487 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 27. 4. 2001

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und das Strafvoll­zugsgesetz geändert werden


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderungen des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2000, wird wie folgt geändert:

1. § 45 hat zu lauten:

§ 45. (1) Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist bedingt nachzu­sehen, wenn nach der Person des Betroffenen, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben, nach der Art der Tat und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen, insbesondere nach einem während vorläufiger Anhaltung nach § 429 Abs. 4 StPO oder eines Vollzugs der Untersuchungshaft durch vorläufige Unterbringung nach § 438 StPO erzielten Behandlungserfolg, anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Unterbringung in Verbindung mit einer Behandlung außerhalb der Anstalt und allfälligen weiteren in den §§ 50 bis 52 vorgesehenen Maßnahmen ausreichen werde, um die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, hintanzuhalten. Die Unterbringung nach § 21 Abs. 2 darf überdies nur zugleich mit der Strafe bedingt nachgesehen werden. Die Probezeit bei der bedingten Nachsicht der Unterbringung nach § 21 beträgt zehn Jahre, ist die der Unterbringung zugrunde liegende strafbare Handlung aber mit keiner strengeren Strafe als einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren bedroht, fünf Jahre.

(2) Die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher darf nur zugleich mit der Strafe und nur dann bedingt nachgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Unterbringung in Verbindung mit einer oder mehreren der in den §§ 50 bis 52 vor­gesehenen Maßnahmen genügen werde, um die Gewöhnung des Rechtsbrechers an berauschende Mittel oder Suchtmittel zu überwinden. Die für die bedingte Strafnachsicht bestimmte Probezeit gilt auch für die bedingte Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher.

(3) § 43 Abs. 2 gilt dem Sinne nach.

(4) Die bedingte Nachsicht anderer vorbeugender Maßnahmen ist unzulässig.“

2. Im § 50 Abs. 1 werden im ersten Halbsatz nach dem Wort „Strafe“ die Worte „oder die mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme“ eingefügt.

3. § 53 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 2 entfällt; der bisherige Abs. 3 erhält die Absatzbezeichnung „(2)“.

b) Folgende Abs. 3 und 4 werden angefügt:

„(3) Wird in den Fällen der Abs. 1 und 2 die bedingte Strafnachsicht oder Entlassung nicht widerrufen, so kann das Gericht die Probezeit, falls sie kürzer bestimmt war, bis auf höchstens fünf Jahre verlängern; im Falle der bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe kann das Gericht die Probezeit bis auf höchstens fünfzehn Jahre verlängern. Zugleich hat es zu prüfen, ob und welche Weisungen neu zu erteilen sind und ob, falls das noch nicht geschehen sein sollte, Bewährungshilfe anzuordnen ist.

(4) Bestehen gegen Ende der ursprünglichen oder verlängerten Probezeit nach bedingter Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe sonst besondere Gründe zur Annahme, dass es einer weiteren Erprobung des Rechtsbrechers bedarf, so kann das Gericht die Probezeit um höchstens drei Jahre verlängern. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig.“

4. § 54 hat zu lauten:

§ 54. (1) Die bedingte Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme oder für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und die bedingte Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 bezeichneten Anstalten sind unter den im § 53 genannten Voraussetzungen zu widerrufen, wenn sich aus den dort genannten Umständen ergibt, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, noch besteht.

(2) Wird im Falle des Abs. 1 die bedingte Nachsicht der Unterbringung in oder die bedingte Entlassung aus einer im § 21 bezeichneten Anstalt nicht widerrufen, so kann das Gericht die Probezeit bis auf höchstens fünfzehn Jahre verlängern. Beträgt die Probezeit nur fünf Jahre, so kann sie das Gericht bis auf höchstens zehn Jahre verlängern. Zugleich hat es zu prüfen, ob und welche Weisungen neu zu erteilen sind und ob, falls das noch nicht geschehen sein sollte, Bewährungshilfe anzuordnen ist.

(3) Bestehen gegen Ende der ursprünglichen oder verlängerten Probezeit besondere Gründe zur Annahme, dass es weiterhin der Androhung der Unterbringung bedarf, um die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, hintanzuhalten, so kann das Gericht die Probezeit um höchstens drei Jahre verlängern. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig.

(4) Ist im Falle der bedingten Nachsicht der Unterbringung in oder der bedingten Entlassung aus einer Anstalt nach § 21 Abs. 1 dem Rechtsbrecher die Weisung erteilt worden, sich einer medizinischen Behandlung zu unterziehen und besteht Grund zur Annahme, dass der Rechtsbrecher die Weisung nicht befolgt und es deshalb einer stationären Behandlung bedarf, um die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme gerichtet hat, hintanzuhalten, so hat das Gericht die Sicherheitsbehörde zu verständigen, die nach § 9 des Unterbringungsgesetzes vorzugehen hat. Das Gericht ist von den in der Folge getroffenen Maßnahmen zu unterrichten.

(5) Wird jedoch im Falle einer bedingten Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 bezeichneten Anstalten wegen einer während der Probezeit (§ 53 Abs. 1) begangenen mit Strafe bedrohten Handlung die vorbeugende Maßnahme neuerlich angeordnet, so wird damit die frühere Anordnung dieser Maßnahme gegenstandslos.

(6) Die bedingte Entlassung aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher ist nicht zu widerrufen, wenn die Fortsetzung der Behandlung von vornherein aussichtslos scheint.“

5. § 81 hat zu lauten:

§ 81. (1) Wer fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführt

           1. unter besonders gefährlichen Verhältnissen,

           2. nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch Genuss von Alkohol oder den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht aus­schließenden Rauschzustand versetzt hat, obwohl er vorhergesehen hat oder hätte vorhersehen können, dass ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei, oder

           3. dadurch, dass er, wenn auch nur fahrlässig, ein gefährliches Tier entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag hält, verwahrt oder führt,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Der Täter ist nach Abs. 1 Z 3 auch zu bestrafen, wenn er sich mit einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag nicht bekannt gemacht hat, obwohl er seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder sonst den Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre, oder wenn ihm der Irrtum über die Rechtsvorschrift oder den behördlichen Auftrag sonst vorzuwerfen ist.“

6. In den §§ 88 Abs. 3 und 4 sowie 89 wird jeweils das Zitat „§ 81 Z 1 und 2“ durch das Zitat „§ 81 Abs. 1 Z 1 bis 3“ ersetzt.

Artikel II

Änderungen der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. XX/2000, wird wie folgt geändert:

1. § 494a wird wie folgt geändert:


a) Im Abs. 1 wird das Wort „Strafnachsicht“ jeweils durch das Wort „Nachsicht“ ersetzt.

b) Im Abs. 2 hat der zweite Satz zu lauten:

„Der Widerruf einer bedingten Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB oder der bedingten Entlassung aus einer solchen Unterbringung oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist dem Schöffen- oder Geschworenengericht vorbehalten; der Widerruf einer bedingten Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 2 StGB oder der bedingten Entlassung aus einer solchen Unterbringung steht dem Bezirksgericht nicht zu.“

c) Im Abs. 6 wird das Wort „Strafnachsicht“ durch das Wort „Nachsicht“ ersetzt; das Zitat „§ 53 Abs. 2 StGB“ wird durch das Zitat „§§ 53 Abs. 3, 54 Abs. 2 StGB“ ersetzt.

2. In den §§ 495 Abs. 1 und 497 Abs. 1 StPO werden jeweils vor dem Wort „entwöhnungsbedürftige“ die Worte „geistig abnorme oder“ eingefügt.

Artikel III

Änderungen des Strafvollzugsgesetzes

Das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. XX/2000, wird wie folgt geändert:

1. § 180 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 2 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Vor einer beabsichtigten Verlängerung der Probezeit nach den §§ 53 Abs. 4 oder 54 Abs. 3 des Strafgesetzbuches ist ein ärztlicher oder psychologischer Sachverständiger zu hören.“

b) Im Abs. 3 hat der letzte Halbsatz des ersten Satzes zu lauten:

„und zu befürchten ist, dass der Entlassene fliehen werde oder die Begehung weiterer mit Strafe bedrohter Handlungen unmittelbar bevorstehe.“

2. Dem § 181 wird folgender Abs. XX angefügt:

„(XX) § 180 Abs. 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx tritt mit xx. xxxxxxxxx xxxx in Kraft.

Artikel IV

In-Kraft-Treten und Schlussbestimmungen

(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit xx. xxxxxxxxxxx 2001 in Kraft.

(2) Die durch dieses Bundesgesetz geänderten Strafbestimmungen sind in Strafsachen nicht anzuwenden, in denen vor ihrem In-Kraft-Treten das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung, Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruchs ist jedoch im Sinne der §§ 1 und 61 StGB vorzugehen.

(3) Die §§ 53 und 54 in der Fassung dieses Bundesgesetzes sind auch auf vor dem Inkrafttreten begangene Taten anzuwenden, sofern die bedingte Entlassung nach dem In-Kraft-Treten ausgesprochen wird.

Vorblatt

Probleme und Ziele der Gesetzesinitiative:

Der Entwurf hat zwei Schwerpunkte. Zum Einen dient er der weiteren Umsetzung des Regierungs­programms im Bereich des gerichtlichen Strafrechts. Dort finden sich unter dem Titel „Verbesserungen im Maßnahmenvollzug“ ua. die Punkte „Sicherstellung spezieller Therapien während der Anhaltung sowie bei bedingter Entlassung“ und „Rückfallsvermeidung durch effiziente Kontrolle und Betreuung nach der Haftentlassung“. Mit dem zweiten Schwerpunkt des Entwurfes soll der Entschließung des Nationalrats Nr. 32/E vom 20. September 2000 nachgekommen werden. In dieser wurde – im Zusammen­hang mit der im Sommer 2000 einsetzenden öffentlichen Diskussion über „Kampfhunde“ – unter anderem der Bundesminister für Justiz ersucht, dem Nationalrat den Entwurf einer Novelle zum Strafgesetzbuch vorzulegen, durch die eine Gefährdung von Personen unter Verletzung von Vorschriften über die Haltung und ordnungsgemäße Verwahrung von Tieren als Gefährdungsdelikt strafbar gemacht wird.

Grundzüge der Problemlösung:

1.  Neue Möglichkeiten der Verlängerung der Probezeit nach bedingter Entlassung:

–   Bei lebenslanger Freiheitsstrafe soll die Probezeit von zehn auf 15 Jahre verlängert werden können, wenn im Falle neuerlicher Delinquenz oder bei Nichtbefolgung einer Weisung oder mangelndem Kontakt mit der Bewährungshilfe nicht widerrufen wird, aber dennoch weitere Kontrollen notwendig sind;

–   aus denselben Gründen soll nach bedingter Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug nach § 21 StGB die Probezeit in jenen Fällen, in denen sie derzeit zehn Jahre beträgt, bis auf 15 Jahre verlängert werden können, in jenen Fällen, in denen sie derzeit fünf Jahre beträgt, bis auf zehn Jahre;

–   wenn im Falle einer bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder aus dem Maßnahmenvollzug gegen Ende der ursprünglichen oder bereits verlängerten Probezeit (sonst) beson­dere Gründe zur Annahme bestehen, dass es einer weiteren Erprobung bedarf, soll eine Verlängerung um bis zu drei Jahre zum Tragen kommen können, wobei eine wiederholte Verlängerung möglich sein soll; in einem solchen Fall, wo kein äußeres Ereignis im Sinne der vorstehend erwähnten Gründe vorliegt, soll es jedoch zwingend einer Sachverständigenanhörung bedürfen;

–   ganz allgemein soll es die Verlängerungsmöglichkeit nicht nur bei neuerlicher Delinquenz, sondern auch bei Nichtbefolgung einer Weisung und mangelndem Kontakt zur Bewährungshilfe geben.

2.  Raschere Zugriffsmöglichkeiten bei Nichtbefolgung einer Weisung und zu vermutendem Widerruf: Zum Einen wird vorgeschlagen, im Falle der Nichtbefolgung einer Therapieweisung durch einen aus der Maßnahme nach § 21 Abs. 1 StGB bedingt Entlassenen die amtswegige Ingangsetzung des Unterbrin­gungsverfahrens nach dem UbG durch das Vollzugsgericht zu ermöglichen. Zum Anderen soll die Mög­lichkeit der Inhaftnahme bei anzunehmendem Widerruf (von Fluchtgefahr) auf akute Tatbegehungs­gefahr ausgeweitet werden, womit eine langjährige Forderung von Praktikern erfüllt würde; dabei handelt es sich um Personen, über die nicht schon auf Grund neuerlicher Delinquenz die Untersuchungshaft verhängt wird, die auch nicht vorläufig angehalten oder nach dem UbG in eine psychiatrische Kranken­anstalt eingewiesen werden, bei denen aber dennoch Grund zum Widerruf und akute Tatbegehungsgefahr anzunehmen ist.

3.  Schließlich soll auch die vorgeschlagene bedingte Einweisung in die Maßnahme nach § 21 StGB erhöhte Kontrollmöglichkeiten bei geistig abnormen Rechtsbrechern bewirken (nicht mehr „alles oder nichts“).

Zur Umsetzung des den Bundesminister für Justiz betreffenden Teils der vorstehend erwähnten Ent­schließung des Nationalrats wird vorgeschlagen, § 81 StGB um eine neue Z 3 betreffend rechtswidriges Halten usw. gefährlicher Tiere zu ergänzen. Durch die unveränderte legistische Ausgestaltung der §§ 88 (fahrlässige Körperverletzung) und 89 StGB (Gefährdung der körperlichen Sicherheit), in denen auf § 81 StGB verwiesen wird, schlägt die Ergänzung des § 81 StGB auch auf diese Bestimmungen durch. Im Ergebnis bedeutet dies eine partielle Verschärfung der Strafdrohung im Bereich der §§ 81 und 88 StGB sowie eine Ausweitung des Tatbestandes des § 89 StGB um die neue Fallkonstellation.

Kosten:

Insgesamt muss damit gerechnet werden, dass die Gesetzwerdung des Entwurfes tendenziell zu einem Mehraufwand in begrenzter Höhe führt, der sich jedoch angesichts gegenläufiger bzw. einander kom­pensierender und im Einzelnen ungewisser Auswirkungen auch nicht annähernd verlässlich abschätzen lässt. Dies ist eine Konsequenz der auf „Flexibilisierung“ und Differenzierung ausgerichteten Grund­tendenz des Entwurfs im Bereich der freiheitsentziehenden vorbeugenden Maßnahmen. In diesem Bereich kann überdies ein Teil der allfälligen Mehrausgaben überhaupt erst in der nächsten Legislaturperiode budgetwirksam werden.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

EU-Konformität:

EU-Recht wird durch den vorliegenden Entwurf nicht berührt.

Erläuterungen


I. Allgemeines

Der vorliegende Entwurf hat zwei Schwerpunkte. Zum Einen dient er der weiteren Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich des gerichtlichen Strafrechts. Dort finden sich unter dem Titel „Verbesserungen im Maßnahmenvollzug“ ua. die Punkte „Sicherstellung spezieller Therapien während der Anhaltung sowie bei bedingter Entlassung“ und „Rückfallsvermeidung durch effiziente Kontrolle und Betreuung nach der Haftentlassung“. In diesem Zusammenhang sieht der Entwurf ein Bündel von Maßnahmen vor, und zwar:

1.  Neue Möglichkeiten der Verlängerung der Probezeit nach bedingter Entlassung:

–   Bei lebenslanger Freiheitsstrafe soll die Probezeit von zehn auf 15 Jahre verlängert werden können, wenn im Falle neuerlicher Delinquenz oder bei Nichtbefolgung einer Weisung oder mangelndem Kontakt mit der Bewährungshilfe nicht widerrufen wird, aber dennoch weitere Kontrollen notwendig sind;

–   aus denselben Gründen soll nach bedingter Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug nach § 21 StGB die Probezeit in jenen Fällen, in denen sie derzeit zehn Jahre beträgt, bis auf 15 Jahre verlängert werden können, in jenen Fällen, in denen sie derzeit fünf Jahre beträgt, bis auf zehn Jahre;

–   wenn im Falle einer bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder aus dem Maß­nahmenvollzug gegen Ende der ursprünglichen oder bereits verlängerten Probezeit (sonst) besondere Gründe zur Annahme bestehen, dass es einer weiteren Erprobung bedarf, soll eine Verlängerung um bis zu drei Jahre zum Tragen kommen können, wobei eine wiederholte Verlängerung möglich sein soll; in einem solchen Fall, wo kein äußeres Ereignis im Sinne der vorstehend erwähnten Gründe vorliegt, soll es jedoch zwingend einer Sachverständigenanhörung bedürfen;

–   ganz allgemein soll es die Verlängerungsmöglichkeit nicht nur bei neuerlicher Delinquenz, sondern auch bei Nichtbefolgung einer Weisung und mangelndem Kontakt zur Bewährungshilfe geben.

2.  Raschere Zugriffsmöglichkeiten bei Nichtbefolgung einer Weisung und zu vermutendem Widerruf: Zum Einen wird vorgeschlagen, im Falle der Nichtbefolgung einer Therapieweisung bei der Maßnahme nach § 21 Abs. 1 StGB die amtswegige Ingangsetzung des Unterbringungsverfahrens nach dem UbG durch das Strafgericht zu ermöglichen. Zum Anderen soll die Möglichkeit der Inhaftnahme bei anzu­nehmendem Widerruf (von Fluchtgefahr) auf akute Tatbegehungsgefahr ausgeweitet werden, womit eine langjährige Forderung von Praktikern erfüllt würde; dabei handelt es sich um Personen, über die nicht schon auf Grund neuerlicher Delinquenz die Untersuchungshaft verhängt wird, die auch nicht vorläufig angehalten oder nach dem UbG in eine psychiatrische Krankenanstalt eingewiesen werden, bei denen aber dennoch Grund zum Widerruf und akute Tatbegehungsgefahr anzunehmen ist.

3.  Schließlich soll auch die vorgeschlagene bedingte Einweisung in die Maßnahme nach § 21 StGB er­höhte Kontrollmöglichkeiten bei geistig abnormen Rechtsbrechern bewirken (nicht mehr „alles oder nichts“).

Mit dem zweiten Schwerpunkt des Entwurfes soll der Entschließung des Nationalrats Nr. 32/E vom 20. September 2000 nachgekommen werden. In dieser wurde – im Zusammenhang mit der im Sommer 2000 einsetzenden öffentlichen Diskussion über „Kampfhunde“ – unter anderem der Bundesminister für Justiz ersucht, dem Nationalrat den Entwurf einer Novelle zum Strafgesetzbuch vorzulegen, durch die eine Gefährdung von Personen unter Verletzung von Vorschriften über die Haltung und ordnungsgemäße Verwahrung von Tieren als Gefährdungsdelikt strafbar gemacht wird.

(Im Übrigen werden die Bundesminister für Finanzen und für Inneres ersucht, zur Verhinderung illegaler Hundeimporte auf eine Verstärkung der Kontrollen an den Schengener Außengrenzen hinzuwirken.

Schließlich wird die Bundesregierung ersucht,

–   sich für die Einführung einer einheitlichen Kennzeichnungs- und Meldepflicht [Chipcard] sowie für eine Versicherungspflicht für Haftungsschäden für alle Hunde einzusetzen;

–   sich ferner für die Schaffung einheitlicher Mindeststandards für Ausbildungs- und Abrichterichtlinien einzusetzen;

–   alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Verschärfung von Zuchtbedingungen und einer Zuchtselektion für Hunde vorzunehmen;

–   auf die Schaffung eines bundeseinheitlichen Bewilligungsverfahrens für die Haltung „potentiell gefähr­licher“ Hunde hinzuwirken, wobei eine Bewilligung vom Nachweis entsprechender Haltungsbedin­gungen und der Befähigung zur Haltung solcher Hunde abhängig zu machen ist;

–   auf die Schaffung eines Abgabeverbots „potentiell gefährlicher“ Hunde hinzuwirken, sofern eine Be­willigung hiefür nicht nachgewiesen wird;

–   alles zu unternehmen, um aus EU-rechtlicher Sicht die Voraussetzungen für die Erlassung eines Im­portverbotes für „potentiell gefährliche“ Hunde zu schaffen und darauf hinzuwirken, dass der Vollzug bereits bestehender Haltungsvorschriften strenger und umfassender überwacht wird.)

Zur Umsetzung des den Bundesminister für Justiz betreffenden Teils der Entschließung wird vor­geschlagen, § 81 StGB um eine entsprechende neue Z 3 zu ergänzen.

Durch die unveränderte legistische Ausgestaltung der §§ 88 (fahrlässige Körperverletzung) und 89 StGB (Gefährdung der körperlichen Sicherheit), in denen auf § 81 StGB verwiesen wird, schlägt die Ergänzung des § 81 StGB auch auf diese Bestimmungen durch. Im Ergebnis bedeutet dies eine partielle Verschärfung der Strafdrohung im Bereich der §§ 81 und 88 StGB sowie eine Ausweitung des Tatbestandes des § 89 StGB um die neue Fallkonstellation.

II. Der wesentliche Inhalt des Entwurfs lässt sich wie folgt zusammenfassen

1.  Bei lebenslanger Freiheitsstrafe Möglichkeit der Verlängerung der Probezeit von zehn bis auf 15 Jahre (neu vorgeschlagener § 53 Abs. 3 StGB);

2.  bei der bedingten Entlassung aus der Maßnahme nach § 21 StGB Möglichkeit der Verlängerung der Probezeit von zehn bis auf 15 bzw. fünf bis auf zehn Jahre (neu vorgeschlagener § 54 Abs. 2 StGB);

3.  Möglichkeit der (auch wiederholten) Verlängerung der Probezeit um drei Jahre (und damit unter Umständen lebenslange Kontrolle) nach bedingter Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe oder aus dem Maßnahmenvollzug nach § 21 StGB (neu vorgeschlagene §§ 53 Abs. 4 bzw. 54 Abs. 3 StGB);

4.  Möglichkeit der Verlängerung der Probezeit auch bei Nichtbefolgung einer Weisung und mangelndem Kontakt zur Bewährungshilfe (neue §§ 53 Abs. 3 bzw. 54 Abs. 2 StGB);

5.  raschere Zugriffsmöglichkeiten bei Nichtbefolgung einer Weisung und Widerrufsverdacht durch amtswegige Ingangsetzung des Unterbringungsverfahrens (neu vorgeschlagener § 54 Abs. 4 StGB) sowie durch „Widerrufshaft“ bei akuter Tatbegehungsgefahr (Änderung des § 180 Abs. 3 StVG);

6.  Möglichkeit der bedingten Einweisung in die Maßnahme nach § 21 StGB (Änderung des § 45 StGB);

7.  strengeres Vorgehen gegen Gefährdungen der körperlichen Sicherheit, fahrlässige Körperverletzungen und Tötungen durch vorschriftswidriges Halten, Verwahren und Führen von Tieren (Ergänzung des § 81 StGB mit Folgeänderungen in den §§ 88 und 89 StGB).

III. Zu den finanziellen Auswirkungen

Im Bereich der erweiterten bzw. neuen Probezeitverlängerungsmöglichkeiten bietet sich folgendes Bild:

Hier ist zunächst an einen möglichen gesteigerten Kontroll- und Überwachungsaufwand zu denken. Ein Fall beschäftigt die Justizbehörden länger, vor allem aber können Mehrkosten für Bewährungshilfe und/
oder – im Falle des Greifens der Subsidiarhaftung des Bundes – Mehrkosten für therapeutische Betreuung anfallen. Schließlich ist an Mehrkosten in jenen Fällen zu denken, in denen ein Widerruf künftig noch zu einem Zeitpunkt möglich wäre, in dem die bedingte Entlassung derzeit schon endgültig ist.

Andererseits geht die Erwartungshaltung dahin, dass durch die verstärkte Kontrolle neuerliche Delinquenz und die damit zusammenhängenden Kosten verhindert werden können. Denkbar ist schließlich ein Entlastungseffekt auch dadurch, dass die Aussicht auf die erhöhte Kontrollintensität bei Abwägung aller Umstände auch dazu führen kann, dass künftig in dem einen oder anderen Fall, in dem derzeit gezögert wird, doch eine bedingte Entlassung erfolgt (weil man eben weiß, dass die Kontrolle unter Umständen länger, allenfalls lebenslang dauern kann).

Jedenfalls kann allfälliger Mehraufwand durch verlängerte Probezeiten frühestens in der nächsten Legis­laturperiode schlagend werden.

Auch die neu vorgeschlagene Möglichkeit der amtswegigen Verständigung der Sicherheitsbehörden im Falle des Verdachts der Unterbringungsbedürftigkeit (nach dem UbG) könnte isoliert betrachtet als poten­tiell mehrkostenverursachend eingestuft werden. Hier wäre jedoch zunächst darauf hinzuweisen, dass damit (in materieller Hinsicht) keine Erweiterung des Unterbringungsspektrums verbunden ist. Es soll lediglich eine amtswegige, verpflichtende Schiene zur Ingangsetzung des Unterbringungsverfahrens gelegt werden. Sollte dies in der Praxis tatsächlich dazu führen, dass mehr Personen untergebracht werden als derzeit, so müsste man sich doch vor Augen halten, dass diese Anhaltungen nur kurzfristig wären und mit einer solchen Maßnahme Schlimmeres verhindert werden soll, dh. neuerliche Delinquenz und damit neuerliche Anordnung und/oder Widerruf der bedingten Entlassung. Und auch hier könnte gelten, dass die eine oder andere bedingte Entlassung, die vielleicht ohne diese Möglichkeit nicht erfolgt wäre, künftig doch erfolgt und die Bestimmung sich damit Kosten sparend auswirken würde.

Die neu vorgesehene Möglichkeit der bedingten Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher könnte einerseits zu einer gewissen Verminderung von Unterbringungskosten im Maßnahmenvollzug beitragen, wird aber andererseits den Aufwand für ambulante Kontroll- und Betreuungsmaßnahmen steigern und in den Fällen eines Widerrufs der bedingten Nachsicht schließlich doch zu Unterbringungskosten führen. Welche dieser Auswirkungen kostenmäßig überwiegt, lässt sich nicht vorhersagen.

Zur ungefähren Einordnung des Mengengerüsts kann nur darauf hingewiesen werden, dass nach derzei­tiger Praxis als Ausgangsbasis eine Gruppe von vielleicht 100 Personen in Frage kommen könnte (so wurden im Jahr 1999 lediglich zwei Personen aus lebenslanger Haft entlassen). Von dieser Ausgangs­gruppe wird nur ein Teil von den neu vorgeschlagenen Maßnahmen betroffen sein können, indem etwa tatsächlich eine Probezeit verlängert wird. Aber auch von dieser Teilgruppe wird nur ein Teil spezifisch folgekostenwirksam werden.

Im Übrigen würde vermutlich allenfalls die Ausweitung des Tatbestands des § 89 StGB zu einem Mehr­aufwand führen, der jedoch gleichfalls nicht abgeschätzt werden kann. Es kann in diesem Zusammenhang nur darauf hingewiesen werden, dass es wegen § 89 StGB im Jahr 1998 insgesamt 536 Verurteilungen gegeben hat, denen 1 556 bekannt gewordene Fälle bzw. 1 318 ermittelte Tatverdächtige zu Grunde lagen. Während die Verurteiltenzahlen nicht näher aufschlüsselbar sind, weist die vom Bundesministerium für Inneres herausgegebene Polizeiliche Kriminalstatistik 94% der bekannt gewordenen Fälle (1 447) bzw. 92% der ermittelten Tatverdächtigen (1 239) dem Straßenverkehr zu. Es verbleibt somit derzeit eine ver­gleichsweise kleine Gruppe von Fällen der Gefährdung der körperlichen Sicherheit (außerhalb des Straßenverkehrs) als Ausgangsbasis für den möglichen Verfahrensmehraufwand. Zumal angesichts des Umstands, dass die neu vorgeschlagene Fallgruppe der Gefährdung der körperlichen Sicherheit lediglich die Gefährdung durch gefährliche Tiere betrifft und bestimmte Fälle von Gefährdung der körperlichen Sicherheit durch Tiere schon bisher als unter besonders gefährlichen Verhältnissen geschehen strafbar sind, sollte sich der Zuwachs so weit in Grenzen halten, dass es zumindest vertreten werden kann, die Entwicklung abzuwarten.

Insgesamt muss damit gerechnet werden, dass die Gesetzwerdung des Entwurfes tendenziell zu einem Mehraufwand in begrenzter Höhe führt, der sich jedoch angesichts gegenläufiger bzw. einander kompen­sierender und im Einzelnen ungewisser Auswirkungen auch nicht annähernd verlässlich abschätzen lässt. Dies ist eine Konsequenz der auf „Flexibilisierung“ und Differenzierung ausgerichteten Grundtendenz des Entwurfs im Bereich der freiheitsentziehenden vorbeugenden Maßnahmen.

IV. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Keine.

V. Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 der Bundes-Verfas­sungsgesetzes.

VI. EU-Konformität

EU-Recht wird durch den vorliegenden Entwurf nicht berührt.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Artikel I (Änderungen des Strafgesetzbuches):

Zu Art. I Z 1 (§ 45 StGB):

Es gibt Fälle, in denen die seinerzeitige Annahme des StGB, dass – kurz gesagt – jemand entweder gefährlich oder nicht gefährlich und daher kein Raum für eine bedingte Nachsicht der Maßnahme nach § 21 StGB sei (vgl. EBRV StGB 30 BlgNR XIII. GP, hier: 149 f), als nicht mehr zutreffend erachtet wird. So werden im Schrifttum etwa Fälle erwähnt, in denen während der vorläufigen Anhaltung nach § 429 Abs. 4 StPO ein Behandlungserfolg erzielt wird, der die Gefährlichkeit in einem Maß reduziert erscheinen lässt, dass von einer (weiteren) Unterbringung im Maßnahmenvollzug Abstand genommen werden kann (vgl. insbesondere HÖPFEL, Die Unterbringung minder Gefährlicher nach § 21 StGB in FS MOOS, sowie EDER-RIEDER/MITTERAUER, Alternativen zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB, ÖJZ 1999, S 595). Ferner nimmt das StGB kaum auf Fälle Bedacht, in denen die an sich vorhandene Gefährlichkeit vor allem durch eine medikamentöse Therapie derart unter Kontrolle gehalten werden kann, dass eine Überwachung auf freiem Fuß vertretbar erscheint.

Unter all diesen Fällen gibt es solche, in denen es ohne jeden Zweifel keinerlei weiterer Maßnahmen bedarf, sodass es im Sinne eines wohlverstandenen ultima-ratio-Prinzips auch keiner weiteren strafrecht­lichen Kontrolle bedarf, weder innerhalb noch außerhalb einer Anstalt. Dabei geht es nicht um die Frage einer abstrakten Substituierbarkeit der Unterbringung nach § 21 StGB, sondern um die konkrete Ge­fahrenreduktion im Einzelfall. Daneben gibt es sicher auch Fälle, in denen die Unterbringung nach § 21 StGB trotz (versuchter) Begleitmaßnahmen und trotz eines zwischenzeitig eingetretenen Behand­lungserfolges notwendig ist, weil das Risiko einer weiteren Tatbegehung eindeutig (noch) zu groß ist.

Es gibt aber wohl auch einen – vielleicht schmalen aber dennoch beachtenswerten – „uneindeutigen“ Zwischenbereich, in dem zwar flankierende Maßnahmen gesetzt wurden oder ein Behandlungserfolg erzielt werden konnte, sodass der (sofortige) Vollzug der Unterbringung unangemessen wäre, in denen aber dennoch nicht gänzlich auf die strafrechtliche Kontrolle verzichtet werden soll. Schon derzeit ist die Regelung betreffend die bedingte Entlassung nicht frei von Ambivalenzen. Einerseits wird apodiktisch verlangt, dass anzunehmen sein müsse, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maß­nahme richtet, nicht mehr besteht (§ 47 Abs. 2 StGB). Andererseits darf die Entlassung nur bedingt erfolgen (§ 47 Abs. 1 erster Satz StGB) und eröffnet § 50 StGB die Möglichkeit, Weisungen zu erteilen oder Bewährungshilfe anzuordnen, soweit das notwendig oder zweckmäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. (Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des StGB, aaO 150, resümieren zutreffend, dass „für die Dauer der Probezeit ein Zustand herbeigeführt [ist], der im Ergebnis einer bedingten Nachsicht der Unterbringung entspricht“.) Ein Versuch der Judikatur, de lege lata im Wege einer analogen Anwendung des § 265 StPO vorzugehen (Anordnung der Unter­bringung bei gleichzeitiger bedingter Entlassung in der Hauptverhandlung), wurde vom OGH dennoch zu Recht als mit dem Gesetz nicht vereinbar angesehen (OGH 12. 9. 1990, 11 Os 79/90). Für in diesem Bereich gelagerte Fälle wird daher vorgeschlagen, das Institut der bedingten Nachsicht der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB zu schaffen.

Die Kriterien für die bedingte Nachsicht der Maßnahme nach § 21 StGB orientieren sich zunächst an jenen für die bedingte Entlassung nach § 47 Abs. 2 StGB. Einer Anregung im Begutachtungsverfahren folgend soll jedoch auch die Art der Tat angeführt werden (vgl. § 43 Abs. 1 StGB für die bedingte Strafnachsicht sowie § 21 StGB selbst). Der Hauptanwendungsfall wird ein Behandlungserfolg während der vorläufigen Anhaltung usw. sein (vgl. dazu den Formulierungsvorschlag von SCHARMÜLLER in EDER-RIEDER/MITTERAUER aaO). Da es sich dabei jedoch bloß um eine faktisch häufig vorliegende, aber rechtlich nicht zwingende Gegebenheit handelt, wurde bei der Statuierung der Entlassungskriterien von einer Bedachtnahme auf die Aufführung und Entwicklung in der Anstalt Abstand genommen.

Auch das Maß der Wahrscheinlichkeit für die (günstige) Zukunftsprognose entspricht § 47 Abs. 2 StGB („wenn anzunehmen ist“), aber auch den Voraussetzungen für die bedingte Strafnachsicht (vgl. § 43 Abs. 1 StGB) sowie für die bedingte Nachsicht der Maßnahme nach § 22 StGB (vgl. § 45 Abs. 1 in der geltenden Fassung bzw. Abs. 2 idF des Entwurfes).

Hingegen soll die Behandlung als Voraussetzung für die bedingte Nachsicht ausdrücklich festgeschrieben werden, und zwar außerhalb der Anstalt, darüber hinaus aber ohne nähere Determinierung. Dies deshalb, weil bei Notwendigkeit der Anstaltsunterbringung die unbedingte Einweisung zu erfolgen haben wird, während dann, wenn überhaupt keine Behandlungsbedürftigkeit (mehr) gegeben ist, wohl auch von einer bedingten Einweisung Abstand zu nehmen wäre.

Im Sinne einer realistischen Betrachtungsweise soll „Hintanhaltung“ der Gefährlichkeit nicht not­wendigerweise eine vollständige Heilung bzw. Beseitigung der Gefährlichkeit meinen, sondern die Ge­währleistung eines kontrollierten Umgangs damit.

Wie auch die Maßnahme nach § 22 StGB (vgl. § 45 Abs. 1 in der geltenden Fassung bzw. Abs. 2 idF des Entwurfes) soll die Maßnahme nach § 21 Abs. 2 StGB nur zugleich mit der Strafe bedingt nachgesehen werden dürfen, zumal die Unterbringung vor der Strafe zu vollziehen ist und jederzeit aufgehoben werden kann (siehe insbesondere §§ 24 Abs. 1 dritter Satz, 25 Abs. 1 zweiter Satz StGB).

Die Probezeiten entsprechen wiederum jenen bei der bedingten Entlassung. Die neu vorgeschlagenen Verlängerungsmöglichkeiten sollen auch hier zur Anwendung kommen können (§ 54 Abs. 2 und 3 idF des Entwurfes).

Eine gesicherte Prognose, ob künftig mehr Fälle nicht eingewiesen werden, die derzeit mangels einer solchen Alternative (gerade noch) eingewiesen werden, oder ob dadurch mehr Fälle einer strafgericht­lichen Kontrolle zugeführt werden, die derzeit trotz des Fehlens dieser Möglichkeit nicht eingewiesen werden, lässt sich naturgemäß nicht abgeben. Eine Möglichkeit zur sachlicheren Differenzierung wird mit der Schaffung der Möglichkeit einer bedingten Anstaltsunterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher aber jedenfalls geschaffen.

Zu Art. I Z 2 (§ 50 StGB):

Die vorgeschlagene Ergänzung ist durch die Ausweitung der bedingten Nachsicht auf die Maßnahme nach § 21 StGB bedingt.

Zu Art. I Z 3 (§ 53 StGB):

Zu Abs. 2 und 3:

1. Wird ein Rechtsbrecher wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung verurteilt, so hat das Gericht unter den in § 53 Abs. 1 StGB genannten Voraussetzungen die bedingte Strafnachsicht bzw. die bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe zu widerrufen. Kommt es zu keinem Widerruf, kann das Gericht nach § 53 Abs. 2 die Probezeit auf höchstens fünf Jahre verlängern, falls sie ursprüng­lich kürzer bestimmt war. Wenn während der Probezeit vom Rechtsbrecher Weisungen trotz förmlicher Mahnung mutwillig nicht befolgt werden oder der Kontakt zum Bewährungshelfer beharrlich verweigert wird, hat das Gericht die bedingte Nachsicht bzw. Entlassung gleichfalls zu widerrufen (§ 53 Abs. 3 StGB) wie bei neuerlicher Delinquenz. Die Möglichkeit einer Verlängerung der Probezeit besteht in diesem Fall jedoch derzeit nicht. Nach der Gleichstellung der spezialpräventiven Widerrufsvoraussetzung bei Nichtbefolgung der Weisung und Kontaktverweigerung mit der Bewährungshilfe mit jener bei neuerlicher Delinquenz durch das Strafrechsänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 762, erscheint es nunmehr auch zweckmäßig, die Möglichkeit der Probezeitverlängerung auf diese Fälle auszudehnen. Da die Verlängerung als Alternative zum Widerruf im Sinne eines gelinderen Mittels fungiert, müssen die Wider­rufsvoraussetzungen grundsätzlich gegeben sein. Insbesondere muss bereits die förmliche Mahnung erfolgt sein. In spezialpräventiver Hinsicht darf zwar einerseits keine Notwendigkeit bestehen, die Strafe oder den Strafrest zu vollziehen; andererseits muss aber doch geprüft werden, ob überhaupt noch ein Kontrollbedürfnis besteht, widrigenfalls die Aufhebung der Weisung oder der Bewährungshilfe in Be­tracht zu ziehen wäre.

Es wurde daher der im Übrigen – mit Ausnahme eine weiteren Anpassung an das StRÄG 1996 (das Ge­richt ordnet die Bewährungshilfe an, bestellt aber nicht den konkreten Bewährungshelfer) – unverändert gebliebene Abs. 3, der die Widerrufsvoraussetzungen bei Weisung und Bewährungshilfe regelt, als neuer Abs. 2 vorgezogen, während der bisherige Abs. 2 als neuer Abs. 3 sowohl auf Abs. 1 als auch auf Abs. 2 Bezug nehmen soll.

2. Bei der bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe beträgt die Probezeit einheitlich zehn Jahre, dh. sie ist auch keinesfalls kürzer (§ 48 Abs. 1 StGB). Eine Verlängerung der Probezeit ist ausgeschlossen. Bei der bedingten Entlassung aus einer zeitlichen Freiheitsstrafe ist demgegenüber vom Gesetz ein Rahmen vorgegeben: Probezeiten können zwischen einem und drei Jahren dauern. Lediglich dann, wenn der bedingt erlassene Strafrest mehr als drei Jahre beträgt, beträgt die Probezeit einheitlich fünf Jahre. Kommt ein Widerruf der bedingten Entlassung nach § 53 Abs. 1 StGB nicht in Betracht, weil dieser zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung nicht geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, kann dennoch der Wunsch bestehen, über die neuerliche Verurteilung hinaus zu reagieren. § 53 Abs. 2 StGB eröffnet dazu die Möglichkeit zur Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre, soweit diese nicht ohnehin schon so lange beträgt.

Im Hinblick auf die fixe Probezeit bei der bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe kommt eine solche Ausdehnung bis zur Obergrenze derzeit nicht in Betracht. Es sind jedoch durchaus auch Fälle vorstellbar, in denen zwar kein Widerruf der bedingten Entlassung ausgesprochen wird (etwa weil die Tat, welche zur neuerlichen Verurteilung geführt hat, als zu wenig schwer wiegend angesehen wird), jedoch das Bedürfnis nach einer weiteren Kontrolle des Rechtsbrechers besteht. Es bedarf daher – folgt man dem grundsätzlichen Gedanken des § 53 StGB – einer Ausweitungsmöglichkeit über die derzeit gesetzlich vorgesehene Dauer hinaus. Diesbezüglich wird eine Verlängerungsmöglichkeit auf 15 Jahre vorgeschlagen, zumal sich eine Verlängerung um 50% durchaus noch im Rahmen des bisherigen Systems der Probezeitverlängerung befindet; eine darüber hinausgehende Verlängerung wäre in diesem Rahmen – insbesondere im Hinblick auf die bereits mindestens verbüßten 15 Jahre (im Schnitt werden Strafge­fangene aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe wesentlich später entlassen) – nicht vertretbar (siehe aber den neu vorgeschlagenen Abs. 4).

Die Gründe für die Verlängerung würden dieselben sein wie bei der Verlängerung der Probezeit im Falle der bedingten Entlassung aus einer zeitlichen Freiheitsstrafe.

Zu Abs. 4:

Darüber hinaus soll im Falle einer bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe eine zu­sätzliche Verlängerungsmöglichkeit bestehen, wenn gegen Ende der ursprünglichen oder bereits verlän­gerten Probezeit (sonst) besondere Gründe zur Annahme bestehen, dass es einer weiteren Erprobung bedarf.

Diese Verlängerungsmöglichkeit schließt gegebenenfalls die Möglichkeit zur lebenslangen Überwachung ein, da die wiederholte Verlängerung möglich ist, wenn am Ende einer bereits verlängerten Probezeit neuerlich oder weiterhin besondere Gründe für eine Verlängerung sprechen. Da es in diesen Fällen keines in gleicher Weise nach außen in Erscheinung tretenden Anlasses wie einer neuerlichen Tatbegehung bedarf, soll eine Sachverständigenbegutachtung zwingend vorgeschrieben werden (vgl. unten die vorge­schlagene Änderung des § 180 Abs. 2 StVG; Art. III). Hauptanwendungsfall könnte ein Weiterandauern der Behandlungsbedürftigkeit bei gleichzeitiger Notwendigkeit eines Druckmittels bei Gefahr der Non-Compliance sein; es müssen jedenfalls besondere spezialpräventive Gründe vorliegen.

Zu Art. I Z 4 (§ 54 StGB):

Zu Abs. 2:

Aus den zu § 53 zur bedingten Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe dargelegten Erwägungen sieht der Entwurf bei der bedingten Entlassung aus dem auf unbestimmte Dauer angeordneten Maß­nahmenvollzug nach § 21 StGB eine Verlängerungsmöglichkeit der Probezeit vor. In jenen Fällen, in denen die ursprüngliche Probezeit zehn Jahre beträgt, soll eine Verlängerung auf fünfzehn Jahre und in jenen Fällen, in denen die Probezeit fünf Jahre beträgt, eine Verlängerung auf zehn Jahre möglich sein.

Die Motivlage ist dieselbe wie bei der bedingten Entlassung aus der lebenslangen Freiheitsstrafe (der Widerruf wird zwar nicht für notwendig erachtet, aber eine längere Kontrolle scheint indiziert). Vorge­schlagen wird, das erst mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605, eingeführte Splitting bei der Dauer der ursprünglichen Probezeit beizubehalten, zumal die seinerzeitigen Erwägungen (un­billige Härte; s. 359 BlgNR XVII. GP, hier: 12) durchaus noch als zutreffend erachtet werden. Insbe­sondere bei der kürzeren Probezeit wäre daher eine Verlängerung der Probezeit besonders gut zu überlegen und darauf Bedacht zu nehmen, dass die Verlängerungsmöglichkeiten lediglich Obergrenzen festlegen, die keineswegs schematisch ausgeschöpft werden sollten. Wenngleich auch mit dem Instrument der (neuerlichen) Verlängerung der Probezeit nach dem neu vorgeschlagenen Abs. 3 sorgsam umge­gangen werden sollte, könnte es doch dazu dienen, Verlängerungen möglichst genau zu bemessen.

Auch hier wäre die durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996 vorgezeichnete Anpassung betreffend Anordnung der Bewährungshilfe (statt Bestellung des Bewährungshelfers) nachzuvollziehen.

Zu Abs. 3:

Zu dieser Verlängerungsmöglichkeit an sich darf auf die Ausführungen zu § 53 Abs. 4 verwiesen werden, zum Kriterium „Hintanhaltung der Gefährlichkeit“ auf § 45.

Zu Abs. 4:

Es wird gelegentlich vorgebracht, dass das Procedere für den Widerruf der bedingten Entlassung im Falle des Nicht(mehr)befolgens einer Weisung, insbesondere im Hinblick auf die Voraussetzung der vorher­gehenden förmlichen Mahnung, mitunter zu schwerfällig sei, um bei geistig abnormen Rechtsbrechern, denen eine Therapieweisung erteilt wurde, angemessen rasch auf ein durch die Absetzung der Therapie wieder angestiegenes Gefahrenpotential reagieren zu können. Es geht dabei also um Fälle, wo zwar eine wieder erhöhte Gefährlichkeit angenommen werden kann, nachdem sich etwa der Bewährungshelfer/die Bewährungshelferin an das Gericht gewandt hat, wo aber (möglicherweise: noch) nichts passiert ist. Ein sofortiger Widerruf wäre unangemessen; ob die Gefährlichkeit tatsächlich besteht, scheint jedoch überprüfungsbedürftig. Da noch kein strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt wurde, scheint es in einem solchen Fall geboten, die zivilrechtliche Unterbringungsschiene (vorläufig) weiterzuverfolgen.

Einwänden aus dem Begutachtungsverfahren in Richtung (der Gefahr) einer Vermischung von straf- und zivilrechtlichem Unterbringungsinstrumentarium wäre entgegenzuhalten, dass einerseits seitens des (Vollzugs)Gerichts die Möglichkeit, gegebenenfalls ein zivilrechtliches Unterbringungsverfahren in die Wege zu leiten, auch schon derzeit besteht und dass andererseits die Sicherheitsbehörden auch schon derzeit bei entsprechender Verdachtslage in diese Richtung aktiv zu werden haben. Das einzig Neue an der vorgeschlagenen Regelung ist, dass das (Vollzugs)Gericht künftig – vergleichbar einer (sonstigen) Anzeigepflicht – bei Vorliegen der genannten „Verständigungsvoraussetzungen“ verpflichtet sein soll, die Sicherheitsbehörde zu verständigen.

Im Begutachtungsverfahren wurde aber auch angeregt, die im Ministerialentwurf nur für den Fall der bedingten Entlassung vorgeschlagene Regelung auch auf den Fall der bedingten Nachsicht der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB zu erstrecken; diesfalls trifft die Verständigungspflicht das erkennende Gericht.

Zu Art. I Z 5 (§ 81 StGB):

1. Die im allgemeinen Teil erwähnte Entschließung des Nationalrates vom 20. September 2000, 32 (E), geht auf den nachstehenden Antrag des Abgeordenten Mag. Dr. GROLLITSCH, PRINZ und Genossen 217/A(E) vom 5. Juli 2000 zurück.

Dort heißt es:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, auf die Bundesländer einzuwirken, im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten, eine Verschärfung von Zuchtbedingungen und Zuchtselektion für ,potentiell gefährliche‘ Hunde vorzunehmen bzw. den Vollzug bereits bestehender Haltungsvorschriften strenger und umfas­sender zu überwachen.

Dabei sollten insbesondere folgende Bestimmungen ins Auge gefasst werden:

–   ein Haltungsverbot ,potentiell gefährlicher‘ Hunde durch ungeeignete oder mangelhaft ausgebildete Personen;

–   ein Abgabeverbot ,potentiell gefährlicher‘ Hunde an ungeeignete oder mangelhaft ausgebildete Per­sonen – auch durch Tierheime; sowie in Zusammenhang damit

–   die Einführung eines verpflichtenden ,Hundeführerscheines‘ für die Haltung ,potentiell gefährlicher' Hunde, die durch bestimmte Kriterien (zB Schulterhöhe, Kieferdruck usw.) zu definieren sind; sowie

–   die restriktivere Handhabung von Beschaffungs- und Abgaberichtlinien betreffend ,potentiell gefähr­liche‘ Hunde durch Tierheime und Tierschutzvereine, aber auch Züchter.

Des weiteren wird die Bundesregierung ersucht, nach Möglichkeit ein Importverbot für Hunde aus frag­würdiger Zucht zu verhängen, um Gesundheit und Sicherheit der österreichischen Bevölkerung und ihrer Haustiere zu gewährleisten.“

Begründet wurde der Antrag wie folgt:

„Der tragische Tod eines achtjährigen Kindes in Hamburg vor wenigen Tagen hat eine breite öffentliche Diskussion um die Gefährlichkeit von ,Kampfhunden‘ entfacht. In den sehr emotional geführten Debatten wird zumeist außer Acht gelassen, dass es eine gesetzliche und sohin allgemein gültige Definition von ,Kampfhunden‘ nicht gibt, dass es daher bestenfalls legitim ist, von ,potentiell gefährlichen‘ Hunden zu sprechen. Zwar gibt es eine genetische Disposition, die der Erziehung zum gefährlichen Hund entgegen­kommt, es gibt aber keine Einigkeit über die zu diskriminierenden Rassen. Wer will, kann eine solche Linie durch Einkreuzen einer anderen Rasse tarnen. Solche Mischlinge gibt es bereits, sie sind aber durch ein gesetzliches Rassenverbot, sprich: durch das diskutierte Verbot von ,Kampfhunden‘ nicht zu erfassen. Das generelle Verbot bestimmter Hunderassen ist demnach fragwürdig, zumal das Problem ja nicht bei den Hunden selbst, sondern bei den menschlichen Akteuren, also den Haltern liegt.

Tierschutz ist in Österreich im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Diese haben in ihrer Verein­barung gemäß Artikel 15a B-VG zur Verbesserung des Tierschutzes im Allgemeinen und im Besonderen im außerlandwirtschaftlichen Bereich bereits ein Verbot einer einseitigen Zuchtauswahl auf Erhöhung der Aggression und Kampfbereitschaft von Tieren normiert. Einer Umsetzung dieser Bestimmungen steht derzeit ein fehlender Beschluss des Salzburger Landtages als letztem Bundesland im Wege.“

1.1. Auch die Abgeordneten Dr. KOSTELKA und Genossen brachten am 5. Juli 2000 einen Antrag „betreffend Schutz der Bevölkerung vor Hunden mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit“ [219/A (E)] ein.

„Imponiergehabe, Aggressionslust, übertriebener Kompensationsbedarf sowie Verantwortungslosigkeit einiger weniger Hundehalter“ seien die Ursachen des Problems so genannter Kampfhunde. Da die Länder­rechte bei weitem nicht ausreichend seien, wurde die Bundesregierung aufgefordert einen Entwurf eines Bundesgesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Hunden mit gesteigerter Aggressivität und Gefähr­lichkeit vorzulegen. Darin sollten unter anderem enthalten sein: das Verbot von Aggressionszucht und einer entsprechenden Ausbildung, das Verbot des Handels mit und des Ex- und Imports von gefährlichen Hunden, eine Sachkunde- und Zuverlässigkeitsprüfung für Halter derartiger Hunde, Kennzeichnungs­pflicht und gestaffelt höhere Steuern für gefährliche Hunde, Pflichtversicherung für alle Hunde sowie eine höhere Kontrollfrequenz und höhere Strafen bei Nichteinhaltung von Auflagen.

1.2. Am 6. Juli 2000 brachten die Abgeordneten Dr. KOSTELKA und Genossen zwei Initiativanträge betreffend ein Bundesgesetz ein, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden („Kampfhunden“) ausgehen, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz geändert werden (220/A bzw. 235/A).

„Kampfhunde“ (das seien Hunde, die von ihren Besitzern bewusst als Aggressionsmittel gegen andere Menschen und Hunde eingesetzt werden) seien Waffen und würden von ihren Besitzern auch wie Waffen eingesetzt. Daher umfasse die (Bundes-)Kompetenz des Artikel 10 Abs. 1 Z 7 B-VG „Waffenwesen“ auch die Kompetenz des Bundes, die Haltung von Hunden als Waffen zu regeln (und einer Bewilligungspflicht zu unterwerfen), zumal auch im Rahmen des Kompetenztatbestandes des „Rechtes zum Waffengebrauch“ (Artikel 10 Abs. 1 Z 14 B-VG) seit jeher auch der Einsatz von Diensthunden als Waffe geregelt werde. Beantragt wurde daher eine Änderung des Strafgesetzbuches und des Waffengesetzes zur „Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden (Kampfhunden) ausgehen“. Man wolle damit bei zwei Punkten ansetzen: Einerseits solle die Zucht und die Ausbildung von Hunden mit erhöhter Aggressivität unter gerichtliche Strafe gestellt werden, andererseits sei vorgesehen, die Haltung gefährlicher Hunde nach dem Waffengesetz bewilligungspflichtig zu machen.

Das Züchten von und Ausbilden zu aggressiven Hunden sollte mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, bei gewerbsmäßigem Vorgehen bis zu zwei Jahren belegt werden. Der Antrag enthält weiters eine Definition von Kampfhunden und spricht dabei von einer über das natürliche Ausmaß hinausgehenden Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder einer anderen vergleichbaren Mensch oder Tier gefähr­denden Eigenschaft. Kampfhunde sollten nur mit behördlicher Genehmigung gehalten werden dürfen, wobei als Voraussetzung notwendige Verlässlichkeit und Sachkunde genannt werden. Diese Kenntnisse über Haltung, Erziehung und Führung von Hunden seien bei privaten Institutionen zu erwerben. Die Verlässlichkeit eines Bewilligungsinhabers soll jederzeit überprüft werden können, bei Vorliegen ent­sprechender Anhaltspunkte wäre der Widerruf der Bewilligung durch die Behörde vorgesehen. Schließ­lich sollte auch eine Kennzeichnungspflicht für gefährliche Hunde mittels Microchip eingeführt werden, um der Exekutive die Identifikation der Hunde zu erleichtern.

2. Am 6. Juli 2000 wurden die Anträge der Abg. Dr. KOSTELKA und Genossen 219/A(E) und 220/A dem Innenausschuss zugewiesen, hingegen der Antrag 217/A(E) der Abg. Mag. Dr. GROLLITSCH, PRINZ und Genossen dem Verfassungsausschuss; am 7. Juli 2000 wurde auch der Antrag 235/A der Abg. Dr. KOSTELKA und Genossen dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

2.1. Der Verfassungsausschuss setzte am 12. Juli 2000 einen Unterausschuss ein, der an diesem Tag den Beschluss fasste, den Bundesminister für Inneres, den Bundesminister für Justiz und den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit um Erstattung von Vorschlägen zur Vorbeugung und Abwehr von Attacken von Hunden, vor allem von so genannten „Kampfhunden“, gegen Menschen und Tiere zu ersuchen.

2.1.1. In der daraufhin erstellten gemeinsamen Unterlage der drei ersuchten Ressorts vom 25. August 2000, Zl. 93.000/105-III/2/00/DR, wird zunächst zur Frage der Kompetenzgrundlagen Folgendes ausgeführt:

„a) Tierschutz- und Tierhaltung, Regelungen über die Haltung und das Verbot ,gefährlicher Tiere‘

Nach derzeit geltendem Verfassungsrecht fallen die Angelegenheiten der Tierzucht und Tierhaltung gemäß der Generalklausel des Art. 15 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung in den Kompetenzbereich der Länder. Dies gilt auch für die Haltung und das Verbot gefährlicher Tiere, wobei dieser Bereich allenfalls (auch) dem Kompetenztatbestand ,örtliche Sicherheitspolizei‘ im Sinne des Art. 15 Abs. 2
B-VG unterfällt. Eine abschließende Beurteilung bedürfe einer eingehenderen Untersuchung. Im gegen­ständlichen Fall spielt diese Frage jedoch keine Rolle, weil auch die örtliche Sicherheitspolizei in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt.

Eine bundesgesetzliche Regelung betreffend die Haltung von so genannten ,Kampfhunden‘, wäre daher nur möglich, wenn hierfür nach einem der in Art. 10 bis 14 B-VG normierten Kompetenztatbestände eine Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung bestehen würde. In den Anträgen der Abg. Dr. Peter KOSTELKA und Genossen an den Verfassungs- und an den Innenausschuss (220/A und 235/A, XXI. GP) werden Regelungen in Anwendung des Kompetenztatbestandes ,Waffenwesen‘ nach Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG vorgeschlagen. Hierzu müsste jedoch nach der so genannten „Versteinerungstheorie“ im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzartikel im Jahre 1925 eine bundesgesetzliche Regelung über die Abwehr gefährlicher Tiere bestanden haben. Dies ist nicht der Fall.

Dem entspricht der Umstand, dass landesgesetzliche Tierhaltegesetze Regelungen über die Haltung gefähr­licher Tiere, insbesondere von ,Kampfhunden‘, enthalten und die Bundesregierung in keinem der Begutachtungsverfahren eine Kompetenzwidrigkeit solcher Regelungen geltend gemacht hat. Auch der VfGH hat etwa in seinem Erkenntnis zu einer Regelung über das Verbot von gefährlichen Hunden gemäß § 6b des Steiermärkischen Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, LGBl. NR. 70/1993, keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung aus dem Grunde der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung geäußert (VfSlG. 14941/1997).

b) Strafrecht

Mit Ausschluss des Verwaltungsstrafrechtes und des Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheiten, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen (siehe oben unter lit. a), kommen Gesetzgebung und Vollziehung im Strafrechtswesen gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG dem Bund zu.

c) Regelungen über das Verbot der Einfuhr von Hunden oder eine Einfuhrbewilligung

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung und Vollziehung besteht auf Grund des Kompetenztat­bestandes ,Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland‘ gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG.“

2.1.2. In strafrechtlicher Hinsicht wurden in dem Papier folgende Überlegungen angestellt:

„Zur kompetenzrechtlichen Situation darf vorweg darauf hingewiesen werden, dass die Angelegenheiten der Tierzucht und Tierhaltung in Gesetzgebung und Vollziehung in den Kompetenzbereich der Länder fallen. Mit Ausschluss des Verwaltungsstrafrechtes und des Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegen­heiten, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen, kommen jedoch Gesetzgebung und Vollziehung im Strafrechtswesen gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG dem Bund zu.

Auf der Tagesordnung des Verfassungssausschusses stehen im vorliegenden Zusammenhang die Anträge 217/A(E) der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Prinz und Kollegen betreffend Verschärfung der Zucht- und Haltungsbedingungen für ,potentiell gefährliche Hunde‘ sowie 235/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Parfuss und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefähr­lichen Hunden (,Kampfhunden‘) ausgehen, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz 1996 geändert werden.

Während der erstgenannte Antrag (unmittelbar) keine strafrechtlichen Änderungen ins Auge gefasst hat, zielt letzterer sowohl auf das gerichtliche Strafrecht (in Form eines neu vorgeschlagenen § 222a StGB sowie einer Änderung der gerichtlichen Strafbestimmung des § 50 Waffengesetz 1996) als auch auf das Verwaltungsstrafrecht (Änderung des § 51 WaffG) ab.

Im Hinblick auf die kompetenzrechtliche Situation im Bereich des Waffenwesens sei (zunächst) von einer näheren Beleuchtung der Vorschläge betreffend die Änderungen des WaffG Abstand genommen.

Strafrechtliche Pönalisierung bestimmter Züchtungen oder Ausbildungen von Hunden

Nach dem neu vorgeschlagenen § 222a StGB sollte strafbar sein, wer Hunde zum ausschließlichen oder überwiegenden Zweck züchtet oder ausbildet, dass diese eine erhöhte Aggressivität erlangen, oder solche Hunde in Verkehr setzt.

In seiner Sitzung vom 12. Juli 2000 hat nun der Unterausschuss des Verfassungsausschusses (ua.) den Beschluss gefasst, der Bundesminister für Justiz werde ersucht, die Frage der Züchtung und Ausbildung von Hunden zu gesteigerter Aggressivität mit dem Ziel eines strafrechtlichen Verbotes eines solchen Verhaltens zu prüfen.

Wie bereits eingangs erwähnt, gilt es zunächst zu bedenken, dass die angesprochenen Sachverhalte grund­sätzlich in die Kompetenz der Länder fallen. In diesem Sinn haben (jedenfalls) zwei Bundesländer, nämlich Steiermark und Vorarlberg, entsprechende Strafbestimmungen erlassen:

Nach §§ 14 Abs. 1 in Verbindung mit 6b Abs. 1 und 2 des Steiermärkischen Tierschutz- und Tier­haltegesetzes, LGBl. Nr. 74/1984 idF LGBl. Nr. 45/1993 sowie der gemäß der zuletzt genannten Bestim­mung zu erlassenden Verordnung wäre das Halten, Ausbilden und Abrichten von gefährlichen Hunden grundsätzlich strafbar (Verwaltungsstrafdrohung: Geldstrafe bis zu 100 000 S); allerdings hat der Verfassungsgerichtshof die Verordnung über gefährliche Hunde, LGBl. Nr. 70/1993, mit Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, V 78/97, in Kraft getreten mit Ablauf des 30. 4. 1998, (mangels Einholung eines gesetzlich vorgeschriebenen Gutachtens der Veterinärmedizinischen Universität vor Festlegung gefähr­licher Hunderassen und Kreuzungen) aufgehoben. Nach §§ 6 Abs. 1 lit. b und 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 und 3 des (Vorarlberger) Gesetzes über Maßnahmen gegen Lärmstörungen und über das Halten von Tieren, LGBl. Nr. 1/1987 idF LGBl. Nr. 57/1994, sowie der Verordnung der (Vorarlberger) Landesregierung über das Halten von Kampfhunden, LGBl. Nr. 4/1992, ist jedenfalls das bewilligungs­lose Halten von Hunden der Rasse Staffordshire Terrier, Mastino Napoletano, Mastin Espanol, Fila Brasileiro, Argentinischer Mastiff, Mastiff, Bullmastiff, Tosa Inu, Bordeaux Dogge, Dogo Argentino und Ridgeback sowie der Kreuzungen Bandog und Pitbullterrier sowie von Hunden aus Kreuzungen der genannten Rassen und Kreuzungen strafbar (Verwaltungsstrafdrohung: Geldstrafe bis zu 30 000 S), eben­so die Nichterfüllung von in einem Bewilligungsbescheid enthaltenen Auflagen.

Wenngleich also primär eine landesgesetzliche Ahndung indiziert scheint, bestünde – wie bereits erwähnt – grundsätzlich auch eine Möglichkeit zur Schaffung bundesgesetzlicher Strafbestimmungen im Wege des Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG, wobei auch das (gleichfalls verfassungsgesetzliche) Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK, BGBl. Nr. 628/1988, dem nicht im Wege stünde, zumal die beiden genannten landesgesetzlichen Strafbestimmungen so genannte Subsidiaritätsklauseln zugunsten des gerichtlichen Strafrechts aufweisen.

Fasst man nun grundsätzlich bundesgesetzliche und damit gerichtliche Strafbestimmungen ins Auge, so gilt es bei der inhaltlichen Ausgestaltung zunächst zu bedenken, dass dem gerichtlichen Strafrecht jeden­falls bloße Ordnungswidrigkeiten nicht überantwortet werden sollten, sondern dass es wohl einer kon­kreten Rechtsgutsbeeinträchtigung von nicht ganz unerheblicher Schwere bedarf, um – zumal dem ultima-ratio-Prinzip folgend – den Einsatz des gerichtlichen Strafrechts sachlich rechtfertigen zu können.

In erster Linie wird hier wohl (zumindest) an die Gefährdung von Menschen zu denken sein. Wenngleich der Antrag 235/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Ludmilla Parfuss und Genossen einen neuen § 222a StGB mit dem Titel ,Züchten und Ausbilden von aggressiven Hunden‘ vorschlägt, der im Falle der Beschlussfassung in den elften Abschnitt des besonderen Teils des Strafgesetzbuches, also den Abschnitt ,Tierquälerei‘, in unmittelbarem Anschluss an den Tatbestand der ,Tierquälerei‘ (§ 222 StGB) fallen würde und auch die im Antrag 217/A(E) der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Prinz und Kollegen erwähnte Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG vorsieht, dass unter anderem die Erhöhung der Aggression und Kampfbereitschaft von Tieren durch einseitige Zuchtauswahl als Tierquälerei im Rahmen der landes­gesetzlichen Tierschutzregelungen verboten werden solle, wird dazu Folgendes zu bedenken gegeben: Vorbehaltlich anders lautender Erkenntnisse kann wohl nicht davon ausgegangen werden, dass ein Hund mit erhöhter Aggression und Kampfbereitschaft allein schon dadurch Qualen erleidet. Das bloße Ver­setzen eines Hundes in einen solchen Zustand kann sohin wohl nur schwerlich unter Tierquälerei sub­sumiert werden (und zwar wohl auch nicht, wenn man mitbedenkt, dass dadurch auch die Gefahr erhöht wird, dass ein solcher Hund seinerseits verletzt oder gar getötet wird). Bleiben allenfalls die Mittel, mit denen dieser Zustand herbeigeführt wird: Auch hier kann jedoch nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass es sich dabei um Tierquälerei handelt. Züchtung scheidet insoweit von vornherein aus, und auch im Wege der Ausbildung kann die Aggressionsbereitschaft von Hunden durchaus auch ohne Zufügung von Qualen gesteigert werden. Während also die gesetzliche Unterstellung nicht-tierquälerischen Verhaltens unter Tierquälerei ein Problem der sachlichen Rechtfertigung darstellt, ist tatsächlich tierquälerisches Verhalten ohnehin schon derzeit von den bereits bestehenden Tierquälereibestimmungen (sei es § 222 StGB, seien es landesgesetzliche Regelungen) erfasst, sodass sich eine (zusätzliche) Strafbestimmung insofern erübrigt.

Gemeingefährdung durch Hunde?

Lässt man im Sinne der vorstehenden Ausführungen den ,tierquälerischen‘ Aspekt beiseite, könnte im Hinblick auf die von einem Hund mit erhöhter Aggressionsbereitschaft ausgehende Gefahr die Aus­gestaltung als gemeingefährliche Handlung im Sinne des siebenten Abschnitts des Strafgesetzbuches erwogen werden. Abgesehen von der grundsätzlich mangelnden Vergleichbarkeit selbst eines außerge­wöhnlich aggressiven Hundes mit einer Feuersbrunst, einem Sprengmittel oder ähnlichem wird diesem Gedanken jedoch schon allein der Umstand entgegenstehen, dass für eine Gemeingefahr die gleichzeitige Gefährdung eines größeren Personenkreises, also von zehn oder mehr Personen Voraussetzung ist.

Erweiterung der Deliktstatbestände gegen Leib und Leben

Am sachgerechtesten erschiene sohin eine Bedachtnahme auf das Phänomen der so genannten ,Kampf­hunde‘ im Rahmen der Delikte gegen Leib und Leben, zumal auch im Blickpunkt der öffentlichen De­batten die Hintanhaltung von Hundebissen, also von Gefährdungen, Verletzungen oder – im schlimm­sten Fall – von Tötungen durch Hunde steht. Wenn man jedoch eine Gemeingefahr verneint, kommt ein bloßes Abstellen auf die Steigerung der Aggressivität eines Hundes nicht als strafbarkeitsbegründend in Betracht. Abgesehen vom Ausmaß der Gefahr im Sinne eines erhöhten Gefahrenradius würde sich dabei auch die Frage stellen, gegenüber welcher Ausgangslage man von einer ,erhöhten‘ (so der Antrag 235/A) bzw. ,gesteigerten‘ (so der Beschluss des Unterausschusses des Verfassungsausschusses vom 12. Juli 2000) Aggressivität sprechen könnte. Keinesfalls kann wohl damit gemeint sein, dass es etwa strafbar sein soll, wenn ein bis dahin absolut zahmer und phlegmatischer Hund lediglich dazu gebracht wird, im Falle einer drohenden Gefahr zu bellen, was subjektiv wohl auch einer erhöhten Aggressivität entsprechen würde. Aber auch das Abstellen auf die durchschnittliche Aggressivität von Hunden erschiene wohl wenig zielführend, zumal sich dann die Frage stellen würde, was mit Hunden bzw. Hunderassen geschehen soll, die schon derzeit bzw. von vornherein, also ohne weitere Züchtungs- oder Ausbildungsmaßnahmen über­durchschnittlich aggressiv sind. Bliebe also ein Definitionsversuch im Sinne etwa des vorstehend erwähnten § 6b Abs. 1 des Steiermärkischen Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, demzufolge als gefährlich solche Hunde anzusehen sind, von denen nach den Erkenntnissen der Tierzucht und Verhaltensforschung auf Grund ihrer wesensmäßig typischen Verhaltensweise angenommen werden kann, dass sie die Sicherheit von Menschen oder Tieren gefährden können (vgl. dazu auch den im Antrag 217/A(E) verwendeten Begriff der ,potentiell gefährlichen‘ Hunde).

Im Bereich einer solchen Gefährlichkeit ist aber das bloße Herbeiführen dieses Zustandes (sei es durch Züchtung, sei es durch Ausbildung) als unterhalb der Schwelle gerichtlicher Strafbarkeit anzusehen, zumal dadurch die Strafbarkeit zu weit ins Vorfeld des zu verhindernden Übels gerückt würde. System­konform könnte nur sein, zumindest auf die konkrete Gefährdung wenigstens eines Menschen abzustellen, wie das § 89 StGB (,Gefährdung der körperlichen Sicherheit‘) schon derzeit tut. § 89 StGB stellt nun seinerseits auf die in § 81 Z 1 und 2 StGB bezeichneten Fälle ab, also besonders gefährliche Verhältnisse (Z 1) oder Berauschung (Z 2).

In diesem Zusammenhang könnte nun erwogen werden, einen neuen dritten Fall des § 81 StGB zu schaffen, und zwar für jene Fälle, in denen jemand den Tod eines anderen dadurch fahrlässig herbeiführt, dass er ein Tier entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag nicht ordnungsgemäß verwahrt, führt, hält usw.

Im Ergebnis würde das auf eine Strafschärfung für jene Fälle von fahrlässigen (tödlichen) Verletzungen durch Tiere hinauslaufen, die nicht schon derzeit von den besonders gefährlichen Verhältnissen erfasst werden. Zufolge der Verweisungen in den §§ 88 und 89 StGB würde diese Erweiterung auch bei den fahrlässigen Körperverletzungen (strafschärfend) und bei der Gefährdung der körperlichen Sicherheit (tatbestandserweiternd) durchschlagen.

Verwaltungsakzessorietät erscheint zur Eingrenzung der Strafbarkeit und angesichts der bestehenden landesgesetzlichen Regelungen angebracht. Ein Abstellen auf Tiere insgesamt würde sich empfehlen im Hinblick auf die Definitionsproblematik bei den so genannten ,Kampfhunden‘ einerseits und die Häufig­keit von Bissen durch andere Hunde andererseits, letztlich aber auch im Hinblick auf mögliche Verletzungen usw. durch das rechtswidrige Halten anderer unter Umständen (noch) gefährlicherer Tiere, mögen derartige Fälle auch sehr selten vorkommen (zB Giftschlangen).

EG-Konformität strafrechtlicher Maßnahmen

Regelungen im Bereich des gerichtlichen Strafrechts sind EG-rechtlich so zu beurteilen wie die ihnen zu Grunde liegenden Verbots- oder Beschränkungsbestimmungen. Völlig unproblematisch wäre etwa eine Erweiterung der Straftatbestände der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung unter besonders gefährlichen Umständen durch Präzisierung dieser Umstände im Zusammenhang mit Hunden oder Tieren im Allgemeinen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend sollten allfällige Strafbarkeitslücken im Bereich des Züchtens, Abrichtens oder bloßen Haltens von Hunden grundsätzlich im verwaltungsstrafrechtlichen Kompetenzbereich der Länder ge­schlossen werden, wo durchaus auch präventiv wirksame Strafdrohungen oberhalb der vorstehend genannten Grenzen denkbar sind. Im Bereich des gerichtlichen Strafrechts könnte eine Ergänzung des § 81 StGB – verwaltungsakzessorisch und nicht beschränkt auf ,Kampfhunde‘ – erwogen werden, was zu Ver­schärfungen im Bereich der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit führen würde.“

2.2. In der Sitzung vom 15. September 2000 wurde die Vorlage 217/A(E) im Rahmen eines ExpertInnen­hearings der Vorbehandlung unterzogen; es konnte jedoch kein Einvernehmen erzielt werden. Am 18. September 2000 nahm der Verfassungsausschuss den Bericht des Unterausschusses entgegen. Im Zuge der Debatte wurde von den Abgeordneten Mag. Dr. GROLLITSCH, PRINZ und Genossen ein gesamtändernder Abänderungsantrag zum Antrag 217/A(E) eingebracht. Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Annahme des Entschließungsantrages zu empfehlen (vgl. dazu den Bericht des Verfassungsausschusses 286 BlgNR XXI. GP samt Minderheitsbericht der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion [mit einem gemäß § 27 GOG eingebrachten Antrag betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz vor gefährlichen Hunden, das die vorstehend wiedergegebenen kompetenz­rechtlichen Hindernisse mittels einer eigenen Verfassungsbestimmung zu überwinden trachtet] und einer abweichenden persönlichen Stellungnahme der Abgeordneten PETROVIC gemäß § 42 Abs. 2 GOG).

2.3. Im Plenum des Nationalrats vom 20. September 2000 wurde dann die eingangs wiedergegebene Ent­schließung Nr. E 32-NR/XXI. GP im Sinne der Empfehlung des Verfassungsausschusses angenommen (während hinsichtlich des Antrags 235/A der ablehnende Ausschussbericht 287 BlgNR XXI. GP zur Kenntnis genommen wurde).

2.3.1. Gleichfalls am 20. September 2000 wurde von den Abgeordneten Mag. Dr. FEKTER, Dr. OFNER und Genossen der Antrag 257/A eingebracht, der sich im Wesentlichen – konzeptiven Vorüberlegungen des Bundesministeriums für Justiz entsprechend – mit den hier vorgeschlagenen Änderungen deckt. Der Antrag wurde am 21. September 2000 dem Justizausschuss zugewiesen.

3. Zum neuen Deliktsfall:

Mit der neuen Z 3 soll dem § 81, der zwar gegenüber der fahrlässigen Tötung nach § 80 als eigen­ständiges Delikt konzipiert ist, tatsächlich aber Qualifikationen des § 80 enthält, ein weiterer (dritter) Deliktsfall hinzugefügt werden.

Der Tatbestand verwendet die Begriffe Halten, Verwahren oder Führen von Tieren. Tierhalter ist, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt bzw. wer im eigenen Namen darüber zu entscheiden hat, wie das Tier zu verwahren und zu beaufsichtigen ist. „Tierhalter“ ist in diesem Sinne nicht (notwendigerweise) der, bei dem das Tier räumlich untergebracht ist, vielmehr der, der die Gewalt über das Tier (persönlich oder durch Bedienstete) ausübt.

Der, bei dem das Tier räumlich untergebracht ist, ist der Verwahrer. Ein Tier führt, wer es bei sich hat.

Die Begriffe können, müssen aber nicht zusammenfallen.

Hinzutreten muss, dass der Täter das Tier „entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag“ hält, verwahrt oder führt. Es herrscht also der Grundsatz der Verwaltungsakzessorietät, wobei die im 7. Abschnitt des Besonderen Teils verwendete Formel (vgl. die §§ 180 ff StGB, aber auch § 177b) herangezogen wird.

Schließlich muss es sich um ein „gefährliches“ Tier handeln. Der Ministerialentwurf hatte demgegenüber zwar grundsätzlich auf alle Tiere abgestellt, jedoch vorgesehen, dass das Halten usw. in einer Weise ge­schehen müsse, die geeignet sei, die Gefahr einer schweren Körperverletzung herbeizuführen. Im Begut­achtungsverfahren wurden jedoch Bedenken in Richtung Vereinbarkeit dieser abstrakten Gefahrenlage mit dem Todes- bzw. Verletzungserfolg der §§ 81 und 88 StGB bzw. der nach § 89 tatbildlichen konkreten Gefahr geäußert.

Um einerseits diesen Bedenken Rechnung zu tragen, andererseits aber dennoch die Einordnung unter § 81 StGB (samt Folgeänderungen der §§ 88 und 89 StGB) rechtfertigen zu können, soll das schon im Titel des § 81 StGB zum Ausdruck kommende Element der „besonders gefährlichen Verhältnisse“ im weiteren Sinn – gleichfalls Anregungen aus dem Begutachtungsverfahren folgend – für die neu vorgeschlagene Tatbestandsvariante dadurch verankert werden, dass es sich eben um „gefährliche“ Tiere handeln muss. Damit sind Tiere gemeint, deren unsachgemäße Haltung usw. nicht bloß ausnahmsweise oder unter Hinzutreten weiterer besonderer Umstände den Eintritt einer erheblichen Körperverletzung (im Bereich des § 84 Abs. 1 StGB) herbeiführen kann.

Die verwaltungsakzessorisch verpönte Herbeiführung der abstrakten Gefahrenlage muss zumindest fahr­lässig erfolgt sein; unbewusste Fahrlässigkeit genügt. Andererseits folgt aus der Formulierung „wenn auch nur fahrlässig“, dass auch vorsätzliches Handeln erfasst wird; der Vorsatz muss sich jedoch auf die Gefährdung beschränken, da bei weiter gehendem (Verletzungs- oder Tötungs)Vorsatz die entsprechen­den Körperverletzungs-(§ 86 StGB)- oder Tötungsdelikte zum Tragen kommen.

Ebenso wie im Verhältnis zwischen § 81 Z 1 und 2 kommt eine Tatbeurteilung sowohl nach der Z 1 als auch nach der Z 3 dann in Betracht, wenn zur verwaltungsakzessorisch verpönten Tierhaltung usw. zusätzliche Umstände hinzutreten, die besonders gefährliche Verhältnisse begründen. Die Z 1 bleibt insofern unberührt, dh. dass Sachverhalte wie jener der der Entscheidung 12c zu § 81 in MAYERHOFER, StGB5, zugrunde lag, weiterhin unter dem Gesichtspunkt der Z 1 (wenn auch nunmehr mit der Z 3 konkurrierend) zu prüfen sein werden (vgl. 22 Bs 403/89 des OLG Wien vom 8. 11. 1989, wo der Besitzer von Rottweiler-Hunden nach Ablegung der Schutzhundeprüfung mit ihnen nicht weiter trainierte und es zuließ, dass diese Hunde stets unüberwacht in ein anliegendes Grundstück gelangen konnten, wo die Hunde das Terrain gegenüber unerwarteten Eindringlingen zu verteidigen suchten). In diesem Zusammenhang wäre auch darauf hinzuweisen, dass das Fehlen von einschlägigen Verwaltungs­vorschriften eine Tatbildlichkeit nach der Z 1 nicht ausschließt.


Anregungen im Begutachtungsverfahren folgend wird als neuer Abs. 2 eine § 183a StGB nach­empfundene Irrtumsregelung vorgeschlagen.

Zu Art. I Z 6 (§§ 88 und 89 StGB):

Im § 88 soll die Qualifikation nach Abs. 3 künftig auch dann zur Anwendung kommen, wenn die leichte Körperverletzung (nach § 88 Abs. 1) unter den Voraussetzungen der neuen Z 3 des § 81 begangen worden ist. In gleicher Weise soll die Qualifikation nach Abs. 4 Fall 2 zur Anwendung gelangen, wenn die Tat unter den Voraussetzungen des § 81 Z 3 begangen worden ist und eine schwere Körperverletzung zur Folge hat.

Im § 89 soll auch das im § 81 Z 3 umschriebene qualifiziert gefährliche Verhalten bei konkreter Gefahr für (zumindest) einen anderen Menschen Strafbarkeit bewirken können.

Die Irrtumsregelung des § 81 Abs. 2 StGB (als „Unterfall“ des § 81 Abs. 1 Z 3) wird gegebenenfalls auch bei den §§ 88 und 89 StGB zum Tragen kommen.

Zu Artikel II (Änderungen der Strafprozessordnung 1975):

Zu Art. II Z 1 (§ 494a StPO):

1. Durch die Ersetzung des Wortes „Strafnachsicht“ durch „Nachsicht“ schlechthin, soll der Anwendungs­bereich es § 494a StPO auf die schon derzeit mögliche (aber nur in § 495a StPO erwähnte) – bedingte Nachsicht der Unterbringung nach § 22 StGB sowie auf die neu vorgeschlagene Möglichkeit der beding­ten Nachsicht der Unterbringung nach § 21 StGB ausgeweitet werden.

2. Im Lichte der Entscheidung des OGH vom 17. Mai 2000, 13 Os 49/00, EvBl 2000/204, soll zwar einerseits klargestellt werden, dass auch der Widerruf der bedingten Entlassung grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 494a StPO fällt. Mit den vorgeschlagenen Änderungen des Abs. 2 soll aber zugleich auch der schon derzeit aus dieser Bestimmung hinsichtlich der Strafbefugnis herausleuchtende Grundsatz auf die Befugnis zum Widerruf der (neu vorgeschlagenen) bedingten Nachsicht bzw. der bedingten Entlassung aus der Maßnahme nach § 21 StGB ausgeweitet werden.

3. Die vorgeschlagene Änderung im Abs. 6 ist lediglich eine Folgeänderung zur Änderung des § 53 StGB bzw. zur Erweiterung der Möglichkeiten der Probezeitverlängerung auf die Unterbringung nach § 21 StGB .

Zu Art. II Z 2 (§§ 495 und 497 StPO):

Die vorgeschlagene Erweiterung stellt lediglich eine Folgeänderung im Hinblick auf die Schaffung der Möglichkeit der bedingten Nachsicht der Unterbringung nach § 21 StGB dar.

Zu Artikel III (Änderungen des Strafvollzugsgesetzes):

Zu Art. III Z 1 (§ 180 StVG):

Gleichsam als Korrektiv zur verhältnismäßig unbestimmten Regelung der Verlängerung der Probezeit in den Fällen der §§ 53 Abs. 4 und 54 Abs. 3 StGB soll die für Abs. 2 vorgeschlagene Änderung die verpflichtende Anhörung eines ärztlichen oder psychologischen Sachverständigen vorsehen.

Im neu vorgeschlagenen Abs. 3 handelt es sich um Fälle, in denen nicht schon auf Grund neuerlicher Delinquenz die U-Haft verhängt wird, die auch nicht vorläufig angehalten oder nach dem UbG in eine psychiatrische Krankenanstalt eingewiesen werden, bei denen aber dennoch Grund zum Widerruf und akute Tatbegehungsgefahr angenommen werden. Der Anwendungsbereich wird daher zurückhaltend sein, entspricht aber einem von der Praxis artikulierten Bedürfnis.

Zu Art. IV (Inkrafttreten und Schlussbestimmungen):

Es wird davon ausgegangen, dass die Übergangsbestimmung des Abs. 3 trotz ihres rückwirkenden und zumindest potentiell verschlechternden Elements nicht dem verfassungsgesetzlichen Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK widerspricht (vgl. dazu auch die mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 153 eingeführte Verlängerung der Verjährungsfrist und die diesbezügliche Übergangsbestimmung des Art. V Abs. 3 leg. cit.).



Textgegenüberstellung

                                                      Bisherige Fassung:                                                                                                            Vorgeschlagene Fassung:        


Artikel I


Änderungen des Strafgesetzbuches


Bedingte Nachsicht von vorbeugenden Maßnahmen

Bedingte Nachsicht von vorbeugenden Maßnahmen


§ 45. (1) Die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher darf nur zugleich mit der Strafe und nur dann bedingt nachgesehen werden, wenn anzunehmen ist, daß die bloße Androhung der Unterbringung in Verbindung mit einer oder mehreren der in den §§ 50 bis 52 vorgesehenen Maßnahmen genügen werde, um die Gewöhnung des Rechtsbrechers an berauschende Mittel oder Suchtmittel zu überwinden. Die für die bedingte Strafnachsicht bestimmte Probezeit gilt auch für die bedingte Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher. § 43 Abs. 2 gilt dem Sinne nach.

§ 45. (1) Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist bedingt nachzusehen, wenn nach der Person des Betroffenen, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben, nach der Art der Tat und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen, insbesondere nach einem während vorläufiger Anhaltung nach § 429 Abs. 4 StPO oder eines Vollzugs der Untersuchungshaft durch vorläufige Unterbringung nach § 438 StPO erzielten Behandlungserfolg, anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Unterbringung in Verbindung mit einer Behandlung außerhalb der Anstalt und allfälligen weiteren in den §§ 50 bis 52 vorgesehenen Maßnahmen ausreichen werde, um die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, hintanzuhalten. Die Unterbringung nach § 21 Abs. 2 darf überdies nur zugleich mit der Strafe bedingt nachgesehen werden. Die Probezeit bei der bedingten Nachsicht der Unterbringung nach § 21 beträgt zehn Jahre, ist die der Unterbringung zu Grunde liegende strafbare Handlung aber mit keiner strengeren Strafe als einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren bedroht, fünf Jahre.


(2) Die bedingte Nachsicht anderer vorbeugender Maßnahmen ist unzulässig.

(2) Die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher darf nur zugleich mit der Strafe und nur dann bedingt nachgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Unterbringung in Verbindung mit einer oder mehreren der in den §§ 50 bis 52 vorgesehenen Maßnahmen genügen werde, um die Gewöhnung des Rechtsbrechers an berauschende Mittel oder Suchtmittel zu überwinden. Die für die bedingte Strafnachsicht bestimmte Probezeit gilt auch für die bedingte Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher.


 

(3) § 43 Abs. 2 gilt dem Sinne nach.


 

(4) Die bedingte Nachsicht anderer vorbeugender Maßnahmen ist unzulässig.


Erteilung von Weisungen und Anordnung von Bewährungshilfe

Erteilung von Weisungen und Anordnung von Bewährungshilfe


§ 50. (1) Wird einem Rechtsbrecher die Strafe bedingt nachgesehen oder wird er aus einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme bedingt entlassen, so hat das Gericht ihm Weisungen zu erteilen oder die Bewährungshilfe anzuordnen, soweit das notwendig oder zweckmäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Ordnet das Gericht die Bewährungshilfe an, so hat der Leiter der zuständigen Dienst- oder Geschäftsstelle für Bewährungshilfe dem Rechtsbrecher einen Bewährungshelfer zu bestellen und diesen dem Gericht bekanntzugeben.

§ 50. (1) Wird einem Rechtsbrecher die Strafe oder die mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme bedingt nachgesehen oder wird er aus einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme bedingt entlassen, so hat das Gericht ihm Weisungen zu erteilen oder die Bewährungshilfe anzuordnen, soweit das notwendig oder zweckmäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Ordnet das Gericht die Bewährungshilfe an, so hat der Leiter der zuständigen Dienst- oder Geschäftsstelle für Bewährungshilfe dem Rechtsbrecher einen Bewährungshelfer zu bestellen und diesen dem Gericht bekannt zu geben.


(2) …

(2) …


Widerruf der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe

Widerruf der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe


§ 53. (1) …

§ 53. (1) …


(2) Wird im Falle des Abs. 1 die bedingte Strafnachsicht oder Entlassung nicht widerrufen, so kann das Gericht die Probezeit, falls sie kürzer bestimmt war, bis auf höchstens fünf Jahre verlängern. Zugleich hat es zu prüfen, ob und welche Weisungen neu zu erteilen sind und ob, falls das noch nicht geschehen sein sollte, ein Bewährungshelfer zu bestellen ist.

(2) Wenn der Rechtsbrecher während des vom Gericht bestimmten Zeitraumes eine Weisung trotz förmlicher Mahnung mutwillig nicht befolgt oder sich beharrlich dem Einfluss des Bewährungshelfers entzieht, hat das Gericht die bedingte Strafnachsicht oder die bedingte Entlassung zu widerrufen und die Strafe oder den Strafrest vollziehen zu lassen, wenn dies nach den Umständen geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten.


(3) Wenn der Rechtsbrecher während des vom Gericht bestimmten Zeitraumes eine Weisung trotz förmlicher Mahnung mutwillig nicht befolgt oder sich beharrlich dem Einfluß des Bewährungshelfers entzieht, hat das Gericht die bedingte Strafnachsicht oder die bedingte Entlassung zu widerrufen und die Strafe oder den Strafrest vollziehen zu lassen, wenn dies nach den Umständen geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten.

(3) Wird in den Fällen der Abs. 1 und 2 die bedingte Strafnachsicht oder Entlassung nicht widerrufen, so kann das Gericht die Probezeit, falls sie kürzer bestimmt war, bis auf höchstens fünf Jahre verlängern; im Falle der bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe, kann das Gericht die Probezeit bis auf höchstens fünfzehn Jahre verlängern. Zugleich hat es zu prüfen, ob und welche Weisungen neu zu erteilen sind und ob, falls das noch nicht geschehen sein sollte, Bewährungshilfe anzuordnen ist.


 

(4) Bestehen gegen Ende der ursprünglichen oder verlängerten Probezeit nach bedingter Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe sonst besondere Gründe zur Annahme, dass es einer weiteren Erprobung des Rechtsbrechers bedarf, so kann das Gericht die Probezeit um höchstens drei Jahre verlängern. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig.


Widerruf der bedingten Nachsicht und der bedingten Entlassung bei einer vorbeugenden Maßnahme

Widerruf der bedingten Nachsicht und der bedingten Entlassung bei einer vorbeugenden Maßnahme


§ 54. (1) Die bedingte Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und die bedingte Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 bezeichneten Anstalten sind unter den im § 53 genannten Voraussetzungen zu widerrufen, wenn sich aus den dort genannten Umständen ergibt, daß die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, noch besteht. Wird jedoch im Fall einer bedingten Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 bezeichneten Anstalten wegen einer während der Probezeit (§ 53 Abs. 1) begangenen mit Strafe bedrohten Handlung die vorbeugende Maßnahme neuerlich angeordnet, so wird damit die frühere Anordnung dieser Maßnahme gegenstandslos.

§ 54. (1) Die bedingte Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme oder für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und die bedingte Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 bezeichneten Anstalten sind unter den im § 53 genannten Voraussetzungen zu widerrufen, wenn sich aus den dort genannten Umständen ergibt, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, noch besteht.


(2) Die bedingte Entlassung aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher ist nicht zu widerrufen, wenn die Fortsetzung der Behandlung von vornherein aussichtslos scheint.

(2) Wird im Falle des Abs. 1 die bedingte Nachsicht der Unterbringung in oder die bedingte Entlassung aus einer im § 21 bezeichneten Anstalt nicht
widerrufen, so kann das Gericht die Probezeit bis auf höchstens fünfzehn Jahre verlängern. Beträgt die Probezeit nur fünf Jahre, so kann sie das Gericht bis auf höchstens zehn Jahre verlängern. Zugleich hat es zu prüfen, ob und welche Weisungen neu zu erteilen sind und ob, falls das noch nicht geschehen sein sollte, Bewährungshilfe anzuordnen ist.


 

(3) Bestehen gegen Ende der ursprünglichen oder verlängerten Probezeit besondere Gründe zur Annahme, dass es weiterhin der Androhung der Unterbringung bedarf, um die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, hintanzuhalten, so kann das Gericht die Probezeit um höchstens drei Jahre verlängern. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig.


 

(4) Ist im Falle der bedingten Nachsicht der Unterbringung in oder der bedingte Entlassung aus einer Anstalt nach § 21 Abs. 1 dem Rechtsbrecher die Weisung erteilt worden, sich einer medizinischen Behandlung zu unterziehen und besteht Grund zur Annahme, dass der Rechtsbrecher die Weisung nicht befolgt und es deshalb einer stationären Behandlung bedarf, um die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme gerichtet hat, hintanzuhalten, so hat das Gericht die Sicherheitsbehörde zu verständigen, die nach § 9 des Unterbringungsgesetzes vorzugehen hat. Das Gericht ist von den in der Folge getroffenen Maßnahmen zu unterrichten.


 

(5) Wird jedoch im Falle einer bedingten Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 bezeichneten Anstalten wegen einer während der Probezeit (§ 53 Abs. 1) begangenen mit Strafe bedrohten Handlung die vorbeugende Maßnahme neuerlich angeordnet, so wird damit die frühere Anordnung dieser Maßnahme gegenstandslos.


 

(6) Die bedingte Entlassung aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher ist nicht zu widerrufen, wenn die Fortsetzung der Behandlung von vornherein aussichtslos scheint.


Fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen

Fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen


§ 81. Wer fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführt

§ 81. (1) Wer fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführt


                                                                                               1.                                                                                               unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder

                                                                                               1.                                                                                               unter besonders gefährlichen Verhältnissen,


                                                                                               2.                                                                                               nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch Genuss von Alkohol oder den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hat, obwohl er vorhergesehen hat oder hätte vorhersehen können, dass ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei,

                                                                                               2.                                                                                               nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch Genuss von Alkohol oder den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hat, obwohl er vorhergesehen hat oder hätte vorhersehen können, dass ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei oder


ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

                                                                                               3.                                                                                               dadurch, dass er, wenn auch nur fahrlässig, ein gefährliches Tier entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag hält, verwahrt oder führt,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.


 

(2) Der Täter ist nach Abs. 1 Z 3 auch zu bestrafen, wenn er sich mit einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag nicht bekannt gemacht hat, obwohl er seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder sonst den Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre, oder wenn ihm der Irrtum über die Rechtsvorschrift oder den behördlichen Auftrag sonst vorzuwerfen ist.


Fahrlässige Körperverletzung

Fahrlässige Körperverletzung


§ 88. (1) und (2) …

§ 88. (1) und (2) …


(3) In den im § 81 Z 1 und 2 bezeichneten Fällen ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(3) In den im § 81 Z 1 bis 3 bezeichneten Fällen ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.


(4) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessäztzen, in den im § 81 Z 1 und 2 bezeichneten Fällen aber mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(4) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessäztzen, in den im § 81 Z 1 bis 3 bezeichneten Fällen aber mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.


Gefährdung der körperlichen Sicherheit

Gefährdung der körperlichen Sicherheit


§ 89. Wer in den im § 81 Z 1 und 2 bezeichneten Fällen, wenn auch nur fahrlässig, eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.

§ 89. Wer in den im § 81 Z 1 bis 3 bezeichneten Fällen, wenn auch nur fahrlässig, eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.


Artikel II


Änderungen der Strafprozessordnung


III. Widerruf einer bedingten Nachsicht

III. Widerruf einer bedingten Nachsicht


§ 494a. (1) Wird jemand wegen einer strafbaren Handlung verurteilt, die er vor Ablauf der Probezeit nach einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe, einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung begangen hat, so hat das erkennende Gericht nach den folgenden Bestimmungen vorzugehen:

§ 494a. (1) Wird jemand wegen einer strafbaren Handlung verurteilt, die er vor Ablauf der Probezeit nach einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe, einer bedingten Nachsicht oder bedingten Entlassung begangen hat, so hat das erkennende Gericht nach den folgenden Bestimmungen vorzugehen:


                                                                                               1.                                                                                               …

                                                                                               1.                                                                                               …


                                                                                               2.                                                                                               Liegen die Voraussetzungen für das Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung vor, so ist auszusprechen, daß von einem Widerruf aus Anlaß der neuen Verurteilung abgesehen wird.

                                                                                               2.                                                                                               Liegen die Voraussetzungen für das Absehen vom Widerruf einer bedingten Nachsicht oder bedingten Entlassung vor, so ist auszusprechen, dass von einem Widerruf aus Anlass der neuen Verurteilung abgesehen wird.


                                                                                               3.                                                                                               …

                                                                                               3.                                                                                               …


                                                                                               4.                                                                                               Liegen die Voraussetzungen für den Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung vor, so ist der Widerruf auszusprechen.

                                                                                               4.                                                                                               Liegen die Voraussetzungen für den Widerruf einer bedingten Nachsicht oder bedingten Entlassung vor, so ist der Widerruf auszusprechen.


(2) Ein Ausspruch nach Abs. 1 Z 4 steht dem Einzelrichter beim Gerichtshof erster Instanz nur bei Strafen und Strafresten zu, die das Ausmaß von je fünf Jahren nicht übersteigen, und dem Bezirksgericht nur bei Strafen und Strafresten, die das Ausmaß von je einem Jahr nicht übersteigen. Der Widerruf einer bedingten Entlassung aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist dem Schöffen- oder Geschworenengericht vorbehalten. Soweit das erkennende Gericht sonach eine Entscheidung nach Abs. 1 Z 4 nicht treffen darf, hat es auszusprechen, daß die Entscheidung über den Widerruf dem Gericht vorbehalten bleibt, dem sonst die Entscheidung zukäme.

(2) Ein Ausspruch nach Abs. 1 Z 4 steht dem Einzelrichter beim Gerichtshof erster Instanz nur bei Strafen und Strafresten zu, die das Ausmaß von je fünf Jahren nicht übersteigen, und dem Bezirksgericht nur bei Strafen und Strafresten, die das Ausmaß von je einem Jahr nicht übersteigen. Der Widerruf einer bedingten Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB oder der bedingten Entlassung aus einer solchen Unterbringung oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist dem Schöffen- oder Geschworenengericht vorbehalten; der Widerruf einer bedingten Nachsicht der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 2 StGB oder der bedingten Entlassung aus einer solchen Unterbringung steht dem Bezirksgericht nicht zu. Soweit das erkennende Gericht sonach eine Entscheidung nach Abs. 1 Z 4 nicht treffen darf, hat es auszusprechen, dass die Entscheidung über den Widerruf dem Gericht vorbehalten bleibt, dem sonst die Entscheidung zukäme.


(3) und (4) …

(3) und (4) …


(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 55/1999)

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 55/1999)


(6) In einem Beschluß, mit dem vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung abgesehen wird, kann das erkennende Gericht auch die Probezeit verlängern; zugleich mit einem Ausspruch nach Abs. 1 Z 1 oder 2 können auch Weisungen erteilt, die Bewährungshilfe angeordnet und familien- oder jugendwohlfahrtsrechtliche Verfügungen getroffen werden (§§ 53 Abs. 2 StGB, 15 Abs. 2 JGG).

(6) In einem Beschluss, mit dem vom Widerruf einer bedingten Nachsicht oder bedingten Entlassung abgesehen wird, kann das erkennende Gericht auch die Probezeit verlängern; zugleich mit einem Ausspruch nach Abs. 1 Z 1 oder 2 können auch Weisungen erteilt, die Bewährungshilfe angeordnet und familien- oder jugendwohlfahrtsrechtliche Verfügungen getroffen werden (§§ 53 Abs. 3, 54 Abs. 2 StGB, 15 Abs. 2 JGG).


(7) …

(7) …


§ 495. (1) Außer in den Fällen des § 494a entscheidet über den Widerruf der bedingten Nachsicht einer Strafe oder eines Strafteiles, der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder einer Rechtsfolge das Gericht in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß, das in jenem Verfahren, in dem die bedingte Nachsicht ausgesprochen worden ist, in erster Instanz erkannt hat.

§ 495. (1) Außer in den Fällen des § 494a entscheidet über den Widerruf der bedingten Nachsicht einer Strafe oder eines Strafteiles, der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme oder entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder einer Rechtsfolge das Gericht in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss, das in jenem Verfahren, in dem die bedingte Nachsicht ausgesprochen worden ist, in erster Instanz erkannt hat.


(2) und (3) …

(2) und (3) …


IV. Endgültige Nachsicht

IV. Endgültige Nachsicht


§ 497. (1) Der Ausspruch, daß die bedingte Nachsicht einer Strafe, der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder einer Rechtsfolge endgültig geworden ist, hat durch Beschluß des Vorsitzenden zu erfolgen.

§ 497. (1) Der Ausspruch, dass die bedingte Nachsicht einer Strafe, der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme oder entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder einer Rechtsfolge endgültig geworden ist, hat durch Beschluss des Vorsitzenden zu erfolgen.


(2) …

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Artikel III


Änderungen des Strafvollzugsgesetzes


Verfahren

Verfahren


§ 180. (1) …

§ 180. (1) …


(2) Vor der Entscheidung über den Widerruf der bedingten Entlassung hat das Gericht stets in die Akten über das Strafverfahren Einsicht zu nehmen und womöglich den Entlassenen, wenn ein Bewährungshelfer bestellt worden ist, auch diesen zu hören. Vor dem Ausspruch, dass die Entlassung endgültig geworden ist, ist der Sicherheitsbehörde, in deren Sprengel sich der Entlassene aufhält, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Außerdem ist vor dieser Entscheidung eine Strafregisterauskunft einzuholen und, wenn ein Bewährungshelfer bestellt worden ist, auch dieser zu hören.

(2) Vor der Entscheidung über den Widerruf der bedingten Entlassung hat das Gericht stets in die Akten über das Strafverfahren Einsicht zu nehmen und womöglich den Entlassenen, wenn ein Bewährungshelfer bestellt worden ist, auch diesen zu hören. Vor einer beabsichtigten Verlängerung der Probezeit nach den §§ 53 Abs. 4 oder 54 Abs. 3 des Strafgesetzbuches ist ein ärztlicher oder psychologischer Sachverständiger zu hören. Vor dem Ausspruch, dass die Entlassung endgültig geworden ist, ist der Sicherheitsbehörde, in deren Sprengel sich der Entlassene aufhält, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Außerdem ist vor dieser Entscheidung eine Strafregisterauskunft einzuholen und, wenn ein Bewährungshelfer bestellt worden ist, auch dieser zu hören.


(3) Das Gericht und die Sicherheitsbehörden § 77 Abs. 2 der Strafprozeßordnung 1960) können den Entlassenen in vorläufige Verwahrung nehmen, wenn dringender Verdacht besteht, daß Grund zum Widerruf der bedingten Entlassung vorhanden sei, und die Flucht des Entlassenen zu befürchten ist. Die Beschwerde gegen eine vorläufige Verwahrung hat keine aufschiebende Wirkung.

(3) Das Gericht und die Sicherheitsbehörden (§ 177 Abs. 2 der Strafprozessordnung 1960) können den Entlassenen in vorläufige Verwahrung nehmen, wenn dringender Verdacht besteht, dass Grund zum Widerruf der bedingten Entlassung vorhanden sei und zu befürchten ist, dass der Entlassene fliehen werde oder die Begehung weiterer mit Strafe bedrohter Handlungen unmittelbar bevorstehe. Die Beschwerde gegen eine vorläufige Verwahrung hat keine aufschiebende Wirkung.


(4) …

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