204 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


betreffend den Außenpolitischen Bericht 1999 der Bundesregierung (III-46 der Beilagen)


Der gegenständliche Bericht wurde dem Nationalrat am 31. Mai 2000 zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterbreitet.

In einem Vorwort hält die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten unter anderem Folgendes fest:

“Das Jahr 1999 war für die EU, und damit für Österreich, in mehrfacher Hinsicht von besonderer Bedeutung.

Am 1. Jänner 1999 haben elf EU-Staaten, darunter auch Österreich, den Euro als gemeinsame europäische Währung aus der Taufe gehoben. Mit dem reibungslosen Übergang zum Euro wurde nicht nur auf Anhieb eine Reserve-, Handels- und Anlagewährung von weltweiter Bedeutung geschaffen, er markiert auch einen Qualitätssprung in der wirtschaftlichen und politischen Verflechtung Europas. Die gemeinsame Währung wird einen maßgeblichen Einfluss auf die internationale Stellung Europas und den politischen Gestaltungsspielraum der Union haben. Zugleich markiert sie allerdings nicht nur den Endpunkt, sondern auch den Beginn eines neuen Integrationsprozesses, da sie langfristig zu einer verstärkten wirtschafts- und steuerpolitischen Zusammenarbeit innerhalb der EU führen wird.

Im März 1999 ist mit der Verabschiedung der ,Agenda 2000‘ eines der kompliziertesten Reformvorhaben in der Geschichte der Union gelungen. Wesentliche Änderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Kohäsions- und Strukturpolitik sowie die Festlegung eines Finanzrahmens bis zum Jahr 2006 sollen die künftige Handlungs- und Leistungsfähigkeit, aber auch die Finanzierbarkeit der EU sichern. Damit wurde auch eine wesentliche Voraussetzung für die bevorstehende Erweiterung der Union geschaffen. Aus österreichischer Sicht haben diese Reformen in vielen Bereichen positive Ergebnisse gebracht. So wird zB unser Nettobeitrag zum EU-Haushalt bis 2006 um zirka ein Viertel zurückgehen, konnten der Status des Burgenlandes als Ziel 1-Förderungsgebiet sichergestellt und Sonderregelungen für österreichische Bergbauern durchgesetzt werden.

Mit dem am 1. Mai in Kraft getretenen neuen EU-Vertrag, dem so genannten Vertrag von Amsterdam, erhielt die Europäische Union eine neue ,Verfassung‘, die in wesentlichen Bereichen wie Justiz und Inneres, Beschäftigung, Umwelt und Subsidiarität wichtige Fortschritte bringt. Der neue Vertrag trägt auch zur Erhöhung der Effizienz der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und zur besseren Sichtbarkeit der Union nach außen hin bei. Mit Javier Solana wurde ein angesehener Spitzenpolitiker zum Hohen Vertreter für die GASP und gleichzeitig zum Generalsekretär des EU-Rates bestellt. Die EU verfügt mit ihm und der neu geschaffenen Strategieplanungs- und Frühwarneinheit endlich über eine zentrale Stelle, die die wechselnden Präsidentschaften unterstützt und im Krisenfall sofort tätig werden kann.

Auch bei der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, zu der sich die EU-Staaten im Vertrag von Amsterdam verpflichtet haben, wurden wichtige Etappenziele erreicht. Nachdem der Kosovo-Konflikt die Defizite der GASP aufgezeigt hatte, die ein wirkungsvolles Eingreifen der EU – selbst in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft – verhinderten, sind die europäischen Politiker zur Einsicht gelangt, dass sich eine effiziente Außenpolitik auf glaubwürdige militärische Fähigkeiten stützen muss. Es wurde außer Streit gestellt, dass die NATO das Fundament der kollektiven Verteidigung ihrer Mitglieder bleibt. Gleichzeitig soll aber die EU zu autonomem Handeln bei der Verhütung von Konflikten und der Bewältigung von Krisen befähigt werden. Zu diesem Zweck sollen die Mitgliedstaaten bis 2003 Streitkräfte in der Größe eines Armeekorps bereitstellen, die schnell einsetzbar sind und für eine länger dauernde Operation zur Verfügung stehen. Neue Ratsstrukturen sollen in Krisensituationen eine prompte Beschlussfassung ermöglichen. Da die EU bei größeren Krisenmanagement-Operationen auch in abseh­barer Zukunft auf militärische Mittel und Einrichtungen der NATO wird zurückgreifen müssen, sollen die europäischen NATO-Staaten, die nicht der EU angehören, durch spezielle Konsultationsmechanismen an die Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik angebunden und eine effiziente Zusammenarbeit zwischen EU und NATO vereinbart werden.

So wie mit der Einführung des Euro ein historisches Ereignis das Jahr 1999 einleitete, so wurde es mit einer zukunftsweisenden Weichenstellung abgeschlossen. Nachdem mit Estland, Polen, Slowenien, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern bereits seit 1998 über einen EU-Beitritt verhandelt wird, wurden vom Europäischen Rat in Helsinki im Dezember nun auch Bulgarien, Lettland, Litauen, Malta, Rumänien und die Slowakei zu Beitrittsverhandlungen eingeladen. Darüber hinaus wurde der Türkei der Statuts eines Beitrittskandidaten zuerkannt. Die zu erwartende Aufnahme neuer Mitglieder – die EU hat sich verpflichtet, bis 2003 erweiterungsfähig zu sein – liegt im politischen und wirtschaftlichen Interesse Österreichs. Sie bedeutet die Ausdehnung der europäischen Friedens- und Stabilitätszone, die Öffnung neuer Märkte und das Zusammenwachsen Mittel- und Osteuropas, einer Region, der sich Österreich geschichtlich und kulturell verbunden fühlt. Natürlich wird aber die Bundesregierung bei der bevor­stehenden EU-Erweiterung auch dafür eintreten, dass berechtigte wirtschaftliche, sozialpolitische und ökologische Anliegen Österreichs Berücksichtigung finden.

Friede und Sicherheit in Europa beruhen auf der Tätigkeit mehrerer, einander ergänzender und sich gegenseitig unterstützender Institutionen, zu denen neben der EU vor allem die NATO, die von ihr angebotene Partnerschaft für den Frieden (PfP), der Euroatlantische Partnerschaftsrat, die OSZE und der Europarat zählen. An der militärischen Absicherung der internationalen Friedensaktivitäten in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo, die durch die NATO und PfP-Staaten erfolgt, ist Österreich mit insgesamt fast 700 Soldaten beteiligt.

Die Bemühungen der in Wien ansässigen OSZE um Konfliktverhütung, ziviles Krisenmanagement und Krisennachsorge, die in Südosteuropa, im Baltikum, in Tschetschenien und in mehreren GUS-Staaten unternommen werden, haben in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo den bisher größten Umfang erreicht. Auch die Arbeiten auf Grund des Stabilitätspaktes für Südosteuropa finden unter den Auspizien der OSZE statt. Die österreichische Präsidentschaft der Organisation im Jahre 2000 und die erfolgte Wahl von Walter Schwimmer zum Generalsekretär des Europarates, der wichtigsten Instanz für Demo­kratie, Menschenrechte und Grundfreiheiten in Europa, sind Anerkennung der aktiven Rolle Österreichs bei der Gestaltung Europas.

Wenngleich die Herausforderungen am europäischen Kontinent die österreichische Diplomatie weiterhin in hohem Maße in Anspruch nehmen, so zeigt dieser Bericht doch auch auf, dass das vielfältige Engagement Österreichs weit darüber hinausgeht. Auch sind wir durch die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in die globale Politik der EU eingebunden.

Im Rahmen der Vereinten Nationen hat sich Österreich an den Debatten über die Rolle der Weltorgani­sation bei der Konfliktprävention, der Friedensschaffung, der Wahrung der Menschenrechte, der Armuts­bekämpfung und der Behandlung der Globalisierungseffekte intensiv beteiligt. Trotz allgemeiner Budget­kürzungen ist es auch gelungen, den Amtssitz Wien der Vereinten Nationen wesentlich zu stärken. Auf dem Gebiet der internationalen Rüstungskontrolle ist mit dem Inkrafttreten der Konvention über ein Verbot von Antipersonenminen, an deren Ausarbeitung Österreich maßgeblich beteiligt war, ein erfreuli­cher Fortschritt zu verzeichnen gewesen.

Hervorheben möchte ich schließlich den Beitrag, den Österreich im Laufe der Jahrzehnte zur Linderung der Flüchtlingsnot geleistet hat. Die Zahl der in Österreich aufgenommenen Flüchtlinge sowie der Personen, die bei uns vorübergehend Zuflucht gefunden haben, ist auch 1999 gestiegen. Die Krisen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien waren für die internationale Gemeinschaft auch in dieser Hinsicht eine immense Herausforderung. Österreich hat sich dieser Herausforderung mit der Aufnahme der – gemessen an seiner Bevölkerung – meisten Flüchtlinge aus diesem Raum gestellt.

Der vorliegende Bericht soll ein gutes Bild über die politischen, wirtschaftlichen, entwicklungspoli­tischen, humanitären, kulturellen, konsularischen und administrativen Aufgaben vermitteln. Sie konnten nur dank der außerordentlichen Leistungen der Mitarbeiter des Außenministeriums bewältigt werden. Die Besonderheit des Auswärtigen Dienstes, zu denen insbesondere eine hohe Mobilität zählt, ist oft mit persönlichen und familiären Belastungen verbunden. Es freut mich daher besonders, dass es endlich gelungen ist, dieser mit einem eigenen Bundesgesetz/Statut Rechnung zu tragen. Neben den Pflichten der Angehörigen des Auswärtigen Dienstes wurde darin auch die Fürsorgepflicht des Dienstgebers für seine Bediensteten und deren Familienangehörigen festgeschrieben.”


Der Außenpolitische Ausschuss hat den vorliegenden Bericht in seiner Sitzung am 21. Juni 2000 in Verhandlung genommen und gemäß § 28b Abs. 4 GOG einstimmig beschlossen, den Außenpolitischen Bericht 1999 nicht endzuerledigen.

An der sich daran anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Dr. Madeleine Petrovic, Wolfgang Jung, Dr. Josef Cap, Dr. Peter Pilz, Mag. Karl Schweitzer, Wolfgang Großruck und Dr. Caspar Einem sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner.

Bei der Abstimmung hat der Außenpolitische Ausschuss mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Natio­nalrat die Kenntnisnahme des Berichtes zu empfehlen.

Der Außenpolitische Ausschuss stellt somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Außenpolitischen Bericht 1999 der Bundesregierung (III-46 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2000 06 21

                             Wolfgang Großruck                                                              Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann