127 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 31. 5. 2000

Regierungsvorlage


Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes-Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 148/1999, wird wie folgt geändert:

1. Nach Art. 6 wird folgender Art. 6a eingefügt:

Artikel 6a. (1) Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt.

(2) Sprache und Kultur dieser Volksgruppen sind zu achten, ihre Erhaltung und ihr Bestand sind zu sichern, ihr Wohlergehen ist zu fördern.”

2. Dem Art. 151 wird folgender Abs. 24 angefügt:

“(24) Art. 6a in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 tritt mit 1. xxx 2000 in Kraft.”

Vorblatt

Problem:

Fehlen einer Staatszielbestimmung im Verfassungsrang betreffend die österreichischen Volksgruppen.

Ziel und Lösung:

Schaffung einer entsprechenden Staatszielbestimmung.

Alternative:

Beibehaltung der geltenden Verfassungsrechtslage.

Kosten:

Keine.

Konformität mit EU-Recht:

Gegeben.

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Erläuterungen

Am 24. Juni 1997 haben die Volksgruppenbeiräte für die kroatische Volksgruppe, die slowenische Volksgruppe, die ungarische Volksgruppe, die tschechische Volksgruppe, die slowakische Volksgruppe und die Volksgruppe der Roma der Bundesregierung und dem Nationalrat das “Memorandum der österreichischen Volksgruppen” überreicht. In diesem wird unter anderem die Annahme einer Staatsziel­bestimmung im Verfassungsrang gefordert, welche ein Bekenntnis der Republik Österreich zu ihrer historisch gewachsenen, kulturellen, sprachlichen und ethnischen Vielfalt enthalten soll.

Nach dem vorgeschlagenen Art. 6a Abs. 1 bekennt sich die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Die Formulierung dieser Staatszielbestimmung folgt vergleichbaren Vorbildern (vgl. Art. 7 Abs. 1 und 2 B-VG, Art. 13 B-VG und § 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. Nr. 491/1984). Der Begriff “Volksgruppen” ist im Sinne des § 1 Abs. 2 des Volksgruppengesetzes, BGBl. Nr. 396/1976, zu verstehen. Für diese autochthonen Volksgruppen in ihren angestammten Heimatgebieten wurden bereits auf Grund des Volksgruppen­gesetzes durch die Verordnung der Bundesregierung vom 18. Jänner 1977, BGBl. Nr. 38, in der Fassung der Verordnungen BGBl. Nr. 452/1992 und BGBl. Nr. 895/1993 Volksgruppenbeiräte eingerichtet.

Der vorgeschlagene Art. 6a Abs. 2 soll dem im Zuge der Begutachtung zum Ausdruck gebrachten Anliegen Rechnung tragen, das Bekenntnis zum Schutz der Volksgruppen deutlicher im Wortlaut der Bestimmung zum Ausdruck zu bringen; er folgt – mit geringfügigen sprachlichen Modifikationen – § 1 Abs. 1 des Volksgruppengesetzes.