274 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 25. 8. 2000

Regierungsvorlage


Erklärung der Republik Österreich nach Artikel 25 Absatz 1 des Europäischen Überein­kommens über die Adoption von Kindern, betreffend die Erneuerung des Vorbehalts nach Artikel 10 Absatz 2 des Übereinkommens

Déclaration de la République d’Autriche en vertu de l’article 25 paragraphe 1 de la Convention Européenne en matière d’adoption des enfants concernant le renouvellement de la réserve en vertu de l’article 10 paragraphe 2.

La République d’Autriche déclare en vertu de l’article 25 paragraphe 1 de la Convention Européenne en matière d’adoption des enfants qu’elle renouvelle la réserve de ne pas prescrire, en vertu de l’article 10 paragraphe 2, l’extinction de toute obligation alimentaire et successorale de l’enfant envers son père et sa mère.

(Übersetzung)

Erklärung der Republik Österreich nach Artikel 25 Absatz 1 des Europäischen Übereinkommens über die Adoption von Kindern, betreffend die Erneuerung des Vorbehalts nach Artikel 10 Absatz 2 des Übereinkommens.

Die Republik Österreich erklärt nach Artikel 25 Absatz 1 des Europäischen Übereinkommens über die Adoption von Kindern, dass sie ihren Vorbehalt erneuert, nicht gemäß Artikel 10 Absatz 2 des Übereinkommens das Erlöschen aller Pflichten, die das Kind gegenüber seinem Vater und seiner Mutter in unterhaltsrechtlicher und erbrechtlicher Beziehung hat, vorzuschreiben.

Vorblatt

Problem:

Anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens hat Österreich sich nach Art. 25 Abs. 1 des Überein­kommens das Recht vorbehalten, nicht nach Art. 10 Abs. 2 des Übereinkommens das Erlöschen aller Pflichten, die das Kind gegenüber seinem Vater und seiner Mutter in unterhaltsrechtlicher und erbrecht­licher Beziehung hat, vorzuschreiben (BGBl. Nr. 314/1980). Der Vorbehalt ist nur fünf Jahre lang wirksam und kann für jeweils weitere fünf Jahre erneuert werden.

Ziel:

Erneuerung des von Österreich seinerzeit erklärten Vorbehalts, da der Art. 10 Abs. 2 des Überein­kommens nach wie vor mit der österreichischen Rechtsordnung nicht im Einklang steht.

Inhalt:

Der von Österreich erklärte Vorbehalt würde – ohne entsprechende Erneuerung – am 29. August 2000 ausser Kraft treten. Der Vorbehalt ist durch eine entsprechende Erklärung Österreichs fristgerecht zu verlängern.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Keine.

Konformität mit EU-Recht:

Innerhalb der Europäischen Union gibt es keine Vorschriften, die die Adoption von Kindern regeln.

Erläuterungen

Das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern, das im Rahmen des Europarats ausgearbeitet worden ist, ist von Österreich am 28. Mai 1980 ratifiziert worden und für Österreich am 29. August 1980 in Kraft getreten (vgl. BGBl. Nr. 314/1980).

Anlässlich der Ratifikation hat Österreich von der Vorbehaltsmöglichkeit nach Art. 25 Abs. 1 des Übereinkommens Gebrauch gemacht und zwei Vorbehalte erklärt. Einerseits hat sich Österreich das Recht vorbehalten, nicht nach Art. 5 Abs. 4 des Übereinkommens vorzuschreiben, dass die Zustimmung der Mutter zur Adoption ihres Kindes erst nach Ablauf einer Mindestfrist nach der Geburt oder erst in dem Augenblick, in dem sich die Mutter nach Ansicht der zuständigen Behörden von den Folgen der Niederkunft hinreichend erholt hat, entgegengenommen werden darf, andererseits das Recht, nicht nach Art. 10 Abs. 2 des Übereinkommens das Erlöschen aller Pflichten, die das Kind gegenüber seinem Vater und seiner Mutter in unterhaltsrechtlicher und erbrechtlicher Beziehung hat, vorzuschreiben. Die Abgabe der österreichischen Vorbehalte wurde vom Nationalrat nach Art. 50 Abs. 1 B-VG genehmigt. Aus diesem Grunde bedarf auch die Erneuerung eines dieser Vorbehalte dieser Genehmigung. Der zu erneuernde Vorbehalt ist nicht verfassungsändernd und bedarf nicht einer Beschlussfassung nach Art. 50 Abs. 2 B-VG. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden. EU-Rechtskonformität ist gegeben, da innerhalb der Europäischen Union keine Vorschriften bestehen, die die Adoption von Kindern regeln.

Die Vorbehalte sind nach Art. 25 Abs. 1 des Übereinkommens nur fünf Jahre lang wirksam, gerechnet vom Inkrafttreten des Übereinkommens für die betreffende Vertragspartei. Die Vorbehalte können durch Erklärung für jeweils weitere fünf Jahre erneuert werden.

Eine Erneuerung des Vorbehaltes zum Art. 5 Abs. 4 des Übereinkommens ist im Jahr 1986 für nicht erforderlich gehalten worden (vgl. RV 1 000 BlgNR XVI. GP).

Dagegen wurde der Vorbehalt nach Art. 10 Abs. 2 des Übereinkommens verlängert (Kundmachung im BGBl. Nr. 602/1986).

In den Jahren 1990 und 1995 wurde der Vorbehalt zum Art. 10 Abs. 2 des Übereinkommens erneuert (BGBl. Nr. 627/1990 und 592/1995).

Der Vorbehalt Österreichs würde – ohne abermalige Erneuerung – am 29. August 2000 außer Kraft treten. Eine Erneuerung des Vorbehalts zum Art. 10 Abs. 2 des Übereinkommens ist deshalb erforderlich, weil diese Bestimmung mit der österreichischen Rechtsordnung nach wie vor nicht im Einklang steht, zumal im österreichischen Recht das gesetzliche Erbrecht zwischen dem Adoptivkind und seinen leiblichen Eltern durch die Adoption nicht erlischt (vgl. § 182b ABGB).

In der rechtspolitischen Diskussion ist das derzeitige System des österreichischen Adoptionsrechts, das keine Volladoption, sondern das Aufrechtbleiben bestimmter familienrechtlicher Beziehungen zu den leiblichen Eltern vorsieht, nicht ernsthaft in Zweifel gezogen worden.