346 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 24. 11. 2000

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG) geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz-SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 30/1998 wird wie folgt geändert:

1. § 27 Abs. 2 Z 2 hat zu lauten:

         „2. die im Abs. 1 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht; wer jedoch selbst an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist, sofern die Gewöhnung als erwiesen angenommen werden kann, nur nach Abs. 1 zu bestrafen.“

2. § 28 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 3 zweiter Satz hat zu lauten:

„Wer jedoch selbst an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist, sofern die Gewöhnung als erwiesen angenommen werden kann, nur nach Abs. 2 zu bestrafen.“

b) Im Abs. 5 tritt an die Stelle des Ausdrucks „mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren“ der Ausdruck „mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe“.

3. § 29 hat zu lauten:

§ 29. Wer in einem Druckwerk, einem Laufbild, im Internet oder sonst öffentlich zum Missbrauch von Suchtgift auffordert oder ihn in einer Art gutheißt, die geeignet ist, einen solchen Missbrauch nahezulegen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

4. Dem § 35 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Ebenso ist vorzugehen, wenn der Angezeigte wegen einer während der Probezeit nach Abs. 1 begangenen weiteren Tat im Sinne des Abs. 1 angezeigt wird.“

5. Dem § 47 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Die §§ 27 Abs. 2 Z 2, 28 Abs. 3 und 5, 29 und 35 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2000 treten mit 1. März 2001 in Kraft.

Vorblatt

Probleme und Ziele des Entwurfs:

Der Kampf der internationalen Staatengemeinschaft gegen den schweren, organisierten Suchtgifthandel steht sowohl auf UN- als auch auf EU-Ebene im Vordergrund. Auf nationaler Ebene scheint der Kampf gegen diese Verbrechen gewisse Änderungen im Bereich des Suchtmittelgesetzes erforderlich zu machen.

Unter Beibehaltung der in Österreich und in der EU im Sinne des Art. 36 der Einzigen Suchtgift­konvention der Vereinten Nationen erfolgreich praktizierten Balance zwischen repressiven und gesund­heitspolitischen Maßnahmen soll verdeutlicht werden, dass gegen Delinquenten im oberen Verbrechens­bereich des SMG mit aller Härte vorgegangen wird. Dies entspricht auch der internationalen Übung, da in jüngerer Zeit sowohl auf UN- als auch auf EU-Ebene dem Kampf gegen den Drogenhandel verstärktes Augenmerk gewidmet wird.

Inhalt:

1.  Ausdehnung der Strafdrohung auf lebenslange Freiheitsstrafe für Drogenhändler, die in einer Verbin­dung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung des Drogenhandels mit einer großen Menge Suchtgift führend tätig sind;

2.  Berücksichtigung elektronischer Massenkommunikationsmittel beim Straftatbestand der Aufforderung zum oder der Gutheißung von Suchtgiftmissbrauch;

3.  differenziertere Handhabung der Möglichkeit der vorläufigen Anzeigezurücklegung, wenn der Täter innerhalb offener Probezeit nach bereits einmal erfolgter Anzeigezurücklegung erneut wegen Erwerbes oder Besitzes einer geringen Menge Suchtmittel zum eigenen Gebrauch angezeigt wird.

Der unter 1. genannte Vorschlag wird im Lichte der Beratungen der vom Nationalrat eingesetzten Enquetekommission zur Ausgewogenheit der gerichtlichen Strafdrohungen nochmals zu prüfen sein.

Alternativen:

Beibehaltung der bisherigen Rechtslage.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreichs:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Eine etwas restriktivere Haltung der Staatsanwaltschaften im Bereich der probeweisen Anzeigenzurück­legung nach § 35 SMG könnte zu mehr Verurteilungen und in der Folge zu mehr Therapieaufwand im Bereich der §§ 39, 40 SMG führen.

Auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

EU-Konformität:

Das Vorhaben steht mit Rechtsinstrumenten der EU im Einklang.

Erläuterungen


I. Allgemeines:

Der Kampf der internationalen Staatengemeinschaft gegen den schweren, organisierten Suchtgifthandel steht sowohl auf UN- als auch auf EU-Ebene im Vordergrund. Auf nationaler Ebene scheint der Kampf gegen diese Verbrechen gewisse Änderungen im Bereich des Suchtmittelgesetzes erforderlich zu machen.

Das in Österreich herrschende Prinzip „Helfen statt Strafen“ wird jedoch nicht in Frage gestellt. Es ist allgemein anerkannt, dass zwischen der strafrechtlichen Verfolgung von (nicht süchtigen) Drogen­händlern und Maßnahmen wie der Zurücklegung der Anzeige unter Bestimmung einer Probezeit sowie der Behandlung, Betreuung und Resozialisierung von Drogenabhängigen unterschieden werden muss. Gegen Drogenhändler – vor allem gegen die führenden Köpfe – ist jedoch mit aller Härte vorzugehen. Der Grundsatz, dass zwar die schwere Suchtgiftdelinquenz angemessen streng zu ahnden ist, andererseits aber viele Suchtgifttäter geringerer bis mittlerer Deliktsschwere durch Hilfe besser als durch strenge Bestrafung zum eigenen Nutzen und dem der Allgemeinheit resozialisiert werden können, wurde bereits in mehreren Novellen zum Suchtgiftgesetz (SGG) und dem seit 1. Jänner 1998 geltenden neuen Suchtmittelgesetz (SMG) bekräftigt.

Österreich hat damit ein auch aus internationaler Sicht bewährtes Modell der Drogenpolitik entwickelt, das den in Art. 36 der Einzigen Suchtgiftkonvention der Vereinten Nationen von 1961 in der Fassung des Protokolls von 1972 enthaltenen Grundsätzen entspricht und daher beibehalten werden soll. Nach Art. 36 ESK sind die Vertragsstaaten zwar verpflichtet, jeden konventionswidrigen Umgang mit Suchtgift mit Strafe zu bedrohen. Nach der gleichen Bestimmung müssen die Vertragsstaaten aber Süchtige für Suchtgiftdelikte nicht bestrafen, sondern können stattdessen Maßnahmen der Behandlung, der Rehabilitation und der sozialen Wiedereingliederung vorsehen. Auch auf europäischer Ebene werden entsprechend diesem in Österreich schon seit längerem herrschenden Prinzip verstärkt sinnvolle Alter­nativen zu Verurteilung und Inhaftierung infolge von drogenbedingten Straftaten bevorzugt, solange keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen. Der Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) über den Stand der Drogenproblematik in der EU führt dazu weiter aus, dass die Entwicklungen auf einen Konsens darüber hindeuteten, dass die Inhaftierung keine Lösung für Menschen mit Drogenproblemen sei und anstelle dessen die Therapie als Gegenmaßnahme offensicht­lich bevorzugt werde.

Die Strafdrohungen des seinerzeitigen Suchtgiftgesetzes wurden durch die SGG-Novelle 1985 insbe­sondere im Verbrechensbereich drastisch auf das Zwei- bis Dreifache erhöht. Das 1998 in Kraft getretene Suchtmittelgesetz hat diese Strafdrohungen übernommen. Damit gehört Österreich seit 1985 zu den Hochstrafenländern Europas. Der Anteil der verhängten Freiheitsstrafen ist bei Suchtmitteldelikten (62%) fast doppelt so hoch wie im Bereich der Gesamtkriminalität (33,2%). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Instrument der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe in Österreich restriktiver gehandhabt wird als in den meisten anderen europäischen Staaten.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen einen Entwurf zur Änderung der Suchtgift-Grenzmengenverordnung zur Begutachtung versendet hat, in dem die Herabsetzung der Grenzmenge für Heroin von 5,0 Gramm auf 3,0 Gramm vorgeschlagen wird. Die Begutachtungsfrist ist abgelaufen, das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz hergestellt, die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationarates liegt noch nicht vor. Hintergrund dieser Novelle ist gleichfalls das angesprochene Prinzip, dass Süchtigen vor allem geholfen werden soll, von ihrer Abhängigkeit loszukommen, gewinnorientierte Drogenhändler hingegen streng verfolgt werden sollen. Durch die Absenkung der Grenzmenge werden Heroinhändler künftig rascher unter höhere Strafdrohungen fallen, bei Heroinsüchtigen sollen jedoch weiterhin vorrangig gesundheits­politische Maßnahmen angewendet werden.

Der Kampf gegen die Führungsebene des organisierten Drogenhandels soll verschärft und die praktischen Erfahrungen bei der Vollziehung des Suchtmittelgesetzes sollen durch gewisse Anpassungen berücksichtigt werden. Dabei wird der im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf vielfach vorgebrachten Kritik zumindest teilweise Rechnung getragen.

Der wesentliche Inhalt des Entwurfs lässt sich wie folgt zusammenfassen:

1.  Ausdehnung der Strafdrohung auf lebenslange Freiheitsstrafe für Drogenhändler, die in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung des Drogenhandels mit einer großen Menge Suchtgift führend tätig sind;

2.  Berücksichtigung der elektronischen Massenkommunikation beim Straftatbestand der Aufforderung zum oder der Gutheißung von Suchtgiftmissbrauch;

3.  differenziertere Handhabung der Möglichkeit der vorläufigen Anzeigezurücklegung, wenn der Täter innerhalb offener Probezeit nach bereits einmal erfolgter Anzeigezurücklegung erneut wegen Erwerbes oder Besitzes einer geringen Menge Suchtmittel zum eigenen Gebrauch angezeigt wird.

Der unter 1. genannte Vorschlag wird im Lichte der Beratungen der vom Nationalrat eingesetzten Enquetekommission zur Ausgewogenheit der gerichtlichen Strafdrohungen nochmals zu prüfen sein.

II. Zu den finanziellen Auswirkungen:

Durch die Ausdehnung des Strafrahmens auf lebenslange Freiheitsstrafe wird es zu einer gewissen Verlängerung zu verbüßender Freiheitsstrafen kommen. Der dadurch bedingte Mehraufwand fällt im Hinblick auf die begrenzte Zahl der Fälle jedoch kaum ins Gewicht.

 Eine etwas restriktivere Haltung der Staatsanwaltschaften im Bereich der probeweisen Anzeigezurück­legung nach § 35 Abs. 1 könnte zu mehr Verurteilungen und in der Folge zu mehr Therapieaufwand im Anwendungsbereich der §§ 39, 40 führen, der zumindest teilweise von der Justiz zu tragen ist. Eine ziffernmäßige Berechnung der Mehrbelastung ist derzeit nicht möglich, zumal diese vor allem von der weiteren Entwicklung der Suchtgiftkriminialität und vom Ressourceneinsatz und Anzeigeverhalten der Sicherheitsbehörden abhängig ist.

III. Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Z 1 und 2 lit. a (§§ 27 Abs. 2 Z 2 und 28 Abs. 3 zweiter Satz SMG):

Mit Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 3. September 1985, Z 4540/123-II/8-3/85, betreffend Suchtgiftgesetz-Novelle 1985 und Vollziehung der §§ 12 und 16 SGG durch die Sicherheitsbehörden und -dienststellen sowie Maßnahmen zur Feststellung süchtigen Verhaltens Verdächtiger wurden genaue Richtlinien betreffend die Vorgehensweise der Sicherheitsbehörden und -dienststellen zur Feststellung einer allenfalls vorhandenen Drogenabhängigkeit Verdächtiger geschaffen. Demnach haben diese Behörden durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass den Justizbehörden all jene Beweismittel zur Verfügung gestellt werden, welche die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Verdächtige an ein Suchtmittel gewöhnt ist; neben einer entsprechend zu protokollierenden Vernehmung des Verdächtigen ist auch für eine ärztliche Befragung des Verdächtigen Sorge zu tragen, wenn auf Grund der zeitlichen Angaben über süchtiges Verhalten bzw. Suchtgiftkonsum ein sachdienliches Ergebnis zum Untersuchungszeitpunkt erwartet werden kann.

Dieser Erlass hat auch für die Vollziehung der §§ 27 und 28 des nunmehr geltenden Suchtmittelgesetzes Gültigkeit. Ziel dieser Vorgangsweise ist es, bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt abzuklären, ob ein Verdächtiger süchtig ist oder nicht, allenfalls ob er zum Tatzeitpunkt durch den Konsum eines Sucht­mittels beeinflusst war; ein weiterer Vorteil liegt darin, dass dadurch die Einholung eines Sachver­ständigengutachtens zur Abklärung dieser Frage in einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens in der Regel entbehrlich ist. Den Gerichten und Staatsanwaltschaften steht weiters die Möglichkeit zur Verfügung bzw. sind sie dazu verpflichtet, eine Auskunft der Bezirksverwaltungsbehörde oder der Suchtmittelüber­wachungsstelle beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen einzuholen, aus der ersichtlich ist, inwieweit der Angezeigte schon vorher wegen Suchtmittelkonsums in Erscheinung getreten ist.

Da das Bundesministerium für Justiz in Erfahrung gebracht hat, dass mitunter nicht in diesem Sinne vorgegangen wird, soll durch die vorgeschlagenen Einfügungen in den §§ 27 Abs. 2 Z 2 und 28 Abs. 3 zweiter Satz eine Klarstellung getroffen werden, die eine lückenlose Vollziehung dieser Erlassregelung anstrebt. Damit soll künftig vermieden werden, dass sich Täter, die der Beschaffungskriminalität verdächtig sind, auf eine Suchtmittelabhängigkeit berufen, die in Wahrheit nicht vorliegt.

Im Hinblick auf die im Begutachtungsverfahren gegen diese Änderung von mehreren Stellen vorge­brachten grundrechtlichen Einwände wäre festzuhalten: Ziel des Entwurfes ist es nicht, dass der Ver­dächtige seine Gewöhnung an Suchtmittel beweisen muss und damit zu einer (verfassungsrechtlich untersagten) Selbstbelastung im Sinne der Strafbestimmungen des SMG gezwungen werden soll. Viel­mehr soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt eine vermutete oder vom Täter selbst behauptete Abhängigkeit überprüft werden, da ansonsten diese Frage zu einem späteren Zeitpunkt in manchen Fällen nur mehr „im Zweifel für den Angeklagten“ beantwortet werden kann. Mit den erwähnten Infomationen sowie jenen aus allfälligen Vorakten wird im Großteil der Fälle entschieden werden können, ob die Gewöhnung an ein Suchtmittel mit Grund angenommen werden kann oder nicht. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist daher nicht in jedem Fall, sondern lediglich bei begründeten Zweifeln erforderlich.

Zu Z 2 lit. b (§ 28 Abs. 5 SMG):

1.  Für das schwerste Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz wird eine Ausdehnung der Strafdrohung auf lebenslange Freiheitsstrafe vorgeschlagen. Ziel des Entwurfes ist es, die Führungsebene – insbesondere die Köpfe von organisierten Großbanden – empfindlich zu treffen und durch die Androhung der strengsten in Betracht kommenden Strafe auch im Sinne der Generalprävention ein deutliches Zeichen zu setzen.

2.  Von der im Ministerialentwurf zu § 28 Abs. 4 vorgesehenen Anhebung der Untergrenze der dort angedrohten Freiheitsstrafe (bis zu 15 Jahren) von bisher einem auf drei Jahre wurde im Hinblick auf die im Begutachtungsverfahren dagegen vorgebrachte vielfältige Kritik Abstand genommen.

Nach den §§ 39, 40 ist der Aufschub des Strafvollzuges für einen an ein Suchtmittel gewöhnten Verur­teilten neben anderen Voraussetzungen (Therapieauflagen usw.) nur möglich, wenn über ihn eine drei Jahre nicht übersteigende Freiheitsstrafe verhängt wurde. Durch die Anhebung der Mindest­strafdrohung auf drei Jahre würden nach § 28 Abs. 4 Verurteilte in der Regel aus dem Anwendungsbereich der §§ 39, 40 SMG ausgeschlossen, wodurch es auch zu einer wesentlichen Kostenverlagerung zu Lasten des Bundes käme, da die Anzahl der Täter, die im Maßnahmenvollzug oder im Strafvollzug angehalten würden, deutlich steigen würde.

Im Begutachtungsverfahren wurde auch darauf verwiesen, dass es durch die vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen vorgeschlagene Herabsetzung der Grenzmenge für Heroin auf 3,0 Gramm ohnehin zu einer häufigeren Anwendung der mengenbezogenen Strafdrohung des § 28 Abs. 4 kommen werde.

Zu Z 3 (§ 29 SMG):

Die im Ministerialentwurf vorgeschlagene Änderung des § 29 durch Einfügen der Wortfolge „durch Anleitungen oder sonst“ wurde in allen Stellungnahmen fast übereinstimmend abgelehnt und führte zu einigen Mißverständnissen, zumal in der Judikatur bei der strafrechtlichen Erfassung propagandistischer Anleitungen bisher keine Probleme aufgetreten seien, solche aber dann entstehen könnten, wenn durch die ausdrückliche Aufnahme dieses Begriffs in den Gesetzestext ein Konkurrenzverhältnis zur Beitrags­täterschaft in Bezug auf die §§ 27, 28 entstehen würde.

§ 29 erfasst jede Form der Propaganda für Suchtgiftmissbrauch. Aufforderung ist jede Äußerung, die nach dem Vorsatz des Äußernden unmittelbar in anderen den Entschluss zum Suchtgiftmissbrauch hervorrufen soll. Gutheißen bedeutet ausdrücklich billigen, als zweckmäßig, richtig oder nachahmenswert hinstellen.

Die Entwicklung des Internet hat die Kommunikation und die Informationsverbreitung weltweit revolutioniert und erleichtert; auch Straftäter haben erkannt, welche Vorteile sie aus der Nutzung der Möglichkeiten, die dieses System bietet, ziehen können. Das Internet wird daher seit geraumer Zeit auch zu illegalen Werbezwecken im Zusammenhang mit Drogen verwendet. Durch das demonstrative Einfügen des Begriffs „Internet“ soll dieser Entwicklung ausdrücklich entgegengetreten und ein spezifisches Problem der modernen elektronischen Massenkommunikationsmethoden angesprochen werden. Dies entspricht auch internationalen Bemühungen zur Zurückdrängung der Propaganda für Suchtgiftmiss­brauch im Internet.

Nach § 29 muss der Täter propagandistisch (werbend) wirken wollen. Wissenschaftliche Auseinanderset­zungen mit der Materie, Informationsbroschüren, Aufklärungsbroschüren und Informations- und Aufklärungsveranstaltungen im Rahmen der Drogenprävention sowie entsprechende Informationen im Internet oder allgemeine politische Aussagen sind darunter nicht zu verstehen. Insbesondere sind hier auch verfassungsrechtliche Schranken im Hinblick auf die Freiheit der Meinungsäußerung und die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre zu beachten.

Zu Z 4 (§ 35 Abs. 2 SMG):

Während die probeweise Anzeigezurücklegung nach § 35 Abs. 1 SMG obligatorisch ist, ist sie nach § 35 Abs. 2 fakultativ und liegt im (gebundenen) Ermessen der Strafverfolgungsbehörde. Wird ein Angezeigter, nachdem bereits einmal eine Anzeige nach § 35 Abs. 1 SMG unter Bestimmung einer Probezeit zurückgelegt wurde, innerhalb dieser Probezeit wiederum wegen einer gleichartigen Tat (Erwerb oder Besitz einer geringen Menge Suchtmittel zum Eigengebrauch) angezeigt, so soll (im Sinne der einschlägigen Judikatur, 14 Os 150/99, 14 Os 165/99) einerseits eine nochmalige Zurücklegung der Anzeige nicht ausgeschlossen sein, andererseits aber keine (unbeschränkt wiederholbare) zwingende Anzeigezurücklegung vorgesehen sein. Eine weitere Anzeigezurücklegung soll daher nur mehr im Rahmen der (engeren) fakultativen Voraussetzungen des Abs. 2 möglich sein.

Im Hinblick auf insbesondere von den Ländern und deren Drogenkoordinatoren im Begutachtungs­verfahren gegen die vorgeschlagene Gesetzesänderung vorgebrachte Bedenken ist Folgendes festzuhalten:


Ziel dieser Gesetzesänderung soll es nicht sein, das Prinzip „Helfen statt Strafen“ als solches einzuengen, sondern im Falle einer neuerlichen Anzeige während offener Probezeit zunächst zu prüfen, ob mit den bisherigen Maßnahmen das Auslangen gefunden werden kann oder ob eingehendere gesundheitsbezogene Interventionen nach § 11 Abs. 2 zur Bedingung für eine weitere Anzeigenzurücklegung gemacht werden sollen.

 



Textgegenüberstellung

                                                      Geltende Fassung:                                                                                                             Vorgeschlagene Fassung:        


Änderungen des Suchtmittelgesetzes


Gerichtliche Strafbestimmungen für Suchtgifte

Gerichtliche Strafbestimmungen für Suchtgifte


§ 27. (1) Wer den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oder verschafft, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

§ 27. (1) Wer den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oder verschafft, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.


(2) Der Täter ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wenn er

(2) Der Täter ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wenn er


                                                                                               1.                                                                                               durch die im Abs. 1 bezeichnete Tat einem Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglicht und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige ist oder

                                                                                               1.                                                                                               durch die im Abs. 1 bezeichnete Tat einem Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglicht und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige ist oder


                                                                                               2.                                                                                               die im Abs. 1 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht; wer jedoch selbst an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist nur nach Abs. 1 zu bestrafen.

                                                                                               2.                                                                                               die im Abs. 1 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht; wer jedoch selbst an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist, sofern die Gewöhnung als erwiesen angenommen werden kann, nur nach Abs. 1 zu bestrafen.


§ 28. (1) …

§ 28. (1) …


(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs. 6) erzeugt, einführt, ausführt oder in Verkehr setzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs. 6) erzeugt, einführt, ausführt oder in Verkehr setzt.


(3) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 2 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht. Wer jedoch selbst an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist nur nach Abs. 2 zu bestrafen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 2 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht. Wer jedoch selbst an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist, sofern die Gewöhnung als erwiesen angenommen werden kann, nur nach Abs. 2 zu bestrafen.


(4) …

(4) …


(5) Mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren ist der Täter der im Abs. 2 bezeichneten Tat zu bestrafen, der in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen führend tätig ist.

(5) Mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe ist der Täter der im Abs. 2 bezeichneten Tat zu bestrafen, der in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen führend tätig ist.


(6) …

(6) …


§ 29. Wer in einem Druckwerk, einem Laufbild oder sonst öffentlich zum Missbrauch von Suchtgift auffordert oder ihn in einer Art gutheißt, die geeignet ist, einen solchen Missbrauch nahezulegen, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

§ 29. Wer in einem Druckwerk, einem Laufbild, im Internet oder sonst öffentlich zum Missbrauch von Suchtgift auffordert oder ihn in einer Art gutheißt, die geeignet ist, einen solchen Missbrauch nahezulegen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.


Vorläufige Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft

Vorläufige Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft


§ 35. (1) Wird eine Person angezeigt, weil sie den bestehenden Vorschriften zuwider eine geringe Menge Suchtmittel zum eigenen Gebrauch erworben oder besessen hat, so hat die Staatsanwaltschaft unter den nachstehenden Voraussetzungen und Bedingungen die Anzeige für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig zurückzulegen.

§ 35. (1) Wird eine Person angezeigt, weil sie den bestehenden Vorschriften zuwider eine geringe Menge Suchtmittel zum eigenen Gebrauch erworben oder besessen hat, so hat die Staatsanwaltschaft unter den nachstehenden Voraussetzungen und Bedingungen die Anzeige für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig zurückzulegen.


(2) Wird eine Person angezeigt, weil sie sonst eine nach den §§ 27 oder 30 strafbare Handlung oder auf Grund ihrer Gewöhnung an Suchtmittel eine nicht in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fallende strafbare Handlung im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Suchtmittels begangen hat, so kann die Staatsanwaltschaft unter den nachstehenden Voraussetzungen und Bedingungen die Anzeige für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig zurücklegen, wenn die Schuld nicht schwer und die Zurücklegung nicht weniger als eine Verurteilung geeignet erscheint, den Angezeigten von solchen strafbaren Handlungen abzuhalten.

(2) Wird eine Person angezeigt, weil sie sonst eine nach den §§ 27 oder 30 strafbare Handlung oder auf Grund ihrer Gewöhnung an Suchtmittel eine nicht in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fallende strafbare Handlung im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Suchtmittels begangen hat, so kann die Staatsanwaltschaft unter den nachstehenden Voraussetzungen und Bedingungen die Anzeige für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig zurücklegen, wenn die Schuld nicht schwer und die Zurücklegung nicht weniger als eine Verurteilung geeignet erscheint, den Angezeigten von solchen strafbaren Handlungen abzuhalten. Ebenso ist vorzugehen, wenn der Angezeigte wegen einer während der Probezeit nach Abs. 1 begangenen weiteren Tat im Sinn des Abs. 1 angezeigt wird.


(3) bis (8) …

(3) bis (8) …