürfen zur Durchsetzung ihrer Befugnisse die Maßnahmen zur Befugnisausübung nach den §§ 16 bis 19 anwenden.

3. Teil

Inanspruchnahme von Leistungen (Leistungsrecht)

1. Hauptstück

Allgemeines

Leistungen

§ 27. (1) Zur Erfüllung von Einsatzaufgaben dürfen als Leistung in Anspruch genommen werden

           1. die Überlassung fremder Sachen samt Zubehör und Ersatzteilen (Leistungsgegenstände) und

           2. die Erbringung von Werkleistungen im Rahmen des allgemeinen Geschäftsbetriebes von Unter­nehmen.

(2) Eine Überlassung von Ersatzteilen darf nur insoweit in Anspruch genommen werden, als sie ausschließlich einem in Anspruch genommenen Leistungsgegenstand dienen.

(3) An einem in Anspruch genommenen Leistungsgegenstand dürfen jene Änderungen vorge­nommen werden, die für die Erfüllung von Einsatzaufgaben unerlässlich sind.

Voraussetzungen

§ 28. (1) Leistungen dürfen nur in Anspruch genommen werden im Falle eines unbedingt not­wendigen militärischen Bedarfes, der auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht vollständig gedeckt werden kann.

(2) Bei der Inanspruchnahme ist Bedacht zu nehmen auf den Bedarf des Bundes, der Länder und der Gemeinden an Leistungen, deren Erbringung jeweils zur Erfüllung der Aufgaben der Gebietskörper­schaften im Rahmen der umfassenden Landesverteidigung unerlässlich ist.

(3) Kann der militärische Bedarf durch die Inanspruchnahme verschiedener Leistungen gedeckt werden, so sind jene heranzuziehen, durch deren Inanspruchnahme den militärischen Interessen, ins­besondere dem vorgesehenen Verwendungszweck und der raschen Einsatzmöglichkeit der Leistung, am zweckmäßigsten entsprochen wird. Darüber hinaus ist bei dieser Auswahl darauf Bedacht zu nehmen, dass vorrangig

           1. jene Personen als Leistungspflichtige herangezogen werden, deren berücksichtigungswürdige andere Interessen, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse und der sonstige Lebensbedarf, durch die Inanspruchnahme am geringsten beeinträchtigt werden, und

           2. Leistungsgegenstände in Anspruch genommen werden, die keinen beruflichen Zwecken dienen.

(4) Eine Inanspruchnahme von Leistungen ist so zu gestalten und durchzuführen, dass keinem Betroffenen vermeidbare Nachteile entstehen. Gegenstände, die der Befriedigung dringend notwendiger Bedürfnisse des täglichen Lebens dienen, dürfen nicht in Anspruch genommen werden.

(5) Eine Inanspruchnahme von Gebäuden oder Gebäudeteilen, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses einer Person dienen, ist nur insoweit zulässig, als der militärische Bedarf nicht durch die Inanspruchnahme solcher Leistungsgegenstände gedeckt werden kann, die anderen Zwecken dienen.

Leistungspflichtiger

§ 29. (1) Zur Leistung verpflichtet sind

           1. hinsichtlich zum Verkehr zugelassener Kraftfahrzeuge und Anhänger der Zulassungsbesitzer,

           2. hinsichtlich zugelassener Luftfahrzeuge der Luftfahrzeughalter,

           3. hinsichtlich der übrigen Leistungsgegenstände der Eigentümer und

           4. hinsichtlich der Erbringung von Werkleistungen der Inhaber des Unternehmens.

Trifft die Leistungspflicht mehrere Personen, so ist jede einzelne von ihnen für sich mit Wirkung für die anderen zur Leistung verpflichtet.

(2) Besteht an einem Leistungsgegenstand ein Eigentumsvorbehalt, so ist die Person zur Leistung verpflichtet, der gegenüber das Eigentum vorbehalten ist. Dies gilt jedoch nicht in den Fällen des Abs. 1 Z 1 und 2. Wird ein Leistungsgegenstand auf Grund eines Eigentumsvorbehaltes vom Eigentümer zu­rückgefordert, so geht die Leistungspflicht auf diesen über.

(3) Besteht an einem Leistungsgegenstand ein Bestandverhältnis, so ist der Bestandnehmer zur Leistung verpflichtet. Dies gilt jedoch nicht in den Fällen des Abs. 1 Z 1 und 2. Mit Auflösung des Bestandvertrages geht die Leistungspflicht auf den Eigentümer des Leistungsgegenstandes über.

(4) Die Leistungspflicht geht über im Falle

           1. des Todes des Leistungspflichtigen oder

           2. sonstiger Änderung der Verfügungsgewalt über ein zur Erbringung von Werkleistungen heran­gezogenes Unternehmen

an den Rechtsnachfolger am Leistungsgegenstand oder Unternehmen, mangels eines solchen Nachfolgers auf den jeweiligen Eigentümer.

(5) Ein Wechsel in der Person des bisher Leistungspflichtigen ist von diesem, im Falle des Abs. 4 vom Rechtsnachfolger oder Eigentümer, unverzüglich der Anforderungsbehörde zu melden.

Ausnahmen von der Inanspruchnahme

§ 30. (1) Von der Leistungspflicht ausgenommen sind

           1. Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechtes hinsichtlich der zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der Hoheitsverwaltung notwendigen Leistungen,

           2. Einrichtungen des Zivil- und Katastrophenschutzes sowie des Feuerwehr-, Rettungs- und Gesundheitswesens hinsichtlich der zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendigen Leistungen,

           3. Unternehmen, die

                a) der Versorgung mit Elektrizität oder Gas oder Wasser oder

               b) der öffentlichen Nachrichtenübermittlung

               dienen, hinsichtlich der zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendigen Leistungen,

           4. Unternehmen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, hinsichtlich der zur Aufrechterhaltung des lebenswichtigen Verkehrs notwendigen Leistungen,

           5. andere als in Z 3 oder 4 genannte Unternehmen, soweit diese lebenswichtige Aufgaben erfüllen, hinsichtlich der zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendigen Leistungen,

           6. Seelsorger gesetzlich anerkannter Kirchen oder Religionsgesellschaften, Angehörige der Gesund­heitsberufe und Tierärzte hinsichtlich der zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Leistungen,

           7. Zulassungsbesitzer von Invalidenkraftfahrzeugen oder von sonstigen Kraftfahrzeugen, die im Hinblick auf die Invalidität des Besitzers mit im Zulassungsschein eingetragenen Zusatzgeräten oder geänderten Bedienungseinrichtungen ausgestattet oder die sonst nachweislich zur Beför­derung eines Körperbehinderten unerlässlich sind, hinsichtlich dieser Kraftfahrzeuge und

           8. Ausländer, soweit nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes oder auf Grund von Staatsverträgen Befreiungen bestehen.

(2) Lebenswichtig im Sinne des Abs. 1 sind jene Erfordernisse, die der Befriedigung dringend notwendiger Bedürfnisse des täglichen Lebens dienen.

2. Hauptstück

Behörden und Verfahren

Anforderungsbehörde

§ 31. (1) Die Anforderung von Leistungen obliegt dem Militärkommando als Anforderungsbehörde.

(2) Über Berufungen gegen Bescheide der Anforderungsbehörde im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder Durchführung einer Inanspruchnahme von Leistungen hat der Bundesminister für Landesverteidigung zu entscheiden.

(3) Die Behörden nach den Abs. 1 und 2 dürfen für Zwecke der Vorbereitung oder Durchführung einer Inanspruchnahme von Leistungen Daten verarbeiten.

4

Informationspflichten

§ 32. (1) Natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes haben der Anforderungsbehörde auf deren Verlangen jene Auskünfte zu erteilen, die zur Vorbereitung oder Durchführung einer Leistungsanforderung notwendig sind. Dies betrifft insbesondere auch Auskünfte über

           1. die für die Erbringung einer Leistung maßgeblichen Rechtsverhältnisse,

           2. Beschaffenheit und Wert eines Leistungsgegenstandes und

           3. Beschaffenheit und Nutzungsmöglichkeit eines zur Erbringung von Werkleistungen in Frage kommenden Unternehmens.

Diese Verpflichtung umfasst auch die Duldung der Einsichtnahme durch Organe der Anforderungs­behörde in jene Unterlagen, die sich auf die Auskunftserteilung beziehen.

(2) Organe der Anforderungsbehörde sind berechtigt, zur Vorbereitung oder Durchführung einer Leistungsanforderung

           1. in Frage kommende Leistungsgegenstände und Unternehmen an Ort und Stelle zu besichtigen sowie auf ihre Eignung für eine Inanspruchnahme zu überprüfen und,

           2. soweit es hiezu erforderlich ist, Liegenschaften, Gebäude und Räume zu betreten.

Die Ausübung dieser Berechtigungen ist vom Betroffenen zu dulden.

(3) Die Anforderungsbehörde darf von den Organen der Gebietskörperschaften und der anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von den durch diese Körperschaften betriebenen Stiftungen, Anstalten und Fonds jene Auskünfte verlangen, die diese Dienststelle als wesentliche Voraussetzung für die Vorbereitung oder Durchführung einer Inanspruchnahme von Leistungen benötigen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Eine Verweigerung der Auskunft unter der Berufung auf den Umstand, dass es sich um automationsunterstützt verarbeitete Daten handelt, ist nur zulässig, wenn eine Auskunftsbeschränkung ausdrücklich auch militärischen Dienststellen gegenüber gilt. Weiters ist eine Verweigerung der Auskunft insoweit zulässig, als andere öffentliche Interessen die Interessen der militärischen Landesverteidigung erheblich überwiegen oder völkerrechtliche Verpflichtungen einer Auskunftserteilung entgegenstehen. Über die Amtsverschwiegenheit hinausgehende sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Verschwiegenheit bleiben unberührt.

(4) Die von der Anforderungsbehörde auf Grund der Abs. 1 bis 3 erlangten Kenntnisse dürfen nur für die Vollziehung für Zwecke der Vorbereitung oder Durchführung einer Inanspruchnahme von Leistungen verwendet werden.

Verfahren zur Anforderung

§ 33. (1) Eine Leistung ist mit einem Leistungsbescheid anzufordern. Dieser Bescheid hat im Spruch zu enthalten

           1. den Leistungspflichtigen,

           2. die militärische Dienststelle, der gegenüber die Leistung zu erbringen ist (Leistungsempfänger),

           3. die genaue Bezeichnung der Leistung,

           4. Zeitpunkt und Ort der Erbringung der Leistung und,

           5. sofern die Leistungsanforderung befristet wird, die bei einer Aufhebung der Anforderung mittels Aufhebungsbescheides notwendigen Angaben.

(2) Eine Leistungsanforderung kann auch außerhalb eines Einsatzes jederzeit mittels Bereitstellungs­bescheides vorbereitet werden. Dieser Bescheid hat im Spruch zu enthalten

           1. den Leistungspflichtigen,

           2. den Leistungsempfänger,

           3. die genaue Bezeichnung der Leistung und

           4. den Ort der Erbringung der Leistung.

(3) Im Falle der Erlassung eines Bereitstellungsbescheides ist der Zeitpunkt der Erbringung der Leistung festzusetzen

           1. mit einem Vollzugsbescheid oder,

           2. sofern es militärische Rücksichten erfordern, durch eine allgemeine Bekanntmachung des Bun­desministers für Landesverteidigung.

Diese allgemeine Bekanntmachung ist nach Maßgabe der jeweiligen militärischen Interessen in geeigneter Weise kundzumachen, insbesondere durch Rundfunk oder andere akustische Mittel.

(4) Als Zeitpunkt der Erbringung der Leistung darf frühestens festgesetzt werden der Zeitpunkt

           1. der Kundmachung der Verfügung eines Einsatzes oder

           2. der Bereitstellung von Truppen oder Heeresgut zum Einsatz oder,

           3. sofern die Einberufung von Personen zum Einsatzpräsenzdienst früher erfolgt, der Zeitpunkt, an dem sie diesen Präsenzdienst anzutreten haben.

(5) Im Falle eines Wechsels in der Person des Leistungspflichtigen nach § 29 Abs. 2 und 3 hat der bisher Leistungspflichtige dem neuen Leistungspflichtigen unverzüglich zu übergeben

           1. einen Leistungsbescheid und,

           2. sofern im Falle eines Bereitstellungsbescheides der Zeitpunkt der Erbringung der Leistung bereits bestimmt wurde, diesen Bescheid sowie einen allfälligen Vollzugsbescheid.

Aufhebung der Anforderung

§ 34. (1) Sind die Voraussetzungen weggefallen

           1. für die Anforderung einer Leistung oder

           2. für die Vorbereitung einer solchen Anforderung,

so hat die Anforderungsbehörde von Amts wegen mittels Aufhebungsbescheides die Anforderung oder deren Vorbereitung aufzuheben. Im Falle der Z 1 ist die Anforderung spätestens unverzüglich nach Beendigung der Abschlussmaßnahmen nach dem Einsatz aufzuheben.

(2) Der Aufhebungsbescheid für die Anforderung einer Leistung hat im Spruch zu enthalten

           1. die zur Rückstellung des Leistungsgegenstandes verpflichtete militärische Dienststelle,

           2. die zur Rückübernahme dieses Gegenstandes verpflichtete Person,

           3. die genaue Bezeichnung der Leistung und

           4.  a) Zeitpunkt und Ort der Rückstellung des Leistungsgegenstandes oder

               b) Zeitpunkt des Erlöschens der Verpflichtung zur Erbringung einer Werkleistung.

(3) Wurde eine Leistungsanforderung bereits im Leistungsbescheid befristet, so ist ein Aufhebungs­bescheid nicht erforderlich.

Verfahrensrechtliche Sonderregelungen

§ 35. (1) Kann ein Leistungsbescheid oder ein Vollzugsbescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, nicht ohne eine den Zweck der Leistungsanforderung gefährdende Verzögerung zugestellt werden, so ist die rechtswirksame Zustellung eines solchen Bescheides an

           1. den Leistungspflichtigen oder

           2. den jeweiligen Inhaber des Leistungsgegenstandes oder

           3. den Leiter oder Stellvertreter oder einen sonstigen Funktionsträger mit maßgeblichem Einfluss auf die Führung einer Arbeitsstätte eines zu einer Werkleistung herangezogenen Unternehmens

an jedem Ort zulässig, an dem eine dieser Personen angetroffen wird.

(2) Der Leistungsbescheid, der Bereitstellungsbescheid und der Vollzugsbescheid sind schriftlich zu erlassen.

(3) Einer Berufung gegen einen Leistungsbescheid oder einen Vollzugsbescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(4) Gegen einen Aufhebungsbescheid ist eine Berufung nicht zulässig.

Unmittelbare Inanspruchnahme

§ 36. (1) Militärische Organe dürfen während eines Einsatzes jene Leistungsgegenstände unmittelbar in Anspruch nehmen, die

           1. sich im Einsatzraum befinden oder

           2. zum unmittelbaren Anmarsch von Truppen in den Einsatzraum zwingend erforderlich sind,

sofern eine solche Maßnahme zur Abwehr einer offenkundigen, nicht wiedergutzumachenden, unmittelbar drohenden Gefahr für die Erfüllung von Einsatzaufgaben unerlässlich ist. Eine solche Gefahr liegt ins­besondere vor, wenn durch die Inanspruchnahme eines Leistungsgegenstandes im Wege einer Anforde­rung eine den Zweck der Inanspruchnahme gefährdende Verzögerung der Deckung des militärischen Be­darfes droht.

(2) Im Falle einer unmittelbaren Inanspruchnahme dürfen die militärischen Organe die Informations­rechte nach § 32 Abs. 2 unter Bedachtnahme auf die Verwendungsbeschränkung nach § 32 Abs. 4 ausüben. Diese Organe haben dafür Sorge zu tragen, dass der Leistungspflichtige unverzüglich von der Inanspruchnahme in Kenntnis gesetzt wird.

(3) Bei der Aufhebung einer unmittelbaren Inanspruchnahme ist § 34 über die Aufhebung einer Anforderung mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Anforderung jeweils die unmittelbare Inanspruchnahme tritt.

3. Hauptstück

Besondere Bestimmungen

Pflichten aus dem Bereitstellungsbescheid

§ 37. (1) Der Leistungspflichtige wird durch einen Bereitstellungsbescheid bis zu dem für die Erbringung der Leistung angeordneten Zeitpunkt verpflichtet, der Anforderungsbehörde zu melden

           1. die Verlegung seines Hauptwohnsitzes oder, sofern die Leistungspflicht ein Unternehmen betrifft, die Änderung des Ortes, von dem aus er über dieses Unternehmen hauptsächlich verfügt,

           2. jede Änderung der Beschaffenheit des Leistungsgegenstandes oder Unternehmens, die eine wesentliche Änderung der jeweiligen Nutzungsmöglichkeit bewirkt, und

           3. jede für die künftige Leistungserbringung wesentliche Änderung der Eigentums- und Besitz­verhältnisse am Leistungsgegenstand oder Unternehmen.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 geht im Falle eines Wechsels in der Person des Leistungs­pflichtigen nach § 29 Abs. 2 bis 4 nicht über, solange der Zeitpunkt für die Erbringung der Leistung noch nicht festgesetzt ist.

Erbringung der Leistung

§ 38. (1) Der Leistungspflichtige hat die angeforderte Leistung zum angeordneten Zeitpunkt am angeordneten Ort ordnungsgemäß und vollständig zu erbringen oder erbringen zu lassen. Ein Leistungs­gegenstand ist dabei betriebsbereit zu übergeben oder übergeben zu lassen. Der Leistungspflichtige oder sein Vertreter hat auf Verlangen des Leistungsempfängers

           1. alle die Leistung betreffenden Auskünfte zu erteilen und

           2. dessen Organe im jeweils erforderlichen Umfang in die Bedienung des Leistungsgegenstandes einzuweisen.

(2) Bei der Erbringung der Leistung hat der Leistungspflichtige oder sein Vertreter dem Leistungs­empfänger

           1.  a) den Leistungsbescheid oder

               b) den Bereitstellungsbescheid und einen allfälligen Vollzugsbescheid

               vorzuweisen,

           2. mitzuteilen, ob und welchen dritten Personen Rechte am Leistungsgegenstand zukommen, und,

           3. sofern ein zugelassenes Kraft- oder Luftfahrzeug oder ein zugelassener Anhänger übergeben wird, den Zulassungsschein auszufolgen.

Im Falle der Z 3 verbleibt der Zulassungsschein bis zur Rückstellung des Leistungsgegenstandes beim Leistungsempfänger.

(3) Die Erbringung der Leistung hinsichtlich einer Liegenschaft oder eines Gebäudes oder Gebäude­teiles hat auf der angeforderten Liegenschaft oder in dem angeforderten Gebäude oder Gebäudeteil zu erfolgen.

(4) Erweist sich der Leistungsgegenstand oder die Werkleistung im Zeitpunkt der Erbringung als ungeeignet zur Deckung des zugrunde liegenden militärischen Bedarfes, so hat der Leistungsempfänger den Leistungsgegenstand dem Leistungspflichtigen oder seinem Vertreter unverzüglich rückzustellen oder diese Personen von der Verpflichtung zur Werkleistung zu entbinden. Mit dieser Rückstellung oder Entbindung treten außer Kraft

           1. der Leistungsbescheid oder

           2. ein allfälliger Vollzugsbescheid.

Eine allgemeine Bekanntmachung betreffend den Zeitpunkt der Leistungserbringung tritt hinsichtlich dieser Leistungsgegenstände oder Werkleistungen außer Kraft.

(5) Der Leistungsempfänger hat über die Leistungserbringung eine Niederschrift abzufassen. Diese Niederschrift hat insbesondere zu enthalten

           1. Angaben über den Zustand des Leistungsgegenstandes oder über den Umfang der Werkleistung im Zeitpunkt der Leistungserbringung,

           2. Angaben über Rechte dritter Personen am Leistungsgegenstand,

           3. im Falle einer Rückstellung des Leistungsgegenstandes nach Abs. 4 den Grund für diese Rück­stellung und,

           4. sofern der Leistungspflichtige oder sein Vertreter die Unterfertigung der Niederschrift ver­weigert, einen entsprechenden Vermerk.

Ein Exemplar der Niederschrift ist dem Leistungspflichtigen oder seinem Vertreter auszufolgen. Weitere Exemplare sind zu übermitteln der Anforderungsbehörde und den in der Niederschrift genannten dritten Personen, denen Rechte am Leistungsgegenstand zukommen.

(6) Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt durch militärische Organe zur Erzwingung der Leistungserbringung ist unzulässig.

Rechtsverhältnisse betreffend den Leistungsgegenstand

§ 39. (1) Der Eigentümer des Leistungsgegenstandes oder sonst Berechtigte können unter Lebenden nicht rechtswirksam über den Leistungsgegenstand verfügen ab

           1. der Zustellung eines Leistungs- oder Vollzugsbescheides oder

           2. einer allgemeinen Bekanntmachung des Übergabezeitpunktes oder

           3. der unmittelbaren Inanspruchnahme.

Diese Beschränkung endet mit der Rückübernahme des Leistungsgegenstandes oder mit dessen Übernahme in das Eigentum des Bundes.

(2) Während des Zeitraumes zwischen der Übergabe oder unmittelbaren Inanspruchnahme des Leistungsgegenstandes und seiner Rückstellung ruhen

           1. alle Rechte und Pflichten aus einem den Leistungsgegenstand betreffenden Versicherungsvertrag und

           2. alle öffentlich-rechtlichen Rechte und Pflichten, die sich auf den Leistungsgegenstand beziehen.

(3) Geht die Leistungspflicht nach § 29 Abs. 2 bis 4 über, so hat abweichend vom Abs. 2 Z 2

           1. im Falle des § 29 Abs. 2 und 3 der bisher Leistungspflichtige und

           2. im Falle des § 29 Abs. 4 der Rechtsnachfolger oder Eigentümer

die Änderung jener Rechtsverhältnisse, die zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge und Anhänger betreffen, der Zulassungsbehörde unverzüglich zu melden. Mit dieser Meldung gelten diese Kraft­fahrzeuge oder Anhänger als abgemeldet.

Rückstellung des Leistungsgegenstandes

§ 40. (1) Der Leistungspflichtige hat den Leistungsgegenstand zum angeordneten Zeitpunkt am angeordneten Ort zu übernehmen oder übernehmen zu lassen. Die Rückstellung einer Liegenschaft oder eines Gebäudes oder Gebäudeteiles hat auf dieser Liegenschaft oder in diesem Gebäude zu erfolgen.

(2) Ist der rückstellenden militärischen Dienststelle bekannt, dass dritten Personen das Eigentum am Leistungsgegenstand zusteht, so hat sie diesen Personen Zeitpunkt und Ort der Rückstellung mitzuteilen.

(3) Die rückstellende militärische Dienststelle hat über die Rückstellung eine Niederschrift abzu­fassen. Diese Niederschrift hat insbesondere zu enthalten

           1. Angaben über den Zustand des Leistungsgegenstandes im Zeitpunkt der Rückstellung,

           2. Angaben, ob und inwieweit eine Beschädigung oder wertmindernde Abänderung des Leistungs­gegenstandes vorliegt, und,

           3. sofern der Leistungspflichtige oder sein Vertreter die Unterfertigung der Niederschrift verweigert oder zur Rückstellung nicht erschienen ist, einen entsprechenden Vermerk.

Ein Exemplar der Niederschrift ist dem Leistungspflichtigen oder seinem Vertreter auszufolgen. Weitere Exemplare sind zu übermitteln der Anforderungsbehörde sowie den der rückstellenden Dienststelle bekannten Personen nach Abs. 2.

Verwahrung und Hinterlegung des Leistungsgegenstandes

§ 41. (1) Wird der Leistungsgegenstand vom Leistungspflichtigen oder seinem Vertreter zum ange­ordneten Zeitpunkt nicht übernommen, so ist der Leistungsgegenstand auf Gefahr des Leistungs­pflichtigen vom Bund zu verwahren. Von dieser Verwahrung sind zu verständigen

           1. der Leistungspflichtige und,

           2. sofern dieser nicht Eigentümer des Leistungsgegenstandes ist, der Eigentümer.

(2) Wird der vom Bund verwahrte Leistungsgegenstand nicht innerhalb eines Monates ab Beginn der Verwahrung übernommen

           1. vom Leistungspflichtigen oder,

           2. sofern dieser nicht Eigentümer des Leistungsgegenstandes ist, vom Eigentümer,

so ist der Leistungsgegenstand gerichtlich zu hinterlegen. Auf diese Hinterlegung ist § 1425 des allge­meinen bürgerlichen Gesetzbuches über die gerichtliche Hinterlegung der Schuld anzuwenden.

Eigentumsübernahme durch den Bund

§ 42. (1) Der Bund hat auf Antrag des Eigentümers einen Leistungsgegenstand in sein Eigentum zu übernehmen, sofern dieser Gegenstand

           1. im Zeitpunkt der Rückstellung so beschädigt oder abgeändert ist, dass eine Rückstellung untunlich oder unmöglich ist, oder

           2. im Zeitpunkt der Anforderung oder unmittelbaren Inanspruchnahme fabriksneu war.

Besteht an einem Leistungsgegenstand ein Eigentumsvorbehalt, so ist auch die Person antragsberechtigt, der gegenüber das Eigentum vorbehalten wurde.

(2) Anträge auf Eigentumsübernahme sind bis zum Ablauf des für die Rückstellung des Leistungs­gegenstandes angeordneten Tages bei der zur Rückstellung verpflichteten militärischen Dienststelle ein­zubringen. Gegen die Versäumung dieser Antragstellung ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne des § 71 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, zulässig.

(3) Über Anträge nach den Abs. 1 und 2 hat die Anforderungsbehörde zu entscheiden.

(4) Im Falle eines Antrages auf Eigentumsübernahme hat der Leistungsgegenstand bis zur rechts­kräftigen Entscheidung über diesen Antrag in Verwahrung des Bundes auf dessen Kosten und Gefahr zu bleiben. Wird der Antrag abgewiesen, so ist der Leistungsgegenstand vom Leistungspflichtigen oder seinem Vertreter nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides an dem darin anzuordnenden Zeitpunkt und Ort zu übernehmen. Dabei sind die §§ 40 und 41 über die Rückstellung sowie die Verwahrung und Hinterlegung anzuwenden.

4. Teil

Rechtsschutz

1. Hauptstück

Schadloshaltung

1. Abschnitt

Ersatz von Schäden durch Maßnahmen zur Befugnisausübung

Anspruch und Höhe

§ 43. (1) Personen haben Anspruch auf Ersatz jener durch Verletzung am Körper oder durch die Beschädigung einer körperlichen Sache entstandenen Schäden, die von militärischen Organen durch Maßnahmen zur Ausübung von Befugnissen nach den §§ 16 bis 19 unmittelbar verursacht worden sind, sofern die Befugnisausübung nicht vom Anspruchsberechtigten durch rechtswidriges Verhalten ausgelöst wurde.

(2) Personen haben Anspruch auf Ersatz jener Schäden, die durch die Verwendung von Urkunden, die über die Identität einer Person täuschen, durch militärische Organe im Rechtsverkehr entstanden sind, sofern diese Verwendung nicht vom Anspruchsberechtigten durch rechtswidriges Verhalten ausgelöst wurde.

(3) Schäden nach Abs. 1 und 2 sind in dem Umfang in Geld abzugelten, als diese Schäden nicht durch eine Versicherung gedeckt sind. Ein Anspruch auf Schmerzengeld besteht nicht.

(4) Trifft den Anspruchsberechtigten an der Entstehung des Schadens ein Verschulden, so hat er den Schaden verhältnismäßig zu tragen. Lässt sich das Verhältnis nicht bestimmen, so hat der Anspruchs­berechtigte den Schaden zur Hälfte zu tragen. Lagen die Maßnahmen zur Befugnisausübung im über­wiegenden Interesse des Geschädigten, so steht bei Sachschäden ein Ersatz nicht, bei Personenschäden nur nach Billigkeit zu.

(5) Stehen Angehörigen eines fremden Staates auf Grund einer Verordnung nach § 7 des Amts­haftungsgesetzes, BGBl. Nr. 20/1949, keine Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz zu, so haben diese Personen keine Ansprüche nach Abs. 1 und 2.

Übergang von Ansprüchen

§ 44. (1) Stehen dem Anspruchsberechtigten für Schäden nach § 43 Ersatzansprüche gegen Dritte zu, so gehen diese Ansprüche in dem Umfang auf den Bund über, in dem der Bund Ersatzleistungen für derartige Schäden nach diesem Abschnitt erbringt. Für die Wirksamkeit des Anspruchsüberganges gegenüber dem Dritten gelten die §§ 1395 letzter Satz und 1396 erster Satz des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über die Wirkung einer Zession.

(2) Ansprüche des Bundes auf Rückersatz gegenüber Personen, die als seine Organe gehandelt haben, sind nach dem Amtshaftungsgesetz geltend zu machen. Leistungen des Bundes auf Grund eines Anspruches nach § 43 gelten insoweit als Schadenersatz nach dem Amtshaftungsgesetz.

Anspruch im Falle einer Versicherungsleistung

§ 45. (1) Steht dem Anspruchsberechtigten für Schäden nach § 43 auch ein Anspruch auf Ver­sicherungsleistung zu, auf den bei der Bemessung der Entschädigung Bedacht zu nehmen ist, so hat der Berechtigte dies bis zur rechtskräftigen Bestimmung der Entschädigung im Vereinbarungsweg dem für den Abschluss der Vereinbarung zuständigen Militärkommando mitzuteilen.

(2) Wird dem Anspruchsberechtigten ein Anspruch nach Abs. 1 erst nach rechtskräftiger Be­stimmung oder Festsetzung der Entschädigung bekannt, so hat der Berechtigte dies binnen einem Monat, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat, dem Heeresgebührenamt mitzuteilen.

(3) Der Bund hat gegen den Entschädigten Anspruch auf Rückersatz, soweit eine Entschädigung für einen solchen Schaden geleistet wurde, der durch eine Versicherungsleistung gedeckt war. Hiebei ge­büh­ren für den zu Unrecht geleisteten Betrag auch jene gesetzlichen Zinsen, die seit der Entschädigungs­zahlung durch den Bund angefallen sind. Sofern jedoch im Falle des Abs. 2 die Entschädigung vor Ablauf der einmonatigen Mitteilungsfrist geleistet wurde, gebühren diese Zinsen erst ab dem Zeitpunkt dieses Ablaufes. Wurde im Falle des Abs. 2 der Anspruch fristgerecht mitgeteilt, so fallen keine Zinsen an.

2. Abschnitt

Ersatz von Schäden durch die Inanspruchnahme von Leistungen

Anspruch und Höhe

§ 46. (1) Im Falle einer Inanspruchnahme von Leistungen gebührt eine Entschädigung in Geld für

           1. die Wertminderung, die der Leistungsgegenstand durch die Inanspruchnahme erlitten hat,

           2. den Verdienstausfall durch den Entzug der Benützung des Leistungsgegenstandes,

           3. Beschädigungen oder wertmindernde Änderungen am Leistungsgegenstand im Zeitpunkt der Rückstellung,

           4. die Übernahme des Leistungsgegenstandes in das Eigentum des Bundes oder den Untergang dieses Gegenstandes und

           5. die Erbringung von Werkleistungen.

(2) Die Entschädigung gebührt jener Person, in deren Vermögen ein Nachteil entstanden ist, im Falle des Abs. 1 Z 2 jener Person, die den Verdienstausfall unmittelbar erlitten hat.

(3) Die Höhe der Entschädigung richtet sich im Falle

           1. des Abs. 1 Z 1 nach der Wertminderung,

           2. des Abs. 1 Z 2 nach dem Verdienstausfall,

           3. des Abs. 1 Z 4 nach dem Verkehrswert, der dem Leistungsgegenstand im Zeitpunkt der Übergabe oder unmittelbaren Inanspruchnahme zugekommen ist, und

           4. des Abs. 1 Z 5 nach den im Wirtschaftsverkehr für derartige oder vergleichbare Leistungen zum Zeitpunkt ihrer Erbringung üblichen Entgelten und Tarifen sowie nach einem allfälligen Verdienstausfall durch die Inanspruchnahme.

(4) Im Falle des Abs. 1 Z 3 sind die für eine sachgemäße Instandsetzung des Leistungsgegenstandes erforderlichen Kosten zu ersetzen. Eine Wertminderung des Leistungsgegenstandes in Folge einer Beschädigung oder Änderung ist insoweit zu ersetzen, als eine solche Wertminderung

           1. auch nach einer sachgemäßen Instandsetzung verbleibt oder

           2. deshalb vorliegt, weil eine Instandsetzung untunlich oder unmöglich ist.

Kostenersatz

§ 47. (1) Der Leistungspflichtige oder sein Vertreter hat Anspruch auf Ersatz der tatsächlich entstandenen, notwendigen Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Übergabe oder Rückübernahme eines Leistungsgegenstandes unmittelbar erwachsen. Als notwendig gelten dabei jene Kosten, die unter Bedachtnahme auf die militärischen Erfordernisse und auf die dem Betroffenen zumutbaren Umstände den geringsten Aufwand verursachen.

(2) Als Kosten nach Abs. 1 kommen in Betracht

           1. die Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt auf der Wegstrecke zwischen der Wohnung oder Arbeitsstelle im Inland, sofern aber diese im Ausland gelegen sind, zwischen der Staatsgrenze und dem Ort der Übergabe oder Rückübernahme des Leistungsgegenstandes,

           2. die Kosten für den Transport des Leistungsgegenstandes auf der Wegstrecke nach Z 1 und

           3. die Abgeltung der Zeitversäumnis für die Zeit, die infolge der Verpflichtung zur Übergabe oder Rückübernahme des Leistungsgegenstandes vom Verlassen der Wohnung oder Arbeitsstelle bis zur Rückkehr dorthin aufgewendet werden muss.

(3) Auf die Fahrtkosten nach Abs. 2 Z 1 ist § 8 des Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992), BGBl. Nr. 422, über die Fahrtkostenvergütung für Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes bei der Übernahme oder Rückgabe von Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenständen anzuwenden.

(4) Hinsichtlich der Höhe der Abgeltung nach Abs. 2 Z 3 sind die §§ 18 und 64 des Gebühren­anspruchsgesetzes 1975 (GebAG 1975), BGBl. Nr. 136, über die Entschädigung der Zeitversäumnis von Zeugen anzuwenden.

(5) Die Kosten nach Abs. 2 Z 2 und 3 sind bis zum Ende des Kalendermonates, der dem Entstehen der Kosten folgt, bei der für die Übernahme oder Rückstellung des Leistungsgegenstandes zuständigen militärischen Dienststelle nachzuweisen. Wird dieser Nachweis nicht fristgerecht erbracht, so erlischt der Anspruch auf Kostenersatz.

(6) Gegen die Versäumung von Nachweisfristen betreffend die Kosten nach Abs. 1 ist eine Wieder­einsetzung in den vorigen Stand im Sinne des § 71 AVG zulässig.

3. Abschnitt

Verfahren

Entschädigung für eine Befugnisausübung

§ 48. (1) Eine Entschädigung nach § 43 ist dem Grunde und der Höhe nach in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Anspruchsberechtigten zu bestimmen. Sofern eine derartige Vereinbarung nicht zustande kommt, ist die Entschädigung gerichtlich festzusetzen.

(2) Der Entschädigungswerber hat das nach § 3 AVG örtlich zuständige Militärkommando schriftlich aufzufordern, mit ihm binnen drei Monaten nach Einlangen dieser Aufforderung eine Vereinbarung über die Entschädigung zu schließen. Das Militärkommando hat hievon den Bundesminister für Landes­verteidigung und die Finanzprokuratur zu verständigen. Macht der Betroffene bei dieser Aufforderung auch Amtshaftungsansprüche geltend, so gilt diese Verständigung als Aufforderung nach dem Amts­haftungsgesetz. Die Dreimonatsfrist nach § 8 Abs. 1 des Amtshaftungsgesetzes beginnt mit dem Einlangen der Verständigung bei der Finanzprokuratur zu laufen.

(3) Werden Entschädigungsansprüche nach § 43 im Amtshaftungsweg unmittelbar bei der Finanz­prokuratur geltend gemacht, so hat sie hievon den Bundesminister für Landesverteidigung und das Militärkommando nach Abs. 2 zu verständigen. Das Militärkommando hat, sofern ihm nicht bereits eine Aufforderung nach Abs. 1 vorliegt, den Entschädigungswerber auf die Möglichkeit einer solchen Auf­forderung hinzuweisen. Wird in einem solchen Fall diese Aufforderung binnen zwei Wochen nach diesem Hinweis geltend gemacht, so gilt sie als am Tag des Einlangens der Verständigung der Finanzprokuratur beim Militärkommando eingebracht.

(4) Auf das gerichtliche Verfahren sind § 9, § 10, § 12 Abs. 1, § 13 und § 14 des Amtshaftungs­gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Ort der Befugnis­ausübung richtet. Wird während eines anhängigen Gerichtsverfahrens eine Vereinbarung nach Abs. 1 rechtswirksam abgeschlossen, so hat dies die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches über den zugrunde liegenden Entschädigungsanspruch.

(5) Wurde hinsichtlich einer Entschädigung nach § 43 auch ein Anspruch nach dem Amtshaftungs­gesetz geltend gemacht, so steht dies dem Abschluss einer Vereinbarung nach Abs. 1 nicht entgegen.

Rückersatz wegen Versicherungsleistung

§ 49. (1) Der Rückersatz an den Bund nach § 45 Abs. 3 auf Grund einer Versicherungsleistung ist vom Heeresgebührenamt mit Bescheid zu fordern. Dabei ist eine angemessene Leistungsfrist festzusetzen. Auf Antrag des Verpflichteten ist nach Maßgabe berücksichtigungswürdiger Gründe eine Ratenzahlung zu bewilligen.

(2) Eine Berufung gegen Bescheide nach Abs. 1 sowie eine Anfechtung solcher Bescheide beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof ist unzulässig.

(3) Der zum Rückersatz Verpflichtete darf den Bund innerhalb von vier Wochen nach Erlassung des Bescheides auf teilweise oder vollständige Unzulässigkeit der Rückforderung klagen, soweit er darauf nicht nach dieser Erlassung verzichtet hat. Der Bescheid tritt durch eine solche Klage im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft.

(4) Zur Entscheidung über die Klage ist das nach § 48 Abs. 4 zuständige Landesgericht berufen. Die Klage kann nicht zurückgenommen werden, doch kann der Rechtsstreit im Umfang des Klagebegehrens durch gerichtlichen Vergleich ganz oder teilweise beigelegt werden. Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für den Rückersatz trifft den Bund.

(5) Wird die Klage auf Grund des Bestehens einer Rückersatzpflicht abgewiesen, so ist dem Kläger in dieser Entscheidung der Rückersatz an den Bund aufzuerlegen. Dabei ist eine angemessene Leistungs­frist festzusetzen. Eine Anordnung von Ratenzahlungen ist zulässig. Eine Anfechtung der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Leistungsfrist oder der Ratenanordnung ist nicht zulässig.

Entschädigung für eine Inanspruchnahme von Leistungen

§ 50. (1) Eine Entschädigung nach § 46 ist dem Grunde und der Höhe nach in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Anspruchsberechtigten zu bestimmen. Sofern eine derartige Vereinbarung nicht zustande kommt, ist die Entschädigung gerichtlich festzustellen.

(2) Der Entschädigungswerber hat das nach § 3 AVG örtlich zuständige Militärkommando schriftlich aufzufordern, mit ihm binnen drei Monaten nach Einlangen dieser Aufforderung eine Vereinbarung über die Entschädigung zu schließen. Nach Ablauf dieser Frist darf er einen Antrag auf Feststellung der Entschädigung beim zuständigen Gericht einbringen.

(3) Auf das gerichtliche Entschädigungsverfahren sind § 24, § 25 Abs. 1 bis 3 und 5, § 28, § 29 Abs. 1 und 3, § 30, § 31 sowie § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954, anzuwenden.

Verjährung von Entschädigungsansprüchen

§ 51. (1) Entschädigungsansprüche nach den §§ 43 und 46 verjähren, sofern die Ansprüche nicht vorher gerichtlich geltend gemacht wurden, drei Jahre nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden oder Vermögensnachteil oder Verdienstausfall dem Anspruchsberechtigten bekanntgeworden ist, jedenfalls aber zehn Jahre nach Entstehen des anspruchsbegründenden Umstandes. In den Ablauf dieser Fristen sind nicht einzurechnen

           1. die Dreimonatsfrist nach § 48 Abs. 2 und § 50 Abs. 2 für den Abschluss der Vereinbarung und

           2. die Zeit einer Handlungsunfähigkeit des Anspruchsberechtigten, solange er keinen gesetzlichen Vertreter hat.

(2) Rückersatzansprüche des Bundes gegen seine Organe nach § 44 Abs. 2 verjähren sechs Monate nach Ablauf des Tages, an dem die Entschädigung rechtskräftig bestimmt oder festgesetzt worden ist. § 1497 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über die Unterbrechung der Verjährung ist anzu­wenden.

(3) Rückersatzansprüche des Bundes nach § 45 Abs. 3 auf Grund einer Versicherungsleistung verjähren drei Jahre nach Ablauf des Tages, an dem das Heeresgebührenamt von der Versicherungs­leistung Kenntnis erlangt hat, jedenfalls aber zehn Jahre nach Rechtskraft der Vereinbarung oder gerichtlichen Entscheidung betreffend die Entschädigung, sofern nicht vorher Rückersatz gefordert worden ist.

Auszahlung der Entschädigungen

§ 52. (1) Eine Entschädigung nach den §§ 43 und 46 ist, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt wurde, vom Heeresgebührenamt innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft der Vereinbarung oder gerichtlichen Entscheidung auszuzahlen.

(2) Eine Entschädigung nach § 46 Abs. 1 Z 2 ist bei wiederkehrenden vermögensrechtlichen Nachteilen in monatlichen Teilbeträgen jeweils im nachhinein zu zahlen. Gebührt diese Entschädigung nur für Teile von Monaten, so ist nur der entsprechende Teil des monatlichen Teilbetrages zu zahlen. Die bis zur Rechtskraft der Vereinbarung oder gerichtlichen Entscheidung gebührenden Teilbeträge sind innerhalb von zwei Wochen nach dem jeweiligen Eintritt der Rechtskraft zu zahlen.

(3) Wird dem Anspruchsberechtigten die Entschädigung nicht spätestens an dem nach den Abs. 1 und 2 maßgeblichen Tag ausbezahlt, so gebühren ihm ab diesem Tag die gesetzlichen Verzugszinsen.

(4) Eine Entschädigung nach § 46 Abs. 1 Z 4 ist jedenfalls durch Gerichtserlag zu leisten, sofern

           1. aus der Niederschrift bei der Übergabe nach § 38 Abs. 5 ersichtlich ist, dass dritten Personen dingliche Rechte am Leistungsgegenstand zustehen, oder

           2. der zuständigen Anforderungsbehörde auf andere Weise das Bestehen solcher Rechte bekannt wird.

Hinsichtlich dieser dinglichen Rechte tritt die Entschädigung an die Stelle des Leistungsgegenstandes.

(5) Ein Kostenersatz nach § 47 ist vom Heeresgebührenamt auszuzahlen spätestens acht Wochen

           1. nach dem Entstehen der Kosten oder,

           2. sofern ein Nachweis erforderlich ist, nach dessen Vorlage.

5

2. Hauptstück

Beschwerden

Recht auf Gesetzmäßigkeit militärischer Maßnahmen

§ 53. Jedermann hat Anspruch darauf, dass ihm gegenüber die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen militärischen Maßnahmen nur in den Fällen und der Art gesetzt werden, die gesetzlich vorgesehen sind.

Beschwerden wegen behaupteter Verletzung subjektiver Rechte

§ 54. (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate erkennen nach Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ausgeübter Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

(2) Darüber hinaus erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung von Aufgaben der militärischen Landes­verteidigung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern diese Verletzung nicht in Bescheidform erfolgt ist. Diese Beschwerdemöglichkeit besteht nicht für Personen, die in einer solchen Angelegenheit bei der Bundesheer-Beschwerdekommission eine Beschwerde nach § 6 WG erheben können.

(3) Beschwerden nach Abs. 1, die sich gegen einen auf dieses Bundesgesetz gestützten Entzug der persönlichen Freiheit richten, können während der Dauer der Anhaltung bei der diese Maßnahme durchführenden militärischen Dienststelle eingebracht werden. Diese Dienststelle hat die Beschwerde unverzüglich dem unabhängigen Verwaltungssenat zuzuleiten.

(4) Über Beschwerden nach den Abs. 1 und 2 entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Die §§ 67c bis 67g sowie § 79a AVG über die besonderen Bestimmungen für das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sind anzuwenden.

(5) Ist für die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates nach Abs. 2 die Frage der Rechtmäßigkeit einer Datenverwendung nach diesem Bundesgesetz maßgeblich, so hat der unabhängige Verwaltungssenat nach § 31 DSG 2000 über Beschwerden an die Datenschutzkommission vorzugehen.

(6) Die Ausübung von Befugnissen nach diesem Bundesgesetz ist hinsichtlich eines Verfahrens zur Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit dem Bundesminister für Landesverteidigung zuzurechnen.

Beschwerden wegen Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen

§ 55. Die Datenschutzkommission entscheidet nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch eine Datenverwendung entgegen den Bestimmungen

           1. dieses Bundesgesetzes und

           2. des Datenschutzgesetzes 2000.

Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Datenermittlung durch die Ausübung von Befugnissen nach diesem Bundesgesetz.

Amtsbeschwerde

§ 56. Der Bundesminister für Landesverteidigung kann Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben gegen Entscheidungen

           1. der unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden nach § 54 oder

           2. der Datenschutzkommission über Beschwerden nach § 55.

Diese Beschwerdemöglichkeit kann sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Betroffenen ausgeübt werden. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung.

3. Hauptstück

Rechtsschutz im Bereich der Nachrichtendienste

Rechtsschutzbeauftragter

§ 56a. (1) Der Bundesminister für Landesverteidigung hat nach Anhörung der Präsidenten des Nationalrates sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes einen Rechtsschutzbeauftragten zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr sowie zwei Stellvertreter für die Dauer von zwei Jahren zu bestellen. Wiederbestellungen sind zulässig.

(2) Der Rechtsschutzbeauftragte und seine Stellvertreter müssen besondere Kenntnisse und Er­fahrungen auf den Gebieten der Grund- und Freiheitsrechte sowie der militärischen Landesverteidigung aufweisen. Sie müssen mindestens fünf Jahre in einem Beruf tätig gewesen sein, in dem der Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften Berufsvoraussetzung ist. Nicht bestellt werden dürfen

           1. Richter und Staatsanwälte des Dienststandes,

           2. Rechtsanwälte, die in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen sind, und

           3. andere Personen, die vom Amt eines Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen oder zu diesem nicht zu berufen sind.

Die Bestellung erlischt bei Verzicht oder im Todesfall oder mit Ende der Bestellungsdauer. Wenn ein Grund besteht, die volle Unbefangenheit des Rechtsschutzbeauftragten in Zweifel zu ziehen, hat sich dieser des Einschreitens in der Sache zu enthalten.

(3) Der Rechtsschutzbeauftragte ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Er unterliegt der Amtsverschwiegenheit. Seine Stellvertreter haben gleiche Rechte und Pflichten. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat dem Rechtsschutzbeauftragten das zur Bewäl­tigung seiner administrativen Tätigkeit notwendige Personal zur Verfügung zu stellen und für seine Sacherfordernisse aufzukommen. Dem Rechtsschutzbeauftragten gebührt für die Erfüllung seiner Auf­gaben eine Entschädigung. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat mit Verordnung Pauschalsätze für die Bemessung dieser Entschädigung festzusetzen.

(4) Der Rechtsschutzbeauftragte ist zu einer Prüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der nach­richtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr befugt, wenn

           1. er das Vorliegen von Rechtswidrigkeiten vermutet, oder

           2. Personen behaupten, durch diese Maßnahmen in ihren Rechten verletzt worden zu sein, oder

           3. der ständige Unterausschuss des Nationalrates zur Prüfung von nachrichtendienstlichen Maß­nahmen zur Sicherung der militärischen Landesverteidigung eine solche Prüfung für notwendig erachtet.

Hiefür sind ihm Einsicht in alle erforderlichen Unterlagen zu gewähren und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt jedoch nicht für Auskünfte und Unterlagen, insbesondere über Quellen, deren Be­kanntwerden die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würde. Amts­verschwiegenheit kann ihm gegenüber nicht geltend gemacht werden.

(5) Der Rechtsschutzbeauftragte hat dem Bundesminister für Landesverteidigung

           1. jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der militärischen Nachrichtendienste zu erstatten und

           2. im Falle des Abs. 4 Z 3 über das Ergebnis der Prüfung zu berichten.

Diese Berichte hat der Bundesminister für Landesverteidigung dem ständigen Unterausschuss nach Abs. 4 auf dessen Verlangen im Rahmen des Auskunfts- und Einsichtsrechtes nach Art. 52a Abs. 2 B-VG zugänglich zu machen.

(6) Nimmt der Rechtsschutzbeauftragte wahr, dass durch das Verwenden von Daten Rechte eines Betroffenen verletzt worden sind, der von dieser Datenverwendung keine Kenntnis hat, so ist er befugt,

           1. den Betroffenen zu informieren oder

           2. eine Beschwerde nach § 55 an die Datenschutzkommission zu erheben.

Eine Beschwerde nach Z 2 ist nur zulässig, wenn das Wissen des Betroffenen um die Existenz oder den Inhalt des Datensatzes die nachrichtendienstliche Aufklärung oder Abwehr gefährden oder erheblich behindern würde und eine Information nach Z 1 daher nicht erfolgen kann. In einem Verfahren vor der Datenschutzkommission nach Z 2 ist auf § 26 Abs. 2 DSG 2000 über die Beschränkung des Auskunftsrechtes Bedacht zu nehmen.

5. Teil

Straf- und Schlussbestimmungen

Verwaltungsübertretungen

§ 57. (1) Wer

           1. einem mit Verordnung nach § 9 Abs. 1 erlassenen Platzverbot zuwider einen militärischen Bereich betritt oder sich in ihm aufhält oder

           2. den Informations- und Duldungspflichten betreffend eine Leistungsanforderungen nach § 32 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt oder

           3. als Leistungspflichtiger einer Verpflichtung nach § 29 Abs. 5 oder § 33 Abs. 5 oder § 37 oder § 38 Abs. 2 zuwiderhandelt oder

           4. als Leistungspflichtiger einer Verpflichtung nach § 38 Abs. 1 zuwiderhandelt oder

           5. vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Inanspruchnahme von Leistungen erschwert oder unmöglich macht oder

           6. der Mitteilungspflicht nach § 45 Abs. 2 nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt,

begeht eine Verwaltungsübertretung. Diese Person ist zu bestrafen im Fall der Z 1 mit Geldstrafe bis zu 210 h, in den Fällen der Z 2, 3 und 6 mit Geldstrafe bis zu 2 180 h und in den Fällen der Z 4 und 5 mit Geldstrafe bis zu 7 260 h. In den Fällen der Z 4 und 5 ist auch die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zulässig. Überwiegen bei diesen Delikten erschwerende Umstände, so dürfen Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden.

(2) Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn eine Tat nach Abs. 1 einen gerichtlich straf­baren Tatbestand darstellt.

(3) Die Zuständigkeit zur Durchführung der Verwaltungsstrafverfahren obliegt in erster Instanz den Bezirksverwaltungsbehörden, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde jedoch dieser Behörde.

Abgabenfreiheit

§ 58. Die durch dieses Bundesgesetz unmittelbar veranlassten Schriften und Amtshandlungen sind von der Entrichtung bundesgesetzlich geregelter Abgaben befreit.

Verweisungen auf andere Bundesgesetze

§ 59. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese Gesetze, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, in ihrer jeweils geltenden Fassung zu verstehen.

In- und Außerkrafttreten

§ 60. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit xxx in Kraft.

(2) Mit Ablauf des xxx treten außer Kraft:

           1. das Militärleistungsgesetz, BGBl. Nr. 174/1968, und

           2. der Art. I Z 8 des III. Hauptstückes des Militärstrafgesetzes.

(3) Mit Ablauf des 31. Dezember 2001 tritt § 61 Abs. 4 außer Kraft.

(4) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes in seiner jeweiligen Fassung dürfen bereits von dem Tag an erlassen werden, der der Kundmachung der durchzuführenden Gesetzesbestimmung folgt. Sie dürfen jedoch frühestens mit dem Inkrafttreten der durchzuführenden Gesetzesbestimmung in Kraft gesetzt werden.

Übergangsbestimmungen

§ 61. (1) Verfahren nach dem Militärleistungsgesetz, die bis zum Ablauf des xxx noch nicht rechts­kräftig abgeschlossen wurden, sind nach der ab diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage fortzuführen.

(2) Bescheide nach dem Militärleistungsgesetz, die vor Ablauf des xxx erlassen wurden, gelten als Bescheide nach diesem Bundesgesetz.

(3) Ein Ersatz von Schäden nach § 43 durch die Ausübung von Befugnissen gebührt nur für solche Fälle, in denen die Befugnisausübung nach Ablauf des xxx erfolgte.

(4) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 lauten im § 57 Abs. 1 die Betragsangaben wie folgt:

statt    210 h   3 000 S,

statt 2 180 h  30 000 S,

statt 7 260 h 100 000 S.

Vollziehung

§ 62. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. hinsichtlich des § 58,

                a) soweit es sich um Stempel- und Rechtsgebühren sowie um Bundesverwaltungsabgaben han­delt, der Bundesminister für Finanzen und,

               b) soweit es sich um Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren handelt, der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen,

           2. hinsichtlich der von den Gerichten anzuwendenden Bestimmungen der Bundesminister für Justiz und

           3. hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Landesverteidigung.

Artikel 2

 

Das Sperrgebietsgesetz 1995, BGBl. Nr. 260, wird wie folgt geändert:

1. Im § 1 Abs. 1 entfallen die Worte “oder sicherheitspolizeilicher”.

2. Im § 1 Abs. 3 entfallen die Worte “im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres”.

3. § 6 entfällt.

4. Im § 8 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

“(1a) § 1 Abs. 1 und 3, § 8 Abs. 3 sowie § 10, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx, treten mit xxx in Kraft.”

5. Im § 8 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

“(2a) § 6 tritt mit Ablauf des xxx außer Kraft.”

6. § 8 Abs. 3 lautet:

“(3) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes dürfen bereits von dem Tag an erlassen werden, der der Kundmachung der durchzuführenden Gesetzesbestimmung folgt. Sie dürfen jedoch frühestens mit dem Inkrafttreten der durchzuführenden Gesetzesbestimmung in Kraft gesetzt werden.”

7. § 10 lautet:

§ 10. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Landesverteidigung betraut.”

Vorblatt

Problem:

–   Notwendigkeit einer näheren Umschreibung bestimmter im Rahmen der militärischen Landesver­teidigung wahrzunehmenden Aufgaben.

–   Bedürfnis nach einer umfassenden Normierung der Befugnisse jener staatlichen Organe, die mit der Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der militärischen Landesverteidigung betraut sind.

–   Bedarf nach spezifischen zusätzlichen Rechtsschutzeinrichtungen für den militärischen Bereich.

Zielsetzung:

Sachgerechte Beseitigung der aufgezeigten Probleme im Wege der Schaffung eines den rechtsstaatlichen Prinzipien entsprechenden und in der Praxis möglichst einfach anzuwendenden “Militärbefugnisgesetzes” unter besonderer Bedachtnahme auf die Legistischen Richtlinien 1990.

Inhalt:

–   Definition verschiedener in militärischen Angelegenheiten bedeutsamer Begriffe.

–   Gesetzliche Verankerung bestimmter im Rahmen der militärischen Landesverteidigung zu erfüllenden Aufgaben.

–   Normierung der Befugnisse militärischer Behörden und Organe für bestimmte militärische Aufgaben einschließlich der Verwendung personenbezogener Daten in militärischen Angelegenheiten.

–   Umschreibung der Befugnis des Bundesheeres zur Inanspruchnahme von Leistungen.

–   Schaffung spezieller Rechtsschutzinstrumentarien betreffend den Bereich der militärischen Landesver­teidigung.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

 

Allgemeiner Teil

1. Regelungen über unmittelbare Zwangsbefugnisse militärischer Organe waren in punktueller Form bereits in der Wehrverfassung der österreichisch‑ungarischen Monarchie vorgesehen. So waren Militär­wachen zum administrativen Waffengebrauch ermächtigt, wenn jemand

a)  sie gewalttätig verletzte oder durch einen Angriff gefährlich bedrohte und nicht festgenommen werden konnte,

b) gröbliche und, ungeachtet vorheriger Abmahnung, fortgesetzte Beleidigungen gegen die Wache ver­übte und nicht festgenommen werden konnte,

c)  an feindesgefährlichen Orten sich verdächtig machte und auf Anrufen der Wache ohne befriedigende Antwort die Flucht ergriff oder

d) als ein gefährlicher Verbrecher von der Wache ergriffen oder ihr zur strengen Verwahrung übergeben wurde und, selbst ohne gewaltsame Widersetzung, ungeachtet des drohenden Nachrufes der Wache entlief, sofern zur Anhaltung kein anderes Mittel vorhanden war.

In friedlichen Verhältnissen war jedoch niemals zu feuern, wenn die Anwendung des Bajonetts oder Säbels zur Erreichung des Zweckes ausreichte, und im Falle der Flucht eines gefährlichen Verbrechers auch dann nicht, wenn durch den Schuss das Leben Unbeteiligter gefährdet würde (§ 175 des Militär-Strafgesetzes, RGBl. Nr. 19/1855, in der Fassung der kaiserlichen Entschließung RGBl. Nr. 58/1861 sowie § 77 Punkt 577 des Dienstreglements für das kaiserliche und königliche Heer, I. Teil).

Überdies hatten die militärischen Wachen das Begehen strafbarer Handlungen in ihrem Bereich zu ver­hindern, eventuell die Täter von solchen Handlungen abzuhalten und zu verhaften. Dieses ausschließlich auf heeresinternen Vorschriften beruhende Verhaftungsrecht bestand auch gegenüber Zivilpersonen und zwar insbesondere, wenn solche Personen bei einem Verbrechen oder groben Vergehen betreten wurden, einer derartigen Tat dringend verdächtig erschienen, durch ihr exzessives Benehmen öffentliches Ärgernis gaben, den von Militärorganen in ihrem Wirkungskreis erteilten Weisungen nicht Folge leisteten oder wenn sie diese Organe beschimpften oder tätlich angriffen (Punkt 326 des Dienstreglements).

Nach dem Untergang der Monarchie und dem Inkrafttreten der republikanischen Verfassung wurden die aktiven Heeresangehörigen durch das Gesetz vom 15. Juli 1920, StGBl. Nr. 323, den allgemeinen Strafgesetzen unterstellt; gleichzeitig wurden zahlreiche Bestimmungen des früheren Militär-Strafgesetzes in einen Anhang zum Allgemeinen Strafgesetz von 1852 übergeführt. Die erwähnte besondere Ermäch­tigung militärischer Wachen zum Waffengebrauch wurde dabei (mit Ausnahme des Waffengebrauchs­rechtes bei Beleidigungen gegen die Wache) als § 577 des Allgemeinen Strafgesetzes übernommen.

Durch die 2. Strafprozessnovelle vom Jahre 1920, StGBl. Nr. 321, wurden alle Heeresangehörigen über­dies im Frieden der Strafgerichtsbarkeit der bürgerlichen Gerichte unterstellt. § 3 dieses Gesetzes sah für strafbare Handlungen in einem militärischen oder vom Militär besetzten Gebäude oder einer solchen Räumlichkeit oder bei Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung durch einen aktiven Heeres­angehörigen vor, dass die nach der Strafprozessordnung den Sicherheitsbehörden obliegenden Rechte und Pflichten auch den militärischen Kommanden und Ortsbehörden und die den Sicherheitsorganen obliegen­den Rechte und Pflichten auch den militärischen Wachen zukommen. Für die in diesem Zusammenhang erforderlichen Haus- oder Personendurchsuchungen, Beschlagnahmen von Gegenständen sowie vor­läufigen Verwahrungen Verdächtiger durch militärische Behörden und Organe waren spezielle Kondi­tionen normiert.

Mit einem Bundesgesetz vom 23. Jänner 1957, BGBl. Nr. 31, wurde in die Strafprozessordnung ein eigenes Hauptstück betreffend die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit über Soldaten im Frieden eingefügt. Im (damaligen) § 495 der Strafprozessordnung wurde dabei ein spezielles Verwahrungsrecht für mili­tärische Kommanden und Wachen normiert; diese Organe konnten danach jeden einer strafbaren Hand­lung Verdächtigen zum Zwecke der Vorführung vor den Untersuchungsrichter verwahren, sofern der Verdächtige auf einer militärischen Liegenschaft auf frischer Tat betreten wird oder der Verdächtige ein Soldat ist und die Einholung eines richterlichen Befehles untunlich ist oder sofern die Verwahrung eines verdächtigen Soldaten zur Aufrechterhaltung der militärischen Zucht und Ordnung erforderlich ist. Diese Neuregelung spezieller Festnahmebefugnisse militärischer Organe trat an die Stelle des erwähnten § 3 der 2. Strafprozessnovelle aus 1920 und gilt mit verschiedenen inhaltlichen Modifikationen nunmehr als § 502 der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631, bis heute.

Mit dem III. Hauptstück Art. I Z 8 des Militärstrafgesetzes (MilStG), BGBl. Nr. 344/1970, wurde der erwähnte Anhang zum Allgemeinen Strafgesetz betreffend Sonderbestimmungen für Soldaten aufge­hoben. Gleichzeitig wurde allerdings dabei vorgesehen, dass der erwähnte § 577 des Allgemeinen Straf­gesetzes (über besondere Ermächtigungen der Wachen) “bis zur Erlassung eines Bundesgesetzes über den militärischen Waffengebrauch” als Bestandteil des Militärstrafgesetzes weiter gilt. Da ein derartiges Bundesgesetz bisher noch nicht geschaffen wurde, hat sich an dieser Rechtslage bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts geändert.

Das im Jahre 1963 beschlossene Bundesgesetz über militärische Sperrgebiete, BGBl. Nr. 204/1963, sah im wesentlichen vor, bestimmte für die militärische Landesverteidigung bedeutsame Gebiete mittels Verordnung zu Sperrgebieten zu erklären. Bei diesen Sperrgebieten sind das Betreten und Befahren sowie das Fotografieren, Filmen und Anfertigen zeichnerischer Darstellungen grundsätzlich verboten. Im Interesse einer effizienten Sicherung dieser Sperrgebiete ist den zur Sicherung dieser Gebiete eingeteilten militärischen Wachen ein der Festnahme nach § 35 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52, inhaltlich weitgehend nachgebildetes, eigenständiges Festnahmerecht eingeräumt. Diese Rechts­lage besteht auch nach der mit Bundesgesetz BGBl. Nr. 260/1995 als “Sperrgebietsgesetz 1995 (SperrGG 1995)” erfolgten Neuerlassung inhaltlich im wesentlichen unverändert.

2. Zusammengefasst bestehen nach der geltenden Rechtslage folgende militärische Rechtsnormen betref­fend Zwangsbefugnisse militärischer Organe gegen Personen:

a)  III. Hauptstück Art. I Z 8 MilStG:

“Besondere Ermächtigung der Wachen

§ 577. Um den Wachen jeder Art die ihnen gebührende Achtung zu sichern, sind sie ermächtigt, von ihrer Waffe gegen jedermann Gebrauch zu machen, der sie gewalttätig verletzt oder durch einen Angriff gefährlich bedroht und nicht festgenommen werden kann.

Wenn sich jemand an feindesgefährlichen Orten verdächtig macht und auf Anrufen der Wache ohne befriedigende Antwort die Flucht ergreift, oder wenn jemand als ein gefährlicher Verbrecher von der Wache ergriffen oder ihr zur strengen Verwahrung übergeben wird und, selbst ohne gewaltsame Wider­setzung, ungeachtet des drohenden Nachrufes der Wache entläuft, so hat sie auf den Fliehenden Feuer zu geben, sofern zu seiner Anhaltung kein anderes Mittel vorhanden ist.”

b) Strafprozessordnung 1975:

“§ 502. (1) Auch militärische Kommanden sowie jene Soldaten, die dem für die militärische Sicher­heit und Ordnung im Standort oder in der Unterkunft verantwortlichen Kommandanten (Ortskomman­danten oder Unterkunftskommandanten) zum Zwecke der Besorgung dieser Aufgaben unterstellt sind, und, soweit sie nicht schon zu diesem Personenkreis zählen, Wachen können die vorläufige Verwahrung (§ 177) des einer strafbaren Handlung Verdächtigen zum Zwecke der Vorführung vor den Untersuchungs­richter vornehmen,

           1. wenn der Verdächtige auf einer militärischen Liegenschaft auf frischer Tat betreten wird oder

           2. wenn der Verdächtige Soldat ist, einer der im § 175 Abs. 1 Z 2 bis 4 angeführten Umstände vorliegt und die vorläufige Einholung des richterlichen Befehls wegen Gefahr im Verzug nicht tunlich ist.

(2) § 177 Abs. 2 bis 4 gilt dem Sinne nach.”

c)  Sperrgebietsgesetz 1995:

“§ 6. (1) Militärische Wachen, die mit der Sicherung eines Sperrgebietes betraut sind, dürfen Per­sonen, die bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die für das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz zuständige Behörde festnehmen, wenn

           1. der Betretene der militärischen Wache unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder

           2. begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder

           3. der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.

(2) Im Falle einer Festnahme nach Abs. 1 ist § 36 VStG anzuwenden.

(3) Eine Festnahme nach Abs. 1 ist hinsichtlich eines Verfahrens zur Überprüfung ihrer Recht­mäßigkeit dem Bundesminister für Landesverteidigung zuzurechnen.”

Schließlich ermächtigt der – auf Grund seines ausschließlich heeresinternen Geltungsbereiches für den vorliegenden Gesetzesentwurf im weiteren unbeachtliche – § 43 des Heeresdisziplinargesetzes 1994 (HDG 1994), BGBl. Nr. 522, bestimmte militärische Organe zur vorläufigen Festnahme jener Soldaten, die einer disziplinär zu ahndenden Pflichtverletzung verdächtig sind.

3. Die Staatsrechtslehre des 19. Jahrhunderts sah das Militärwesen zur Gänze als einen Bereich an, der sich den Anforderungen eines Rechtsstaates weitgehend entzieht. So vertrat etwa Lorenz von STEIN die Auffassung, dass “das Heer zwar wie jeder Teil der Verwaltung unter der Verfassung und ihrem Gesetze stehe, das Gesetz aber beim Heer eine Grenze habe, die es bei keinem anderen Teil des Staatslebens finde”. Vergleichbare Ausführungen finden sich in nahezu allen einschlägigen staatsrechtlichen System­darstellungen jener Zeit. Auf diesen theoretischen Untermauerungen aufbauend entwickelte sich speziell in Österreich eine dualistische Rechtsstellung des Wehrwesens. Dabei sollte der militärische Bereich zwar grundsätzlich als Bestandteil der allgemeinen Rechtsordnung in die verfassungsmäßige Gesetzgebung eingebunden werden. Zahlreiche Teilbereiche wurden jedoch als besonderes militärisches Gewaltver­hältnis unmittelbar von der souveränen Befehlsgewalt des Monarchen abgeleitet und blieben damit einer allgemein zugänglichen gesetzlichen Regelung entzogen; diese Angelegenheiten des Heerwesens wurden vielmehr ausschließlich in verschiedenen heeresinternen Vorschriften geregelt.

Nach dem Untergang der Monarchie wurde als Kernpunkt der republikanischen Wehrverfassung das Heer grundsätzlich in die demokratische Staats- und Rechtsordnung eingebunden. Der Bereich des Militärs sollte daher grundsätzlich wie die zivile Staatsverwaltung auf Grund genereller Rechtsnormen zu vollziehen sein. So wurden insbesondere die Verfügungs- und Leitungsbefugnisse betreffend das Heer zur Gänze in das demokratische System einer (zivilen) politischen Führung eingebunden und die Rechts­stellung des einzelnen Soldaten im Militär von einer uneingeschränkten Unterwerfung unter die (mo­narchische) Befehlsgewalt in eine gesetzlich geregelte Rechtsbeziehung zum staatlichen Organkomplex Bundesheer umgebildet.

Die aufgezeigten Bemühungen nach einer Einbindung des Heerwesens in die allgemeine Rechtsordnung wurden jedoch hinsichtlich der konkreten Zwangsbefugnisse militärischer Organe nur in Ansätzen verwirklicht. Diesbezüglich wurde nämlich auch noch in der zweiten Republik von der juristischen Lehre überwiegend die Auffassung vertreten, dass in diesem speziellen Teilbereich einer grundsätzlich zur Gänze in die allgemeine Rechtsordnung eingebundenen Staatstätigkeit ein gewisses Maß an nicht näher durch Gesetze determinierter Vollziehung insbesondere im Hinblick auf die Vielfalt der zu ordnenden Lebensverhältnisse und die Unbestimmtheit der abzuwehrenden Gefahren zulässig sein müsste. Als inhaltlich und formal bindende Rechtsgrundlage reiche daher diesbezüglich eine Angabe allgemeiner Kriterien der Aufgaben durch den Verfassungsgesetzgeber (im wesentlichen die Art. 9a und 79 B-VG) aus. Diese Rechtsauffassung ließ eine umfassende gesetzliche Normierung sämtlicher Zwangsbefugnisse militärischer Organe als entbehrlich erscheinen. Dennoch gab es im Bundesministerium für Landes­verteidigung, insbesondere im Hinblick auf das Legalitätsprinzip nach Art. 18 Abs. 1 B-VG, mehrmals Versuche zu einer (zumindest teilweisen) Verrechtlichung dieses Teilbereiches der militärischen Ange­legenheiten. Die entsprechenden Vorarbeiten gelangten jedoch über verschiedene konzeptive Vorentwürfe nicht hinaus.

4. Der parlamentarische “Lucona‑Untersuchungsausschuss” hat in seinem an den Nationalrat erstatteten Bericht (1000 BlgNR, XVII. GP) unter anderem folgende Empfehlung ausgesprochen:

“Die Befugnisse der Staatspolizei und der militärischen Nachrichtendienste zur Überwachung von Per­sonen müssen genau determiniert werden; dabei ist auf die Achtung der einschlägigen Bestimmungen im Bereich der Grundfreiheiten und Menschenrechte Bedacht zu nehmen. Einrichtungen zur parlamen­tarischen Kontrolle solcher Tätigkeiten sollten vorgesehen werden.”

Die “militärischen Nachrichtendienste” bilden in Österreich keine eigenständige Organisationseinrichtung außerhalb des militärischen Bereiches; sie sind vielmehr auf verschiedenen hierarchischen Ebenen voll­ständig in die Struktur des Organkomplexes Bundesheer integriert. Da an diesem Organisationsaufbau auch künftig nichts Wesentliches geändert werden soll, kann der erwähnten parlamentarischen Empfehlung – in ähnlicher Weise wie für die Staatspolizei im Rahmen der Sicherheitspolizei – am besten Rechnung getragen werden, wenn die Befugnisse militärischer Organe im Bereich der auch die “Über­wachung von Personen durch die Nachrichtendienste” einschließenden militärischen Landesverteidigung umfassend normiert werden. Auf diese Weise kann die zunächst nur auf einen engen Bereich zielende Empfehlung im Rahmen einer generellen Befugnisregelung für den gesamten militärischen Bereich verwirklicht werden. Eine derartige umfassende Normierung der Zwangsbefugnisse militärischer Organe nimmt nicht nur auf allgemeine rechtsstaatliche Überlegungen Bedacht; sie trägt vielmehr auch in besonderer Weise dem der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.737) zu entnehmenden strengen gesetzlichen Determinierungsgebot für jene Bereiche Rechnung, die zu Grundrechtseingriffen ermächtigen.

Das am 1. Mai 1993 in Kraft getretene Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, trug ver­gleichbaren Überlegungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer umfassenden gesetzlichen Normierung hoheitlicher Zwangsbefugnisse staatlicher Organe in Angelegenheiten der Sicherheitspolizei Rechnung. Für diesen Rechtsbereich wurden nämlich seit über hundert Jahren immer wieder Forderungen nach einer derartigen Befugnisregelung erhoben (vgl. 148 und 240 BlgNR, XVIII. GP). Neben dieser zusammen­fassenden Normierung der Befugnisse im Rahmen der Sicherheitspolizei enthält das Sicherheits­polizeigesetz darüber hinaus auch Regelungen über die Organisation der Sicherheitsverwaltung, eine nähere Beschreibung der Aufgaben auf dem Gebiet der Sicherheitspolizei, umfassende Bestimmungen über die Verwendung personenbezogener Daten im Rahmen der Sicherheitspolizei sowie spezifische Rechtsschutzvorschriften.

6

Der vorliegende Gesetzentwurf nimmt sich für den Bereich der “militärischen Landesverteidigung” die umfassende Konzeption des Sicherheitspolizeigesetzes sowohl hinsichtlich der grundsätzlichen Inhalte als auch hinsichtlich des strukturellen Aufbaus weitgehend zum Vorbild, speziell im Hinblick auf die materielle Vergleichbarkeit der zugrunde liegenden Problemstellungen. Lediglich eine zusammenfassende Normierung allgemeiner Organisationsstrukturen erscheint im Bereich der militärischen Landesver­tei­digung entbehrlich, da die in diesem Zusammenhang relevanten konkreten militärbehördlichen Zustän­digkeiten in den diversen wehrrechtlichen Regelungen gemeinsam mit den jeweiligen materiellen Bestim­mungen ausreichend gesetzlich normiert sind; vgl. hiezu etwa die §§ 19 und 21 des Wehrgesetzes 1990 (WG), BGBl. Nr. 305, die §§ 35, 46 und 50 des Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992), BGBl. Nr. 422, sowie die §§ 12, 13, 15 und 78 HDG 1994. Überdies ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Heeresorganisation gemäß § 14 Abs. 1 WG grundsätzlich von der Bundesregierung zu bestimmen ist. Diese Festlegungen der Heeresgliederung erfolgen regelmäßig im Wege eines Minister­ratsbeschlusses. Diesbezüglich wurde zuletzt die sog. “Heeresgliederung Neu” im wesentlichen am 14. Juli 1992 beschlossen und bis zum Ablauf des Jahres 1995 eingenommen. Am 1. April 1998 beschloss die Bundesregierung eine “Strukturanpassung zur Heeresgliederung 1992”, die bis zum Jahr 2000 einzu­nehmen ist. Regelungen für das Tätigwerden des Bundesheeres außerhalb der militärischen Landes­verteidigung sind im gegenständlichen Entwurf, insbesondere aus rechtssystematischen Erwägungen, ausnahmslos nicht vorgesehen. Hinsichtlich der Assistenzfälle käme überdies dem Wehrrechtsgesetzgeber keinerlei Kompetenz zu.

Im Zusammenhang mit der ins Auge gefassten näheren Umschreibung der als Primäraufgabe des Bundesheeres verfassungsrechtlich verankerten “militärischen Landesverteidigung” sind verschiedene, bereits seit längerer Zeit bestehende Grundlagen auf rechtlicher und politischer Ebene von Bedeutung. Der im Jahre 1975 geschaffene Art. 9a B-VG normiert die umfassende Landesverteidigung als sog. “Staatszielbestimmung”. Die militärische Landesverteidigung ist als einer der vier Teilbereiche dieses Staatszieles (darüber hinaus sind noch die geistige, zivile und wirtschaftliche Landesverteidigung genannt) zur Gänze in die umfassende Landesverteidigung eingebettet. Anläßlich der parlamentarischen Behandlung dieser Verfassungsbestimmung beschloss der Nationalrat im Wege einer Entschließung (1643 BlgNR, XIII. GP) die sog. “Verteidigungsdoktrin”, in der sowohl die drei Anlassfälle der umfassenden Landesverteidigung (Krisen-, Neutralitäts- und Verteidigungsfall) zugrunde gelegt als auch die Kernaufgaben der einzelnen Teilbereiche der umfassenden Landesverteidigung umschrieben werden. Diese Verteidigungsdoktrin, die von der juristischen Lehre als eine Art authentischer Interpretation des Art. 9a B-VG beurteilt wird, wurde von der Bundesregierung mit Ministerratsbeschluss vom 28. Oktober 1975 als Regierungs- und Verwaltungsmaxime übernommen. Einem in dieser Doktrin enthaltenen Wunsch des Nationalrates entsprechend arbeitete die Bundesregierung in weiterer Folge einen “Landes­verteidigungsplan” aus, der nach entsprechender Behandlung im Landesverteidigungsrat vom Ministerrat am 22. November 1983 beschlossen wurde. Dieser Plan enthält im wesentlichen eine umfassende Darstellung der (damaligen) sicherheitspolitischen Grundlagen sowie, jeweils gesondert für die erwähnten vier Teilbereiche, detaillierte Maßnahmen zur Verwirklichung der in der Verteidigungsdoktrin vorge­sehenen Zielsetzungen der umfassenden Landesverteidigung.

5. In der Bundesrepublik Deutschland sind diverse Fragen im Zusammenhang mit der Ausübung von Zwangsbefugnissen militärischer Organe gegen Dritte immer wieder Gegenstand rechtsdogmatischer Untersuchungen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können im Hinblick auf die weitgehende materielle Vergleichbarkeit der grundlegenden Rechtsvorschriften über Auftrag und Tätigwerden des Heeres grund­sätzlich auch auf die diesbezüglichen österreichischen Problemstellungen übertragen werden. In beiden Ländern obliegt nämlich dem Militär als primäre Kernaufgabe die Gewährleistung der äußeren Sicherheit des Staates sowie die damit verbundene Abwehr drohender Gefahren von außen (“militärische Landes­verteidigung” bzw. “Verteidigung”). Als unabdingbare Voraussetzung für die Erfüllung dieses Verteidi­gungsauftrages stellt sich dabei die jederzeitige Fähigkeit zu einem wirksamen Selbst- bzw. Eigenschutz der Streitkräfte durch diese selbst dar. Dieser unmittelbare militärische Eigenschutz ist daher kompetenz­rechtlich als integrierender Bestandteil des Hauptauftrages des Militärs anzusehen; nach der Rechts­sprechung des (deutschen) Bundesverfassungsgerichtes stehen die einschlägigen Normen nämlich mit dem Sachbereich “Verteidigung” in einem notwendigen Sachzusammenhang und sind ihm zuzurechnen. Die Schaffung entsprechender, auch außerhalb eines militärischen Einsatzes im engeren Sinn wirksam werdender Befugnisse militärischer Organe zum unmittelbaren Selbstschutz des Heeres obliegt daher im Hinblick auf deren dogmatische Zuordenbarkeit zum Wehrrecht dem für das Militärwesen zuständigen Gesetzgeber. Der Umfang dieses Teilaspektes der militärischen Landesverteidigung wird dabei eng auf unmittelbare Maßnahmen zur Abwehr drohender Gefahren für den militärischen Bereich zu begrenzen sein, da im übrigen die Gewährleistung der “inneren Sicherheit” grundsätzlich den jeweiligen Sicher­heitsorganen und -behörden obliegt. Diesen theoretischen Überlegungen entsprechend wurden im vorliegenden Gesetzentwurf insbesondere verschiedene Zwangsbefugnisse militärischer Organe gegen Personen auf die unmittelbare Abwehr bestimmter strafbarer Handlungen gegen militärische Organe oder militärisch relevante Gegenstände und Bereiche (“militärische Straftaten”) beschränkt. Die weitere Ver­folgung dieser Straftaten wird wie bisher uneingeschränkt den jeweiligen Gerichts- bzw. Verwaltungs­behörden obliegen. Damit ist insbesondere auch sichergestellt, dass das Bundesheer keinesfalls für Zwecke der gerichtlichen Strafverfolgung und damit im Rahmen des “Strafrechtswesens” nach Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG tätig werden darf.

Der mit einer Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 368/1975, umfassend modifizierte Art. 79 B-VG normiert im Abs. 2 die sog. “sicherheitspolizeilichen Assistenzaufgaben” des Bundes­heeres. Es handelt sich dabei um solche Aufgaben, die das Bundesheer grundsätzlich nicht aus eigenem wahrnehmen darf, sondern nur auf Anforderung der zuständigen (zivilen) Behörden und Organe. Im Rahmen dieser Aufgabenumschreibung ist allerdings ausdrücklich normiert, dass diese Assistenzaufgaben des Bundesheeres “auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus” in Betracht kommen. Daraus ergibt sich schlüssig, dass dem Bundesheer – zumindest in einem begrenzten Umfang – auch im Bereich der militärischen Landesverteidigung nach Art. 79 Abs. 1 B-VG eine primäre und originäre Eigenkompetenz zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungs­fähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt zukommen wird. Die für das Bundesheer in Anspruch genommene Eigenzuständigkeit zum unmittelbaren Selbstschutz durch eigene Organe kann daher in rechtsdog­matischer Hinsicht auf die erwähnte Wendung im Art. 79 Abs. 2 B-VG gestützt werden.

Die als Bestandteil der “militärischen Landesverteidigung” in Anspruch genommene Zuständigkeit des Heeres zum unmittelbaren Selbst- bzw. Eigenschutz stützt sich auch auf die langjährige ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes betreffend die Interpretation des österreichischen Verfassungsrechtes. Dabei wurde als zentrale Auslegungsmaxime die sog. “Versteinerungstheorie” entwickelt; nach dieser Theorie sind verfassungsrechtliche Begriffe im Zweifel in jenem Sinne zu verstehen, der ihnen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen Verfassungsnorm zugekommen ist. Der diesbezüglich relevante Terminus “militärische Landesverteidigung” wurde in den Art. 9a bzw. 79 B-VG im Jahre 1975 im Verfassungsrecht eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt standen bereits verschiedene Normen auf Gesetzes- und Verordnungsstufe in Geltung, die den in Rede stehenden Selbstschutz der Streitkräfte direkt den militärischen Organen – und nicht etwa den für die Wahrnehmung der Sicherheitspolizei zuständigen Einrichtungen – übertrug. Diese Rechtsvorschriften betrafen im wesentlichen zahlreiche Aspekte des seit jeher unbestritten als direkte militärische Aufgabe angesehenen militärischen Wachdienstes. So sah der nach dem III. Hauptstück Art. I Z 8 des Militärstrafgesetzes als Bestandteil dieses Bundesgesetzes weitergeltende § 577 des Strafgesetzes (“Besondere Ermächtigung der Wachen”) diverse Festnahme- und Waffengebrauchsrechte militärischer Wachen vor. In der Strafprozess­ordnung wurde verschiedenen militärischen Organen das Recht zur vorläufigen Verwahrung eines bestimmter militärisch relevanter Straftaten Verdächtigen eingeräumt. Ferner war im militärischen Sperr­gebietsrecht ein dem § 35 VStG inhaltlich weitgehend nachgebildetes Festnahmerecht militärischer Wachen bei einem militärischen Sperrgebiet normiert. Schließlich enthielten die Allgemeinen Dienstvor­schriften für das Bundesheer auf Verordnungsebene eine Definition des militärischen Wachdienstes, seine verschiedenen Arten sowie konkrete Umschreibungen der Aufgaben jener Soldaten vor, die den Wachdienst in unterschiedlichen Erscheinungsformen versehen. Der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1975 hat demnach bei der Einführung des in Rede stehenden Begriffes in der Rechtsordnung bereits ein breites, speziell auch den unmittelbaren Selbstschutz des Heeres umfassendes Inhaltsprofil dieser Kernaufgabe des Bundesheeres vorgefunden. Im Lichte der Versteinerungstheorie kann daher davon ausgegangen werden, dass diese Schutzaufgabe auch unter den neugeschaffenen Terminus “militärische Landesverteidigung” zu subsumieren ist, zumal auch die genannten Normen inhaltlich praktisch unver­ändert bis heute in Geltung stehen.

Hinsichtlich des unmittelbaren militärischen Selbst- bzw. Eigenschutzes des Heeres durch militärische Organe ergibt sich ein bestimmtes Überschneidungsfeld mit der sicherheitspolizeilichen Aufgabe der Exekutivbehörden zur Wahrung der “inneren Sicherheit”. In der Bundesrepublik Deutschland wurde dieser Bereich bereits seit längerem rechtsdogmatisch eingehend untersucht (zB GROSSMANN “Bundes­wehrsicherheitsrecht”, S 42 f sowie S 95 ff oder JESS/MANN “Gesetz über die Anwendung unmittel­baren Zwanges durch die Bundeswehr”, S 27 ff). Dabei wird überwiegend vom allgemeinen Grundsatz ausgegangen, dass zum Aufgabenbereich der Polizei jene Materien nicht gehören, bezüglich derer der Schutz vor Gefahren, die der Allgemeinheit bevorstehen und deren Abwehr die öffentliche Sicherheit fordert, einer anderen Behördenorganisation als der Polizei übertragen sind; die entsprechende spezielle polizeiliche Zuständigkeit des Heeres ist dabei ausschließlich auf den unmittelbaren Schutzzweck beschränkt und geht der allgemeinen subsidiären Zuständigkeit der Polizei insoweit bevor. Dabei bleibt durchaus Raum für ein entsprechendes Eingreifen der Polizei zu diesen Zwecken, wenn nämlich das Militär als Träger einer “speziellen polizeilichen Zuständigkeit” nicht eingreifen kann. Es sind daher in der Praxis Situationen vorstellbar, in denen sich die Zuständigkeit von Polizei und Militär überschneiden; dabei sollten die handelnden Organe ungeachtet allfälliger positivrechtlicher Zuständigkeitsabgrenzungen mit hohem Abstraktionsgrad auf der Grundlage diesbezüglicher Absprachen kooperativ handeln. Auch in Österreich besteht ein Überschneidungsbereich zwischen dem in Rede stehenden Teilaspekt der militärischen Landesverteidigung und der Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Nach den §§ 20 und 22 SPG umfasst diese Agende nämlich im Rahmen des vorbeugenden Schutzes von Rechtsgütern auch den “besonderen Schutz der verfassungsmäßigen Ein­richtungen und ihrer Handlungsfähigkeit”. Auf Grund der genannten Textierung des Art. 79 Abs. 1 und 2 B-VG sowie der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes betreffend die Versteinerungstheorie wird jedoch der unmittelbare Selbstschutz des Heeres dem Grunde nach der “militärischen Landesverteidigung” zuzurechnen und damit von der allgemeinen Kompetenz der Sicherheitsbehörden ausgenommen sein. Die Ausgestaltung des konkreten Umfanges dieser originären Kompetenz des Bundesheeres (und damit der Ausnahme von der sicherheitsbehördlichen Kompetenz) wird dabei dem einfachen Gesetzgeber zu­kommen. Unter Bedachtnahme auf die aufgezeigten deutschen Überlegungen sowie im Interesse der Rechtssicherheit ist diesbezüglich im vorliegenden Entwurf eine klare Kompetenzabgrenzung ins Auge gefasst, die auf dem Grundsatz der Subsidiarität entsprechender militärischer Befugnisausübung beruht; vgl. hiezu § 2 Abs. 2 sowie die diesbezüglichen Erläuterungen.

Ein weiteres Spezialproblem innerhalb des in Rede stehenden Diskussionsgegenstandes bildet die Frage, ob und inwieweit die sog. “Jedermannrechte” auch militärischen Organen in Ausübung ihres Dienstes zukommen; als solche Rechte kommen insbesondere Notwehr bzw. -hilfe sowie das jedermann zu­stehende Anhalterecht im Zusammenhang mit gerichtlich strafbaren Handlungen in Betracht. Die herrschende Lehre vertritt diesbezüglich im wesentlichen die Auffassung, dass durch die ausdrückliche Normierung von Zwangsbefugnissen militärischer Organe eine – grundsätzlich subsidiäre – Heranziehung der Jedermannrechte nicht ausgeschlossen ist; allfälligen ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen in diesem Zusammenhang (etwa sog. “Notrechtsvorbehalte”) kommt daher ausschließlich deklarativer Charakter zu. Diese Auffassung gründet sich im wesentlichen auf die Überlegung, dass dem Staat eine ausdrückliche Schlechterstellung seiner, noch dazu zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt befugter, Organe gegenüber jedem anderen Staatsbürger nicht unterstellt werden kann. Militärische Organe werden somit im Falle des Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen (so wie jeder andere Staatsbürger auch) die Jedermannrechte ausüben dürfen; im Lichte der herrschenden Lehre wird die Ausübung dieser Rechte jedoch nicht im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeiten erfolgen, sondern gleichsam als Privat­person. Für den vorliegenden Entwurf bedeutet dies, dass von der Aufnahme ausdrücklicher deklarativer Klarstellungen in diesem Sinne insbesondere im Hinblick auf die Richtlinie 1 der Legistischen Richtlinien 1990 über die sprachliche Sparsamkeit von Rechtsvorschriften Abstand genommen werden soll.

6. Im Bereich der militärischen Landesverteidigung kann ein Staat in Notlagen geraten, in denen er Leistungen seiner Bürger unmittelbar in Anspruch nehmen muss, weil das vorhandene Potential staat­licher, insbesondere militärischer, Einrichtungen nicht ausreicht, um einer solchen Notlage begegnen zu können. In keinem Staat ist nämlich das der militärischen Landesverteidigung primär dienende Heer, speziell auch aus wirtschaftlichen Erwägungen, so ausgerüstet, dass es jederzeit in allen Anlassfällen und zur Gänze auf die Inanspruchnahme zusätzlicher Leistungen der Staatsbürger verzichten kann. Dies gilt sowohl für unmittelbare militärische Dienstleistungen als auch für die Erbringung von Sachleistungen. Derartige Überlegungen treffen insbesondere auf Staaten mit einer milizartig strukturierten Landesver­teidigung zu. In solchen Ländern sind nämlich die ständig vorhandenen militärischen Organisations­strukturen in personeller wie in materieller Hinsicht knapp bemessen. Die volle Einsatzbereitschaft der Streitkräfte wird erst in den jeweiligen konkreten Anlassfällen der militärischen Landesverteidigung durch eine Heranziehung zusätzlichen zivilen Potentials erreicht. Die personelle Ergänzung des Heeres erfolgt dabei regelmäßig durch eine “Aufbietung” militärisch ausgebildeter Zivilpersonen (“Milizangehörige”) zum Wehrdienst. Die zusätzlichen materiellen Bedürfnisse der Streitkräfte werden durch eine Inanspruch­nahme ziviler Sachleistungen im Wege eines “Leistungsrechtes” gedeckt.

In Österreich bestanden bereits in der monarchischen Wehrverfassung auf dem Gebiete des Leistungs­wesens verschiedene Rechtsvorschriften (zB Pferdemobilisierungsgesetz, RGBl. Nr. 77/1873, Einquar­tierungsgesetz, RGBl. Nr. 93/1879, Militärvorspanngesetz, RGBl. Nr. 86/1905, sowie insbesondere das umfassende Kriegsleistungsgesetz, RGBl. Nr. 236/1912). Nach dem Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie wurden diese Rechtsvorschriften im wesentlichen in die republikanische Rechts­ordnung übernommen und teilweise modifiziert bzw. durch neue Regelungen ersetzt (zB Militärvor­spanngesetz, BGBl. Nr. 369/1935). Während der deutschen Okkupation wurden diese Rechtsvorschriften – wie das gesamte österreichische Wehrrecht – im Kundmachungsweg durch die entsprechenden reichsdeutschen Regelungen ersetzt (siehe hiezu speziell die Kundmachungen GBlfdLÖ Nrn. 291 und 292/1938). Auf diese Weise trat zunächst das Gesetz über Leistungen für Wehrzwecke (Wehrleistungs­gesetz), dRGBl. I, S 887 ff, in Kraft, das in weiterer Folge zu einem auch anderen staatlichen Leistungs­bedürfnissen umfassend dienenden Gesetz über Sachleistungen für Reichsaufgaben (Reichsleistungs­gesetz), dRGBl. I, S 1639 ff, erweitert wurde.

In der Zweiten Republik wurde zunächst mit der 9. Kundmachung über die Aufhebung deutscher Rechtsvorschriften, StGBl. Nr. 50/1945, im Sinne des § 1 Abs. 2 des Rechts-Überleitungsgesetzes festgestellt, dass das deutsche Wehrrecht für den Bereich der Republik Österreich mit 27. April 1945 außer Kraft getreten ist. Damit hatten jene Bestimmungen des – im übrigen grundsätzlich in die österreichische Rechtsordnung übernommenen – Reichsleistungsgesetzes ihre Geltung verloren, die eine Inanspruchnahme von Leistungen für militärische Zwecke regeln. Einer Entschließung des Nationalrates vom 9. März 1949 entsprechend brachte die Bundesregierung den Entwurf eines Bundesgesetzes über die umfassende Inanspruchnahme von Leistungen für öffentliche Zwecke (Leistungsanforderungs-Gesetz) als Regierungsvorlage in den Nationalrat ein (850 BlgNR, V. GP). Auf Grund der Beendigung der Legis­laturperiode im Jahre 1949 wurde diese Regierungsvorlage jedoch nicht mehr als Gesetz beschlossen. Auch in weiterer Folge wurde ein derartiger Gesetzentwurf nicht mehr in Behandlung genommen.

Da somit für die Befriedigung des militärischen Leistungsbedarfes keinerlei gesetzliche Grundlage bestand, legte die Bundesregierung im Jahre 1967 dem Nationalrat die Regierungsvorlage eines Militär­leistungsgesetzes zur “Deckung des vordringlichsten militärischen Bedarfes” vor. Die Schaffung einer darüber hinausgehenden gesetzlichen Regelung für sämtliche staatlichen Leistungsbedürfnisse im Wege eines allgemeinen Leistungsgesetzes sollte nach dem Willen des Gesetzgebers durch diese spezielle Regelung jedoch nicht aus den Augen verloren werden. Das Militärleistungsgesetz wurde mit ver­schiedenen aus der parlamentarischen Behandlung resultierenden Änderungen unter der BGBl. Nr. 174/
1968 kundgemacht und trat am 31. Mai 1968 in Kraft. Dieses Gesetz sieht im wesentlichen eine Inanspruchnahme von Kraftfahrzeugen und Anhängern, Luftfahrzeugen, Schiffen und Baumaschinen, jeweils samt Zubehör und Ersatzteilen, im Wege eines (ursprünglich in mittelbarer Bundesverwaltung durchzuführenden) Verwaltungsverfahrens sowie entsprechende administrative Vorbereitungsmaßnahmen vor. Derartige Leistungsanforderungen dürfen ausschließlich für die Fälle eines Einsatzes des Bundes­heeres nach § 2 Abs. 1 lit. a des Wehrgesetzes (heute “militärische Landesverteidigung”) vorgesehen werden. Das Militärleistungsgesetz steht bis heute weitgehend unverändert in Geltung. Es wurden lediglich mit einer Novelle BGBl. Nr. 869/1992 eine Ermächtigung zur Datenübermittlung eingefügt sowie mit einer weiteren Novelle BGBl. Nr. 259/1995 die ursprüngliche Vollziehung in mittelbarer Bundesverwaltung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in eine Vollziehung in unmittelbarer Bundesverwaltung durch Militärbehörden umgewandelt.

Im Rahmen der militärischen Einsatzplanungen stellte sich regelmäßig heraus, dass die Möglichkeiten des Militärleistungsgesetzes zur Inanspruchnahme ziviler Leistungen den Bedürfnissen des Bundesheeres nicht in ausreichendem Umfang Rechnung tragen. Insbesondere werden dabei Art und Umfang der als Leistungsobjekte in Frage kommenden Gegenstände als wesentlich zu gering erachtet. Weiters erscheint auch die Verpflichtung, Leistungen ausschließlich im Wege eines Verwaltungsverfahrens in Anspruch nehmen zu können, im Hinblick auf die in einem militärischen Einsatz oft unabdingbare Raschheit einer Heranziehung ziviler Gegenstände als nicht praxisgerecht. Schließlich wird auch die mangelnde Verpflichtungsmöglichkeit von Wirtschaftsunternehmen zur Erbringung von Werkleistungen im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebes als erhebliche Beeinträchtigung einer effizienten Erfüllung militärischer Einsatzaufgaben erachtet. Da mehrfache Anregungen des Bundesministeriums für Landesverteidigung, den zusätzlichen militärischen Leistungsbedarf umfassend in einem allgemeinen Leistungsgesetz für alle staatlichen Bedarfsträger zu regeln, bisher nicht aufgegriffen wurden, sollen die erwähnten (zusätzlichen) Leistungsbedürfnisse nunmehr im Wege einer entsprechenden Erweiterung des eigenständigen mili­tärischen Leistungsrechtes erfolgen. Hiezu wurde ursprünglich die Neuerlassung eines eigenen Militär­leistungsgesetzes in Erwägung gezogen. Aus rechtssystematischen Erwägungen erscheint es jedoch nun­mehr zweckmäßig, das gesamte militärische Leistungsrecht im Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfes zu regeln, insbesondere im Hinblick auf die grundsätzliche inhaltliche Zusammengehörigkeit sämtlicher militärischer Eingriffsbefugnisse in den zivilen Bereich. Das derzeit geltende Militärleistungsgesetz kann daher ersatzlos entfallen.

Im gegenständlichen Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass von der ursprünglich ebenfalls erwo­genen Aufnahme einer Ermächtigung zur Anforderung ziviler persönlicher Dienstleistungen im Rahmen des militärischen Leistungsrechtes im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken Abstand genommen wurde. Diese Bedenken gründen sich im wesentlichen auf den Umstand, dass eine solche Inanspruch­nahme persönlicher Leistungen für unmittelbare militärische Zwecke in einem Spannungsverhältnis zum Art. 9a Abs. 3 in Verbindung mit Art. 79 B-VG steht. Diese Bestimmungen beschränken nämlich die für Dienstleistungen im Bundesheer unmittelbar maßgebliche allgemeine Wehrpflicht (lediglich) auf männ­liche österreichische Staatsbürger, sodass eine direkte Heranziehung anderer Personen zu den in Rede stehenden Dienstleistungen problematisch erscheint. Im übrigen sieht auch das dem gegenständlichen Entwurf inhaltlich weitgehend entsprechende deutsche Bundesleistungsgesetz, BGBl. I S 1769, keine Möglichkeit zur Anforderung derartiger persönlicher Dienstleistungen im Wege des militärischen Leis­tungsrechtes vor.

Ungeachtet der im vorliegenden Gesetzesentwurf beabsichtigten Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Deckung des dringendsten militärischen Leistungsbedarfes erscheinen darüber hinaus nach wie vor legislative Vorkehrungen zur umfassenden Befriedigung der diesbezüglichen Bedürfnisse aller Träger der – als Gesamtstaatsaufgabe verfassungsrechtlich verankerten – umfassenden Landesverteidigung not­wendig. Diese Regelungen könnten sowohl aus rechtssystematischen als auch aus praktischen Erwä­gungen entsprechend den seinerzeitigen Konzeptionen am zweckmäßigsten geschlossen in einem allgemeinen Leistungsgesetz getroffen werden. Durch eine derartige Rechtstechnik wären insbesondere auch Regelungsabläufe für einen koordinierten Ausgleich allenfalls konkurrierender Leistungsbedürfnisse einzelner Rechtsträger (zB Heer, Sicherheitsorgane, Rettungsorgane usw.) möglich.

7. Art. 79 B-VG regelt umfassend die Aufgaben des Bundesheeres. Danach obliegt dem Bundesheer als primäre und originäre Kernaufgabe die militärische Landesverteidigung (Abs. 1). Darüber hinaus ist das Bundesheer über Ersuchen der zuständigen zivilen Behörden und Organe auch

a)  zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner,

b) zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt sowie

c)  zur Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges

berufen (sog. “Assistenzeinsätze” – Abs. 2 und 4). Ausschließlich bei Gefahr im Verzug ist in diesen Fällen auch ein selbständiges Einschreiten des Bundesheeres (ohne Anforderung der zuständigen zivilen Stellen) zulässig (Abs. 5). Weitere Aufgaben des Bundesheeres dürfen ausschließlich im Verfassungsrang festgelegt werden (Abs. 3). Derzeit ist – neben der praktisch irrelevanten Mitwirkung bei der Exekution von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes auf Weisung des Bundespräsidenten (Art. 146 Abs. 2
B-VG) – als einzige derartige Zusatzaufgabe auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, die solidarische Teilnahme an Maßnahmen der Friedenssicherung im Rahmen einer internationalen Organisation, der OSZE oder in Durchführung von Beschlüssen der Europäischen Union, an Maßnahmen der humanitären Hilfe und Katastrophenhilfe sowie an Maßnahmen der Such- und Rettungsdienste normiert. Im § 2 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1990 sind sämtliche (verfassungsrechtlich taxativ vorgegebenen) Aufgaben des Bundesheeres aus Übersichtsgründen auf einfachgesetzlicher Ebene geschlossen zusammengefasst.

Hinsichtlich der Assistenzeinsätze des Bundesheeres entstanden in der Vergangenheit verschiedene Zweifelsfragen betreffend Rechtsstellung und Befugnisse der eingesetzten Soldaten. Dabei blieb zunächst stets unbestritten, dass die zur Hilfeleistung herangezogenen Kräfte in organisatorischer Hinsicht weiterhin Angehörige des Bundesheers bleiben; die diesbezüglichen Rechtsvorschriften (zB Besoldung, Disziplinarwesen, Allgemeine Dienstvorschriften für das Bundesheer) werden daher uneingeschränkt anwendbar sein. Hinsichtlich der funktionellen Zuordnung der Assistenz leistenden Soldaten sowie der damit verknüpften Frage nach Art und Umfang der für die unmittelbare Hilfeleistung heranzuziehenden Befugnisse gab es jedoch unterschiedliche Standpunkte. Während nach überwiegender Rechtsauffassung den eingesetzten Soldaten im Hinblick auf ihre funktionelle Zurechenbarkeit zu der jeweils anfordernden Behörde grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie den Organen dieser Anforderungsbehörde zukommen sollten, wurde speziell hinsichtlich sicherheitspolizeilicher Assistenzleistungen vereinzelt auch die Meinung vertreten, dass das Sicherheitspolizeigesetz den (sicherheitsbehördlichen) Exekutivdienst formell ausschließlich Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 5 Abs. 2 SPG vorbehält und dass daher Soldaten im Assistenzeinsatz keine Exekutivbefugnisse ausüben dürften.

In einem Erkenntnis vom 7. März 1994, B 115/93-16, VfSlg 13708, hat der Verfassungsgerichtshof in einem Verfahren betreffend die Assistenzleistung des Bundesheers zur Überwachung der österreichischen Staatsgrenze zu Ungarn unter anderem ausgeführt, (unmittelbar) aus Art. 79 B-VG folge, dass die Organe des Bundesheeres im Falle einer Assistenzleistung grundsätzlich in jene Befugnisse “eintreten”, die den Behörden zukommen, die die Assistenzleistung des Bundesheeres angefordert haben; im übrigen seien die von den eingesetzten Soldaten wahrgenommenen Aufgaben funktionell der anfordernden Sicherheits­behörde zuzurechnen. Überdies werde durch die Assistenzleistung keine selbständige Funktion des Bundesheers geschaffen, sondern erfolge eine Zuordnung des Bundesheeres zu den für die eigentliche Besorgung der Aufgaben zuständigen Organen in der Form, dass die Soldaten bei einem Assistenzeinsatz grundsätzlich die den zivilen Einrichtungen übertragenen Befugnisse für diese (anfordernden) Organe wahrnehmen. Das Bundesheer werde somit für jene Behörden und Organe, für welche die Assistenz­leistung des Bundesheers erfolge, auf Grund der für diese Behörden und Organe geltenden Rechts­grundlagen tätig. Mit diesem Erkenntnis ist nunmehr auch durch die Judikatur ausdrücklich klargestellt, dass die Assistenz leistenden Soldaten keine “militärischen Angelegenheiten” im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG vollziehen, sondern vielmehr jene Kompetenztatbestände, zu deren Erfüllung sie nach Art. 79 Abs. 2 B-VG von der anfordernden Behörde herangezogen werden. Diesen Soldaten kommen dabei, unmittelbar aus der Bundesverfassung abgeleitet, grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie den für die Erfüllung der jeweiligen Aufgabe primär zuständigen Organen zu. Eine allfällige Modifizierung dieser Befugnisse für die Soldaten im Assistenzeinsatz obliegt daher dem für die anfordernde Behörde jeweils zuständigen (Bundes- oder Landes)gesetzgeber.

Für den vorliegenden Gesetzentwurf, der sich aus kompetenzrechtlichen und rechtssystematischen Erwä­gungen ausschließlich auf das Tätigwerden des Bundesheeres in Angelegenheiten der militärischen Landesverteidigung zu beschränken hat, bedeutet das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, dass die darin enthaltenen Befugnisse in einem Assistenzeinsatz bei der Ausübung solcher Tätigkeiten von Soldaten nicht anzuwenden sind, die funktionell einer anderen Behörde zuzurechnen sind (zB Späh­truppdienst zur Überwachung der Staatsgrenze einschließlich der Behandlung verdächtiger Grenzgänger). Werden jedoch während eines Assistenzeinsatzes von Soldaten unmittelbare militärische Aufgaben erfüllt (zB im Rahmen des militärischen “Wachdienstes” nach § 6 des vorliegenden Entwurfes), so bleiben diese Tätigkeiten den “militärischen Angelegenheiten” zugeordnet; in diesen Fällen werden daher auch ausschließlich die entsprechenden Befugnisse militärischer Organe nach diesem Entwurf maßgeblich sein.

In der Vergangenheit entstanden wiederholt Zweifelsfragen und Unklarheiten betreffend die Ver­pflichtung zur Kostentragung in Assistenzeinsätzen. Von grundlegender Bedeutung für die Lösung dieser Frage ist die im § 2 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 300, normierte Kosten­tragungsregelung. Demnach haben der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften nach Maßgabe abweichender gesetzlicher Bestimmungen grundsätzlich jenen Aufwand zu tragen, “der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt”. Der Verfassungsgerichtshof legte in seiner älteren Judikatur diese Regelung dahin aus, dass unter dem Begriff “ihren Aufgaben” jeweils der Bereich der Vollziehung des Bundes und der Länder zu verstehen sei; daher sei der Aufwand für jene Aufgaben, die nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung in die Vollziehung des Bundes fallen, grundsätzlich vom Bund zu tragen, der Aufwand für solche Aufgaben hingegen, die in der Vollziehung Landessache sind, grundsätzlich von den Ländern. Diese Ansicht hat das Höchstgericht vornehmlich aus Anlass diverser die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern betreffende Fälle entwickelt.

Der Verfassungsgerichtshof ist mit einem Erkenntnis vom 28. September 1982, A 3/81, VfSlg 9507, von der erwähnten Judikatur abgewichen und hat in der gegenständlichen Angelegenheit eine grundlegende neue Rechtsauffassung entwickelt. Die Kompetenzbestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes reichen danach nämlich nicht dazu aus, die Frage der Kostentragungspflicht der einzelnen Gebiets­körperschaften erschöpfend zu beantworten, da auch die von den Gemeinden (im eigenen oder über­tragenen Wirkungsbereich) zu besorgenden Aufgaben nach den Kompetenzbestimmungen ausnahmslos entweder Bundes- oder Landessache sind. Demgemäß ist die Zuordnung von Aufgaben zum Bund oder zu den Ländern oder den Gemeinden nur unter Berücksichtigung aller Rechtsvorschriften möglich, aus denen sich die Zuständigkeit einer bestimmten Gebietskörperschaft zu deren “Besorgung” jeweils ergibt. Dabei werden Staatsaufgaben von einer Gebietskörperschaft auch dann “besorgt”, wenn sie von Gesetzes wegen verpflichtet ist, Angelegenheiten einer anderen Gebietskörperschaft für diese, nach deren Weisungen und deren Verantwortung zu führen. Die eine solche “mittelbare Verwaltung” begründenden Rechtsvor­schriften verpflichten die beauftragte Gebietskörperschaft dazu, ihre Organisation – also ihre Organwalter und die für deren Tätigkeit unerlässlichen Hilfsmittel – zur administrativen Bewältigung der übertragenen Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Insoweit stellt sich diese Wahrnehmung der übertragenen Angelegenheiten für die beauftragte Gebietskörperschaft auch als “Besorgung ihrer Aufgaben” im Sinne des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 dar. Die von einer Gebietskörperschaft im Namen und unter der Verantwortung einer anderen Gebietskörperschaft zu besorgenden Angelegenheiten sind demnach von ersterer insoweit aus eigenen Mitteln zu finanzieren, als sie ihre Organe und die eine Voraussetzung für deren Tätigkeit bildenden, in diesem Sinne unerlässlichen Hilfsmittel grundsätzlich ohne Ersatzanspruch zur Verfügung zu stellen hat; dies betrifft also den Personalaufwand und jenen Sachaufwand, der als “Amtssachaufwand” bezeichnet wird. Als derartiger Amtssachaufwand ist dabei jener Aufwand zu verstehen, der die Voraussetzungen für das Tätigwerden der Organe zur Erfüllung dieser Aufgaben schafft, etwa die sog. Amts- und Kanzleierfordernisse, der Aufwand für Beleuchtung, Beheizung und Telekommunikation, sowie Hilfsmittel für die Anfertigung technischer Zeichnungen und Pläne, aber auch die Vorsorge für die entsprechende Unterbringung der Behörden und Organe. Demgegenüber ist die beauftragte Gebietskörperschaft weder zur Übernahme jenes Sachaufwandes, der mit der konkreten Tätigkeit der Behörde erst entsteht, noch des sog. Zweckaufwandes verpflichtet, also jener Aufwendungen die von vornherein unmittelbar für die Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe gemacht werden.

Wenngleich der Anlassfall für das erwähnte Erkenntnis die Klage einer Gemeinde gegen den Bund hinsichtlich die Übernahme der Aufwendungen aus der Vollziehung des übertragenen Wirkungsbereiches betraf, so können die darin enthaltenen Aussagen auf Grund ihrer Allgemeingültigkeit auch für die Frage der Kostentragung eines sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes des Bundesheeres sinngemäß über­tragen werden. Die Durchführung derartiger Assistenzleistungen stellt nämlich eine ausdrückliche – noch dazu unmittelbar im Verfassungsrecht verankerte – Aufgabe des Bundesheeres dar, die eine Kosten­tragungspflicht nach § 2 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 auslösen wird. Im übrigen sind auch die Aussagen in diesem Erkenntnis über die Übernahme der Kosten im Falle der Vollziehung von Aufgaben einer Gebietskörperschaft nach deren Weisungen und unter deren Verantwortung (nämlich der anfordernden Einrichtung) durch eine beauftragte andere Gebietskörperschaft (nämlich die zur Assistenz­leistung herangezogenen militärischen Organe) im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar.

Zusammenfassend wird das Militär bei Assistenzeinsätzen uneingeschränkt zu Lasten seiner eigenen finanzgesetzlichen Ansätze selbst zu tragen haben

–   den gesamten Personalaufwand für sämtliche eingesetzten militärischen Kräfte (also im wesentlichen die gesamte Besoldung sowohl für die Soldaten in einem Dienstverhältnis zum Bund als auch für jene im Präsenz- oder Ausbildungsdienst) und

–   den sog. Amtssachaufwand – also etwa die Kosten für die im Assistenzeinsatz verwendeten mili­tärischen Sachmittel (zB Treibstoff, Bewaffnung, Munition uä.) oder jene für die Unterbringung und Verpflegung der eingesetzten Soldaten.

Sollten die dem Heer zur Disposition stehenden Finanzmittel zur Tragung dieser Kosten nicht ausreichen, so werden die relevanten Budgetansätze entsprechend nachzudotieren sein, etwa im Wege eines Budget­überschreitungsgesetzes.

Dagegen werden nicht vom Bundesheer, sondern vielmehr von den anfordernden zivilen Einrichtungen jene Sachaufwendungen zu übernehmen sein, die im konkreten Assistenzeinsatz erst entstehen (zB den Ersatz von Schäden, die während der Assistenzleistung durch die eingesetzten militärischen Kräfte verur­sacht werden); dies gilt auch für jene als “Zweckaufwand” bezeichneten Aufwendungen, die von vornherein ausschließlich für die jeweiligen Assistenzzwecke gemacht werden (also etwa Ausrüstungs­gegenstände, die nur für derartige Hilfeleistungen erforderlich sind).

Neben der “militärischen Landesverteidigung” (Art. 79 Abs. 1 B-VG) und den sog. “Assistenzeinsätzen” (Art. 79 Abs. 2 und 4 B-VG) ist das Bundesheer seit Jahrzehnten auf Grund ausdrücklicher verfassungs­rechtlicher Grundlagen (Bundesverfassungsgesetz über die Entsendung österreichischer Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen, BGBl. Nr. 173/1965, seit April 1997 KSE-BVG, BGBl. I Nr. 38/1997) auch zur Hilfeleistung im Ausland berufen. Die zu derartigen “Auslandseinsätzen” im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. d WG herangezogenen Soldaten üben – ebenso wie die im Assistenzeinsatz stehenden militärischen Kräfte – keine Maßnahmen zur “militärischen Landesver­teidigung” im Sinne des Art. 79 Abs. 1 B-VG aus; sie nehmen vielmehr eine eigenständige, in den erwähnten Verfassungsnormen zugrunde gelegte Staatsaufgabe (im Ausland) wahr. Eine Festschreibung der den Soldaten im Auslandseinsatz zukommenden Befugnisse im vorliegenden Entwurf ist daher schon aus rechtssystematischen Gründen nicht möglich. Im übrigen entzieht sich die Normierung hoheitlicher Zwangsbefugnisse staatlicher Organe gegen Dritte in einem fremden Staat, insbesondere im Hinblick auf das aus Art. 3 B-VG abgeleitete sog. “Territorialitätsprinzip” (also die Geltung von Rechtsnormen nur auf dem eigenen Staatsgebiet), weitgehend der innerstaatlichen Regelungskompetenz der jeweiligen Entsendestaaten. Diese Frage wird vielmehr in erster Linie auf zwischenstaatlicher Ebene im Rahmen des Völkerrechts (etwa durch sog. “Statusabkommen”, wie etwa das sog. “NATO-PfP-SOFA”, BGBl. III Nr. 136/1998) zu regeln sein.

8. Der Begriff “Einsatz” ist sowohl im gesamten Wehrrecht als auch in anderen militärbezogenen Rechts­gebieten von zentraler Bedeutung. Darunter ist generell – ungeachtet geringfügig differierender, materien­spezifischer Begriffsinhalte (vgl. etwa § 2 Z 3 ADV sowie § 2 Z 2 MilStG) – jedes unmittelbare Tätigwerden des Bundesheeres zur Erfüllung seiner verfassungsgesetzlich verankerten und im § 2 Abs. 1 WG zusammengefassten Aufgaben zu verstehen. Aus kompetenzrechtlichen und rechtssystematischen Gründen kann der Einsatzbegriff nach dem vorliegenden Bundesgesetz lediglich Einsätze des Bundes­heeres zur militärischen Landesverteidigung (Art. 79 Abs. 1 B-VG bzw. § 2 Abs. 1 lit. a WG) – nicht jedoch sog. “Assistenzeinsätze” oder Auslandseinsätze – umfassen; vgl. hiezu die Ausführungen in der Z 7 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen.

Die Verfügung eines Einsatzes des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung sowie dessen Beendigung obliegt – im Rahmen des allgemeinen Verfügungsrechtes über das Bundesheer – nach Art. 80 Abs. 2 B-VG bzw. § 3 Abs. 2 WG dem Bundesminister für Landesverteidigung, der dabei an eine allfällige Ermächtigung der Bundesregierung gebunden ist; eine diesbezügliche “Rahmenermächtigung” erging mit einem Ministerratsbeschluss vom 6. November 1984. Die erwähnten Verfügungen sind auf Grund ihres generell-abstrakten Rechtscharakters als Verordnungen zu qualifizieren und nach § 65b Z 1 WG nach Maßgabe der jeweiligen militärischen Interessen in geeigneter Weise kundzumachen. Als einziger Sonderfall eines faktischen Einsatzbeginnes ohne vorherige Einsatzverfügung des Bundes­ministers für Landesverteidigung wird – wie in der Bundesrepublik Deutschland (siehe Art. 115a Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, BGBl. S 1) – der tatsächliche Beginn einer völkerrechtlich als “Krieg” zu qualifizierenden Aggression gegen österreichisches Staatsgebiet anzusehen sein. In diesem Fall wird der Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung unmittelbar mit dem Beginn der Feindseligkeiten anfangen.

Der bisher einzige Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung fand im Sommer 1991 als sog. “Sicherungseinsatz” an der (damaligen) österreichisch-jugoslawischen Staatsgrenze statt. Auf Grund der Kampfhandlungen in Slowenien im Gefolge der Loslösung dieser früheren jugoslawischen Teilrepublik vom Gesamtstaat und der damit verbundenen Bedrohungen für das österreichische Staatsgebiet verfügte der Bundesminister für Landesverteidigung am 28. Juni 1991 mit sofortiger Wirkung einen Einsatz nach § 2 Abs. 1 lit. a WG zur Sicherung der österreichischen Staatsgrenze. Die Bundesregierung beschloss in der Sitzung des Ministerrates vom 2. Juli 1991 allgemeine Richtlinien für diesen Einsatz. Als Einsatzraum wurde dabei im wesentlichen das Gebiet jener Bezirkshauptmannschaften (in Kärnten, der Steiermark und dem Burgenland) festgelegt, die einen Anteil an der österreichisch-jugoslawischen Staatsgrenze hatten. Auf der Basis dieser rechtlichen Grundlagen führten die eingesetzten Kräfte des Bundesheeres den in Rede stehenden Sicherungseinsatz an der Staatsgrenze durch und konnten ein Übergreifen der Kampfhandlungen auf österreichisches Staatsgebiet verhindern. Im Hinblick auf die weitgehende Beendigung der Kampfhandlungen in den der österreichischen Grenze nahegelegenen Teilen Sloweniens verfügte der Bundesminister für Landesverteidigung am 29. Juli 1991 die Beendigung des gegenständlichen Einsatzes mit Ablauf des 31. Juli 1991. Die Bundesregierung wurde hievon am 30. Juli 1991 in Kenntnis gesetzt.

Hinsichtlich der in einem Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung notwendigen Befugnisse ist darauf hinzuweisen, dass in der österreichischen Rechtsordnung bereits zahlreiche aus­drücklich auf derartige Einsätze gerichtete Bestimmungen vorgesehen sind. So regelt etwa das geltende Militärleistungsgesetz (bzw. das an seine Stelle tretende 2. Hauptstück im 3. Teil des vorliegenden Ent­wurfes) umfassend die Inanspruchnahme ziviler Leistungen durch das Bundesheer für eine Erfüllung von Einsatzaufgaben. Im übrigen finden sich in der Rechtsordnung zahlreiche weitere sog. “Einsatzklauseln”, etwa in den

–   §§ 5 und 145 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957,

–   §§ 80 bis 83 HDG 1994

sowie im

–   § 107 Abs. 4 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG. 1967), BGBl. Nr. 902,

–   § 54 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52,

–   § 35 Abs. 3 WG,

–   § 29 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159,

–   § 49 Abs. 7 des Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992), BGBl. Nr. 422,

–   § 3 des Munitionslagergesetzes (MunLG), BGBl. Nr. 736/1995,

–   § 3 Abs. 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG), BGBl. Nr. 325/1990,

–   § 10 Abs. 3 des Smogalarmgesetzes, BGBl. Nr. 38/1989,

–   § 15 Abs. 4 des Ozongesetzes, BGBl. Nr. 210/1992, und

–   § 14 Abs. 1 des Elektrotechnikgesetzes 1992 (ETG 1992), BGBl. Nr. 106/1993.

7

Schließlich sind im vorliegenden Entwurf zahlreiche zusätzliche Sonder- bzw. Ausnahmebestimmungen für das militärische Tätigwerden in Einsätzen zur militärischen Landesverteidigung ins Auge gefasst. Sollte darüber hinaus in anderen Rechtsbereichen ein Bedürfnis nach ausdrücklichen Regelungen für das Tätigwerden des Bundesheeres in einem militärischen Einsatz bestehen oder in Zukunft auftreten, so wird die Schaffung derartiger Normen dem für die jeweilige Materie zuständigen Gesetzgeber obliegen. Eine derartige Regelungstechnik betreffend einen Einsatz zur militärischen Landesverteidigung hat sich bereits im Rahmen der vorerwähnten Rechtsgrundlagen für den Sicherungseinsatz an der österreichisch-jugoslawischen Staatsgrenze im Sommer 1991 bewährt.

In jenen Einsätzen des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung, denen völkerrechtlich rele­vante Tatbestände zugrunde liegen, erhebt sich bei Vorliegen inhaltlich gleichartiger Regelungsinhalte einerseits im gegenständlichen Entwurf, andererseits in völkerrechtlichen Verträgen und im Völkerge­wohnheitsrecht die Frage, welcher der beiden Normenkomplexe vorrangig anzuwenden ist; dies betrifft konkret den Neutralitäts- und den Verteidigungsfall im Sinne der Verteidigungsdoktrin. Diese Frage ergibt sich speziell aus der Tatsache, dass das österreichische Verfassungsrecht ausdrücklich eine Trans­formation der genannten Völkerrechtsquellen in das innerstaatliche Recht normiert. So dürfen etwa gesetz(bzw. verfassungs)ändernde und -ergänzende sowie politische Staatsverträge auf Grund des Art. 50 Abs. 1 B-VG nur mit Genehmigung des Nationalrates abgeschlossen werden; diese Verträge stehen dann im gleichen Rang wie die modifizierte (innerstaatliche) Rechtsvorschrift. Im übrigen “gelten” nach Art. 9 Abs. 1 B-VG die “allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes als Bestandteile des Bundesrechtes”; nach herrschender Meinung richtet sich dabei der Rang der in das innerstaatliche Recht transformierten völkerrechtlichen Regel im Stufenbau der Rechtsordnung danach, in welcher Form diese Regel in der österreichischen Rechtsordnung erzeugt werden müsste. Für die Klärung der in Rede stehenden Frage nach dem Vorrang der anzuwendenden Norm ist jedenfalls der Umstand von zentraler Bedeutung, dass die Regelungen des vorliegenden Entwurfes schlechthin für alle denkbaren Einsatzfälle gelten, jene im Völkerrecht begründeten jedoch nur für jeweils spezifische miltärische Einsätze. Daher werden die in Betracht kommenden völkerrechtlichen Bestimmungen – als “leges speciales” – der innerstaatlichen Norm – als “lex generalis” – vorangehen. Im gegenständlichen Zusammenhang werden von diesem Vorrang der völkerrechtlichen Normen insbesondere die einschlägigen Bestimmungen des Neutralitäts­rechtes und des sog. “Kriegsvölkerrechtes” betroffen sein. Als Beispiele für diesbezügliche völker­vertragsrechtliche Normen sind etwa die entsprechenden Regelungen im V. Haager Abkommen über die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte und Personen im Falle eines Landkrieges und im IV. Haager Abkommen über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges samt der darin enthaltenen Landkriegs­ordnung, jeweils RGBl. Nr. 180/1913, sowie in den vier Genfer Abkommen von 1949, BGBl. Nr. 155/1953, und in den beiden Zusatzprotokollen zu diesen Abkommen, BGBl. Nr. 527/1982, zu nennen. In der am 23. März 1999 beschlossenen Regierungsvorlage eines Militärbefugnisgesetzes (1706 BlgNR, XX. GP) war eine ausdrückliche Klarstellung des in Rede stehenden Verhältnisses völker­rechtlicher Regelungen zu den entsprechenden Bestimmungen dieses Entwurfes ins Auge gefasst. Da eine derartige Norm jedoch bloß deklarativen Charakter haben würde, erscheint sie im Hinblick auf die Richtlinien 1 und 2 der Legistischen Richtlinien 1990 über die sprachliche Sparsamkeit von Rechts­vorschriften bzw. die Vermeidung von Deklarationen in Rechtsnormen entbehrlich. In diesem Zusammen­hang ist schließlich darauf hinzuweisen, dass im § 48 Abs. 1 WG eine ausdrückliche gesetz­liche Verpflichtung normiert ist, im Rahmen der militärischen Ausbildung aller Soldaten insbesondere auch die “aus dem Völkerrecht abgeleiteten” Rechte und Pflichten zu vermitteln. Damit ist im gesetzlichen Bereich für eine angemessene Kenntnis der militärischen Organe über die in einem Einsatz des Bundesheeres anzuwendenden, im Völkerrecht enthaltenen Befugnisse vorgesorgt.

9. Im erwähnten Bericht des “Lucona‑Auschusses” ist auch die Empfehlung zur Schaffung parlamen­tarischer Kontrolleinrichtungen betreffend die (Staatspolizei und die) militärischen Nachrichtendienste enthalten. Dieser Empfehlung wurde bereits mit einer am 1. Mai 1993 in Kraft getretenen Novelle zum
B-VG, BGBl. Nr. 565/1991, Rechnung getragen; mit dieser Gesetzesänderung wurde nämlich ua. ein neuer Art. 52a B-VG eingefügt. In dieser Bestimmung ist im wesentlichen die Wahl eines ständigen Unterausschusses des Nationalrates “zur Überprüfung von nachrichtendienstlichen Maßnahmen zur Sicherung der militärischen Landesverteidigung” vorgesehen. Dieser Unterausschuss darf vom zuständigen Bundesminister alle einschlägigen Auskünfte und Einsicht in die einschlägigen Unterlagen verlangen, sofern dies nicht Auskünfte und Unterlagen, insbesondere über Quellen, betrifft, deren Bekanntwerden die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würde. Der Unterausschuss darf nach Bedarf auch außerhalb der Tagungen des Nationalrates zusammentreten. Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Modifizierungen der Geschäftsordnung des Nationalrates (Einfügung der §§ 32b bis 32d) wurden mit einer am 15. September 1993 wirksam gewordenen Novelle BGBl. Nr. 569/1993 geschaffen; in diesen Bestimmungen sind insbesondere Zusammensetzung und Funktionsdauer sowie nähere Bestimmungen über das konkrete parlamentarische Tätigwerden dieser Gremien normiert. Im vorliegenden Gesetzentwurf sind daher in diesem Zusammenhang keine legislativen Vorkehrungen erforderlich. Im übrigen ist diesbezüglich auf die im Entwurf des Militärbefugnisgesetzes (§ 56a) geplante Neueinführung eines “Rechtsschutzbeauftragten” für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der militärischen Nachrichtendienste hinzuweisen.

10. Zusammengefasst weist der vorliegende Entwurf eines Militärbefugnisgesetzes folgende inhaltliche Struktur auf:

a)  Der 1. Teil enthält Legaldefinitionen verschiedener für den vorliegenden Entwurf bedeutsamer Begriffe, eine Umschreibung des militärischen Eigenschutzes und der Abgrenzung gegenüber der Sicherheitspolizei sowie allgemeine Grundsätze betreffend die Aufgabenerfüllung und Befugnisaus­übung in militärischen Angelegenheiten. Diese allgemeinen Regelungen, wie etwa auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Rechte der betroffenen Person, sind im Hinblick auf die weitgehende inhaltliche Vergleichbarkeit der Befugnisausübung im Rahmen der militärischen Landesverteidigung mit jener im Bereich der Sicherheitspolizei den diesbezüglichen Bestimmungen im 3. Teil des Sicher­heitspolizeigesetzes nachgebildet. Sie werden daher auch in vergleichbarer Weise anzuwenden bzw. auszulegen sein.

b) Die im 2. Teil zusammengefassten Regelungen über besondere Aufgaben und Befugnisse militärischer Organe in Angelegenheiten der militärischer Landesverteidigung stellen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht den Schwerpunkt des vorliegenden Gesetzentwurfes dar. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass im Rahmen dieser Bestimmungen keineswegs sämtliche Teil­aufgaben im Bereich der militärischen Landesverteidigung geregelt werden sollen. Es ist lediglich eine Normierung solcher spezieller Teilaufgaben ins Auge gefasst, für die derzeit noch keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen bestehen. Diese Teilaufgaben werden grundsätzlich jederzeit nach Maßgabe der jeweils konkreten militärischen Notwendigkeiten zu erfüllen sein. Dies wird insbesondere beim militärischen “Wachdienst” (siehe § 6 des Entwurfes) deutlich, der sowohl im Rahmen des laufenden militärischen Dienstbetriebes als auch unmittelbar vor und während eines Einsatzes des Bundesheeres in jeweils unterschiedlichen lagebezogenen Ausprägungen erforderlich ist. Für die darüber hinaus bestehenden zahlreichen anderen Teilaufgaben im Bereich der militärischen Landesverteidigung, für die bereits ausreichende gesetzliche Grundlagen existieren (etwa die personelle Ergänzung des Heeres im Wehrgesetz 1990, die disziplinarrechtlichen Belange im Heeresdisziplinargesetz 1994, die Besol­dung der Präsenz- bzw. Ausbildungsdienst leistenden Soldaten im Heeresgebührengesetz 1992 oder die Vertretung der Interessen dieser Soldaten durch Soldatenvertreter im Wehrgesetz 1990), sind im vorliegenden Gesetzentwurf keine Regelungen vorgesehen.

     Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sollen die für eine nähere Konkretisierung ins Auge gefassten Teilaufgaben der militärischen Landesverteidigung jeweils unmittelbar mit den für ihre zweckentsprechende Wahrnehmung unabdingbaren Befugnisermächtigungen verknüpft werden. Damit wird insbesondere auch ausdrücklich ausgeschlossen, dass diese Befugnisse von anderen militärischen Organen als solchen rechtmäßig ausgeübt werden, die auf Grund eines konkreten dienstlichen Auftrages eine der in Rede stehenden Teilaufgaben zu erfüllen haben. Mit einer solchen Rechtstechnik kann auch in besonderer Weise dem rechtspolitischen Grundgedanken einer möglichst exakten Vorhersehbarkeit von Zwangseingriffen staatlicher Organe in die Privatsphäre Rechnung getragen werden. Die jeweiligen Bestimmungen über die konkreten Befugnisse zur Wahrnehmung der in Rede stehenden Teilaufgaben sind ihrem Rechtscharakter nach die aus öffentlichen, insbesondere militärischen Interessen gebotenen Ermächtigungsnormen betreffend hoheitliche Eingriffe militärischer Organe in die Privatsphäre der Staatsbürger. Derartige staatliche Eingriffe finden in einer nach rechtsstaatlichen Prinzipien gestalteten Rechtsordnung sowohl ihre grundsätzliche Legitimation als auch ihre materielle Begrenzung in den (verfassungs)gesetzlichen Regelungen über die Grund- und Freiheitsrechte zur Wahrung der persönlichen Freiheitssphäre. Nach der herrschenden Lehre (zB ERMACORA, “Grundriss der Menschenrechte in Österreich”, S 288 f) sowie der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 3447 sowie zuletzt 10401, 11567, 11737 und B 1400/92) sind diese Grund- und Freiheitsrechte aber keinesfalls absolute Rechte ohne jegliche Schranken. Diese Schranken ergeben sich aus der Natur der jeweiligen Grundrechte und liegen in der gesamten Rechtsordnung, sowohl im Bereich des öffentlichen Rechtes als auch im Privatrechtsbereich. Darüber hinaus finden sich, abgesehen von den aus der Wechselwirkung der einzelnen Grundrechte resul­tierenden Grenzen, auch in den entsprechenden Rechtsvorschriften selbst ausdrücklich vorgesehene Möglichkeiten zu hoheitlichen Eingriffen in die Freiheitssphäre des einzelnen. Die genannten Möglichkeiten zur Einengung des grundrechtlichen Schutzes erklären sich aus dem Menschenbild, das den Grund- und Freiheitsrechten zugrunde liegt. Dieses Menschenbild ist das einer gemein­schaftsbezogenen und gemeinschaftsgebundenen Person; es ist nicht das Bild eines isolierten, von der Gesellschaft völlig losgelösten Individuums. Die für die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Befugnisse im militärischen Bereich speziell relevanten Grund‑ und Freiheitsrechte finden sich im wesentlichen im Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/
1988, den Art. 5, 6 und 9 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG), RGBl. Nr. 142/1867, sowie den Artikeln 2 bis 8 MRK und im Artikel 1 des 1. Zusatz­protokolles zur MRK, jeweils BGBl. Nr. 210/1958.

     Hinsichtlich des “Wachdienstes” ist darauf hinzuweisen, dass die besonderen Zwangsbefugnisse für diese Aufgabe unter Bedachtnahme auf die weitgehende inhaltliche Vergleichbarkeit mit der Befugnisausübung im sicherheitspolizeilichen Bereich den diesbezüglichen Regelungen im 3. Teil des Sicherheitspolizeigesetzes weitgehend nachgebildet sind und daher in ähnlicher Weise auszulegen sein werden. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Aufgabenstellungen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der militärischen Organe sind jedoch nicht alle für den Exekutivbereich einge­räumten Befugnisse auch im militärischen Bereich vorgesehen. Die im Bereich der militärischen Landesverteidigung ins Auge gefassten Befugnisse entsprechen im übrigen weitgehend den dies­bezüglich in der Bundesrepublik Deutschland im Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen, BGBl. I S 796, normierten Ermächtigungen. Schließlich sind vergleichbare befugnisrechtliche Be­stimmungen betreffend militärische Organe auch in fast allen Staaten Mittel- und Westeuropas mit teilweise erheblich weitergehenden Eingriffsmöglichkeiten vorgesehen.

     Im Bereich der Sicherheitspolizei ist die Anwendung unmittelbarer Zwangsgewalt im Waffenge­brauchsgesetz 1969, BGBl. Nr. 149, detailliert geregelt. Das Sicherheitspolizeigesetz konnte sich daher auf eine allgemeine Ermächtigung der Exekutivorgane zur Durchsetzung ihrer Befugnisse im Wege unmittelbarer Zwangsgewalt sowie eine entsprechende Verweisung auf das Waffengebrauchsgesetz 1969 beschränken. Da im militärischen Bereich eine kompetenzrechtlich den “militärischen Ange­legenheiten” zuzurechnende Regelung des Waffengebrauches bisher fehlt, sieht der vorliegende Entwurf zur Durchsetzung der Befugnisse im Wachdienst sowohl eine dem Sicherheitspolizeigesetz vergleichbare allgemeine Ermächtigung als auch eine an das Waffengebrauchsgesetz 1969 angelehnte umfassende Normierung des militärischen Waffengebrauches vor. Mit diesen Vorschriften sollen im übrigen auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung des auf Grund des III. Hauptstückes des Militärstrafgesetzes weiter geltenden § 577 des Allgemeinen Strafgesetzes über den Waffengebrauch militärischer Wachen geschaffen werden; vgl. hiezu die Ausführungen in Z 1.

     Für Zwecke der militärischen Nachrichtendienste ist eine Einräumung von Befugnissen, die mit Zwangsgewalt durchsetzbar sind, ausnahmslos nicht vorgesehen. Zur Wahrnehmung dieser spezi­fischen militärischen Teilaufgaben sind im wesentlichen lediglich bestimmte Ermächtigungen über die Verwendung (personenbezogener) Daten ins Auge gefasst. Bei der Normierung dieser Bestimmungen sind insbesondere die verfassungsrechtlich verankerten Grundrechte auf Datenschutz (§ 1 DSG) sowie auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 MRK) von zentraler Bedeutung. Die im gegen­ständlichen Entwurf geplanten diesbezüglichen Regelungen tragen diesen Grundrechten voll inhaltlich Rechnung. In gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. Nr. L 281 vom 23. November 1995, S 0031, auf Datenverarbeitungen betreffend die Landesverteidigung “auf keinen Fall Anwendung findet” (siehe Artikel 3 Abs. 2). Dies bedeutet, dass die beabsichtigten datenschutz­rechtlichen Regelungen unabhängig vom Gemeinschaftsrecht der autonomen rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Bundesgesetzgebers unterliegen. Für jene Aspekte der Datenverwendung in militärischen Angelegenheiten, die von den geplanten Bestimmungen dieses Entwurfes nicht berührt sind, werden wie bisher uneingeschränkt die allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen anzu­wenden sein.

c)  Im 3. Teil soll als sog. “Leistungsrecht” die Befriedigung des vordringlichsten materiellen Bedarfes des Heeres in Angelegenheiten der militärischen Landesverteidigung als Eingriffsmöglichkeit in die Grundrechte auf Eigentum bzw. auf Erwerbsfreiheit normiert werden; vgl. hiezu die näheren Ausführungen in Z 6. Eine den grundlegenden Zielsetzungen des militärischen Leistungsrechtes entsprechende Regelung für den Bereich der Sicherheitspolizei findet sich im § 44 SPG betreffend die Inanspruchnahme von Sachen. Vergleichbare Befugnisse zur Inanspruchnahme ziviler Ressourcen durch militärische Organe sind auch in allen mittel- und westeuropäischen Staaten in einem meist wesentlich umfangreicheren Rahmen als im vorliegenden Entwurf normiert; dies betrifft sowohl den Umfang der heranziehbaren Gegenstände und Leistungen für Einsatzzwecke als auch die jeweiligen Modalitäten. Die ins Auge gefassten neuen Inhalte des österreichischen militärischen Leistungsrechtes stellen daher in jedem Fall “europäischen Standard” dar.

d) Die Rechtsschutzregelungen des 4. Teiles sehen sowohl Bestimmungen über finanzielle Abgeltungen diverser Folgen einer Befugnisanwendung als auch spezielle Beschwerdemöglichkeiten in Anlehnung an das Sicherheitspolizeigesetz vor. Die Entschädigungsregelungen betreffend die Abgeltung der durch eine (Zwangs)ausübung von Befugnissen entstandenen Schäden entsprechen hinsichtlich der diesbezüglichen Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich dem für den Exekutivbereich vorgesehenen Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz, BGBl. Nr. 735/1988. Die Entschädigungsnormen hinsichtlich leistungsrechtlicher Maßnahmen sind dem Militärleistungsgesetz weitgehend nachgebildet. Die ver­fahrensrechtlichen Regelungen betreffend die Erlangung dieser Entschädigungen sollen unter Bedachtnahme auf die bisherigen praktischen Erfahrungen in möglichst verwaltungsökonomischer Weise unter voller Wahrung der Rechtsschutzinteressen der Betroffenen vorgesehen werden. Diese finanziellen Leistungen des Bundes sind ihrem Rechtscharakter nach kein Schadenersatz im zivil­rechtlichen Sinn (für ausschließlich rechtswidriges Verhalten), sondern vielmehr öffentlich-rechtliche Entschädigungen nach dem Grundsatz der Billigkeit bzw. ausgleichenden Gerechtigkeit für jegliches (auch rechtmäßiges) Verhalten von Bundesorganen im Rahmen der Hoheitsverwaltung. Schließlich ist im Hinblick auf die besondere Sensibilität der militärischen Nachrichtendienste die Neuschaffung eines “Rechtsschutzbeauftragten” zum Zwecke der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der nach­richtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr ins Auge gefasst.

e)  Im 5. Teil sind mehrere Verwaltungsstrafbestimmungen in Anlehnung an das Sicherheitspolizeigesetz und das Militärleistungsgesetz sowie diverse (formelle) Schlussbestimmungen zusammengefasst.

Im Hinblick auf den Umstand, dass die Bestimmungen über die (Außen)befugnisse in militärischen Angelegenheiten sowohl hinsichtlich Inhalt als auch Umfang den bedeutendsten Regelungskomplex des vorliegenden Entwurfes bilden, ist als Kurztitel der Terminus “Militärbefugnisgesetz” ins Auge gefasst. Diese Bezeichnung erscheint trotz der Tatsache zweckmäßig, dass der gegenständliche Gesetzesentwurf keine abschließende Normierung sämtlicher Befugnisse in Angelegenheiten der militärischen Landes­verteidigung enthält. So bleiben insbesondere die diesbezüglichen Ermächtigungen im heeresinternen Bereich (zB im militärischen Disziplinarwesen) aus rechtssystematischen Erwägungen außerhalb des vorliegenden Entwurfes. Im übrigen soll das ins Auge gefasste Bundesgesetz in besonderer Weise den von der Bundesregierung am 9. Jänner 1990 beschlossenen Legistischen Richtlinien 1990 Rechnung tragen; dies betrifft im speziellen sprachliche und rechtssystematische Aspekte.

11. Im Frühjahr 1998 konstituierte sich unter der Leitung des Universitätsprofessors Dr. Bernd-Christian FUNK eine aus Vertretern der Wissenschaft (Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Strafrecht) sowie des Bundeskanzleramtes und der Bundesministerien für Inneres, Justiz und Landesverteidigung bestehende Arbeitsgruppe. Diese Arbeitsgruppe unterzog einen vom Bundesministerium für Landesverteidigung vorgelegten Rohentwurf einer eingehenden rechtsdogmatischen und -politischen Prüfung und erarbeitete zentrale materielle Grundlagen für die Erstellung des vorliegenden Gesetzentwurfes. Eine entsprechend überarbeitete Entwurffassung wurde im Spätherbst 1998 dem allgemeinen Begutachtungsverfahren zugeleitet; die daraus resultierenden Änderungsnotwendigkeiten wurden bei der weiteren Bearbeitung des Gesetzentwurfes im größtmöglichen Ausmaß berücksichtigt. Die Bundesregierung beschloss in der Sitzung des Ministerrates am 23. März 1999 den modifizierten Entwurf eines entsprechenden Bundes­gesetzes als Regierungsvorlage (siehe 1706 BlgNR. XX. GP). In weiterer Folge wurde diese Regierungs­vorlage intensiven Beratungen auf parlamentarischer Ebene unterzogen und auf der Grundlage der jeweiligen Verhandlungsergebnisse laufend überarbeitet. Auf Grund der Beendigung der XX. GP im November 1999 konnte diese Regierungsvorlage jedoch keiner endgültigen parlamentarischen Behan­dlung und Beschlussfassung zugeführt werden.

12. Die seit 1963 normierte zwingende Einvernehmensherstellung mit dem Bundesminister für Inneres bei der Erlassung von Sperrgebietsverordnungen durch den Bundesminister für Landesverteidigung beruht materiell auf der theoretischen Möglichkeit, derartige Verordnungen (auch) aus sicherheitspolizeilichen Interessen zu erlassen. Seit dem Inkrafttreten des Sicherheitspolizeigesetzes am 1. Mai 1993 besteht jedoch im § 36 dieses Gesetzes (“Platzverbot”) ohnedies eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Verhängung sicherheitspolizeilicher Betretungsverbote für bestimmte Gebiete. Im Interesse einer Be­seitigung effizienzbehindernder Mehrfachzuständigkeiten sowie einer klaren Kompetenzabgrenzung soll daher die in Rede stehende Mitwirkung des Bundesministers für Inneres im militärischen Sperr­gebietsrecht ersatzlos entfallen. Mit dieser Maßnahme ist auch eine nicht unbeträchtliche Reduzierung des Administrativaufwandes in beiden betroffenen Ressortbereichen verbunden.

Im § 6 des Sperrgebietsgesetzes 1995 ist eine Festnahmebefugnis militärischer Wachen bei einem Sperr­gebiet normiert; vgl. hiezu die Ausführungen in den Z 1 und 2. Im Hinblick auf die geplante Zusammen­fassung der Zwangsbefugnisse militärischer Organe im Militärbefugnisgesetz ist daher auch die Auf­nahme dieser Befugnis in diesen Gesetzentwurf beabsichtigt; vgl. § 11 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 des Artikels 1 sowie die diesbezüglichen Erläuterungen. Es ist daher gleichzeitig erforderlich, die derzeitige Normierung der in Rede stehenden Befugnis aus dem Sperrgebietsgesetz 1995 ersatzlos zu eliminieren. Mit dieser Formalanpassung sind keinerlei materielle Änderungen verbunden. Schließlich soll die im § 8 Abs. 3 SperrGG 1995 derzeit “statisch” formulierte Ermächtigung zur frühzeitigen Verordnungserlassung aus Gründen der Verwaltungsökonomie künftig “dynamisch” gefasst werden. Die diesbezügliche Textierung ist dem § 62 DSG 2000 nachgebildet.

Die entsprechenden Modifizierungen sind als Artikel 2 des vorliegenden Gesetzentwurfes vorgesehen.

13. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht im wesentlichen eine positivrechtliche Verankerung diverser bereits seit langem anfallender Teilaufgaben der militärischen Landesverteidigung im Wege einer kon­kreten Umschreibung der dabei zu erfüllenden Obliegenheiten sowie der hiefür ausdrücklich zur Ver­fügung stehenden Befugnisse militärischer Organe vor; im übrigen sind auch verschiedene neue Rechts­schutzinstrumentarien ins Auge gefasst. Die Wahrnehmung der in Rede stehenden militärischen Aufgaben einschließlich der Ausübung der entsprechenden Befugnisse wird – auf der Grundlage langjähriger praktischer Erfahrungen – auch in Zukunft praktisch keine konkreten Auswirkungen auf das öster­reichische Wirtschaftsleben (im weiteren Sinn) zeitigen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass die in Rede stehenden Aufgaben ihrem inhaltlichen Charakter nach einerseits der ständigen Gewährleistung der äußeren Sicherheit der Republik Österreich, andererseits dem militärischen Selbst- bzw. Eigenschutz dienen. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf sind daher keinerlei nennenswerte Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

14. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält keine Bestimmungen mit verfassungsänderndem bzw.
-ergänzendem Inhalt.

Der Gesetzesentwurf unterliegt zur Gänze der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörper­schaften, BGBl. I Nr. 35/1999. Er wurde den Ämtern der Landesregierungen, der Verbindungsstelle der Bundesländer, dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund zur Stellungnahme übermittelt. Ein Verlangen nach Art. 2 Abs. 1 dieser Vereinbarung wurde nicht gestellt. Der nunmehr vorliegende Entwurf weicht von der zur Stellungnahme übermittelten Fassung erheblich ab.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich hinsichtlich der gerichtlichen Entschädigungsverfahren im Artikel 1 aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (“Zivilrechtswesen”) und hinsichtlich aller übrigen Bestimmungen aus Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG (“militärische Ange­legenheiten”).

Finanzielle Auswirkungen

Auf Grund des vorliegenden Gesetzentwurfes ist weder im Jahre xxx noch in den folgenden Jahren des Budgetprognosezeitraumes mit einem nennenswerten budgetären Mehraufwand für den Bund zu rechnen.

Die beabsichtigten Modifizierungen des militärischen Leistungsrechtes (§§ 27 bis 42) erlauben im wesentlichen eine Erweiterung der zwangsweisen Inanspruchnahme zivilen Eigentums durch das Bundesheer zur Deckung eines unabdingbaren militärischen Bedarfes. Damit wäre im Falle einer tatsächlichen Anwendung dieser hoheitlichen Nutzungsmöglichkeiten eine Zunahme der Aufwendungen für die daraus resultierenden (öffentlich-rechtlichen) Entschädigungsleistungen gegenüber der geltenden Rechtslage verbunden. Der zugrunde liegende militärische Bedarf kann allerdings derzeit nur im Wege privatrechtlicher Vereinbarungen gedeckt werden, in denen ebenfalls finanzielle Abgeltungen vorgesehen sind. Da diese Abgeltungen bei einer Anwendung des militärischen Leistungsrechtes in entsprechend geringerem Ausmaß anfallen werden, ist auf Grund der bloßen Verlagerung der in Rede stehenden Zahlungen aus dem zivilrechtlichen in den öffentlich-rechtlichen Bereich mit keinen zusätzlichen Nominalkosten zu rechnen. Die erforderlichen Vollziehungskosten für die diesbezüglichen Entschädi­gungsverfahren werden durch die Verringerung bzw. den Wegfall der in der Praxis oft aufwendigen und komplizierten Verwaltungstätigkeiten zum Abschluss der erwähnten privatrechtlichen Vereinbarungen zumindest kompensiert; zusätzliche Kosten fallen daher auch aus diesem Grund nicht an.

Der ins Auge gefasste Entschädigungsanspruch für Schäden durch die (zwangsweise) Ausübung mili­tärischer Befugnisse (§§ 43 bis 45) ist aus grundsätzlichen rechtspolitischen Erwägungen in gleichartiger Weise wie im Bereich der Sicherheitspolizei geplant. Es wird jedoch, speziell im Lichte der langjährigen praktischen Erfahrungen, auch künftig davon auszugehen sein, dass durch eine rechtmäßige Anwendung unmittelbarer militärischer Zwangsgewalt wie bisher nahezu keine derartigen Schäden verursacht werden; im Gegensatz zum Exekutivbereich werden nämlich auch in Zukunft im Bereich des Bundesheeres kaum Anlassfälle für eine solche direkte Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt eintreten. Da im übrigen jene Schäden, die von militärischen Organen rechtswidrig (und schuldhaft) verursacht werden, schon derzeit nach dem Amtshaftungsgesetz abzugelten sind, ist auf Grund der gegenständlichen neuen Entschädi­gungsansprüche mit keinen nennenswerten zusätzlichen Kosten zu rechnen.

Die geplante Beschwerdemöglichkeit wegen behaupteter Rechtsverletzungen (§ 54) ist ebenfalls den entsprechenden Schutzinstrumentarien des sicherheitspolizeilichen Bereiches weitgehend nachgebildet. Damit wird das derzeitige Rechtsschutzsystem aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Überlegungen im wesentlichen auf jene Fälle ausgeweitet, in denen eine allfällige Verletzung weder durch die Ausübung unmittelbarer behördlicher Zwangsgewalt noch durch einen Bescheid erfolgte. In diesen beiden Bereichen ist ein umfassender Rechtsschutz nämlich bereits gegenwärtig durch die Anrufbarkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates bzw. den administrativen Instanzenzug sowie die jeweiligen Beschwerdemöglich­keiten an die Höchstgerichte gewährleistet. Da im militärischen Bereich darüber hinausgehende Rechts­verletzungen in der Praxis auch künftig kaum zu erwarten sind, ist mit dieser Erweiterung des Rechts­schutzstandards kein vorhersehbarer budgetärer Mehraufwand verbunden. Dies wird insbesondere auch durch den Umstand unterstrichen, dass die gegenständliche Beschwerdemöglichkeit aus verwaltungs­ökonomischen Gründen jenen Personen nicht offenstehen soll, die eine entsprechende Beschwerde bereits nach der geltenden Rechtslage an die Bundesheer-Beschwerdekommission erheben können.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Einführung eines Militärbefugnisgesetzes):

Im Hinblick auf die Richtlinie 119 der Legistischen Richtlinien 1990 soll dem Militärbefugnisgesetz ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt werden.

Zum 1. Teil (Allgemeine Bestimmungen – §§ 1 bis 5):

Zu § 1 (Begriffsbestimmungen):

Im Interesse der Rechtssicherheit sollen diverse für den gesamten vorliegenden Gesetzentwurf wichtige Begriffe im Wege entsprechender Legaldefinitionen umschrieben werden. Mit dieser Rechtstechnik wird der Richtlinie 30 der Legistischen Richtlinien 1990 betreffend die Normierung von Begriffsbestimmungen in einem eigenen Paragraphen am Beginn einer Rechtsvorschrift Rechnung getragen.

Im Abs. 1 soll festgelegt werden, dass sowohl Soldaten als auch Angehörige der Heeresverwaltung, die ermächtigt sind, Befugnisse nach diesem Bundesgesetz auszuüben, zu den “militärischen Organen” im Sinne dieses Bundesgesetzes zählen, sofern sie jeweils mit der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung betraut sind. Soldaten sind nach § 1 Abs. 3 WG jene Personen, die Präsenz- oder Ausbildungsdienst leisten oder die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören; in die zweitgenannte Personengruppe fallen Militärpersonen und Berufsoffiziere des Dienststandes, Beamte und Vertragsbedienstete, die zur Ausübung einer Unteroffiziersfunktion herangezogen werden, sowie Militär­piloten auf Zeit. Hinsichtlich der Heeresverwaltung ist im Wehrgesetz (nunmehr § 1 Abs. 6 WG) bereits seit dem Jahre 1955 vorgesehen, dass sie “den Zwecken des Bundesheeres dient”; ihre Angehörigen “sind Beamte und Vertragsbedienstete”. Dabei entstanden in der Vergangenheit wiederholt Zweifelsfragen und Unklarheiten betreffend die konkrete Abgrenzung dieser für die Erfüllung der Aufgaben der militärischen Landesverteidigung unverzichtbaren Personengruppe. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dieser Frage in mehreren Verfahren eingehend befasst (zB Erkenntnisse vom 23. April und 21. Mai 1990, Zln. 89/12/0012 bzw. 89/12/0136). Das Höchstgericht ging dabei hinsichtlich der allfälligen Zuge­hörigkeit eines Bediensteten zur Heeresverwaltung von einem dienstrechtlich‑organisatorischen Ansatz aus. Dabei komme der konkreten Planstelle des Betroffenen und deren Eingliederung in den Stellenplan im Sinne der §§ 2 und 3 BDG 1979 besondere Bedeutung zu; insbesondere könnten jene Bundes­bediensteten, deren Planstellen nicht dem Bereich “Heeresverwaltung” zugewiesen sind, der in Rede stehenden Personen­gruppe nicht zugerechnet werden. Der “Heeresverwaltung” werden daher jene zivilen Beamten und Vertragsbediensteten des Bundes männlichen und weiblichen Geschlechts angehören, die in den auf Grund der jeweiligen Heeresgliederung dem Verwaltungskomplex “Bundesheer” zuzurechnenden Dienst­stellen und Einrichtungen (zB Korps- und Militärkommanden sowie sonstige nachgeordnete Kommanden, Ämter und Dienststellen, Kommanden im Bereich der Fliegerdivision, Einrichtungen der Heeresver­sorgung sowie Akademien, Waffen‑ und Fachschulen des Bundesheeres) Dienst leisten. Die in anderen Planstellenbereichen im Vollziehungsbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung außerhalb des Heeres verwendeten (zivilen) Bundesbediensteten – also jene in der Zentralstelle dieses Ressorts, im Heeresgeschichtlichen Museum und in der Heeresforstverwaltung Allentsteig – werden für eine Zugehörigkeit zur Heeresverwaltung nicht in Betracht kommen. Im Interesse einer Konzentration des Begriffsinhaltes der “militärischen Organe” auf den unbedingt erforderlichen Umfang soll normiert werden, dass nicht sämtliche Angehörigen der Heeresverwaltung automatisch als militärische Organe nach diesem Bundesgesetz gelten, sondern lediglich jene, die zur Ausübung von Befugnissen nach diesem Bundesgesetz ermächtigt sind. Diese einschränkende Bestimmung lehnt sich eng an die Formulierung des § 5 Abs. 2 Z 5 SPG hinsichtlich des rechtskundigen Dienstes bei Sicherheitsbehörden an. Sie wird daher in ähnlicher Weise zu vollziehen und auszulegen sein.

Zur Vermeidung von Unklarheiten sowie im Interesse der Rechtssicherheit ist im Abs. 2 für den Bereich des vorliegenden Bundesgesetzes eine Legaldefinition des mehrfach verwendeten Begriffes “militärische Dienststellen” vorgesehen. Darunter werden umfassend sowohl sämtliche Dienststellen und Organi­sationseinrichtungen des Bundesheeres als auch die nicht dem Bundesheer zugehörigen Dienststellen des Ressortbereiches des Bundesministers für Landesverteidigung (etwa die Zentralstelle des Bundes­ministeriums für Landesverteidigung oder das Heeresgeschichtliche Museum) zu verstehen sein.

Die Ausübung zahlreicher Befugnisse nach dem vorliegenden Gesetzentwurf ist nur in einem engen örtlichen Zusammenhang mit einem militärisch genutzten Gebiet vorgesehen; dies betrifft etwa bestimmte Fälle der Kontrolle von Personen (§ 8) sowie die Verfügung eines Platzverbotes bzw. einer Wegweisung (§§ 9 und 10). Die in diesem Zusammenhang relevanten Gebiete sollen im Abs. 3 als “militärische Bereiche” zusammengefasst werden. Darunter sollen solche unbeweglichen Sachen im zivilrechtlichen Sinn zu verstehen sein, die für militärische Zwecke genutzt werden können. Der jeweilige Rechtsgrund für diese Nutzung (zB Eigentum, Servitut, Pacht, Prekarium, öffentlich-rechtliche Inanspruchnahme) wird dabei unerheblich sein. In der Praxis werden dabei in erster Linie militärische Anlagen, Baulichkeiten und Übungsplätze, militärische Sperrgebiete, Waffen- und Munitionslager sowie sonstige Versorgungs­einrichtungen in Betracht kommen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist für die militärischen Bereiche grundsätzlich eine deklarativ wirkende Kennzeichnungspflicht vorgesehen. Der Umfang dieser Verpflich­tung wird sich nach den im jeweiligen Einzelfall vorliegenden Verhältnissen (sowohl militärischer als auch geographischer Art) richten. So wird sich etwa die Kennzeichnung der im unwegsamen Gebirgs­gelände liegenden Grenzen eines Truppenübungsplatzes auf ein Minimum beschränken können. Hinsichtlich der Art der Kennzeichnung eines militärischen Bereiches sind keine besonderen Form­vorschriften vorgesehen; sie wird daher auf die im jeweiligen Einzelfall geeignetste Weise durchzuführen sein. Als ausreichende Kennzeichnung werden etwa gut lesbare und in der notwendigen Anzahl ange­brachte Hinweistafeln in Betracht kommen. Eine der vorgesehenen Regelung sowohl materiell als auch in der Formulierung vergleichbare Bestimmung ist in der Bundesrepublik Deutschland im § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen normiert.

Unter den Begriff “Heeresgut” sollen nach Abs. 4 alle beweglichen Sachen fallen, die den militärischen Organen zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben (ständig oder vorübergehend) zur Ver­fügung gestellt werden. Hiezu zählen etwa im Heereseigentum stehende militärische Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände, Waffen, Munition und Kraftfahrzeuge. Mit einem auf derartige Gegenstände eingeschränkten Begriffsinhalt findet sich der Ausdruck “Heeresgut” auch in den §§ 43 und 44 WG. Weiters fallen darunter auch jene fremden Sachen, die unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des 3. Teiles dieses Bundesgesetzes zur Erfüllung von Einsatzaufgaben (für einen bestimmten Zeitraum) in Anspruch genommen worden sind. Dieser erweiterte Begriffsumfang des in Rede stehenden Terminus entspricht etwa jenem im § 3 Abs. 4 ADV.

Die im Abs. 5 vorgesehene Definition des “militärischen Geheimnisses” lehnt sich eng an die Begriffs­elemente des “Staatsgeheimnisses” nach § 255 des Strafgesetzbuches (StGB) sowie des “militärischen Geheimnisses” nach § 2 Z 6 MilStG an und orientiert sich an einem “materiellen Geheimnisbegriff” im Sinne der strafrechtlichen Lehre. Im vorliegenden Entwurf kann allerdings auf die Aufnahme der “Gegen­stände” als Teil solcher Geheimnisse verzichtet werden, da diese bereits von dem im Abs. 4 definierten Terminus “Heeresgut” umfasst sind.

Im Abs. 6 ist zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten und Zweifelsfragen ausdrücklich vorgesehen, dass als “Daten” im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfes zunächst ausschließlich personenbezogene Daten nach § 4 Z 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999, gelten; darunter sind also Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist, zu verstehen. Daraus ergibt sich, dass sämtliche datenschutzrechtliche Bestimmungen des Entwurfes auf eine Verwendung anderer (nicht personenbezogener) Daten, etwa allgemeine geographische oder anonymisierte statistische Daten, nicht anzuwenden sind. In gleicher Weise wie im Bereich der Sicherheitspolizei (§ 51 Abs. 3 SPG) werden jedenfalls auch nicht automationsunterstützte Daten (also etwa sog. “Handkarteien”) unter die Regelungen über die Datenverwendung zu subsumieren sein.

Die im Rahmen des militärischen Eigenschutzes relevanten Schutzobjekte sollen im Abs. 7 unter dem Rechtsbegriff “militärische Rechtsgüter” zusammengefasst werden. Durch die Einschränkung dieser Tat­bestände auf unmittelbar militärrelevante Umstände soll dabei insbesondere der dem gesamten Entwurf zugrunde liegenden Beschränkung auf den direkten Selbst- bzw. Eigenschutz des Heeres durch mili­tärische Organe Rechnung getragen werden; vgl. diesbezüglich die Ausführungen in Z 5 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Der Kreis der Personen, die “mit der Vollziehung militärischer Angelegenheiten betraut sind”, wird dabei sämtliche militärischen Organe im Sinne des vorliegenden Entwurfes, darüber hinaus aber auch etwa alle in der Zentralstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung verwen­deten Bediensteten sowie die Mitglieder des Landesverteidigungsrates oder der Bundesheer-Beschwerde­kommission umfassen; die diesbezügliche Formulierung ist den entsprechenden Regelungen der §§ 3 Abs. 2 Z 1 und 4 Abs. 2 Z 1 SperrGG 1995 weitgehend nachgebildet. Bei diesen Personen wird während einer dienstlichen Tätigkeit jede in Frage kommende Strafhandlung einen Angriff gegen militärische Rechtsgüter darstellen; eine solche differenzierende Behandlung öffentlicher Organe während einer dienstlichen Tätigkeit ist dem § 117 Abs. 2 StGB, betreffend strafbare Handlungen gegen die Ehre eines Beamten oder Seelsorgers während der Ausübung seines Amtes oder Dienstes inhaltlich nachgebildet. Hinsichtlich der “Organwalter verfassungsmäßiger Einrichtungen” ist insbesondere auf Art. 9a Abs. 1 letzter Satz B-VG zu verweisen; nach dieser Verfassungsbestimmung sind nämlich ua. “die verfassungs­mäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit vor gewaltsamen Angriffen von außen zu schützen und zu verteidigen” und damit Schutzobjekte der Landesverteidigung. Bei den ausländischen Vertretern wird es sich um solche Personen handeln, deren Schutz auf Grund internationaler Gepflogenheiten in der jahrzehntelangen Praxis dem Bundesheer obliegt. Der Begriff “Organwalter verfassungsmäßiger Einrich­tungen” wird – ebenso wie jener im § 55a Abs. 1 Z 2 SPG – in Anlehnung an die rechtswissenschaftliche Lehre weit auszulegen sein. Der Begriff “Leben und Gesundheit” wird mit gleicher Bedeutung mehrfach im Sicherheitspolizeigesetz verwendet. Der konkrete Begriffsinhalt der anderen als relevante Rechtsgüter geschützten Objekte ergibt sich aus den Abs. 3 bis 5.

Im Abs. 8 ist in ähnlicher Weise wie im Exekutivbereich die Einführung des Rechtsbegriffes “Angriff gegen militärische Rechtsgüter” ins Auge gefasst. Die Grundstruktur der Umschreibung eines derartigen Angriffes ist dabei im Hinblick auf die weitgehende materielle Vergleichbarkeit der Definition des “gefährlichen Angriffes” nach § 16 Abs. 2 und 3 SPG nachgebildet. Demnach wird auch nach dem vorliegenden Entwurf ein derartiger Angriff immer dann vorliegen, wenn es zur Verwirklichung eines der genannten Delikte in Form einer tatsächlichen – nicht bloß beabsichtigten – Bedrohung des maßgeblichen Rechtsgutes kommt. Hiebei umschreibt der erste Satz jenes Stadium, das im strafrechtlichen Sinne mit dem Versuch beginnt. Der zeitliche Aspekt der “Angriffe gegen militärische Rechtsgüter” umfasst somit grundsätzlich den Zeitraum von der ersten strafrechtlich relevanten Tathandlung bis zur Vollendung. Der zweite Satz erweitert diesen Begriff in den Bereich der straflosen Vorbereitungshandlungen. Diese Erweiterung ist dabei zeitlich jedoch so weit eingeschränkt, dass nach dem Täterplan die Tatbestands­verwirklichung demnächst einzutreten hat. Diese zeitliche Vorverlegung kann aus präventiven Gründen – analog zu der vergleichbaren Bestimmung im Sicherheitspolizeigesetz (§ 16 Abs. 3) – nicht weiter eingegrenzt werden. Dies bedeutet, dass beispielsweise eine Person, die in einem Versteck mit einer Tatwaffe auf eine in einer halben Stunde erwartete militärische Fahrzeugkolonne lauert, ebenso einen “Angriff gegen militärische Rechtsgüter” begeht, wie jemand, der im Nahbereich einer Kaserne bewaffnet einen günstigen Zeitpunkt abwartet, um auf die militärische Wache einen Überfall durchzuführen. Im Hinblick auf die ins Auge gefasste weitgehende strukturelle Nachbildung der Umschreibung eines “Angriffes gegen militärische Rechtsgüter” mit jener eines “gefährlichen Angriffes” im Sicherheits­polizeigesetz wird nicht schlechthin jede mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung gegen militär­relevante Per­sonen oder Sachen einen solchen Angriff begründen; auch im vorliegenden Entwurf werden Privatanklage- und Antragsdelikte nicht unter die diesbezüglich maßgeblichen Straftaten fallen, sehr wohl jedoch Ermächtigungsdelikte. Im übrigen wird eine Tat (lediglich) tatbestandsmäßig und rechtswidrig sein müssen; schuldhaftes Verhalten ist wie im Exekutivbereich nicht gefordert. Schließlich ergibt sich aus der beabsichtigten Umschreibung des Angriffes gegen militärische Rechtsgüter im Kontext mit den auf diese Definition Bezug nehmenden Normen, dass der gesamte vorliegende Entwurf für die Abwehr jeglicher anderer gerichtlich strafbarer Delikte keinerlei Relevanz besitzt. Insbesondere wird eine Befug­nisausübung durch militärische Organe für diesen Zweck keinesfalls in Betracht kommen.

Im Abs. 9 soll die Bedeutung des Terminus “Einsatz” nach diesem Bundesgesetz, speziell im Interesse einer besseren Lesbarkeit, umschrieben werden. Dabei soll insbesondere aus kompetenzrechtlichen Erwä­gungen ausdrücklich festgelegt werden, dass darunter ausschließlich der Einsatz des Bundesheeres nach § 2 Abs. 1 lit. a WG (also zur militärischen Landesverteidigung) zu verstehen ist. Der Verfassungs­gerichtshof hat nämlich, wie bereits im Allgemeinen Teil der Erläuterungen (Z 7) ausgeführt, in einem Erkenntnis aus dem Jahre 1994 festgestellt, dass die Assistenz leistenden Soldaten keine “militärischen Angelegenheiten” im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG vollziehen und dass diese Soldaten somit grundsätzlich in jene Befugnisse eintreten, die der anfordernden Behörde zukommen. Daher können sich die im Rahmen des vorliegenden Entwurfes vorgesehenen Regelungen auf Assistenzeinsätze des Bundesheeres (Art. 79 Abs. 2 B-VG bzw. § 2 Abs. 1 lit. b und c WG) – ebenso wie auf Auslandseinsätze (§ 1 Abs. 1 lit. a bis c KSE‑BVG bzw. § 2 Abs. 1 lit. d WG) – nicht beziehen.

Im Abs. 10 sollen die Modalitäten und Zuständigkeiten zur Festlegung, Änderung oder Aufhebung des “Einsatzraumes” normiert werden. Im Hinblick auf den Umstand, dass verschiedene Befugnisregelungen nur im engen oder ausschließlichen örtlichen Zusammenhang mit dem Einsatzraum ausgeübt werden dürfen (zB das Betreten von Grundstücken und Räumen nach § 13 Abs. 1 Z 3 sowie das Sicherstellen von Sachen nach § 14 Abs. 1 Z 5), soll im Interesse der Rechtssicherheit für jeden Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung die (rechtsförmliche) Festlegung eines Einsatzraumes vorge­schrieben werden. Diese Festlegung wird sich unter Bedachtnahme auf die jeweiligen faktischen Verhält­nisse und militärischen Einsatzerfordernisse auf jenen Raum zu beschränken haben, in dem zum Zeitpunkt dieser Festlegung die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Erfüllung von Einsatzaufgaben durch die eingesetzten militärischen Kräfte absehbar ist. Die diesbezügliche Prüfung wird sich dabei auf eine ex ante-Betrachtung unter spezieller Berücksichtigung der in einem Einsatz üblicherweise zu erwartenden Dringlichkeit einer solchen Festlegung beschränken können. Im Hinblick auf den generellen Charakter der Bestimmung des Einsatzraumes wird dieser Festlegung Verordnungscharakter zukommen. Die Behör­denzuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Einsatzraum sind in vergleichbarer Art wie hinsichtlich der Anordnung eines militärischen Einsatzes vorgesehen. Demnach werden diesbezügliche Veran­lassungen ebenfalls dem Bundesminister für Landesverteidigung innerhalb der ihm von der Bundes­regierung erteilten Ermächtigung (vgl. hiezu Art. 80 Abs. 2 B-VG bzw. § 3 Abs. 2 WG) vorbehalten bleiben. Damit ist auch sichergestellt, dass die erstmalige Festlegung des Einsatzraumes sowie dessen endgültige Aufhebung jeweils gemeinsam mit der bereits auf Grund des Wehrgesetzes 1990 erfor­derlichen “Einsatzverfügung” bzw. Verfügung der Beendigung eines Einsatzes erfolgen können. Hin­sichtlich deren Publikation ist aus Zweckmäßigkeitsgründen eine eigenständige, im Wehrrecht bereits derzeit mehrfach für bestimmte Kundmachungen (vgl. § 65b WG und § 12 des Militärleistungsgesetzes) vorgesehene Sonderform ins Auge gefasst, die in spezieller Weise den Umständen und Notwendigkeiten in einem Einsatz entspricht. Unter dem Begriff “Rundfunk” ist im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396, “die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benützung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw. längs oder mittels eines Leiters sowie der Betrieb von technischen Einrichtungen, die diesem Zweck dienen” zu verstehen. Weiters soll vorgesehen werden, dass – im Fall eines Angriffes auf das Bundesgebiet – jedenfalls jenes Gebiet als Einsatzraum gilt, das von Kampfhandlungen betroffen ist. Auf Grund dieser Regelung sollen jene Befugnisse, die ausschließlich auf den Einsatzraum bezogen sind, auch ohne rechtsförmliche formelle Erklärung eines bestimmten Gebietes zum Einsatzraum, ausgeübt werden können. Diese aus Zweckmäßigkeitsgründen erforderliche Regelung entspricht inhaltlich dem ebenfalls ausschließlich auf faktische Umstände abgestellten tatsächlichen Beginn des sog. “Verteidigungsfalles” nach der deutschen Verfassungsrechts­lage (vgl. Art. 115a Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, BGBl. S 1).

Im Abs. 11 ist eine Definition der speziell im Zusammenhang mit dem Eigenschutz des Heeres relevanten militärischen Sicherheit geplant. Hinsichtlich der näheren Begriffsinhalte siehe die Erläuterungen zu § 4 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes.

Die im Abs. 12 ins Auge gefasste Formalregelung über die sprachliche Gleichbehandlung von Mann und Frau erscheint im Hinblick auf die Richtlinie 10 der Legistischen Richtlinien 1990 erforderlich. Eine formelle sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter im Wege einer durchgehenden Verwendung geschlechtsneutraler Wendungen und Begriffe kommt aus gesetzesökonomischen Gründen nicht in Betracht. Vergleichbare Regelungen sind insbesondere auch im § 14a WG, § 1 Abs. 3 HGG 1992 und § 84b HDG 1994 zu finden.

Zu § 2 (Militärischer Eigenschutz und Abgrenzung zur Sicherheitspolizei):

Der unmittelbare Selbst- bzw. Eigenschutz des Heeres ist auf der Basis der entsprechenden Verfassungs­diktion und -interpretation dem Grunde nach als Teil der “militärischen Landesverteidigung” nach Art. 79 Abs. 1 B-VG anzusehen und daher durch militärische Organe in Eigenzuständigkeit wahrzunehmen; vgl. hiezu insbesondere die Ausführungen in Z 5 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Im Abs. 1 ist im Interesse der Rechtssicherheit eine nähere Konkretisierung der im Rahmen des militärischen Eigen­schutzes abstrakt anfallenden Obliegenheiten ins Auge gefasst. Der militärische Eigenschutz wird grundsätzlich jederzeit nach Maßgabe der im konkreten Einzelfall vorliegenden Gegebenheiten und Notwendigkeiten zu erfüllen sein. Auf Grund der im Abs. 1 ins Auge gefassten Umschreibung des “militärischen Eigenschutzes” ergibt sich, dass diese vom Bundesheer in Eigenkompetenz wahrzu­nehmende Aufgabe sowohl der unmittelbaren Abwehr (konkreter) Bedrohungen als auch einem vorbeu­genden Schutz militärischer Rechtsgüter dient. Die vorbeugende Komponente wird insbesondere im Lichte der weitgehenden materiellen Vergleichbarkeit dieser Rechtsgüter mit den für einen vorbeugenden sicherheitspolizeilichen Schutz relevanten Rechtsgüter nach § 22 Abs. 1 Z 2 und 3 SPG (“verfassungs­mäßige Einrichtungen” bzw. “Vertreter von Völkerrechtssubjekten”) abstrakt zu verstehen sein. Zur Aktualisierung des militärischen Eigenschutzes wird es daher wie im relevanten Bereich der Sicherheits­polizei (vgl. auch die Regierungsvorlage zu § 22 des Sicherheitspolizeigesetzes, 148 BlgNR, XVIII. GP) keiner Hinweise auf tatsächlich stattfindende Angriffe bedürfen. Unter dem im Abs. 1 Z 1 genannten Teilbereich des Wachdienstes ist der im § 6 Abs. 1 Z 1 vorgesehene Aspekt dieser Aufgabe der militärischen Landesverteidigung zu verstehen.

Der militärische Eigenschutz mit dem ins Auge gefassten Begriffsinhalt als Eigenkompetenz des Bundesheeres weist einen potentiellen Berührungsbereich mit der Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Aufgaben durch die Sicherheitsbehörden und -organe auf. Im Interesse einer unzweckmäßigen und kaum praxisgerechten Doppelkompetenz erscheint daher eine möglichst klare und einfach handhabbare Zustän­digkeitsabgrenzung hinsichtlich der konkreten Befugnisausübung für diesen Schutzzweck erforderlich. Im Abs. 2 ist eine solche Abgrenzung auf der Basis einer grundsätzlichen Subsidiarität der militärischen Befugnisausübung ins Auge gefasst. Hinsichtlich der “Sicherheitsbehörden” ist darauf hinzuweisen, dass insbesondere im Lichte der diesbezüglichen Regelungen im Sicherheitspolizeigesetz (§§ 2 ff) diesem Überbegriff im gegenständlichen Zusammenhang auch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zuzuordnen sein werden. Dies bedeutet, dass (auch) das Einschreiten solcher Organe die militärische Zuständigkeit beendet bzw. dass eine Benachrichtigung dieser Organe der entsprechenden Verpflichtung nach Abs. 2 Z 1 Rechnung trägt. Mit der beabsichtigten umfassenden Subsidiaritätsregel wird die militärische Befugnisausübung zum Selbstschutz in der Praxis im wesentlichen auf unmittelbare Erst­maßnahmen zur entsprechenden Gefahrenabwehr beschränkt bleiben; den Sicherheitsbehörden wird dem­nach ein Einschreiten auch zum Schutze des Bundesheeres und seiner Einrichtungen jederzeit zur Disposition stehen. Die Zuständigkeit militärischer Organe zum unmittelbaren Selbstschutz des Heeres als Teil der “militärischen Landesverteidigung” und damit die gesetzliche Ermächtigung zur entsprechenden Befugnisausübung werden jedenfalls automatisch enden, sobald die Exekutivorgane zu dem gleichen Zweck einschreiten und damit den gegenständlichen Anlassfall gleichsam in den Bereich der “Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit” nach § 20 SPG überführen. Dieser Übergang der Zuständigkeit soll zur Klarstellung ausdrücklich normiert werden. Sollten die einschreitenden Exekutiv­organe in einem konkreten Anlassfall jedoch den Schutz des Heeres nicht ausreichend sicherstellen können, so steht ihnen jedenfalls die Anforderung militärischer Kräfte zur Assistenzleistung nach Art. 79 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 lit. b WG offen. In diesem Fall käme ein Tätigwerden der zur Assistenz herangezogenen Soldaten jedoch im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich nach den für den Sicherheitspolizeibereich geltenden Rechtsvorschriften in Betracht; vgl. hiezu die Z 7 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Der erwähnte automatische Zuständigkeits­übergang von der militärischen Landesverteidigung zur Sicherheitspolizei ist in seiner Grundstruktur jenem nach § 19 Abs. 4 SPG betreffend die Beendigung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht der Sicherheitsbehörden nachgebildet. Diese Hilfeleistungspflicht als unmittelbare Erstmaßnahme zur direk­ten Gefahrenabwehr unabhängig von einer konkreten Zuständigkeit endet nämlich jedenfalls auch auto­matisch mit dem (wirksamen) Einschreiten der jeweils zuständigen Einrichtung im Rahmen der Verwal­tungspolizei. Im Hinblick auf praktische Erfordernisse sowie die diesbezüglichen Überlegungen in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit einer Befugnisausübung zum Schutz des Heeres erscheint – zusätzlich zum Grundsatz der Subsidiarität militärischen Einschreitens – die ausdrückliche Normierung einer Benachrichtigungspflicht sowie einer umfassenden Zusammenarbeitspflicht der militärischen Organe hinsichtlich der Sicherheitsexekutive zweckmäßig. Eine derartige Benachrichtigung wird unter Bedachtnahme auf die jeweiligen konkreten Umstände des Anlassfalles “unverzüglich” erfol­gen müssen; im Lichte der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Terminus wird darunter eine Benachrichtigung “ohne schuldhafte Verzögerung” zu verstehen sein. Über die praktische Umsetzung der Kooperationspflicht ist aus Zweckmäßigkeitsgründen keine ausdrückliche Bestimmung ins Auge gefasst. Der konkrete Inhalt und Umfang dieser Zusammenarbeit werden sich daher nach den jeweiligen tatsächlichen Erfordernissen im Anlassfall richten. Die Kooperation wird daher in der Praxis etwa in einer Verständigung der Sicherheitsbehörden von einem diesbezüglichen Einschreiten der mili­tärischen Organe im Bedarfsfall oder in einer umfassenden Information allenfalls nachträglich einschrei­tender (und damit exklusiv zuständig werdender) Sicherheitsbehörden über die bisher getroffenen Ver­anlassungen bestehen.

Zu § 3 (Grundsätze der Aufgabenerfüllung und Befugnisausübung):

Entsprechend der Regelungstechnik im Sicherheitspolizeigesetz hinsichtlich der Befugnisausübung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen der Sicherheitspolizei sollen auch im mili­tärischen Bereich der Normierung konkreter besonderer Befugnisse allgemeine – für jegliche (mili­tärische) Befugnisausübung zur Erfüllung der Aufgaben der militärischen Landesverteidigung relevante – Grundsätze vorangestellt werden.

Im Rahmen der geplanten allgemeinen Bestimmungen über die Aufgabenerfüllung durch militärische Organe und Dienststellen ist im Abs. 1 zunächst im Interesse der Rechtssicherheit die Klarstellung beabsichtigt, dass bei der Wahrnehmung “von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung unter angemessener Bedachtnahme auf andere öffentliche Interessen alle Mittel” angewandt werden dürfen, “die nicht in die Rechte einer Person eingreifen”. Dieses Kriterium ist dem § 28 Abs. 2 SPG weitgehend nachgebildet und wird daher in gleicher Weise zu verstehen sein. Als derartige Mittel werden in erster Linie sämtliche Befugnisse anzusehen sein, die den militärischen Organen und Dienststellen im vorliegenden Entwurf eingeräumt werden sollen; darüber hinaus werden auch alle sonstigen Maßnahmen in Betracht kommen, die von der Rechtsordnung nicht ausdrücklich untersagt werden und keine Rechte von Personen berühren. Mit dieser Bestimmung wird auch (wie in der Regierungsvorlage vom 23. März 1999 im § 31 Abs. 1 ins Auge gefasst) eine ausdrückliche Verankerung des Rechtfertigungsgrundes der “Erfüllung einer Amts- und Dienstpflicht” hinsichtlich konkreter Eingriffe militärischer Organe – in vergleichbarer Weise wie im § 28 Abs. 2 SPG – bewirkt. Diese generalklauselartige Regelung wird insbesondere bei einem Tätigwerden des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung bedeutsam werden. Speziell im Hinblick auf die weitgehende Unbestimmtheit der in einem Einsatz abzuwehrenden Gefahren für die nationale Sicherheit Österreichs wird nämlich eine enumerative Auflistung sämtlicher Einsatzbefugnisse in den jeweils relevanten Rechtsvorschriften nicht in Betracht kommen. Daher kann diese Bestimmung die Maßnahmenausübung zur Erfüllung der jeweiligen Einsatzaufgaben in jenen Bereichen regeln, für die (noch) keine ausdrücklichen positivrechtlichen Normen bestehen.

Zur Vermeidung von Unklarheiten ist weiters ausdrücklich vorgesehen, dass die (einzelnen) militärischen Organe bei der Erfüllung der ihnen jeweils konkret übertragenen Aufgaben nur jene Befugnisse ausüben dürfen, die speziell zur Wahrnehmung dieser konkreten Aufgabe unerlässlich sind. Im Hinblick auf die Bedeutung einer allfälligen Ausübung von Zwangsbefugnissen durch militärische Organe soll im Abs. 1 letzter Satz ein ausdrücklicher Zusammenhang zwischen dem Recht zur Befugnisausübung und einer entsprechenden Ausbildung hergestellt werden. Die Umschreibung der Voraussetzungen zur Befugnis­ausübung ist dem § 3 Abs. 3 ADV nachgebildet. Die gegenständliche Wissenvermittlung bzw. -erhaltung und -vertiefung wird im wesentlichen im Rahmen der “Ausbildung” für Soldaten nach § 48 WG bzw. für Beamte der “dienstlichen Ausbildung” oder der “Ausbildung und Fortbildung” nach § 23 oder § 58 BDG 1979 erfolgen. Im Rahmen der gegenständlichen Schulungsmaßnahmen wird insbesondere auch auf die potentielle Durchsetzung der militärischen Befugnisse mit unmittelbarer Zwangsgewalt besonderes Gewicht zu legen sein.

Im Rahmen der Befugnisausübung durch staatliche Organe und Dienststellen im Bereich der Hoheits­verwaltung kommt einem Eingriff in die Rechte von Personen besondere Bedeutung zu. Im Abs. 2 ist daher eine spezielle Regelung mit ausdrücklichen Voraussetzungen für solche Eingriffe beabsichtigt. Diese Bestimmung entspricht inhaltlich zur Gänze der im § 28 Abs. 3 SPG normierten Vorschrift hinsichtlich der Befugnisausübung durch Exekutivorgane; sie wird daher in vergleichbarer Weise auszulegen und anzuwenden sein. Demnach wird diesbezüglich in jedem Fall eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung vorliegen müssen. Darüber hinaus wird ein Eingriff in die Rechte einer Person nur dann erlaubt sein, wenn andere Befugnisse, die keine solchen Eingriffe verursachen, bereits eingesetzt wurden und nicht zum Ziel geführt haben oder von vornherein nicht zur Verfügung gestanden sind. Als derartige gelindere Mittel zur Aufgabenerfüllung wird etwa die Aufforderung zu sehen sein, den einer rechtmäßigen Anordnung entsprechenden Zustand freiwillig herzustellen. Überdies wird eine Ausübung von Befugnissen, die unmittelbar in die Rechte einer Person eingreifen, auch dann zulässig sein, wenn die Ausübung anderer Befugnisse, etwa gegen Sachen, lediglich mit einem unvertretbar hohen (zeitlichen, personellen, administrativen, materiellen oder sonstigen) Aufwand zum gleichen Erfolg führen würde.

Das sog. “ultima ratio-Prinzip” hinsichtlich des Eingriffes in die Rechte von Personen im Rahmen der militärischen Befugnisausübung wird jedoch wie im Exekutivbereich nicht dazu führen dürfen, dass militärische Organe und Dienststellen speziell bei Gefahr im Verzug (etwa im Einsatz) vor einer allfälligen Befugnisausübung zu zeitaufwendigen Abwägungen verpflichtet werden, die zu einer unver­tretbaren Beeinträchtigung bei der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung führen würden. Eine nachprüfende Kontrolle, ob eine konkrete Befugnisausübung dem in Rede stehenden Grundsatz entsprochen hat, wird dabei von der Gesamtheit jener Umstände auszugehen haben, die sich dem einschreitenden militärischen Organ vor der Befugnisausübung gestellt haben. Dabei wird ins­besondere auch ein zu diesem Zeitpunkt allenfalls herrschender Zeitdruck zu berücksichtigen sein.

Zu § 4 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit):

Im Abs. 1 ist eine Umschreibung der Zweckbestimmung der speziell im Zusammenhang mit dem Eigen­schutz des Heeres relevanten “militärischen Sicherheit” geplant. Die vorgesehene Textierung ist dabei weitgehend den heeresinternen Vorschriften betreffend bedeutsame militärische Begriffe nachgebildet. Als Hauptziel der militärischen Sicherheit ist die (ständige) Gewährleistung des im jeweiligen Anlassfall notwendigen Schutzes militärischer Rechtsgütern im Sinne des § 1 Abs. 7 genannt. Dieser Schutz wird dabei keinesweg für alle relevanten Rechtsgüter und zu jedem Zeitpunkt auf gleichem Niveau erforderlich sein. Er wird vielmehr je nach dem konkret in Betracht gezogenen Rechtsgut und nach der (potentiellen oder aktuellen) Bedrohung variieren, also etwa zwischen einem militärischen Munitionslager und einer bloßen Übungsfläche oder während oder außerhalb eines Einsatzes. Im übrigen werden im Sinne einer Güterabwägung auch der jeweils erforderliche, insbesondere materielle und personelle Aufwand für die Gewährleistung des Schutzes sowie die durch die entsprechenden Schutzmaßnahmen ausgelösten Ein­griffe in fremde Rechtssphären von Relevanz sein. Zur Sicherstellung der militärischen Sicherheit werden insbesondere entsprechende Absicherungsmaßnahmen zum Schutz von Truppen und Personen (Truppen- und Personenschutz), von militärischen Objekten (Objektschutz) sowie von militärischen Geheimnissen (Geheimnisschutz) dienen.

Zusätzlich zu den allgemeinen Regelungen über die Aufgabenerfüllung in Angelegenheiten der militäri­schen Landesverteidigung soll nach Abs. 2 und 3 bei der konkreten Befugnisausübung durch militärische Organe ein dem § 29 SPG hinsichtlich der Befugnisausübung durch Exekutivorgane vollinhaltlich entsprechender Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten sein. Demnach sollen auch die militärischen Organe verpflichtet werden, unter mehreren zielführenden Befugnissen jene tatsächlich einzusetzen, die die geringste Beeinträchtigung von Betroffenen verursacht. Weiters soll auf die konkrete Person, gegen die sich eine Maßnahme richtet, differenzierend Bedacht genommen werden. Ferner haben die mili­tärischen Organe bei der Befugnisausübung auf ein vertretbares Verhältnis des jeweils bezweckten Erfol­ges mit den allenfalls zu erwartenden Schäden zu achten. Auch soll das Grundprinzip einer möglichst weitgehenden Schonung fremder Rechte und schutzwürdiger Interessen normiert werden. Schließlich soll den militärischen Organen die Verpflichtung auferlegt werden, Dauer und Intensität der Befugnisaus­übung streng auf das für die Zweckerfüllung unbedingt erforderliche Ausmaß zu begrenzen.

Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf allerdings wie im Polizeibereich nicht dazu führen, dass durch diffizile und langwierige Abwägungen die Wahrnehmung von Aufgaben der mili­tärischen Landesverteidigung als solche in Frage gestellt wird. Im übrigen bedeutet dieser Grundsatz auch nicht, dass in jedem Fall mit der Anwendung der gelindesten Befugnis begonnen werden muß. In jenen Fällen, in denen von vornherein klar ist, dass diese Befugnis den angestrebten Erfolg überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig bewirken würde, wird vielmehr auch die sofortige Anwendung einer gravierenderen Befugnis im Einklang mit dem gegenständlichen Grundsatz stehen. Der Bereich der militärischen Landes­verteidigung wird es sich jedoch ebenso wie die Sicherheitsexekutive und alle übrigen Verwaltungs­zweige gefallen lassen müssen, sein Handeln an einem “Übermaßverbot” gemessen zu sehen. Eine nachträgliche Überprüfung der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird im Wege einer ex ante-Beurteilung unter spezieller Bedachtnahme auf sämtliche im Anlassfall vorliegenden Umstände (Zeitdruck, Kampfhandlungen, usw.) zu erfolgen haben.

Dem ins Auge gefassten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vergleichbare Bestimmungen finden sich in der geltenden Rechtsordnung etwa im § 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53, hinsichtlich der Exekution im Verwaltungsrecht und in den §§ 4 und 5 des Waffengebrauchs­gesetzes 1969 betreffend einen Waffeneinsatz durch Sicherheitsorgane.

Zu § 5 (Rechte der betroffenen Person):

Als weitere allgemeine Regelung betreffend die gesamte Befugnisausübung durch militärische Organe ist eine ausdrückliche Normierung bestimmter Rechte für jene Personen beabsichtigt, die von dieser Ausübung betroffen sind. Diese Regelung ist dem § 30 SPG betreffend die Ausübung von Befugnissen im Rahmen der Sicherheitsverwaltung inhaltlich weitgehend nachgebildet.

Auch im militärischen Bereich sollen die Betroffenen einen grundsätzlichen Anspruch auf Information über die Hintergründe einer Befugnisausübung sowie über die Identität der einschreitenden militärischen Organe haben. Der zweitgenannte Anspruch wird wie im Exekutivbereich durch die Bekanntgabe einer Personalnummer zu erfüllen sein. Dabei wird nach Maßgabe der jeweiligen konkreten Umstände etwa die Nummer der sog. “Erkennungsmarke”, aber auch bei Organen in einem Bundesdienstverhältnis (Berufs­soldaten und Angehörige der Heeresverwaltung) die Nummer des Dienstausweises bzw. bei Soldaten im Präsenz- oder Ausbildungsdienst die im Wehrdienstbuch aufscheinende sog. “Grundbuchnummer” heranzuziehen sein. Auf Grund der beabsichtigten Formulierung ist nicht ausgeschlossen, dass im Falle einer Befugnisausübung durch mehrere militärische Organe unter einheitlichem Kommando die gefor­derten Informationen nur durch den gemeinsamen Vorgesetzten oder Kommandanten dieser Organe erteilt werden.

Ein Wegfall der in Rede stehenden Rechte betroffener Personen ist ähnlich wie im Exekutivbereich solange vorgesehen, als die Erfüllung der jeweiligen Aufgabe gefährdet wäre. Bei dieser Beurteilung wird ein strenger Maßstab anzulegen sein. Als Beispiele für einen solchen Wegfall sind etwa die Unmög­lichkeit einer Bekanntgabe sämtlicher Umstände unmittelbarer militärischer Maßnahmen in einem Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung, zwingende Notwendigkeiten der militärischen Geheimhaltung oder die Unvertretbarkeit eines Zuwartens einer Wegweisung auf die Beiziehung einer Vertrauensperson im Falle einer unmittelbar drohenden Lebensgefahr (zB bei militärischen Kampf­handlungen) zu nennen. Nach Wegfall der jeweils relevanten Hindernisse ist den gegenständlichen Rechten der betroffenen Personen jedoch in jedem Fall so rasch als möglich und im gesetzlich vor­geschrieben Umfang Rechnung zu tragen.

Zum 2. Teil (Besondere Aufgaben und Befugnisse – §§ 6 bis 26):

Zum 1. Hauptstück (Wachdienst – §§ 6 bis 19):

Zu § 6 (Wachdienst):

Im Rahmen der Aufgaben der militärischen Landesverteidigung kommt dem Bewachen militärisch relevanter Personen und Sachen eine besondere Bedeutung zu. Im Zusammenhang mit dem “Wachdienst” bestehen bereits diverse generell‑abstrakte Regelungen (auf Gesetzes- und Verordnungsstufe). Im speziellen sehen die §§ 22 bis 28 ADV eine Definition des Wachdienstes, seine verschiedenen Arten sowie konkrete Umschreibungen der Aufgaben jener Soldaten vor, die diesen Dienst als Wache (in unterschiedlichen Erscheinungsformen) versehen. Das Militärstrafgesetz sieht neben einer Definition der Wachen (§ 2 Z 6) sowohl ausdrückliche Straftaten gegen die Pflichten von Wachen (§§ 24 und 25) als auch verschiedene Schutzbestimmungen für Wachen (zB §§ 18 bis 22) vor. Ferner sind im Militär­strafgesetz (bzw. im § 577 des Allgemeinen Strafgesetzes) “besondere Ermächtigungen der Wachen” vorgesehen; vgl. hiezu die Ausführungen in den Z 1 und 2 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Im militärischen Disziplinarrecht sind Wachen nach § 43 Abs. 2 Z 4 HDG 1994 unter bestimmten Voraussetzungen zur vorläufigen Festnahme von Soldaten ermächtigt. Schließlich normiert § 82 SPG mit dem “aggressiven Verhalten gegenüber Militärwachen” einen (verwaltungsbehördlich) strafbaren Tat­bestand. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung der in Rede stehenden militärischen Obliegenheiten soll der “Wachdienst” nunmehr im Rahmen des militärischen Befugnisrechtes grundlegend umschrieben werden. Dies erscheint insbesondere auch deshalb geboten, weil derzeit eine grundlegende gesetzliche Determinierung dieser Aufgabe nicht in ausreichendem Maße besteht. Die erwähnten Bestimmungen regeln nämlich nur spezifische Teilaspekte des militärischen Wachdienstes.

Durch die geplante Umschreibung des Wachdienstes soll im Interesse der Rechtssicherheit eine prägnante Auflistung der dieser Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung zu Grunde liegenden Zweck­bestimmungen erreicht werden. Auf Grund der ins Auge gefassten Formulierung des Abs. 1 Z 1 (“ver­gleichbare Tatbestände von Verwaltungsübertretungen”) ergibt sich, dass auch hinsichtlich der relevanten Verwaltungsstraftatbestände sämtliche Kautelen nach § 1 Abs. 8 betreffend entsprechende gerichtlich strafbare Handlungen vorliegen müssen; dies betrifft insbesondere die strikte Begrenzung auf den Schutz militärischer Rechtsgüter. Als Beispiel ist etwa die Verhinderung des Betretens eines militärischen Sperrgebietes und die damit verbundene Abwehr der diesbezüglichen Verwaltungsübertretung nach § 5 SperrGG 1995 zu nennen. Der im Abs. 1 Z 2 normierte Zweck des Wachdienstes stellt sich als typische Ausprägung der Abwehr materienspezifischer Gefahren im Wege der Verwaltungspolizei dar. Die konkret zu schützenden Rechtsgüter der betreffenden Personen sind dem § 19 SPG betreffend die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht weitgehend nachgebildet. Lediglich die im gegenständlichen Zusammenhang irrelevante Gefährdung der “Freiheit” ist nicht vorgesehen.

Im Interesse der Rechtssicherheit soll im Abs. 2 der Kreis jener militärischen Organe abschließend normiert werden, die für die Wahrnehmung von Aufgaben des Wachdienstes in Betracht kommen sollen. Demnach soll ein solcher Dienst grundsätzlich nur auf Grund eines besonderen dienstlichen Auftrages zulässig sein. Als “besonderer Auftrag” werden dabei über den spezifischen “Wachauftrag” im Sinne des § 22 Abs. 2 ADV hinaus auch andere spezielle Anordnungen zum Schutz und zur Sicherung von Personen oder Sachen in Betracht kommen, etwa im Rahmen der “Dienste vom Tag” bzw. des “Bereitschafts­dienstes” nach den §§ 20 und 21 ADV. In jenen (seltenen) Notsituationen, in denen ein strafrechtsrele­vanter Angriff stattfindet oder unmittelbar bevorsteht und zur Bewältigung dieser Gefahr keine Organe mit einem entsprechenden Auftrag verfügbar sind, soll ein subsidiäres Einschreiten anderer militärischer Organe (ohne “besonderen Auftrag”) zulässig sein. Dieses Einschreiten soll strikt auf die unmittelbare Abwehr des zugrunde liegenden Angriffes sowie auf die Dauer der Unmöglichkeit eines Tätigwerdens von Organen im Wachdienst für diese Zwecke beschränkt werden; im Rahmen des vorbeugenden Schutzes ist daher die Anwendung dieser Bestimmung nicht zulässig. Die ins Auge gefasste Notstands­regelung ist inhaltlich dem Einschreiten sprengelfremder Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 14 Abs. 3 SPG bzw. dem Einschreiten sicherheitspolizeilicher Organe außer Dienst nach § 1 Abs. 3 der Richtlinien-Verordnung (RLV), BGBl. Nr. 266/1993, weitgehend nachgebildet. Die zur Wahrnehmung von Wachaufgaben ohne ausdrücklichen diesbezüglichen Auftrag einschreitenden militärischen Organe werden für die Dauer dieses Einschreitens als “Organe des Wachdienstes” anzusehen sein; sie werden daher auch die hiefür normierten Befugnisse ausüben dürfen. Eine ausdrückliche diesbezügliche Regelung erscheint entbehrlich. Auf Grund des Gesamtzusammenhanges der für den Wachdienst relevanten Rege­lungen ergibt sich, dass grundsätzlich sämtliche mit entsprechenden Aufgaben betrauten militärischen Organe als militärische Wachen im Sinne diesbezüglicher Normen in anderen Rechtsbereichen zu ver­stehen sein werden; dies betrifft etwa § 82 SPG oder § 502 Abs. 1 StPO.

Im Abs. 3 sind Sonderbestimmungen für den Einsatz hinsichtlich jener Bereiche, die für die Erfüllung von Einsatzaufgaben von wesentlicher Bedeutung sind und nicht unter die Definition der militärischen Rechtsgüter (im Sinne von militärischen Bereichen) fallen, ins Auge gefasst. Zu diesen Bereichen werden etwa für den Truppentransport bedeutsame Verkehrsanlagen (Brücken, Tunnel, Bahnhöfe, usw.) in und außerhalb des Einsatzraumes zu zählen sein. Weiters ist eine Erweiterung des Personenkreises, dem die Befugnisse im Wachdienst zustehen, auf alle eingesetzten militärischen Organe vorgesehen.

In einem Assistenzeinsatz werden wie bisher jenen Soldaten, die zum militärischen Wachdienst herange­zogen werden (etwa zum Schutz und zur Sicherung von militärischen Unterkünften, Gefechtsständen oder von mitgeführtem Heeresgut), uneingeschränkt die diesbezüglichen Befugnisse nach dem vorliegenden Gesetzentwurf (sowie nach anderen militärbezogenen Rechtsvorschriften) zukommen. Im Gegensatz dazu dürfen die für Schutz- und Sicherungsaufgaben im unmittelbaren Assistenzzweck (zB Bewachung ziviler Amtsgebäude oder Streifendienst an der Staatsgrenze) verwendeten Soldaten ausschließlich jene Befugnisse ausüben, die für die Organe der anfordernden Behörde vorgesehen sind; vgl. hiezu auch die Ausführungen in der Z 7 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen.

Eine vergleichbare Regelung betreffend den militärischen Wachdienst ist im § 1 Abs. 1 des (deutschen) Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen enthalten.

Zu § 7 (Auskunftsverlangen):

Wenn es für die Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung erforderlich ist, Auskünfte einzuholen, sollen im Abs. 1 die militärischen Organe im Wachdienst ermächtigt werden, Personen zu befragen, von denen anzunehmen ist, dass sie hiezu Angaben machen können. Der Betrof­fene wird dabei bloß verpflichtet sein, sich dieser Befragung zu stellen; es wird ihm daher im konkreten Fall nicht möglich sein, sich eine “Belästigung” durch die militärischen Organe zu verbitten. Weigert sich der Betroffene jedoch, eine inhaltliche Auskunft zu erteilen, so darf das Organ diese Befugnis freilich auch nicht durch die Ausübung von Zwangsgewalt durchsetzen. Daraus ergibt sich auch, dass weder eine Verpflichtung zu wahrheitsgemäßen Auskünften noch eine Sanktionsmöglichkeit für unvollständige oder falsche Angaben besteht. Zur Klarstellung, dass ein Auskunftsverlangen frei von jeglicher Art der Beeinflussung stattzufinden hat, soll ein verpflichtender Hinweis auf die Freiwilligkeit der Mitwirkung normiert werden. Über die konkrete Gestaltung dieses Hinweises sind aus Zweckmäßigkeitsgründen keine konkreten Vorschriften ins Auge gefasst; er wird daher auf die im jeweiligen Einzelfall möglichst zweckmäßige Weise zu erteilen sein. Eine inhaltlich weitgehend vergleichbare Regelung ist im § 34 SPG für Auskünfte im Zusammenhang mit der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht der Exekutivorgane normiert.

Im Abs. 2 soll hinsichtlich des Auskunftsverlangens während eines Einsatzes zusätzlich die umfassende “Erfüllung von Einsatzaufgaben” als Ziel der gegenständlichen Befugnisausübung normiert werden.

Zu § 8 (Kontrolle von Personen):

Unter bestimmten Voraussetzungen sollen die militärischen Organe im Wachdienst, ebenso wie die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 35 SPG, ermächtigt werden, bestimmte Kontrollen von Personen durchzuführen. Die im Abs. 1 zusammengefassten Fälle sollen dem Erfordernis eines wirksamen Selbst- bzw. Eigenschutzes der Streitkräfte durch eigene Organe Rechnung tragen und sind daher als Teil des Kompetenztatbestandes “militärische Angelegenheiten” anzusehen; vgl. hiezu auch die Ausführungen in Z 5 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Als diesbezügliche Beispiele sind etwa die versuchte Ausspähung militärischer Geheimnisse, Sachbeschädigungen an militärischen Anlagen und Einrichtungen oder an Heeresgut sowie eine akute (allenfalls auch fahrlässige) Gefährdung von Militär­luftfahrzeugen durch das Steigenlassen von Ballonen im Nahbereich von Militärflugplätzen zu nennen. Im Interesse einer Vermeidung eines überschießenden Inhaltes der in Rede stehenden Personenkontrolle soll sie ausschließlich auf die Identitätsfeststellung des Betroffenen begrenzt werden. Im Hinblick auf die enge Bindung eines eigenständigen militärischen Einschreitens an die Notwendigkeit einer direkten Gefahren­abwehr ist überdies vorgesehen, die gegenständliche Kontrollbefugnis ausschließlich in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum jeweiligen Ereignis einzuräumen. Dies bedeutet etwa, dass die Personenkontrolle des einer militärrelevanten Straftat Verdächtigen längere Zeit nach endgültiger Vollendung des Deliktes unzulässig ist. Auf Grund der ins Auge gefassten Terminologie (“enger zeitlicher Zusammenhang”) wird bei der Beurteilung der Voraussetzungen für eine allfällige Kontrolle ein strenger Maßstab anzulegen sein; so wird zB die bloße Verteilung militärkritischen Materials für sich alleine keinen relevanten “Angriff” darstellen und daher die Ausübung der gegenständlichen Befugnis nicht rechtfertigen.

Die Voraussetzung für eine Personenkontrolle nach Abs. 2 stellt einen militärspezifischen Tatbestand dar und soll in besonderer Weise dem Schutz und der Sicherung militärischer Bereiche dienen. So wird sich etwa eine Person, die ein Kasernengelände zu betreten versucht, sich darin aufhält, dieses Gelände verlassen will oder unmittelbar zuvor verlassen hat, einer entsprechenden Kontrolle durch die mit dem Wachdienst betrauten militärischen Organe unterziehen müssen. Der Begriff “Betreten” wird dabei umfassend zu verstehen sein und auch alle anderen Formen eines Zutrittes (zB Befahren) einschließen. Im Zusammenhang mit dieser Befugnis soll eine solche Kontrolle neben einer Feststellung der Identität zusätzlich auch die für das Betreten dieses Bereiches, den Aufenthalt in einem solchen oder das Verlassen desselben jeweils relevanten Gründe umfassen können; dies betrifft etwa die zum Betreten eines Kasernengeländes erforderliche Befugnis.

Im Abs. 3 sind Inhalt und Umfang einer Identitätsfeststellung im Rahmen einer Personenkontrolle geregelt. Dabei werden nach Maßgabe der konkreten militärischen Erfordernisse die Identitätsmerkmale (Name, Geburtsdatum und Wohnsitz) des Betroffenen festzustellen sein.

In spezifischer Ergänzung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist im Abs. 4 wie im Exekutivbereich zunächst vorgesehen, dass die gegenständlichen Kontrollen jeweils mit der im Anlassfall erforderlichen “Verlässlichkeit” durchzuführen ist. So werden etwa die Anforderungen an die Verläss­lichkeit der Identitätsfeststellung bei einer Person, die bei einer gerichtlich strafbaren Handlung gegen eine Einrichtung des Bundesheeres unmittelbar betreten wird, ungleich größer sein als bei einem Soldaten, der einem in einer Kaserne dislozierten militärischen Verband angehört und diese Kaserne betreten will. Dem jeweiligen Grad dieser Verlässlichkeit entsprechend werden als Mittel der Personenkontrolle etwa eine bloße Befragung des Betroffenen, eine Einsichtnahme in einen amtlichen Lichtbildausweis oder die Kontrolle einer schriftlichen Zutrittsgenehmigung zu einer militärischen Anlage, aber auch eine glaub­würdige Auskunft durch Dritte in Betracht kommen. Weiters ist im Interesse einer wirksamen Durch­setzung der Personenkontrolle wie im Sicherheitspolizeibereich eine Mitwirkungs- und Duldungs­verpflichtung des Betroffenen vorgesehen. Dies bedeutet, dass diese Person über die im Rahmen der Überprüfung zu erhebenden Umstände Auskunft zu erteilen und auch sonst mitzuwirken hat, damit diese Überprüfung mit der jeweils gebotenen Verlässlichkeit durchgeführt werden kann. Bei einer Verletzung dieser Verpflichtungen hat das einschreitende militärische Organ das Recht, die jeweilige Kontrolle unmittelbar durchzusetzen. Dabei ist allenfalls auch die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt zulässig, sofern die diesbezüglich normierten Voraussetzungen vorliegen. Bei einer solchen unmittelbaren Durch­setzung der Überprüfung wird in besonderer Weise auf die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Bedacht zu nehmen sein. Bevor etwa der Betroffene zum Zweck der Kontrolle zu einer militärischen Dienststelle gebracht wird, wird das einschreitende militärische Organ zu prüfen haben, ob diese Kontrolle nicht auch dadurch erreicht werden kann, dass der Betroffene an einen Ort begleitet wird, an dem er Einsicht in ein entsprechendes Dokument gewähren kann.

Die unmittelbare Durchsetzung der Kontrolle einer Person wird nach der Judikatur des Verfassungs­gerichtshofes (zB VfSlg 5280, 8296, 8879, 10317) keinen Eingriff in das verfassungsgesetzlich verankerte Recht auf persönliche Freiheit darstellen; es wird nämlich dem einschreitenden militärischen Organ zu keiner Zeit um eine Freiheitsbeschränkung des Betroffenen, sondern ausschließlich darum gehen, die erforderliche Kontrolle durchzuführen. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt eine Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof oder die (Europäischen) Menschenrechtsbehörden den gegenständlichen Kon­trollen dennoch den Charakter eines derartigen Eingriffes in die persönliche Freiheit zubilligen, so erscheint dieser Eingriff durch Art. 2 Abs. 1 Z 4 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit sowie durch Art. 5 Abs. 1 lit. b MRK (“Erzwingung der Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung”) gerechtfertigt.

Zu den §§ 9 und 10 (Platzverbot, Wegweisung):

Im § 36 SPG werden die Sicherheitsbehörden ermächtigt, im Falle des Vorliegens sicherheitspolizeilich relevanter Voraussetzungen im Verordnungsweg hinsichtlich bestimmter Orte das Betreten oder den Aufenthalt zu untersagen, die Nichtbefolgung dieser Verbote als Verwaltungsübertretung zu erklären und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu ermächtigen, jedermann aus diesen Bereichen zu weisen (Platzverbot). Eine dieser behördlichen Ermächtigung entsprechende Befugnis der (einzelnen) Exekutivorgane ist im § 38 dieses Bundesgesetzes als Wegweisung normiert. Auf Grund der im Bereich der militärischen Landesverteidigung ebenfalls vorliegenden Notwendigkeit nach derartigen Befugnissen sind auch im vorliegenden Entwurf vergleichbare, streng auf die Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung ausgerichtete Ermächtigungen ins Auge gefasst. Dabei sollen sowohl die betroffenen Örtlichkeiten als auch die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen einheitlich für das Platzverbot (§ 9) und für die Wegweisung (§ 10) gestaltet werden.

Von beiden in Rede stehenden Befugnissen sollen nicht alle Örtlichkeiten schlechthin, sondern nur militärische Bereiche oder Teile solcher Bereiche oder der “unmittelbare Nahbereich eines Standortes von Heeresgut” (also etwa der Halteplatz einer militärischen Fahrzeugkolonne) betroffen sein. Diese Einschränkung soll der engen Bezugnahme dieser Ermächtigungen auf die militärische Landesver­teidigung Rechnung tragen. Im Hinblick auf die rechtspolitische Bedeutung der Verhängung eines Platzverbotes für Zwecke der militärischen Landesverteidigung sowie auf die zu erwartende geringe Zahl der diesbezüglichen Anlassfälle soll die Zuständigkeit zur Erlassung der entsprechenden Verordnungen ausschließlich auf den Bundesminister für Landesverteidigung beschränkt werden. Damit ist auch eine direkte politische Kontrollierbarkeit derartiger Befugnisausübungen sichergestellt.

Als erste Voraussetzung für die Ausübung dieser Befugnisse ist das Vorliegen direkter Gefahren für das Leben, die Gesundheit oder das Eigentum von Personen auf Grund der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung beabsichtigt. Die ehestmögliche Verfügung eines Platzverbotes durch den Bundesminister für Landesverteidigung zum Schutz von Personen aus diesem Grund wäre etwa im März 1995 nach dem Absturz eines Militärflugzeuges in Innerkrems im Bezirk Spittal an der Drau im Zusammenhang mit der Bergung der mitgeführten Munition für die Bordwaffen erforderlich gewesen. Mangels entsprechender diesbezüglicher Rechtsgrundlagen für ein militärisches Tätigwerden war es daher nötig, die Sicherheitsbehörden zu ersuchen, für den Bereich der Absturzstelle ein Platzverbot gemäß § 36 SPG zu verordnen. Im übrigen werden diese Voraussetzungen auch bei einem militärischen Einsatz im unmittelbaren Kampfgebiet vorliegen können.

Als zweiter Tatbestand ist das Vorliegen einer umfassenden Beeinträchtigung der militärischen Aufgaben­erfüllung vorgesehen. Auf Grund der ins Auge gefassten Formulierungen ergibt sich, dass nicht jegliche (noch so geringe) Beeinträchtigung dieser Aufgabenerfüllung zur Ausübung der gegenständlichen Befugnisse berechtigen wird. Es wird vielmehr eine Verhinderung bzw. “erhebliche” Behinderung der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung “in großem Umfang” erforderlich sein; bei der Beurteilung dieser Kriterien wird ein strenger Maßstab anzulegen sein. Als Beispiel für diesen Tatbestand wird etwa eine umfangreiche Behinderung der in einem Einsatz des Bundesheeres erforderlichen militärischen Maßnahmen durch Schaulustige in Betracht kommen. Da die Verhängung eines Platzverbotes bzw. die Anordnung einer Wegweisung nicht nur im Falle des aktuellen Vorliegens der genannten Voraussetzungen erforderlich ist, sondern speziell auch im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld (etwa zur vorbeugenden Hintanhaltung des Eintrittes der Gefahren für Leben und Gesundheit), soll diesem Umstand durch die Normierung einer eigenen diesbezüglichen Ermächtigungsvoraussetzung (Z 3) Rechnung getragen werden.

Im Interesse der Rechtsklarheit soll unmittelbar im Kontext der Regelungen über das Platzverbot auch ausdrücklich klargestellt werden, dass die militärischen Organe im Falle eines verhängten Platzverbotes alle Personen am Betreten dieses Bereiches hindern und aus diesem Bereich wegweisen dürfen. Im Bereich der Sicherheitspolizei ergibt sich diese auch dort bestehende Befugnis nur mittelbar aus der Strafbestimmung des § 84 Abs. 2 SPG. Hinsichtlich der eigenständigen Kundmachungsvorschrift für Verordnungen betreffend ein Platzverbot ist darauf hinzuweisen, dass diese den spezifischen militärischen Gegebenheiten Rechnung tragende Kundmachungsform im Wehrrecht bereits derzeit mehrfach normiert ist. Im übrigen entspricht sie der Regelung über die Publikation von Verordnungen betreffend ein Platzverbot im Bereich der Sicherheitspolizei. Die Normierung eines automatischen Außerkrafttretens der in Rede stehenden Verordnung nach drei Monaten ab ihrem Wirksamwerden entspricht dem § 36 Abs. 4 SPG.

Solange der Bundesminister für Landesverteidigung als oberstes Organ der Bundesverwaltung eine derartige Verordnung noch nicht erlassen hat, werden im Falle des Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen die militärischen Organe im Wachdienst unmittelbar zur Wegweisung von Personen ermächtigt sein. Bei der Wahrnehmung dieser (unmittelbaren) Befugnis werden die einschreitenden Organe in besonderer Weise den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Rechte der betroffenen Personen zu beachten haben. Als Beispiel für eine derartige Befugnisausübung ist etwa die Wegweisung vom Standort eines militärischen Munitionstransportes zu nennen.

Unter spezieller Bedachtnahme auf einen wirkungsvollen militärischen Selbst- bzw. Eigenschutz soll militärischen Organen im Wachdienst eine ausdrückliche Ermächtigung zur Wegweisung jener Personen aus einem im gegenständlichen Zusammenhang relevanten Bereich eingeräumt werden, die sich in diesem Bereich ohne ausreichende Begründung aufhalten; in dieser Befugnis wird auch eine ausschließlich direkt an der Außengrenze dieser Bereiche stattfindende Abwehr eines ungerechtfertigten Betretungsversuches enthalten sein. Als für eine derartige Wegweisung zusätzlich zwingend notwendige “wichtige militärische Erfordernisse” werden etwa schwerwiegende Aspekte der militärischen Sicherheit anzusehen sein. Diese Befugnis erscheint insbesondere im Zusammenhang mit (im Verordnungswege eingerichteten) mili­tärischen Sperrgebieten deshalb geboten, da damit den militärischen Organen die Anwendung eines gelinderen Zwangsmittels als der schon nach der geltenden Rechtslage (§ 6 SperrGG 1995) zulässigen vorläufigen Festnahme eröffnet wird.

Zu § 11 (Vorläufige Festnahme):

Der vorläufigen Festnahme von Personen durch militärische Organe im Wachdienst kommt im Gesamt­zusammenhang der Normierung militärischer Befugnisse im vorliegenden Entwurf eine wichtige Bedeu­tung zu. Im Hinblick auf das rechtspolitische Gewicht eines derartigen Grundrechtseingriffes sowie auf die strengen diesbezüglichen Prüfungsmaßstäbe des Verfassungsgerichtshofes und der (europäischen) Menschenrechtsinstanzen werden dabei die entsprechenden verfassungsrechtlichen Grundlagen in besonderer Weise zu beachten sein. Diese Grundlagen finden sich in dem am 1. Jänner 1991 in Kraft getretenen Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit sowie im Art. 5 MRK.

Im Abs. 1 ist eine Festnahmebefugnis militärischer Organe im Wachdienst mit strafrechtlich relevantem Bezug geplant. Diese in spezifischer Weise dem (unmittelbaren) militärischen Eigenschutz dienende Maßnahme ist in ihrer Diktion weitgehend dem allgemeinen “Anhalterecht” nach § 86 Abs. 2 StPO nachgebildet; das Vorliegen der erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen wird daher insbesondere im Lichte der von der Lehre und Judikatur entwickelten Grundsätze zur Ausübung dieses Jedermannrechtes zu beurteilen sein. Im Hinblick auf den Umstand, dass die in Rede stehende Zwangsmaßnahme unzweifelhaft einen Entzug der persönlichen Freiheit des Betroffenen durch hoheitliches staatliches Handeln im Sinne der erwähnten verfassungsrechtlichen Grundlagen darstellt, soll anstelle des allgemeinen Begriffes “Anhaltung” der in der Rechtsordnung für derartige Zwangsmaßnahmen staatlicher Organe mehrfach verwendete Begriff “Festnahme” verwendet werden. Diese Festnahmebefugnis stützt sich auf Art. 2 Abs. 1 Z 2 lit. a und b des genannten Bundesverfassungsgesetzes bzw. auf Art. 5 Abs. 1 lit. c MRK.

Die Tatbestände des Abs. 2 dienen im wesentlichen der Sicherstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens betreffend militärspezifische Delikte. Als diesbezüglich relevante Verwaltungsstraftatbestände sind die Nichtbefolgung der mit einem Platzverbot verbundenen Verbote sowie im Zusammenhang mit einem militärischen Sperrgebiet das unbefugte Betreten und Befahren sowie Fotografieren, Filmen und Anfertigen zeichnerischer Darstellungen nach § 5 SperrGG 1995 ins Auge gefasst. Die zweitgenannte Festnahmebefugnis ist im militärischen Sperrgebietsrecht bereits seit über 30 Jahren normiert; aus rechtssystematischen Erwägungen soll sie inhaltlich unverändert in den vorliegenden Entwurf über­nommen werden. Das Sperrgebietsgesetz 1995 wird daher entsprechend zu modifizieren sein; eine dies­bezügliche Änderung ist im Artikel 2 des vorliegenden Gesetzentwurfes geplant. Die gegenständlichen Festnahmebefugnisse finden ihre verfassungsgesetzliche Deckung im Art. 2 Abs. 1 Z 3 des genannten Bundesverfassungsgesetzes bzw. im Art. 5 Abs. 1 lit. c MRK.

Unter Bedachtnahme auf die erwähnten verfassungsgesetzlichen Grundlagen für eine vorläufige Fest­nahme im Zusammenhang mit Verwaltungsstraftatbeständen darf eine solche Festnahme ausschließlich der Vorführung vor die für das Verfahren (in erster Instanz) zuständige Behörde dienen; als solche kommen nach § 26 VStG die Bezirksverwaltungsbehörden und die Bundespolizeidirektionen in Betracht. Ferner sind solche Festnahmen ausschließlich bei einem unmittelbaren Betreten “auf frischer Tat” sowie zusätzlich beim Vorliegen einer der drei im Abs. 3 genannten Voraussetzungen (unbekannte Identität, Fluchtgefahr oder Wiederholungsgefahr) zulässig. Die diesbezüglichen Formulierungen sind dem § 35 VStG über die Festnahme im Interesse der Verwaltungsstrafrechtspflege, dem § 43 HDG 1994 über die vorläufige Festnahme im militärischen Disziplinarrecht und dem § 6 SperrGG 1995 betreffend das Festnahmerecht militärischer Wachen im Zusammenhang mit militärischen Sperrgebieten weitgehend nachgebildet. Hinsichtlich der Zulässigkeit einer Festnahme wegen Wiederholungsgefahr ist aus Billig­keitsgründen die auch im Exekutivbereich (siehe § 84 Abs. 2 SPG) normierte Einschränkung vorgesehen, wonach eine solche Festnahme nur dann erlaubt ist, wenn die Wiederholungsgefahr durch das (gelindere) Mittel der Wegweisung des Betroffenen nicht beseitigt werden kann.

Die in den Abs. 4 bis 8 vorgesehenen näheren Regelungen betreffend die Umstände und Modalitäten im Zusammenhang mit einer vorläufigen Festnahme sind dem § 43 Abs. 6 bis 8 und dem § 44 HDG 1994 sowie dem § 36 Abs. 1 und 3 bzw. § 53c Abs. 2 und 4 VStG weitgehend nachgebildet. Im übrigen tragen diese Bestimmungen den verfassungsrechtlichen Geboten des Art. 1 Abs. 4 und des Art. 4 des eingangs erwähnten Bundesverfassungsgesetzes bzw. des Art. 5 Abs. 2 und 3 MRK Rechnung.

Hinsichtlich der im Abs. 5 ins Auge gefassten Höchstdauer für eine vorläufige Festnahme ist darauf hinzuweisen, dass der Art. 4 Abs. 2 und 4 dieses Bundesverfassungsgesetzes für die im Abs. 1 vor­gesehenen Fälle im Zusammenhang mit gerichtlich strafbaren Handlungen eine diesbezügliche Höchst­dauer von 48 Stunden zulässt; die Festnahmedauer in den Fällen des Abs. 2 ist nach Art. 4 Abs. 5 dieses Verfassungsgesetzes hingegen mit höchstens 24 Stunden festgelegt. Im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit einer einheitlichen Vorgangsweise bei der Gestaltung aller vorläufigen Festnahmen im militärischen Bereich wurde die erwähnte Höchstdauer von 24 Stunden für sämtliche in Rede stehenden Fälle gewählt. Damit ist den erwähnten verfassungsrechtlichen Geboten jedenfalls zur Gänze Rechnung getragen. Der ins Auge gefasste Zeitraum entspricht im übrigen auch jenem nach § 43 Abs. 6 HDG 1994 für vorläufige Festnahmen im militärischen Disziplinarrecht. Das “nächste Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes”, dem der Festgenommene bei Vorliegen der Festnahmegründe unverzüglich (also im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ohne schuldhafte Verzögerung) überstellt worden ist, wird in weiterer Folge von sich aus zu beurteilen haben, ob und inwieweit die gesetzlichen Kriterien für einen weiteren Freiheitsentzug vorliegen. Dabei werden im Falle des Abs. 1 in erster Linie die jeweils relevanten strafprozessualen Regelungen, im Falle des Abs. 2 jene nach dem Verwaltungsstrafgesetz 1991 heranzu­ziehen sein.

Hinsichtlich der im Abs. 7 geplanten Durchsuchungsermächtigung ist im verfassungsrechtlichen Zusam­menhang darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof die Gepäcks- und Personendurchsuchung eines Festgenommenen als eine im Begriff der Festnahme bereits inkludierte Befugnis erachtet (siehe Erkenntnis vom 7. März 1994, B 115/93, VfSlg 13708). Zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten und Zweifelsfragen in der Praxis sowie unter Bedachtnahme auf Art. 18 Abs. 1 B-VG erscheint eine aus­drückliche diesbezügliche Regelung demnach als zweckmäßig.

Allfällige Verfahren zur nachträglichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer vorläufigen Festnahme werden nach Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG (bzw. § 54 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes) uneingeschränkt möglich sein; vgl. hiezu die Erläuterungen zu den §§ 53 bis 56.

Zu § 12 (Durchsuchen von Personen):

Den militärischen Organen im Wachdienst soll ein der diesbezüglichen Ermächtigung im Exekutivbereich (vgl. § 40 SPG) weitgehend vergleichbares Recht zur Durchsuchung von Personen eingeräumt werden. Diese Befugnis soll daher zunächst nur in einem engen Zusammenhang mit gerichtlich strafbaren Handlungen mit militärischer Relevanz in Betracht kommen und überdies auf jene Fälle beschränkt werden, in denen zusätzlich auch das Vorhandensein eines Gegenstandes angenommen werden muss, der eine Gefahr für militärrelevante Rechtsgüter darstellt. Auf Grund der inhaltlichen Konnexität entsprechen die diesbezüglichen Formulierungen weitgehend jenen betreffend bestimmte Voraussetzungen für eine Kontrolle von Personen. Aus diesem Grund ist auch ins Auge gefasst, die gegenständliche Befug­nisausübung in zeitlicher Hinsicht eng an das zugrunde liegende Ereignis zu binden (vgl. § 8 des vorliegenden Entwurfes sowie die diesbezüglichen Erläuterungen). Im Interesse einer effizienten Wahrnehmung des militärischen Wachdienstes soll als logische Ergänzung der diesbezüglichen Ermäch­tigung zur Personenkontrolle auch eine Durchsuchungsbefugnis im Zusammenhang mit militärischen Bereichen eingeräumt werden. Diese Befugnis soll aus rechtsstaatlichen Erwägungen auf zwingend erforderliche Fälle beschränkt werden; bei der Beurteilung der “Unerlässlichkeit” wird ein strenger Maßstab anzulegen sein. Eine derartige Regelung erscheint insbesondere deshalb nicht unbillig, als der Betroffene aus freien Stücken einen militärischen Bereich betritt oder verlässt. Aus Gründen der Rechtsklarheit soll auf die zusätzlich bestehende Durchsuchungsbefugnis betreffend jene Personen, die nach dem vorliegenden Entwurf vorläufig festgenommen worden sind, ausdrücklich hingewiesen werden. Die im Abs. 4 beabsichtigte Regelung soll in besonderer Weise dem verfassungsrechtlich verankerten Grundrecht eines Verbotes unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nach Art. 3 MRK Rechnung tragen.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Befugnis der Art. 8 MRK betreffend das Gebot der Achtung des Privat- und Familienlebens zu beachten. Der gegenständliche (einfachgesetzliche) Eingriff in dieses Grundrecht ist im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK “in einer demokratischen Gesellschaft für die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen bzw. für die nationale Sicherheit notwendig” und somit verfassungsrechtlich zulässig. Der Verfassungsgerichtshof vertritt im übrigen in ständiger Judikatur (zB VfSlg 2861, 7298, 8815, 9384, 10 378 und 12 792) die Auffassung, dass die Durchsuchung einer Person durch staatliche Organe nicht als Eingriff in die persönliche Freiheit zu werten ist; die diesbezüglich vorgesehenen verfassungsrechtlichen Regelungen können daher hinsichtlich der gegenständlichen Befugnis außer Betracht bleiben.

Zu § 13 (Betreten von Grundstücken, Räumen und Fahrzeugen):

Nach § 39 SPG in der Fassung der SPG‑ Novelle 1999, BGBl. I Nr. 146, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter bestimmten Voraussetzungen zum Betreten und Durchsuchen von Grundstücken und Räumen sowie Luft-, Land- und Wasserfahrzeugen ermächtigt. Die (bloßen) Betretungsrechte sind dabei im wesentlichen für Zwecke der unmittelbaren sicherheitspolizeilichen Gefahrenabwehr vorge­sehen; Durchsuchungsbefugnisse sind für diese Fälle nicht normiert. Hinsichtlich der Unterscheidung der beiden Begriffe “Betreten” und “Durchsuchen” vertritt der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechts­sprechung (zB VfSlg 6328, 6528, 6736, 8645, 8928, 9525, 9766) die Auffassung, dass das Wesen einer (Haus)durchsuchung im Suchen nach einer Person oder einem Gegenstand liegt, von denen es unbekannt ist, wo sie sich befinden; eine solche Durchsuchung liege schon dann vor, wenn wenigstens ein bestimmtes Objekt (zB eine Tasche) durch ein behördliches Organ “systematisch besichtigt” wird. Das bloße Betreten von Räumlichkeiten stellt jedoch keine Hausdurchsuchung dar.

Auf verfassungsrechtlicher Ebene sind im gegenständlichen Zusammenhang das Gesetz zum Schutze des Hausrechtes, RGBl. 88/1862, sowie der Art. 8 MRK von Bedeutung. Nach dem erstgenannten Gesetz ist eine Hausdurchsuchung – über die Strafrechtspflege hinaus – im Bereich der Verwaltung lediglich für Zwecke der polizeilichen und finanziellen Aufsicht zulässig. Art. 8 MRK räumt jedermann einen An­spruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens sowie seiner Wohnung ein; in dieses Grundrecht darf der einfache Gesetzgeber unter verschiedenen Voraussetzungen eingreifen, etwa sofern dies “in einer demokratischen Gesellschaft für die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen bzw. für die nationale Sicherheit notwendig ist.” Aus diesen verfassungsgesetzlichen Grund­lagen ergibt sich zusammengefasst, dass eine Ermächtigung zur Hausdurchsuchung im Sinne der vorerwähnten Judikatur für Zwecke der militärischen Landesverteidigung aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht unproblematisch wäre; die Lehre versteht nämlich unter der “polizeilichen Aufsicht” überwiegend lediglich sicherheitspolizeiliche Aspekte. Im Gegensatz dazu können (bloße) Betretungsrechte jedenfalls auch für militärische Organe unter Bedachtnahme auf die diesbezüglichen Schranken des Art. 8 MRK zum Zwecke der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung vorgesehen werden. Den militärischen Organen sollen daher im vorliegenden Entwurf verschiedene, den erwähnten Ermächti­gungen im Sicherheitspolizeibereich entsprechende Betretungsbefugnisse eingeräumt werden. Diese Befugnisse sollen wie bei Exekutivorganen der Gefahrenabwehr in militärisch unmittelbar relevanten Fällen dienen. Aus rechtsstaatlichen Erwägungen sollen sämtliche Ermächtigungen nur bei Gefahr in Verzug ausgeübt werden dürfen.

Der eingangs erwähnten Ermächtigung für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes entsprechend soll auch im Bereich der militärischen Landesverteidigung mit den in Rede stehenden Betretungsrechten eine Befugnis zum Öffnen jener Behältnisse (Koffer, Schränke, usw.) verbunden werden, die sich in den zu betretenden Objekten befinden. Überdies soll im Hinblick auf die spezielle Bedeutung des gegen­ständlichen Grundrechtseingriffes auch im vorliegenden Entwurf die besondere Beachtung des Ver­hältnismäßigkeitsgrundsatzes ausdrücklich verankert werden. Dies bedeutet zB, dass die militärischen Organe im Wachdienst die betretenen Objekte unverzüglich nach Beendigung der Gefahrenabwehr zu verlassen haben.

Zu § 14 (Sicherstellen von Sachen):

Den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist in mehreren Rechtsvorschriften das Recht zu einer (vorläufigen) Sicherstellung von Sachen eingeräumt; in diesem Zusammenhang sind insbesondere § 42 SPG betreffend eine Sicherstellung im Bereich der Sicherheitspolizei, aber auch § 143 StPO für Zwecke der Strafrechtspflege und § 39 Abs. 2 VStG über Beschlagnahmen von mit der Strafe des Verfalles bedrohten Gegenständen zu nennen. Derartige Sicherstellungen erweisen sich nämlich in vielen Fällen als die maßvollste und mit den geringfügigsten Dauerfolgen in die Rechte der Betroffenen eingreifende staatliche Zwangsmaßnahme. Aus diesem Grund soll auch den militärischen Organen im Wachdienst unter bestimmten militärspezifischen Voraussetzungen ein derartiges Sicherstellungsrecht eingeräumt werden. Mit dieser ausdrücklichen gesetzlichen Normierung wird auch den diesbezüglichen verfassungs­rechtlichen Vorgaben im Art. 5 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger bzw. im Art. 1 des 1. Zusatzprotokolles zur MRK entsprochen, die im wesentlichen jeweils eine ent­sprechende gesetzliche Regelung verlangen.

Im Abs. 1 sind die für eine Sicherstellung erforderlichen Voraussetzungen in alternativer Form aufgelistet. Die Tatbestände nach den Z 1 und 2 tragen der im vorliegenden Entwurf mehrfach relevanten Notwendigkeit eines effizienten unmittelbaren Selbst- bzw. Eigenschutzes des Heeres Rechnung. Die Fälle eines unmittelbaren Zusammenhanges mit militärrelevanten Delikten entsprechen dabei inhaltlich weitgehend dem § 42 Abs. 1 Z 1 SPG. Die bloße Verteilung militärkritischen Schrifttums wird für sich alleine mangels jedweder strafrechtlicher Relevanz keinesfalls eine solche Befugnisausübung recht­fertigen. Das in der Z 2 vorgesehene Kriterium soll der sog. “Sachwehr” dienen; als diesbezügliches Beispiel ist etwa die Sicherstellung und anschließende Entfernung leicht entzündbarer bzw. feuer­gefährlicher Gegenstände aus dem Nahbereich eines Munitionslagers zu nennen. Die Voraussetzung nach Z 3 soll dem Erfordernis einer zweckentsprechenden und effizienten Sicherung einer vorläufigen Festnahme dienen und ist dem § 42 Abs. 1 Z 2 SPG nachgebildet. Das in der Z 4 vorgesehene Kriterium entspricht dem § 39 Abs. 2 VStG und soll der vorbeugenden Sicherung der nach dem Sperrgebietsgesetz 1995 mit der Verwaltungsstrafe des Verfalles bedrohten Gegenstände dienen; als derartige Sachen kommen unbefugt hergestellte Fotografien, Filme und zeichnerische Darstellungen sowie die hiefür jeweils benutzten Geräte in Betracht. Die Voraussetzung nach Z 5 soll der im vorliegenden Entwurf mehrfach relevanten wirksamen Durchführung eines Einsatzes des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung dienen.

Eine der Beschlagnahme nach § 143 StPO vergleichbare Ermächtigung für militärische Organe zur Sicherstellung von Sachen als Beweismittel für ein gerichtliches Strafverfahren ist im vorliegenden Entwurf nicht vorgesehen, da eine derartige Befugnis dem “Strafrechtswesen” nach Art. 10 Abs. 1 Z 6
B-VG zuzurechnen wäre und daher zum Grundgedanken einer Beschränkung der militärischen Befug­nisausübung auf den unmittelbaren militärischen Selbstschutz in Widerspruch stünde.

Der Abs. 2 soll die weitere Behandlung der von militärischen Organen im Wachdienst sichergestellten Gegenstände regeln. Diese sollen dabei dem Betroffenen unverzüglich nach Wegfall des Sicher­stellungsgrundes auszufolgen sein. Im übrigen werden diese Sachen der “jeweils zuständigen Behörde” zu übergeben sein; als derartige Behörden sind im wesentlichen die zur weiteren Verfolgung bzw. Ahndung des im Zusammenhang mit der Sicherstellung jeweils relevanten Deliktes (im gerichtlichen Strafrecht bzw. im Verwaltungsstrafrecht) berufenen Sicherheits-, Gerichts- oder Verwaltungsstrafbehörden anzu­sehen. Darüber hinausgehende Regelungen über die weitere Behandlung der sichergestellten Sachen, etwa betreffend einen allfälligen Verfall, sind im vorliegenden Entwurf nicht erforderlich, da diese Gegen­stände jeweils nur für eine kurze Frist im militärischen Zuständigkeitsbereich verbleiben und in weiterer Folge zurückgestellt oder anderen Behörden übergeben werden.

Zu § 15 (Verarbeitung von Daten):

Im Rahmen des militärischen Wachdienstes ist unter Umständen auch eine Verarbeitung (personen­bezogener) Daten erforderlich. Im Hinblick auf die dem Datenschutzrecht innewohnende rechtspolitische Bestrebung nach Schaffung bereichsspezifischer, dem Art. 18 Abs. 1 B-VG Rechnung tragenden gesetzlichen Regelungen für Datenverwendungen im öffentlichen Bereich, soll mit der vorliegenden Bestimmung eine ausdrückliche diesbezügliche Norm geschaffen werden. Die Definition des “Ver­arbeitens von Daten” ergibt sich aus § 4 Z 9 DSG 2000; darunter ist also das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Aufbewahren, Ordnen, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Vervielfältigen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Überlassen, Sperren, Löschen, Vernichten oder jede andere Art der Handhabung von Daten einer Datenanwendung durch den Auftraggeber oder Dienstleister mit Ausnahme des Übermittelns von Daten zu verstehen. Die zugrunde liegenden Daten begründen im Hinblick auf ihre Unverzichtbarkeit für die Gewährleistung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres “wichtige öffentliche Interessen” im Sinne des § 1 Abs. 2 bzw. § 9 Z 3 DSG 2000.

Zu den §§ 16 und 17 (Unmittelbare Zwangsgewalt, Mittel zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt):

Der im Sicherheitspolizeigesetz vorgesehenen Regelungstechnik entsprechend sind auch im vorliegenden Gesetzentwurf im Anschluss an die verschiedenen Befugnisse im militärischen Wachdienst die ent­sprechenden Maßnahmen zur konkreten Ausübung und Durchsetzung dieser Befugnisse zusammen­gefasst. Dabei wird ebenso wie hinsichtlich der Exekutivorgane davon ausgegangen, dass auch die militärischen Organe grundsätzlich zur unmittelbaren Durchsetzung der ihnen im gegenständlichen Gesetzentwurf eingeräumten Befugnisse berechtigt sind. Ausdrückliche Ausnahmen von diesem Grund­satz sind etwa im § 7 betreffend das Auskunftsverlangen vorgesehen. Als logische Konsequenz der beabsichtigten Ausweitung der Anwendbarkeit unmittelbarer Zwangsbefugnisse auf alle in einem Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung stehenden militärischen Organe ist vorgesehen, sämtliche ihnen während solcher Einsätze zukommende Befugnisse grundsätzlich mit unmittelbarer Zwangsgewalt konkret durchsetzen zu dürfen. Zur Vermeidung von Unklarheiten und Zweifelsfragen soll diesbezüglich jedoch ausdrücklich verankert werden, dass diese Ermächtigung zur zwangsweisen Durchsetzung von Befugnissen auch im Einsatz nicht für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr in Betracht kommt. Dies bedeutet, dass weder das (nachrichtendienstliche) Auskunfts­verlangen noch die Ermächtigungen zur Datenverwendung mit unmittelbarem Zwang umgesetzt werden dürfen. Im übrigen ist auch im § 38 Abs. 6 des Entwurfes hinsichtlich der Inanspruchnahme von Leis­tungen ein ausdrückliches Verbot der Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt ins Auge gefasst.

Die beabsichtigten Regelungen über die grundsätzliche Ankündigung der beabsichtigten Ausübung von Zwangsgewalt gegen Personen und über die Zulässigkeit der Gewaltausübung gegen Sachen entsprechen materiell dem § 50 Abs. 2 und 4 SPG. Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Ausbildung der militärischen Organe für eine allfällige Durchsetzung von Befugnissen mit unmittelbarer Zwangsgewalt siehe § 3 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes sowie die diesbezüglichen Erläuterungen.

Im Interesse der Rechtssicherheit sowie zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten in der Praxis sollen im § 17 die für eine Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt durch militärische Organe in Betracht kom­menden Mittel ausdrücklich aufgelistet werden. Eine vergleichbare Aufzählung ist auch im § 10 des (deutschen) Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen (UZwGBw), BGBl. I S 796, enthalten. Als “körperliche Gewalt” (Z 1) wird dabei jeder direkte Einsatz von Körperkraft sowohl gegen Personen (zB durch gewaltsames Wegführen eines Festgenommenen) als auch gegen Sachen (zB das Eintreten einer verschlossenen Türe) anzusehen sein. Als “Hilfsmittel der körperlichen Gewalt” (Z 2) werden solche Sachen in Betracht kommen, die von militärischen Organen anstelle oder zur Unterstützung der unmittelbaren körperlichen Gewalt eingesetzt werden; die diesbezüglichen Beispiele sind demonstrativer Natur. Hinsichtlich der zur militärischen Befugnisausübung vorgesehenen “Waffen” (Z 3) folgt der vorliegende Gesetzentwurf nicht der Regelungstechnik des Waffengebrauchsgesetzes 1969, in dessen § 3 die Dienstwaffen im Exekutivbereich taxativ aufgeführt sind. Im militärischen Befugnisrecht sollen dem Waffenbegriff vielmehr alle “Waffen im technischen Sinn” unterliegen. Damit stimmt dieser Waffenbegriff mit der im § 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, normierten Legaldefinition überein; nach dieser Bestimmung sind Waffen nämlich “Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind,

1.  die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder

2.  bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden.”

Im militärischen Bereich werden dabei insbesondere alle Arten von Schusswaffen, aber auch Stichwaffen, Reizstoffe und Explosivmittel relevant sein. Als zusätzliche Voraussetzung für eine “Waffe” im Sinne des gegenständlichen Entwurfes ist ihre dienstliche Zulassung ins Auge gefasst. Dieses Kriterium wird dann erfüllt sein, wenn eine Waffe von der hiefür auf Grund interner Organisations- und Dienstvorschriften jeweils zuständigen Dienststelle für bestimmte dienstliche Verwendungen vorgesehen wird. Es kann sich dabei allenfalls auch um private Waffen handeln, sofern diese im Dienst zulässigerweise verwendet werden dürfen. “Sonstige Waffen und Mittel, deren Wirkung der einer Waffe gleichkommt”, nach Z 4 dürfen nur dann zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt herangezogen werden, wenn eine geeignet erscheinende Waffe nach Z 3 im Augenblick der Befugnisausübung nicht zur Verfügung steht. Die Beurteilung der Eignung einer allenfalls vorhandenen Waffe als Mittel zur konkreten Befugnisausübung kann dabei wie im Exekutivbereich nur vom einschreitenden militärischen Organ nach seiner subjektiven Anschauung und Erfahrung vorgenommen werden. Als sonstige Waffe wird zB die Waffe eines Angreifers in Betracht kommen, deren sich das militärische Organ bemächtigt, weil dieses Organ seine eigene, dienstlich zugelassene Waffe in einem Kampf verloren hat. Es wäre dabei widersinnig, wenn in einem solchen Fall ein an sich zulässiger Waffengebrauch lediglich deshalb unterbleiben müsste, weil die Waffe, über die das Organ nunmehr verfügt, keine “dienstlich zugelassene” ist. Überdies wäre auch denkbar, dass ein militärisches Organ, dem keine andere Wahl mehr bleibt und dem auch keine dienstlich zugelassene Waffe zur Verfügung steht, andere Gegenstände (zB einen Holzprügel oder einen Stein) wie eine Waffe verwenden muss. Eine vergleichbare Regelung ist im § 9 des Waffengebrauchsgesetzes 1969 für den Exekutivbereich vorgesehen.

Zu § 18 (Waffengebrauch):

Im Zusammenspiel der einzelnen Mittel zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt durch staatliche Organe kommt dem Gebrauch von Waffen zentrale Bedeutung zu. In der österreichischen Rechtsordnung bestehen daher bereits seit längerer Zeit verschiedene (bundes- und landes)gesetzliche Regelungen über die näheren Modalitäten eines derartigen Waffengebrauches. Für den der militärischen Befugnisausübung in diesem Zusammenhang am ehesten vergleichbaren Bereich des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind diese Regelungen im Waffengebrauchsgesetz 1969 zusammengefasst. Dieses Gesetz geht in erster Linie davon aus, dem Staatsbürger Schutz gegen einen ungerechtfertigten Waffengebrauch zu bieten. Es stellt jedoch andererseits auch sicher, dass den Exekutivorganen die erforderlichen Mittel zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben an die Hand gegeben werden und dass diesen Organen der notwendige Schutz bei der Ausübung ihres Dienstes gewährleistet wird. Im Interesse des Schutzes der Bevölkerung sind dabei weitgehende Kautelen für den Einsatz von Waffen durch Sicherheitsorgane vorgesehen. Diesem Schutz­gedanken soll jedoch insbesondere auch dadurch Rechnung getragen werden, dass dem Organ, das gegebenenfalls von der Waffe Gebrauch machen muss, nicht nur eine klare und einprägsame, sondern auch eine praktikable gesetzliche Grundlage hiefür geboten wird, sodass das Organ seine Entscheidungen auch im Augenblick der Gefahr und unter dem Zwang der Ereignisse richtig treffen kann; vgl. hiezu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Waffengebrauchsgesetzes 1969, 497 BlgNR, XI. GP.

Mit den gegenständlichen Regelungen soll nunmehr auch im militärischen Bereich ein einheitlicher Normenkomplex betreffend die Fälle eines zulässigen Waffengebrauches durch militärische Organe in rechtmäßiger Wahrnehmung von Aufgaben des Wachdienstes geschaffen werden. Diese Regelungen sollen an die Stelle der derzeit geltenden, den Erfordernissen eines modernen Rechtsstaates nur unzu­länglich Rechnung tragenden gesetzlichen Bestimmungen über den Waffengebrauch durch militärische Wachen treten; vgl. hiezu die Ausführungen in den Z 1 und 10 lit. b des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Die ins Auge gefassten neuen Bestimmungen sind sowohl in ihrer rechtspolitischen Grundkonzeption als auch hinsichtlich ihrer grundlegenden inhaltlichen Gestaltung weitgehend den diesbezüglichen Vorschriften des Waffengebrauchsgesetzes 1969 für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nachgebildet, freilich unter Bedachtnahme auf spezifische Besonderheiten im mili­tärischen Befugnisbereich. Damit soll künftig auch allen militärischen Organen im Wachdienst eine leicht fassbare und praktikable gesetzliche Grundlage für den Waffeneinsatz gegeben werden; auf diese Weise können für diese Organe sowohl die notwendigen Zwangsmittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben als auch die diesbezüglich gebotene rechtliche Sicherstellung gewährleistet werden.

Zur Vermeidung allfälliger Zweifelsfragen in der Praxis soll im Abs. 1 ausdrücklich klargestellt werden, dass der “Waffengebrauch” im Sinne des vorliegenden Entwurfes über die Verwendung dienstlich zuge­lassener Waffen hinaus auch den Einsatz sonstiger Waffen und einer Dienstwaffe gleichkommender Mittel sowie den scharfen Einsatz eines Diensthundes gegen Personen umfasst. Diese materielle Gleich­stellung des Gebrauches sonstiger Waffen und Mittel sowie des Diensthundes mit der unmittelbaren Verwendung von Dienstwaffen ist auch für den polizeilichen Bereich in den §§ 9 und 10 des Waffen­gebrauchsgesetzes 1969 normiert. Unter einem “scharfen Einsatz eines Diensthundes gegen Personen” wird dabei einerseits das Gewährenlassen selbständiger Abwehrreaktionen des diesbezüglich abge­richteten und maulkorblosen Diensthundes gegen eine den Hundeführer angreifende Person zu verstehen sein, andererseits aber und in erster Linie der Einsatz des Diensthundes ohne Maulkorb gegen Menschen auf ein besonderes optisches oder akustisches Zeichen des Hundeführers.

Im Abs. 2 sind jene Fälle taxativ aufgelistet, in denen ein Waffengebrauch für Zwecke des Wach- und Sicherungsdienstes zulässig ist. Diese Bestimmungen stellen wie im Polizeibereich ausdrücklich bloße Ermächtigungsnormen für die Verwendung von Waffen dar. Eine absolut zwingende gesetzliche Ver­pflichtung militärischer Organe zum Waffengebrauch soll damit selbst für jene Fälle, in denen alle diesbezüglichen Voraussetzungen vorliegen, nicht geschaffen werden, sodass dem einschreitenden Organ die notwendige Handlungsfreiheit zur Beurteilung der Frage einer Waffenverwendung oder eines allfälligen Verzichtes auf eine solche Verwendung gewährleistet wird. Darüber hinaus soll durch den Hinweis auf die “erkennbaren Umstände” ausdrücklich klargestellt werden, dass die Beurteilung der Kriterien für einen militärischen Waffengebrauch, ebenso wie bei den Exekutivorganen, in jedem Fall nur ex ante vom einschreitenden Organ unter Berücksichtigung der zum relevanten Zeitpunkt konkret herrschenden Umstände erfolgen kann.

Die Waffengebrauchsermächtigung nach Abs. 2 Z 1 stellt die Sanktionierung eines auf die Verhinderung rechtlich zulässiger Maßnahmen nach dem vorliegenden Entwurf gerichteten Verhaltens dar, etwa die Widersetzlichkeit gegen eine Wegweisung oder die Erzwingung einer vorläufigen Festnahme. Unter Bedachtnahme auf die Regelung des § 16 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes wird jedoch ein Waffen­gebrauch in jenen Fällen nicht zulässig sein, in denen eine militärische Befugnis nicht mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchgesetzt werden darf. Hinsichtlich der Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme ist das gegenständliche Kriterium bereits derzeit für den Schusswaffengebrauch militärischer Wachen normiert. Die darin verwendeten Legalbegriffe “feindesgefährlicher Ort” bzw. “gefährlicher Verbrecher” führten dabei in der Praxis laufend zu erheblichen Unklarheiten und Zweifelsfragen; sie sind daher im vorliegenden Entwurf aus Gründen der Rechtsklarheit nicht mehr vorgesehen. Der in Rede stehende Tatbestand entspricht dem § 2 Z 2 und 3 des Waffengebrauchsgesetzes 1969.

Zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten soll im Abs. 2 Z 2 ausdrücklich geregelt werden, dass auch die Verhinderung des Entweichens einer rechtmäßig festgehaltenen Person zum Waffengebrauch ermächtigt. Darunter werden insbesondere die nach den Vorschriften dieses Entwurfes vorläufig Festgenommenen zu verstehen sein. Diese Bestimmung entspricht dem § 2 Z 4 des Waffengebrauchsgesetzes 1969.

Im Abs. 2 Z 3 ist schließlich die Zulässigkeit des Waffengebrauches in den Fällen der sog. “Sachwehr” ins Auge gefasst. Damit soll die Rechtmäßigkeit derartiger Zwangsakte zur Abwehr einer von einer Sache drohenden Gefahr ausdrücklich gesetzlich verankert werden. Eine vergleichbare Regelung ist im § 2 Z 5 des Waffengebrauchsgesetzes 1969 vorgesehen.

Die in den Abs. 3 und 4 vorgesehenen zusätzlichen Voraussetzungen für einen Waffengebrauch durch militärische Organe im Wachdienst sollen in besonderer Weise den Charakter dieses Zwangsmittels als “ultima ratio” unterstreichen. Diese Regelungen entsprechen inhaltlich zur Gänze den §§ 4 bis 6 des Waffengebrauchsgesetzes 1969 und werden daher in vergleichbarer Weise wie im Exekutivbereich auszulegen bzw. anzuwenden sein. Auch beim militärischen Waffengebrauch wird demnach die Auswahl der heranzuziehenden Waffe dem einschreitenden Organ nach seiner subjektiven Beurteilung der kon­kreten Umstände des Anlassfalles obliegen. Ebenso wird der militärische Waffengebrauch gegen Per­sonen nur dann in Betracht kommen, wenn ein Waffengebrauch gegen Sachen bereits erfolglos versucht wurde oder ein solcher Waffengebrauch von vornherein keinen Erfolg verspricht. Überdies darf die Absicht eines Waffengebrauches gegen Personen nicht primär auf die Herbeiführung von Schmerzen oder eines Tötungserfolges zielgerichtet sein. Vergleichbare Kautelen für den Waffeneinsatz durch militärische Organe sind auch in der deutschen Rechtslage nach § 16 UZwGBw, allerdings beschränkt auf den Schusswaffengebrauch, vorgesehen.

Die im vorliegenden Entwurf beabsichtigten Regelungen über den militärischen Waffengebrauch durch Organe im Wachdienst sind im Hinblick auf die weitgehende Vergleichbarkeit der militärischen mit der polizeilichen Befugnisausübung den diesbezüglichen Bestimmungen für die Exekutivorgane im wesentlichen nachgebildet. Diese Vergleichbarkeit wird jedoch im militärischen Bereich nur bei sog. “friedensmäßigen” Verhältnissen vorliegen. Im Falle eines Einsatzes des Bundesheeres nach § 2 Abs. 1 lit. a. WG zur militärischen Landesverteidigung würden die ins Auge gefassten Beschrän­kungen der Zulässigkeit eines militärischen Waffengebrauches zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung des Heeres im Einsatz bedeuten. Zur Vermeidung allfälliger Zweifelsfragen und Unklarheiten soll daher im Abs. 5 unter grundsätzlicher Relevanz der in den Abs. 2 bis 4 beabsichtigten Kautelen eine erweiterte Waffengebrauchsermächtigung im Einsatzfall vorgesehen werden. Diese all­gemeine Ermächtigung soll jedoch aus rechtspolitischen Erwägungen ausschließlich auf die Erfüllung des militärischen Einsatzzweckes sowie auf den jeweiligen Einsatzraum begrenzt werden. Mit dieser Regelung soll den militärischen Organen das bedeutsamste Zwangsmittel zur Bewältigung der Anfor­derungen in einem unmittelbaren Anlassfall der umfassenden Landesverteidigung (Krisen-, Neutralitäts-, Verteidigungsfall) unter erleichterten Umständen eingeräumt werden.

Zu § 19 (Lebensgefährdender Waffengebrauch):

Der Frage, ob und inwieweit ein “lebensgefährdender Waffengebrauch” zulässig ist, kommt im Bereich des rechtmäßigen dienstlichen Waffeneinsatzes staatlicher Organe zentrale Bedeutung zu. Diese Frage wurde daher speziell im Rahmen der Vorbereitung des Waffengebrauchsgesetzes 1969 für den Exekutiv­bereich ausführlich erörtert. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieses Gesetzes wurde dabei zunächst auf die diesbezügliche Relevanz des im Verfassungsrang stehenden Art. 2 MRK hingewiesen; diese Bestimmung lautet:

“(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteiles, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbe­dingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

           a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzu­stellen;

          b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

           c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.”

In weiterer Folge führen die genannten Erläuterungen folgendes aus:

“Aus dieser Formulierung (der MRK) ergibt sich eine gewisse Auslegungsschwierigkeit, weil einerseits im Abs. 1 die ,absichtliche‘ Tötung untersagt wird, während nach Abs. 2 die Verletzung dieses Artikels dann nicht vorliegt, wenn sich die Tötung aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ,ergibt‘, also offenbar auch ,unabsichtlich ergibt‘.

Da sich die Tötung eines Menschen theoretisch aus jeder, auch der geringsten Gewaltanwendung im Einzelfall durch das Zusammentreffen verschiedener unglücklicher Umstände ergeben kann, wäre damit jedwede polizeiliche Zwangsbefugnis in Frage gestellt. Solches kann aber nicht beabsichtigt sein. Art. 2 Abs. 2 MRK soll und kann daher nur eine Schranke für solche Gewaltanwendungen bilden, bei denen eine Gefährdung des Menschenlebens typisch ist.

Dies ist zB beim Schusswaffengebrauch der Fall. Da sich bei einem Schusswaffengebrauch die Tötung eines Menschen, auch unbeabsichtigt, ohne weiteres ergeben kann, wurde diese schärfste Form des Waffengebrauches im Waffengebrauchsgesetz ganz rigorosen Einschränkungen unterworfen, die noch viel weiter gehen, als es die MRK verlangt.

Das Waffengebrauchsgesetz sieht den Schusswaffengebrauch als typisch lebensgefährdend an. Es können aber auch andere Waffen und Mittel, die zwar nicht typisch lebensgefährlich sind, auf eine solche Art gebraucht werden, ,womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist‘ (vgl. § 84 Abs. 2 Z 1 StGB). Für solche Fälle müssen daher die gleichen Anwendungsbeschränkungen und Formvorschriften wie für den Schusswaffengebrauch gelten.”

Die hinsichtlich des Entwurfes des Waffengebrauchsgesetzes 1969 herangezogene Interpretation der MRK ist allerdings nicht unbestritten. So wird in der Bundesrepublik Deutschland der Schusswaffen­gebrauch gegen Personen nach § 15 UZwGBw ua. auch dann für zulässig erklärt, wenn dies erforderlich ist, um Straftaten gegen Sachgüter der Bundeswehr zu verhindern. In der Literatur wird dies als in Einklang mit der MRK stehend angesehen. So wird im Kommentar von JESS-MANN zu diesem Gesetz ausgeführt, dass der Gesetzgeber durch die Wendung “Zweck des Schusswaffengebrauchs darf nur sein, angriffs- oder fluchtunfähig zu machen” den final auf den Tod des Opfers gerichteten Willen (direkter Vorsatz) sowie den Fall ausschließen wollte, in dem das Wachorgan mit dem sicheren Bewusstsein handelt, sein Verhalten werde den Tod des Angreifers als notwendige Nebenfolge herbeiführen (indirekter Vorsatz). Hält der Handelnde jedoch den Tod des Betroffenen nur für möglich und handelt er trotzdem, weil er diesen Erfolg nach Sachlage in Kauf nehmen muss, so bewege er sich immer noch im gesetzlichen Rahmen, wenn seine Hauptabsicht nur weiterhin die Angriffs- oder Fluchtunfähigkeit des Betroffenen sei. Der durch § 16 leg. cit. gebilligte Vorsatz stehe daher im Einklang mit der MRK, die in ihrem Art. 2 nur die absichtliche Tötung eines Menschen grundsätzlich verbietet.

Auch in der Abhandlung von LERCHE zum Thema “Gezielt tödlicher Schuss” (in der Festschrift für F.A.v.d. HEYDTE, “Um Recht und Freiheit”, Bd. 2, S 1033 ff) wird die Auffassung vertreten, dass eine Auslegung des Begriffes “Verteidigung eines Menschen” in Art. 2 Abs. 2 MRK dahingehend, dass darunter nur die Verteidigung eines Menschenlebens zu verstehen sei, zu eng wäre:

“Jene Meinung, die erklärt, dass die MRK der Zulassung des Schusses auch gegenüber bloßer ,Leibes­gefahr‘ entgegenstehe, übersieht vor allem eines: Sie übersieht, dass der Begriff ,Verteidigung eines Men­schen‘ in Art. 2 MRK nicht nur gelesen werden darf im Sinne von ,Verteidigung eines Menschenlebens‘. Zur ,Verteidigung eines Menschen‘ zählt die Verteidigung sämtlicher relevanter Rechtsgüter eines Menschen, zumindest aber auch die Verteidigung von Leib und Freiheit des Menschen. Es ist nicht der geringste Grund ersichtlich, ohne irgendeinen Anhaltspunkt im Text der MRK die zu verteidigenden Rechtsgüter des Menschen nur auf das Rechtsgut des Lebens zu beschränken. Man wird wohl nicht nur an die (darüber hinaus gehende) ,körperliche Existenz‘ des Menschen denken müssen, wenn von rechtswidriger Gewalt gegenüber einem ,Menschen‘ die Rede ist; soll etwa sein höchstes (und vom Staate ,zu schützendes‘) Gut, die Menschenwürde, hier ausgespart sein? Verteidigungsfähig sind alle wesent­lichen Rechtsgüter des Menschen.

Diese Auslegung erfährt durch die Texte der (völkerrechtlich maßgeblichen) englischen und fran­zösischen Fassung eine gewisse Unterstützung, ebenso durch die Systematik der Vorschrift sowie durch entstehungsgeschichtliche Erwägungen und vermag vor allem auf Folgendes hinzuweisen: In demselben Art. 2 MRK erhellt aus einer anderen Teilbestimmung, nämlich aus Art. 2 Abs. 2 lit. b, dass die gezielte Tötung sogar schon dann hingenommen wird, wenn sie unbedingt erforderlich ist, ,um eine ordnungs­gemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern‘. Wie reimt sich diese Bestimmung mit der Gegenmeinung zusammen, wonach im übrigen nur im Falle der Lebensbedrohung der tödliche Schuss eingesetzt werden dürfe? Es wäre höchst seltsam, wenn nach der MRK – nur um sie geht es hier – der Schuss zwar abgegeben werden darf, um die Flucht einer festgenommenen Person zu verhindern, nicht aber dann, wenn er das einzige Mittel darstellt, um zB schwere Züchtigungen oä. einer Frau zu verhindern (unter der Voraussetzung, dass eine ernsthafte Lebensgefahr ausscheidet) oder dann, wenn es um die Rettung großer, unersätzlicher Sachwerte des Einzelnen gegenüber einem gewalttätigen Angriff geht.”

Ungeachtet dieser in einer vergleichbaren Rechtsordnung herrschenden Auffassung betreffend den Art. 2 MRK soll im vorliegendem Gesetzentwurf die Zulässigkeit des lebensgefährdenden Waffengebrauches durch militärische Organe im Wachdienst speziell im Hinblick auf die weitgehende inhaltliche Ver­gleichbarkeit des Waffeneinsatzes im militärischen mit jenem im polizeilichen Bereich grundsätzlich möglichst eng an die diesbezüglichen Ermächtigungen für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes angeglichen werden. Der im Abs. 1 vorgesehene diesbezügliche Tatbestand entspricht daher materiell dem § 7 Z 1 des Waffengebrauchsgesetzes 1969. Auf eine Übernahme der im § 7 Z 2 bis 4 leg. cit. normierten Tatbestände (Unterdrückung eines Aufstandes oder Aufruhrs, Erzwingung der Festnahme oder Verhinderung des Entkommens einer Person, Waffengebrauch gegen einen Geisteskranken) wird dabei insbesondere aus kompetenzrechtlichen Erwägungen verzichtet. Die allfällige Zulässigkeit eines lebensgefährdenden Waffengebrauches durch Soldaten in einem sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz etwa zur Unterdrückung eines Aufstandes oder Aufruhrs unmittelbar auf Grund des § 7 des Waffen­gebrauchsgesetzes 1969 bleibt hievon unberührt; vgl. hiezu die Ausführungen in Z 7 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Die im vorliegenden Entwurf beabsichtigten Voraussetzungen für einen lebensgefährdenden militärischen Waffengebrauch finden ihre verfassungsrechtliche Deckung im Art. 2 Abs. 2 lit. a und b MRK.

Zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten soll durch die Einleitung des Abs. 1 (“Über die Voraussetzungen der §§ 16 bis 18 hinaus”) ausdrücklich klargestellt werden, dass ein lebensgefährdender Waffengebrauch gegen Personen durch militärische Organe im Wachdienst über die speziellen, im gegenständlichen Paragraphen normierten Voraussetzungen hinaus jedenfalls überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn zusätzlich die Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbarer Zwangsgewalt (§§ 16 und 17) sowie für den Waffengebrauch (§ 18) vorliegen. Darüber hinaus werden auch im gegenständlichen Zusammenhang jedenfalls die allgemeinen Konditionen für jegliche militärische Befugnisausübung (§§ 3 bis 5 des vor­liegenden Entwurfes), insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, uneingeschränkt zu beachten sein.

Der im § 7 Z 1 des Waffengebrauchsgesetzes 1969 verwendete Begriff der “gerechten Notwehr zur Verteidigung eines Menschen” wurde im vorliegenden Entwurf hinsichtlich des Tatbestandes nach Abs. 1 durch die prägnantere Umschreibung “zur notwendigen Verteidigung gegen einen unmittelbar drohenden oder gegenwärtigen schwerwiegenden rechtswidrigen Angriff auf Leben oder Gesundheit oder körper­liche Unversehrtheit oder Freiheit einer Person” (vgl. hiezu § 3 Abs. 1 erster Satz StGB) ersetzt. Diese Umformulierung erscheint insbesondere im Hinblick auf die in der Rechtsliteratur der Bundesrepublik Deutschland herrschende Ansicht zweckmäßig, dass die Notwehrbestimmungen des Strafrechts und des bürgerlichen Rechts keine taugliche Grundlage für das Selbstverteidigungsrecht des Staates bilden können. Nach dieser Auffassung übt nämlich ein staatliches Vollzugsorgan, das Angriffe auf ein von ihm zu schützendes Gut auf Grund eines ihm erteilten dienstlichen Auftrages abzuwehren hat, keine Notwehr im strafrechtlichen Sinn aus, sondern erfüllt vielmehr eine Dienstpflicht, die in einer rechtsstaatlichen Ordnung einer besonderen gesetzlichen Grundlage bedarf. Eine Ausnahme von dieser Notwendigkeit wäre nur dann möglich, wenn die Beachtung der für das hoheitliche Handeln geltenden gesetzlichen Schranken zu einer Gefährdung von Leib und Leben des einschreitenden Organes selbst führen würde und wenn Rettung nur auf der Grundlage des strafrechtlichen Notwehrrechtes möglich wäre; in diesem Fall würde das militärische Organ “persönliche Notwehr” üben und wäre hiedurch gerechtfertigt, auch wenn es dadurch die Schranken des hoheitlichen Waffengebrauchsrechts zu überschreiten gezwungen wäre; vgl. hiezu auch die Ausführungen in Z 5 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Ein lebensgefährdender Waffengebrauch militärischer Organe im Wachdienst allein zum Zwecke der Vermögensverteidigung wird daher ebenso wie im Exekutivbereich im Rahmen der Ausübung militärischer Befugnisse nach dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zulässig sein.

Die in den Abs. 2 und 3 vorgesehenen zusätzlichen Kautelen für einen lebensgefährdenden Waffen­gebrauch militärischer Organe entsprechen inhaltlich zur Gänze dem § 8 Abs. 1 und 2 des Waffen­gebrauchsgesetzes 1969. Auch im militärischen Bereich wird daher zwischen der Androhung und eventuellen Ausführung des lebensgefährdenden Waffengebrauches nur ein möglichst kurzer Zeitraum liegen dürfen, sodass auf die Missachtung der Androhung die Ausführung prompt folgen kann. Damit soll vermieden werden, dass ein von einem Waffengebrauch Betroffener etwa einwenden kann, er wäre sich der Androhung des Waffengebrauches oder der Konsequenzen einer diesbezüglichen Nichtbeachtung nicht bewusst gewesen. Die Androhung des Waffengebrauches wird auf die nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles geeignetste Weise zu erfolgen haben; dabei wird jedenfalls zu gewährleisten sein, dass auch Personen im Hintergrund einer Menschenmenge diese Androhung wahrnehmen können. Als “Menschenmenge” wird dabei wie im Exekutivbereich die Zusammenrottung einer unbestimmten Anzahl von Menschen zu verstehen sein, die ausdrücklich oder stillschweigend darin übereinstimmen, sich An­ordnungen militärischer Organe zu widersetzen und die sich entsprechend verhalten. Die Wiederholung der Anordnung gegenüber der Menschenmenge soll insbesondere auch Unbeteiligten Zeit bieten, sich aus dem Gefahrenbereich eines möglichen nachfolgenden Waffengebrauches zu entfernen. Mehrere Warn­schüsse werden dem Erfordernis einer wiederholten Androhung ebenso entsprechen wie eine einmalige mündliche Androhung, der ein Warnschuss folgt.

Im Gegensatz zum “Warnschuss” wird ein “Alarmschuss” (im Sinne des § 24 Abs. 5 ADV) den Rege­lungen des vorliegenden Gesetzentwurfes über den Waffengebrauch militärischer Organe überhaupt nicht unterliegen, weil mit diesem bloß Signalzwecken dienenden Schuss keinerlei Ausübung militärischer Zwangsbefugnisse verbunden ist.

Die nach Abs. 3 notwendige Beurteilung der “voraussichtlichen” Gefährdung Unbeteiligter sowie der “Unvermeidbarkeit” eines Waffengebrauches im Interesse der Abwehr von Gefahren für militärrelevante Personen werden vom einschreitenden militärischen Organ ex ante nach den jeweils konkret vorliegenden Umständen des Anlassfalles zu beurteilen sein.

Der im Abs. 4 vorgesehene Wegfall der Notwendigkeit einer Androhung des lebensgefährdenden Waffen­gebrauches und des Ausschlusses eines Waffengebrauches bei einer Gefährdung Unbeteiligter entspricht im wesentlichen dem § 8 Abs. 3 des Waffengebrauchsgesetzes 1969.

Das (deutsche) Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen sieht in den §§ 16 Abs. 2 sowie 17 verschiedene, den in den Abs. 2 bis 4 des vorliegenden Entwurfes vorgesehenen Regelungen weitgehend vergleichbare Schutzbestimmungen hinsichtlich des Schusswaffengebrauches sowie diesbezügliche Ausnahmeermächtigungen vor.

Für den Einsatz soll im Abs. 5 auch für den lebensgefährdenden Waffengebrauch eine Sondernorm vorgesehen werden. In einem Einsatz wird insbesondere auch mit direkten Angriffen gegen Sachgüter des Bundesheeres (durch Sabotageakte, subversive Tätigkeiten uä.) zu rechnen sein, gegen die ein lebensgefährdender Waffengebrauch überhaupt unzulässig wäre. Ebenso sind in einem militärischen Einsatz eine ausdrückliche vorherige Ankündigung eines solchen Waffengebrauches sowie ein völliger Verzicht auf dieses Zwangsmittel bei einer möglichen Gefährdung Unbeteiligter in der Praxis nicht möglich. Dies trifft im speziellen auch auf den sog. “verdeckten Kampf” im Sinne des Landesver­teidigungsplanes zu, also auf die Unterstützung inländischer Störergruppen im Krisen- oder Neutrali­tätsfall durch eine auswärtige Macht, die kriegsvölkerrechtlich (noch) nicht mit diesen Gruppen identi­fiziert werden will. Im Hinblick auf die aufgezeigten außergewöhnlichen Verhältnisse im Rahmen eines Einsatzes zur militärischen Landesverteidigung soll der lebensgefährdende militärische Waffengebrauch zulässig sein, sofern dieser Waffengebrauch zur Erfüllung des Einsatzzweckes “unerlässlich” ist. Die Prüfung dieses Kriteriums wird den eingesetzten militärischen Organen nach Maßgabe der konkreten Umstände obliegen. Diese Prüfung kann allerdings nicht dazu führen, dass dabei zeitaufwendige Abwä­gungen vorzunehmen sind, wie dies im nachhinein ohne weiteres möglich ist. Eine allfällige Nach­prüfung, ob dieses Erfordernis für den Waffengebrauch im Einsatz vorgelegen ist, wird sich daher auf eine ex ante – Beurteilung unter spezieller Berücksichtigung des in einem Einsatz im Regelfall herr­schenden Zeitdruckes einzustellen haben. Die grundlegenden Bestimmungen betreffend sämtliche Befugnisse im militärischen Bereich (§§ 3 bis 5 des vorliegenden Entwurfes), insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, werden bei der in Rede stehenden Befugnisausübung von den einschreitenden Organen allerdings in jedem Fall zu beachten sein; ebenso werden auch bei einem lebensgefährdenden Waffengebrauch im Einsatz ohne Vorliegen des genannten Kriteriums die diesbezüglichen Schutzbestimmungen des § 19 Abs. 1 bis 3 uneingeschränkt anzuwenden sein. Zur Vermeidung eines überschießenden militärischen Waffengebrauches im Einsatz sollen die in Rede stehenden Erleichterungen ausschließlich innerhalb des (im Verordnungsweg behördlich festgelegten) Einsatzraumes zum Tragen kommen; außerhalb dieses Raumes werden sämtliche Kautelen für den Waffengebrauch militärischer Organe auch während eines Einsatzes uneingeschränkt relevant sein. Eine vergleichbare Regelungstechnik ist auch im § 36 des vorliegenden Entwurfes betreffend eine unmittelbare Inanspruchnahme von Leistungsgegenständen beabsichtigt.

Hinsichtlich der Vereinbarkeit der geplanten Ausnahmeregelung für den militärischen Einsatz mit der MRK ist darauf hinzuweisen, dass in der juristischen Lehre der Bundesrepublik Deutschland eine mögliche Unvereinbarkeit einer derartigen Regelung speziell mit dem Art. 2 MRK nicht gesehen wird; vgl. hiezu auch die ausführlich dargestellte Rechtsmeinung LERCHEs. Im übrigen sieht die MRK selbst im Art. 15 eine befristete Suspension der in dieser Konvention normierten Grundrechte ua. “im Falle eines Krieges” vor; auch das Recht auf Leben nach Art. 2 MRK darf dabei für jene “Todesfälle, die auf rechtmäßige Kriegshandlungen zurückzuführen sind”, außer Kraft gesetzt werden. Im Lichte der Judikatur der Straßburger Menschenrechtsbehörden (zB Fall LAWLESS, GH 3, Z 47, Jb IV, 484) und der diesbezüglich herrschenden Lehrmeinungen (zB GURAZDE, “Die Europäische Menschenrechts­konvention”, S 199; FROWEIN/PEUKERT, “Europäische Menschenrechtskonvention”, S 335; KITZ, “Die Notstandsklausel des Art. 15 der Europäischen Menschenrechtskonvention”, S 88) ist davon auszugehen, dass der in diesem Zusammenhang erforderlichen Notifizierung beim Generalsekretär des Europarates keine konstitutive Wirkung zukommt. Diese Benachrichtigung wird demnach auch nach­träglich in Betracht kommen. Als “rechtmäßige Kriegshandlungen” im Sinne des Art. 15 Abs. 2 MRK werden dabei speziell im Lichte der neueren Völkerrechtslehre betreffend die Definition eines Krieges sowie der herrschenden Lehre betreffend die MRK (zB KITZ, “Die Notstandsklausel des Art. 15 der Europäischen Menschenrechtskonvention”, S 58; ERMACORA, “Grundriss der Menschenrechte in Österreich”, S 52; FROWEIN/PEUKERT, “Europäische Menschenrechtskonvention”, S 333) sämtliche legitimen Kampfhandlungen in allen Einsatzfällen nach der Verteidigungsdoktrin – das sind der Krisen-, Neutralitäts- und Verteidigungsfall – anzusehen sein. Die in Rede stehenden Ausnahmeregelungen betreffend den militärischen Waffengebrauch in einem Einsatz zur militärischen Landesverteidigung werden in erster Linie für jene Einsatzfälle von unmittelbarer Bedeutung sein, die sich nicht eindeutig als “kriegerische Akte” im Sinne des Kriegsvölkerrechtes qualifizieren lassen. In diesen Fällen ist nämlich ein Waffengebrauch durch Angehörige der Streitkräfte im Rahmen der Kriegsnotwendigkeiten bereits unmittelbar auf Grund der diversen kriegsvölkerrechtlichen Vorschriften (sowohl im Vertrags- als auch im Gewohnheitsrecht) zulässig; hinsichtlich des Vorranges der völkerrechtlichen Normen siehe die diesbezüglichen Ausführungen in Z 8 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen.

Zum 2. Hauptstück (Militärische Nachrichtendienste – §§ 20 bis 25):

Zu § 20 (Nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr):

Die Verteidigungsdoktrin nennt “die ständige Beobachtung der militärischen Lage” als eine bereits im Frieden vorzubereitende Maßnahme für eine rasche und effiziente militärische Reaktion in einem Anlassfall (Krisen-, Neutralitäts- und Verteidigungsfall) der umfassenden Landesverteidigung. Dieser politischen Zielvorgabe entsprechend soll nunmehr im Interesse der Rechtssicherheit die nachrichten­dienstliche Aufklärung als eine spezifische Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung aus­drücklich gesetzlich verankert werden. Dabei soll die Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen (im umfassenden Wortsinn) über das Ausland oder bi- oder multilaterale Einrichtungen als allgemeine Zielsetzung der in Rede stehenden Teilaufgabe umschrieben werden. Dabei ist davon auszugehen, dass der in der Verteidigungsdoktrin erwähnten Zielvorgabe entsprechend alle diese Aufgaben nach Maßgabe der jeweiligen konkreten Bedarfsprofile “ständig” – also unabhängig vom Vorliegen eines der drei Anlassfälle der umfassenden Landesverteidigung – zu erfüllen sein werden. Im Hinblick auf den außenorientierten Charakter der nachrichtendienstlichen Aufklärung werden im Rahmen dieser Teilaufgabe zunächst in allgemeiner Form Informationen über “militärische und damit im Zusammenhang stehende sonstige Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben” zu gewinnen sein; als derartige “sonstige” Informationsobjekte werden, auch im Lichte der langjährigen praktischen Erfahrungen, in erster Linie solche sicherheitspolitischen Charakters anzusehen sein. Diese Informationssammlung wird sowohl auf offenen (zB Auswertung ausländischer Medien, Berichte der Militärattachés) als auch auf geheimen Quellen (durch Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel) beruhen. Die als Objekt dieser Sammlungen in Betracht kommenden “Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben” werden umfassend sämtliche militärrelevanten Informationen im weiteren Sinn einschließen, etwa die Beurteilung der militär­strategischen Lage im engeren Sinn oder die internationale Krisenbeobachtung. In weiterer Folge werden die im Rahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung gewonnenen Informationen auch zu bearbeiten, darzustellen und auszuwerten sein; darunter sind insbesondere deren systematische Zusammenfassung sowie Analysierung mit dem Ziel der Erstellung detaillierter Grundlagen für eine umfassende Lage­beurteilung zu verstehen. Auf Grund der ins Auge gefassten Formulierungen sowie aus dem Gesamt­zusammenhang ergibt sich jedenfalls, dass durch die Wahrnehmung der nachrichtendienstlichen Auf­klärung die Aufgaben der “Sicherheitspolizei” im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG bzw. § 3 SPG in keiner Weise tangiert werden können.

Eine den vorgesehenen Regelungen vergleichbare ausdrückliche gesetzliche Umschreibung der in Rede stehenden Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung ist in der Schweiz im Art. 99 des am 1. Jänner 1996 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung (Militär­gesetz, MG), BBl. 1995 I 666, enthalten. Als Aufgaben des (militärischen) “Nachrichtendienstes” sind dabei die Beschaffung, Auswertung und Verbreitung sicherheitspolitisch bedeutsamer Informationen über das Ausland genannt; im übrigen werden verschiedene datenschutzrechtliche Belange der Tätigkeit des Nachrichtendienstes geregelt.

Die Schaffung ausdrücklicher gesetzlicher Grundlagen für die (meist präventive) militärische Abwehr stellt in allen demokratischen Rechtsstaaten eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung dar, speziell im Hinblick auf den konkreten Inhalt und Umfang dieser im wesentlichen den Notwendigkeiten eines wirksamen Selbst- bzw. Eigenschutzes der Streitkräfte und anderer Einrichtungen mit militärischer Rele­vanz Rechnung tragenden Angelegenheit. Insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland wurden zu dieser Thematik langjährige Diskussionen sowohl auf rechtsdogmatischer als auch innenpolitischer Ebene geführt. Mit dem am 30. Dezember 1990 in Kraft getretenen Gesetz über den Militärischen Abschirm­dienst (MAD-Gesetz – MADG), BGBl. I S 2977, ist nunmehr bereits seit einiger Zeit eine derartige ausdrückliche Rechtsgrundlage vorgesehen. Dabei sind im Rahmen der Normierung der Aufgaben des Militärischen Abschirmdienstes ausdrücklich die Sammlung und Auswertung von Informationen über staats- bzw. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten, die Beurteilung der Sicherheits­lage sowie die Mitwirkung bei Sicherheitsüberprüfungen und ‑maßnahmen genannt, jeweils streng beschränkt auf Veranlassungen mit direktem militärischen Bezug. Darüber hinaus werden insbesondere zahlreiche datenschutzrechtliche Aspekte der Tätigkeit der in Rede stehenden Organisationseinheit (etwa Datenerhebung, -verarbeitung, -speicherung und -nutzung sowie -übermittlung) ausdrücklich geregelt. In der Schweiz ist im Art. 100 des Militärgesetzes ebenfalls eine formelle Rechtsgrundlage für den “Dienst für militärische Sicherheit” vorgesehen. Unter den Aufgaben dieses Bereiches sind dabei ua. der Schutz militärischer Objekte und Informationen, Maßnahmen zur präventiven Sicherung der Armee vor Spio­nage, Sabotage und anderen rechtswidrigen Handlungen sowie die diesbezügliche Nachrichtenbeschaf­fung angeführt. Darüber hinaus sind auch entsprechende datenschutzrechtliche Regelungen enthalten.

In Österreich stehen die grundsätzliche Notwendigkeit und Zulässigkeit einer militärischen Abwehr mit nachrichtendienstlichen Mitteln als Teil der “militärischen Landesverteidigung” nach Art. 79 Abs. 1
B-VG dem Grunde nach weitgehend außer Streit. So betonen etwa die Volksanwaltschaft und insbe­sondere die Datenschutzkommission in ständiger Spruchpraxis ausdrücklich, dass die (umfassende und recht­zeitige) Gewährleistung der militärischen Sicherheit speziell zum Schutz der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres gegen Spionage (Ausspähung, Verrat) und andere subversive Tätigkeiten zu dieser Teil­aufgabe gehören. Insbesondere die Datenschutzkommission hatte sich in zahlreichen Verfahren mit der Frage der Zulässigkeit einer Datenermittlung durch militärische Organe für diese Zwecke zu beschäftigen; dabei stand insbesondere die Subsumierbarkeit dieser Tätigkeiten unter die verfassungsgesetzlich veran­kerten Aufgaben des Bundesheeres zur Prüfung. In den entsprechenden Entscheidungen wurden wesent­liche Aussagen über den Umfang dieses Aufgabenbereiches gemacht, die auch bei der Erstellung des gegenständlichen Entwurfes von zentraler Bedeutung waren. Als Kernaussage ist dabei anzusehen, dass “die Aufgaben des Abwehramtes auch den Schutz der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres und die Abwehr von subversiven Tätigkeiten umfassen”. Ausgehend von dieser Maxime wurden diverse konkrete Anlassfälle als dieser Aufgabe zuordenbar bewertet. So fällt darunter etwa “die Auswertung von Zeitschriften, insbesondere das Ermitteln von Autoren, die sich kritisch bzw. teilweise negativ mit dem Bundesheer auseinandersetzen”, aber auch die Verschaffung der Kenntnis, ob ein für die “Realisierung besonders schutzwürdiger militärischer Projekte” wirtschaftlich potentiell geeignetes Unternehmen “grundsätzlich befähigt ist, auch einen angemessenen Sicherheitsstandard zu bieten”. Weiters gehören zu der in Rede stehenden Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung auch “sowohl die Beobachtung von einzelnen Aktivitäten als auch die Beobachtung von (politischen) Gruppierungen, die sich unter anderem gegen die militärische Landesverteidigung richten bzw. dieser kritisch gegenüber stehen.” Als derartige Aktivitäten gegen die militärische Landesverteidigung wurden etwa “ein Aufruf zum Einkaufsboykott in einem Einkaufszentrum, weil in den Räumlichkeiten dieses Zentrums eine Veran­staltung des österreichischen Bundesheeres durchgeführt wurde” sowie “Störaktionen anlässlich einer Veranstaltung des österreichischen Bundesheeres (wie zB die Angelobungsfeier am Rathausplatz in Wien)” bewertet. Ferner ermöglicht die militärische Abwehr auch “die Beobachtung von Gruppierungen, deren Aktivitäten geeignet sind, die demokratischen Freiheiten der Einwohner und die Ordnung und Sicherheit im Inneren zu bedrohen”, sowie “die Beobachtung eines Personenkreises, in den Gruppie­rungen (sogenannte ,Anarchos‘) involviert sind, die teilweise auch vor Gewalteinsätzen nicht zurück­schrecken”. Schließlich dient auch “die Kenntnis über (ehemalige) ausländische Staatsbürger, die ihren Präsenzdienst bzw. Milizdienst im österreichischen Bundesheer leisten oder geleistet haben, der vorbeugenden Hintanhaltung von Gefährdungen der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres” und kann somit unter die in Rede stehende militärische Teilaufgabe subsumiert werden. Die im vorliegenden Entwurf nunmehr ins Auge gefasste gesetzliche Umschreibung der “nachrichtendienstlichen Abwehr” geht über diesen von der ständigen Judikatur entwickelten zulässigen Rahmen der militärischen Abwehr in keiner Weise hinaus. Vielmehr wird lediglich beabsichtigt, die derzeit ausschließlich unmittelbar auf Art. 79 Abs. 1 B-VG gestützten Maßnahmen zur Wahrnehmung dieser Obliegenheiten auf einfach­gesetzlicher Ebene näher zu konkretisieren.

Im Interesse der Rechtssicherheit sollen die in Rede stehenden Angelegenheiten nunmehr auch im Abs. 2 des vorliegenden Entwurfes unter dem Terminus “nachrichtendienstliche Abwehr” ausdrücklich als spezielle, jederzeit nach Maßgabe der konkreten Bedürfnisse zu erfüllende Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung gesetzlich verankert werden. Als zentrale Aspekte dieser Aufgabe sind dabei ent­sprechend den international üblichen Regelungsinhalten und Diktionen die Gewinnung von Informationen (im umfassenden Wortsinn) über potentielle Bedrohungen der “militärischen Sicherheit” im Sinne des § 4 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes sowie die Aufarbeitung und konzeptive Auswertung dieser Informationen genannt. Zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten und Zweifelsfragen ist dabei auch ins Auge gefasst, dass die in Rede stehenden Veranlassungen ausdrücklich den im vorliegenden Entwurf mehrfach relevanten Grundgedanken des militärischen Eigenschutzes der Streitkräfte durch eigene Organe im Sinne des § 2 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes zu dienen haben; vgl. hiezu auch die Ausführung in Z 5 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Damit soll insbesondere eine Vorsorge gegen die im Landesverteidigungsplan ausdrücklich genannten Bedrohungsformen unterhalb eines konventionellen Krieges (sog. “subkonventionelle Ebene”) ermöglicht werden, deren Eintritt jederzeit auch im “relativen Frieden” denkbar ist. Als konkrete Bedrohungen der militärischen Landesverteidigung kommen in diesem Zusammenhang sowohl Gewaltdelikte gegen militärisch relevante Personen und Sachen (Mord, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Wehrmittelsabotage) als auch strafbare Handlungen ohne Gewaltanwendung (zB Verrat, Preisgabe und Ausspähung von Staatsgeheimnissen, geheimer bzw. militärischer Nachrichtendienst, Ansammeln von Kampfmitteln, Preisgabe militärischer Geheimnisse) in Betracht. Als abstrakte Obliegenheiten der nachrichtendienstlichen Abwehr ist – in ähnlicher Weise wie bei der Aufklärung – die entsprechende Informationsbeschaffung, -bearbeitung und -auswertung vor­gesehen. Diese Umschreibung ist in der Diktion weitgehend den vorerwähnten Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland (§ 1 MADG) nachgebildet. Im Rahmen der “Auswertung” der gewonnenen Erkenntnisse werden auch vorbeugende Planungsmaßnahmen betreffend den Schutz und die Sicherung der relevanten Rechtsgüter in Betracht kommen. Als Beispiele sind etwa die Beratung und Unterstützung militärischer Organe in Sicherheitsagenden oder konzeptive Festlegungen betreffend die Verwendung baulicher und technischer Sicherungen bei militärischen Objekten und Liegenschaften oder den Einsatz des Militärstreifendienstes zu nennen. Im Hinblick auf den weitgehend vorbeugenden Charakter erscheint eine Beschränkung auf vorsätzliche (strafrechtswidrige) Angriffe angebracht; eine Vorbeugung gegen Fahrlässigkeitsdelikte mit nachrichtendienstlichen Mitteln kommt nämlich in der Praxis wohl nicht in Betracht. Im übrigen ergibt sich auf Grund der geplanten Formulierung hinsichtlich der relevanten Delikte, dass diese auf eine bewusste Schädigung militärischer Interessen in einem nicht völlig unbe­deutenden Ausmaß ausgerichtet sein müssen. Daher wird etwa eine allfällige Sachbeschädigung am Baumbestand einer militärischen Liegenschaft für sich allein kein Tätigwerden der nachrichten­dienstlichen Abwehr begründen können. Aus dem Gesamtzusammenhang der relevanten Normen ergibt sich, dass das Vorliegen allfälliger die militärischen Interessen beeinträchtigender “Bestrebungen und Tätigkeiten” – in ähnlicher Weise wie die vorbeugende Komponente des (gesamten) militärischen Eigenschutzes sowie der vorbeugende Schutz bestimmter Rechtsgüter nach § 22 Abs. 1 SPG – unter Zugrundelegung eines abstrakten Maßstabes “ex ante” zu beurteilen sein wird.

Im Abs. 3 ist in abstrakter Form die Umschreibung des Kreises jener militärischen Dienststellen und Organe beabsichtigt, auf die die Wahrnehmung von Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr ausschließlich beschränkt bleiben soll. Hinsichtlich der “Heeresorganisation” ist dabei darauf hinzuweisen, dass nach § 14 Abs. 1 WG die Bestimmung deren grundsätzlicher Angelegenheiten der Bundesregierung nach Anhörung des Landesverteidigungsrates obliegt; im übrigen ist hiezu der Bundesminister für Landesverteidigung berufen. Die in Rede stehenden Dienststellen werden daher den jeweiligen Ministerratsbeschlüssen betreffend die sog. “Heeresgliederung” bzw. den darauf beruhenden verwaltungsinternen Anordnungen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung zu entnehmen sein. Derzeit obliegt die Wahrnehmung der in Rede stehenden Teilaufgaben der militärischen Landesverteidigung im wesentlichen zwei in direkter Unterordnung unter den Bundesminister für Landesverteidigung eingerichteten Ämtern (Heeresnachrichtenamt bzw. Abwehramt) sowie den auf sämtlichen militärischen Führungsebenen bis zum “Truppenkörper” im Sinne des § 2 Z 8 ADV im Rahmen der militärischen Stabsorganisation bestehenden sog. “G 2” bzw. “S 2”-Dienst. Als “militärische Organe” werden im gegenständlichen Zusammenhang nur jene Angehörigen des Bundesheeres und der Heeresverwaltung in Betracht kommen, die direkt in den erwähnten Dienststellen auf Grund eines mili­tärischen Organisationsplanes tätig oder diesen Dienststellen im Wege einer sog. “Truppengliederung” oder “-einteilung” dauernd oder temporär fachlich unterstellt sind.

Hinsichtlich der mit Wirkung vom 1. Mai 1993 verfassungsrechtlich verankerten umfassenden parlamen­tarischen Kontrolle der nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr durch einen ständigen Unter­ausschuss des Landesverteidigungsausschusses des Nationalrates siehe die Z 9 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen.

Zu § 21 (Auskunftsverlangen):

Den mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr betrauten militärischen Organen und Dienststellen soll in gleicher Weise wie den Organen im Wachdienst die Befugnis zur Befragung von Personen eingeräumt werden; vgl. hiezu § 7 des vorliegenden Entwurfes sowie die diesbezüglichen Erläuterungen. Im Gegensatz zum Auskunftsverlangen beim Wachdienst soll im Bereich der militärischen Nachrichtendienste der grundsätzlich erforderliche Hinweis auf die Freiwilligkeit der Mitwirkung entfallen können, wenn wegen wiederholter Kontakte kein Zweifel hierüber besteht. Aus dem selben Grund soll auch – im Fall gleichzeitiger Ermittlung von Daten – ein Hinweis auf den amtlichen Charakter entfallen können. Eine solche Regelung erscheint deshalb zweckmäßig, da bei den in Rede stehenden militärischen Teilaufgaben eine wiederholte Kontaktnahme militärischer Organe und Dienststellen mit einer Auskunftsperson durchaus nicht selten vorkommen wird. Im Hinblick auf den Umstand, dass keine im vorliegenden Gesetzentwurf normierte Befugnis für die Erfüllung von Aufgaben der nachrichten­dienstlichen Aufklärung oder Abwehr mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchgesetzt werden darf, ist im Hinblick auf die Richtlinie 1 der Legistischen Richtlinien 1990 über die sprachliche Sparsamkeit von Rechtsvorschriften ein ausdrücklicher diesbezüglicher Hinweis nicht erforderlich.

Zu § 22 (Verarbeitung von Daten):

Im Abs. 1 soll in gleicher Weise wie für den Wachdienst (siehe § 15) ausdrücklich normiert werden, dass militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben Daten verarbeiten dürfen. Die Definition des “Verarbeitens von Daten” ergibt sich aus § 4 Z 9 DSG 2000. Die zugrunde liegenden Daten begründen im Hinblick auf ihre Unverzichtbarkeit für die Gewährleistung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres “wichtige öffentliche Interessen” im Sinne des § 1 Abs. 2 bzw. § 9 Z 3 DSG 2000.

Die im Abs. 2 vorgesehenen Auskunftsverpflichtungen öffentlicher Institutionen sind den diesbezüglichen Regelungen im § 53 Abs. 3 SPG für den Exekutivbereich bzw. im § 26 StPO für die Strafrechtspflege weitgehend nachgebildet. Im Zusammenhang mit der in gleicher Weise wie im Sicherheitspolizeigesetz ins Auge gefassten Auskunftspflicht öffentlicher Einrichtungen ist hinsichtlich allfälliger Auskünfte aus der Zentralen Informationssammlung nach § 57 SPG darauf hinzuweisen, dass die Einschränkung der Übermittlungsbefugnis im § 57 Abs. 3 letzter Satz SPG lediglich direkte Auskünfte aus dem Informationssystem selbst (speziell im Wege von “On-line”-Verbindungen) betrifft. “Mittelbare” Aus­künfte über entsprechende Daten durch die Sicherheitsbehörden an militärische Dienststellen werden daher auch künftig auf der Grundlage des § 56 Abs. 1 Z 5 SPG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 des vorliegenden Entwurfes zulässig bleiben. Mit dieser Regelung soll im übrigen wie im Sicherheits­polizeibereich die Verpflichtung der auskunftsverpflichteten Institutionen zur Amtsverschwiegenheit aufgehoben und diese Auskunftsverpflichtung auf die genannten Identitätsdaten und den ausdrücklichen Anfragegegenstand beschränkt werden. Als Beispiele für “sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Verschwiegenheit”, die von der in Rede stehenden Auskunftspflicht unberührt bleiben, sind etwa die spezifischen Verschwiegenheitspflichten der Rechtsanwälte nach § 9 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868, der Ärzte nach § 26 des Ärztegesetzes 1984, BGBl. Nr. 373, oder der Psychotherapeuten und ihrer Hilfspersonen nach § 15 des Psychotherapiegesetzes, BGBl. Nr. 361/1990, zu nennen.

Das Ermitteln personenbezogener Daten durch Observation soll nach Abs. 3 lediglich dann erlaubt sein, wenn eine der taxativ gefassten Voraussetzungen der Z 1 bis 3 vorliegt. Zur Vermeidung von Unklar­heiten und Zweifelsfragen soll in der Z 1 im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität eines mili­tärischen Einschreitens gegenüber einem Tätigwerden von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Abwehr vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter (vgl. § 2 Abs. 2 des vorliegenden Entwurfes sowie die diesbezüglichen Erläuterungen) ausdrücklich vorgesehen werden, dass dieser Grundsatz auch bei der Observation uneingeschränkt zum Tragen kommen wird. Hinsichtlich der Datenermittlung durch “Beobachten” ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Maßnahme ein bewusstes, systematisches Tätigwerden staatlicher Organe mit dem ausdrücklichen Ziel einer Eruierung spezifischer personenbezogener Daten verlangt. Im Falle bloß zufälliger Beobachtungen oder einer (durchaus auch gezielten) Erhebung nicht-personenbezogener Daten wird daher keine “Observation” im gegenständlichen Sinne vorliegen.

Im Abs. 4 soll den in Rede stehenden militärischen Organen und Dienststellen, ebenso wie den Sicher­heitsbehörden nach § 54 Abs. 3 SPG, beim Vorliegen bestimmter für die militärische Landesverteidigung besonders gefährlicher Tatbestandsvoraussetzungen (Z 1 bis 3) das Recht zur sog. “verdeckten Ermit­tlung” eingeräumt werden. Darunter ist das Ermitteln personenbezogener Daten durch das Einholen von Auskünften ohne Hinweis auf den amtlichen Charakter der Ermittlung und die Freiwilligkeit der Mit­wirkung zu verstehen. Auch die verdeckte Ermittlung soll im Fall der Z 1 unter dem Grundsatz der Sub­sidiarität eines militärischen Einschreitens im Sinne des § 2 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes stehen.

Nach Abs. 5 soll die Ermittlung personenbezogener Daten durch den Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten ebenfalls ausschließlich auf die in den Z 1 bis 3 taxativ angeführten Fälle beschränkt sein. Auch hier soll in der Z 1 der Grundsatz der Subsidiarität normiert werden. Der Einsatz von Bild- und Tonübertragungsgeräten ist, sofern im Anschluss an die Übertragung keine Aufzeichnung erfolgt, immer dann erlaubt, wenn die Ermittlung personenbezogener Daten zulässig ist. Es handelt sich hiebei nämlich lediglich um ein Hilfsmittel direkter Überwachung. Unter den Voraussetzungen des Abs. 4 dürfen im Rahmen der verdeckten Ermittlung auch Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte eingesetzt und die auf diesem Wege ermittelten Daten aufgezeichnet werden. Die Anwendbarkeit des verfassungsrechtlich verankerten Fernmeldegeheimnisses (Art. 10a des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. Nr. 142/1867) soll jedoch uneingeschränkt aufrecht bleiben. Bei jeglichem Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten wird besonders darauf zu achten sein, dass Eingriffe in die Privatsphäre der Betroffenen die Verhältnismäßigkeit zum Anlass wahren. Dabei wird insbesondere darauf Bedacht zu nehmen sein, dass der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Eingriffen in die Rechte unbeteiligter Dritter steht, und zu prüfen sein, ob nicht auch mit weniger eingreifenden Maßnahmen begründete Aussicht auf den angestrebten Erfolg besteht.

Die im Justizbereich mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 neu eingeführte “optische und akustische Über­wachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel” (sog. “Lauschangriff”; § 149d ff StPO) wird im Bereich der militärischen Landesverteidigung – ebenso wie der “automatische Datenabgleich” (sog. “Rasterfahndung”; § 149i ff StPO) – in keiner Weise zur Verfügung stehen. Nach Abs. 6 soll nämlich eine Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten jedenfalls unzulässig sein, wenn sie im Inland in die “Privatsphäre” von Personen eingreift. Eine vergleichbare, dem § 120 Abs. 1 StGB über den Missbrauch von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten weitgehend entsprechende Regelung war als Änderung des § 54 Abs. 4 SPG in nahezu wortgleicher Form in der Regierungsvorlage einer Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz vom März 1999 (1708 BlgNr, XX. GP) enthalten.

Die im Abs. 7 vorgesehenen Regelungen sollen der speziellen Prävention hinsichtlich Angriffen gegen militärische Rechtsgüter dienen. Demnach sollen die in Rede stehenden Organe und Dienststellen bei einer Zusammenkunft mehrerer Personen zur Ermittlung personenbezogener Daten mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten ermächtigt werden, sofern konkrete Hinweise darauf bestehen, dass es bei diesen Zusammenkünften zu derartigen Angriffen kommen werde. Aus Billigkeitsgründen soll der Einsatz derartiger Geräte den betroffenen Personen ausdrücklich anzukündigen sein. Das durch eine solche Maßnahme rechtmäßig ermittelte (Bild- und Ton)material soll in weiterer Folge auch zur konkreten Abwehr oder Beendigung dieser Angriffe verwendet werden.

Für den Exekutivbereich wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 die sog. “Legende” im Rahmen der Normierung besonderer Ermittlungsmaßnahmen, BGBl. I Nr. 105/1997, in das Sicherheitspolizeigesetz (§ 54a) aufgenommen. Eine entsprechende Norm soll auch im vorliegenden Entwurf (Abs. 8) für verdeckte Ermittlungen im Bereich der militärischen Landesverteidigung vorgesehen werden. Auch für militärische Organe, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, stellt nämlich die Ausstattung mit Urkunden, die über die amtliche Eigenschaft und damit die Identität des Ermittlers täuschen, vielfach eine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Tätigkeit sowie für den Schutz dieser Organe darstellt. Die Befugnis zur Verwendung solcher Urkunden soll auf den unbedingt notwendigen Dienst- und Privatbereich eingeschränkt sein; der täuschende Gebrauch solcher Urkunden im (privaten) Rechtsverkehr gegenüber Dritten ohne Vorliegen eines konkreten Ermittlungs­auftrages wird daher nicht zulässig sein. Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Täuschungssicherheit sollen die entsprechenden “Falsifikate” – auf Verlangen des Bundesministers für Landesverteidigung – von den für die Ausstellung der jeweiligen Urkunden an sich zuständigen Behörden hergestellt werden. Aus kompetenzrechtlichen Erwägungen sollen von der in Rede stehenden Maßnahme nur jene Verwal­tungsmaterien betroffen sein, die bundesgesetzlich zu regeln sind; im autonomen Wirkungsbereich der Länder wird daher die Schaffung einer “Legende” nicht in Betracht kommen.

Die vorgesehenen besonderen Regelungen über Datenermittlungen im Bereich der militärischen Landes­verteidigung entsprechen, unter Bedachtnahme auf die spezifischen Besonderheiten der Aufgaben im militärischen Bereich, hinsichtlich Inhalt und Umfang weitgehend den diesbezüglichen Ermächtigungen im § 54 SPG für Ermittlungen im Sicherheitspolizeibereich.

Zu den §§ 23 und 24 (Verlässlichkeitsprüfung, Durchführung der Verlässlichkeitsprüfung):

Die im Kontext der Europäischen Integration für Österreich entstandene Notwendigkeit einer Normierung von Regelungen betreffend eine Verlässlichkeitsprüfung auch im Bereich der militärischen Landes­verteidigung ergibt sich aus den nachfolgend angeführten Normen:

1.  Durch den Beschluss der Kommission vom 30. November 1994 betreffend die Schutzmaßnahmen für die als Verschlusssachen eingestuften Informationen, die im Rahmen der Tätigkeiten der Europäischen Union ausgearbeitet oder ausgetauscht werden, C(94)3282, sichert die Kommission den als Ver­schlusssachen eingestuften Informationen, die von einem anderen Organ, einem Mitgliedsstaat oder einer internationalen Organisation stammen, den gleichen Schutz zu, den diese Stellen gewähren; dies gilt – gegebenenfalls – auch für den Austausch von Informationen, die die Titel V und VI des Vertrages über die Europäische Union betreffen (2. Erwägungsgrund). Dieses Regelungsregime folgt – in den Art. 10 bis 12 – dem Prinzip, dass der Zugang zu den als Verschlusssachen eingestuften Informationen hiezu besonders ermächtigten Personen vorbehalten bleibt und dass die Erteilung der Ermächtigung an die Durchführung einer entsprechenden Sicherheitsüberprüfung gebunden wird. Diese wird auf Verlangen der Kommission im Einvernehmen mit der zu ermächtigenden Person von dem Mitgliedstaat vorgenommen, dessen Nationalität der Betroffene besitzt (Art. 12 Z 2), wobei das Verfahren den einschlägigen Vorschriften des Mitgliedstaates folgt (Art. 12 Z 3).

2.  Der Beschluss des Rates vom 27. April 1998 über das Verfahren zur Ermächtigung der Beamten und sonstigen Bediensteten des Generalsekretariats des Rates zum Zugang zu vom Rat verwahrten Verschlusssachen, Abl. L 140/12 vom 12. Mai 1998, normiert, dass der Zugang zu den als Ver­schlusssachen eingestuften Informationen nur jenen hiezu besonders ermächtigten Personen gewährt wird, die durch die zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden sind (Art. 1). Der Beschluss tritt nach Art. 8 zweiter Satz am 12. Februar 1999 in Kraft.

Weiters hat die Bundesregierung (zufolge Punkt 13 des Beschl. Prot. 30) am 12. November 1996 die Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens zwischen Österreich und der Westeuropäischen Union initiiert, zugleich jedoch beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, dieses Abkommen durch die Erlassung von Gesetzen nach Art. 50 Abs. 2 B-VG zu erfüllen. Dies erschien zum einen deshalb tunlich, weil die Bestimmungen des Abkommens für eine unmittelbare Anwendung nicht immer ausreichend determiniert sind, zum anderen jedoch auch, weil “die bestehenden gesetzlichen Grundlagen für eine Umsetzung der sich aus den WEU-Sicherheitsbestimmungen ergebenden Kriterien für den Schutz klassifizierter Informationen in der derzeitigen Fassung nicht zureichend” erschienen. Die innerstaatliche Umsetzung dieses Abkommens wird jedenfalls Geheimschutzmaßnahmen erfordern, die über eine Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz hinausgehen. Dem damit bekundeten Erfor­dernis einer tragfähigen Regelung zur Sicherung der Geheimhaltung von Information im militärischen Bereich tragen die §§ 23 und 24 Rechnung. Im Interesse der ua. durch Maßnahmen der nachrichten­dienstlichen Abwehr zu gewährleistenden “militärischen Sicherheit” im Sinne des § 4 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes soll die Durchführung einer militärspezifischen “Verlässlichkeitsprüfung” gesetz­lich verankert werden. Durch diese Prüfung wird die Erstellung einer Prognose über die Begehung möglicher “gefährlicher Angriffe” im Sinne des § 16 Abs. 2 und 3 SPG im Rahmen einer (sicher­heitspolizeilichen) Sicherheitsüberprüfung nach den §§ 55 bis 55b SPG in der Fassung des BGBl. I Nr. 146/1999 in keiner Weise tangiert. Die gegenständliche Verlässlichkeitsüberprüfung stellt sich vielmehr ausschließlich als verwaltungspolizeiliche Maßnahme dar. Sie ist daher in ihrer Grundstruktur vergleichbaren Überprüfungen im Bereich des Verwaltungsrechtes nachgebildet, etwa der Prüfung der “Verlässlichkeit” nach § 8 des Waffengesetzes 1996 und der Prüfung der “Verkehrszuverlässigkeit” nach § 7 des Führerscheingesetzes.

Die “Verlässlichkeitsprüfung” nach § 23 besteht aus einer Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit auf der Grundlage von Daten, die Aufschluss darüber geben sollen, ob von einer Person allenfalls eine Gefahr für die militärische Sicherheit oder die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres ausgeht. Als nicht verlässlich soll eine Person jedenfalls dann gelten, wenn sie durch ein inländisches Gericht wegen bestimmter Straftaten mit militärischer Relevanz rechtskräftig verurteilt wurde. Im Interesse des Betroffenen soll jedoch eine derartige Verurteilung nach ihrer Tilgung nicht mehr ex lege das Vorliegen der Verläss­lichkeit ausschließen. Auch soll eine Person jedenfalls als nicht verlässlich gelten, wenn sie eine Verläss­lichkeitsprüfung verhindert oder verweigert oder nicht in ausreichendem Ausmaß mitwirkt. Die im § 23 Abs. 3 Z 1 genannten Fälle werden in erster Linie jene Personen umfassen, die in einer militärischen Dienststelle bzw. im Auftrag oder im Interesse einer solchen Dienststelle tätig werden oder tätig werden sollen. Eine Verlässlichkeitsprüfung soll im Abstand von jeweils drei Jahren – im Bedarfsfall auch in kürzeren Abständen – wiederholt werden dürfen.

Im § 24 soll die konkrete Durchführung einer Verlässlichkeitsprüfung geregelt werden. Sie soll hin­sichtlich Personen, die in einer militärischen Dienststelle bzw. im Auftrag oder im Interesse einer solchen Dienststelle tätig werden oder tätig werden sollen, auf Grund einer Erklärung des Betroffenen durchgeführt werden. Details über diese Erklärung soll der Bundesminister für Landesverteidigung mit Verordnung festlegen. Im Rahmen dieser Verordnung werden alle jene Daten als Teile der Verlässlich­keitserklärung taxativ aufzulisten sein, die für eine sachgerechte und zweckentsprechende Durchführung der Verlässlichkeitsprüfung erforderlich sind. In die Verlässlichkeitsprüfung sollen bereits ermittelte Daten einbezogen werden, im Bedarfsfall jedoch auch Daten, die erst zu diesem Zweck ermittelt wurden. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit soll hier besondere Bedeutung zukommen. Hinsichtlich der Auskünfte aus dem Strafregister wird durch eine entsprechende Modifizierung des § 6 des Tilgungs­gesetzes in gleicher Weise wie hinsichtlich der Sicherheitspolizei sicherzustellen sein, dass diese Auskünfte auch bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 6 Abs. 2 und 3 dieses Gesetzes über beschränkte Auskünfte in vollem Umfang erteilt werden können.

Zu § 25 (Übermittlung):

Mit der im Abs. 1 vorgesehenen Bestimmung sollen jene Voraussetzungen, unter denen eine Daten­übermittlung im Bereich der militärischen Landesverteidigung zulässig ist, näher determiniert werden. Eine vergleichbare Regelung ist im § 56 SPG für den Bereich der Sicherheitsverwaltung normiert. Darüber hinausgehende Datenübermittlungen im militärischen Bereich auf der Grundlage des § 7 DSG 2000 sind durch die ins Auge gefasste Normierung im vorliegenden Entwurf nicht ausge­schlossen. Hinsichtlich des Begriffsinhaltes der in der Z 1 genannten “anderen militärischen Dienst­stellen” vgl. § 1 Abs. 2 des vorliegenden Entwurfes sowie die diesbezüglichen Erläuterungen.

Im Hinblick auf die rechtspolitische Bedeutung einer Übermittlung personenbezogener Daten an aus­ländische Empfänger (Abs. 1 Z 3) soll diese Übermittlung nur unter genau determinierten Voraus­setzungen (Abs. 2 bis 4) zulässig sein. Als “öffentliche Dienststellen” werden dabei ausschließlich öffentliche Einrichtungen fremder Staaten und ihre Organwalter zu verstehen sein; in der Praxis werden diesbezüglich in erster Linie militärische Dienststellen relevant sein. Eine Übermittlung personen­bezogener Daten an ausländische Stellen ist etwa zur Erwirkung der Uniformtrageerlaubnis erforderlich, wenn Angehörige des österreichischen Bundesheeres im Rahmen ihrer Ausbildung einen Kurs oder Lehrgang im Ausland besuchen. Die beabsichtigten Kriterien für eine derartige Datenübermittlung entsprechen vollinhaltlich den für eine vergleichbare Datenübermittlung im Exekutivbereich normierten Schutzbestimmungen im § 8 Abs. 2 und 3 bzw. 10 Abs. 2 des Polizeikooperationsgesetzes (PolKG), BGBl. I Nr. 104/1997. Diese Bestimmungen werden daher in gleicher Weise wie im Bereich der Sicherheitspolizei zu vollziehen sein (vgl. hiezu auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des genannten Bundesgesetz, 746 BlgNR, XX. GP).

Die im Abs. 5 vorgesehene Möglichkeit eines internationalen Datenaustausches soll strikt auf jene Bereiche begrenzt werden, in denen sich internationale Verflechtungen im Bereich der militärischen Landesverteidigung ergeben. Diese Regelung ist dem § 18 des Polizeikooperationsgesetzes weitgehend nachgebildet. In rechtsdogmatischer Hinsicht dient diese Regelung der Klarstellung, dass die in Rede stehenden Übereinkommen, selbst wenn sie nicht den Anordnungen anderer Gesetze entsprechen, jedenfalls nicht gesetzesändernd sind, sofern sie nur den relevanten Bestimmungen im vorliegenden Gesetz Rechnung tragen.

Im Abs. 6 ist im Hinblick auf die besondere Sensibilität einer Datenübermittlung an ausländische Stellen eine diesbezügliche jährliche Berichtspflicht des Bundesministers für Landesverteidigung an den Rechtsschutzbeauftragten vorgesehen; damit soll insbesondere auch eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit derartiger Übermittlungen erleichtert werden. In formeller Hinsicht ist diese Berichtspflicht jener nach § 46a Abs. 6 WG betreffend Berichte über die Wehrdienstleistungen von Frauen nachgebildet. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch die in Rede stehende Datenübermittlungen dem vollen Rechts­schutzinstrumentarium im Bereich der militärischen Landesverteidigung unterliegen.

Hinsichtlich der Einschränkung der gegenständlichen Übermittlungsmöglichkeiten betreffend die anläss­lich einer Leistungsanforderung erlangten Kenntnisse (§ 32 Abs. 4 des vorliegenden Entwurfes) siehe die Erläuterungen zu den §§ 31 bis 35.

Zum 3. Hauptstück (Militärische Luftraumüberwachung – § 26)

Zu § 26 (Aufgaben und Befugnisse):

In der Verteidigungsdoktrin ist der militärischen Landesverteidigung ua. aufgetragen, im Rahmen der “im Frieden sofort einsatzfähigen Verbände” auch “die erforderlichen Fliegerverbände sowie Einrichtungen für eine Luftraumüberwachung und ein technisches Luftaufklärungs- und Fliegerleitsystem, die den Aufgaben der Verteidigung und des Neutralitätsschutzes entsprechen”, bereitzuhalten. Der Landesver­teidigungsplan sieht in Präzisierung der allgemeinen Aufträge der Verteidigungsdoktrin ausdrücklich vor, dass bereits “im Frieden Vorkehrungen getroffen werden, womit unabhängig von den Anlassfällen durch eine ständige Einsatzbereitschaft unautorisierte Flugbewegungen in den österreichischen Luftraum festgestellt und auch verhindert werden können.” Mit der im vorliegenden Entwurf geplanten Regelung sollen nunmehr im Interesse der Rechtssicherheit sowie zur Vermeidung von Unklarheiten und Zweifels­fragen sowohl eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Erfüllung dieser politisch vorgegebenen Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung im Wege einer allgemeinen Aufgabenumschreibung geschaffen als auch die zur Wahrnehmung der Luftraumüberwachung erforderlichen Befugnisse der mit dieser Aufgabe betrauten militärischen Organe normiert werden. Die militärische Luftraumüberwachung wird, entsprechend den erwähnten politischen Vorgaben, durch die militärische Landesverteidigung “ständig” durchzuführen sein, das bedeutet unabhängig vom Vorliegen eines der drei Anlassfälle der umfassenden Landesverteidigung.

Zur Vermeidung von Unklarheiten sollen im Abs. 2 zunächst die bedeutsamsten militärischen Organ­komplexe für die konkrete Wahrnehmung der militärischen Luftraumüberwachung demonstrativ genannt werden. Diesbezüglich werden dabei sowohl entsprechende militärische Fluggeräte (Luftraumüber­wachungsflugzeuge) als auch die erforderlichen technische Geräte (zB Radarsysteme, Einrichtungen zur militärischen Flugsicherung und -leitung) in Betracht kommen. Hinsichtlich der militärischen Beobach­tungs- und Leitsysteme ist darauf hinzuweisen, dass diese Tätigkeiten in engem Zusammenwirken mit den entsprechenden Diensten und Einrichtungen der (zivilen) Flugsicherung nach § 119 des Luftfahrtgesetzes unter Bedachtnahme auf die jeweiligen spezifischen Aufgabenstellungen auszuüben sein werden.

Als Kernbefugnis im Rahmen der Luftraumüberwachung soll das “Stellen” von Luftfahrzeugen im österreichischen Luftraum im Falle des Vorliegens bestimmter Voraussetzungen verankert werden. Als “Stellen” ist im wesentlichen eine direkte Kontaktaufnahme mit dem betreffenden Luftfahrzeug (etwa durch Funk oder durch direkten Sichtkontakt im Wege eines Überwachungsflugzeuges) zu verstehen; dieser Terminus ist bereits im § 25 ADV normiert. Der Begriff “Luftfahrzeuge” ist dabei dem § 11 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes entnommen; er umfasst daher alle Fahrzeuge, die sich zur Fortbewegung von Personen oder Sachen in der Luft ohne mechanische Verbindung mit der Erde eignen, gleichgültig, ob sie schwerer als Luft (zB Flugzeuge, Segelflugzeuge, Hubschrauber und Fallschirme) oder leichter als Luft (zB Luftschiffe und Freiballone) sind. Die Tatbestandsvoraussetzung der “Verletzung der Lufthoheit” entspricht dem im § 145 des Luftfahrtgesetzes gleichlautend normierten Begriff. Als zusätzlicher Tatbestand ist die umfassend zu betrachtende, im vorliegenden Entwurf mehrfach relevante “Gefährdung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres” ins Auge gefasst. Als logische Ergänzung des “Stellens” von Luftfahrzeugen soll in allgemeiner Form die Feststellung der jeweiligen Umstände der zugrunde liegen­den Benützung des österreichischen Luftraumes vorgesehen werden. Diese Aufgabe wird umfassend zu verstehen sein; darunter werden etwa die Klärung der Zugehörigkeit des betreffenden Luftfahrzeuges, die Feststellung des Ausgangs- und (geplanten) Zielpunktes der Flugroute sowie die Erhebung der Zahl und Zusammensetzung der Besatzung sowie der Art der Ladung des Luftfahrzeuges fallen.

Um den mit Aufgaben der militärischen Luftraumüberwachung betrauten militärischen Organen auch die notwendigen Mittel zur konkreten Durchsetzung ihrer Befugnisse einzuräumen, sollen diese Befugnisse mit den auch für den Wachdienst vorgesehenen Maßnahmen im Bedarfsfall zwangsweise durchgesetzt werden dürfen. Dies bedeutet insbesondere, dass zur Wahrnehmung dieser Befugnisse bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch unmittelbare Zwangsgewalt einschließlich eines allfälligen Waffengebrauches eingesetzt werden dürfen. In der Praxis wird diesbezüglich insbesondere auch die Anordnung und Erzwingung einer Landung des betreffenden Luftfahrzeuges in Betracht kommen.

Die militärische Luftraumüberwachung hat nach den eingangs erwähnten politischen Aufträgen auch “unautorisierte Flugbewegungen” im österreichischen Luftraum zu “verhindern”. Als derartige Maßnahme ist etwa in einem Neutralitätsfall das aus dem (völkerrechtlichen) Neutralitätsrecht ableitbare Gebot eines Abdrängens von Luftfahrzeugen einer Kriegspartei aus dem österreichischen Luftraum oder die Durchsetzung des Landezwanges betreffend solche Luftfahrzeuge zu nennen. Im Hinblick auf die Subsumierbarkeit dieser Aufgaben unter die im Abs. 1 genannte Aufrechterhaltung oder Wieder­herstellung der “Souveränität der Republik Österreich im Luftraum” sowie auf die uneingeschränkte Geltung der entsprechenden völkerrechtlichen Vorschriften in einem Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung (vgl. hiezu die diesbezüglichen Ausführungen in Z 8 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen) erscheint diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung erforderlich.

Ein Tätigwerden von Organen und Einrichtungen der militärischen Luftraumüberwachung für andere Zwecke als zur Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung wird, wie jegliche vergleichbare Heranziehung von Kräften des Bundesheeres überhaupt, ausschließlich als sog. “Assistenz­leistung” im Falle des Vorliegens der diesbezüglich im Art. 79 B-VG bzw. § 2 WG normierten Voraus­setzungen in Betracht kommen. Als Beispiel für eine solche Hilfeleistung ist etwa die Erzwingung der Landung eines Luftfahrzeuges zu nennen, bei dem ein möglicher Zusammenhang mit gerichtlich strafbaren Handlungen (etwa Verdacht terroristischer Handlungen oder auf Rauschgiftschmuggel) besteht.

Zum 3. Teil (Inanspruchnahme von Leistungen – §§ 27 bis 42):

Zum 1. Hauptstück (Allgemeines – §§ 27 bis 30):

Zu § 27 (Leistungen):

Entsprechend der mit der umfassenden Erweiterung des Leistungsrechtes beabsichtigten Deckung des vordringlichsten Leistungsbedarfes in einem Einsatz zur militärischen Landesverteidigung soll zunächst der derzeitige Katalog an Leistungsgegenständen – Kraftfahrzeuge und Anhänger, Luftfahrzeuge, Schiffe sowie Baumaschinen, jeweils samt Zubehör und Ersatzteilen, – ausgeweitet werden; vgl. hiezu die Ausführungen in Z 6 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Eine derartige Berechtigung staatlicher Organe zur Inanspruchnahme privaten Eigentums stellt in der österreichischen Rechtsordnung keine Neuerung dar. Vielmehr ist etwa der der militärischen Landesverteidigung hinsichtlich des zugrunde liegenden staatlichen Bedarfes weitgehend vergleichbaren Sicherheitspolizei im § 44 SPG die unein­geschränkte “Inanspruchnahme von Sachen” eingeräumt. Im militärischen Bereich werden als derartige Leistungsgegenstände insbesondere (wie bisher) Kraftfahrzeuge, Anhänger und Baumaschinen, aber auch Geräte und Hilfsmittel zur Nachrichtenübermittlung, Werkzeuge und Geräte zur Anlage von Sperr-, Befestigungs- und Versorgungseinrichtungen sowie Liegenschaften und Gebäude in Betracht kommen.

Der den einschlägigen Rechtsvorschriften des Zivilrechtes entnommene Begriff “Zubehör” wird wie bisher nach der diesbezüglichen Lehre und Judikatur zu interpretieren sein. Demnach sind darunter im wesentlichen solche Sachen zu verstehen, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaft­lichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind sowie in einem dieser Zweckbestimmung ent­sprechenden räumlichen Verhältnis stehen; dabei wird nicht nur der bloße Wille des Eigentümers der Sachen maßgebend sein, sondern im speziellen auch die allgemeine Verkehrsauffassung. Als Zubehör eines Kraftfahrzeuges werden daher etwa der im Tank befindliche Treibstoff sowie die beim Kauf eines Kraftfahrzeuges miterworbenen Ersatzreifen und Werkzeugstücke anzusehen sein.

Im Interesse einer umfassenden Deckung des militärischen Leistungsbedarfes soll künftig zusätzlich zur geplanten Erweiterung der für eine Heranziehung in Frage kommenden Leistungsgegenstände auch eine Inanspruchnahme von Werkleistungen zulässig sein. Der Begriff des “Werkes” ist dabei im Sinne der privatrechtlichen Bestimmungen (§§ 1151 und 1165 ABGB) sowie der diesbezüglichen Lehre und Judikatur zu verstehen. Demnach wird für die Werkleistung insbesondere die wirtschaftliche Selbständig­keit des Werkunternehmers kennzeichnend sein, der seine Tätigkeit in eigener Verantwortung und unter Einsatz eigener Mittel ausübt. Dieser Werkunternehmer wird dabei – im Gegensatz zur Dienstleistung – nicht bloß eine bestimmte Bemühung im Sinne einer abhängigen Tätigkeit, sondern einen Werkerfolg zu erbringen haben. Die vorgesehene Verpflichtung zu Werkleistungen soll allerdings nicht schlechthin jedermann betreffen, sondern aus Zweckmäßigkeitsgründen ausschließlich Unternehmen im Sinne des umfassenden Unternehmensbegriffes des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994) hinsichtlich ihres allgemeinen Geschäftsbetriebes. Es ist nämlich davon auszugehen, dass nur derartige Unternehmen diese Leistungen in der erforderlichen Raschheit und Qualität erbringen können; andererseits wird es für solche Unternehmen keine unzumutbare Mehrbelastung darstellen, ihre im Wirtschaftsleben ohnehin angebote­nen Kapazitäten gegen finanzielle Abgeltung zu Gunsten der militärischen Landesverteidigung einzu­setzen. Die Wendung “im Rahmen des allgemeinen Geschäftsbetriebes” bedeutet nicht, dass die angefor­derte Leistung der ausschließliche Gegenstand des Geschäftsbetriebes sein muss. Es genügt vielmehr, wenn diese Leistung Teil des Betriebsablaufes ist; so wird etwa eine Produktionsfirma, die auch einen (gewerblichen) Kantinenbetrieb unterhält, durchaus auch zu Verpflegsleistungen herangezogen werden können.

Durch die Anforderung der Werkleistung beim (Werk)unternehmer wird das Personal, dessen sich der Unternehmer zur Erfüllung der Anforderung bedient, nicht direkt verpflichtet; ein “Durchgriff” der Leistungspflicht auf dieses Personal tritt daher in keiner Weise ein. Das Personal hat weiterhin nur jene (meist) privatrechtlichen Verpflichtungen, die ihm im Rahmen seines Dienst- oder Arbeitsvertrages gegenüber dem Unternehmer auch sonst obliegen. Der Unternehmer wird daher – wie jeder andere Leistungspflichtige – zwar alles ihm Zumutbare zur Erfüllung der ihm aufgetragenen Werkleistung aufwenden müssen; für das Verhalten seines Personales (etwa die Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses) wird er allerdings grundsätzlich nicht haftbar sein. Zwischen dem verpflichteten Unternehmen und dem militärischen Bedarfsträger wird durch die Anforderung einer Werkleistung keinerlei privatrechtliches Vertragsverhältnis entstehen, da die Leistungsanforderung ausschließlich ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis bewirkt. Als “Werkleistungen” werden sowohl einmalige Leis­tungen (etwa eine Transportleistung oder die Reparatur beschädigten Heeresgutes) als auch wieder­kehrende Leistungen und Dauerleistungen (zB regelmäßige Verpflegungsleistungen oder das Unterhalten eines Pendelverkehrs) in Betracht kommen. Im Rahmen der konkreten Leistungsanforderung werden jedenfalls die zu erbringende Werkleistung hinreichend zu umschreiben sowie Regelungen über die Art und Weise ihrer Durchführung und Abwicklung vorzusehen sein, um die Leistung für den Leistungs­pflichtigen bestimmbar zu machen. In der Praxis werden die zu Gunsten der militärischen Landesver­teidigung zu erbringenden Werkleistungen insbesondere Instandsetzungs- und Reparaturleistungen betreffend beschädigtes Heeresgut sowie Transportleistungen betreffend Truppen und militärisches Gerät umfassen.

Vergleichbare Regelungen über eine zwangsweise Heranziehung ziviler Werkleistungen für militärische Zwecke sind – mit teilweise erheblich weitergehenden Ermächtigung als im gegenständlichen Entwurf vorgesehen – in den leistungsrechtlichen Rechtsvorschriften mehrerer europäischer Staaten vorgesehen, etwa auch im § 2 Abs. 1 Z 9 und 10 des deutschen Bundesleistungsgesetzes. Die ins Auge gefassten Regelungen stellen daher durchaus “europäischen Standard” dar.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist im Zusammenhang mit der ins Auge gefassten Ermächtigung zur zwangsweisen Heranziehung ziviler Werkleistungen für militärische Zwecke insbesondere das Grundrecht auf freie Erwerbstätigkeit von Bedeutung. Art. 6 Abs. 1 StGG normiert nämlich ua., dass “jeder Staatsbürger … unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben kann”. Der Verfassungsgerichtshof vertritt hinsichtlich des Umfanges des Gesetzesvorbehaltes zum Grundrecht der Erwerbsfreiheit in ständiger Judikatur die Auffassung, dass gesetzliche Beschränkungen dieses Grund­rechtes – neben den aus dem Gleichheitsgrundsatz resultierenden allgemeinen Sachlichkeitserwägungen – nur unter zwei Voraussetzungen zulässig sind. Die ins Auge gefasste Beschränkung muss danach ausschließlich im öffentlichen Interesse liegen und die konkret geplante beschränkende Maßnahme muss ein zur Verfolgung dieses öffentlichen Interesses taugliches und adäquates Mittel sein (zB VfSlg 10179, 10386, 10718, 10932, 11494 und 11991); dabei werden im übrigen auch jene Regelungen, die die bloße Erwerbsausübung betreffen, weniger streng geprüft als solche Bestimmungen, die den Antritt einer Erwerbstätigkeit beschränken. Das erstgenannte Kriterium ist bei den in Rede stehenden verpflichtenden Werkleistungen im Hinblick auf den Umstand, dass diese Leistungen ausschließlich im Interesse der militärischen Landesverteidigung liegen, vollständig erfüllt. Im Zusammenhang mit der zweitgenannten Voraussetzung ist darauf hinzuweisen, dass eine hoheitliche Verpflichtung zur Erbringung von Werkleistungen zu Gunsten der militärischen Landesverteidigung, ebenso wie das gesamte militärische Leistungsrecht, in jedem Fall nur als “ultima ratio” unter streng begrenzten Voraussetzungen in Betracht kommt, insbesondere auch unter Beachtung des strikten Subsidaritätsgrundsatzes (vgl. § 28 des vorliegenden Entwurfes). Im übrigen ist für die ins Auge gefassten Werkleistungen im Falle einer unmittelbaren Notsituation für die nationale Sicherheit Österreichs eine vollständige, an die diesbezüglich üblichen Entgelte im Wirtschaftsleben angelehnte finanzielle Abgeltung geplant (vgl. § 46 des gegenständlichen Entwurfes), sodass die geplante Maßnahme auch zu keinerlei wirtschaftlicher Benach­teiligung des betroffenen Unternehmens führt. Zusammengefasst bewegt sich die geplante Ermächtigung zur Anforderung von Werkleistungen von Unternehmen zum Zwecke der Erfüllung militärischer Einsatzaufgaben also durchaus innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof abgesteckten Grenzen staat­licher Eingriffe im Rahmen des in Rede stehenden Grundrechtes.

Die in den Abs. 2 und 3 vorgesehenen Regelungen über die Überlassung von Ersatzteilen sowie die Zulässigkeit von Änderungen an Leistungsgegenständen entsprechen vollinhaltlich der derzeit im Militär­leistungsgesetz normierten Rechtslage.

Zu § 28 (Voraussetzungen):

Die vorgesehenen Bestimmungen über das strikte Subsidiaritätsprinzip hinsichtlich der zwangsweisen Heranziehbarkeit von Leistungen für militärische Zwecke (Abs. 1), die zwingende Bedachtnahme auf die übrigen Teilbereiche der im Art. 9a B-VG normierten umfassenden Landesverteidigung (Abs. 2) sowie die bei der Auswahl von Leistungen zu beachtenden Gesichtspunkte (Abs. 3) entsprechen weitgehend der geltenden Rechtslage. Es sind lediglich verschiedene Klarstellungen auf Grund der bisherigen praktischen Erfahrungen sowie legistische Verbesserungen beabsichtigt.

Die Abwägung der verschiedenen Interessen und Gesichtspunkte bei der konkreten Auswahl einer Leistung aus verschiedenen in Betracht kommenden Alternativen wird auch künftig nur auf Grund jener Kenntnisse möglich sein, die den zuständigen Organen zumutbar sind, sowie nach Maßgabe des im jeweiligen Anlassfall vertretbaren Personal- und Zeitaufwandes zur Ermittlung dieser Kenntnisse. Dabei wird insbesondere auch die jeweils vorliegende Dringlichkeit des zugrunde liegenden militärischen Bedarfes an Leistungen zu berücksichtigen sein. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass diese, dem § 5 des derzeitigen Militärleistungsgesetzes entsprechenden Kriterien nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes (zB Erkenntnis vom 1. Oktober 1991, Zl. 90/11/0191) auch künftig kein subjektives öffentliches Recht auf Leistungsfreiheit einräumen werden.

Bei der Inanspruchnahme von Leistungen soll über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 4 hinaus mit größtmöglicher Schonung der Interessen des Betroffenen vorgegangen werden (Abs. 4). Insbesondere sollen Gegenstände, die der Befriedigung dringend notwendiger Bedürfnisse des täglichen Lebens dienen, wie etwa das Essbesteck oder Gegenstände zur Körperpflege, nicht in Anspruch ge­nommen werden dürfen.

Aus sozialen Erwägungen sollen jene Gebäude und Gebäudeteile (also auch Wohnungen), die Wohn­zwecken dienen, von einer Inanspruchnahme nur subsidiär betroffen werden (Abs. 5). Der Begriff “drin­gendes Wohnbedürfnis” ist dem Mietrechtsgesetz entnommen und wird daher in vergleichbarer Weise wie in diesem Rechtsgebiet zu interpretieren sein. Objekte, die diesem Zweck nicht konkret dienen (zB Zweit- und Ferienwohnungen, Forst- und Jagdhütten uä.), sind vom Geltungsbereich dieser Schutzbestimmung jedenfalls nicht umfasst.

Zu §§ 29 und 30 (Leistungspflichtiger, Ausnahmen von der Inanspruchnahme):

Die ins Auge gefassten Regelungen betreffend

–   die grundsätzliche Normierung des Eigentümers einer in Anspruch genommenen Sache als Leistungs­pflichtiger und die diesbezüglichen Ausnahmen sowie die (taxativ normierten) Fälle eines Überganges der Leistungspflicht und die damit verbundene, sachlich gerechtfertigte Durchbrechung des grund­sätzlich höchstpersönlichen Charakters der konkreten Leistungspflicht (§ 29) und

–   die ausdrücklichen Ausnahmen von einer Heranziehung auf Grund des militärischen Leistungsrechtes (§ 30)

entsprechen inhaltlich weitgehend den derzeit in den §§ 4 und 6 des Militärleistungsgesetzes in diesem Zusammenhang getroffenen Regelungen. Aus dem Gesamtzusammenhang aller relevanten Bestimmungen ergibt sich auch in Zukunft, dass die Leistungspflicht durch ein bloßes Überwechseln des Leistungs­pflichtigen in eine andere rechtliche Eigenschaft nach § 29 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes (also etwa der Wegfall der Zulassung eines Kraftfahrzeuges durch Abmeldung ohne Eigentümerwechsel) nicht berührt wird. In formeller Hinsicht sind verschiedene sprachliche und legistische Verbesserungen beabsichtigt. Im übrigen ist hinsichtlich der geplanten Verpflichtung zu Werkleistungen die Normierung des jeweiligen Betriebsinhabers als Leistungspflichtiger beabsichtigt. Diese Leistungspflicht wird daher im Regelfall den Eigentümer des Unternehmens treffen, es können aber auch andere Berechtigte (zB der Pächter) in Betracht kommen.

Im Zusammenhang mit einer verpflichtenden Erbringung von Werkleistungen ist aus Zweckmäßig­keitsgründen ein zusätzlicher Fall für einen automatischen Übergang der Leistungspflicht ins Auge gefasst (§ 29 Abs. 4 Z 2). Als “Änderung der Verfügungsgewalt” wird dabei in erster Linie ein Übergang des Eigentumsrechtes an dem für die Werkleistung relevanten Unternehmen anzusehen sein (etwa durch Veräußerung); es werden aber auch andere Formen zivilrechtlicher Verfügungen, etwa die Begründung oder die Beendigung eines Bestandsverhältnisses oder einer Zwangsverwaltung sowie die Änderung der Gesellschaftsform eines Unternehmens, in Betracht kommen. Der in Rede stehende Übergang der Leistungspflicht ex lege ist insbesondere auch deshalb erforderlich, da im Zusammenhang mit der Verpflichtung zu Werkleistungen keinerlei Verfügungsbeschränkungen unter Lebenden vorgesehen sind; vgl. hiezu § 39 des Entwurfes sowie die diesbezüglichen Erläuterungen.

Im § 30 Abs. 1 Z 2 soll anstelle des derzeitigen im Militärleistungsgesetz normierten Begriffes “Sanitäts­wesen” unter Bedachtnahme auf die Richtlinie 33 der Legistischen Richtlinien 1990 über eine zeitgemäße Wortwahl der Terminus “Gesundheitswesen” vorgesehen werden; materielle Änderungen sind damit nicht verbunden. Auch sollen zur Vermeidung von Unklarheiten und Zweifelsfragen auch die Einrichtungen des “Katastrophenschutzes” zusätzlich zu jenen des Zivilschutzes ausdrücklich genannt werden. Überdies ist aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen eine Ausweitung der Ausnahmeregelung im § 30 Abs. 1 Z 6 von gegenwärtig “Ärzten und Hebammen” auf alle “Angehörigen der Gesundheitsberufe” beabsichtigt. Darunter werden derzeit im wesentlichen jene Personenkreise zu verstehen sein, die im Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997, Hebammengesetz, BGBl. Nr. 310/1994, MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992, Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, BGBl. Nr. 102/1961, Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907, Dentistengesetz, BGBl. Nr. 90/1949, Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, sowie im Kardiotechnikergesetz, BGBl. I Nr. 96/1998, umschrieben sind.

Als Staatsverträge, die Ausländern eine Befreiung von der militärischen Leistungspflicht einräumen, kommen sowohl Abkommen mit anderen Staaten auf bi- oder multilateraler Ebene als auch Verträge mit internationalen Organisationen in Betracht. Als Beispiele sind etwa die Art. 35 und 37 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966, die Art. 31 und 52 der Wiener Konvention über die konsularischen Beziehungen, BGBl. Nr. 318/1969, sowie die Art. II bis VI des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen, BGBl. Nr. 126/1957, zu nennen.

Zum 2. Hauptstück (Behörden und Verfahren – §§ 31 bis 36):

Zu den §§ 31 bis 35 (Anforderungsbehörde, Informationspflichten, Verfahren zur Anforderung, Auf­hebung der Anforderung, Verfahrensrechtliche Sonderregelungen):

Die beabsichtigten Regelungen über

–   die militärbehördlichen Zuständigkeiten in Angelegenheiten des militärischen Leistungsrechtes (§ 31),

–   die verschiedenen Auskunfts- und Duldungspflichten im Zusammenhang mit Leistungsanforderungen (§ 32),

–   die verfahrensrechtlichen Regelungen über die Anforderung einer Leistung und die Aufhebung einer solchen Anforderung (§§ 33 und 34) und

–   die diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Sonderregelungen (§ 35)

sind in materieller Hinsicht den diesbezüglichen Bestimmungen des Militärleistungsgesetzes weitgehend nachgebildet. In formeller Hinsicht sind zahlreiche sprachliche und legistische Vereinfachungen sowie Verbesserungen hinsichtlich der Systematik der Rechtsvorschrift im Sinne der Richtlinie 11 der Legis­tischen Richtlinien 1990 geplant.

Hinsichtlich der konkreten örtlichen Zuständigkeit der einzelnen Militärkommanden erscheinen im vorliegenden Entwurf keine ausdrücklichen Sonderregelungen erforderlich; diesbezüglich werden daher die allgemeinen Bestimmungen des § 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, anzuwenden sein.

Aus Gründen der Rechtssicherheit soll in einem neuen § 31 Abs. 3 eine ausdrückliche Ermächtigung der für die Vollziehung des militärischen Leistungsrechtes relevanten Behörden zur Verwendung dies­bezüglich erforderlicher (personenbezogener) Daten in gleicher Weise wie für den Wachdienst (§ 15) sowie die nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr (§ 22) geschaffen werden. Die zugrunde liegenden Daten begründen im Hinblick auf ihre Unverzichtbarkeit für die Gewährleistung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres “wichtige öffentliche Interessen” im Sinne des § 1 Abs. 2 bzw. § 9 Z 3 DSG 2000. Die für diese Zwecke bereits seit längerem bestehenden Datenverarbeitungen im militärischen Bereich stützten sich in der Vergangenheit auf § 6 zweiter Tatbestand DSG.

Die im § 32 Abs. 1 vorgesehene Verpflichtung zur Auskunftserteilung entspricht in materieller Hinsicht zur Gänze jener nach dem geltenden Militärleistungsgesetz (§ 8 Abs. 1). Sie wird daher wie bisher im wesentlichen Auskünfte sowohl im Zusammenhang mit der Erlassung leistungsrechtlicher Bescheide als auch mit der Evidenthaltung bereits bereitgestellter Leistungen umfassen können.

Im Hinblick auf eine möglichst zielgerichtete und praxistaugliche Vollziehung des militärischen Leistungsrechts ist hiefür im § 32 Abs. 3 die Normierung einer Datenübermittlungsverpflichtung entsprechend jener betreffend die militärischen Nachrichtendienste (vgl. § 22 Abs. 2 des vorliegenden Entwurfes) beabsichtigt. Die ins Auge gefasste Regelung wird an die Stelle der bereits seit 1992 im § 7 Abs. 3 des Militärleistungsgesetzes normierten Datenübermittlungsverpflichtung für die Behörden der Kraftfahrzeugzulassung treten.

Die im § 32 Abs. 4 zur Wahrung rechtlicher und wirtschaftlicher Interessen der Betroffenen auch künftig vorgesehene Beschränkung der Verwendbarkeit der von der Anforderungsbehörde gewonnenen Kennt­nisse über Leistungsobjekte soll sicherstellen, dass diese Kenntnisse jedenfalls nur im Rahmen der Vollziehung des militärischen Leistungsrechtes verwendet werden. Im übrigen wird speziell im Zu­sammenhang mit Wirtschaftsunternehmen der vertraulichen Behandlung geschützter Geschäfts- und Berufsgeheimnisse besonderes Augenmerk zu widmen sein.

Als Zeitpunkt bzw. Ort der Erbringung der Leistung (§ 33 Abs. 1) werden bei einer Anforderung der Überlassung eines Leistungsgegenstandes die für die Übergabe dieses Gegenstandes an den Leistungs­empfänger notwendigen Angaben zu verstehen sein. Im Zusammenhang mit einer Verpflichtung zu Werkleistungen werden dabei die konkreten Modalitäten für die Leistungserbringung anzuführen sein.

Die Vorbereitung der konkreten Anforderung einer Leistung mittels eines Bereitstellungsbescheides soll wie bisher der möglichst raschen materiellen Ergänzung des Bundesheeres im Einsatzfall dienen (§ 33 Abs. 2). Dieser Bescheid ist seinem Rechtscharakter nach ein aufschiebend bedingter Bescheid; die Bedingung, mit deren Eintritt er seine wesentliche Wirksamkeit entfaltet, besteht in der individuellen oder generellen Festsetzung des Zeitpunktes für die konkrete Leistungserbringung. Den Adressaten eines Bereitstellungsbescheides wird auch künftig bis zu dieser Festsetzung lediglich eine eingeschränkte Meldepflicht (siehe § 37) treffen. Überdies wird ein Übergang der Verfügungsgewalt über den Leistungsgegenstand oder das für eine Werkleistung relevante Unternehmen, etwa durch Verkauf, in keinem Fall einen Übergang der aus diesem Bescheid resultierenden Pflichten bewirken. Der Bereit­stellungsbescheid verliert in diesem Fall seine Wirksamkeit.

Aus rechtssystematischen Überlegungen soll der gesonderte Bescheid, mit dem der konkrete Zeitpunkt der Leistungserbringung im Falle der seinerzeitigen Vorbereitung einer Inanspruchnahme durch einen Bereitstellungsbescheid festgesetzt wird, als “Vollzugsbescheid” bezeichnet werden (§ 33 Abs. 3). Materi­elle Änderungen sind damit nicht verbunden.

Die im § 33 Abs. 4 normierten frühestmöglichen Zeitpunkte für die konkrete Inanspruchnahme von Leistungen entsprechen inhaltlich zur Gänze der derzeit geltenden Rechtslage (siehe § 13 des Militär­leistungsgesetzes); es sollen lediglich verschiedene sprachliche Richtigstellungen sowie Formalan­passungen an zwischenzeitlich geänderte Rechtsvorschriften vorgenommen werden. Die in den Z 2 und 3 genannten Fälle einer Heranziehung bereits vor dem (formellen) Beginn eines Einsatzes zur militärischen Landesverteidigung werden wie bisher nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einem solchen Einsatz in Betracht kommen.

Hinsichtlich der Beendigung einer Leistungsanforderung (§ 34) ist derzeit lediglich abstrakt der Wegfall der Voraussetzungen für die Anforderung normiert. Zur Vermeidung allfälliger Unklarheiten und Zwei­felsfragen soll diese Regelung künftig dahingehend präzisiert werden, dass die Inanspruchnahme einer Leistung in jedem Fall ehestmöglich nach den unbedingt erforderlichen militärischen “Abschluss­maßnahmen” nach Beendigung des Einsatzes aufzuheben ist. Überdies soll ein Aufhebungsbescheid im Hinblick auf den Umstand, dass die diesbezüglichen Voraussetzungen dem Leistungspflichtigen im Regelfall nicht bekannt sein können, künftig ausschließlich auf Grund eines amtswegigen Verfahrens ergehen. Diesbezügliche Anregungen des Betroffenen werden jedoch wie bisher uneingeschränkt möglich sein. Aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich, dass mit der Rechtskraft des Aufhebungsbescheides der die Anforderung seinerzeit konkret begründende Rechtsakt (Leistungsbescheid bzw. Bereitstellungs­bescheid und nachfolgender Vollzugsbescheid) in seiner Rechtswirksamkeit beseitigt wird.

Die im § 35 Abs. 1 Z 3 beabsichtigte Zustellmöglichkeit an bestimmte Funktionsträger eines für eine Werkleistung vorgesehenen Unternehmens ist in Anlehnung an vergleichbare Regelungen im Arbeitsrecht (§ 10 Abs. 2 Z 2 des Arbeiterkammergesetzes 1992, BGBl. Nr. 626/1992, § 19b Abs. 3 Z 3 des Arbeits­zeitgesetzes, BGBl. Nr. 461/1969, § 36 Abs. 2 Z 3 des Arbeitsverfassungsgesetzs, BGBl. Nr. 22/1974) konzipiert. Im Gegensatz zu diesen Rechtsvorschriften wird jedoch im vorliegenden Entwurf weder auf die Arbeitnehmereigenschaft noch auf die Führung eines “Betriebes” abgestellt und ferner kein “dauernd maßgebender Einfluss” verlangt.

Die auch in Zukunft vorgesehene Verpflichtung zur schriftlichen Erlassung bestimmter leistungsrecht­licher Bescheide dient in besonderer Weise der Rechtssicherheit im Zusammenhang mit den zugrunde liegenden staatlichen Eingriffen in private Rechte. Im Lichte der ständigen Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes (zB VwSlg 17 655 A; Erkenntnis vom 30. 10. 1972, Zl. 740/72) werden daher nicht in Schriftform ergangene Bescheide als nicht erlassen gelten und daher auch keinerlei Rechtswirkung entfalten. Für den bloß die Anforderung beendenden Aufhebungsbescheid soll dieses Formerfordernis aus Gründen der Verwaltungsökonomie künftig nicht mehr normiert werden. Damit soll insbesondere auch eine rasche und unbürokratische Rückstellung des Leistungsobjektes im Wege einer mündlichen Verkün­dung des Aufhebungsbescheides ermöglicht werden. Die schriftliche Erlassung eines solchen Bescheides nach den allfälligen konkreten Notwendigkeiten eines Einzelfalles wird damit jedoch nicht ausge­schlossen. Die übrigen verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen (§ 35) sind wie bisher speziell im Hinblick auf die zwingend gebotene unverzügliche Verfügbarkeit über den Leistungsgegenstand im konkreten Einsatzfall unverzichtbar.

Zu § 36 (Unmittelbare Inanspruchnahme):

Nach der derzeitigen Rechtslage ist eine Inanspruchnahme von Leistungsgegenständen grundsätzlich nur im Wege individueller, auf Grund eines formellen Verwaltungsverfahrens zu erlassender behördlicher Entscheidungen möglich (Leistungsbescheid bzw. Bereitstellungsbescheid und gesonderter Bescheid). Lediglich im Falle einer bereits erfolgten Vorbereitung der Inanspruchnahme durch einen Bereitstellungs­bescheid kann der zusätzlich zu bestimmende konkrete Zeitpunkt der Übergabe unter bestimmten Voraussetzungen auch durch einen als Verordnung zu qualifizierenden generellen Rechtsakt (allgemeine Bekanntmachung) bestimmt werden. Irgendeine Form einer verfahrensfreien Heranziehung von Leistungsgegenständen zu militärischen Zwecken ist nach dem geltenden Militärleistungsgesetz nicht vorgesehen.

Mit der nunmehr beabsichtigten Einführung einer unmittelbaren Inanspruchnahme von Leistungsgegen­ständen soll den militärischen Organen die Möglichkeit eingeräumt werden, Leistungsgegenstände zu militärischen Zwecken bei Vorliegen sämtlicher hiefür normierter Konditionen auch ohne formelles behördliches Tätigwerden heranziehen zu dürfen. Diese verfahrensfreie Inanspruchnahme soll jedoch nur in engen Grenzen als “ultima ratio” zulässig sein. So soll diese direkte Heranziehung ausschließlich während eines Einsatzes und grundsätzlich nur in dem grundsätzlich mit Rechtsverordnung festgelegten Einsatzraum zulässig sein. Außerhalb dieses Raumes soll eine Heranziehung von Leistungsobjekten nur dann in Betracht kommen, wenn dies zum unmittelbaren Anmarsch einer zum Einsatz herangezogenen Truppe in diesen Raum “zwingend erforderlich” ist; bei der Beurteilung dieses Kriteriums wird ein strenger Maßstab anzulegen sein. Als diesbezügliche Leistungsgegenstände werden im wesentlichen nur die erforderlichen Transportmittel in Frage kommen. Im übrigen wird eine Heranziehung von Leistungs­objekten außerhalb des Einsatzraumes auch während des Einsatzes ausschließlich auf Grund der entsprechenden formellen Verwaltungsabläufe möglich sein. Weiters wird zusätzlich zu den unein­geschränkt anwendbaren allgemeinen Voraussetzungen für eine militärische Inanspruchnahme ziviler Gegenstände (vgl. § 28) noch eine besonders qualifizierte Gefahrensituation vorliegen müssen. Die Umschreibung der Kriterien dieser Gefahr ist sowohl dem Art. 18 Abs. 3 B-VG betreffend die Ausübung des Notverordnungsrechtes des Bundespräsidenten als auch dem § 2 Abs. 2 WG betreffend eine unverzügliche Assistenzleistung zu sicherheitspolizeilichen Zwecken nachgebildet. Als wichtigstes prak­tisches Beispiel für eine derartige Gefahr ist die unabdingbare Raschheit einer direkten Inanspruchnahme einzelner Leistungsobjekte ausdrücklich angeführt. Die militärischen Organe werden bei der unmittel­baren Inanspruchnahme ziviler Leistungsgegenstände im Hinblick auf die rechtspolitische Bedeutung derartiger Eingriffe in besonderer Weise auf die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 4 des vorliegenden Entwurfes) zu achten haben. Eine verfahrensfreie Verpflichtung zu Werkleistungen ist speziell im Hinblick auf die damit verbundenen direkten Eingriffe in das Wirtschaftsleben nicht vorgesehen; solche Leistungen werden daher in jedem Fall ausschließlich auf Grund der jeweils erforderlichen Verwaltungsverfahren zu erbringen sein.

Im Interesse einer zweckentsprechenden Durchführung der direkten Inanspruchnahme sollen auch den hiefür befugten Organen einzelne der Anforderungsbehörde eingeräumten Auskunfts- und Betretungs­rechte zukommen. Diese Rechte werden jedoch nur in engem zeitlichen und faktischen Zusammenhang mit der unmittelbaren Inanspruchnahme ausgeübt werden dürfen. Überdies soll auch in diesem Fall die Verwendungsbeschränkung der dabei gewonnenen Kenntnisse auf leistungsrechtliche Zwecke uneinge­schränkt gelten; vgl. hiezu die Erläuterungen zu den §§ 31 bis 35. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollen die militärischen Organe im Falle einer unmittelbaren Inanspruchnahme jedenfalls verpflichtet werden, den Leistungspflichtigen von sich aus so rasch als nach den jeweiligen Umständen der Einsatzsituation möglich von dieser Heranziehung in Kenntnis zu setzen. Besondere Formvorschriften für diese Verständigung sind aus praktischen Erwägungen nicht vorgesehen; sie wird daher auf die im jeweiligen Einzelfall geeignetste Art und Weise durchzuführen sein. Überdies sollen für die Beendigung der unmittelbaren Inanspruchnahme eines Leistungsgegenstandes aus Gründen der Rechtssicherheit die gleichen verfahrensrechtlichen Vorschriften wie bei der Aufhebung einer bescheidmäßigen Anforderung gelten. Diese Aufhebung wird daher in jedem Fall mit einem Aufhebungsbescheid zu verfügen sein.

Die aus zwingenden militärischen Erfordernissen unabdingbare Möglichkeit einer grundsätzlich sub­sidiären unmittelbaren Inanspruchnahme privater Gegenstände zu hoheitlichen Zwecken durch staatliche Organe ist sowohl im Bundesrecht als auch in diversen Landesrechtsnormen derzeit bereits in ver­schiedenen Fällen zur raschen Reaktion auf Ausnahmesituationen vorgesehen, insbesondere auch für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Agenden. § 44 SPG ermächtigt nämlich diese Organe zu einer solchen unmittelbaren Inanspruchnahme von Sachen unter bestimmten Voraussetzungen. Dabei ist ebenfalls für eine unverzügliche Verständigung des jeweils Berechtigten Sorge zu tragen und überdies – im Gegensatz zum beabsichtigten formellen Auf­hebungsverfahren im militärischen Bereich – auch die Beendigung dieser Inanspruchnahme lediglich durch formfreie Rückstellung des Leistungsgegenstandes durchzuführen.

Die ins Auge gefasste verfahrensfreie Inanspruchnahme ziviler Leistungsgegenstände durch militärische Organe zur Erfüllung von Einsatzaufgaben des Bundesheeres wird nach § 16 Abs. 1 auch mit unmittel­barer Zwangsgewalt – im Gegensatz zur Heranziehung auf Grund eines Verwaltungsverfahrens – beim Vorliegen der diesbezüglich vorgesehenen Kautelen erfolgen können. Diese Inanspruchnahme stellt ihrem Rechtscharakter nach eine Ausübung “unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangs­gewalt” im Sinne des Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG dar. Eine solche Maßnahme wird daher in vollem Umfang der nachträglichen Überprüfung durch die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern und in weiterer Folge allenfalls durch den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof unterliegen.

Zum 3. Hauptstück (Besondere Bestimmungen – §§ 37 bis 42):

Zu den §§ 37 bis 42 (Pflichten aus dem Bereitstellungsbescheid, Erbringung der Leistung, Rechtsver­hältnisse betreffend den Leistungsgegenstand, Rückstellung des Leistungsgegenstandes, Verwahrung und Hinterlegung des Leistungsgegenstandes, Eigentumsübernahme durch den Bund):

Die im vorliegenden Entwurf geplanten Regelungen betreffend

–   die aus einem Bereitstellungsbescheid erwachsenden Pflichten (§ 37),

–   die praktischen Abläufe bei der Erbringung der Leistung und der Rückstellung des Leistungsgegen­standes (§§ 38 und 40),

–   die speziellen Rechtsverhältnisse am Leistungsgegenstand während der Dauer der Leistungspflicht (§ 39),

–   die Verwahrung und Hinterlegung nicht rückübernommener Leistungsgegenstände (§ 41) und

–   die Verpflichtung des Bundes zur Übernahme des Eigentums an Leistungsgegenständen (§ 42)

sind inhaltlich den entsprechenden Bestimmungen des geltenden Militärleistungsgesetzes weitgehend nachgebildet. Unter Bedachtnahme auf die Richtlinien 11 und 12 der Legistischen Richtlinien 1990 über die Systematik und Gliederung einer Rechtsvorschrift sollen diese inhaltlich zusammengehörigen Normen in einem gemeinsamen Abschnitt zusammengefasst werden. Überdies sind zahlreiche sprachliche und legistische Verbesserungen und Vereinfachungen geplant.

Derzeit sind im Zusammenhang mit einem Bereitstellungsbescheid umfangreiche Meldepflichten des Leistungspflichtigen im Militärleistungsgesetz normiert. Dies betrifft in erster Linie diverse Verpflich­tungen betreffend zugelassene Kraft-, Luft- und Wasserfahrzeuge; für andere Leistungsgegenstände sind lediglich drei allgemeine Meldepflichten vorgesehen (§ 17). Im Interesse der von einem Bereitstellungs­bescheid Betroffenen sollen künftig die ausschließlich für zum Verkehr zugelassene Leistungsobjekte bestehenden Meldepflichten ersatzlos entfallen. Für eine aktuelle und sachgerechte Evidenthaltung bereitgestellter Leistungsobjekte im militärischen Bereich sind damit keine nennenswerten Beeinträchti­gungen verbunden, da sämtliche von diesem Entfall betroffenen Informationen ohnehin auf Grund diverser gesetzlicher Vorschriften (insbesondere nach dem Kraftfahrgesetz 1967) bei anderen staatlichen Behörden vorhanden sind und daher den Militärbehörden auf der Basis der geplanten Datenüber­mittlungsregelung nach § 32 Abs. 3 des vorliegenden Entwurfes zugänglich sind. Im übrigen steht den zuständigen militärischen Dienststellen auch die Erlangung entsprechender Auskünfte beim Leistungs­pflichtigen selbst im Wege eines Ersuchens nach § 32 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes offen. Mit der geplanten Einschränkung der mit einem Bereitstellungsbescheid verbundenen Meldepflichten ist eine wesentliche Entlastung der Betroffenen, insbesondere auch von Wirtschaftsunternehmen, verbunden, zumal auch die Strafdrohung für das Unterlassen der in Rede stehenden Meldungen ersatzlos wegfällt. Die im § 37 Abs. 2 enthaltene Bestimmung dient wie bisher der Klarstellung, dass die Meldepflichten aus einem Bereitstellungsbescheid auch im Falle eines automatischen Überganges der konkreten Leistungspflicht (vgl. § 29 Abs. 2 bis 4) nicht übergehen. Auch in diesen Fällen wird daher der Bereitstellungsbescheid seine Wirksamkeit verlieren.

Im Zusammenhang mit einer Anforderung unbeweglicher Sachen (Grundstücke, Gebäude, Gebäudeteile) soll zur Vermeidung von Zweifelsfragen ausdrücklich klargestellt werden, dass die formelle Übernahme und Rückstellung derartiger Leistungsgegenstände (§ 38 Abs. 3 bzw. § 40 Abs. 1) jedenfalls in dem jeweiligen Objekt stattzufinden hat.

Hinsichtlich der Niederschriften bei der Erbringung der Leistung bzw. der Rückstellung des Leistungs­gegenstandes (§ 38 Abs. 5 bzw. § 40 Abs. 3) soll die derzeit normierte ausdrückliche Verpflichtung zur Aufnahme von Angaben über den jeweiligen Schätzwert des Leistungsobjektes entfallen. Diese Modi­fikation ist deshalb erforderlich, da nicht in jedem zugrunde liegenden Anlassfall die Anwesenheit entsprechender Sachverständiger zur exakten Beurteilung dieses geschätzten Wertes gewährleistet werden kann. Die zuständigen militärischen Organe werden jedoch auch in diesen Fällen durch geeignete Veranlassungen die erforderlichen Grundlagen für die spätere Bemessung einer allfälligen Entschädigung sicherzustellen haben. Hiezu werden etwa Foto-, Film- oder Videoaufnahmen bzw. entsprechende Skizzierungen oder verbale Beschreibungen in Betracht kommen.

Eine im Bescheidweg angeforderte Leistung wird durch den Leistungsempfänger ausschließlich nach den im § 38 Abs. 1 bis 5 vorgesehenen Abläufen zu erbringen sein. Eine Ausübung unmittelbarer Zwangs­gewalt wird dabei – auch im Einsatz – keinesfalls zulässig sein; zur Vermeidung allfälliger dies­bezüglicher Zweifelsfragen ist im § 38 Abs. 6 eine ausdrückliche Klarstellung in diesem Sinne vorgesehen. Kommt der Leistungspflichtige seiner Verpflichtung nicht ordnungsgemäß nach, so wird die Leistungserbringung, sofern nicht zusätzlich die (strengen) Voraussetzungen für eine unmittelbare Inan­spruchnahme eines Leistungsgegenstandes vorliegen, ausschließlich nach den Vorschriften des Verwal­tungsvollstreckungsgesetzes 1991 betreffend die Erzwingung anderer Leistungen zu erwirken sein.

Die derzeit im § 23 des Militärleistungsgesetzes normierte Verpflichtung, sämtliche leistungsrechtlichen Bescheide den für die Zulassung von Kraft- oder Luftfahrzeugen zuständigen Behörden zur Kenntnis zu bringen, hat sich in der Praxis als entbehrlich erwiesen. Entsprechende Überlegungen betreffend die Abschaffung dieser Übermittlung wurden daher von den für die Kraftfahrzeugzulassung (in mittelbarer Bundesverwaltung) zuständigen Ländern ausdrücklich begrüßt. Die in Rede stehende Verpflichtung soll daher, speziell auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, ersatzlos entfallen.

Die nach der geltenden Rechtslage vorgesehenen Regelungen über die Rechtsverhältnisse an einem Leistungsgegenstand während der Dauer seiner Inanspruchnahme (Verfügungsbeschränkung unter Lebenden sowie das Ruhen öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen bzw. Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag) sollen auch künftig ausschließlich im Zusammenhang mit einer Inanspruchnahme von Leistungsgegenständen bestehen (§ 39). Auf eine Anforderung von Werkleistungen von Unter­nehmen sollen diese Bestimmungen nicht anwendbar sein. Eine allfällige umfassende Verfügungs­beschränkung über Wirtschaftsbetriebe würde nämlich in überschießender Weise in das verfassungs­gesetzlich gewährleistende Grundrecht auf Erwerbsfreiheit eingreifen; eine solche Maßnahme erscheint nämlich im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur nicht “adäquat” zur effektiven Sicherstellung zwingend erforderlicher Werkleistungen für militärische Zwecke. Im Interesse dieser Sicherstellung wird nämlich der im § 29 Abs. 4 Z 2 des vorliegenden Entwurfes ins Auge gefasste automatische Übergang der Leistungspflicht auf den neuen Verfügungsberechtigten über ein Wirtschaftsunternehmen als ausreichend erachtet. Der bei einer Überlassung von Leistungsgegenständen vorgesehene Wegfall bestimmter Ver­pflichtungen (zB zur Leistung von Steuern und Abgaben oder von Versicherungsprämien) ist im Zusammenhang mit einer zwangsweisen Erbringung von Werkleistungen nicht erforderlich, da durch eine derartige Leistungsanforderung die Dispositions- und Verfügungsgewalt des Betriebsinhabers im wesentlichen unverändert bleibt und er überdies im Wege der vollen finanziellen Abgeltung dieser Leistungen auch den wirtschaftlichen Nutzen ungeschmälert lukrieren kann.

Die im § 39 Abs. 3 vorgesehene Aufrechterhaltung der (kraftfahrrechtlichen) Meldepflicht betreffend zugelassene Kraftfahrzeuge und Anhänger im Falle eines automatischen Überganges der Leistungspflicht stellt wie bisher eine sachlich gerechtfertigte Ausnahme vom Grundsatz des Ruhens sämtlicher öffentlich-rechtlicher Rechte und Pflichten am Leistungsgegenstand während dessen Inanspruchnahme zu mili­tärischen Zwecken dar.

Die Frist für die Verwahrung nicht rückübernommener Leistungsgegenstände im militärischen Bereich (§ 41 Abs. 2) soll aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung von derzeit drei auf künftig einen Monat verkürzt werden. Nach Ablauf dieser Frist werden diese Gegenstände auch in Zukunft – unter Heran­ziehung der Regelungen im bürgerlichen Recht für die gerichtliche Hinterlegung der Schuld durch den Schuldner in den Fällen eines Gläubigerverzuges (§ 1425 ABGB) – bei dem nach diesen Regelungen zuständigen Gericht zu hinterlegen sein. Aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich schlüssig, dass in jenen Fällen, in denen das Leistungsobjekt während der Verwahrung untergeht (zB bei verderblichen Waren), der Leistungspflichtige dennoch die Verwahrungs- sowie allfällige Entsorgungskosten zu tragen hat; eine ausdrückliche diesbezügliche Bestimmung erscheint nicht erforderlich.

Die unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Eigentumsübernahme an Leistungsgegenständen durch den Bund nach § 42 wird auch künftig ausschließlich den Interessen des Eigentümers eines solchen Gegenstandes dienen. Ein solcher bescheidmäßig zu verfügender Eigentumsübergang soll daher wie bisher ausschließlich an einen diesbezüglichen Antrag gebunden werden. Die Frage der “Untunlichkeit” einer Rückstellung des Leistungsgegenstandes wird auf Grund des diesem Begriff im Privatrecht von Lehre und Rechtssprechung beigemessenen Inhaltes zu beurteilen sein; dabei wird insbesondere weniger eine ausschließlich technische, sondern hauptsächlich auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise relevant sein. Eine solche Untunlichkeit wird etwa dann vorliegen, wenn leicht verderbliche Waren (zB bestimmte Lebensmittel) für militärische Zwecke in Anspruch genommen wurden und nach Wegfall der diesbezüglichen Voraussetzungen nunmehr rückgestellt werden sollen. Die ausdrückliche Einräumung eines Wiedereinsetzungsantrages betreffend eine Versäumung der in Rede stehenden Antragsfrist ist auch in Zukunft zur Wahrung der Rechtsschutzinteressen der Betroffenen erforderlich. Diese Frist stellt nämlich eine materiell-rechtliche Fallfrist dar, sodass ohne eine solche Regelung eine mögliche Antragstellung auf Eigentumsübernahme endgültig entfiele.

Zum 4. Teil (Rechtsschutz – §§ 43 bis 56a):

Zum 1. Hauptstück (Schadloshaltung – §§ 43 bis 52)

Zu den §§ 43 bis 45 (Anspruch und Höhe, Übergang von Ansprüchen, Anspruch im Falle einer Versicherungsleistung):

Das am 1. Jänner 1989 in Kraft getretene Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz sieht im wesentlichen einen Ersatz jener Schäden in Geld vor, die Personen durch die Ausübung unmittelbarer Zwangsbefug­nisse durch Exekutivorgane erlitten haben, sofern der Zwang nicht vom Geschädigten selbst durch rechtswidriges Verhalten ausgelöst wurde. Während das Amtshaftungsgesetz lediglich Ersatz für die durch rechtswidrige und schuldhafte Organhandlungen entstandenen Schäden bietet, ist für Ansprüche nach dem Polizeibefugnis‑Entschädigungsgesetz die Frage rechtswidrigen oder rechtmäßigen Organver­haltens nicht relevant. Dies bedeutet insbesondere, dass auch jene auf Grund einer rechtmäßigen polizei­lichen Befugnisausübung und damit zumindest mittelbar im Interesse der Gesellschaft zugefügte Schäden nunmehr von der Allgemeinheit und nicht mehr vom Betroffenen selbst zu tragen sind. Damit wurde für den Exekutivbereich ein ausreichendes Instrument für die im besonders sensiblen Sektor der Zwangs­ausübung staatlicher Organe wünschenswerte Lastverteilung geschaffen; vgl. hiezu auch die Erläute­rungen zur Regierungsvorlage des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes, 722 BlgNR, XVII. GP. Das Sicherheitspolizeigesetz sieht im § 92 als ergänzende Fälle eines Schadenersatzes – neben einem für den militärischen Bereich irrelevanten Ersatz für Schäden aus einem Aufschub des Einschreitens einer Sicherheitsbehörde – eine entsprechende Haftung des Bundes für von Sicherheitsorganen verursachte Schäden durch die Inanspruchnahme privater Sachen sowie seit 1. Jänner 1998 auch durch die Verwendung falsifizierter Urkunden im Rechtsverkehr vor.

Im Hinblick auf die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt durch staatliche Organe im Exekutivbereich mit jener in militärischen Angelegenheiten soll nunmehr auch für die durch eine Ausübung von Befugnissen ausschließlich nach diesem Bundesgesetz durch militärische Organe verursachten Schäden ein umfassender finanzieller Ersatzanspruch vorgesehen werden. Inhalt und Umfang dieses Anspruches, die Fälle eines automatischen Überganges solcher Ansprüche sowie das Verhältnis dieses Anspruches zu Ansprüchen auf Versicherungsleistung entsprechen materiell weitgehend den §§ 1 bis 4 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes. Es sind lediglich verschiedene sprachliche und legistische Modifikationen geplant. Unter Bedachtnahme auf den ideellen Charakter eines Schmerzengeldes im Rahmen des zivilrechtlichen Schadenersatzsystemes sind derartige Ansprüche auch im militärischen Entschädigungsrecht nicht vorgesehen; die gegenständlichen Ersatzansprüche stellen nämlich keinen “Schadenersatz” im privatrechtlichen Sinn dar, sondern lediglich ein aus rechtspolitischen Erwägungen erwünschtes Überwälzen einer staatlich verursachten Belastung eines “Unschuldigen” auf die Allgemeinheit.

Aus verfassungsrechtlichen und rechtssystematischen Erwägungen müssen sich die im vorliegenden Entwurf geplanten Entschädigungsregelungen für eine militärische Befugnisausübung ausschließlich auf jene Fälle beschränken, in denen derartige Schäden bei der Wahrnehmung von Aufgaben der “militärischen Landesverteidigung” nach Art. 79 Abs. 1 B-VG durch militärische Organe entstanden sind. Im Falle einer Schadenszufügung bei der Erfüllung anderer (verfassungsrechtlich verankerter) Aufgaben des Bundesheeres werden daher die einschlägigen Regelungen dieses Entwurfes nicht zum Tragen kommen können. Speziell bei Assistenzeinsätzen sind dabei vielmehr die für die Organe der anfordernden Einrichtung jeweils relevanten (bundes- oder landes)gesetzlichen Entschädigungsregelungen heranzu­ziehen; vgl. hiezu die Ausführungen in Z 7 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen.

Auch im vorliegenden Entwurf wird der Prüfungsmaßstab für die Ersatzleistung wegen militärischer Zwangsausübung lediglich die Frage darstellen, ob der Betroffene diese Zwangsausübung durch rechtswidriges Verhalten selbst ausgelöst hat und damit dieses Verhalten unmittelbar kausal für den Zwang war. Ob und inwieweit die militärische Befugnisausübung rechtmäßig oder rechtswidrig und schuldhaft erfolgte, wird für das Bestehen des Ersatzanspruches ohne Bedeutung sein. Im übrigen werden als “unmittelbar” durch die Befugnisausübung verursachte Schäden nur solche anzusehen sein, die dem Betroffenen in der tatsächlichen oder rechtlichen Kausalitätskette ohne Hinzutreten eines weiteren Grundes an der Ausübung des Zwanges entstehen. Dritten, denen durch die militärische Zwangsausübung mittelbar ein Schaden zugefügt wurde, wird kein Ersatzanspruch nach den gegenständlichen Bestimmun­gen zukommen. Dies betrifft etwa Angehörige, denen der unmittelbar Geschädigte unterhaltspflichtig ist, oder Versicherer bzw. Sozialversicherungsträger, die im Rahmen ihrer (vertraglichen oder gesetzlichen) Verpflichtung dem unmittelbar Geschädigten eine Leistung erbracht haben, aber auch Personen, in deren Vermögen derjenige, gegen den sich die Zwangsausübung richtete, durch eine Abwehrhandlung einen Schaden angerichtet hat. Die im Exekutivbereich mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1996 eingeführte Modi­fizierung der Haftungsregelungen für Schäden auf Grund eines behördlichen Einschreitens “im über­wiegenden Interesse” des Betroffenen soll ungeachtet des Umstandes, dass derartige Fälle im Bereich der militärischen Landesverteidigung kaum praktische Relevanz erlangen werden, aus rechtssystematischen Erwägungen auch im gegenständlichen Entwurf vorgesehen werden.

Entsprechend der Regelung im Exekutivbereich ist auch im vorliegenden Entwurf vorgesehen, dass jenen Fremden, die auf Grund einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung keine Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, geltend machen können, auch keine Ansprüche nach den gegenständlichen Regelungen zukommen (§ 43 Abs. 5). Diese Bestimmung erscheint auch im mili­tärischen Bereich deshalb geboten, da in jenen Fällen, in denen nicht einmal ein Ersatzanspruch wegen rechtswidrigen Organhandelns besteht, auch keinerlei Rechtfertigung für derartige Ansprüche bei rechtmäßigen staatlichen Handlungen bestünde.

Die im § 44 Abs. 2 vorgesehene Regelung betreffend den Rückersatzanspruch des Bundes gegenüber seinen Organen ist wie im Exekutivbereich erforderlich, da auch im vorliegenden Gesetzentwurf hinsichtlich des Entschädigungsanspruches nicht zwischen rechtmäßigem und rechtswidrigem Organ­handeln unterschieden wird. Wird daher im Falle einer rechtswidrigen Ausübung militärischer Befugnisse eine Entschädigung nach diesem Bundesgesetz geleistet, so soll das schuldhaft handelnde Organ aus Billigkeitsgründen in gleicher Weise wie nach dem Amtshaftungsgesetz zur Rückersatzleistung ver­pflichtet werden können. Da jedoch der § 3 Abs. 1 des Amtshaftungsgesetzes als Voraussetzung für diesen Rückersatz eine Ersatzleistung des Bundes “auf Grund dieses Bundesgesetzes” normiert, ist diesbezüglich eine formelle Gleichstellung der Entschädigungsleistungen nach dem im Entwurf vor­liegenden Militärbefugnisgesetz mit solchen nach dem Amtshaftungsgesetz notwendig.

Die Einrechnung einer allfälligen Versicherungsleistung (§ 45) für einen Schaden in den Entschädigungs­anspruch gegen den Bund soll dem Grundgedanken Rechnung tragen, dass die Überwälzung des Schadens vom Betroffenen auf die Allgemeinheit nicht zu einem “Gewinn” führen, sondern dem Betroffenen unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Solidarität lediglich den entstandenen Schaden ausgleichen soll. Als Versicherungsleistungen werden dabei sowohl solche auf Grund eines privatrechtlichen Versiche­rungsvertrages als auch jene von einem Träger der Sozialversicherung in Betracht kommen.

Das Verschweigen eines allfälligen Anspruches auf Versicherungsleistung bis zur rechtswirksamen Fest­legung der Entschädigung im Vereinbarungs- oder Gerichtswege wird im Regelfall einen gerichtlich strafbaren Tatbestand (insbesondere Betrug) darstellen; das Unterlassen der nachträglichen Mitteilung eines solchen Anspruches wird keiner strafgerichtlichen Sanktion unterliegen. Da hinsichtlich der zweitgenannten Unterlassung im Hinblick auf den üblicherweise geringen Unrechtsgehalt eines solchen Verhaltens eine Kriminalisierung des Täters nicht angebracht erscheint, ist wie im Exekutivbereich auch im gegenständlichen Gesetzentwurf ein diesbezüglicher Verwaltungsstraftatbestand vorgesehen (vgl. § 57 Abs. 1 Z 6).

Zu den §§ 46 und 47 (Anspruch und Höhe, Kostenersatz):

Im geltenden Militärleistungsgesetz sind als finanzielle Abgeltungen im Zusammenhang mit einer Inanspruchnahme von Leistungsobjekten

–   eine Entschädigung für die Wertminderung auf Grund der militärischen Nutzung sowie für den Verdienstausfall durch den Entzug der Benützung des Leistungsgegenstandes (§§ 24 und 26),

–   eine besondere Entschädigung für Beschädigungen oder wertmindernde Änderungen auf Grund der militärischen Benützung (§§ 30 und 31),

–   eine Vergütung im Falle des Unterganges des Leistungsgegenstandes oder bei dessen Übernahme in das Eigentum des Bundes (§ 32) und

–   ein Ersatz der tatsächlichen Kosten für Transport und Zeitversäumnis im Zusammenhang mit der Übergabe und Rückübernahme des Leistungsgegenstandes (§ 35)

vorgesehen. Die im vorliegenden Gesetzentwurf beabsichtigten Regelungen über den finanziellen Aus­gleich für eine Inanspruchnahme von Leistungsgegenständen zu militärischen Zwecken entsprechen weit­gehend den erwähnten derzeitigen Bestimmungen. In formeller Hinsicht sind zahlreiche sprachliche, systematische und legistische Verbesserungen ins Auge gefasst.

Aus rechtssystematischen Erwägungen sollen die einzelnen finanziellen Abgeltungen unter gemeinsamen Oberbegriffen subsumiert werden. So sollen die derzeitigen Fälle einer Entschädigung, einer besonderen Entschädigung und einer Vergütung nunmehr einheitlich als “Entschädigung” bezeichnet werden (§ 46). Die verschiedenen Fälle einer Abgeltung tatsächlich entstandener Kosten sollen als “Kostenersatz” zusammengefasst werden (§ 47).

Auch in Zukunft wird die Entschädigung für die Wertminderung auf Grund der Inanspruchnahme (§ 46 Abs. 1 Z 1) die gewöhnliche Abnützung des Leistungsgegenstandes während der jeweiligen Leistungs­dauer abgelten. Im Gegensatz dazu soll die Entschädigung nach § 46 Abs. 1 Z 3 jene Schäden oder wertmindernden Änderungen am Leistungsgegenstand ausgleichen, die vom Bundesheer bis zum Zeit­punkt der Rückstellung nicht beseitigt worden sind. Die Entschädigung für einen Verdienstausfall (§ 46 Abs. 1 Z 2) wird vor allem bei gewerblich genutzten Leistungsgegenständen in Betracht kommen. Der Verdienstausfall wird dabei nach Maßgabe der faktischen Umstände eines Einzelfalles auch die Ver­nichtung konkret absehbarer Chancen oder bestimmte Aufwendungen für die Benützung eines Ersatz­gegenstandes während der Dauer der Leistungspflicht (etwa die Anmietung eines Kraftfahrzeuges) umfassen können. Eine Entschädigung im Gefolge des Unterganges des Leistungsgegenstandes oder seiner Übernahme in das Eigentum des Bundes wird auch künftig Ansprüche auf Entschädigung wegen (bloßer) Wertminderung und wegen Beschädigung oder wertmindernder Änderungen ausschließen. Ein Anspruch auf Abgeltung des Verdienstausfalles während der Dauer der Inanspruchnahme wird allerdings auch im Falle des späteren Unterganges des Leistungsobjektes oder eines Eigentumsüberganges möglich sein.

Als finanzielle Abgeltung im Zusammenhang mit einer verpflichtenden Erbringung unternehmerischer Werkleistungen (§ 46 Abs. 1 Z 5) für Zwecke der militärischen Landesverteidigung sind sowohl die Zahlung der üblichen Entgelte und Preise für solche Leistungen als auch die Abgeltung eines allfälligen Verdienstausfalles auf Grund der Heranziehung des militärischen Leistungsrechtes ins Auge gefasst. Dies bedeutet, dass die Höhe dieser Entschädigung im wesentlichen unter Zugrundelegung der jeweils bran­chenüblichen Tarife festzulegen sein wird. Eine allfällige Bedachtnahme auf zusätzliche, auf den Betrieb des Leistungspflichtigen beschränkte Spezifika (zB unterschiedliche Rohstoff- und Energiepreise) ist damit allerdings nicht ausgeschlossen. Der allfällige Verdienstausfall wird dabei auch die Vernichtung konkret absehbarer Verdienstmöglichkeiten umfassen; ein bloß abstrakt möglicher Wegfall potentieller Gewinnchancen wird jedoch keinen Entschädigungsanspruch begründen. Die Geltendmachung und der Nachweis sämtlicher betriebsspezifischen Merkmale wird dem Leistungspflichtigen im Rahmen der jeweiligen Verfahren zur Entschädigungsbemessung obliegen. Ein “Kostenersatz” für tatsächlich ent­standene Aufwendungen im Zusammenhang mit der Leistungserbringung (§ 47) wird im Zusammenhang mit der Erbringung von Werkleistungen nicht in Betracht kommen, da sämtliche diesbezüglichen Aufwendungen des Unternehmens im Rahmen der Entschädigung nach § 46 abzugelten sein werden.

Die einzelnen Entschädigungsansprüche sollen wie bisher grundsätzlich jener Person eingeräumt werden, die durch die Inanspruchnahme eines Leistungsgegenstandes den jeweils zugrunde liegenden Vermögens­nachteil erlitten hat (§ 46 Abs. 2). Diese Person muss keineswegs immer mit dem Leistungspflichtigen identisch sein. So wird etwa im Falle eines Bestandverhältnisses eine finanzielle Abgeltung für Schäden am Leistungsobjekt im Regelfall dem Eigentümer als Vermieter zukommen, da dem als Leistungs­pflichtigen herangezogenen Mieter ein bloßes Nutzungsrecht zukommt und daher der Schaden letztendlich im Vermögen des Eigentümers eingetreten ist. Eine Entschädigung des Verdienstausfalles wird nur jenen Personen gebühren, denen durch die Inanspruchnahme des Leistungsobjektes unmittelbar ein Verdienst entgangen ist. Allfällige sonstige wirtschaftliche Nachteile im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme werden einen derartigen Anspruch nicht begründen.

Im Falle einer Beschädigung oder wertmindernden Änderung im Zeitpunkt der Rückstellung des Leistungsobjektes werden in erster Linie die Kosten für die Behebung dieser Beschädigung sowie allenfalls für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Leistungsgegenstandes zu ersetzen sein. Eine wertmindernde Änderung wird darüber hinaus nur insoweit einen Entschädigungsanspruch begründen, als eine derartige Beeinträchtigung auch nach der Instandsetzung verbleibt oder als eine solche Instandsetzung von vornherein nicht in Betracht kommt. Hinsichtlich der Auslegung des dabei relevanten Begriffes “untunlich” siehe die Erläuterungen zu den §§ 37 bis 42.

Die Frage der “Notwendigkeit” der für einen allfälligen Kostenersatz relevanten Kosten anlässlich der Übergabe und Rückübernahme eines Leistungsgegenstandes (§ 47 Abs. 1) wird nach den spezifischen Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen sein. So werden etwa in jenen Fällen, in denen ein Kraftfahrzeug oder eine selbstfahrende Baumaschine übergeben oder rückübernommen wird, die diesbezüglichen Treibstoffkosten als Transportaufwand abzugelten sein; ein gesonderter Anspruch des Lenkers auf Fahrtkostenersatz wird bei solchen Fahrten mit dem Leistungsgegenstand jedoch nicht entstehen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist eine ausdrückliche nähere Umschreibung der notwendigen Kosten vorgesehen, die an die Definition der “notwendigen Fahrtkosten” im § 7 Abs. 2 HGG 1992 angelehnt ist. Als militärisches Erfordernis wird in diesem Zusammenhang insbesondere die Notwendig­keit einer rechtzeitigen Übergabe des Leistungsgegenstandes in Betracht kommen.

Die im Heeresgebührengesetz 1992 normierten und in langjähriger Praxis bewährten Bestimmungen über die Fahrtkostenvergütung (§§ 7 und 8) sollen auch auf den im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Kostenersatz für Fahrtkosten anzuwenden sein (§ 47 Abs. 3). Im speziellen sollen dabei im Hinblick auf die inhaltliche Vergleichbarkeit grundsätzlich die diesbezüglichen Regelungen betreffend die Rückgabe von Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenständen durch Milizangehörige heranzuziehen sein, dies betrifft derzeit im einzelnen § 8 Abs. 1 Z 1, Abs. 4, Abs. 5 erster Satz und Abs. 7 HGG 1992. Die im § 8 Abs. 6 leg. cit. vorgesehene (dreißigtägige) Auszahlungsfrist wird jedoch im Hinblick auf die ausdrückliche Normierung einer anderen diesbezüglichen Frist im § 52 Abs. 5 des vorliegenden Entwurfes irrelevant bleiben.

Die derzeit geltende Höhe des Kostenersatzes für die Abgeltung der Zeitversäumnis wurde bei der Beschlussfassung des Militärleistungsgesetzes im Jahre 1968 in Anlehnung an das damals in Geltung stehende Gebührenanspruchsgesetz gestaltet. Eine Valorisierung dieses Betrages erfolgte seither jedoch nicht. Aus Billigkeitsgründen soll die diesbezüglich auch künftig beabsichtigte Anknüpfung an das Gebührenanspruchsgesetz 1975, BGBl. Nr. 136, in Zukunft in dynamischer Form erfolgen (§ 47 Abs. 4). Auf diese Weise wird der in Rede stehende Kostenersatz jederzeit in einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Höhe gebühren.

Nach der derzeitigen Rechtslage sind die in Rede stehenden Ansprüche auf Kostenersatz nicht in einem Antragsverfahren geltend zu machen, sondern durch die jeweilige Anforderungsbehörde von Amts wegen wahrzunehmen. Auch nach dem vorliegenden Entwurf sollen diese Kostenersätze nicht auf dem für die verschiedenen Entschädigungen vorgesehenen Wege festgelegt werden, sondern vielmehr formfrei nach Vorlage der jeweiligen Nachweise anfallen (§ 47 Abs. 5 und 6). Die diesbezüglichen Nachweisfristen sind den entsprechenden Regelungen des Heeresgebührengesetzes 1992 weitgehend nachgebildet. Im Interesse einer Bedachtnahme auf die speziell im Zusammenhang mit einem militärischen Einsatz vorliegenden besonderen Umstände im Falle einer Inanspruchnahme von Leistungsgegenständen soll jedoch im Gegen­satz zum Heeresgebührenrecht für sämtliche Fälle einer Versäumung von Nachweisfristen betreffend leistungsrechtliche Kostenersätze eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ermöglicht werden. Damit können die gegenständlichen Kostenersatzansprüche auch im Falle eines Überschreitens dieser materiell-rechtlichen Fallfristen unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich geltend gemacht werden.

Zu den §§ 48 bis 50 (Entschädigung für eine Befugnisausübung, Rückersatz wegen Versicherungs­leistung, Entschädigung für eine Inanspruchnahme von Leistungen):

In der österreichischen Rechtsordnung sind für die Geltendmachung und Festsetzung öffentlich-recht­licher Entschädigungen für staatliches Handeln im wesentlichen zwei Grundmodelle der verfahrens­rechtlichen Abwicklung normiert. Im ersten Modell wird dabei die Höhe dieses finanziellen Ausgleiches zunächst von einer Verwaltungsbehörde bescheidmäßig festgelegt. Sofern der Anspruchsberechtigte mit dieser Festlegung nicht einverstanden ist, kann er in weiterer Folge eine endgültige gerichtliche Entscheidung herbeiführen. Dabei ist das Gericht in seiner Entscheidungsfindung vollkommen frei und unabhängig vom gesamten verwaltungsbehördlichen Verfahren. Dieses Modell der sog. “sukzessiven Kompetenz” ist zB im Militärleistungsgesetz, im Bundesstraßengesetz 1971, BGBl. Nr. 286, und im Polizeibefugnis‑Entschädigungsgesetz normiert. Nach dem zweiten Grundtypus bleibt die Festsetzung der Entschädigung in erster Linie einer Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Anspruchsberechtigten vorbehalten. Kommt eine derartige Vereinbarung nicht zustande, so ist diese Entschädigung unmittelbar vom Gericht zu bestimmen. Eine solche Entschädigungsabwicklung ist etwa nach dem Munitions­lagergesetz und nach dem Eisenbahnenteignungsgesetz (EisenbEntG), BGBl. Nr. 71/1954, durchzuführen.

Für die Festlegung der Höhe der Entschädigung für eine Befugnisausübung nach § 43 soll im § 48 Abs. 1 speziell aus verwaltungsökonomischen Erwägungen eine Verfahrensabwicklung nach dem zweitge­nannten Modelltypus vorgesehen werden. Dabei wird vorrangig zunächst der Abschluss einer dies­bezüglichen (privatrechtlichen) Vereinbarung zwischen dem Bundesheer und dem jeweiligen Anspruchs­berechtigten anzustreben sein. Eine derartige Vorgangsweise hat sich in der Praxis insbesondere bei der Abgeltung von Schäden bei militärischen Übungen bereits langjährig bewährt. Das ausdrückliche Erfordernis der Schriftform für den Abschluss der in Rede stehenden Vereinbarung soll insbesondere der Rechtssicherheit dienen. Vereinbarungen in anderer Form (etwa mündlich) werden daher einen Entschädigungsanspruch nach diesem Bundesgesetz nicht rechtswirksam regeln.

Aus Gründen der Rechtssicherheit sind im § 48 Abs. 2 hinsichtlich der näheren Umstände für den Abschluss dieser Vereinbarung verschiedene, an den § 7 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes angelehnte Regelungen vorgesehen. Demnach wird der Geschädigte das für eine solche Vereinbarung namens des Bundes zuständige Militärkommando zunächst schriftlich in formloser Weise zur Aufnahme entsprechender Verhandlungen mit dem Ziel eines Vereinbarungsabschlusses innerhalb einer Drei­monatsfrist aufzufordern haben. Die Verständigungspflicht gegenüber dem Bundesminister für Landes­verteidigung und der Finanzprokuratur betreffend eine solche Aufforderung ist erforderlich, da beide Organe mit dieser Angelegenheit in weiterer Folge noch befasst werden (können), etwa im Wege eines Rückersatzes wegen einer Versicherungsleistung oder wegen einer nachfolgenden Klage auf Entschä­digung.

Für jene Fälle, in denen hinsichtlich der Entschädigungsansprüche nach diesem Bundesgesetz auch ein Amtshaftungsanspruch bei der Finanzprokuratur geltend gemacht wird, ist im § 48 Abs. 3 wie im Polizeibereich ein besonderes Verständigungsverfahren vorgesehen. Demnach wird die Finanzprokuratur von einer solchen Geltendmachung sowohl den Bundesminister für Landesverteidigung als auch das örtlich zuständige Militärkommando zu verständigen haben. Im Interesse einer bürgernahen und serviceorientierten Verwaltung soll dann dem Militärkommando eine Hinweispflicht betreffend die Möglichkeit einer Entschädigung nach dem vorliegenden Bundesgesetz obliegen. Nimmt der Entschädi­gungswerber in weiterer Folge die Möglichkeit einer diesbezüglichen Aufforderung an das Militär­kommando fristgerecht wahr, so wird deren Einbringungsfrist mit dem Datum des Einlangens der Verständigung der Finanzprokuratur beim Militärkommando gewahrt werden. Diese Konstruktion ist wie im Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz erforderlich, da ein ausdrücklich auf das Amtshaftungsgesetz gestützter Anspruch nicht ohne entsprechende Willensäußerung des Betroffenen in eine Aufforderung nach dem vorliegendem Gesetzentwurf umgedeutet werden kann.

Kommt eine privatrechtliche Vereinbarung über die Entschädigung aus irgendeinem Grunde nicht zustande (etwa durch eine Nichteinigung über die Höhe oder die Zahlungsmodalitäten der Entschädi­gung), so wird nach § 48 Abs. 4 dem Entschädigungswerber zur Durchsetzung seiner Ansprüche der ordentliche Gerichtsweg offen stehen. Dabei sollen in verfahrensrechtlicher Hinsicht ebenso wie bei der gerichtlichen Geltendmachung der Ersatzansprüche nach § 9 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes die diesbezüglichen Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes anzuwenden sein. Dies erscheint insbesondere deshalb sachgerecht, da die in Rede stehenden Entschädigungsansprüche ebenso wie das Amtshaftungsgesetz eine Abgeltung solcher Schäden vorsehen, die von staatlichen Organen im Rahmen der Ausübung von Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung verursacht werden. Aus verfahrens­ökonomischen Gründen soll auch in jenen Fällen, in denen bereits ein Gerichtsverfahren betreffend die Entschädigung (etwa zur Wahrung allfälliger Verjährungsfristen) vom Betroffenen anhängig gemacht wurde, der Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung über die Entschädigung zulässig sein. Da in diesem Fall eine gerichtliche Entscheidung über diese Geldleistung nicht mehr erforderlich ist, soll einer derartigen Vereinbarung die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches zukommen. Die verfahrens­beendende Wirkung dieses Vergleiches wird dabei nur hinsichtlich jener Ansprüche eintreten, die von der Vereinbarung umfasst sind; andere Entschädigungsansprüche können uneingeschränkt weiter gerichtlich geltend gemacht werden. Die vorgesehene Regelung über die Vergleichswirkung einer Vereinbarung ist dem § 29 EisenbEntG nachgebildet.

Entsprechend dem § 10 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes soll im § 48 Abs. 5 ausdrücklich klargestellt werden, dass die (parallele) Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches im Amts­haftungsweg den Abschluss einer Entschädigungsvereinbarung nach dem vorliegenden Entwurf wegen des gleichen anspruchsbegründenden Ereignisses nicht hindert. Wird dabei eine Entschädigungszahlung auf Grund des Militärbefugnisgesetzes vor der Entscheidung im Amtshaftungsverfahren geleistet, so vermindert sich der Amtshaftungsanspruch im Ausmaß dieser Zahlung. Dem Bund wird dabei die entsprechende Geltendmachung dieses Umstandes obliegen.

Der in Aussicht genommene Anspruch des Bundes auf Rückersatz einer geleisteten Entschädigung wegen einer Versicherungsleistung (§ 49) an den Entschädigten entspricht in materieller Hinsicht zur Gänze der diesbezüglichen Regelung im Polizeibefugnis‑Entschädigungsgesetz (§ 4 Abs. 3); vgl. hiezu die Erläuterungen zu den §§ 43 bis 45. Aus diesem Grund sind auch die verfahrensrechtlichen Regelungen im vorliegenden Gesetzentwurf – speziell das Modell der sog. “sukzessiven Kompetenz” zwischen verwal­tungsbehördlicher und gerichtlicher Entscheidung – den entsprechenden Bestimmungen in den §§ 11 und 12 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes nachgebildet. Es sind lediglich verschiedene sprachliche und legistische Verbesserungen vorgesehen. Hinsichtlich des geplanten Ausschlusses einer Anfechtbarkeit der Bescheide über die Rückersatzpflicht vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes (Abs. 2) ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Anfechtung für die Fälle der “sukzessiven Kompetenz” bereits nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ausgeschlossen ist; aus Gründen der Rechtsklarheit erscheint allerdings ebenso wie im Exekutivbereich auch im vorliegenden Entwurf die Aufnahme einer ausdrück­lichen diesbezüglichen Bestimmung zweckmäßig. Im Interesse einer Entlastung der Bundesministerien von Formalaufgaben sowie einer Delegierung von Kompetenzen an nachgeordnete Dienststellen soll die Behördenzuständigkeit für diese Rückforderungen dem Heeresgebührenamt übertragen werden. Dieses Amt ist nämlich bereits derzeit in mehreren Fällen mit der Hereinbringung offener Bundesforderungen betraut (siehe § 50 Abs. 1 HGG 1992 und § 78 Abs. 2 HDG 1994).

Im § 50 wird für die Festlegung der Höhe der Entschädigung für eine Inanspruchnahme von Leistungen (§ 46) aus verwaltungsökonomischen Erwägungen – ebenso wie für die Festlegung der Höhe der Entschädigung für eine Befugnisausübung – vorrangig zunächst der Abschluss einer diesbezüglichen (privatrechtlichen) Vereinbarung zwischen dem Bundesheer und dem jeweiligen Anspruchsberechtigten anzustreben sein. Hinsichtlich der näheren Umstände für den Abschluss dieser Vereinbarung siehe die diesbezüglichen Erläuterungen zu § 48.

In gleicher Weise wie bei den Entschädigungen für eine Befugnisausübung soll auch bei den Entschädigungen auf Grund des militärischen Leistungsrechtes im Falle einer nicht zustandekommenden Vereinbarung über die Entschädigung dem Entschädigungswerber der Gerichtsweg zur Durchsetzung seiner Ansprüche eröffnet werden. Im Gegensatz zu den Ansprüchen auf Grund einer Befugnisausübung (diese sind bei einer funktionellen Betrachtung im weitesten Sinn den Amtshaftungsansprüchen gleichzuhalten) sind jene auf Grund der Inanspruchnahme von Leistungen ihrem Rechtscharakter nach als Entschädigungen für einen enteignungsähnlichen Eigentumseingriff anzusehen. In der österreichischen Rechtsordnung wird bei solchen Entschädigungsansprüchen nicht der Rechtsweg in Form einer Klage eröffnet, sondern vielmehr eine Rechtsdurchsetzung im außerstreitigen Verfahren. In verfahrensrecht­licher Hinsicht sind diesbezüglich als Grundmodell die entsprechenden Regelungen im Eisenbahn­enteignungsgesetz anzusehen. Aus rechtssystematischen Erwägungen sollen daher auch bei den Entschädigungen für eine Inanspruchnahme von Leistungen die in diesem Bundesgesetz normierten Bestimmungen anzuwenden sein. Eine inhaltlich weitgehend gleichartige Gestaltung des Verfahrens­rechtes betreffend eine Entschädigungserlangung findet sich im § 13 des Munitionslagergesetzes.

Zu § 51 (Verjährung von Entschädigungsansprüchen):

Nach der derzeit geltenden Rechtslage sind die Anträge auf Entschädigungen bzw. Vergütungen nach dem Militärleistungsgesetz innerhalb von sechs Wochen nach Eintritt des jeweils anspruchsbegründenden Ereignisses einzubringen. Die Ersatzansprüche nach dem Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz verjähren hingegen grundsätzlich drei Jahre nach Kenntnis des Schadens, spätestens jedoch zehn Jahre nach Entstehen des Schadens. Im Interesse einer einheitlichen Verjährungsregelung für sämtliche Entschädi­gungen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll diesbezüglich die wesentlich günstigere Regelung des § 5 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes vorgesehen werden. Damit kann den Rechtsschutz­interessen der Betroffenen in zweckentsprechender Weise Rechnung getragen werden.

Die Bestimmungen über die Verjährung der Rückersatzansprüche des Bundes sowohl gegen seine Organe als auch gegen einen Entschädigten auf Grund einer Versicherungsleistung entsprechen materiell den Bestimmungen über die Verjährung im § 5 Abs. 2 und 3 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes. Die ausdrückliche Normierung der sechsmonatigen Verjährungsfrist der Rückersatzansprüche gegen Bundes­organe erscheint im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auch im vorliegenden Entwurf zweckmäßig.

Zu § 52 (Auszahlung der Entschädigungen):

Die vorgesehenen Regelungen über die Auszahlung der Entschädigungen entsprechen inhaltlich den derzeitigen Bestimmungen des Militärleistungsgesetzes (§ 25 Abs. 2 und 3, § 29 Abs. 5, § 31 Abs. 3, § 32 Abs. 4 und § 33). Im Hinblick auf den Umstand, dass die Höhe der Entschädigung in erster Linie durch eine entsprechende Vereinbarung festgelegt werden soll, ist auch die Möglichkeit eines konsensualen Abweichens von der zweiwöchigen Auszahlungsfrist vorgesehen. Die mit acht Wochen beabsichtigte (längere) Frist für die Auszahlung der Kostenersätze erscheint deshalb erforderlich, da diese Beträge weder einvernehmlich bestimmt noch gerichtlich festgesetzt, sondern vielmehr vom Anspruchsbe­rechtigten formlos angesprochen werden. Für die allenfalls erforderlichen Überprüfungen der geltend gemachten Beträge einschließlich der vorgelegten Nachweise soll den militärischen Organen ein angemessener Zeitraum eingeräumt werden. Hinsichtlich der Betrauung des Heeresgebührenamtes mit der Auszahlung der in Rede stehenden Beträge vgl. die Erläuterungen zu § 49.

Zum 2. Hauptstück (Beschwerden – §§ 53 bis 56):

Zu den §§ 53 bis 56 (Recht auf Gesetzmäßigkeit militärischer Maßnahmen, Beschwerden wegen behaupteter Verletzung subjektiver Rechte, Beschwerden wegen Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen, Amtsbeschwerde):

Im Hinblick auf die weitgehende materielle Vergleichbarkeit der Befugnisausübung im militärischen Bereich mit jener im Bereich der Sicherheitspolizei soll auch im vorliegenden Gesetzentwurf der Normierung militärischer Befugnisse ein Ausbau des Rechtsschutzes für die Bürger an die Seite gestellt werden. Die diesbezüglichen Regelungen des gegenständlichen Gesetzentwurfes entsprechen daher inhaltlich zur Gänze den entsprechenden Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes.

Durch das im § 53 normierte Recht auf Gesetzmäßigkeit militärischer Maßnahmen soll dem Bürger ein subjektiver Rechtsanspruch darauf eingeräumt werden, dass die Befugnisse nach diesem Bundesgesetz ausschließlich nach den ausdrücklich normierten Modalitäten ausgeübt werden. Diese Bestimmung ist dem § 87 SPG inhaltlich nachgebildet.

Der im § 54 Abs. 1 vorgesehenen Entscheidungskompetenz der unabhängigen Verwaltungssenate be­treffend Beschwerden über die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangs­gewalt kommt ausschließlich deklarative Bedeutung zu. Diese Befugnis ist den Verwaltungssenaten nämlich bereits seit dem Inkrafttreten der B-VG – Novelle BGBl. Nr. 685/1988 am 1. Jänner 1991 unmittelbar auf Grund des Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG eingeräumt. Die Aufnahme dieser Bestimmung in den vorliegenden Entwurf erscheint dennoch zweckmäßig, speziell im Interesse einer umfassenden Auflistung der Rechtsschutzmöglichkeiten im militärischen Bereich.

Die Beschwerdemöglichkeit nach § 54 Abs. 2 soll aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen jenen (seltenen) Fällen Rechnung tragen, in denen ein Eingriff in Rechte Dritter durch Maßnahmen zur Wahrnehmung militärischer Angelegenheiten weder durch einen Bescheid noch durch unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur erfolgt ist. Mit dieser Beschwerdemöglichkeit wird daher ein umfassender Rechtsschutz für den gesamten Bereich der militärischen Landesverteidigung verwirklicht. Damit wird auch dem (verfassungs- und völkerrechtlichen) Gebot nach Einräumung einer “wirksamen Beschwerde bei einer nationalen Instanz” im Sinne des Art. 13 MRK vollinhaltlich Rechnung getragen. Zur Vermeidung paralleler Beschwerde­verfahren aus gleichem Anlass soll im Interesse der Verwaltungsökonomie diese Beschwerdemöglichkeit jedoch hinsichtlich solcher Fälle wegfallen, in denen der Betroffene Beschwerde an die Beschwerde­kommission in militärischen Angelegenheiten erheben kann. Diesem parlamentarisch konstituierten Prüforgan für den militärischen Bereich obliegt nämlich nach § 6 Abs. 4 WG eine umfassende Prüfung von Beschwerden. Eine Beeinträchtigung der Rechtsschutzinteressen der Betroffenen ist damit nicht verbunden.

Im Lichte der geltenden Rechtslage (vgl. Art. 80 Abs. 3 B-VG und § 4 WG) sowie der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 6244) sind Amtshandlungen militärischer Organe mangels einer ausdrücklichen anderslautenden Regelung im Zweifel letztendlich immer dem Bundesminister für Landesverteidigung zuzurechnen. Die Willensbildung zu solchen Amtshandlungen wird nämlich nicht im Zuständigkeitsbereich einer (militärischen) Behörde und in deren Namen stattfinden, sondern autonom durch das jeweils einschreitende Organ. Im Interesse der Rechtssicherheit soll deshalb im § 54 Abs. 6, insbesondere auch im Zusammenhang mit allfälligen Verfahren nach Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG vor einem unabhängigen Verwaltungssenat zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer militärischen Befugnisausübung, der Bundesminister für Landesverteidigung ausdrücklich als jene Behörde normiert werden, der solche Tätigkeiten zuzurechnen sind (§ 54 Abs. 6). Damit ist auch die “belangte Behörde” nach § 67c Abs. 2 Z 2 AVG festgelegt. Weitere Regelungen im Zusammenhang mit solchen Verfahren erscheinen – ebenso wie etwa hinsichtlich der inhaltlich vergleichbaren Festnahme nach § 35 VStG oder § 6 SperrGG 1995 bzw. der vorläufigen Festnahme nach § 43 HDG 1994 – nicht erforderlich. Insbesondere werden Schadenersatzansprüche im Falle einer rechtswidrigen Festnahme, entsprechend der diesbezüglichen Judikatur (zB OGH vom 15. November 1989, 1 Ob 43/89, JBl 1990, 456), gestützt auf Art. 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit und auf Art. 5 Abs. 5 MRK unmittelbar unter sinngemäßer Anwendung des Amtshaftungsgesetzes bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden können. Eine vergleichbare Regelung ist auch im § 43 Abs. 3 HDG 1994 sowie im § 6 Abs. 3 SperrGG 1995 vorgesehen.

Die Anrufbarkeit und Prüfungskompetenz der Datenschutzkommission nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen soll durch den vorliegenden Entwurf in keiner Weise eingeschränkt werden. Eine ausschließliche Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate ist im § 55 letzter Satz wie im Exekutivbereich ausschließlich in jenen Fällen vorgesehen, in denen die Datenermittlung das Resultat einer militärischen Befugnisausübung darstellt. Dabei wird nämlich tatsächlich die Rechtmäßigkeit dieser Befugnisausübung einer nachträglichen Prüfung unterzogen. Als Beispiel ist etwa die Informations­beschaffung zum Zwecke der Vorbereitung und Durchführung einer Inanspruchnahme von Leistungen zu nennen.

Die im § 56 beabsichtigte Beschwerdemöglichkeit des Bundesministers für Landesverteidigung gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate bzw. der Datenschutzkommission stellt einen besonderen Fall der Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG dar. Diese Amtsbeschwerden erscheinen wie im Sicherheitspolizeibereich insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit zweckmäßig, da auch in weiten Teilen der militärischen Angelegenheiten nahezu keine verwaltungsgerichtliche Judikatur besteht.

Zum 3. Hauptstück (Rechtsschutz im Bereich der Nachrichtendienste – § 56a):

Im Hinblick auf die besondere Sensibilität der militärischen Nachrichtendienste ist zusätzlich zu den bereits bestehenden bzw. im vorliegenden Entwurf eines Militärbefugnisgesetzes ins Auge gefassten Kontrolleinrichtungen (zB Datenschutzkommission, Ständiger Unterausschuss des Landesverteidigungs­ausschusses, Volksanwaltschaft, Bundesheer-Beschwerdekommission, Rechnungshof, Unabhängiger Ver­waltungssenat, Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof) die Schaffung eines “Rechtsschutzbeauftrag­ten” ins Auge gefasst. Unter Bedachtnahme auf die weitgehend vergleichbaren Rechtsschutzbedürfnisse bei den militärischen Nachrichtendiensten und jenen bei den sog. “besonderen Ermittlungsmaßnahmen” nach der Strafprozessordnung 1975 (optische und akustische Überwachung von Personen unter Verwen­dung technischer Mittel – “Lauschangriff” – nach § 149d ff StPO bzw. automatischer Datenabgleich – “Rasterfahndung” – nach § 149i ff StPO) soll diese Kontrollinstanz in weitgehender Anlehnung an die Konstruktion des “Besonderen Rechtsschutzes” nach den §§ 149n und o StPO gestaltet werden; die entsprechenden Bestimmungen werden daher auch in vergleichbarer Weise auszulegen sein (vgl. hiezu insbesondere den Ausschussbericht 812 BlgNR, XX. GP). Hinsichtlich der Ausschlussgründe nach Abs. 2 Z 3 ist auf die §§ 2 und 3 des Geschworenen– und Schöffengesetzes 1990, BGBl. Nr. 256, zu verweisen. Die Textierung der Prüfungsbefugnis des Rechtsschutzbeauftragten nach Abs. 4 Z 1 ist jener der amtswegigen Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft nach Art. 148a Abs. 2 B-VG nachgebildet.

Zum 5. Teil (Straf- und Schlussbestimmungen – §§ 57 bis 62):

Zu § 57 (Verwaltungsübertretungen):

Die im Abs. 1 vorgesehenen Verwaltungsstraftatbestände sowie die jeweiligen Strafdrohungen ent­sprechen inhaltlich weitgehend den diesbezüglichen Regelungen des Sicherheitspolizeigesetzes (§§ 84 und 85), des Militärleistungsgesetzes (§ 36) und des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes (§ 16). Im Hinblick auf die allgemeinen rechtspolitischen Bestrebungen nach einer Zurückdrängung von Frei­heitsstrafen im Verwaltungsrecht soll diese Strafart nur mehr bei besonders schwerwiegenden Verstößen gegen leistungsrechtliche Verpflichtungen zulässig sein. Für diese Delikte ist unter Bedachtnahme auf ihren spezifischen Unrechtsgehalt und im Hinblick auf die in der Zwischenzeit eingetretene Geld­entwertung auch eine Anhebung des im Jahre 1968 normierten derzeitigen Strafrahmens für Geldstrafen auf 100 000 Schilling geplant; diese Strafdrohung entspricht unter anderem dem § 16 des Munitions­lagergesetzes, BGBl. Nr. 736/1995, dem § 39 Abs. 1 lit. b des Abfallwirtschaftgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, dem § 174 Abs. 1 lit. d des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440, und dem § 8 des Bundesgesetzes über die Ein‑, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977. Bei den Verwaltungsstrafen sollen die Höchstbeträge der Geldstrafen aus gesetzesökonomischen Gründen bereits als entsprechende – im Hinblick auf eine vereinfachte Vollziehung – abgerundete Eurobeträge normiert werden. Bis zum endgültigen Inkrafttreten der Währungsumstellung am 1. Jänner 2002 soll der entsprechende Betrag in Schilling im Wege einer (befristeten) Übergangsbestimmung (§ 61 Abs. 4) festgestellt werden.

Die im Abs. 2 beabsichtigte Bestimmung über die Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände gegen­über gerichtlich strafbaren Handlungen entspricht zahlreichen derartigen Regelungen im Verwaltungs­recht.

Die Zuständigkeit zur Durchführung der Verwaltungsstrafverfahren nach diesem Bundesgesetz soll im Abs. 3 in Anlehnung an die im Wehrrecht überwiegend vorgesehenen diesbezüglichen Regelungsinhalte (zB § 64 WG, § 5 SperrGG 1995, § 14 des Militär-Auszeichnungsgesetzes) gestaltet werden. Die zweitinstanzliche Zuständigkeit wird auf Grund des Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG in jedem Fall den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern zukommen. Im Hinblick auf die Richtlinie 4 der Legistischen Richtlinien 1990 über die Vermeidung einer bloßen Wiederholung geltender Normen sind diesbezüglich im vorliegenden Entwurf keine Regelungen erforderlich.

Zu § 58 (Abgabenfreiheit):

Die beabsichtigte Abgabenfreiheit für Schriften und Amtshandlungen nach dem vorliegenden Gesetz­entwurf entspricht inhaltlich zahlreichen derartigen Regelungen im Wehrrecht (zB § 66 WG, § 86 HDG 1994, § 51 HGG 1992, § 37 des Militärleistungsgesetzes, § 5 des Verwundetenmedaillengesetzes, BGBl. Nr. 371/1975, § 4 des Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetzes 1962, BGBl. Nr. 146, sowie § 4 des Kärntner Kreuz-Zulagengesetzes 1970, BGBl. Nr. 194). Darüber hinaus ist eine solche Befreiung etwa auch im § 14 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes hinsichtlich der Entschädigungsansprüche für polizeiliche Befugnisausübung sowie im § 62 Abs. 6 SPG betreffend das Auskunftsrecht im Exekutiv­bereich normiert.

Der Begriff “Abgaben” umfasst auch sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten “Gebühren”. Im Hinblick auf die Richtlinie 1 der Legistischen Richtlinien 1990 über die sprachliche Knappheit von Rechtsvorschriften erscheint eine ausdrückliche diesbezügliche Normierung entbehrlich.

Zu § 59 (Verweisungen auf andere Bundesgesetze):

Entsprechend der Richtlinie 62 der Legistischen Richtlinien 1990 soll ausdrücklich angeordnet werden, dass Verweisungen im vorliegenden Entwurf auf andere Bundesgesetze grundsätzlich als dynamisch zu verstehen sind. Derzeit sind keine statischen Verweisungen vorgesehen.

Zu § 60 (In- und Außerkrafttreten):

Die ins Auge gefasste Legisvakanz bis zum mit xxx geplanten Inkrafttreten des Militärbefugnisgesetzes ist insbesondere im Hinblick auf die notwendigen Schulungs- und Vorbereitungsmaßnahmen im mili­tärischen Bereich notwendig.

Die Regelungen des dritten Teiles des vorliegenden Entwurfes betreffend eine Inanspruchnahme von Leis­tungen sollen ab xxx das derzeit geltende Militärleistungsgesetz ersetzen; dieses Bundesgesetz ist daher formell außer Kraft zu setzen. Weiters soll durch die ausdrückliche Aufhebung des Art. I Z 8 des III. Hauptstückes des Militärstrafgesetzes auch die Wirksamkeit des § 577 des Allgemeinen Strafgesetzes betreffend die besondere Ermächtigung militärischer Wachen beendet werden; vgl. hiezu die Z 1 und 10 lit. b des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Die (befristete) Übergangsbestimmung des § 61 Abs. 4 soll entsprechend mit Inkrafttreten der Währungsumstellung am 1. Jänner 2002 entfallen. Im übrigen ist eine der Richtlinie 98 der Legistischen Richtlinien 1990 entsprechende Ermächtigung zur frühzeitigen Erlassung von Verordnungen auf Grund des vorliegenden Bundesgesetzes vorgesehen. Aus der ins Auge gefassten Formulierung ergibt sich, dass diese Ermächtigung sowohl hinsichtlich der Stammfassung des Gesetzes als auch künftiger Novellen wirksam wird; die Textierung ist dem § 62 DSG 2000 nachgebildet.

 

Zu § 61 (Übergangsbestimmungen):

In dieser Bestimmung sind die im Zusammenhang mit der Erlassung des Militärbefugnisgesetzes erfor­derlichen Übergangsregelungen zusammengefasst. Dabei sollen aus verwaltungsökonomischen Erwägun­gen bisher erlassene Bescheide und anhängige Verfahren nach dem derzeit geltenden Militärleistungs­gesetz als solche auf Grund des gegenständlichen Entwurfes gelten. Im übrigen soll ein Entschädigungs­anspruch für Schäden auf Grund militärischer Befugnisausübung nur dann entstehen, wenn diese Befugnisse nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes ausgeübt werden; diese Regelung entspricht dem § 17 des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes. Hinsichtlich der geplanten Währungs­umstellung am 1. Jänner 2002 ist eine (befristete) Übergangsbestimmung vorgesehen.

Zu § 62 (Vollziehung):

Die Vollziehung des vorliegenden Entwurfes wird – mit Ausnahme der Bestimmungen über Gebühren und Abgaben sowie über ein gerichtliches Tätigwerden – dem Bundesminister für Landesverteidigung obliegen; vgl. hiezu die Z 4 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Sperrgebietsgesetzes 1995):

Siehe die Ausführungen in Z 12 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen.