132 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (75 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang

Personen, die mehr als eine Staatsbürgerschaft besitzen (im folgenden kurz “Doppelbürger” genannt), unterliegen grundsätzlich in allen Heimatstaaten auf Grund des völkerrechtlichen “Personalitätsprinzips” – also der Anwendbarkeit einer Rechtsordnung grundsätzlich auf alle Staatsbürger eines Staates – zur Gänze den in den jeweiligen Heimatstaaten normierten Rechten und Pflichten. Zur Vermeidung der hiedurch bewirkten, sachlich unerwünschten Schlechterstellungen von Doppelbürgern, insbesondere durch mehrfache gleichartige Belastungen, bestehen seit längerer Zeit bi- oder multilaterale Abkommen zwischen zahlreichen Staaten. Diese völkerrechtlichen Verträge sehen ua. regelmäßig die Erfüllung gleichartiger gesetzlicher Verpflichtungen nur in einem Vertragsstaat vor.

Ein typisches Beispiel für die Notwendigkeit der erwähnten Staatsverträge bildet die in vielen Ländern nach wie vor normierte Verpflichtung zur militärischen Dienstleistung als Soldat. Ein Doppelbürger hätte nämlich mangels derartiger Abkommen in allen seinen Heimatstaaten die aus der Wehrpflicht erwachsenden Verpflichtungen zu erfüllen. Diese Konsequenz einer Doppelbürgerschaft stellt für die Betroffenen nicht nur eine erhebliche Mehrbelastung dar, sie erlegt ihnen auf Grund der gegenüber jedem Staat zu erfüllenden besonderen “Treuepflichten” auch kaum lösbare individuelle Probleme im militärischen Bereich auf. Überdies erschweren Wehrdienstleistungen dieser Personen in mehreren Staaten auch in allen betroffenen Ländern diverse militärische Planungs- und Vorbereitungsmaßnahmen in Bezug auf diese Personen in beträchtlichem Umfang, insbesondere im Hinblick auf die mangelnde Vorhersehbarkeit einer möglichen weiteren militärischen Verwendung in den einzelnen Staaten. Aus diesen Gründen sehen verschiedene, im gegenständlichen Bereich bereits seit längerem bestehende internationale Abkommen auch im Wesentlichen vor, daß Doppelbürger ihre Militärdienstpflicht nur gegenüber jenem Heimatstaat erfüllen müssen, zu dem sie jeweils die engsten tatsächlichen Beziehungen haben. In den anderen Staaten sind sie von ihren militärischen Pflichten (zumindest zum größten Teil) automatisch befreit.

Auf bilateraler Ebene besteht ein Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik über die Ableistung des Militärdienstes von Doppelbürgern (BGBl. Nr. 450/1981). Weiters ist Österreich mit Wirkung vom 31. August 1975 dem Europäischen Übereinkommen über die Ver­minderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehr­facher Staatsangehörigkeit (BGBl. Nr. 471/1975 idF BGBl. Nr. 145/1976) beigetreten. Im Hinblick auf diverse in der Vollziehungspraxis aufgetretene Probleme wurde auf multilateraler Ebene eine vollständige Neu­fassung dieses Abkommens unter dem Titel “Europäisches Übereinkommen über Staatsange­hörigkeit” (BGBl. III Nr. 39/2000) erarbeitet.

Die Schweiz ist aus verschiedenen innerstaatlichen Gründen derzeit nicht Mitglied des erwähnten Europä­ischen Übereinkommens. Dieser Staat ist vielmehr bestrebt, die in Rede stehenden Probleme der Doppel­staatsbürger im Wege bilateraler Vereinbarungen – in erster Linie mit den Nachbarstaaten – zu lösen. Derzeit steht ein solches Abkommen seit Frühjahr 1997 mit Frankreich bereits in Geltung, mit allen anderen Nachbarländern wurden entsprechende Vorarbeiten aufgenommen. Mit Österreich konnte im Frühjahr 1997 in zwei Verhandlungsrunden auf Expertenebene Einvernehmen über einen Entwurf für ein derartiges Abkommen erzielt werden, der sich im Wesentlichen an die materiellen Inhalte des erwähnten Europäischen Übereinkommens anlehnt. Dies bedeutet insbesondere auch, daß der in beiden Ländern mögliche zivile Ersatzdienst zur Gänze einer Erfüllung der Wehrpflicht im Wege einer militärischen Dienstleistung als Soldat gleichkommt. Die endgültige Akkordierung des Textes wurde zwischen der Österreichischen Botschaft Bern und dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten vorgenommen.

Das vorliegende Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher nach Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und ist in der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodaß eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Abkommen enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates nach Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 24. Mai 2000 in Verhandlung genommen.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich der Ausschussobmann, Abg. Peter Schieder, sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuss die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang (75 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2000 05 24

                               Matthias Ellmauer                                                                Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann