406 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Budgetausschusses


über die Regierungsvorlage (387 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz über den Ver­fassungsrang bestimmter finanzausgleichsrechtlicher Bestimmungen


Als Teil des Ergebnisses der Verhandlungen über den Finanzausgleich ab dem Jahr 2001 wurde verein­bart, die Regierungsvorlage zum FAG 2001 derart zu gestalten, dass die Bestimmungen über den abge­stuften Bevölkerungsschlüssel einschließlich der Regelung über die Statutarstädte und die Bestimmungen über die Verteilung der Werbeabgabe in Verfassungsrang gehoben werden. Damit soll den Gebietskörper­schaften für den Geltungsbereich des Finanzausgleichsgesetzes 2001 besondere Sicherheit hinsichtlich der für ihre Haushaltsführung zu erwartenden finanziellen Mittel gewährleistet werden. Dies wurde aus folgenden Gründen für erforderlich erachtet:

Die Verteilung der Ertragsanteile, insbesondere soweit sie nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel erfolgt, ist einer der am meisten diskutierten Punkte des Finanzausgleiches, insbesondere hinsichtlich der unterschiedlichen Gewichtungen abhängig von der Größenklasse der Gemeinde und der Forderungen der Städte mit eigenem Statut nach Abgeltung ihrer zusätzlichen Aufgaben.

Der Bundesverfassungsgesetzgeber hat die Bestimmungen über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel erstmals im FAG 1993 als Verfassungsbestimmung erlassen, und zwar als Reaktion auf die zahlreichen Klagen, die während der Geltung des Finanzausgleichsgesetzes 1989 von Bund, Ländern und Gemeinden gegen die jeweils gegenbeteiligten Gebietskörperschaften beim Verfassungsgerichtshof eingebracht worden waren. Diese Klagen zielten unter anderem darauf ab, über eine Aufhebung der Bestimmungen über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel höhere Ertragsanteile zu erhalten (Klagen der Gemeinden gegen das jeweilige Land und gegen den Bund sowie Klagen der Länder gegen den Bund), oder darauf, von denjenigen Gemeinden, die vom abgestuften Bevölkerungsschlüssel profitiert hatten, die allenfalls zu viel erhaltenen Ertragsanteile zurückzubekommen (Klagen des Bundes gegen Länder und Gemeinden sowie Klagen der Länder gegen ihre Gemeinden).

Auf Grund dieser Konstellation waren zum Ende des Jahres 1991 von 3 496 beim Verfassungsgerichtshof offenen Fällen 2 158 im Jahr 1990 eingebrachte Klagen mit wechselseitigen vermögensrechtlichen Ansprüchen aus dem Finanzausgleich (siehe die Ausführungen im Vorwort zum 56. Band der Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes). Diese Unzahl von Verfahren hat nicht nur den Verfassungsgerichtshof und die Behörden bei der Erfüllung ihrer sonstigen Aufgaben behindert, sondern für die Gemeinden auch zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit über die Höhe der ihnen zustehenden Ertragsanteile geführt. Diese Unsicherheit betraf nicht nur die Ertragsanteile des laufenden Jahres und der zukünftigen Jahre, sondern auch die der vergangenen Jahre, soweit nicht Verjährung eingetreten war, und machte eine seriöse Haushaltsplanung der Gemeinden unmöglich.

Aus diesem Grund werden trotz des Umstandes, dass der Verfassungsgerichtshof in mehreren Erkennt­nissen (VfSlg. 12.505/90 und zuletzt mit dem Erkenntnis vom 28. September 2000, A 10/00) den abgestuften Bevölkerungsschlüssel nicht als verfassungswidrig angesehen hat, die Bestimmungen über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel mit dem vorgeschlagenen „Bundesverfassungsgesetz über den Verfassungsrang bestimmter finanzausgleichsrechtlicher Bestimmungen“ in den Rang einer Verfassungs­bestimmung gehoben.

Vergleichbares gilt für die nunmehr erzielte Einigung über die Verteilung der Werbeabgabe auf die Länder und Gemeinden in den Finanzausgleichsgesetzen 1997 und 2001, weil dieser Teil des Finanz­ausgleichs bisher ausgesprochen umstritten war und die unterschiedliche Beteiligung der Länder und Gemeinden am Aufkommen zu Missverständnissen Anlass geben könnte, wenn nicht berücksichtigt wird, dass die Gebietskörperschaften umso höhere Ausfälle gegenüber den seinerzeitigen Erträgen an den Ankündigungs- und Anzeigenabgaben zu verkraften haben, je höher sie nunmehr an der Werbeabgabe beteiligt sind.


Die mit einer allfälligen neuerlichen Prüfung verbundenen negativen Begleiterscheinungen erscheinen als schwerwiegender als die mit dem Verfassungsrang bewirkte Einschränkung der Prüfungskompetenz des Verfassungsgerichtshofes, umso mehr als die Bestimmungen über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel und die Verteilung der Werbeabgabe auf einem Vorschlag der Gemeinden, vertreten durch den Österreichischen Städtebund und den Österreichischen Gemeindebund, beruhen und diese von dieser Einschränkung betroffenen Gebietskörperschaften selbst eine verfassungsrechtliche Absicherung für notwendig erachten, um für den Geltungsbereich des Finanzausgleichsgesetzes 2001 die notwendige Sicherheit hinsichtlich der für ihre Haushaltsführung zu erwartenden finanziellen Mittel gewährleisten zu können.

Der Budgetausschuss hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 11. Dezember 2000 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Rudolf Edlinger und Mag. Werner Kogler sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmen­mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (387 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2000 12 11

                          Ing. Hermann Schultes                                          Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann