677 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 28. 6. 2001

Bericht

des Verkehrsausschusses


über die Regierungsvorlage (667 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Straßen­verkehrsordnung 1960 geändert wird (21. StVO-Novelle)


und

über die Petition Nr. 1 betreffend „Alkoholisierte Lenker gefährden uns alle“, überreicht von dem Abgeordneten Johann Kurzbauer

Der Regierungsvorlage (667 der Beilagen) liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Das Lenken eines Fahrzeugs in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ist – ebenso wie das Lenken eines Fahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand – verboten. Die Praxis hat gezeigt, dass es für eine effektive Vollziehung dieses Verbotes erforderlich ist, die Untersuchung durch den Arzt durch das Ergebnis einer Harn- oder Blutanalyse zu untermauern. Es wird daher die Ver­pflichtung geschaffen, bei sonstiger Strafbarkeit eine Harn- oder Blutprobe abzugeben, wenn eine Person dem Arzt vorgeführt wird, weil das Straßenaufsichtsorgan vermutet, dass der Betreffende durch Suchtgift beeinträchtigt ist. Voraussetzung ist, dass der Arzt zu dem Schluss gekommen ist, es liege eine Sucht­giftbeeinträchtigung vor. Zusätzlich wird die Möglichkeit geschaffen, auch zwecks wissenschaftlicher Untersuchungen Proben von weiteren Körperflüssigkeiten, wie zB Speichel oder auch Schweiß, nehmen zu können. Hierfür ist die Zustimmung des Probanden erforderlich. Dies dient dazu, neue Testverfahren, die für den Probanden wesentlich weniger belastend sind als eine Harnabgabe oder Blutabnahme, hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit zu erproben und Datenmaterial für eine wissenschaftliche Auswertung zu erhalten. Für ein Strafverfahren wird das Ergebnis eines solchen Tests keine Bedeutung haben, weil die derzeit existierenden Testverfahren noch nicht ausreichend erprobt sind, um sie als Grundlage eines Strafverfahrens heranzuziehen. Die gegenständliche Novelle sieht insbesondere vor, dass – wenn eine Person zwecks Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung dem Arzt vorgeführt wird – im Rahmen dieser Untersuchung auch eine Harn- oder Blutprobe zu nehmen ist; korrespondierend dazu wird die Verweigerung der Abgabe dieser Harn- oder Blutprobe unter Strafe gestellt. Diese neue Bestimmung ermöglicht es in erster Linie, die vom Arzt auf Grund der klinischen Untersuchung festgestellte Suchtgiftbeeinträchtigung durch die Ergebnisse der Harn- oder Blutuntersuchung zu untermauern. Die Vorführung zum Arzt bei Verdacht auf Suchtgiftbeeinträchtigung, die anschließende Untersuchung durch den Arzt und die Strafbarkeit einer Verweigerung der Vorführung oder Untersuchung sind bereits geltendes Recht. Es ist daher nicht mit einem Ansteigen dieser Vorführungen und in der Folge auch nicht mit mehr Verwaltungsstrafverfahren und hierdurch vermehrten Kosten zu rechnen. Die Untersuchung des abgegebenen Harns oder Blutes verursacht zwar Kosten, doch sind diese – wenn eine Suchtgiftbeein­trächtigung festgestellt wird – als Verfahrenskosten vom Betroffenen zu tragen. Lediglich in den Fällen, in denen die Analyse des Blutes oder des Harns ergibt, dass im Einzelfall doch keine Suchtgiftbeeinträch­tigung vorlag, wären diese Kosten von der Behörde zu tragen. Eine Kurzumfrage unter den Ländern hat hierzu ergeben, dass die Anzahl der Vorführungen zum Arzt wegen Vermutung der Suchtgiftbeeinträch­tigung sich derzeit zwischen 100 und 300 Fällen im Jahr bewegt, wobei in den wenigsten Fällen diese ursprüngliche Vermutung des vorführenden Organs nicht durch die ärztliche Untersuchung bestätigt wurde (genaue Zahlen hierzu liegen nicht vor; nach Schätzungen wurde der Verdacht in höchstens 1% der Vorführungen nicht bestätigt). Da nun eine Blut- oder Harnabgabe nur dann in Betracht kommt, wenn der Arzt eine Beeinträchtigung durch Suchtgift festgestellt hat, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nur noch um absolute Ausnahmefälle handeln kann.

Die Kosten für eine Harnuntersuchung (es gibt hierfür bereits eine Reihe von erprobten Testverfahren) liegen bei 200 bis 400 S pro Test. Eine Blutuntersuchung, die nur in einem Labor durchgeführt werden kann, kostet, sofern nicht nur eine auf wenige Substanzen eingeschränkte Untersuchung durchgeführt werden muss, rund 5 000 S. Auf dieser Grundlage ergeben sich folgende, maximal zu erwartende Mehr­kosten:

–   300 Vorführungen zum Arzt pro Jahr und Land = 2 700 Vorführungen im Jahr bundesweit

–   hiervon 1% = 27 Fälle bundesweit, in denen das Ergebnis der Harn- oder Blutuntersuchung das Ergeb­nis der klinischen Untersuchung durch den Arzt widerlegt (unter der – hypothetischen – Annahme, dass die zuvor genannte Größenordnung von 1% der Fälle, in denen die Vermutung des vorführenden Straßenaufsichtsorgans nicht durch die ärztliche Untersuchung bestätigt wurde, auch für die Fälle gilt, in denen das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung durch das Ergebnis der Blut- oder Harnanalyse widerlegt wird)

–   pro Untersuchung Kosten von 5 000 S = jährlich 135 000 S bundesweit oder durchschnittlich 15 000 S pro Land, die als Verfahrenskosten nicht vom Betroffenen, sondern von der Behörde zu tragen wären (unter der Annahme, dass in jedem Fall eine Blutuntersuchung durchgeführt wurde)

–   selbst wenn man von einer Fehlerquote von 50% statt von 1% ausgehen wollte, würde dies lediglich jährliche Mehrkosten von 6 750 000 S bundesweit oder durchschnittlich 750 000 S pro Land bedeuten.

Auch eine erhöhte Anzahl von Strafverfahren wegen Verweigerung der Harn- oder Blutabgabe wird nicht zu einem erhöhten Personalbedarf führen. Selbst bei Zugrundelegen der ungefähren Anzahl der Vor­führungen im Jahr und der hypothetischen Annahme, dass es in jedem Fall zu einer Verweigerung kommt, hätte dies nämlich lediglich 300 zusätzliche Verwaltungsstrafverfahren pro Land zur Folge, die sich auf die einzelnen Erstbehörden aufteilen würden.

Hinsichtlich der ebenfalls neuen Bestimmung, wonach Ärzte bei ihnen vorgeführten Personen mit deren Zustimmung Speichel- oder Schweißproben entnehmen dürfen, ist festzuhalten, dass hierdurch solche Untersuchungen zunächst nicht zwingend vorgeschrieben werden; es soll vielmehr die Gewinnung wissenschaftlichen Datenmaterials sichergestellt werden, wenn neue Testmethoden oder -verfahren erprobt werden. Das Ergebnis dieser Untersuchungen besitzt keine (verwaltungs-)strafrechtliche Rele­vanz, und die Verweigerung der Zustimmung stellt keine Verwaltungsübertretung dar. Es kann daher nicht zu Verwaltungsstrafverfahren kommen, sodass diesbezüglich auch keine Kosten entstehen.

Auch unter der Annahme, dass in jedem einzelnen Fall einer Vorführung zum Arzt eine Beeinträchtigung durch Suchtgift festgestellt wird, würde dies – unter Zugrundelegung der eingangs angestellten Schätzung – höchstens 300 Fälle im Jahr pro Land bedeuten, in denen eine Meldung an die Gesundheitsbehörde zu erfolgen hätte. Auch daraus wird sich kein erhöhter Personalbedarf ergeben.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Betragsgrenze für Vorhaben des Bundes gemäß Art. 4 Abs. 5 der Vereinbarung über einen Kostenmechanismus, BGBl. I Nr. 35/1999, laut Kundmachung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. II Nr. 53/2001, für das Jahr 2001 17,84 Millionen Schilling beträgt.

Die übrigen Bestimmungen der Novelle haben keine Kostenrelevanz, weil es sich nur um redaktionelle Anpassungen handelt.

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 11 Abs. 1 Z 4 B‑VG („Straßenpolizei“).

Die Petition Nr. 1 wurde dem Nationalrat am 18. November 1999 vorgelegt.

In der gegenständlichen Petition wird Folgendes ausgeführt:

Alkoholisierte Lenker gefährden uns alle!

Darum helft auch Ihr mit, solche Unfälle zu vermeiden!

Wir fordern:

1.   Stärkere Kontrolle von Seiten der Exekutive hinsichtlich Fahrgeschwindigkeit und Alkoholisierung der Autolenker;

2.   Volles Ausschöpfen des Strafausmaßes für Alkohol am Steuer bzw. Erhöhung der bestehenden Strafen;

3.   Preissenkung für antialkoholische Getränke bzw. Erhöhung für alkoholische Getränke;

4.   Aufklärungskampagnen bei Jugendlichen und Erwachsenen über die Gefahren des Alkoholkonsums;

5.   Intensivierung der Heimbringerdienste und Aufbau eines verbesserten Sammeltaxinetzwerks in Stadt und Land.

Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, dem die gegenständliche Petition am 30. November 1999 zugewiesen wurde, hat am 4. Oktober 2000 einstimmig beschlossen, den Präsidenten des National­rates zu ersuchen, die Petition zur weiteren Behandlung dem Verkehrsausschuss zuzuweisen. Der Präsident des Nationalrates hat diesem Ersuchen entsprochen.


Der Verkehrsausschuss hat beide Vorlagen in seiner Sitzung am 20. Juni 2001 in Verhandlung genom­men.

Den Bericht im Ausschuss zur Regierungsvorlage erstattete der Abgeordnete Anton Wattaul, zur Petition berichtete der Abgeordnete Johann Kurzbauer.

Nach einer Debatte, an der sich die Abgeordneten Kurt Eder, Mag. Helmut Kukacka, Ing. Kurt Scheuch, Gabriele Heinisch-Hosek, Gabriele Binder, Dr. Evelin Lichtenberger, Johann Kurzbauer, Gerhard Reheis, Rudolf Parnigoni, Dr. Gabriela Moser, Helmut Dietachmayr und Emmerich Schwemlein sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger beteiligten, wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit ange­nommen.

Die Petition betreffend „Alkoholisierte Lenker gefährden uns alle“ (1/PET) ist miterledigt.

Ein Antrag des Abgeordneten Kurt Eder, zur Vorbehandlung der Regierungsvorlage einen Unteraus­schuss einzusetzen, wurde abgelehnt.

Ein Abänderungsantrag des Abgeordneten Kurt Eder zur 21. StVO-Novelle fand nicht die Mehrheit des Ausschusses; ebenso wurden Entschließungsanträge des Abgeordneten Kurt Eder „betreffend die notwen­digen Schulungsmaßnahmen von Exekutive und Ärzten hinsichtlich Suchtgift- und Medikamentenmiss­brauch im Straßenverkehr“ und „betreffend zusätzlicher Maßnahmen gegen Alkohol am Steuer“ abge­lehnt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (667 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2001 06 20

                                  Anton Wattaul                                                           Mag. Reinhard Firlinger

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann