555 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 26. 4. 2001

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

 

über die Regierungsvorlage (428 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird

 

Der vorliegende Entwurf schlägt für das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegs­material (Kriegsmaterialgesetz – KMG) Verwaltungsvereinfachungen und Kompetenzbereinigungen vor. Darüber hinaus soll berücksichtigt werden, dass die durch den Vertrag von Amsterdam neu in den EU-Vertrag eingeführten Maßnahmen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Österreich ermöglichen, an Maßnahmen zur Erfüllung humanitärer Aufgaben und Rettungseinsätzen, friedenser­haltenden Maßnahmen sowie Kampfeinsätzen bei der Krisenbewältigung, einschließlich friedensschaffen­der Maßnahmen (so genannte Petersberg-Aufgaben, Art. 17 Abs. 2 EU-Vertrag), teilzunehmen.

Es ist daher erforderlich, im geltenden Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegs­material entsprechende Anpassungen vorzunehmen, um etwa Kriegsmaterialtransporte in Durchführung einer GASP-Maßnahme zu ermöglichen.

Weiters wird vorgeschlagen, einen bislang in der österreichischen Rechtsordnung nur ungenügend geregelten Bereich einer klaren Regelung zuzuführen. Wurde Österreich in der Vergangenheit mit Ersuchen um Erlaubniserteilung für Truppenbewegungen auf österreichischem Hoheitsgebiet konfrontiert, traten immer wieder Fragen zur Zuständigkeit und der Art der Erledigung solcher „Anträge“ auf. Vielfach war man gezwungen, auf das Kriegsmaterialrecht und ähnliche Materien auszuweichen, um den Mangel an einer in diesen Fällen adäquaten Regelung zumindest teilweise ausgleichen zu können. In keiner Weise konnte damit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass militärische Verbände nicht als Summe von Einzelpersonen zu sehen sind, sondern vielmehr als Gesamtheit einerseits und als Repräsentanten eines anderen Völkerrechtssubjekts andererseits. Unabhängig von grenzkontroll- oder waffenrechtlichen Regelungen und Sanktionen ist ja das unangekündigte Betreten österreichischen Territoriums zuallererst ein völkerrechtlicher Akt, nämlich eine Missachtung der Gebietshoheit der Republik. Ein solches Betreten bedarf deshalb nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen – die nach Art. 9 Abs. 1 B-VG dem Bundesrecht zugehören – einer vorangehenden Zustimmung Österreichs. Die rechtliche Grundlage eines – bewaffneten oder unbewaffneten – Transits militärischer Verbände durch das Bundesgebiet ist nämlich nicht in behördlichen Bewilligungen nach einzelnen Materiengesetzen, sondern ausschließlich in Vereinbarungen des transitierenden Völkerrechtssubjekts mit der Republik zu suchen. Ein Truppentransit – als Bewegung eines militärischen Verbandes einschließlich seiner Bewaffnung – ist dann jedoch kein Vorgang, der nach den Bestimmungen von Materiengesetzen (Grenzkontrollgesetz, Fremdengesetz, Meldegesetz, Schieß- und Sprengmittelgesetz, Außenhandelsgesetz, Waffengesetz oder Kriegsmaterial­gesetz) zu beurteilen ist.

Überlegungen, diesen Bereich im Kriegsmaterialgesetz einer Regelung zuzuführen, wurden daher im Hinblick auf die mangelnde Vereinbarkeit der Regelungsgegenstände nicht weiter verfolgt. Abgesehen von der eben dargestellten völkerrechtlichen Dimension eines Truppentransites schien es mehr als zweifelhaft, ob das Mitführen der Bewaffnung eines militärischen Verbandes als „Durchfuhr“ im Sinne des KMG eingeordnet werden kann und ob der für das KMG maßgebliche Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG „Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland“, der insofern außenwirtschaftliche Regelungsziele verfolgt, eine adäquate Grundlage für Truppentransite darstellen kann.

Weiters ist das Ersuchen eines Völkerrechtssubjekts an die Republik Österreich nicht als Antrag im Sinne der österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze (diese kommen im KMG einschließlich der bescheid­mäßigen Erledigung durchwegs zur Anwendung) zu werten, sondern als ein nach Völkerrecht zu beurteilender Akt.

Aus diesem Grund wird mit Art. II ein eigenes Gesetz über das Überqueren der Grenze zum österreichischen Hoheitsgebiet und den Aufenthalt auf diesem durch ausländische Truppen samt diesen angehörendes Personal vorgeschlagen.

Abschließend soll ein weiterer, bislang nicht geregelter Bereich, einer klaren gesetzlichen Normierung zugeführt werden. Gemäß internationaler Übung wird ausgeschiedenes Kriegsmaterial nicht wieder in den Handel zurückgeführt, sondern vernichtet. Die Vernichtung auszuscheidender Waffen des Bundesheeres scheiterte aber immer wieder mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung dieses Bereiches. Es wird daher in Art. III vorgeschlagen, eine entsprechende Bestimmung, unter Berücksichtigung historisch wertvoller Waffen und Sammlerstücke, in das Waffengesetz 1996 aufzunehmen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. April 2001 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Paul Kiss, Wolfgang Jung, Peter Schieder, Anton Gaál, Walter Murauer, Dr. Helene Partik-Pablé, Dr. Peter Pilz, Dr. Peter Kostelka, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Helmut Dietachmayr, Mag. Terezija Stoisits sowie der Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser.

Im Zuge der Debatte brachten die Abgeordneten Paul Kiss und Dr. Helene Partik-Pablé einen Abände­rungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

„Zu § 2 Abs. 2 Waffengesetz:

Mit der Änderung des § 2 Abs. 2 soll klargestellt werden, dass die Regelungen des Waffengesetzes solange auf einen Gegenstand anzuwenden sind, solange dieser einen verwendungsfähigen Teil einer Schusswaffe enthält.

Damit soll folgender Praxis Einhalt geboten werden: Seit etwa 1991 wurden billige Faustfeuerwaffen von Waffenfachhändlern in großer Stückzahl importiert und allein durch den Austausch des Originallaufes zu Schreckschusswaffen umgebaut, die an jeden abgegeben werden konnten, der das 18. Lebensjahr überschritten hatte. Die so veränderten Waffen gelangten somit auf einfachem – weil ohne behördliche Bewilligung zulässigem – Weg wieder in die Bevölkerung und wurden zu einem bedeutenden Teil nach Südosteuropa verbracht. Dort haben sich verschiedene Täterguppen auf den relativ einfachen Rückbau dieser Schreckschusswaffen spezialisiert, die als scharfe Waffen wieder nach Westeuropa geschmuggelt wurden, wo sie vor allem im Bereich der organisierten kriminellen Szene zum Kauf angeboten werden.

Diese Vorgangsweise ist nur deshalb möglich, weil aus der geltenden Rechtslage zu wenig deutlich hervorgeht, dass das Waffengesetz solange auf einen Gegenstand anzuwenden ist, als dieser verwen­dungsfähige wesentliche Teile einer Schusswaffe enthält.

Die vorgeschlagene Änderung trägt im Umkehrschluss auch einem anderen Anliegen Rechnung. Indem nämlich deutlich gemacht wird, dass eine Schusswaffe dann nicht mehr dem Regime des Waffengesetzes unterliegt, wenn alle wesentlichen Teile, dh. Lauf, Trommel, Verschluss und andere diesen entsprechen­den Teile einer Schusswaffe, nicht mehr verwendungsfähig sind. Dabei wird es – wie nach geltender Rechtslage – darauf ankommen, dass nicht schon bei Reparaturbedürftigkeit von nicht mehr verwen­dungsfähigen Teilen ausgegangen werden kann, sondern nur dann, wenn diese so nachhaltig in ihrer Funktionsfähigkeit als Teil einer Schusswaffe beeinträchtigt sind, dass der mit der Wiederherstellung der Verwendungsfähigkeit verbundene Aufwand einer Neuherstellung nahe kommt.

Vielfach besteht der Wunsch, insbesondere in Fällen einer Erbschaft, den Gegenstand als Erinnerungs­stück weiter zu behalten, ohne jedoch eine echte Schusswaffe im Haushalt behalten zu wollen. Durch diese Klarstellung wird daher auch erreicht, dass sich Betroffene alle Teile der Waffe entsprechend umbauen und verändern lassen, dass sie nicht mehr gezwungen sind, eine waffenrechtliche Urkunde zu erwerben, wenn sie den Gegenstand als Andenken an den Verstorbenen aufbewahren wollen.

Gegenüber der Behörde wird ein Betroffener diese nachhaltige Veränderungen an allen Teilen der Schusswaffe nachzuweisen haben. In Frage dafür kommt in erster Linie das Beibringen einer Bestätigung durch einen befugten Gewerbetreibenden oder einen Schießsachverständigen.“

Ein Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses wurde mehrheitlich abgelehnt.

Bei der Abstimmung wurde die gegenständliche Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Paul Kiss und Dr. Helene Partik-Pablé mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Zwei Abänderungsanträge der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen fanden nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2001 04 19

                                    Günter Kößl                                                                      Anton Leikam

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage 1

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufent­haltsgesetz erlassen wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. Nr. 30a/1991, wird wie folgt geändert:

1. Kurztitel und Abkürzung des Gesetzes lauten:

„Kriegsmaterialgesetz – KMG“

2. Im § 1 Abs. 1 wird die Wortfolge „Ein-, Aus- und Durchfuhr“ ersetzt durch „Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie die Vermittlung (Abs. 4)“ und folgender Abs. 4 wird angefügt:

„(4) Die Vermittlung von Kriegsmaterial ist ein Vorgang, bei dem eine Person mit Wohnsitz oder Sitz im Inland die Verbringung von Waren, die sich außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union befinden, in ein anderes Land außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union gestattet oder veranlasst.“

3. In § 3 Abs. 1 werden die Worte „und dem Bundesminister für Landesverteidigung nach Anhörung des Bundeskanzlers“ durch die Worte „nach Anhörung des Bundesministers für Landesverteidigung“ ersetzt und die Worte „unter besonderer Berücksichtigung der immer währenden Neutralität“ in Z 1 entfallen ebenso wie die Worte „unter Bedachtnahme auf die immer währende Neutralität Österreichs“ in Z 4.

4. § 3 Abs. 1a lautet:

„(1a) Abs. 1 steht einer Bewilligung nicht entgegen, wenn die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Kriegsmaterial eine Maßnahme darstellt, um

           1. einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen oder

           2. einen Beschluss auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union oder

           3. einen Beschluss im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder

           4. sonstige Friedensoperationen entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen, wie etwa Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen, im Rahmen einer internationalen Organisation, soweit dem keine völkerrechtlichen Verpflichtungen oder überwiegende außenpoli­tische Interessen der Republik Österreich entgegenstehen,

durchzuführen.“

5. Nach § 3 Abs. 1a wird folgender Abs. 1b eingefügt:

„(1b) Der Bundesminister für Inneres kann über das Vorliegen einer Voraussetzung nach Abs. 1a eine Feststellung der Bundesregierung einholen.“

6. § 3 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Soweit dies sicherheitspolizeiliche Interessen erfordern, kann der Bundesminister für Inneres im Bescheid eine besondere Überwachung des Transportes im Bundesgebiet durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes anordnen; § 27a des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, bleibt unberührt.“

7. § 3a werden folgende Abs. 3 bis 5 angefügt:

„(3) Der Bundesminister für Inneres kann im Wege des Bundesministers für auswärtige Angelegen­heiten eine Übersicht der nach diesem Bundesgesetz erteilten Einfuhrbewilligungen, gegliedert nach Kriegsmaterialien und unter Angabe des Herkunftslandes, und der gemäß § 3 Abs. 5 gemeldeten Ausfuhren von Kriegsmaterial, gegliedert nach Kriegsmaterialarten und unter Angabe des Bestimmungs­landes sowie unter Angabe des jährlichen Gesamtwertes aller Ausfuhren, zum Zweck der zwischen­staatlichen Zusammenarbeit an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, an das Sekretariat des Wassenaar Arrangements und an die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union übermitteln.

(4) Überdies kann der Bundesminister für Inneres im Wege des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union jede Verweigerung einer Bewilligung zur Ausfuhr von Kriegsmaterial unter Angabe des Bestimmungslandes, des vorgesehenen Empfängers sowie der Art und Menge des Kriegsmaterials und der für die Verweigerung maßgeblichen Umstände mitteilen.

(5) Bevor eine Bewilligung nach § 3 erteilt wird, kann der Bundesminister für Inneres, sofern von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union innerhalb der letzten drei Jahre für eine im Wesentlichen gleichartige Transaktion eine Bewilligung verweigert worden ist und ihm diese Verweigerung zur Kenntnis gebracht wurde, im Wege des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten den Mitglied­staat, der die Bewilligung verweigert hat, konsultieren. Sofern hierauf dennoch eine Bewilligung erteilt wird, ist dies dem Mitgliedstaat samt den dafür maßgeblichen Umständen mitzuteilen.“

8. § 4 entfällt.

9. § 5 lautet:

§ 5. (1) Eine Bewilligung nach § 3 ist nicht erforderlich für die Einfuhr von Kriegsmaterial durch den Bundesminister für Landesverteidigung, den Bundesminister für Inneres, den Bundesminister für Justiz und den Bundesminister für Finanzen für die ihnen unterstellten Organe.

(2) Die Ausfuhr von Kriegsmaterial durch die in Abs. 1 angeführten Bundesminister bedarf der Zustimmung der Bundesregierung. Diese Zustimmung ist nicht erforderlich für die Ausfuhr von

           1. Kriegsmaterial zur Reparatur, Modifikation, Wartung, im Rahmen militär- oder polizeisportlicher Veranstaltungen, zur Erfüllung von Schutz- und Begleitdiensten oder zu Übungen und Ausbil­dungsmaßnahmen von dem jeweiligen Bundesminister unterstellten Organen;

           2. Kriegsmaterial, das zur Erprobung, Vorführung oder leihweisen Überlassung eingeführt wurde, zum Zwecke der Rückstellung an den Absender.

(3) Eine Bewilligung gemäß § 3 ist nicht erforderlich für die Ein- oder Ausfuhr von Kriegsmaterial, das nur zum Zweck der Reparatur oder Wartung ein- oder ausgeführt wird und es sich um Gegenstände handelt, die auf Grund einer Bewilligung gemäß § 3 bereits einmal ein- oder ausgeführt wurden. Eine solche Ein- oder Ausfuhr darf erst durchgeführt werden, wenn sie der Bundesminister für Inneres nicht binnen sechs Wochen nach Einlangen der Meldung untersagt; dieser hat sie zu untersagen, wenn sich die Voraussetzungen, unter denen die ursprüngliche Bewilligung erteilt wurde (§ 3 Abs. 1) offenkundig geändert haben; im Falle der Untersagung gilt die Meldung als Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1.“

10. § 7 Abs. 2 lautet:

„(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer, wenn auch nur fahrlässig, Kriegsmaterial entgegen unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Union ein-, aus- oder durchführt.“

11. In § 7 Abs. 3 entfallen die Worte „oder entgegen einer Untersagung nach § 4“.

12. Der bisherige § 9 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“ und es wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Mit 1. Juli 2001 treten die Verordnungen über die Untersagung der Ausfuhr von Kriegs­material sowie von zivilen Waffen und ziviler Munition in die Republik Irak, BGBl. Nr. 545a/1990 in der Fassung BGBl. Nr. 850/1995, in die Demokratische Republik Somalia, BGBl. Nr. 102/1992 in der Fassung BGBl. Nr. 74/1993, in die Republik Armenien sowie in die Republik Aserbeidschan, BGBl. Nr. 233/1992, in die Sozialistische Libysch-Arabische Volks-Dschamahirija, BGBl. Nr. 234/1992, in die Republik Liberia, BGBl. Nr. 73/1993, in die Republik Ruanda, BGBl. Nr. 453/1994, sowie die Verordnung über die Untersagung der Ausfuhr von Kriegsmaterial nach Bosnien und Herzegowina, in die Bundesrepublik Jugoslawien und in die Republik Kroatien, BGBl. Nr. 234/1996, außer Kraft.“

13. Der bisherige § 10 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“. Als neuer Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Die §§ 1 Abs. 1 und 4, 3 Abs. 1, 1a, 1b und 6, 3a Abs. 3 bis 5, 5, 7 Abs. 2 und 3, 9, 10 Abs. 3 und 11 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2001 treten mit 1. Juli 2001 in Kraft.“

14. Der bisherige § 11 Abs. 2 wird dem § 10 als Abs. 3 angefügt und der Ausdruck „im § 10“ wird durch die Worte „in diesem Paragraphen“ ersetzt.

15. § 11 lautet:

§ 11. Mit der Vollziehung der §§ 2 und 4 Abs. 1, 5 Abs. 2, erster Satz, ist die Bundesregierung, mit der Vollziehung der übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Bundesminister für Inneres, für auswärtige Angelegenheiten, für Landesverteidigung, für Finanzen und für Justiz je nach ihrem Wirkungsbereich betraut.“

Artikel II

Bundesgesetz über den Aufenthalt ausländischer Truppen auf österreichischem Hoheitsgebiet (Truppenaufenthaltsgesetz – TrAufG)

Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Truppen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Einheiten und Verbände ausländischer Land-, See- und Luftstreitkräfte sowie diesen angehörendes militärisches und ziviles Personal, soweit es sich im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Dienstes auf österreichischem Hoheitsgebiet aufhält.

(2) Der Aufenthalt umfasst das Überqueren der Grenze zu, den vorübergehenden Aufenthalt in und das Verlassen von österreichischem Hoheitsgebiet.

Gestatten des Aufenthaltes ausländischer Truppen

§ 2. (1) Soweit nicht völkerrechtliche Verpflichtungen oder überwiegende außenpolitische Interessen der Republik Österreich entgegenstehen, ist der Bundesminister für Landesverteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten ermächtigt, den Aufenthalt von Truppen zu gestatten, insbesondere

           1. zur Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen,

           2. zur Durchführung eines Beschlusses auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union,

           3. zur Durchführung eines Beschlusses im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammen­arbeit in Europa (OSZE),

           4. zur Teilnahme an sonstigen Friedensoperationen im Rahmen einer internationalen Organisation entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen, wie etwa an Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen,

           5. zur Teilnahme an Übungen und Ausbildungsmaßnahmen,

           6. zur Durchführung von Such-, Rettungs- und Katastrophenhilfsmaßnahmen,

           7. zur Teilnahme an wissenschaftlichen oder sportlichen Veranstaltungen,

           8. zur Durchführung notwendiger Maßnahmen im Vor- und Umfeld von Maßnahmen gemäß Z 1
bis 7, wie insbesondere Rettungs-, Kranken- und Organtransporte oder Versorgungsfahrten für zivile und militärische Einrichtungen einschließlich der Instandsetzung oder des Transports von Ersatzteilen.

(2) Bei der Gestattung des Aufenthaltes gemäß Abs. 1 ist luftfahrtrechtlichen Vorschriften Rechnung zu tragen.

(3) Soweit öffentliche Interessen dies erfordern, kann das Gestatten mit der Aufforderung zu bestimmtem Verhalten während des Aufenthaltes verbunden werden, insbesondere in Bezug auf die Art des Transportes von Kriegsmaterial und anderen Waffen oder die Wahl bestimmter Transportrouten.

(4) Soweit das Völkerrecht für das Tragen von Uniformen oder Hoheitszeichen anderer Staaten oder zwischenstaatlicher Einrichtungen eine Zustimmung Österreichs vorsieht, gilt diese mit dem Gestatten des Aufenthaltes als erteilt, sofern im Einzelfall nicht anderes mitgeteilt wird.

(5) Wird der Aufenthalt gemäß Abs. 1 gestattet, setzt der Bundesminister für Landesverteidigung hievon den Bundesminister für Inneres in Kenntnis.

Verhältnis zu anderen Bundesgesetzen

§ 3. Soweit in Übereinkommen gemäß § 4 nicht anderes vorgesehen ist, finden auf den Aufenthalt von Truppen und auf das von diesen mitgeführte Kriegsmaterial und auf mitgeführte Waffen das Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75, das Grenzkontrollgesetz, BGBl. Nr. 435/1996, das Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992, das Schieß- und Sprengmittelgesetz, BGBl. Nr. 196/1935, die Schieß- und Sprengmittel-Monopolverordnung, BGBl. Nr. 204/1935, das Pyrotechnikgesetz 1974, BGBl. Nr. 282, das Außenhandelsgesetz 1995, BGBl. Nr. 172/1995, samt den dazu ergangenen Verordnungen, das Waffengesetz 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, sowie das Kriegsmaterialgesetz, BGBl. Nr. 540/1977, keine Anwendung; kraftfahrrechtliche Vorschriften über die Zulassung von Kraftfahrzeugen und straßenver­kehrsrechtliche Bestimmungen über das Fahrverbot von Lastkraftfahrzeugen sind nur soweit anwendbar, als sie auch für Fahrzeuge des Bundesheeres gelten.

Stellung der Truppen

§ 4. Das Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (BGBl. III Nr. 136/1998 in Verbindung mit BGBl. III Nr. 135/1998) bleibt unberührt. Soweit dieses Übereinkommen keine Anwendung findet oder die Stellung von Truppen durch Völkerrecht nicht in anderer Weise ausreichend geregelt wird, kann die Bundesregierung – sofern sie zum Abschluss von Übereinkommen gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG ermächtigt ist – völkerrechtliche Vereinbarungen schließen, die den Truppen einen den genannten Übereinkommen gleichwertigen Status gewährleisten; diese Übereinkommen können folgende Elemente enthalten:

           1. Es besteht die Pflicht, einen Lichtbildausweis, aus dem Namen, Geburtsdatum und Staatsange­hörigkeit hervorgehen, mit sich zu führen und auf Verlangen vorzuweisen, sofern das militärische Personal nicht in einer Sammelliste des Kommandanten der Einheit eingetragen ist und dieser mit einem solchen Lichtbildausweis dessen Identität nachzuweisen vermag; ziviles Personal muss einen gültigen Reisepass oder Passersatz mit sich führen und auf Verlangen vorweisen.

           2. Es besteht die Pflicht, bei der Einreise amtliche Gesundheitszeugnisse vorzuweisen, aus denen hervorgeht, dass das Personal frei von ansteckenden Krankheiten ist.

           3. Es besteht die Pflicht, Personal, das die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet, auf Verlangen unverzüglich aus dem Bundesgebiet durch die Truppe zu entfernen.

           4. Es besteht die Pflicht zur An- und Abmeldung in Beherbergungsbetrieben nach Maßgabe des Meldegesetzes 1991.

           5. Das Waffengesetz 1996 und das Kriegsmaterialgesetz gelten für mitgeführte Waffen, Munition oder Kriegsmaterial und das Außenhandelsgesetz für andere mitgeführte Güter.

           6. Von der Ausübung innerstaatlicher Strafgerichtsbarkeit wird für nach österreichischem Recht strafbarem Verhalten nur abgesehen, wenn dieses ausschließlich gegen das Vermögen oder die Sicherheit des entsendenden Staates oder die Person oder das Vermögen eines anderen Truppenangehörigen dieses Staates gerichtet ist oder sich aus einer Handlung oder Unterlassung in Ausübung des Dienstes ergibt; die Übergabe eines Truppenangehörigen an den Entsendestaat darf nur unter der Bedingung vorgesehen werden, dass die Todesstrafe durch den Entsendestaat weder verhängt noch vollstreckt wird.

           7. Die vom entsendenden Staat zu bestimmende Behörde und die Vorgesetzten der Truppenange­hörigen haben das Recht, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Disziplin gegenüber Mitgliedern ihrer Truppen notwendigen Disziplinarmaßnahmen zu treffen, die ihnen nach dem Recht dieses Staates zustehen. Sie haben keine Disziplinargewalt gegenüber Truppenangehörigen anderer Staaten. Disziplinarmaßnahmen, die in unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines Menschen bestehen, dürfen auf österreichischem Hoheitsgebiet weder verhängt noch vollstreckt werden.

           8. Von jeder Festnahme Truppenangehöriger ist unverzüglich eine vom entsendenden Staat zu bezeichnende Stelle unter Benennung des Gerichtes oder der Behörde, der der Betroffene vorgeführt wird, in Kenntnis zu setzen.

           9. Ist es zur Erreichung des Aufenthaltszweckes erforderlich, dürfen Telekommunikationseinrich­tungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes mit Zustimmung der Fernmeldebehörde ohne weitere Bewilligung errichtet und betrieben werden, soweit sichergestellt ist, dass dadurch anderer Telekommunikationsverkehr nicht beeinträchtigt wird; falls erforderlich, wird ein so in Betrieb genommener Telekommunikationsverkehr auf Verlangen der Fernmeldebehörde unver­züglich eingestellt; für die vom Bundesminister für Landesverteidigung verwalteten Funkfre­quenzen ist die Zustimmung zur Nutzung von diesem einzuholen.

         10. Steht der Truppe keine ausreichende eigene medizinische Versorgung zur Verfügung, kann diese durch Sanitätsstellen des Bundesheeres im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 79
B-VG sichergestellt werden.

         11. Für den Transport von Waffen, schwerem Gerät oder Gefahrengut werden Transportwege und Transportmittel festgelegt; der Kontrolle der Einhaltung verkehrs- und kraftfahrrechtlicher Vorschriften durch die zuständigen Organe kann Personal der Truppe beiwohnen.

         12. Von den zuständigen Stellen des Entsendestaates ausgestellte Führerscheine oder vergleichbare Erlaubnisscheine werden von den österreichischen Behörden als Lenkberechtigungen anerkannt; eine Übersetzung dieser Dokumente in deutscher Sprache ist mitzuführen und auf Verlangen der zuständigen Behörde oder der Organe der Straßenaufsicht zusammen mit dem Originaldokument auszuhändigen.

         13. Für alle Dienstkraftfahrzeuge, militärische Luft- und Wasserfahrzeuge entfällt die Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung, soweit der Entsendestaat die Risiken übernimmt.

         14. Der Entsendestaat haftet für alle der Republik Österreich oder Dritten entstandenen Schäden, die durch Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen dienstlicher Verrichtungen durch Personal oder durch andere Handlungen oder Unterlassungen verursacht worden sind, die den Truppen zuzurechnen sind; Schadenersatzansprüche sind auf Geldentschädigungen beschränkt und werden Dritten vom Bund für den Entsendestaat abgegolten, der der Republik Österreich alle zur Befriedigung des Anspruches erbrachten Zahlungen und Auslagen ersetzt.

         15. Für militärische Übungen der Truppe gelten die Regelungen für Übungen des Bundesheeres.

         16. Vorbehaltlich gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften kann die Truppe von Gebühren und Abgaben in Angelegenheiten, die die Truppe und die Durchführung ihrer Aufgaben betreffen, befreit werden; ebenso kann das Personal der Truppe von Steuern auf Bezüge und Einkünfte, die ihm in seiner Eigenschaft als Truppenpersonal vom Entsendestaat gezahlt werden, befreit werden.

         17. Vorbehaltlich gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften können der Truppe Befreiungen und Vereinfachungen im Bereich des Zollrechts bei der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren, die ausschließlich zur Verwendung durch die Truppe oder zum persönlichen Ge- und Verbrauch durch das Personal der Truppe für die Dauer des Aufenthalts bestimmt sind, gewährt werden.

         18. Die Auslegung dieser Vereinbarungen ist zunächst im Verhandlungswege zu klären; die Zuständigkeit einer völkerrechtlichen Gerichtsbarkeit oder Schiedsgerichtsbarkeit kann verein­bart werden.

Verfahren

§ 5. Die zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Kontakte mit Vertretern von Völkerrechtssubjekten erfolgen auf diplomatischem Weg.

Verweisungen

§ 6. Verweisungen in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze sind als Verweisungen auf die jeweils geltende Fassung zu verstehen.

In-Kraft-Treten

§ 7. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 2001 in Kraft.

Vollziehung

§ 8. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich des § 4 die Bundesregierung, sonst der Bundesminister für Landesverteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betraut.

Artikel III

Das Waffengesetz 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, wird geändert wie folgt:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach „§ 42 Finden von Waffen oder Kriegsmaterial“ „§ 42a Vernichten von Waffen oder Kriegsmaterial“ eingefügt.

1a. In § 2 Abs. 2 wird nach den Worten „Teile von Schusswaffen“ „– auch wenn sie Bestandteil eines anderen Gegenstandes geworden sind –“ eingefügt.

2. Nach § 42 wird folgender § 42a samt Überschrift eingefügt:

„Vernichten von Waffen oder Kriegsmaterial

§ 42a. (1) Der Bundesminister für Landesverteidigung kann im Einvernehmen mit dem Bundes­minister für Finanzen durch Verordnung bestimmen, welche Arten von Kriegsmaterial oder sonstige Waffen des Bundesheeres, die von diesem nicht mehr benötigt werden,

           1. im Hinblick auf völkerrechtliche Verpflichtungen, außenpolitische Interessen oder im Interesse der öffentlichen Sicherheit jedenfalls zu vernichten sind oder,

           2. sofern diese nicht unter Z 1 fallen, im Interesse der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung vernichtet werden können, wenn keine andere Art der Verwertung möglich ist.

 

(2) Waffen und Kriegsmaterial, dessen Eigentum nach diesem Bundesgesetz auf den Bund übergegangen ist und die in wissenschaftlicher oder geschichtlicher Beziehung oder in sonstiger Fachtätigkeit von Interesse sind, können den hiefür in Österreich bestehenden staatlichen Einrichtungen oder Sammlungen zur Verfügung gestellt werden. Für alle sonstigen Waffen und Kriegsmaterial gilt Abs. 3.

(3) Durch Verordnung gemäß Abs. 1 bestimmtes Kriegsmaterial und sonstige Waffen des Bundes­heeres sowie Waffen und Kriegsmaterial gemäß Abs. 2, das nicht staatlichen Einrichtungen oder Sammlungen zur Verfügung gestellt wurde, hat der Bundesminister für Landesverteidigung zu vernichten.“

3. In § 61 wird nach Z 3 folgende Z 3a eingefügt:

       „3a. des § 42a der Bundesminister für Landesverteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesmi­nister für Finanzen;“

4. Dem § 62 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) §§ 2 Abs. 2, 42a und 61 Z 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2001 treten mit 1. Juli 2001 in Kraft.“

Anlage 2

Minderheitsbericht

der sozialdemokratischen Abgeordneten

zum Bericht des Innenausschusses betreffend die Regierungsvorlage des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durch­fuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (428 der Beilagen)

 

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion lehnt den Gesetzentwurf ab. ÖVP und FPÖ beabsichtigen mit diesem Gesetzesvorschlag eine weitere drastische Aushöhlung der Neutralität und die Vorbereitung für einen Beitritt zur NATO.

Die Regierungsparteien behaupten, mit dem Entwurf würden lediglich Anpassungen des Kriegsmaterial­gesetzes an den Vertrag von Amsterdam erfolgen und eine geeignete Rechtsgrundlage für den Aufenthalt fremder Truppen in Österreich, wie sie etwa im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden erfolge, geschaffen. Weiters sollen die Voraussetzungen für Verwaltungsvereinfachungen geschaffen werden.

Tatsächlich enthält der Gesetzesvorschlag einige Verwaltungsvereinfachungen, die auch von der Sozial­demokratischen Parlamentsfraktion begrüßt werden. Dies gilt allerdings nicht für jene Bestimmung, mit der sich der Bundeskanzler seiner Verantwortung für die Einhaltung der österreichischen Neutralität entbindet, in dem er aus der Mitwirkung an der Vollziehung des Kriegsmaterialgesetzes entlassen wird. Dies gehört zu den Absichten, die in Wirklichkeit hinter diesem Gesetzesvorschlag stehen: Eine drasti­sche Aushöhlung der Neutralität und die Vorbereitung einer Rechtslage, die mit einem NATO-Beitritt kompatibel ist.

Bezeichnend für diese Absichten ist die Tatsache, dass jegliche Erwähnung der österreichischen Neutralität aus dem Kriegsmaterialgesetz entfernt wird. Nach dem bisher geltenden Kriegsmaterialgesetz war die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Kriegsmaterial nur dann zulässig, wenn dies ausdrücklich „völker­rechtlichen Verpflichtungen oder außerpolitischen Interessen der Republik Österreich unter besonderer Berücksichtigung der immer währenden Neutralität nicht zuwider läuft“ (§ 3 Abs. 1 Z 1); in gleicher Weise mussten Embargobeschlüsse „unter Bedachtnahme auf die immer währende Neutralität Öster­reichs“ getroffen werden (§ 3 Abs. 1 Z 4). In beiden Fällen wird nunmehr der Begriff der österreichi­schen Neutralität aus dem Gesetzestext entfernt, und zwar ohne dass hiefür eine Notwendigkeit bestünde.

Die von der Bundesregierung bemühten Juristen behaupten zwar, es ergebe sich hiedurch keine Änderung der Rechtslage, vermochten aber nicht zu erklären, warum dann die Neutralität gestrichen wird. Gerade ihr Verweis auf das dann „ohnehin so wie alle anderen Verfassungsgesetze weiter geltende Bundes­verfassungsgesetz über die österreichische Neutralität“ zeigt, worum es wirklich geht: Zuerst wird die Neutralität aus dem Gesetzestext entfernt, damit niemand mehr die Neutralität ausdrücklich als Beurtei­lungsmaßstab heranzieht. Wird dann auf das Neutralitätsgesetz verwiesen, wird behauptet, dieses Neutralitäts-BVG sei bereits durch andere Rechtsvorschriften oder die darauf begründete Praxis derogiert worden. Die SPÖ ist nicht bereit, diese Tricks der Bundesregierung mit der österreichischen Neutralität hinzunehmen.

Verräterisch ist es, wenn nun Vertreter der beiden Regierungsparteien der SPÖ vorwerfen, selbst bereits die Neutralität abgeschafft zu haben, so unter dem Motto, dann brauche sich die Bundesregierung auch nicht an die Neutralität zu halten. Das Gegenteil davon ist war Selbstverständlich war die österreichische Neutralitätspolitik der 90er-Jahre eine andere als die der 50er-, 60er- und 70er-Jahre. Dies beweist lediglich, dass die Sozialdemokratie im Interesse Österreichs flexibel auf die geänderten Verhältnisse und die sich ändernde Rechtspraxis der Staatengemeinschaft eingegangen ist und diese im Sinne einer aktiven Neutralitätspolitik mitgestaltet hat. Natürlich wurde dabei auch dem Beitritt zur Europäischen Union und der sich dort vertiefenden Zusammenarbeit im Rahmen der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik Rechnung getragen und die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Österreich unter Beibehaltung der Neutralität aktiv und solidarisch an der europäischen Politik mitwirken kann. Die Bestimmungen des Amsterdamer Vertrages bieten Österreich – so wie den anderen neutralen Staaten der Europäischen Union auch – die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Neutralität solidarisch zu sein, oder noch besser: ihre Neutralität in die europäische Solidarität einzubringen. Art. 23f B-VG, der die österreichische Rechtslage an den Vertrag von Amsterdam anpasste, ist im Lichte des Bundesverfassungsgesetzes über die Neutralität zu interpretieren und nicht umgekehrt, wie dies nunmehr die blau/schwarze Bundesregierung versucht.

Entgegen den Bestrebungen der ÖVP, die schon seit Jahren den Beitritt zur NATO anstrebt, haben die sozialdemokratischen Bundeskanzler dabei stets darauf geachtet, dass der Kernbereich der Neutralität, wie er sich aus dem Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs ergibt, strikt eingehalten wird:

–   Keine Teilnahme an Kriegen; friedensschaffende Einsätze sind nur dann kein Krieg, wenn ein Beschluss des Sicherheitsrates der UN vorliegt (wie zB: im Golfkrieg);

–   kein Beitritt zu militärischen Bündnissen;

–   keine fremden militärischen Stützpunkte auf österreichischem Gebiet.

Die Regierungsvorlage versucht, diese Rechtlage in zwei Punkten auszuhöhlen, und zwar durch die Zulässigkeit der Teilnahme an „friedensschaffenden“ Einsätzen auch ohne Beschluss des UN-Sicherheits­rates sowie der Möglichkeit, für derartige Zwecke auch Truppenaufenthalte zu genehmigen (was der Errichtung fremder militärischer Stützpunkte gleichkommt).

Um ihre wahren Absichten vor der Öffentlichkeit zu verbergen, behaupten die beiden Regierungs­fraktionen, so wie auch im Zuge der Ausschussberatungen, an der österreichischen Neutralität ändere sich durch die Gesetzesvorlage nichts. Dass das Gegenteil war ist, zeigt beispielhaft folgende Neuregelung der Regierungsvorlage:

§ 3 Abs. 1 KMG enthält die allgemeinen Voraussetzungen, die verwirklicht sein müssen, damit eine Bewilligung für die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Kriegsmaterial erfolgen darf. Hiebei wird auch die Bedingung aufgestellt, dass „keine anderen gesetzlichen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen ent­gegenstehen“; mit dieser allgemeinen Bestimmung rechtfertigt die Bundesregierung auch die Streichung der Neutralität, weil sie argumentiert, die Neutralität sei eine solche völkerrechtliche und gesetzliche Verpflichtung, so das dagegen nicht verstoßen werden dürfte.

In Abs. 1a des § 3 werden nun aber Fälle definiert, in denen eine Bewilligung erteilt werden kann, auch ohne dass die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, also auch ohne Wahrung der österreichischen Neutralität. Hier sind ein Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Z 1), ein Beschluss im Rahmen der GASP (Z 2), ein Beschluss im Rahmen der OSZE (Z 3) sowie in Z 4 „sonstige Friedens­operationen entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen, wie etwa Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen, im Rahmen einer internationalen Organisation“ genannt. Nur diese letzte Ziffer 4 enthält die zusätzliche Einschränkung, „soweit dem keine völkerrechtlichen Verpflichtungen … der Republik Österreich entgegenstehen“ (darunter also auch die österreichische Neutralität).

Diese bedeutet, dass nach dieser neuen Bestimmung Österreich auch ohne Bedachtnahme auf die Neutralität an einer militärischen Maßnahme mitwirken kann, wenn diese auf einem Beschluss des Sicher­heitsrates der Vereinten Nationen oder auf einem Beschluss der Europäischen Union beruht. Für den Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ist dies in Ordnung und entsprach bereits der früheren Gesetzeslage: Wenn ein Beschluss des Sicherheitsrates vorliegt, handelt es sich um keinen Krieg im Sinne des Völkerrechts mehr, Österreich ist daher nicht zur Neutralität verpflichtet und kann daran mitwirken, wie dies auch im Falle des Golfkrieges geschah.

Sobald aber kein Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vorliegt, ist Österreich an seine Neutralität gebunden, daher auch bei seinem Stimmverhalten im Rahmen des Europäischen Rates, wo es sich konstruktiv der Stimme enthalten kann. Österreich hätte dann jede Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Kriegsmaterial zu verbieten. Das Gegenteil erlaubt der Gesetzesvorschlag.

Es ist daher unwahr, wenn die Regierungsparteien erklären, es ändere sich nichts an der Rechtslage. Diese Behauptung wurde auf die Probe gestellt, als nämlich die Grünen einen Abänderungsantrag einbrachten, wonach sich die Einschränkung „soweit dem keine völkerrechtlichen Verpflichtungen oder überwiegende aussenpolitischen Interessen der Republik Österreich entgegenstehen“, ausdrücklich auf alle vier Ziffern des § 3 Abs. 1a bezog. Dieser Abänderungsantrag wurde von den beiden Regierungsfraktionen abgelehnt, offenkündig, um das durch diese scheinbare gesetzliche Lücke herbeigeführte Loch in der Neutralität beizubehalten.

 

Um die Regierungsparteien zu einer klaren Aussage zu bringen, hat die sozialdemokratische Fraktion in den Beratungen des Ausschusses eine Reihe von Fragen aufgeworfen, was die neue Rechtslage in verschiedenen hypothetischen Situationen konkret bedeuten würde. Hiebei wurden stets Beispiele aus der Vergangenheit genommen und danach gefragt, wie die Rechtslage nach den neuen Vorschriften wäre. Maßstab hiefür ist jeweils der Kosovo-Konflikt: Bei diesem lag kein Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vor, dementsprechend verweigerte Österreich entsprechend dem Bundesverfassungs­gesetz über die Neutralität (auch nach Abschluss des Vertrages von Amsterdam!) jede Mitwirkung, nicht einmal Überflüge wurden gestattet. Es war auch gut so, dass einige Staaten in diesem Konflikt neutral blieben, einer dieser neutralen Staaten, nämlich Finnland, konnte schließlich ein Friedensabkommen vermitteln. Auch bei der österreichische Bevölkerung fand die neutrale Haltung in diesem Konflikt über­wältigende Zustimmung.

Der Bundesminister für Inneres behauptete zwar im Ausschuss, es ändere sich durch das neue Gesetz nichts an der Rechtslage, war aber nicht bereit, auf einen einzigen konkreten Fall einzugehen und verwies auf seine Experten, die sich aber wiederum nur in allgemeinen Ausführungen ergingen. Indirekt wurde aber eingeräumt, dass nach dem neuen Gesetz nicht bloß beim Kosovo-Konflikt, sondern sogar im Falle der Kriege um Grenada und die Falklandinseln Österreich Kriegsmaterial liefern könnte und damit sich nicht neutral verhalten müsste.

Um die FPÖ und ÖVP zu zwingen, Farbe zu bekennen, und zu prüfen, was von ihren Lippen­bekenntnissen zur Neutralität zu halten ist, hat die sozialdemokratische Fraktion folgende Ausschuss­feststellung eingebracht, die die bisher geltende Rechtslage eindeutig wiedergibt.

„Der Ausschuss hält fest, dass durch die Änderungen des Kriegsmaterialgesetzes und das Truppen­aufenthaltsgesetz keine Veränderung der neutralitätsrechtlichen Lage Österreichs erfolgt, wie sie sich aus dem Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs ergibt, und folglich Bewilligungen nach dem Kriegsmaterialgesetz und für Truppenaufenthalte im Falle von friedensschaffenden Maßnahmen nur dann erteilt werden dürfen, wenn diese im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen stehen.“

Die beiden Regierungsfraktionen lehnten diese Ausschussfestellung ab. Es ist damit klar, was dies bedeutet: Die Regierung schafft sich eine Rechtslage, mit der sie in Zukunft an kriegerischen Maßnahmen mitwirken kann, die gegen die österreichische Neutralität und sogar gegen die Satzungen der Vereinten Nationen verstoßen.

Die Regierungsfraktionen haben damit wieder offenbart, dass sie eine doppelbödige Strategie verfolgen: Einerseits beschließen sie Gesetze, die angeblich nichts an der österreichischen Neutralität ändern. Anschließend behaupten sie, die österreichische Neutralität wäre schon längst ausgehöhlt, wir seien nicht mehr neutral, weswegen man die Neutralität gleich ganz abschaffen und der NATO beitreten könne.

Die SPÖ lehnt diese Vorgangsweise der schrittweisen Abschaffung der österreichischen Neutralität ab. Sie steht weiterhin für die Einhaltung des Bundesverfassungsgesetzes vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs, das schließlich Österreich die Freiheit gebracht hat.