307 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (267 der Beilagen): Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen

1. Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen ist ein gesetz­ändernder und gesetzesergänzender Staatsvertrag und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat keinen politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Es bedarf keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG, da Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder nicht berührt werden.

Das Zusatzprotokoll ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Bereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Zusatzprotokoll wird in englischer und französischer Sprache sowie in der deutschen Übersetzung, die mit Deutschland und der Schweiz abgestimmt ist, im Bundesgesetzblatt kundgemacht.

2. Das im Rahmen des Europarates ausgearbeitete Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983, BGBl. Nr. 524/1986 idF BGBl. Nr. 612/1986, dem außer Österreich noch 44 weitere Staaten angehören, sieht vor, dass eine im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei verurteilte Person zum Vollzug der gegen sie verhängten Sanktion in das Hoheitsgebiet ihres Heimatstaates überstellt werden kann. Voraussetzung dieser Überstellung ist das Einvernehmen der beteiligten Staaten und die Zustimmung der verurteilten Person, allenfalls ihres gesetzlichen Vertreters. Das Übereinkommen ermöglicht nicht die Übertragung der Vollstreckung, wenn der Verurteilte nach der Verurteilung in seinen Heimatstaat zurückgekehrt ist, weil in diesem Fall eine Überstellung nicht mehr möglich ist und der Verurteilte regelmäßig nicht zustimmt. Da die Mehrzahl der Staaten die Auslieferung eigener Staatsangehöriger ablehnt, muss in einem solchen Fall auf Grund des Personalitätsprinzips das Verfahren im Heimatstaat der Verurteilten neu durchgeführt werden. Zweck des Strafvollzugs ist in erster Linie die Resozialisierung des Straftäters, also dessen Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Im Fall der Verurteilung eines Ausländers, der nach der Strafverbüßung sich nicht mehr im Urteilsstaat aufhalten darf, sondern zwangsweise in seinen Heimatstaat zurückgebracht wird, wird dieser Vollzugszweck im Urteilsstaat schwerer zu erreichen sein als im Heimatstaat.

Ziel des Zusatzprotokolls ist es, die Vollstreckung von Freiheitsstrafen im Heimatstaat des Verurteilten auch ohne seine Zustimmung zu ermöglichen, wenn er aus dem Urteilsstaat geflohen ist oder wegen einer rechtskräftigen Ausweisungs- oder Abschiebungsanordnung nach Strafverbüßung nicht im Urteilsstaat bleiben darf. Es besteht in diesen Fällen weder eine Verpflichtung des Urteilsstaates, die Vollstreckung zu übertragen, noch des Heimatstaates, die Vollstreckung zu übernehmen.

Das Zusatzprotokoll ist von einem Expertenkomitee des Europarates ausgearbeitet und vom Leitungs­komitee für Strafrechtsfragen (CDPC) genehmigt worden. Das Ministerkomitee des Europarates hat das Zusatzprotokoll im September 1997 verabschiedet und am 18. Dezember 1997 zur Unterzeichnung aufgelegt. Bisher wurde das Zusatzprotokoll von Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Lettland, Malta, den Niederlanden, Rumänien, Schweden, der Tschechischen Republik, Ungarn und Zypern unterzeichnet und von Estland, Georgien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Polen ratifiziert, sodass das Zusatzprotokoll gemäß seinem Art. 4 Abs. 2 am 1. Juni 2000 in Kraft tritt.

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 4. Oktober 2000 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuss die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (267 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2000 10 04

                         Dr. Gerhart Bruckmann                                                          Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann