304 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (200 der Beilagen): Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen


Das Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände ist gesetzesergänzend und bedarf daher der Geneh­migung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Der selbständige Wirkungsbereich der Länder wird durch dieses Übereinkommen berührt, sodass eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG erforderlich ist. Das Übereinkommen ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.

Das Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände wurde von der VN-Konferenz über gebietsüber­greifende Fischbestände und weit wandernde Fischarten in der sechsten Sitzungsperiode am 4. August 1995 verabschiedet und am 4. Dezember 1995 für 12 Monate am Sitz der Vereinten Nationen zur Unterzeichnung aufgelegt. 59 Staaten, darunter Österreich bereits am 27. Juni 1996, haben dieses Übereinkommen unterzeichnet. Das Übereinkommen tritt 30 Tage nach Hinterlegung der dreißigsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) beinhaltet grundsätzliche Bestimmungen über die Erhaltung der lebenden Ressourcen der Hohen See, insbesondere die Erhaltung und optimale Nutzung weit wandernder Arten in der gesamten Region, sowohl innerhalb als auch außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszonen.

Der Begriff der auf 200 Seemeilen begrenzten ausschließlichen Wirtschaftszonen setzte sich in den 70er Jahren immer mehr durch und wurde schließlich nach langwierigen Auseinandersetzungen im SRÜ verankert. Mit demselben Übereinkommen wurde die maximale Breite des Küstenmeeres auf zwölf Seemeilen festgelegt und ein Gleichgewicht der Interessen zwischen den Küstenstaaten und den Staaten geschaffen, die für die traditionelle Freiheit der Hohen See eintreten.

Der Expansionsdruck der Küstenstaaten und die verbesserten technischen Fangmethoden haben zu einer weltweiten Überfischung der Bestände geführt. Um den dadurch immer wieder auftauchenden Konflikten in den internationalen Fischereibeziehungen ein Ende zu setzen und eine ausgewogene Lösung zu finden, ist das Übereinkommen vom 4. August 1995 als gezieltes juristisches Instrument zur Durchführung der einschlägigen SRÜ-Bestimmungen zu verstehen.

Das Übereinkommen über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände, welches in keiner Weise die Rechte, die Hoheitsgewalt und die Pflichten der Staaten nach dem SRÜ berührt, determiniert ausführlicher die Maßnahmen, die zur Vorsorge und zum Schutz der besonders gefährdeten Arten gebietsübergreifender und weit wandernder Fischbestände dienen. Erstmalig werden Leitlinien für die Beachtung vorsorglicher Bezugswerte bei der Erhaltung und Bewirtschaftung dieser Bestände festgelegt.

Im Übereinkommen werden die Küstenstaaten angewiesen, unbeschadet ihrer souveränen Rechte dafür Sorge zu tragen, dass die Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen für die Gebiete auf Hoher See und die Maßnahmen für Gebiete unter staatlicher Hoheitsgewalt miteinander vereinbar sind, um die nachhaltige Bewirtschaftung gebietsübergreifender und weit wandernder Fischbestände sicherzustellen.


In diesem Zusammenhang werden Entwicklungsstaaten besondere Bedürfnisse zugestanden, um durch die Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen nicht direkt oder indirekt eine verhältnismäßig hohe Last an besagten Maßnahmen zu übertragen. Für die Durchführung dieses Übereinkommens sowie Verfahrens­kosten bei etwaigen Streitbeilegungsverfahren sind Sonderfonds zur Unterstützung vorgesehen.

Das Übereinkommen sieht bei Streitigkeiten zunächst die friedliche Beilegung vor. Ist dies nicht möglich, sind die Bestimmungen über die Beilegung von Streitigkeiten gemäß Teil XV des SRÜ anzuwenden.

Aus den Erfahrungen mit dem SRÜ hat sich gezeigt, dass unter Berücksichtigung des Rückganges an Meeresressourcen die gebietsübergreifenden Fischbestände und weit wandernden Fischbestände beson­ders schutzbedürftig sind und einer eigenen Regelung bedürfen. Daher haben sowohl die Industriestaaten als auch die Entwicklungsländer das gemeinsame Bestreben, verbindliche Bestimmungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung dieser Bestände festzulegen und umgehend anzuwenden.

Art. 41 des Übereinkommens sieht daher vor, dass es von den Staaten vor seinem objektiven Inkrafttreten, jedoch nur nach schriftlicher Notifizierung ihrer Zustimmung, vorläufig angewendet wird.

Das Übereinkommen muss in einem Gesamtkontext beurteilt werden, dessen Ziel es ist, die internationalen Rechtsverhältnisse im Bereich der Fischerei zu vervollständigen und zu stabilisieren und der Gefahr einer schleichenden Ausdehnung der Gerichtsbarkeit durch die Küstenstaaten vorzubeugen.

In diesem Zusammenhang stehen

–   das SRÜ (1982), das im November 1994 in Kraft getreten ist,

–   das Übereinkommen zur Förderung der Erhaltung internationaler Erhaltungs- und Bewirtschaftungs­maßnahmen durch Fischereifahrzeuge auf Hoher See, das 1993 im Rahmen der FAO geschlossen wurde,

–   der Verhaltenscodex für verantwortungsvolle Fischerei, der von der FAO-Konferenz am 31. Oktober 1995 angenommen wurde.

Das Interesse Österreichs an dem Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechts­übereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirt­schaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände ist vor allem in der Wahrung der Kontinuität zu den bestehenden internationalen Bestimmungen zu sehen.

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 4. Oktober 2000 in Verhandlung genommen.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek sowie die Bundes­ministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des vorliegenden Übereinkommens gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die authentischen Texte in französischer, arabischer, chinesischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Der Außenpolitische Ausschuss vertritt die Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages entbehrlich erscheint.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

           1. Der Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen (200 der Beilagen) wird genehmigt.

           2. Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG sind die authentischen Texte des gegenständlichen Überein­kommens dadurch kundzumachen, dass sie in französischer, arabischer, chinesischer, russischer und spanischer Sprache zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Wien, 2000 10 04

                             Wolfgang Großruck                                                              Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann