Parlamentarische Materialien

399 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 18. 1. 2001

Regierungsvorlage

Bundesgesetz über die Errichtung des Bezirksgerichtes Landstraße und die Änderung der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (6. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderungen des Bezirksgerichts-Organisationsgesetzes für Wien

Das Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. Nr. 203/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/1999, wird geändert wie folgt:

1. § 1 hat zu lauten:

„§ 1. Unter Bedachtnahme auf die §§ 6, 6a, 6b, 6d und 6e sind in Wien folgende Bezirksgerichte errichtet:

1. das Bezirksgericht Innere Stadt Wien;

2. das Bezirksgericht Leopoldstadt;

3. das Bezirksgericht Landstraße;

4. das Bezirksgericht Josefstadt;

5. das Bezirksgericht Favoriten;

6. das Bezirksgericht Meidling;

7. das Bezirksgericht Hietzing;

8. das Bezirksgericht Fünfhaus;

9. das Bezirksgericht Hernals;

10. das Bezirksgericht Döbling;

11. das Bezirksgericht Floridsdorf;

12. das Bezirksgericht Donaustadt;

13. das Bezirksgericht Liesing;

14. das Bezirksgericht für Handelssachen Wien.“

2. Im § 2

a) hat der Einleitungssatz der Z 1 zu lauten:

„des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien die Bezirke I, IV bis VI, außerdem“;

b) werden die Z 1a bis 9 durch folgende Z 2 bis 13 ersetzt:

„2. des Bezirksgerichtes Leopoldstadt die Bezirke II und XX;

3. des Bezirksgerichtes Landstraße die Bezirke III und XI;

4. des Bezirksgerichtes Josefstadt die Bezirke VII bis IX;

5. des Bezirksgerichtes Favoriten den Bezirk X;

6. des Bezirksgerichtes Meidling den Bezirk XII;

7. des Bezirksgerichtes Hietzing den Bezirk XIII;

8. des Bezirksgerichtes Fünfhaus die Bezirke XIV und XV;

9. des Bezirksgerichtes Hernals die Bezirke XVI und XVII;

10. des Bezirksgerichtes Döbling die Bezirke XVIII und XIX;

11. des Bezirksgerichtes Floridsdorf den Bezirk XXI;

12. des Bezirksgerichtes Donaustadt den Bezirk XXII;

13. des Bezirksgerichtes Liesing den Bezirk XXIII.“

3. Nach dem § 6d wird folgender § 6e eingefügt:

„§ 6e. (1) In Wien wird das Bezirksgericht Landstraße errichtet.

(2) Das Bezirksgericht Landstraße ist zur Ausübung der den Bezirksgerichten übertragenen Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, in Strafsachen (§ 9 Abs. 1 StPO) sowie zur Ausübung der den Bezirksgerichten nach § 17 EO übertragenen Gerichtsbarkeit zuständig, soweit hiezu nicht das Bezirksgericht für Handelssachen Wien, das Bezirksgericht Innere Stadt Wien oder der Jugendgerichtshof Wien berufen sind.“

Artikel II

Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 1. Dieses Bundesgesetz tritt am 1. Jänner 2003 in Kraft.

§ 2. (1) Auf Verfahren, die beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien vor dem 1. Jänner 2003 anhängig geworden sind, ist der Art. I auch nach dem 31. Dezember 2002 nicht anzuwenden; dies gilt auch für Verfahrenshandlungen, Entscheidungen oder Verfügungen, die nach der rechtskräftigen Beendigung dieser Verfahren – etwa auch infolge einer Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage (§§ 529, 530 f ZPO) oder einer Wiederaufnahme von Strafverfahren – vorzunehmen sind oder vorgenommen werden.

(2) Auf Exekutionsverfahren ist jedoch der Art. I auch dann anzuwenden, wenn diese Verfahren mit dem Ablauf des 31. Dezember 2002 bereits anhängig waren.

(3) Weiters ist der Art. I auf Unterbringungs-, Pflegschafts- und Sachwalterschaftsverfahren auch dann anzuwenden, wenn sie bereits vor dem 1. Jänner 2003 anhängig geworden sind. Ist damit eine Änderung der Zuständigkeit verbunden, so bleibt das bisher zuständige Gericht jedoch so lange weiter zuständig, bis alle vor dem 1. Jänner 2003 gestellten Anträge rechtskräftig erledigt worden sind; danach sind diese Verfahren dem nach dem Art. I zuständigen Gericht zu übertragen.

§ 3. Bereits von dem der Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag an können organisatorische und personelle Maßnahmen im Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes getroffen und Durchführungsverordnungen erlassen werden; sie dürfen aber erst mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in Wirksamkeit gesetzt werden.

§ 4. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut.

Vorblatt

Probleme und Ziele des Vorhabens:

Der mit dem Bezirksgerichtsorganisationsgesetz für Wien und den dazu ergangenen Novellen eingeschlagene Weg, eine flächendeckende Einteilung des Stadtgebietes in Sprengel von Vollbezirksgerichten zu schaffen, soll durch die Schaffung eines Bezirksgerichtes Landstraße fortgesetzt werden.

Grundzüge der Problemlösung:

Es soll demgemäß ein Bezirksgericht Landstraße für die Bezirke III und XI errichtet werden.

Alternativen:

Es bietet sich keine Alternative an, die die gleichen Ergebnisse erreichte.

Kosten:

Das Bezirksgericht Landstraße soll in einem anzumietenden Gebäude in 1030 Wien, Rennweg
(S-Bahnhof), untergebracht werden. Die Kosten der Anmietung werden einschließlich der Betriebskosten, Heizkosten und Umsatzsteuer jährlich rund 15,8 Millionen Schilling betragen, die einmaligen Errichtungs- und Ausstattungskosten rund 11 Millionen Schilling.

EU-Konformität:

Die Änderung der Wiener Bezirksgerichtsorganisation berührt nicht EU-Recht.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Das mit 1. Jänner 1986 in Kraft getretene Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien und die damit verbundene Neuerrichtung des Bezirksgerichtes Donaustadt mit der Zuständigkeit für den 2. und 22. Bezirk waren der Beginn einer durchgreifenden Reorganisation der Wiener Bezirksgerichte mit dem Ziel, auch in Wien – so wie im übrigen Bundesgebiet – die Vollgerichtsbarkeit auf der bezirksgerichtlichen Organisationsebene einzuführen.

In der am 1. April 1997 in Kraft getretenen 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien sind die bisherigen Spezialgerichte, nämlich das Strafbezirksgericht Wien und das Exekutionsgericht Wien, aufgelassen und ihre restlichen Kompetenzen auf die Bezirksgerichte Favoriten, Meidling, Hietzing und Fünfhaus aufgeteilt worden, sodass nunmehr auch in Wien – mit Ausnahme der Handels- und Jugendgerichtsbarkeit – sämtliche Bezirksgerichte Vollbezirksgerichte sind. Mit der am 1. Jänner 2001 in Kraft tretenden 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien wurde das Bezirksgericht Leopoldstadt als weiteres Vollbezirksgericht errichtet. Damit wurden die Bezirksgerichte Donaustadt und Floridsdorf entlastet und drei annähernd gleich große Bezirksgerichte geschaffen.

Als letzter Schritt dieser gerichtsorganisatorischen Maßnahmen auf bezirksgerichtlicher Ebene in Wien soll nun ein weiteres Bezirksgericht, nämlich das Bezirksgericht Landstraße, zuständig für den 3. und 11. Bezirk, geschaffen werden, wodurch das derzeit größte Bezirksgericht in Wien, das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, entlastet werden soll.

Diese Maßnahmen stehen im Interesse einer effizienten und bürgernahen Rechtsprechung und eines optimalen und rationellen Arbeitsablaufes innerhalb der Gerichte.

Am Schluss der Beratungen über die 1. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. Nr. 291/1988, hat der Justizausschuss in seinem Bericht (563 BlgNR XVII. GP) unter anderem ausdrücklich festgehalten:

„Der Justizausschuss ist der Meinung, dass bei der Umstrukturierung allzu große Gerichtseinheiten ebenso vermieden werden sollen wie allzu kleine. Im Interesse eines optimalen und rationellen Arbeitsablaufes, aber auch eines guten Betriebsklimas, hält der Justizausschuss im großstädtischen Bereich Bezirksgerichte in der Größenordnung von etwa zwölf Richter-Planstellen für besonders zweckmäßig.“

Überdies hat der Nationalrat am 12. November 1992 anlässlich der Verabschiedung der 3. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. Nr. 756/1992, zu E 75-NR/XVIII. GP folgende Entschließung gefasst:

„Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen zur Neuunterbringung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien samt einem Bezirksgericht für den 3. und 11. Wiener Gemeindebezirk … zu schaffen.“

In Umsetzung dieser Entschließung ist daher für die Bezirke Landstraße und Simmering (III und XI) ein Bezirksgericht Landstraße zu errichten. Der Sprengel des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien würde fortan nur noch die Bezirke Innere Stadt Wien, Wieden, Margareten und Mariahilf (I, IV, V und VI) umfassen.

2. Das Bezirksgericht Landstraße soll in einem anzumietenden Gebäude in 1030 Wien, Rennweg
(S-Bahnhof), untergebracht werden.

3. Das System bzw. der Aufbau des Entwurfs hat die 5. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, BGBl. I Nr. 57/1999, zum Vorbild.

4. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes stützt sich auf die Art. 10 Abs. 1 Z 6 und 83 Abs. 1 B-VG.

5. Die mit diesen gerichtsorganisatorischen Maßnahmen verbundenen Kosten berechnen sich wie folgt:

Die Kosten der Anmietung werden einschließlich der Betriebskosten, Heizkosten und Umsatzsteuer jährlich rund 15,8 Millionen Schilling betragen. Zur funktionsgerechten Unterbringung des Bezirksgerichtes Landstraße am obgenannten Standort wird eine Netto-Grundrissfläche von rund 6 500 m2 anzumieten sein. Die monatlichen Mietkosten werden voraussichtlich 148 S pro m2, die monatlichen Betriebs- und Heizkosten insgesamt voraussichtlich 20 S pro m2, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, betragen. Das ergibt monatliche Kosten von 201,60 S inklusive Umsatzsteuer pro m2, insgesamt somit monatliche Kosten von 1 314 835 S.

Die einmaligen Errichtungs- und Ausstattungskosten werden ausgehend von dem errechneten Raumbedarf und der vorgesehenen Funktion der Räume rund 11 Millionen Schilling betragen.

Diesen Ausgaben stehen entsprechende Ersparnisse bei Mieten, Betriebskosten und Heizkosten für das vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien dann nicht mehr benötigte Gebäude Riemergasse 4/Schulerstraße 22 gegenüber, die mit 5,56 Millionen Schilling jährlich geschätzt werden, das entspricht einer Ersparnis von jährlich 4,8 Millionen Schilling an Mieten an die BIG und von jährlich rund 760 000 S an Betriebs- und Heizkosten.

Für das Gebäude Riemergasse 4/Schulerstraße 22 liegt auch keine Bedarfsanmeldung einer anderen Stelle vor, sodass es nach Freiwerden verkauft werden kann.

Ein zusätzlicher Personalaufwand wird auf Grund geplanter Personalumschichtungen nicht erforderlich sein.

Besonderer Teil

Zum Art. I (Änderungen des Bezirksgerichts-Organisationsgesetzes für Wien):

Das Bezirksgericht Landstraße soll – ausgestattet mit den gleichen Kompetenzen wie die anderen Nicht-Spezialgerichte – neu errichtet werden. Bei dieser Gelegenheit soll die Aufzählung der Bezirksgerichte neu geordnet und durchgehend nummeriert werden.

Zum Art. II (Übergangs- und Schlussbestimmungen):

Zum § 1:

Der Inkrafttretenstermin 1. Jänner 2003 wird vorgeschlagen, da nach den zum Teil bereits getroffenen und noch zu treffenden administrativen und personellen Maßnahmen damit zu rechnen ist, dass das Bezirksgericht Landstraße mit diesem Zeitpunkt seine Tätigkeit hinsichtlich der in Rede stehenden bezirksgerichtlichen Zuständigkeiten aufnehmen könnte.

Zum § 2:

1. Auf Verfahren, die vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien bereits vor dem 1. Jänner 2003 anhängig geworden sind (insbesondere auch auf Oppositions-, Impugnations- und Exszindierungsverfahren), sollen nach dem Abs. 1 die bisherigen Zuständigkeitsvorschriften anzuwenden sein. Dem Grundsatz der perpetuatio fori entsprechend, sollen damit Verfahrensverzögerungen vermieden werden, die zum größten Teil schon in einem unvermeidbaren Richterwechsel begründet wären. Dieselben Grundsätze gelten auch für Verfahrenshandlungen nach der rechtskräftigen Beendigung eines Verfahrens.

2. Dieses System soll nach den Abs. 2 und 3 aber nicht für Exekutionsverfahren und nicht für Unterbringungs-, Pflegschafts- und Sachwalterschaftsverfahren gelten. Diese Verfahren sollen vielmehr gemäß § 44 JN sehr wohl nach Maßgabe der neuen Zuständigkeitsvorschriften zu übertragen sein, damit diese möglichst bald wirksam werden.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie soll dies aber für die Unterbringungs-, Pflegschafts- und Sachwalterschaftsverfahren erst dann Platz greifen, wenn alle vor dem 1. Jänner 2003 gestellten „Anträge“ (sohin nicht auch von Amts wegen eingeleitete Verfahren, wie etwa solche wegen Maßnahmen nach dem § 176 ABGB oder solche über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person) von dem bis dahin zuständig gewesenen Bezirksgericht erledigt worden sind. Bis zu dieser Erledigung soll das letztgenannte Bezirksgericht auch die nach dem 31. Dezember 2002 anhängig gewordenen Anträge zu behandeln haben, womit gleichfalls Verfahrensverzögerungen vorgebeugt wird.

Zum § 3:

Damit soll sichergestellt werden, dass die noch erforderlichen administrativen und personellen Vorsorgen zeitgerecht getroffen werden können.

Zum § 4:

Die Vollziehungsklausel entspricht dem BundesministerienG 1986.

Textgegenüberstellung

Geltende Fassung: Vorgeschlagene Fassung:

1a. des Bezirksgerichtes Josefstadt die Bezirke VII bis IX;

2. des Bezirksgerichtes Favoriten den Bezirk X;

2a. des Bezirksgerichtes Meidling den Bezirk XII;

3. des Bezirksgerichtes Hietzing den Bezirk XIII;

2. des Bezirksgerichtes Leopoldstadt die Bezirke II und XX;

3. des Bezirksgerichtes Landstraße die Bezirke III und XI;

4. des Bezirksgerichtes Josefstadt die Bezirke VII bis IX;

5. des Bezirksgerichtes Favoriten den Bezirk X;

4. des Bezirksgerichtes Fünfhaus die Bezirke XIV und XV;

5. des Bezirksgerichtes Hernals die Bezirke XVI und XVII;

6. des Bezirksgerichtes Döbling die Bezirke XVIII und XIX;

6a. des Bezirksgerichtes Leopoldstadt die Bezirke II und XX;

7. des Bezirksgerichtes Floridsdorf den Bezirk XXI;

8. des Bezirksgerichtes Donaustadt den Bezirk XXII;

9. des Bezirksgerichtes Liesing den XXIII. Bezirk.