137 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Verfassungsausschusses


über den Antrag 146/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz – RRG geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen haben am 27. April 2000 den gegenständlichen Antrag im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Zu § 26 Abs. 8:

Beim Verfassungsgerichtshof ist ein Gesetzesprüfungsverfahren anhängig, in dem die Verfassungsmäßig­keit des § 13 des Regionalradiogesetzes, der die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde (nunmehr: Privatrundfunkbehörde) regelt, geprüft wird. Anlass für dieses Gesetzesprüfungsverfahren vor dem Ver­fassungsgerichtshof sind zahlreiche (nämlich insgesamt 73) Beschwerden vor dem Verfassungsge­richtshof, mit dem so gut wie alle von der Privatrundfunkbehörde erteilten Bewilligungen für privaten Rundfunk in Österreich angefochten werden.

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gehen dahin, dass es im Falle einer Behörde mit einem Wirkungsbereich, wie er der Privatrundfunkbehörde zukommt, verfassungsrechtlich geboten sei, eine Beschwerdemöglichkeit an den Verwaltungsgerichtshof vorzusehen. Bei der Privatrundfunkbehörde handelt es sich um eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag, deren Entscheidungen im allgemeinen nach Art. 133 Z 4 von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgenommen sind, wenn nicht der zuständige Gesetzgeber die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt.

Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gehen auf eine erst nach der Einrichtung der Privatrund­funkbehörde ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zurück, nämlich auf das Erkenntnis vom 24. Februar 1999, B 1625/98, betreffend die Telekom-Control-Kommission. Der Bundesgesetzgeber hat auf dieses Erkenntnis bereits reagiert, und zwar hat er mit der Novelle des Regionalradiogesetzes BGBl. I Nr. 160/1999 in § 13 Abs. 7 Regionalradiogesetz die Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes vorgesehen.

Offen blieb bei dieser Novelle ihr Anwendungsbereich, so dass fraglich ist, inwieweit diese Novelle bereits auf die vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen Fälle Anwendung findet. Angesichts der fehlenden Übergangsbestimmungen zu dieser Bestimmung ist nicht auszuschließen, dass der Verfassungsgerichtshof im Falle einer Aufhebung des § 13 Regionalradiogesetz zu dem Ergebnis kommt, dass infolge der Anlassfallwirkung sämtliche Bescheide, die Anlass für die Einleitung des Gesetzes­prüfungsverfahrens waren, aufzuheben sind, und zwar deswegen, weil diese Bescheide noch nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterlegen gewesen sind. Dies hätte zur Folge, dass mit Zustellung des Erkenntnisses so gut wie alle Veranstalter von privatem Rundfunk in Österreich ihren Betrieb einstellen müssten.

Dies nicht aus dem Grund, weil die Bewilligungen inhaltlich rechtswidrig wären, sondern ausschließlich deswegen, weil sie nicht vom Verwaltungsgerichtshof überprüft werden konnten. Allerdings würde die Einstellung des Betriebes von so gut wie allen Privatrundfunksendern wiederum einen verfassungs­widrigen Zustand bewirken, weil nämlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat, dass das vor Erlassung des Regionalradiogesetzes bestehende Rundfunkmonopol, bei dem die Existenz von privaten Rundfunksendern ausgeschlossen war, dem Art. 10 MRK widerspricht. Im Ergebnis würde daher wiederum in Österreich die Meinungsfreiheit beeinträchtigt sein.

Mit der vorgeschlagenen Übergangsbestimmung des § 26 Abs. 8 soll daher eine klare Regelung für das Inkrafttreten der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes auch für die bereits vor dem Verfassungsge­richtshof anhängigen Fälle geschaffen werden. Um eine möglichst rasche Befassung des Verwaltungsge­richtshofes zu ermöglichen, ist die Privatrundfunkbehörde verpflichtet, unverzüglich eine neue Entschei­dung zu treffen, und zwar auf Grund der Sach- und Rechtslage, wie sie zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Entscheidung bestanden hat. Dies ist deswegen gerechtfertigt, weil der Verfassungsgerichtshof in dem Verfahren gerade den Umstand prüft, dass diese konkrete damalige Entscheidung nicht vom Verwal­tungsgerichtshof einer Überprüfung unterzogen werden kann. Dies rechtfertigt auch eine Durchbrechung des sonst aus dem § 66 Abs. 4 AVG abgeleiteten Prinzips, dass eine Verwaltungsbehörde jeweils die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage zu berücksichtigten hat.

Bis zur neuerlichen Entscheidung der Privatrundfunkbehörde bleiben die Wirkungen der aufgehobenen Bescheide aufrecht, so dass die Privatrundfunkunternehmer im Sinne des vorhin Dargelegten vorerst ihren Betrieb fortsetzen können. Nach der Entscheidung hängt im Falle einer neuerlichen Anfechtung die Möglichkeit des Fortbetriebs entsprechend den allgemeinen Grundsätzen davon ab, inwieweit die ange­rufenen Höchstgerichte aufschiebende Wirkung gewähren.

Angesichts der Durchbrechung von allgemeinen Regeln für die anzuwendende Sach- und Rechtslage bzw. der Wirkung von aufhebenden Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes ist es erforderlich, diese Regelung im Verfassungsrang zu treffen.

Zu § 4 Abs. 6 und 7 und § 20 Abs. 2 Z 1:

Entsprechend einem dringenden rechtspolitischen Bedürfnis wird gleichzeitig vorgeschlagen, im Regio­nalradiogesetz die Berücksichtigung von nicht kommerziellen Hörfunkveranstaltern zu regeln. Die rasante Entwicklung am Mediensektor hat gezeigt, dass nicht bloß kommerzielle Gruppen an der Produktion von Privatrundfunk interessiert sind, sondern ebenso auch nicht kommerzielle Veranstalter, die mit ihren Programmen ideelle Ziele verfolgen.

Die Vermittlung von Medienkompetenz, Bereitstellung von medialen Artikulationsmöglichkeiten, Akti­vierung zum emanzipatorischen und eigenverantwortlichen politischen Handeln für den/die einzelne/n (oft auch medial unterrepräsentierte/n) BürgerIn sind die Hauptfunktionen nicht kommerzieller freier Radios, die weder durch den Markt noch durch den öffentlich-rechtlichen Auftrag in ausreichendem Ausmaß gewährleistet werden. Freie Radios sind somit eine demokratiepolitisch wichtige Ergänzung für ein voll entwickeltes Mediensystem.

Um diese begrüßenswerten Aktivitäten der schlagwortartig umrissenen ,Zivilgesellschaft‘ im Bereich des Regionalradiogesetzes zu berücksichtigen, wird im § 4 Abs. 7 eine entsprechende Definition vorgesehen und die sonstigen Bestimmungen des Regionalradiogesetzes entsprechend angepasst.”

Der Verfassungsausschuss hat den Initiativantrag in seiner Sitzung am 24. Mai 2000 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Michael Krüger, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Dr. Peter Kostelka und Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer sowie der Staatssekretär im Bundekanzleramt Franz Morak das Wort.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2000 05 24

                                   Dr. Josef Cap                                                                 Dr. Peter Kostelka

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann