86 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte
über den Entschließungsantrag 104/A(E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Bekämpfung der Todesstrafe
Die Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 2. März 2000 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
“Am 24. Februar 2000 wurde in Texas, USA, die 62-jährige Betty Lou Beets mit einer Giftspritze hingerichtet. Gnadengesuche von Beets, die jahrelang physisch und psychisch misshandelt wurde, wurden abgelehnt.
Die Praxis der Todesstrafe ist laut amnesty-international-Jahresbericht 1999 weiterhin weit verbreitet. So wurden in 78 Ländern mindestens 3 899 Personen zum Tode verurteilt und in 37 Staaten mindestens 1 625 Gefangene hingerichtet. In über 90 Staaten ist die Anwendung der Todesstrafe noch gesetzlich verankert.
Laut amnesty wurden 1998 in folgenden Staaten Todesurteile vollstreckt:
Afghanistan mindestens 10 Hinrichtungen
Ägypten mindestens 48 Hinrichtungen
Äthiopien 1 Hinrichtung
Bahamas 2 Hinrichtungen
China mindestens 1 067 Hinrichtungen
Guatemala 1 Hinrichtung
Iran mindestens 66 Hinrichtungen
Japan 6 Hinrichtungen
Jemen mindestens 17 Hinrichtungen
Jordanien mindestens 9 Hinrichtungen
Kirgisistan mindestens 4 Hinrichtungen
Kongo (ehem. Zaire) mindestens 100 Hinrichtungen
Kuba mindestens 5 Hinrichtungen
Kuwait 6 Hinrichtungen
Libanon 2 Hinrichtungen
Nigeria mindestens 6 Hinrichtungen
Oman mindestens 6 Hinrichtungen
Pakistan mindestens 4 Hinrichtungen
Paläst. Autonomiegebiet mindestens 2 Hinrichtungen
Ruanda mindestens 24 Hinrichtungen
Russland (Tschetschenien) mindestens 1 Hinrichtung
Saudi-Arabien mindestens 29 Hinrichtungen
Sierra Leone 24 Hinrichtungen
Simbabwe 2 Hinrichtungen
Singapur mindestens 28 Hinrichtungen
Sudan mindestens 1 Hinrichtung
Syrien mindestens 1 Hinrichtung
Taiwan mindestens 32 Hinrichtungen
Thailand 1 Hinrichtung
USA 68 Hinrichtungen
V. A. Emirate 1 Hinrichtung
Vietnam mindestens 18 Hinrichtungen
Weißrussland mindestens 33 Hinrichtungen
Anzumerken ist, dass in diesen Zahlen extralegale Hinrichtungen, ,Verschwinden-Lassen‘ von Gefangenen oder fragwürdige Todesfälle in Haft nicht enthalten sind. Darüber hinaus sitzen tausende zum Tode verurteilte Häftlinge in Todestrakten ein.
Unterschiedlichste Delikte können die Verhängung der Todesstrafe nach sich ziehen, sei es Mord, Hochverrat oder auch nur Diebstahl. Tatsache ist, dass es keinerlei Grundlagen dafür gibt, dass die Verhängung und Exekution der Todesstrafe ein probates Mittel zur Bekämpfung der Kriminalität ist.
Unterschiedlich hoch ist die Verhängung der Todesstrafe auch unter rassischen bzw. sozialen Gesichtspunkten. So sind es vor allem Angehörige von Minderheiten, die unverhältnismäßig oft zum Tode verurteilt werden. In den USA etwa sind 35 Prozent der Häftlinge in den Todestrakten Schwarze, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung nur zwölf Prozent ausmacht.
Der oben genannte Fall zeigt einmal mehr die Sinnlosigkeit der Todesstrafe auf. In Österreich herrscht breitester Konsens darüber, dass die Todesstrafe einen grausamen und menschenverachtenden Akt darstellt. So ist seit 1968 die Todesstrafe auch unter außerordentlichen Verhältnissen in Österreich abgeschafft (Art. 85 B-VG lautet ,Die Todesstrafe ist abgeschafft‘). Für die Todesstrafe setzen sich höchstens noch extremistische politische Randgruppen ein. Österreich wurde innerhalb des Europarates zu einem Vorkämpfer für die Ächtung der Todesstrafe.
Es muss daher Ziel sein, die Todesstrafe zu bekämpfen, wo immer es möglich ist.”
Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seinen Sitzungen am 16. März und am 25. April 2000 in Verhandlung genommen.
In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Werner Amon, Mag. Walter Posch, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Harald Ofner, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Matthias Ellmauer und die Ausschussobfrau Mag. Terezija Stoisits das Wort.
Im Zuge der Debatte brachten die Abgeordneten Mag. Walter Posch, Dr. Harald Ofner, Matthias Ellmauer und Mag. Terezija Stoisits einen gesamtändernden Abänderungsantrag ein.
Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 105/A(E) in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages einstimmig angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.
Wien, 2000 04 25
Mag. Walter Posch Mag. Terezija Stoisits
Berichterstatter Obfrau
Anlage
Entschließung
Die Bundesregierung, im Besonderen die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten, werden ersucht,
1. sich bei jeder sich bietenden geeigneten Gelegenheit – nicht zuletzt gegenüber Staaten, in denen die Todesstrafe verhängt bzw. vollzogen wird – verstärkt für das Anliegen einer weltweiten Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen;
2. im Rahmen des Europarates auf eine Ratifizierung des entsprechenden Abkommens durch die Mitgliedstaaten zu drängen;
3. jede Gelegenheit zu nützen, unmissverständlich für eine Abschaffung der Todesstrafe in ganz Europa, das heißt auch in Albanien, Georgien, Polen und der Türkei, einzutreten und dieses Thema besonders in Kontakten mit Beitrittskandidaten zur Europäischen Union ausdrücklich zur Sprache zu bringen;
4. innerhalb der Vereinten Nationen, hier vor allem in der Menschenrechtskommission sowie in der diesjährigen Vollversammlung, die das Thema der Todesstrafe diskutieren wird, deutlich für diese Initiative einzutreten und für sie zu votieren;
5. besonders darauf hinzuwirken, dass Kinder und Jugendliche in keinem Staat der Erde der Todesstrafe unterliegen.