255 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Verfassungsausschusses

 

über den Antrag 180/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz)

 

Die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Genossen haben am 6. Juni 2000 den gegenständlichen Antrag im Nationalrat eingebracht.

Der Verfassungsausschuss hat den Initiativantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2000 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen außer der Berichterstatterin, Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, die Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Michael Krüger, Dr. Heinz Fischer, Mag. Terezija Stoisits, Dr. Josef Cap, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Mag. Walter Posch sowie der Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und die Regierungsbeauftragte zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter Dr. Maria Schaumayer das Wort.

Die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Michael Krüger und Mag. Terezija Stoisits brachten einen umfassenden Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages einstimmig angenommen.

Ferner traf der Ausschuss einstimmig folgende Feststellungen:

“Allgemeiner Teil

Das nationalsozialistische Regime hat in seiner unvorstellbar menschenverachtenden Ausformung unendlich viel Leid über Millionen von Menschen gebracht. Österreich, das am 13. März 1938 von Hitler-Deutschland besetzt wurde, hat in den Kriegsjahren als Staat nicht existiert. Es darf aber auch nicht verschwiegen werden, dass unter den größten Verbrechern des nationalsozialistischen Regimes auch Österreicher waren.

Holocaust, aber auch Sklaven- und Zwangsarbeit waren Ausdruck einer grausamen Missachtung der Menschenrechte und bedeutete Deportation von Menschen aller Altersgruppen, ihre Entrechtung, Versklavung, Misshandlung, Verletzung ihrer Menschenwürde und in vielen Fällen ihre Vernichtung durch Arbeit. Viele der Betroffenen haben sich in ihrem späteren Leben vom Trauma der Verschleppung nie mehr befreien können.

Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky betonte am 8. Juli 1991 im Nationalrat die Mitverantwortung Österreichs, indem er ein Bekenntnis ,zu allen Daten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unseres Volkes, zu den guten wie zu den bösen‘ ablegte.

Bundespräsident Dr. Thomas Klestil verwies auf die moralische Mitverantwortung Österreichs, in dem er anlässlich seiner Rede in Jerusalem am 15. November 1994 ausführte: ,Heute wissen wir Österreicher, dass das Eingeständnis der vollen Wahrheit zu lange auf sich warten ließ: Wir wissen, dass wir oft nur davon gesprochen haben, dass Österreich als erster Staat seine Freiheit und Unabhängigkeit an den Nationalsozialismus verlor – aber viel zu selten auch darüber, dass manche der ärgsten Schergen der NS-Diktatur Österreicher waren. Kein Wort der Entschuldigung könnte je den Schmerz über den Holocaust aus dem Gedächtnis löschen – namens der Republik Österreich verbeuge ich mich vor den Opfern von damals.‘

Aus Anlass des 50. Jahrestages der Wiedererrichtung der Republik Österreich wurde der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet, um an das unermessliche Leid zu erinnern, das der Nationalsozialismus über Millionen von Menschen gebracht hat, und der Tatsache zu gedenken, dass auch Österreicher an diesen Verbrechen beteiligt waren. Dieser Fonds erbringt Leistungen als Geste der Anerkennung erlittenen Unrechts an österreichische Opfer des Nationalsozialismus.

Nach der Einrichtung des Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus im Jahr 1995 hat die Österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Viktor Klima und Vize­kanzler Dr. Wolfgang Schüssel den Weg der Aufarbeitung der österreichischen Vergangenheit durch die Einsetzung der Historikerkommission der Republik Österreich 1998 konsequent fortgesetzt.

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Wolfgang Schüssel betonte in seiner Regierungserklärung am 9. Februar 2000: ,Wenn wir über die Zukunft der Jugend reden, dann müssen wir ihr auch etwas ganz Wesentliches mit auf den Weg geben: das Wissen um die Geschichte dieses Landes. Österreichs NS-Vergangenheit erfordert eine besonders wache und kritische Auseinandersetzung und die notwendige Sensibilität für die Strukturen und Mechanismen des nationalsozialistischen Unrechtssystems. Dieses Wissen und die Sensibilität müssen wir künftigen Generationen als Mahnung für die Zukunft weitergeben. Einige wichtige Schritte wurden in den letzten Jahren bereits gesetzt.

Jetzt geht es darum, dass die Bundesregierung im Lichte des Zwischenberichtes der Österreichischen Historikerkommission die ehemaligen NS-Zwangsarbeiter unter Berücksichtigung der Verantwortung der betroffenen Unternehmen rasch entschädigt. Die neue Bundesregierung wird darauf drängen, dass die ehemaligen NS-Zwangsarbeiter so schnell wie möglich zu ihrem Recht kommen.”

Am 15. Februar 2000 hat die Österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer mittels Ministerratsbeschlusses die frühere Präsidentin der Oesterreichischen Nationalbank, Dr. Maria Schaumayer, als Regierungsbeauftragte mit der Führung der Verhandlungen über österreichische Leistungen an ehemalige Sklaven- und Zwangs­arbeiter des nationalsozialistischen Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich beauftragt. Ziel der Verhandlungen war es, durch freiwillige Leistungen Österreichs auf der Grundlage einer eigenständigen österreichischen Fondslösung einerseits einer moralischen Verpflichtung Österreichs gegenüber den Opfern der so genannten Sklavenarbeit und der Zwangsarbeit nachzukommen, die sich aus der Arbeitsleistung der Betroffenen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich ergibt, und andererseits den Rechtsfrieden für die österreichische Wirtschaft auf den mittel- und osteuropäischen Märkten und dem amerikanischen Markt sicherzustellen. Dieser Lösungsansatz, der mit dem vorliegenden Gesetz verwirklicht werden soll, sieht ein Abwicklungsmodell für die österreichischen Leistungen vor, die den hochbetagten Opfern rasch und möglichst ungeschmälert zukommen sollen.

Die Leistungen nach diesem Bundesgesetz werden von der Republik Österreich auf freiwilliger Basis erbracht und setzen sich aus Beiträgen des Bundesbudgets, der Gebietskörperschaften, der österreichischen Wirtschaft und sonstigen Beiträgen zusammen. Auf Grund der Bestimmungen der Artikel 21 und 26 des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demo­kratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, bestehen keine Rechtsansprüche.

Die Regierungsbeauftragte Dr. Maria Schaumayer hat in intensiven Verhandlungen mit allen beteiligten Partnern und zuletzt bei der Versöhnungsfondskonferenz in der Wiener Hofburg am 16. und 17. Mai 2000, die unter dem Ko-Vorsitz des amerikanischen Vizefinanzministers Stuart Eizenstat stattfand, und an der Regierungsdelegationen aus der Republik Belarus, der Polnischen Republik, der Russischen Föderation, der Tschechischen Republik, der Ukraine und der Ungarischen Republik teilnahmen, grund­sätzliche Zustimmung zu den wesentlichen Punkten der geplanten österreichischen Fondslösung für diese Leistungen erhalten.

Es ist beabsichtigt, mit den Regierungen der obgenannten mittel- und osteuropäischen Staaten und den Vereinigten Staaten von Amerika auf der Grundlage des vorliegenden Versöhnungsfonds-Gesetzes Regierungsübereinkommen abzuschließen, in denen sowohl die Rechtssicherheit für die österreichische Wirtschaft gesichert wird, als auch Vorkehrungen für die Abwicklung der Leistungen des geplanten österreichischen Versöhnungsfonds im Wege der in den mittel- und osteuropäischen Ländern bestehenden Versöhnungsstiftungen getroffen werden sollen.

Die Österreichische Bundesregierung und der Österreichische Nationalrat sind sich der Tatsache bewusst, dass die Leiden und Demütigungen der Opfer der Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes, zu denen vor allem auch die Häftlinge in Konzentrationslagern, die zur Arbeit gezwungen wurden (so genannte Sklavenarbeiter), und der zivilen Arbeitskräfte, die auf das Gebiet der heutigen Republik Österreich deportiert oder hier gegen ihren Willen festgehalten und zur Arbeit gezwungen wurden (Zwangsarbeiter), gehörten, mit Geldleistungen nicht gut zu machen sind.

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Österreich anerkennt mit den auf der Basis des vorliegenden Gesetzes zu erbringenden, freiwilligen Leistungen das Leiden der Opfer der Sklaven- und Zwangsarbeit, die ausgenutzt wurden, um einen Beitrag zur damaligen Wirtschaft zu leisten, der in einigen Fällen noch heute nachvollziehbar ist. Für die Opfer war der Ort ihres Einsatzes Österreich, auch wenn es damals nicht existierte.

Die Leistungen aus diesem Gesetz richten sich vorwiegend an diejenigen ehemaligen Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes, die auf Grund der zynischen ,NS-Hierarchie der Nationalitäten‘ in der Zeit des NS-Regimes ein überdurchschnittlich schweres Schicksal und eine besondere Diskriminierung erlitten haben, wobei der Fonds allen Personen offen steht, deren Behandlung durch das NS-Regime den oben erwähnten unmenschlichen Behandlungen gleichkam. Eine Voraussetzung für die Leistung ist die territoriale Zuordnung zum Staatsgebiet der heutigen Republik Österreich.

Das österreichische Versöhnungsfondsgesetz wird Leistungen an Zwangsarbeiter in Industrie und Landwirtschaft erbringen und sieht dafür die Elemente der Deportation bzw. der Verweigerung der Rückkehr in das Heimatland, die schlechten Lebensbedingungen, im Falle der Zwangsarbeiter in der Industrie die haftmäßige Unterbringung oder ähnliche Freiheitsbeschränkungen, im Falle der Zwangs­arbeit in der Landwirtschaft die Einschränkung der persönlichen Rechte oder die besonders strengen Disziplinärmaßnahmen als leistungsbegründend an. Diese Elemente treffen insbesondere auf die Ange­hörigen der früheren Sowjetunion (Ostarbeiter), Polen, Slowenen, Serben, Balten und Tschechen zu.

Darüber hinaus sollen auch Personen leistungsberechtigt sein, die dauernde schwere psychische oder physische Schäden als Resultat ihrer Sklaven- oder Zwangsarbeit davongetragen haben.

Desgleichen anerkennt Österreich auch seine Verantwortung für die Sklavenarbeiter, die auf seinem heutigen Staatsgebiet zur Arbeit gezwungen wurden und berücksichtigt dementsprechend österreichische Sklavenarbeiter und Opfer, die in KZ-ähnlichen Lagern zur Sklavenarbeit gezwungen wurden und von der Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ der Bundesrepublik Deutschland nicht umfasst sind. Zu diesem Personenkreis gehören insbesondere auch ungarische Juden, die in den Jahren 1944 und 1945 von Ungarn in KZ-ähnliche Lager in der Umgebung von Wien deportiert wurden und im Großraum Wien zum Arbeitseinsatz kamen, und jene, die zum Bau des ,Südostwalls‘ auf das Gebiet der heutigen Republik Österreich verbracht wurden, und in der oe. deutschen Stiftung keine Berücksichtigung finden würden.

Als besondere Opfergruppen bedenkt das Gesetz Kinder und Minderjährige, die ohne zur Arbeit gezwungen worden zu sein, mit einem oder beiden Elternteilen mitdeportiert wurden, sowie Zwangs­arbeiterinnen, die Kinder in Ostarbeiterinnen-Entbindungsheimen zur Welt bringen mussten, wo Kinder oft unmittelbar danach zu Tode gebracht wurden, oder die zum Schwangerschaftsabbruch genötigt wurden.

Die Einbeziehung der in den mittel- und osteuropäsichen Staaten (§ 7 Abs. 4) bestehenden Versöhnungsstiftungen dient der Effizienz und Sparsamkeit des Abwicklungsprozesses, wobei auf diese Weise auch vermieden wird, dass bereits registrierte, betagte Opfer erneut einen Antragstellungsprozess über sich ergehen lassen müssen, sofern ihre Unterlagen bereits in den Datenbanken der Stiftungen zur Verfügung stehen. Anträge aus allen anderen Ländern, wie auch Anträge nach § 2 Abs. 1 Z 3 (Härtefälle) werden direkt an den Fonds zu richten sein.

Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat ihre Bereitschaft bekundet, an der Erreichung des Rechtsfriedens in den Vereinigten Staaten mitzuarbeiten, der eine der Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieses Gesetzes ist. Die österreichische Wirtschaft hat in vielfachen Erklärungen ihre Absicht bekundet, nach Erreichung des Rechtsfriedens in den Vereinigten Staaten ihren Beitrag zur Dotierung des Versöhnungsfonds zu leisten.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Der auf die Dauer von drei Jahren eingerichtete Fonds ist in Relation zur zu erwartenden Zahl von bis zu 150 000 potentiellen Leistungsanträgen mit gesamthaft 6 Milliarden Schilling ausreichend dotiert. Ein Restvermögen wird durch Entscheidung des Kuratoriums für Leistungen im Zusammenhang mit Unrecht, das während des nationalsozialistischen Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich geschah, verwendet werden, wobei vor allem auch Erben jener Sklaven- und Zwangsarbeiter, die vor dem Stichtag des 15. Februar 2000 verstorben sind, Berücksichtigung finden sollen.

Bei der Ausarbeitung des Gesetzes wurden neben der Einbeziehung der mittel- und osteuropäischen Regierungen und deren Opferverbänden und Stiftungen sowie der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, auch die Anregungen der österreichischen Opferverbände und der Israelitischen Kultus­gemeinde, jene der anwaltlichen Vertreter von Opfern und jene von beklagten Firmen berücksichtigt. Die Erfahrungen und die Anliegen einer großen Zahl ehemaliger Sklaven- und Zwangsarbeiter sind im Wege einer umfangreichen Korrespondenz der Regierungsbeauftragten ebenso in diesen Prozess eingeflossen.

 

§1 Abs. 1 legt den Zweck des Fonds, seinen Namen und seinen Sitz fest. Die Kurzform des Namens, ,Versöhnungsfonds‘, ist der Öffentlichkeit durch die Berichterstattungen im Zusammenhang mit den Verhandlungen bereits bekannt.

Die Begriffe ,Sklavenarbeit‘ und ,Zwangsarbeit‘ sind in dieser Bestimmung (ebenso wie in § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 2, § 8 Abs. 2 Z 2) nicht in der engeren Bedeutung von § 2 Abs. 1 Z 1 und Z 2 zu verstehen, sondern als sämtliche Tatbestände umfassend, auf Grund derer Leistungen nach diesem Bundesgesetz erbracht werden können.

§ 1 Abs. 2 definiert das Ziel des Fonds, wobei der Beitrag zu Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit im Vordergrund steht und auch im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung der Europäischen Union und der europäische Integration zu sehen ist.

§ 1 Abs. 3 verleiht dem Fonds als Einrichtung der Republik eigene Rechtspersönlichkeit. Seine Tätigkeit übt der Fonds im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung aus (vgl. § 7 Abs. 2).

Zu § 2:

§ 2 regelt die Kriterien für eine Leistungserbringung.

§ 2 Abs. 1 und 2 legen die verschiedenen Kategorien von natürlichen Personen fest, die zum Empfang einer einmaligen Geldleistung auf der Grundlage des Gesetzes berechtigt sind. Mit Ausnahme der mitdeportierten Kinder (Abs. 1 Z 4) ist allen Leistungsberechtigten gemein, dass sie zur Arbeit auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich gezwungen wurden bzw. unter diskriminierenden Bedingungen arbeiten mussten (Abs. 2). Abs. 1 richtet sich an Personen, die ihren Wohnsitz nicht auf dem Gebiet des heutigen Österreich gehabt haben, Abs. 2 an Personen, die während der Zeit des Zweiten Weltkriegs ihren gewöhnlichen Wohnsitz auf dem Gebiet des heutigen Österreich hatten.

Die Kategorien der Abs. 1 und 2 stellen auf objektive Kriterien der Diskriminierung ab und begründen eine Leistung unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation. Gleiches Leid und gleich schwere Diskriminierung sollen unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit mit gleicher Leistung bedacht werden.

Der Einleitungssatz des § 2 Abs. 1 Z 1 umschreibt die drei Möglichkeiten, die das Kriterium der Deportation erfüllen, nämlich zwangsweise Deportation, Verbringung, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (etwa über die Arbeits- oder Einkommensverhältnisse oder die Möglichkeit, jederzeit in das Heimatland zurückzukehren) und Hinderung an der Heimkehr nach freiwilliger Anreise zur Arbeit. Das Kriterium der besonders schlechten Lebensbedingungen soll eine Abgrenzung gegenüber ausländischen Zivilarbeitern ermöglichen, die den deutschen Arbeitern gleich- oder ähnlichgestellt waren.

Die unter § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a und b genannten Bedingungen, welche für eine Leistung jeweils kumulativ mit den Bedingungen des Einleitungssatzes vorliegen müssen, stellen auf die Einsatzmöglichkeiten der Zwangsarbeiter ab, und zwar in der Wirtschaft (lit. a; vgl. § 3 Z 2) bzw. der Landwirtschaft und in der Form persönlicher Dienstleistungen (lit. b; vgl. § 3 Z 3).

In den Fällen des Zwangsarbeitereinsatzes in der Wirtschaft wurden die Betroffenen in der Regel entweder in Barackenlagern untergebracht oder zumindest in ihrer Bewegungsfreiheit massiv einge­schränkt (Bewachung, Ausgangskontrolle usw., aber auch durch das Tragen der obligatorischen Abzeichen ,P‘ für Polen und ,Ost‘ für Ostarbeiter aus der damaligen Sowjetunion).

In der Landwirtschaft waren diese Einschränkungen der Freizügigkeit zwar geringer, jedoch waren die Betroffenen in diesem Fall anderen Beschränkungen unterworfen (die zumeist auch für Industriearbeiter zutrafen), wie zB das Verbot der Fraternisierung, das Verbot der Benützung öffentlicher Einrichtungen und Verkehrsmittel, Beschränkungen der Religionsfreiheit, wobei Zwangsarbeiter bei Verstößen gegen die in den diversen Erlässen geregelten Sondernormen mit schwersten Disziplinärmaßnahmen bis hin zur Einweisung in Konzentrationslager oder den Tod durch den Strang zu rechnen hatten.

§ 2 Abs. 1 Z 2 betrifft die so genannten Sklavenarbeiter, das sind Zwangsarbeiter, die Häftlinge in Konzentrationslagern oder KZ-ähnlichen Lagern waren und unter unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit gezwungen wurden.

Dabei werden Sklavenarbeiter, die gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ der Bundesrepublik Deutschland in einem Konzentrationslager im Sinne des § 42 Abs. 2 Bundesentschädigungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland zur Arbeit gezwungen wurden, vom Leistungsbereich der deutschen Stiftung umfasst (vgl. auch § 4 Abs. 5). Dazu gehören die Konzentrationslager Mauthausen und seine Nebenlager sowie die Nebenlager des Konzentrationslagers Dachau, die sich auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich befanden.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 2 ist als komplementäre Bestimmung zu der oben zitierten Bestimmung des deutschen Stiftungsgesetzes zu sehen. Eine Liste der Lager, die als KZ-ähnlich anzusehen sind, ist diesen erläuternden Bemerkungen als Annex angeschlossen. In jedem Fall zählen dazu jene Lager, in denen die in den Jahren 1944 und 1945 aus Ungarn nach Österreich deportierten ungarischen Juden inhaftiert waren, die von dort aus im Großraum Wien und beim ,Südostwallbau‘ zum Einsatz kamen.

Weiters gehören zu den KZ-ähnlichen Lagern die auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich vom nationalsozialistischen Regime eingerichteten Anhaltelager für Roma und Sinti, von denen aus Deportationen in Konzentrationslager erfolgten. Eine Einweisung in ein Arbeitserziehungslager ist im Regelfall gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 zu bewerten. Die konkreten Umstände können aber auch eine Einstufung gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 rechtfertigen.

Die Sklavenarbeit soll als solche unabhängig davon anerkannt werden, ob der Betroffene vom Konzentrationslager aus zur Arbeit in Fabriken oder an andere Arbeitsplätze (zB Baustellen) verbracht wurde, oder ob die Arbeit im Konzentrationslager erfolgte.

§ 2 Abs. 1 Z 3 ist als Härteklausel konzipiert. Unabhängig davon, ob die Bedingungen des Abs. 1 Z 1 lit. a und b erfüllt sind, sollen jedenfalls jene Personen – wiederum unabhängig von ihrer Nationalität – leistungsberechtigt sein, die durch Zwangsarbeit eine nachweislich schwere oder nachhaltige physische oder psychische Schädigung erlitten haben (Langzeitfolgen). Auch in diesem Punkt genügt eine Glaubhaftmachung, um eine Leistung zu begründen.

§ 2 Abs. 1 Z 4 betrifft Kinder und Minderjährige, die vor Vollendung des 12. Lebensjahres mit einem oder beiden Elternteilen, der (die) Sklaven- oder Zwangsarbeiter gemäß Z 1 bis Z 3 war(en), mitdeportiert oder während des Zwangsarbeitseinsatzes der Mutter auf dem Gebiet des heutigen Österreich geboren wurden. Wie aus Firmenarchiven hervorgeht, hatten Betriebe, die Zwangsarbeiter beschäftigten, teilweise Kinderverwahrungsorte eingerichtet. Jedenfalls erlitt diese Personengruppe bei der Deportation ein den Erwachsenen mindestens vergleichbares Trauma. Die Altersgrenze erklärt sich durch den Umstand, dass Kinder und Minderjährige unter zwölf Jahren normalerweise nicht zum Arbeitseinsatz kamen. Dies trifft jedoch nicht auf KZ-Häftlinge zu.

Sollte ein Kind oder Minderjähriger unter 12 Jahren zur Arbeit gezwungen worden sein, steht eine eigenständige Leistung nach Z 1 bis 3 zu.

§ 2 Abs. 2 regelt die Leistungen an Personen, die während des nationalsozialistischen Regimes ihren gewöhnlichen Aufenthalt auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich hatten und aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung, auf Grund des Vorwurfes der so genannten Asozialität oder im Zusammenhang mit medizinischen Experimenten unter Bedingungen arbeiten mussten, die jenen des Abs. 1 Z 1 lit. a oder b gleichkamen.

Österreichische Sklavenarbeiter sind durch Abs. 1 Z 2 erfasst. Der Tatbestand des Abs. 2 erfasst heutige Österreicher und damals in Österreich wohnhafte Personen, die aus den genannten Gründen in Lagern oder unter vergleichbaren Bedingungen oder unter besonderer Diskriminierung arbeiten mussten. Eine Liste dieser Lager findet sich im Annex zu diesem Ausschussbericht. Zu ihnen zählen Lager für so genannte ,Mischlinge‘ oder für Personen aus ,geschützten Ehen‘, aber auch die Zwangsarbeit bei kommunalen Einrichtungen, wie Müllsammelstellen, oder bei der Bombenräumung und dergleichen.

Eine Verpflichtung zur Arbeit im Zusammenhang mit medizinischen Experimenten liegt vor, wenn zB Personen, die im Rahmen von Euthanasieprogrammen (zB am Spiegelgrund) in Anstalten eingewiesen wurden, an diesem Ort auch eine Arbeitsleistung zu erbringen hatten. Dabei sollen in diesem Falle auch Opfer berücksichtigt werden, die nur deshalb keine Arbeitsleistung zu erbringen hatten, weil dies ihr gesundheitlicher Zustand nicht zuließ.

§ 2 Abs. 3 stellt fest, dass Kriegsgefangene keine Leistungen erhalten werden. Dabei ist es unerheblich, ob Kriegsgefangene als solche bezeichnet wurden oder – wie im Falle der italienischen Militärinternierten – aus völkerrechtswidrigen Gründen nicht als solche bezeichnet wurden. Ebenso wenig ist die Entschei­dung des nationalsozialistischen Regimes von Bedeutung, Kriegsgefangene nicht freizulassen, sondern ihren Status in den eines Zivilarbeiters umzuwandeln.

Zu § 3:

Die österreichischen Beträge für die einzelnen Kategorien (ausgenommen Härtefälle) sind Fixbeträge, was dem Prinzip der individuellen Leistungsberechtigung entspricht (vgl. auch die Stichtagsregelung im § 4 Abs. 2).

Die Beträge werden in österreichischen Schilling (nach dem 1. Jänner 2002 in Euro) ausbezahlt werden. Die Beträge (zB 105 000 S für Sklavenarbeiter) erklären sich aus den Beträgen der deutschen Stiftung (siehe oben), die für die beiden Kategorien Sklavenarbeiter und Zwangsarbeiter in gewerblichen Unternehmen oder bei öffentlichen Einrichtungen bis zu 15 000 DM bzw. bis zu 5 000 DM vorsehen. Aus Gründen der Gleichbehandlung  orientieren sich die Beträge des Gesetzes an den deutschen Beträgen.

Im Falle von Zwangsarbeit in der Landwirtschaft und im Bereich der persönlichen Dienstleistungen sieht die deutsche Stiftungslösung keine ausdrückliche Leistung vor (eine Leistung kann dennoch durch eine Öffnungsklausel durch die mit der Abwicklung betrauten Stiftungen erfolgen).

§ 3Abs. 1 Z 1 sieht eine Leistung von 105 000 S für Sklavenarbeiter vor (vgl. die Erläuterungen zu § 2 Abs. 1 Z 2).

§ 3 Abs. 1 Z 2 setzt die Leistung für Zwangsarbeiter in der Industrie, im Gewerbe, der Bauwirtschaft, Elektrizitätswirtschaft und in der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, in öffentlichen Einrichtungen, bei der Reichsbahn und der Reichspost mit 35 000 S fest. Die höhere Leistung als jene für landwirtschaftliche Zwangsarbeiter (Z 3, siehe unten) erklärt sich aus den im Regelfall härteren Arbeitsbedingungen in der Industrie bzw. im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen.

Dazu kam eine, vor allem in den letzten beiden Kriegsjahren nicht zu unterschätzende Gefährdung durch die alliierten Bombardements. Es war den Zwangsarbeitern in der Industrie nicht erlaubt, bei Bombenangriffen die Luftschutzkeller aufzusuchen. Eine beträchtliche Anzahl von Zwangsarbeitern starb bei den Bombardements der für die Alliierten strategisch wichtigen industriellen Kriegsziele.

Nach Angaben der mit diesen Fragen befassten Historiker ist davon auszugehen, dass nahezu jeder gewerbliche Betrieb und die meisten öffentlichen Einrichtungen Zwangsarbeiter einsetzten. Da bei der Leistungserbringung insbesondere das Kriterium der Deportation und des damit verbundenen Traumas eine wesentliche Rolle spielt, wurde von einer differenzierten Zumessung nach Dauer des Zwangs­arbeitereinsatzes Abstand genommen. Ebenso wird in Fällen, in denen es eine Fluktuation zwischen Industrie und Landwirtschaft gegeben hat (zB Ernteeinsatz von Industriearbeitern) der höhere Betrag der Industriekategorie geleistet werden, sodass die Leistung von 20 000 S des § 3 Abs. 1 Z 3 nur an jene Personen zur Auszahlung gelangen wird, die ausschließlich in der Landwirtschaft oder ausschließlich im Bereich der persönlichen Dienstleistungen gearbeitet haben.

Daneben wird es Leistungen nach § 3 Abs. 1 Z 3 auch für Zwangsarbeit im Bereich der persönlichen Dienstleistungen (Haushalt, Hotels usw.) geben, da auch diese Arbeiten im Normalfall unter wesentlich besseren Bedingungen erfolgten als im Bereich der Industrie und der öffentlichen Dienstleistungen.

Kinder und Minderjährige unter zwölf Jahren (vgl. § 2 Abs. 1 Z 4) werden gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 den Betrag des Elternteils, mit dem sie mitdeportiert wurden, bzw., im Falle der auf dem Gebiet des heutigen Österreich geborenen Kinder, jenen der Mutter erhalten. Im Falle der Mitdeportation mit beiden Elternteilen, denen ein unterschiedlicher Betrag zusteht, gilt der höhere Betrag.

§ 3 Abs. 1 Z 5 regelt eine zusätzliche Leistung (zusätzlich zur Leistung für die Sklaven- oder Zwangsarbeit), welche für Mütter vorgesehen ist, die ihre Kinder während der Sklaven- oder Zwangsarbeit in speziellen Geburtenheimen (Ostarbeiterinnen-Entbindungsheime) zur Welt bringen mussten (was im Normalfall den Tod des Kindes zur Folge hatte) oder zum Schwangerschaftsabbruch genötigt wurden.

§ 3 Abs. 2 gibt den Organen des Fonds eine Flexibilität bei der Bemessung von Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 (Härtefälle), indem für Leistungen an die Betroffenen nur die Höchstgrenzen der jeweils zutreffenden Kategorien festgelegt sind. Da die von den Partnerorganisationen (siehe unten) vertretenen Opfer bei Erfüllung der Kriterien des § 2 Abs. 1 in jedem Falle als Leistungsberechtigte angesehen werden, kommt eine Leistungszumessung nach § 2 Abs. 1 Z 3 nur beim Fonds in Betracht.

§ 3 Abs. 3 stellt eine Kollisionsnorm dar und bestimmt, dass Personen, die die Voraussetzungen nach mehreren Kategorien erfüllen, den jeweils höchsten Betrag erhalten.

Zu § 4:

§ 4 erläutert nähere Details der Leistungen.

§ 4 Abs. 1 hält fest, dass es auf Grund der Artikel 21 und 26 des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, keinen Rechtsanspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz geben kann.

Artikel 21 des Staatsvertrages besagt: ,Von Österreich werden keine Reparationen verlangt, die sich aus dem Bestehen eines Kriegszustandes in Europa nach dem 1. September 1939 ergeben‘. Schon auf der Potsdamer Konferenz (siehe Verhandlungsprotokoll der Konferenz, 2. August 1945) und anlässlich der 6. Session des Rates der Außenminister in Paris (siehe Kommuniqué der 6. Session, 20. Juni 1949) hatten die Alliierten in einer fast gleich lautenden Bestimmung vereinbart, von Österreich keine Reparationen zu verlangen. Nach dem Verständnis des damaligen Völkerrechts umfasste der Begriff der Reparationen zum einen alle mit einem Krieg in Zusammenhang stehenden Handlungen und erstreckte sich somit auch auf Ansprüche, die aus Zwangsarbeit abgeleitet werden könnten. Er umfasste ferner auch individuelle Ansprüche aus kriegsbedingten oder mit dem Krieg in Zusammenhang stehenden Tatsachen. Daraus folgt, dass die Alliierten Mächte bereits durch die Vereinbarungen von Potsdam und Paris, die in Artikel 21 des Staatsvertrages vertraglich bestätigt wurden, auf Geltendmachung aller Entschädigungsansprüche wegen geleisteter Zwangsarbeit verzichtet haben.

Artikel 26 des Staatsvertrages regelt völkerrechtlich verbindlich und in abschließender Weise die Verpflichtung Österreichs zur Rückgabe von Vermögen, das im Gebiet der Republik seit dem 13. März 1938 Personen wegen ihrer rassischen Abstammung oder Religion unrechtmäßig entzogen wurde, oder – wenn eine solche Rückgabe nicht mehr möglich ist – zur Entschädigung. Durch Notenwechsel mit den drei Westalliierten aus dem Jahre 1959 haben diese angesichts der bis dahin erlassenen Rückstellungsgesetzgebung und der in diesen Notenwechseln vorgesehenen Maßnahmen verzichtet, weitere auf diese Bestimmung gestützte Forderungen im diplomatischen Wege vorzubringen oder zu unterstützen.

§ 4 Abs. 2 wiederholt den individuellen Charakter der Leistungen, die als Geste für das persönlich erlittene Unrecht verstanden werden will, weshalb diese Leistungen weder pfändbar, noch verpfändbar sind. Die Leistungen sollen nach Erfüllung eines minimalen Beweiserfordernisses erbracht werden. Urkunden können, müssen aber nicht vorgelegt werden. Wegen des langen Zeitablaufes seit den Geschehnissen genügt eine Glaubhaftmachung, die auch auf andere Weise als durch Urkunden zB Zeugenaussagen erfolgen kann.

Der Stichtag 15. Februar 2000, mit dem eine Vererblichkeit des Anspruches eintritt (ein langer Zeitablauf nach Beginn der Erarbeitung einer Regelung für die Leistungen soll nicht zu Lasten der Opfer gehen), wurde mit dem Tag der Bestellung der Regierungsbeauftragten Dr. Maria Schaumayer durch den Ministerrat festgesetzt. Für die Erbfolge im Falle des Ablebens eines Opfers am oder nach dem Stichtag gilt das jeweilige nationale Erbrecht des Leistungsberechtigten (testamentarisches oder gesetzliches Erbrecht).

§ 4 Abs. 3 regelt die Antragsfrist (Einlangen der Anträge bis zwei Jahre ab Inkrafttreten des Bundesgesetzes; Ausschlussfrist), die im Vergleich zu ähnlichen Regelungen (das oe. deutsche Stiftungsgesetz setzt die Antragsfrist mit acht Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes fest) großzügig bemessen ist. Zusätzlich kann das Kuratorium (§ 11) eine Verlängerung der Antragsfrist um höchstens ein Jahr beschließen. Anträge können bei den Partnerorganisationen (§ 7 Abs. 4) oder direkt beim Fonds eingebracht werden.

Es ist vorgesehen, dass Organisationen, die Opfer in Ländern außerhalb der Länder der Partnerorganisationen vertreten (,Rest der Welt‘), Sammelübermittlungen von Anträgen durchführen können. Die Leistungsberechtigung der in den Sammelanträgen enthaltenen Personen werden vom Fonds individuell geprüft und Leistungen auf Grund der Sammelanträge direkt an die Leistungsberechtigten erbracht werden.

§ 4 Abs. 4 legt fest, dass Anträge an den Fonds von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben befreit sind.

§ 4 Abs. 5 regelt Abgrenzungen gegenüber der Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ der Bundesrepublik Deutschland.

Personen, die von dieser Stiftung eine Leistung auf Grund von Sklavenarbeit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Z 1 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ (nicht auf Grund von Vermögensansprüchen) erhalten können (vgl. erläuternde Bemerkungen zu § 2 Abs. 1 Z 2), sind von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ausgeschlossen.

Zwangsarbeiter gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 sollen nach dem zweiten Satz des § 4 Abs. 5 je nach der überwiegenden Dauer ihres Einsatzes nur eine Leistung, und zwar entweder aus der Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ oder nach diesem Bundesgesetz erhalten können, wobei eine Leistung vom Fonds nur bei einem überwiegenden Teil des Zwangsarbeitereinsatzes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich erbracht wird.

Den Organen des Fonds wird weiters aufgetragen, Anträge, für die nicht der Fonds, sondern die deutsche Stiftung zuständig ist, nicht zurückzuweisen, sondern zur Vermeidung eines Zeitverlustes und im Sinne einer unbürokratischen Erledigung direkt an die Abwicklungsstelle der Stiftung weiterzuleiten bzw. solche im umgekehrten Falle auch direkt von der Stiftung entgegenzunehmen.

Der letzte Satz des § 4 Abs. 5 trägt dem Fonds auf, die Abgrenzungsregelung der überwiegenden Dauer gegenüber der deutschen Stiftung auch in den Verträgen mit den Partnerorganisationen zu berücksichtigen und bei den Partnerorganisationen auf die Vermeidung von Doppelzahlungen zu achten.

Zu § 5:

§ 5 Abs. 1 verpflichtet die Leistungsempfänger zum Anspruchsverzicht auf weitere Leistungen auf Grund von Sklaven- und Zwangsarbeit gegenüber der Republik Österreich und österreichischen Unternehmen. Diese Erklärung hat der Leistungsempfänger beim Empfang der Leistung Zug um Zug zu unterfertigen. Die Erklärungen sind entweder durch die Partnerorganisationen vorzubereiten und nach Unterfertigung an den Fonds weiterzuleiten (§ 8 Abs. 2 Z 5) oder den Leistungsberechtigten vom Fonds vor Auszahlung zur Unterschrift vorzulegen.

Die Begriffe ,Sklavenarbeit‘ und ,Zwangsarbeit‘ sind in dieser Bestimmung wie in § 1 Abs. 1 zu verstehen.

Satz 2 und 3 des § 5 Abs. 1 trägt dem Umstand Rechnung, dass die deutsche Stiftung und der österreichische Fonds bei ihren Leistungen für Sklaven- und Zwangsarbeiter (nicht jedoch in den Fällen des § 2 Abs. 1 Z 4) gleichzeitig befreiend für Deutschland und Österreich und die Unternehmer beider Staaten leisten, weshalb auch die Verzichtserklärung den unwiderruflichen Verzicht auf die Geltendmachung von Forderungen gegen beide Staaten und die Unternehmen beider Staaten beinhalten muss. Da die Verzichtserklärung im Falle der deutschen Stiftung auch Vermögensschäden umfasst, wird mit der deutschen Stiftung, die ebenfalls eine Verzichtserklärung für beide Staaten und Unternehmen beider Staaten vorsieht, eine Zweiteilung der von der deutschen Stiftung von Leistungsempfängern verlangten Erklärung zwischen Leistungen für Vermögensschäden und Leistungen für Sklaven- und Zwangsarbeit zu vereinbaren sein.

§ 5 Abs. 2 definiert den im vorhergehenden Absatz verwendeten Begriff des österreichischen Unternehmens. Die Definition entspricht spiegelbildlich der deutschen Regelung im § 12 Abs. 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘.

Zu § 6:

Der Fonds verfügt über einen Gesamtbetrag von 6 Milliarden Schilling (Abs. 1), welcher aus vier potentiellen Quellen gespeist wird:

Z 1: Vom Bund nach Maßgabe des jeweils geltenden Bundesfinanzgesetzes,

Z 2: von anderen Gebietskörperschaften,

Z 3: aus allen Bereichen der Wirtschaft und

Z 4: durch sonstige Zuwendungen.

Eine Aufteilung des Gesamtbudgets auf die Beitragenden ist nicht im Gesetz vorgesehen, jedoch tritt das Gesetz erst in Kraft, wenn die erwähnten Mittel in vollem Umfang zur Verfügung stehen (§ 17), dh. dem Fonds rechtsverbindlich zugesagt sind.

Eine Nachschusspflicht für den Fonds über seinen Gesamtbetrag hinaus besteht nicht (Abs. 2). Fondsbeiträge sind von allen Steuern und Abgaben befreit (Abs. 3).

Zu § 7:

Die Abwicklung der Leistung kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen. Einerseits wird die Abwicklung im Wege über die in Abs. 4 genannten Partnerorganisationen erfolgen, das sind die zwischen Deutschland und Polen, Russland, Weißrussland und der Ukraine 1991 bzw. 1993 ins Leben gerufenen Versöhnungsstiftungen sowie die seitens der Regierung der Tschechischen Republik jüngst gegründete tschechische Stiftung und die Stiftung ,Jüdisches Erbe in Ungarn‘. Für die Details der Abwicklung, wie Steuer- und Abgabenfreiheit, Kontrolle usw. wird in bilateralen Abkommen mit den jeweiligen Staaten vorgesorgt werden (vgl. § 8 Abs. 2).

Andererseits können die Leistungswerber ihre Anträge auch direkt beim Fonds stellen (§ 7 Abs. 1). Dies trifft sowohl für Antragsteller aus den Ländern der Partnerorganisationen zu, sofern sie nicht von den Partnerorganisationen erfasst sind (dh. nicht in den Datenbanken der Partnerorganisationen enthalten sind), als auch für jene Personen, die ihren Antrag aus anderen Ländern als jenen der Partner­organisationen stellen. Eine Vermeidung der Doppelleistung wird durch die zwischen dem Fonds und den Stiftungen abzuschließenden Verträge (§ 8 Abs. 2) sicherzustellen sein.

Im Fall von Anträgen an den Fonds erfolgt die Leistung, wie auch im Falle der Vorlage von Sammelanträgen an den Fonds, direkt an den Antragsteller.

§ 7 Abs. 2 stellt fest, dass der Fonds die Leistungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbringt und es sich um keine hoheitsrechtliche Aufgabe handelt.

§ 7 Abs. 3 regelt die Steuerfreiheit von Leistungen des Fonds und der Partnerorganisationen.

Bei den Partnerorganisationen des § 7 Abs. 4 handelt es sich durchwegs um Regierungsstiftungen, die durch die bilateralen Abkommen mit den Regierungen der jeweiligen Länder als Abwicklungsorgani­sationen festgelegt werden und für ihre Tätigkeit einen Ersatz der Verwaltungskosten erhalten (vgl. § 8 Abs. 1).

Die weltweite Bekanntmachung der Leistungen nach diesem Bundesgesetz (§ 7 Abs. 5) soll im Hinblick auf den betroffenen Personenkreis nicht primär durch Zeitungsinserate, sondern durch Interviews der Fondsorgane mit internationalen Print- und elektronischen Medien, im Wege des Netzes der österreichischen Vertretungsbehörden bzw. österreichischer Dienststellen im Ausland und durch die Partnerorganisationen erfolgen, deren Aufwand im Rahmen der Verwaltungskosten (vgl. § 8 Abs. 1) ersetzt wird.

Die Richtlinien des Fonds (§ 7 Abs. 6) werden vom Kuratorium erlassen (§ 11 Abs. 1 Z 2) und sollen den Fondsorganen Leitlinien für die Leistungsentscheidungen, insbesondere in den im § 3 Abs. 2 genannten Härtefällen, geben.

Zu § 8:

§ 8 regelt die Kooperation mit den Partnerorganisationen.

Der tatsächliche Bedarf der an die Partnerorganisationen zuzuweisenden Mittel ergibt sich aus dem Ergebnis der stichprobenartigen Prüfung der von den Partnerorganisationen vorgelegten Listen (§ 8 Abs. 1). Dabei wird in den Verträgen zwischen dem Fonds und den Partnerorganisationen (§ 8 Abs. 2) festzulegen sein, in welchen Tranchen die Listen (etwa Listen zu 1 000 oder 1 500 Personen) den Fondsorganen vorgelegt werden.

Die kürzest mögliche Frist für die Zuweisung der Mittel ergibt sich aus der Notwendigkeit der Durchführung einer seriösen, stichprobenartigen Kontrolle, die in den Stichprobenfällen jedenfalls eine Überprüfung der in Österreich zur Verfügung stehenden Akten (Firmenarchive, Meldebehörden, Sozialversicherungsakten usw.) und im jeweiligen Herkunftsland zumindest eine Überprüfung des Überlebens des Antragstellers im Wege er lokalen Behörden bzw. durch die österreichischen Vertretungs­behörden umfassen soll.

Im Falle ungeklärter Ansprüche bei der stichprobenartigen Kontrolle ist vor der Übernahme einer weiteren Liste jedenfalls eine Klärung aller Problemfälle herbeizuführen. Die Listen sollen den Vor- und Nachnamen, Geburtsdatum und Geburtsort, die Nationalität zum Zeitpunkt der Deportation, den Ort der Deportation und Zeitraum, Ort und Arbeitgeber der Zwangsarbeit beinhalten.

Die Wohnsitzregelung nach den jeweiligen bilateralen Abkommen bezieht sich auf die Tatsache, dass einige Stiftungen auch über Unterlagen von Personen in ihren Datenbanken verfügen, die am 15. Februar 2000 ihren Wohnsitz in anderen als den Ländern der Partnerorganisationen hatten. Dies rührt von dem Umstand her, dass die im Jahre 1993 in den ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion eingerichteten Stiftungen die Verteilung von deutschen Leistungen auch in den baltischen Staaten und in Moldau übernahmen und daher auch möglicherweise nach diesem Bundesgesetz anspruchsberechtigte Opfer in den Datenbanken der Stiftungen datenmäßig erfasst sind.

Als Verwaltungskostenersatz, der alle mit den Leistungen nach diesem Bundesgesetz zusammenhängen­den Personal- und Sachkosten einschließlich der für die Bekanntmachung nach § 7 Abs. 5 erforderlichen Kosten abdecken soll, können die den Stiftungen vom Schweizerischen Kriegsopferfonds zur Verfügung gestellten 5,5% der Gesamtsumme als Obergrenze angesehen werden. Die Überweisung der Verwaltungs­kosten soll anteilsmäßig mit der Approbierung der jeweiligen Listen erfolgen.

Die österreichische Herkunft der Mittel und der Leistungszweck, die von der Partnerorganisation gegenüber den Leistungsberechtigten und der Öffentlichkeit in den betreffenden Staaten entsprechend betont werden sollen, kann zB mittels Kundmachung in den Medien und in Begleitbriefen zu den Zahlungsanweisungen (die mit der zu unterfertigenden Erklärung gemäß § 5 Abs. 1 übermittelt werden sollten) bekannt gegeben werden. Des weiteren ist in den Partnerorganisationen auch eine organisato­rische Eigenständigkeit der die österreichischen Leistungen betreffenden Datei- und Verwaltungsabläufe sicherzustellen.

§ 8 Abs. 2 regelt den Verzicht der Regierungen der im § 12 Abs. 1 Z 8 genannten Staaten auf die Geltendmachung des diplomatischen Schutzrechtes im Zusammenhang mit Sklaven- und Zwangsarbeit. Dieser Verzicht, der die Verzichtserklärung von Leistungsempfängern gemäß § 5 Abs. 1 ergänzt, ist in den jeweiligen bilateralen Abkommen vorzusehen. Er soll dem Anliegen der österreichischen Wirtschaft Rechnung tragen, umfassenden und dauerhaften Rechtsfrieden innerhalb und außerhalb Österreichs zu erlangen. Damit wird auch der abschließende Charakter der österreichischen Leistungen an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich dokumentiert.

Die Begriffe ,Sklavenarbeit‘ und ,Zwangsarbeit‘ sind in § 8 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 Z 2 wie in § 1 Abs. 1 zu verstehen.

Die Details der Leistungserbringung werden in den bilateralen Abkommen mit den im § 7 genannten Staaten und in Verträgen zwischen dem Fonds und den Partnerorganisationen festgelegt (vgl. auch § 7 Abs. 6).

§ 8 Abs. 2 Z 1 bis 5 regelt den Mindestinhalt der bilateralen Abkommen.

Z 1 entspricht der Regelung im § 8 Abs. 2.

Z 2 nimmt auf das hohe Alter der Antragsteller Rücksicht und soll verhindern, dass in den Datenbanken der Partnerorganisationen vollständig dokumentierte Personen, die im Zuge früherer Leistungen registriert wurden, erneut Anträge einbringen müssen.

Z 3 soll die Kontrollmöglichkeit der Tätigkeit der Partnerorganisationen durch Vertreter des Fonds eröffnen.

Z 4 stellt sicher, dass Leistungen auf Grund dieses Bundesgesetzes von Ländern mit Partnerorganisa­tionen nicht zum Anlass genommen werden können, andere, den Leistungsempfängern in irgendeinem Bereich zustehende Einkünfte zu mindern.

Z 5 verpflichtet die Partnerorganisationen zur Leistungsauszahlung gegen Erklärung nach § 5 Abs. 1 und zur Vorlage der Erklärung an den Fonds. Die Modalitäten der Übermittlung der Erklärung sind in den Verträgen zwischen Fonds und Partnerorganisationen (§ 8 Abs. 2) zu regeln.

Abs. 3 legt fest, dass es sowohl bei den Partnerorganisationen, als auch beim Fonds eine internationale Wirtschaftsprüfung geben muss, deren Kosten vom Fonds zu tragen sind. Die Auswahl der Wirtschaftsprüfung bei den Partnerorganisationen erfolgt im Einvernehmen zwischen der jeweiligen Partnerorganisation und dem Fonds. Die Mitsprache der Partnerorganisationen bei der Auswahl der Wirtschaftsprüfung durch den Fonds ist durch die Vertretung der Länder mit Partnerorganisationen im Kuratorium gesichert.

Zu § 9:

Die Abs. 1 und 2 behandeln Datenschutzfragen, die sich bei der Tätigkeit des Fonds und der Partner­organisationen stellen.

Abs. 1 betrifft das Recht von Fonds und Partnerorganisationen Auskünfte im eigenen und im jeweils anderen Staat einzuholen, sofern sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Eine Interessensabwägung bei der Auskunft über personenbezogene Daten hat zu erfolgen.

Die Auskunftspflicht umfasst auch Auskünfte nach dem Bundesarchivgesetz in seiner Fassung vom 17. August 1999 (BGBl. I Nr. 162/1999). Die österreichischen Unternehmen werden gebeten, ihre Archive für Nachweise hinsichtlich der geleisteten Sklaven- und Zwangsarbeit zu öffnen.

Abs. 2 verbietet die Verwendung der Daten für andere als die Zwecke dieses Bundesgesetzes. Eine Weitergabe der Daten kann nur mit Zustimmung des Berechtigten erfolgen.

Zu §§ 10 bis 14:

Die Organe des Fonds werden im § 10 Abs. 1 abschließend aufgezählt. Der Fonds wird gemäß § 10 Abs. 2 nach außen nur vom Vorsitzenden des Kuratoriums vertreten.

Die Aufgaben des Kuratoriums sind im § 11 Abs. 1 demonstrativ aufgezählt. Das Kuratorium hat diese Aufgaben jedenfalls wahrzunehmen. Im Falle von Entscheidungen über Härtefälle gemäß § 3 Abs. 2, die vom Kuratorium oder gemäß Z 5 auch vom Komitee entschieden werden können, ist eine Feststellung sowohl hinsichtlich der Art als auch hinsichtlich der Höhe der Leistung zu treffen.

§ 12 regelt die Zusammensetzung des Kuratoriums, welches im Hinblick auf den Kreis der betroffenen Opfer eine breite internationale Mitgliedschaft aufweist. Von den 23 Mitgliedern sind neben dem Vorsitzenden elf Mitglieder der öffentlichen Hand und Wirtschaftsseite zuzurechnen, elf Mitglieder vertreten Opferinteressen. Der Vorsitzende verfügt über das Dirimierungsrecht. Der § 12 ist eine Verfassungsbestimmung, weil das Kuratorium ein Organ darstellt, welches sich sowohl aus Vertretern der Verwaltung als auch aus Vertretern der Gesetzgebung zusammensetzt.

Den gemäß § 12 Abs. 1 Z 8 entsendungsberechtigten Staaten steht es frei, Opfervertreter oder Vertreter der Partnerorganisationen in das Kuratorium zu entsenden. Die internationalen Vertreter sind vollberechtigte Mitglieder des Kuratoriums.

§ 12 Abs. 3 ermöglicht die Beiziehung von Opfervertretern, Historikern oder anderen Experten für einzelne Tagesordnungspunkte, nicht jedoch für die Dauer der gesamten Sitzung des Kuratoriums.

§ 12 Abs. 4 stellt fest, dass die Mitgliedschaft im Kuratorium ehrenamtlich ist. Notwendige Auslagen werden vom Fonds ersetzt.

Das Komitee (§ 13) ist als Entscheidungsorgan für jene Angelegenheiten des Fonds gedacht, die ihm vom Kuratorium aus Gründen der Arbeitsvereinfachung und der Verwaltungsökonomie übertragen werden. Es muss in Intervallen zusammentreten, die es erlauben, die unter den Bedingungen des § 8 Abs. 1 geforderte Mittelzuweisung in kürzest möglicher Frist an die Partnerorganisationen zu bewerkstelligen.

Der Generalsekretär des Versöhnungsfonds ist gemäß § 14 das Exekutivorgan des Fonds.

Zu § 15:

Abs. 1 lässt eine Verwendung der Erträge des Fondsvermögens und sonstige Einnahmen nur im Sinne des Fondszwecks (§ 1) zu. Vom Fondszweck umfasst sind auch die Personal- und Sachkosten.

Der Versöhnungsfonds wird laut Abs. 2 nach drei Jahren aufgelöst, sein etwaiges Restvermögen durch Entscheidung des Kuratoriums für Leistungen im Zusammenhang mit Unrecht, das während des nationalsozialistischen Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich geschah, verwendet, wobei vor allem auch Erben jener Sklaven- und Zwangsarbeiter, die vor dem Stichtag des 15. Februar 2000 verstorben sind, Berücksichtigung finden sollen.

Zu § 16:

Enthält die Feststellung, dass in diesem Bundesgesetz vorkommende Ausdrücke geschlechtsneutral zu interpretieren sind.

Zu § 17:

Die Inkrafttretensklausel dieses Bundesgesetzes enthält eine doppelte Konditionalität: die in § 6 erwähnten Mittel müssen in vollem Umfang zur Verfügung stehen, dh. dem Fonds verbindlich zugesagt sein, und die Abkommen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern und den Vereinigten Staaten (§ 8 Abs. 2; mit denen der Rechtsfriede in diesen Ländern gewährleistet wird) müssen unterzeichnet sein.

Anlage

Liste der Lager, deren Inhaftierte als Leistungsberechtigte
des Versöhnungsfondsgesetzes in Frage kommen

1. Konzentrationslager oder einem solchen Lager gleichzuhaltende Haftstätten:

–   Häftlinge der Konzentrationslager Mauthausen und Nebenlager sowie die auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich gelegenen Nebenlager des Konzentrationslagers Dachau sind von der deutschen Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung, Zukunft‘ umfasst

–   Lager für ungarische Juden in Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark (Strasshof, Laxenburg und ähnliche)

–   Lager für ungarische Juden beim Südostwallbau

 

–   Anhaltelager für Roma und Sinti (Lackenbach, Maxglan und ähnliche)

2. Lager für Zwangsarbeiter (Polen, Ostarbeiter ua.):

–   Lager für Industrie-Zwangsarbeiter (bei den verschiedenen Industrie- und Gewerbeunternehmen)

–   Arbeitserziehungslager (Innsbruck-Reichenau, Oberlanzendorf und ähnliche):

     Eine Einweisung in ein Arbeitserziehungslager ist im Regelfall als Zwangsarbeit nach § 2 Abs. 1 Z 1 zu bewerten. Die konkreten Umstände können aber auch eine Einstufung gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 (KZ oder KZ-ähnlich) rechtfertigen.

3. Lager für Zwangsarbeiter auf Grund politischer Gründe, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, auf Grund körperlicher und geistiger Behinderung, auf Grund des Vorwurfes der Asozialität oder im Zusammenhang mit medizinischen Experimenten:

–   Lager für Industrie-Zwangsarbeiter (bei den verschiedenen Industrie- und Gewerbeunternehmen)

–   Arbeitserziehungslager (Innsbruck-Reichenau, Oberlanzendorf und ähnliche):

     Eine Einweisung in ein Arbeitserziehungslager ist im Regelfall als Zwangsarbeit nach § 2 Abs. 1 Z 1 zu bewerten. Die konkreten Umstände können aber auch eine Einstufung gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 (KZ oder KZ-ähnlich) rechtfertigen.

–   Arbeitslager für österreichische, staatenlose oder ausländische Juden, die sich nach 1938 und vor 1943 auf österreichischem Gebiet befanden, ,Mischlinge‘, Personen aus geschützten Ehen usw. (Doppl, Eisenerz, Marchegg, Mitterweißenbach und ähnliche)

–   Einsatz im kommunalen Bereich (Müllsammelstellen, Bombenräumung und Ähnliches)

–   Justizhäftlinge: Nachweis des politischen Deliktes wird im Einzelfall zu prüfen sein

–   allfällige Arbeitseinsätze im Zusammenhang mit der zwangsweisen Einweisung in Kliniken (Euthanasiefälle) (Spiegelgrund und ähnliche)”

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2000 06 30

                  Mag. Dr. Maria Theresia Fekter                                                Dr. Peter Kostelka

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann

Anlage

 

Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehe­malige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungs­fonds-Gesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. (1) Mit diesem Bundesgesetz wird ein Fonds zur Erbringung von Leistungen an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich eingerichtet. Er trägt die Bezeichnung “Fonds für Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit (Versöhnungsfonds)”. Der Fonds hat seinen Sitz in Wien.

(2) Der Fonds hat zum Ziel, durch eine freiwillige Geste der Republik Österreich gegenüber natür­lichen Personen, die durch das nationalsozialistische Regime zu Sklaven- oder Zwangsarbeit auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich gezwungen wurden, einen Beitrag zu Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit zu leisten.

(3) Der Fonds ist eine Einrichtung der Republik Österreich, unterliegt österreichischem Recht, besitzt eigene Rechtspersönlichkeit und dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken.

§ 2. (1) Der Fonds erbringt einmalige Geldleistungen an natürliche Personen, die vom national­sozialistischen Regime

           1. zwangsweise oder unter Vortäuschung falscher Tatsachen zur Arbeit in das Gebiet der heutigen Republik Österreich verbracht wurden oder nach freiwilligem Aufenthalt auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich an einer Heimkehr gehindert wurden, hier zur Arbeit gezwungen wurden, besonders schlechten Lebensbedingungen unterworfen waren und entweder

                a) haftmäßig untergebracht oder sonst einer wesentlichen Freiheitsbeschränkung unterworfen waren oder

               b) in ihren persönlichen Rechten eingeschränkt und besonders strengen Disziplinärmaßnahmen unterworfen waren (Zwangsarbeiter bzw. Zwangsarbeit); oder

           2. während einer Inhaftierung in einem auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich gelegenen Konzentrationslager oder in einer einem solchen Lager gleichzuhaltenden Haftstätte unter un­menschlichen Bedingungen zur Arbeit gezwungen wurden (Sklavenarbeiter bzw. Sklavenarbeit); oder

           3. unter den im Einleitungssatz der Z 1 genannten Voraussetzungen durch die Arbeit eine nach­weislich schwere oder nachhaltige physische oder psychische Schädigung erlitten haben (beson­dere Härtefälle); oder

           4. als Kinder oder Minderjährige vor Vollendung des 12. Lebensjahres zusammen mit einem oder beiden Elternteilen (Z 1 bis Z 3) in das Gebiet der heutigen Republik Österreich verbracht oder während des Zwangsarbeitseinsatzes der Mutter hier geboren wurden.

(2) Der Fonds erbringt weiters einmalige Geldleistungen an natürliche Personen, die vom nationalsozialistischen Regime ohne die Bedingung des Einleitungssatzes des Abs. 1 Z 1 zu erfüllen, aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orien­tierung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung, auf Grund des Vorwurfes der so genannten Asozialität oder im Zusammenhang mit medizinischen Experimenten auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich unter Bedingungen arbeiten mussten, die jenen des Abs. 1 Z 1 lit. a oder b gleich­kamen.

(3) An ehemalige Kriegsgefangene werden Leistungen nicht erbracht.

§ 3. (1) Die Höhe der Leistungen beträgt:

           1. 105 000 S bei Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 (Sklavenarbeiter).

           2. 35 000 S bei Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 (Zwangsarbeiter), die Zwangsarbeit in Industrie, Gewerbe, Bauwirtschaft, Elektrizitätswirtschaft und in der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, in öffentlichen Einrichtungen, bei Reichsbahn oder Reichspost leisten mussten.

           3. 20 000 S bei Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 (Zwangsarbeiter), die Zwangsarbeit aus­schließlich in der Land- und Forstwirtschaft oder in Form persönlicher Dienstleistungen (Haus­halt, Hotels uä.) leisten mussten.

           4. Kinder und Minderjährige gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 erhalten den Betrag, der dem Elternteil zusteht oder zustehen würde. Bei Deportation mit beiden Elternteilen, die unterschiedliche Beträge er­halten oder erhalten würden, gilt der jeweils höhere Betrag.

           5. An Frauen, die während der Zeit ihres Einsatzes als Zwangsarbeiterinnen Kinder in Ost­arbeiterinnen-Entbindungsheimen zur Welt brachten oder zum Schwangerschaftsabbruch genötigt wurden, kann eine zusätzliche Leistung von 5 000 S erbracht werden.

(2) Die im § 2 Abs. 1 Z 3 angesprochenen Härtefälle können Leistungen bis zum Höchstbetrag der ihrem Einsatz entsprechenden Kategorie (Abs. 1 Z 2 oder 3) erhalten.

(3) Personen, die die Voraussetzungen für mehrere Kategorien erfüllen, erhalten den jeweils höchs­ten Betrag.

§ 4. (1) Artikel 21 und 26 des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. Nr. 152/1955, werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt, ein Rechtsanspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz besteht daher nicht.

(2) Leistungen nach diesem Bundesgesetz sind höchstpersönlich und als solche zu beantragen. Sie sind weder pfändbar noch verpfändbar. Sie können nur gewährt werden, wenn der Antragsteller das Vorliegen der Voraussetzungen durch Urkunden oder auf andere Weise glaubhaft macht. Ist der Leistungsberechtigte am oder nach dem 15. Februar 2000 verstorben, treten an seine Stelle die Erben nach dem jeweiligen nationalen Recht.

(3) Es können nur Anträge berücksichtigt werden, die innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bei der zuständigen Partnerorganisation oder, sofern es sich um Personen handelt, die von keiner Partnerorganisation erfasst werden, unmittelbar beim Fonds einlangen. Das Kuratorium kann eine Verlängerung der Antragsfrist um höchstens ein Jahr zulassen. Anträge, die unmittelbar beim Fonds einzubringen sind, können auch gesammelt durch Organisationen erfolgen, die, ohne eine der in § 7 Abs. 4 genannten Partnerorganisationen zu sein, die Interessen von Personen gemäß § 2 vertreten. Die Leistungen werden in diesen Fällen vom Fonds direkt an die Leistungsberechtigten erbracht.

(4) Anbringen an den Fonds sind von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben befreit.

(5) Personen, die im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 eine Leistung aus der Stiftung “Erinnerung, Verant­wortung und Zukunft” der Bundesrepublik Deutschland erhalten können, sind von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ausgeschlossen. Personen, im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 können Leistung nach diesem Bundesgesetz nur dann erhalten, wenn ihr Zwangsarbeitseinsatz zum überwiegenden Teil auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich stattfand. Der Fonds hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Anträge, für deren Behandlung er nicht zuständig ist, direkt an die Abwicklungsstelle der Stiftung “Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” der Bundesrepublik Deutschland weitergeleitet werden bzw. Anträge, die der Stiftung zukamen, entgegengenommen werden können. Andererseits ist sicherzustellen, dass es bei Leistungen an Zwangsarbeiter zu keinen Doppelzahlungen seitens der Stiftung bzw. des Fonds kommt.

§ 5. (1) Die Auszahlung der Leistung hat zur Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger eine Erklärung abgibt, mit Erhalt einer Leistung nach diesem Bundesgesetz auf die Geltendmachung von Forderungen für Sklaven- und Zwangsarbeit gegen die Republik Österreich oder österreichische Unter­nehmen unwiderruflich zu verzichten. Der Fonds hat sicherzustellen, dass Sklaven- und Zwangsarbeiter, die im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 oder Z 1, Leistung aus der Stiftung “Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” der Bundesrepublik Deutschland erhalten, auch den unwiderruflichen Verzicht auf die Geltendmachung von Forderungen für Sklaven- und Zwangsarbeit gegenüber der Republik Österreich und österreichischen Unternehmen abgeben. Umgekehrt haben die Sklaven- und Zwangsarbeiter, die im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 oder Z 1 Leistung auf Grund dieses Bundesgesetzes erhalten, in ihrer Erklärung gegenüber dem Fonds auch auf die Geltendmachung von Forderungen für Sklaven- und Zwangsarbeit gegen die Bundesrepublik Deutschland und deutsche Unternehmen unwiderruflich zu verzichten.

(2) Österreichische Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind alle Unternehmen, die ihren Sitz auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich hatten oder haben, sowie deren Muttergesellschaften, auch wenn diese ihren Sitz im Ausland hatten oder haben. Österreichische Unternehmen sind weiters außerhalb des Gebietes der heutigen Republik Österreich gelegene Unternehmen, an denen österreichische Unter­nehmen gemäß Satz 1 unmittelbar oder mittelbar mit mindestens 25 vH beteiligt waren oder sind.

§ 6. (1) Zur Durchführung seiner Aufgaben verfügt der Fonds über Mittel im Betrag von 6 Milliarden Schilling. Diese stammen aus:

           1. Zuwendungen des Bundes nach Maßgabe des jeweils geltenden Bundesfinanzgesetzes,

           2. Zuwendungen anderer Gebietskörperschaften,

           3. Zuwendungen aus allen Bereichen der Wirtschaft und

           4. sonstigen Zuwendungen.

(2) Der Fonds ist mit dem in Abs. 1 genannten Gesamtbetrag abschließend dotiert. Eine Nachschuss­pflicht besteht nicht.

(3) Zuwendungen an den Fonds unterliegen nicht der Erbschafts- und Schenkungssteuer oder ähnlichen finanziellen Belastungen mit gleichem Ziel oder gleicher Wirkung.

§ 7. (1) Die Erbringung einer Leistung gemäß § 3 an die in § 2 Abs. 1 und 2 genannten Personen erfolgt entweder durch die in Abs. 4 genannten Partnerorganisationen, mit deren Staaten hierüber bilaterale Abkommen bestehen, oder direkt durch den Fonds, soweit die Personen nicht von den in Abs. 4 genannten Partnerorganisationen erfasst sind.

(2) Die Leistungen des Fonds erfolgen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung.

(3) In Österreich unterliegen Zuwendungen des Fonds oder der Partnerorganisationen weder der Erbschafts- und Schenkungssteuer noch beim Empfänger der Zuwendung einer Steuer vom Einkommen und Ertrag.

(4) Partnerorganisationen sind

            – die Stiftung “Verständigung und Aussöhnung” in der Republik Belarus,

            – die Stiftung “Deutsch-Polnische Aussöhnung” in der Republik Polen,

            – die Stiftung “Verständigung und Aussöhnung” in der Russischen Föderation,

            – der “Tschechische Rat für die NS-Opfer” in der Tschechischen Republik,

            – die Nationale Stiftung “Verständigung und Aussöhnung” in der Ukraine,

            – die Stiftung “Jüdisches Erbe in Ungarn” in der Republik Ungarn.

(5) Der Fonds sorgt in Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes für eine angemessene weltweite Bekanntmachung der nach diesem Bundesgesetz möglichen Leistungen. Diese beinhaltet insbesondere Informationen über den Fonds und die Partnerorganisationen, die Leistungsvoraussetzungen, Anmeldefristen und über in diesem Zu­sammenhang notwendige Datenüberprüfungen.

(6) Nähere Vorschriften über die Erbringung der Leistungen werden in den Richtlinien des Fonds erlassen und sind in die zwischen dem Fonds und den Partnerorganisationen zu schließenden Verträge (§ 8 Abs. 2) aufzunehmen.

§ 8. (1) Mittel des Fonds werden den Partnerorganisationen je nach tatsächlichem Bedarf innerhalb kürzest möglicher Frist auf Grund der von diesen übermittelten und vom zuständigen Organ des Fonds stichprobenartig überprüften Listen von Personen gemäß § 2 Abs. 1, die am 15. Februar 2000 ihren stän­digen Wohnsitz in den in den bilateralen Abkommen gemäß § 7 Abs. 1 genannten Ländern hatten, sowie zur Deckung der bei den Partnerorganisationen entstehenden Personal- und Sachkosten einschließlich der Kosten für die Bekanntmachung gemäß § 7 Abs. 5, in angemessener Höhe zugewiesen. Dabei ist Vorsorge zu treffen, dass die österreichische Herkunft der Mittel und der Leistungszweck gegenüber den Leistungsberechtigten und der Öffentlichkeit in den betreffenden Staaten entsprechend betont werden.

(2) In Abkommen mit den in § 12 Abs. 1 Z 8 genannten Staaten ist vorzusehen, dass die betreffenden Staaten weitere Forderungen gegen die Republik Österreich oder österreichische Unternehmen aus dem Titel ehemalige Sklaven- oder Zwangsarbeit weder geltend machen noch vertreten oder unterstützen. Die Modalitäten der Zuwendung von Leistungen werden in Abkommen mit den in § 7 genannten Staaten sowie in Verträgen zwischen dem Fonds und den Partnerorganisationen geregelt. Soweit in Staaten Partnerorganisationen gemäß § 7 Abs. 4 eingerichtet sind, ist in Abkommen darüber hinaus vorzusehen, dass

           1. die Glaubhaftmachung der Leistungsberechtigung durch Unterlagen oder auf sonstige geeignete Weise erfolgt,

           2. Personen, deren vollständige und geprüfte Unterlagen über die von ihnen geleistete Sklaven- und Zwangsarbeit sich im Besitz der Partnerorganisationen befinden, nicht verpflichtet sind, neue Anträge auf Auszahlungen einzureichen,

           3. Vertreter des Fonds oder von diesen beauftragte Personen in die Tätigkeiten der Partnerorgani­sationen, soweit sie mit der Durchführung dieses Bundesgesetzes zusammenhängen, Einsicht nehmen oder auf andere Weise mitwirken können,

           4. die Leistungen ohne Abzüge weiterzugeben sind und insbesondere nicht zur Minderung von Einkünften aus dem System der sozialen Sicherheit und dem Gesundheitswesen führen dürfen,

           5. Leistungen nur gegen Abgabe der Erklärung gemäß § 5 Abs. 1 gewährt und diese Erklärungen an den Fonds weitergeleitet werden.

(3) Im Interesse größtmöglicher Transparenz ist auch eine entsprechende regelmäßige internationale Wirtschaftsprüfung bei den Partnerorganisationen vorzusehen, deren Kosten vom Fonds getragen werden und deren Auswahl im Einvernehmen zwischen der jeweiligen Partnerorganisation und dem Fonds zu treffen ist. Die internationale Wirtschaftsprüfung für den Fonds wird durch das Kuratorium beschlossen.

§ 9. (1) Der Fonds und die Partnerorganisationen sind berechtigt, von Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen Auskünfte einzuholen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Eine Auskunftserteilung darf nur unterbleiben, wenn besondere gesetzliche Bestimmungen dem entgegen­stehen oder die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen die berechtigten Informations­interessen des Fonds oder der Partnerorganisationen überwiegen.

(2) Die eingeholten Auskünfte dürfen nur für die Erfüllung der Zwecke nach diesem Bundesgesetz, personenbezogene Daten eines Antragstellers nur im Rahmen der Erbringung der Leistungen verwendet werden. Die Verwendung dieser Daten für andere Zwecke ist nur zulässig, wenn der Antragsteller aus­drücklich zustimmt.

§ 10. (1) Organe des Fonds sind das Kuratorium (§ 11), das Komitee (§ 13) und der Generalsekretär (§ 14).

(2) Der Fonds wird nach außen vom Vorsitzenden des Kuratoriums vertreten.

§ 11. (1) Das Kuratorium ist das oberste Organ des Fonds. Ihm obliegen insbesondere:

           1. Die Erlassung und Veröffentlichung der Geschäftsordnung des Fonds.

           2. Die Erlassung der Richtlinien des Fonds über die Erbringung von Leistungen.

           3. Die Bestellung der Mitglieder des Komitees.

           4. Die Beschlussfassung über die Finanzordnung.

           5. Die Festlegung jener Leistungen, die durch das Komitee zu entscheiden sind.

           6. Die Feststellung von Leistungen, soweit dies nicht dem Komitee übertragen wird.

           7. Die Beschlussfassung über die Veranlagung des Fondsvermögens.

           8. Die Kontrolle über die widmungsgemäße Verwendung des Fondsvermögens.

           9. Die Beauftragung und Durchführung einer regelmäßigen internationalen Wirtschaftsprüfung.

         10. Die Genehmigung des Rechnungsabschlusses.

         11. Der Beschluss über den halbjährlichen Bericht an die Bundesregierung.

(2) Die Bundesregierung hat dem Hauptausschuss des Nationalrates den Bericht gemäß Abs. 1 Z 11 unverzüglich vorzulegen und für eine Veröffentlichung zu sorgen.

§ 12. (Verfassungsbestimmung) (1) Dem Kuratorium gehören an:

           1. der Bundeskanzler, der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, der Bundesminister für Finanzen, der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit oder von diesen entsandte Vertreter aus dem jeweiligen Ressort,

           2. je ein von den im Nationalrat vertretenen Parteien zu entsendendes Mitglied,

           3. ein Mitglied, welches von der Landeshauptleutekonferenz zu entsenden ist,

           4. drei Wirtschaftsvertreter, die von der Arbeitgemeinschaft “Plattform Humanitäre Aktion” entsendet werden,

           5. ein Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände und Widerstandskämpfer Österreichs,

           6. der Leiter des Dokumentationszentrums des Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes oder ein von ihm zu entsendender Vertreter,

           7. der Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma oder ein von ihm zu entsendender Vertreter,

           8. je ein Vertreter der Regierungen der Republik Belarus, der Republik Polen, der Russischen Föderation, der Tschechischen Republik, der Ukraine, der Republik Ungarn und der Vereinigten Staaten von Amerika, sofern diese einen solchen entsenden, und

           9. ein von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zu entsendender Rechtsanwalt.

(2) Vorsitzender des Kuratoriums ist der Bundeskanzler. Das Kuratorium wählt auf Vorschlag des Vorsitzenden einen Stellvertreter des Vorsitzenden, der seinerseits durch das an Jahren älteste sonstige Mitglied gemäß Abs. 1 Z 1 vertreten wird. Das Kuratorium fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden oder des Mitglieds, das ihn vertritt.

 

(3) Das Kuratorium kann beschließen, zu einzelnen Tagesordnungspunkten Vertreter von Personen gemäß § 2 Abs. 1 und 2 oder andere Auskunftspersonen zu hören.

(4) Die Funktionen im Kuratorium werden ehrenamtlich ausgeübt; notwendige Auslagen werden vom Fonds ersetzt.

§ 13. (1) Dem Komitee gehören der Vorsitzende des Kuratoriums oder ein von ihm bestellter Vertreter als Vorsitzender, ein weiteres vom Kuratorium bestelltes Mitglied als Stellvertreter des Vor­sitzenden sowie drei weitere vom Kuratorium bestellte Mitglieder an.

(2) Das Komitee entscheidet im Umfang seiner Ermächtigung (§ 11 Z 5) über die Erbringung von Leistungen.

(3) Das Komitee entscheidet über die stichprobenartige Kontrolle der von den Partnerorganisationen übermittelten Listen von Personen gemäß § 2 Abs. 1 und über geeignete Maßnahmen auf Grund der Ergebnisse.

(4) Der Vorsitzende des Komitees (oder sein Stellvertreter) hat dem Kuratorium in jeder Kura­toriumssitzung über die in der Zwischenzeit vom Komitee getroffenen Entscheidungen zu berichten.

§ 14. (1) Der Generalsekretär dient der Unterstützung des Vorsitzenden des Kuratoriums bei der Verwaltung des Fonds und bereitet die Feststellungen und Entscheidungen des Kuratoriums und des Komitees vor.

(2) Der Generalsekretär wird auf Vorschlag des Vorsitzenden vom Kuratorium bestellt.

§ 15. (1) Erträge des Fondsvermögens und sonstige Einnahmen sind nur im Sinne des Fondszwecks zu verwenden. Dies schließt Personal- und Sachkosten ein.

(2) Der Fonds wird auf drei Jahre befristet eingerichtet. Nach Zeitablauf wird das restliche Vermögen des Fonds durch Entscheidung des Kuratoriums für Leistungen im Zusammenhang mit Unrecht, das während des nationalsozialistischen Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich geschah, verwendet werden, wobei vor allem auch Erben jener Sklaven- und Zwangsarbeiter, die vor dem Stichtag (§ 3 Abs. 2) verstorben sind, Berücksichtigung finden sollen.

§ 16. Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke betreffen, soweit dies inhaltlich in Betracht kommt, Frauen und Männer gleichermaßen.

§ 17. (Verfassungsbestimmung) Dieses Bundesgesetz tritt in Kraft, sobald sichergestellt ist, dass die in § 6 erwähnten Mittel in vollem Umfang zur Verfügung stehen und die Abkommen mit den Staaten, in denen Partnerorganisationen gemäß § 7 Abs. 4 eingerichtet sind, sowie mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet sind. Die Bundesregierung gibt den Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes im Bundesgesetzblatt I bekannt.

§ 18. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. hinsichtlich § 4 Abs. 4, § 6 Abs. 3 und § 7 Abs. 3 der Bundesminister für Finanzen;

           2. hinsichtlich des § 12 jeweils der dort genannte, in seinem Wirkungsbereich berührte Bundes­minister;

           3. hinsichtlich der übrigen Bestimmungen die Bundesregierung.